4
JS. jg., Heft 12, 1971 Sili Fig. 8 W. Noll et al. : Altkretische Vasenmalerei vom Kamares-Typ 615 Fig. 9 Fig. t2. Meteorit Khairpur. Im Eisen dreiachsige Skelette aus Graphit entsprechend den drei kubischen Achsen mit Sehnitt //(11t). Daneben (im Silicat) Graphit normaler Entwicklung und, wieder im Eisen, ein Aggregat yon Cli~tonit. (Anschliff, Vergr. 300 × ) Fig. 10 Fig. 11 Fig. 10 und t 1. Meteorit Khairpur. Doppelbild eines Graphit- zwillings bei jeweils 90° verschiedener Orielltierung des Analysator-Nicols. (Anschliff, Vergr. 600 × ) c-Achse, so wird prinzipiell nicht viel ge/indert -- verlangt werden nur Zwillingsebenen, wo (h0 hl) und (F,~2hl) ebenfalls etwa unter 45 ° zu c stehen. Beim Zuwachsen der einspringenden Winkel ftillt sich der so gebildete Drilling zu einem Wtirfel mit (t00)- Spaltbarkeit und entsprechender optischer Orien- tierung aus, d.h. der ,,Cliflonit" ist entstanden. Fig. t2 gibt ein zus/itzliches Bild, das roh //(tlt) des werdenden Graphitwtirfels gesehnitten ist. Man sieht auf die Spur der drei in Zwillingsstellung stehenden Graphitpyramiden, die nattirlich in diesem Schnitt um 60 ° verschiedene Ausl6schungen zeigen. Sub- paralleles Wachstum in diesem Anfangsstadium und Parasitenkristalle erschweren die Erkennung. Dazu ist ein ,,gew6hnlicher" Graphit im Silicat und ein Aggregat yon ,,Cliftoniten" im Eisen sichtbar. L1] Fletscher, L. :Mineral. Mag. 7, t21 (t887).- E23 Brett, R., Higgins, G. T. : Geochim. Cosmochim. Acta 33, t473 (t969). - - [3] E1 Goresy, A.: ibid. 29, 1t3t (1964).- [4] Ramdohr, P.: Einiges fiber den GroBmeteoriten yon Mundrabilla, West- australien. Festband Heide, Chemie der Erde (im Druck) Eingegangen am 4. August 197t Chemie und Technik altkretischer Vasenmalerei vom Kamares-Typ W. NOLL, R. HOLM und L.BoRx Farbenfabriken Bayer AG, Leverkusen Fragments of the Kamares-type ware were investigated by means of the scanning electron microscope, energy-dispersive X-ray microanalysis, and the Debye-Scherrer process. The black "Firnis" or "Urfirnis" of the decoration proved to be a silicate- type glaze which had a high content of iron and contained potassium as a flux. The body was given a high calcium content, so that its coefficient of expansion was in- creased and approximated to that of the glaze. The white was produced by means of talc. Firing must have taken place at a temperature of at least about 1 000 °C. The red painting contains as its pigment iron oxides or hydroxides and may have been applied with an organic binding medium after the firing operation. Einleitung Die Keramik der altkretischen ,,Kamares"-Epoche (genannt nach einem Fundort, der KamareshShle im Ida-Gebirge) datiert etwa in die Zeit 2000--1 700 v. Chr. Sie ist auch tiber arch/iologische Fachkreise hin- aus wegen ihrer farbenfreudigen Ornamentik be- kannt und ber~ihmt geworden (vgh z.B. Et, 2]). Typisch ist ein gleichm/iBiger, schwarzer bis braun- schwarzer fdberzug auf der Scherbenoberfl~iche, auf den das Dekor mit vorwiegend weil3en, gelblich- weil3en und roten Farbt6nen aufgemalt ist. Durch die dunkle Grundierung wollte man einen in der antiken Keramik immer wieder gesuchten Effekt erreichen : Die Ware sollte wie Metall aussehen. Diese Technik hat sich in der frtihminoischen Zeit (ca. 2600--2000 v. Chr.)

Chemie und Technik altkretischer Vasenmalerei vom Kamares-Typ

  • Upload
    w-moll

  • View
    215

  • Download
    0

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: Chemie und Technik altkretischer Vasenmalerei vom Kamares-Typ

JS. jg., Heft 12, 1971 Sili Fig. 8

W. Noll et al. : Altkretische Vasenmalerei vom Kamares-Typ 615

Fig. 9 Fig. t2. Meteorit Khairpur. Im Eisen dreiachsige Skelette aus Graphit entsprechend den drei kubischen Achsen mit Sehnitt //(11t). Daneben (im Silicat) Graphit normaler Entwicklung und, wieder im Eisen, ein Aggregat yon Cli~tonit. (Anschliff, Vergr. 300 × )

Fig. 10 Fig. 11

Fig. 10 und t 1. Meteorit Khairpur. Doppelbild eines Graphit- zwillings bei jeweils 90 ° verschiedener Orielltierung des Analysator-Nicols. (Anschliff, Vergr. 600 × )

c-Achse, so wird prinzipiell nicht viel ge/indert - - verlangt werden nur Zwillingsebenen, wo (h0 hl) und (F,~2hl) ebenfalls etwa unter 45 ° zu c stehen. Beim Zuwachsen der einspringenden Winkel ftillt sich der so gebildete Drilling zu einem Wtirfel mit (t00)-

Spaltbarkeit und entsprechender optischer Orien- t ierung aus, d.h. der ,,Cliflonit" ist entstanden. Fig. t2 gibt ein zus/itzliches Bild, das roh / / ( t l t ) des werdenden Graphitwtirfels gesehnitten ist. Man sieht auf die Spur der drei in Zwillingsstellung stehenden Graphi tpyramiden, die nattirlich in diesem Schnitt um 60 ° verschiedene Ausl6schungen zeigen. Sub- paralleles Wachs tum in diesem Anfangsstadium und Parasitenkristalle erschweren die Erkennung. Dazu ist ein ,,gew6hnlicher" Graphit im Silicat und ein Aggregat yon , ,Cliftoniten" im Eisen sichtbar.

L1] Fletscher, L. :Mineral. Mag. 7, t21 ( t 887 ) . - E23 Brett, R., Higgins, G. T. : Geochim. Cosmochim. Acta 33, t473 (t969). - - [3] E1 Goresy, A.: ibid. 29, 1t3t (1964) . - [4] Ramdohr, P.: Einiges fiber den GroBmeteoriten yon Mundrabilla, West- australien. Festband Heide, Chemie der Erde (im Druck)

Eingegangen am 4. August 197t

Chemie und Technik altkretischer Vasenmalerei vom Kamares-Typ

W. NOLL, R. HOLM und L.BoRx

Farbenfabriken Bayer AG, Leverkusen

Fragments of the Kamares- type ware were investigated by means of the scanning electron microscope, energy-dispersive X- ray microanalysis, and the Debye-Scherrer process. The black "Firnis" or "Urfirnis" of the decoration proved to be a silicate- type glaze which had a high content of iron and contained potassium as a flux. The body was given a high calcium content, so tha t its coefficient of expansion was in- creased and approximated to tha t of the glaze. The white was produced by means of talc. Firing must have taken place at a temperature of at least about 1 000 °C. The red paint ing contains as its pigment iron oxides or hydroxides and m a y have been applied with an organic binding medium after the firing operation.

Einleitung

Die Keramik der altkretischen , ,Kamares"-Epoche (genannt nach einem Fundor t , der KamareshShle im Ida-Gebirge) datiert e twa in die Zeit 2000--1 700 v. Chr. Sie ist auch tiber arch/iologische Fachkreise hin- aus wegen ihrer farbenfreudigen Ornament ik be- kannt und ber~ihmt geworden (vgh z.B. Et, 2]).

Typisch ist ein gleichm/iBiger, schwarzer bis braun- schwarzer fdberzug auf der Scherbenoberfl~iche, auf den das Dekor mit vorwiegend weil3en, gelblich- weil3en und roten Farbt6nen aufgemalt ist. Durch die dunkle Grundierung wollte man einen in der antiken Keramik immer wieder gesuchten Effekt erreichen : Die Ware sollte wie Metall aussehen. Diese Technik hat sich in der frtihminoischen Zeit (ca. 2600- -2000 v. Chr.)

Page 2: Chemie und Technik altkretischer Vasenmalerei vom Kamares-Typ

616 W. Noi1 et al. : Altkretische Vasenmalerei vom Kamares -Typ Nat~rwissenscha/ten

Fig. t. Blasenhaltige Glasur auf Kamares-Scherben im Bruch (t cm = 7,2 ~m)

Fig. 3. Oberflgche eines mit Glasur (,,Firnis") flberzogenen Scherbens yon Kamares-I~eramik. H6cker und Kra te r (t cm = t 4 , 4 ~m)

Fig. 2. I m Bruch: Blasenreiche, geradezu schaumige GIasur mit diinner Auflage yon Rotmalerei (1 cm = 7,2 ~m)

Wir haben Scherben und Ornamentik mit Hilfe des Rasterelektronenmikroskopes (Stereoscan) [3], d e r energiedispersiven R6ntgenmikroanalyse an demselben Ger~it [31 und des Debye-Scherrer-Verfahrens unter- sucht. Hierzu standen uns einige GefiiBfragmente des schwer zug~inglichen Materials zur Verfiigung, die dem einen yon uns (W. N.) freundlicherweise yon Prof. Dr. Sp. Marinatos, Athen, und Dr. St. Alexiou, Heraklion, Kre ta , iiberlassen wurden. Es handelte sich um Bruchstiicke der Eierschalenware. Die darauf sitzen- den, erst recht aber die isolierbaren Mengen an Mal- pigment waren so klein, dab die Untersuchung an einigen Stellen auf Grenzen stieg. Das iiberraschende Ergebnis ist, dab die schwarze Orundierung der Gefiil3oberfl~iche einerseits und die weiBen und roten Malstriche andererseits ganz ver- schiedenen Charakters und Ursprungs sind. Der schwarze ,,Firnis" bzw. ,,Urfirnis" erweist sich n~im- lich als dichtverschmolzene, mehr oder weniger blasen- reiche Glasur, die Malstriche hingegen sind lockere, leicht abreibbare Aggregationen mineralischer Pig- mentteilchen.

bereits vorbereitet. Andererseits bricht sie mit dem fgbergang zur Zeit der jtingeren Pal~iste plStzlich ab. Die Kamares-Keramik ragt aber nicht nur durch die Farbenpracht und den Erfindungsreich- turn der Ornamentik, sondern auch durch die geringen Wandst~irken des Scherbens, vornehmlich kleiner Ge- f~il3e (sog. Eierschalenkeramik), aus dem keramischen Schaffen der Antike heraus. iJber der Frage, mit welchen Mitteln und Methoden die minoischen T6pfer diese Leistungen vollbrachten, lag bisher der Schleier des Geheimnisses. Die ArcMologie begntigte sich damit, den schwarzen Gefitl3tiberzug als ,,Firnis" oder , ,Urfimis" zu bezeichnen, also mit Begriffen zu arbeiten, die mangels eines tiefergehenden naturwissenschaftlichen Verst~indnisses gebildet wur- den und leicht die Vorstellung aufkommen lassen, es habe sich um eine Bemalung gehandelt.

Die Glasur

Das morphologische Bild der Glasur gleicht dem einer modernen keramischen Glasur, besonders auch im Gehalt an Gasblasen (Fig. t). Die Glasur eines dieser Gef~iBfragmente ist so reich an ihnen, dal3 sie nahezu schaumstoff~ihnliches Aussehen hat (Fig. 2). Zufolge des Blasenreichtums - - z.T. auch bedingt durch grobe Quarzk6rner im Scherbenmaterial - - ist die Ober- fl~iche der Glasurschicht reich an kleinen H6ckern (Fig. 3). H~iufig sind die Gasblasen kraterartig zur Oberfl/iche durchgebrochen; sehr schSn lS~Bt sich dann an den Kraterrfindern die totale Verschmelzung des Materials beobachten (Fig. 4). Insgesamt ist die Glasur yon minderer Qualit~it. Sie hat viele Risse und Falten, ihre Haftung auf dem Scherben ist m&13ig, stellenweise schlecht. Von ganzen Arealen ist sie groBenteils abgesprungen. Ihre Verbindung mit dem

Page 3: Chemie und Technik altkretischer Vasenmalerei vom Kamares-Typ

58. Jg., He/t 12, 197.l "vV. NoI1 et ah : Altkretische Vasenmalerei vom Kamares -Typ 617

Fig. 4. Einzelner Krater aus Fig. 3. Der Glascharakter ist gut zu erkennen (1 cm = 3,6 fzm)

Scherben ist nicht so gut wie bei modernen kerami- schen Glasuren, bei welchen die Glasurschmelze in den Scherben eindringt und sich an ihm verankert. Dem- gegeniiber hebt sich die minoische Glasur vom Scher- ben meist mit einer scharfen Trennungslinie ab (vgl. Fig. t). Die Dicke der Glasurschicht schwankt von Probe zu Probe stark, ist aber auch in ein und demselben Scherben nicht einheitlich. Es wurden niedrigste Werte von etwa 10 ~m, h6chste von 45 ~zm, mit einem Mitre1 um 30 ~zm gemessen. Ihrer chemischen Natur nach ist die Olasmasse ein kalium- und eisenreiches Aluminiumsilicat. Redu- zierender Brand ergab die schwarze Farbe, gleich- zeitig wurde durch den Kaliumgehalt die Schmelz- temperatur erniedrigt. Ob das Kalium mit minerali- schen Komponenten des Glasurschlickers (Feldspat, Illit) eingebracht wurde oder einem Zusatz von Pott- asche entstammt, bleibe dahingestellt. Der Blasen- reichtum k6nnte auf die letztere MaBnahme hinweisen, doch muB fiir mindestens ebenso wahrscheinlich ge- halten werden, dab die Gasblasen durch die in dem por6sen Scherben okkludierte und beim Erhitzen herausdiffundierende Luft verursacht sind. Dafiir spricht, dab gerade in einem beidseitig glasierten Scherben die Glasur am st~irksten ,,gesch~iumt" war. Der Scherben selbst ist eine relativ calciumreiche keramische Masse (CaO-Gehalt einer Scherbe 12,6%). Dieser Befund ist erstaunlich. Er zeigt, dab die minoi- schen T6pfer bereits in Erfahrung gebracht batten, dab die Haftung einer Alkalisilicat-Glasur auf dem Scherben durch die Erh6hung seines Calcium-Gehaltes verbessert werden kann. Wie man heute weiB, liegt tier tiefere Sinn dieser Magnahme in einer Angleichung der Ausdehnungskoeffizienten yon Scherben und Glasur und damit einer Minderung der Gefahr, dab diese infolge innerer Spannungen reil3t und abplatzt.

Die Weifimalerei

Der Glasur liegen die weil3en Malstriche stets un- mittelbar auf (Fig. 5). Die roten sind nur teilweise direkt auf die Glasur aufgebracht (Fig. 2), oft finden

43 Naturwissenschaften 1971

Fig. 5. I m Bruch: Glasur (unten links), dariiber weiBer Mal- strich (Bl~ttchen), darauf dflnne Auflage von Rotmalerei (t c m - 5~m)

sich dtinne Rotstriche tiber der Wefl3malerei (Fig. 5). Die weigen Malstriche sind im allgemeinen dicker als die roten. Es wurden Durchschnittswerte yon 25 Fm fiir die ersteren, von t4 ~zm far die letzteren gemessen, wobei selbstverst~indlich offen bleibt, ob der heutige Zustand der empfindlichen diinnen Schiehten dem ursprtinglichen entsprieht. Der morphologische Be- fund weist auf keine Schmelz- oder Sinterungser- scheinungen hin. Die n~ihere Untersuchung brachte wiederum eine ldber- raschung. Die weil3e Nalschicht besteht iiberwiegend aus schuppenf6rmigen Krisfiillchen, die eine Tendenz zur Einregelung parallel zur Glasuroberfl~iche erkennen lassen (Fig. 5). Da die R~ntgenmikroanalyse Magne- sium und Silicium als vorherrschende Elemente aus- weist, lag der Gedanke nahe, das Pigment als Talk zu deuten. Das Debye-Scherrer-Diagramm winziger Mengen isolierten Materials zeigte jedoch weitgehende Analogie mit einer Phase, die durch Brennen yon Talk bei 1 100 °C erhalten wurde und die heute allge- mein als Protoenstatit angesprochen wird:

Mgs (OH)2 [Si4Olo] -+ 3 Mg [SiO~] q- SiO 2 q- H20

Die Umwandlungstemperatur kann durch Fremd- Ionen, wie z.B. Eisen, erheblich erniedrigt werden. Diese bei den angegebenen Temperaturen metastabfle Phase wird beim ZerfaI1 des Talkes vermutlich durch die Einbettung in eine glasige SiO~-Matrix stabilisiert (beziiglich der komplizierten und teilweise immer noch umstrittenen Stabilit~tsbeziehungen der Enstatit- Phasen vgh z.B. [4]). Bei der thermischen Umwand- lung bilden sich topotaktische Pseudomorphosen yon Protoenstatit nach Talk, d.h. die Bl~ttchenform des Talkes bleibt erhatten. Alles dies erh/irtet den Schlub, dab als Weil3pigment Talk verwendet, dieser jedoch gebrannt wurde. Es ist ganz unwahrscheinlich, dab dieser Brand vo~, dem Auftrag der Malschicht vor-

Page 4: Chemie und Technik altkretischer Vasenmalerei vom Kamares-Typ

618 W. Noll et al. : Al tk re t i sche Vasenmale re i v o m K a m a r e s - T y p Naturwissenscha/ten

genommen wurde. Ebenso unwahrscheinlich ist, dab der Malstrich auf die fertige Glasur aufgetragen und das ganze Gef/iB ein zweites Mal erhitzt wurde. Man hat sich vielmehr vorzustellen, dab nach dem An- trocknen des Glasursehlickers feingemahlener Talk, m6glicherweise mit einem Bindemittel angepastet, als Malstrich aufgepinselt und dann mitsamt dem ganzen keramischen K6rper erhitzt wurde. Die Tatsache, dab der Talk in Protoenstatit umge- wandelt ist, erm6glicht bis zu einem gewissen Grade nachtr~glich eine , ,Thermometrie": Die Brenntempe- raturen dfirften bei mindestens t 000 °C gelegen haben. Auctl die Glasur wird zum Schmelzen diese relativ hohen Temperaturen erfordert haben. Die Reaktion der Glasur mit dem Talkstrich war offenbar ebenso geringffigig wie mit dem Scherben. Doch bemerkt man beim Abschaben des weiBen Pigmentes, dab dieses nicht vollst~ndig von der Glasur zu entfernen, also wahrscheinlich im Kontaktbereich leicht angefrittet ist, womit die Haftung begiinstigt wurde. Talk in Form yon Speckstein ist im Altertum wegen seiner geringen H£rte und leichten Verarbeitbarkeit ein ftir ktinstlerische Zwecke gut bekanntes und be- liebtes Material gewesen. M6glicherweise bezogen es die Minoer aus Vorkommen auf den Kykladen, yon denen man weil3, dab sie schon im Altertum abgebaut wurden E51. Neben Protoenstatit finden sich in der WeiBmalerei fast stets kleinere Mengen Caleit. Ihr Anteil liegt bei oder unter t0%. Es muB often bleiben, ob es sich dabei um eine nattirliche Beimengung yon Calcit oder um sekund~ir abgelagerten Kalkstaub handelt, oder ob gebrannter und gel6sehter Kalk als Bindemittel verwendet wurde; in jedem Falle w~ire das durch Brennen entstandene Calciumoxid im Laufe der Jahrtausende wieder carbonatisiert.

Die Rotmalerei

Was schlieBlich die Rotmalerei betrifft, so reichten die verftigbaren Substanzmengen far eine r6ntgenogra- phisch; Phasenanalyse nicht aus. Die Mikroanalyse zeigt iiberwiegend eisenhaltige Partikel neben solchen mit Aluminium und Silicium. Es dtirfte also ein dutch tonige Substanzen verunreinigtes, an Eisen- oxidhydraten reiches Rohmaterial verwendet worden sein, vielleicht ein Schl~immprodukt der auf Kreta weir verbreiteten terra rossa. Ob auch diese Malerei eingebrannt wurde oder nicht, k6nnen wir zur Zeit noch nicht entscheiden. Morphologische Ahnlichkeiten mit modernen bewitterten Lacken sprechen jedoch ftir die Verwendung organischer Bindemittel (pflanzliche 01e?), also ftir eine echte ,,Bemalung" nach dem Brand. Die unruhige, an Kratern und Kavernen reiche Ober- fl/iche der Glasur war der Haftung der Farbstriche gtinstig (Fig. 2). Dennoch ist die Widerstandsfiihigkeit

der roten wie auch der weiBen Bemalung gegen mechanische Beanspruchung sowie gegen Wasser gering. Beide lassen sich, zumindest in den oberen Schichten, leicht abkratzen, ja sogar mit einem Tuch abtupfen. Beim Sptilen eines nur mit WeiB bemalten Scherbens wurde dieses teilweise abgesehwemmt. Das alles l~igt fraglich erscheinen, dab diese Keramik Ge- brauchsware gewesen ist.

Ausblick

Insgesamt er/Sffnen die bier gewonnenen Ergebnisse interessante Perspektiven. Da, wie gezeigt, die Technik wegen der erforderlichen Brenntemperaturen an- spruchsvoll war, wird verst~indlich, dal3 sie nur fiber eine vergleichsweise kurze Zeitspanne ausgetibt wurde. Schwarzgrundierung und Buntmalerei wurden mit dem Beginn der jtingeren Palastzeit aufgegeben. Erst tiber t 000 Jahre sp~iter, in der attischen Vasen- malerei, fiber die sehr eingehende naturwissenschaft- liche Untersuchungen vorliegen [6--81, tauchen wieder technische Details auf, die an die bier geschilderten erinnern: schwarze, reduzierend gebrannte ,,Mal"- schichten werden aus kaliumreichen Tonen bei hohen Temperaturen auf Scherben eingebrannt, die calciumreich eingestellt sind. Und doch bestehen ganz wesentliche Unterschiede: Bei der jtingeren Technik wurde der Scherben mit einer nur angesinterten, aus weitgehend parallelorientierten Tonmineralschiipp- chen aufgebauten Malschicht, bei der ~ilteren mit einer eehten Glasur tiberzogen. Verfahrenstechnisch bedeutete dies, dab die attische Technik die Brenn- temperaturen um etwa 200 °C senken konnte; anderer- seits wurde die Qualit~it durch die gute mechanische Aufbereitung des Tonschlickers angehoben und u. a. der bertihmte, ftir attische Vasen typische Hoehglanz der Oberfl~iche erzielt. Qualifiitssteigerung und Verein- fachung tier Fertigungstechnik verbanden sich also auf das glticklichste. Welchen Weg in der Zwischenzeit die technische Er- Iahrung der Kamares-Epoche gegangen ist, wird eine reizvolle Fragestellung an die weitere Forschung sein. Wir werden unsere Untersuchungen fortsetzen, in der Hoffnung, auch auf arch~iologischer Seite daffir Inter- esse zu finden und von dort mit geeignetem Material versorgt zu werden.

[11 Mar ina tos , Sp., Hi rmer , M.: K r e t a u n d das myken i s ch e Hellas. Mi inchen: H i r m e r 1959. - - [21 Matz, F . : K r e t a u n d fri~hes Gr iechen land (in: K u n s t der Welt) . B a d e n - B a d e n : Holle t965. - - [31 Ho lm, 1R. : Angew. Chem. 83, 632 (t971). - - [4] Schwab, R. G.: For t schr . Mineralog. 46, 188 (1968). - - E5~ D a m m e r - T i e t z e : Die n u t z b a r e n Mineralien, Bd. 2, 2. Aufl. t928, S. 4 0 3 . - [6] S c h u m a n n , Th . : Ber. Dtsch . Ke ram . Ges. 23, 408 (1942). - - [71 H o f m a n n , U. : N a t u r w i s s e n s e h a f t e n 53, 218 ( 1 9 6 6 ) . - [81 Oberlies, F . : ibid. 55, 277 (1968).

E ingegangen a m 13. Oktober t97 t