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(Aus dem histologisehen und embryologischen Institut der kgl. ungarisehen Universit~t in Budapest [Direktor: Prof. Dr. T~.HUZELLA].) CHEMISCHE UND MECttANISCHE VORG'/~NGE BEI DER REGENERATION DE~ CORNEA. Von A. G.v. MATOLTSr. M_it 10 Textabbfldungen. (Eingegangen am 17. Juli 1948.) (~ber die Histomechanik der Cornearegeneration haben sich ver- schiedene Ansiehten gebildet. Nach verschiedenen Angaben in Schrifttum und Lehrbfichern verl~uIt die Regeneration analog der Wundheilung ,,per primam intentionem", d. h. es bildet sich Epithel aus Epithel, die Zellen und interzellularen Tefle des Bindegewebes aus dem Bindegewebe, und zwar dutch ~ktive Zellt~tigkeit. SALZER und TSR5 berichten auf Grand ihrer an Kaninchen und Amphibien ausgeffihrten Versuche darfiber, dab sich die Corneazellen bei der Regeneration des Bindegewebes passiv verhalten. Nach SALZE~ sind es die aus dem Epithel in die Wundlfieke gewanderten Epithelio- blasten, nach TSR5 die Wanderzellen aus der Iris und vonder cornea- scler~len Grenze, die die Zellen des regenerierenden Bindegewebes bilden. TSR5 hs die Gewebeabsonderungen oder im Falle einer Blutung das Fibrin fiir wiehtig bei der Ausbildung der interzellularen Substanz. AuI~erdem deutet er darauf hin, dai~ die mechanisehen Kr~fte und der Augendruck sowohl bei der Entwieklung als auch bei der Regeneration eine wichtige Rolle spielen in der Bestimmung des Corneacharakters. Auf die Entstehung von Cysten unter dem Epithel w~hrend der Regene- ration hat die verfliissigende Wirkung" der Epithelzellen den gr6Bten Einflu~. Nach diesen Angaben ist es unbestimmt, welehe Zellen bei der Cornea- regeneration an der Ausbildung des Bindegewebes beteiligt sind, und es fragt sieh, ob es aus den Bindegewebszellen der Substancia propria, den Corneazellen oder anderen dorthin wandernden Zellen regeneriert. Weiterhin wissen wir nieht, ob die Fasern des Bindegewebes durch aktive Zellts oder unabh~ngig yon den Zellen aus Fibrin und Wundfliissigkeit entstehen. Fraglich ist auch, was ffir eine Rolle in der Beeinflussung der Regeneration die stofflichen Faktoren aul3erhalb der Zellen und der Augendruck spielen. Meine Versuehe befal~ten sieh mit der LSsung dieser Fragen. Ieh habe perforierende Corneawunden in verschiedenen Zeitt~unkten , mit ~V. RoUx" Arch. L Entwicklungsmechanik. Bd. 142. 5'2,

Chemische und Mechanische Vorgänge bei der Regeneration der Cornea

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(Aus dem histologisehen und embryologischen Institut der kgl. ungarisehen Universit~t in Budapest [Direktor: Prof. Dr. T~.HUZELLA].)

CHEMISCHE UND MECttANISCHE VORG'/~NGE BEI DER REGENERATION D E ~ CORNEA.

Von A. G.v . MATOLTSr.

M_it 10 Textabbfldungen.

(Eingegangen am 17. Juli 1948.)

(~ber die Histomechanik der Cornearegeneration haben sich ver- schiedene Ansiehten gebildet. Nach verschiedenen Angaben in Schrifttum und Lehrbfichern verl~uIt die Regeneration analog der Wundheilung ,,per primam intentionem", d. h. es bildet sich Epithel aus Epithel, die Zellen und interzellularen Tefle des Bindegewebes aus dem Bindegewebe, und zwar dutch ~ktive Zellt~tigkeit.

SALZER und TSR5 berichten auf Grand ihrer an Kaninchen und Amphibien ausgeffihrten Versuche darfiber, dab sich die Corneazellen bei der Regeneration des Bindegewebes passiv verhalten. Nach SALZE~ sind es die aus dem Epithel in die Wundlfieke gewanderten Epithelio- blasten, nach TSR5 die Wanderzellen aus der Iris und v o n d e r cornea- scler~len Grenze, die die Zellen des regenerierenden Bindegewebes bilden. TSR5 hs die Gewebeabsonderungen oder im Falle einer Blutung das Fibrin fiir wiehtig bei der Ausbildung der interzellularen Substanz. AuI~erdem deutet er darauf hin, dai~ die mechanisehen Kr~fte und der Augendruck sowohl bei der Entwieklung als auch bei der Regeneration eine wichtige Rolle spielen in der Bestimmung des Corneacharakters. Auf die Entstehung von Cysten unter dem Epithel w~hrend der Regene- ration hat die verfliissigende Wirkung" der Epithelzellen den gr6Bten Einflu~.

Nach diesen Angaben ist es unbestimmt, welehe Zellen bei der Cornea- regeneration an der Ausbildung des Bindegewebes beteiligt sind, und es fragt sieh, ob es aus den Bindegewebszellen der Substancia propria, den Corneazellen oder anderen dorthin wandernden Zellen regeneriert. Weiterhin wissen wir nieht, ob die Fasern des Bindegewebes durch aktive Zellts oder unabh~ngig yon den Zellen aus Fibrin und Wundfliissigkeit entstehen. Fraglich ist auch, was ffir eine Rolle in der Beeinflussung der Regeneration die stofflichen Faktoren aul3erhalb der Zellen und der Augendruck spielen.

Meine Versuehe befal~ten sieh mit der LSsung dieser Fragen. Ieh habe perforierende Corneawunden in verschiedenen Zeitt~unkten , mit

~V. R o U x " A r c h . L E n t w i c k l u n g s m e c h a n i k . Bd . 142. 5'2,

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verschiedenen histologisehen Methoden untersucht und beobachtete dabei die Rolle der Zellen und Fasern und ihr Verhi~ltnis zueinander. Zur Kl~rung der Umstgnde, unter denen die Faserbildung vor sich geht, braehte ieh kiinstliehen Faserstoff zwischen die Wundr~nder, mit dessen Hilfe schon in vielen Fgllen die Faserbildung erfolgreich untersucht wurde (HvzE~A, LENOYET,, VANY6). Bei der Untersuchung der extra- zellularen Organisationsfaktoren der Regeneration habe ich besonders auf die kolloidchemischen Vorg~nge geachtet, die in der intercellularen Substanz, der Wundflfissigkeit, dem Kammerwasser und dem Glas- kSrper ablaufen, und weiterhin, wieweit die Verstgrkung oder Ab- sehws des Augendruekes die Regeneration beeinflussen.

u und Technik. Zu meinen Versuehen habe ich 72 gut entwiekelte Triton taenlatus

verwendet, an denen ich nach entspreehender operativer Vorbeh~ndlung folgende Versuche ausfiihrte:

1. Gruppe: Verletzung der Cornea and Entfernung der Linse. 2. Gruppe: Einspritzung yon KollagenlSsung zwisehen die Wund-

rgnder.

3. Gmppe: Entfernung des grSBeren Tefles des Glask5rpers und der Retina.

4. Gruppe: Nach Entfernung eines gro~en Tefles des GlaskSrpers und der Retina Einspritzung von KollagenlSsung in den Bulbus.

Den zu den Versuchen verwendeten kiinstlichen Faserstoff, die KollagenlSsung, habe ieh aus Kalbssehnen naeh dem Verfahren yon NAS~OTT~, hergestellt. Ieh habe die Tiere innerhalb yon 3 Woehen in verschiedenen Zeitabstgnden enthauptet, die KSpfe in Z~,~K~R-Fixier- misehung fixiert und zur Dekalzination 10%ige Triehloressigsgure ver- wendet. Naeh Paraffineinbettung fertigte ieh 8--10 dieke Seriensehnitte an, die ieh mit M_~LLO~Y- und Azanverfahren f~rbte, nach PAP imprg- gnierte oder ungefgrbt abdeckte 1.

u Bei der ersten Versuchsgruppe, wo die Cornea durchschnitten und die

Linse entfernt wurde, ersieht man aus den Schnittprgparaten, dab eine einzellige Schieht gedehnter Epithelzellen die Wtmdliieke fiberwgchst. Diese Schieht verdickt sich spgter, und an der Oberflgche ordnen sieh die ZeUen epithelartig an; wghrend sie in den tieferen Schiehten eine gedehnte Form annehmen. Das Epithel, das die Wundlfieke bedeckt, kann sich von seiner Basis 16sen und eine Cyste bilden (Abb. 1). Bei der Untersuehung der Regeneration des Bindegewebes karm man in allen

1 Bei der Aufarbei~ung ha]fen mir ~rau ~ L , technlsche Assistentin und RO~V.RT SZ~ARD.

Chemische und mechanische Vorg~nge bei der Regeneration der Corne~. 819

F~l len fes~stellen, dab die Subs tan t i a p ropr i a s ta rk angeschwollen ist, sich dabe i auf das 5 - - 8 l a t h e verd ick t ha t und daft sich die Fase rn

z ~ i ~ , ~ i ~ ! i ~ % ~ ~- , ~ ~- ~ , �9 ~ ~ . ~

Abb. 1. D~s Epithel bildet Cysten indem es sich yon seiner Basis abhebt, a Eipthel, b Sub- stanti~ propriu, c regenerierendes Bindegewebe, d Csyten, e Augenlid.

umgeordne t haben (Abb. 2). I n ihrer For t se t zung spann t sich ~m 4. bis 5. Tage nach der Opera t ion ein mi t Silber gut impr~gnierbares F~sernetz zwischen den scharf be- g renz ten Wundr i i nde rn aus (Abb. 3), an dessen Fase rn verschieden groBe und ge- s t a l t e t e Zellen zu sehen sind. Zwischen den Zellen, die sich aus der geschwollenen I r i s herauslSsen, l inden sich auch zahlreiche P igment - zellen, die in d i e W u n d - lticke wandern. Die P igment - zel lea k r i echen auf den F a s e r n und geben dabei ihr

Abb. 2. Das Fasernetz der Substantia propria ist an- P igmen t ab. D~von legt sich gesehwollen un4 hat sich umgeordnet, a Epithel, ein Teil auf die Fasern , b Substantia propria, c regenerierendes Bindegewebe.

einen anderen Tei~ nehmen die Zellen in ihr P ro top la sma auf. Vom S t r a t u m g e r m i n a t i v u m des Epi the l s aus f inder mi t Hilfe des Fase r -

A b b . 3 . D a s s i c h z w i s e h e n d e n ~ V V u n d r a n d e r n a u s s p a n n e n d e a r g y r o p h i l e F a s e r n e t z . a E p i t h e l , b S u b s t a n t i a p r o p r i a , c a r g y r o p h i l e F a s e r n .

netzes eine ahnl iche Zel lwanderung in die t ieferen Teile der Wundlf icke s ta r t . I m spa te ren S t ad ium werden aus den e lementaren Fase rn Kollagen-

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fasern (Abb. 4) und die Dicke der Substantia propria li~l~t merklich nach. Eine vollkommene Regeneration des Endothels und eine Ausbildung der Membrana Descementi habe ich nur in wenigen Fgllen beobachtet.

Abb. 4. Kol lagenes Fase rne tz zwischen den Wundr~indern. a :Epithel, b Subs t an t i a p ropr ia c konagene Fasern .

Die Bow~A~sche Membran hat sich in mehreren F~llen herausgebildet, aber nur teilweise.

Besonders in den Fiillen, wo die Wundrgnder nicht scharf durch- schnitten wurden, zeigt die Substantia propria an ihren Ri~ndern ein

Abb. 5. Die aUfgelSste Substanz tier Sub- s t an t i a propr ia n i m m t wieder,faserige Struk- f u r an. a E p i t h e l , b Subs tan t ia propria, c Faser in tier h o m o g e n e n Grundsubs tanz .

Abb. 6. H o m o g e n e u n d faserige Kol lagen- ]5sung zwischen den Wundri~ndern. a Epi thel , b Subs tan t i a pr~pr ia , c faseriges Kot.tagen~

d h o m 0 g e n e s Kol lagen, e- iris.

versehwom~nenes Bfld, Wahrend sicIa in der homogenen'Masse Fasern finden, die die Wundriinder verbinden und auf denen sieh. Zellen an- gesiedelt haben (Abb. 5).

2. Gruppe: Die zwischen die Wundr~nder gebra~hte Kollagen- 15sung bleibt 1--2 Tage lang homogen, nach 3--4 Tagen nimmt sie bereits eine Faser~truktur an (Abb. 6) und zwischen den Fasern sind zahlreiche oben beschriebene Zellen zu sehen. Sp~ter, wenn man die

Chemische und mechanische Vorg~nge bei der Regeneration der Cornea. 821

Schnittpr~parate mit den gleichalterigen der ersten Gruppe vergleicht, zeigt sich kaum ein Unterschied in der Regeneration des Bindegewebes (Abb. 4, 7). Auch hier haben sich Cysten unter dem Epithel gebildet

Abb. 7. Die in die WundhShle geb rach te Ko]]agenlSsu~g 16 Tage naeh der Opera t ion . a Epi thel , b Subs tan t i a propr ia , c kol lagene Fasern , e Iris.

und auf der BOWMANschen Membran, die sich aus dem Fasers~off ent- wickelt hat, entsteht ein Farbumschlag.

3. Gruppe: Wo ich einen gro~en Teit der Retina und des Glas- kSrpers entfernt hatte, trat in den meisten F~tlen infolge der Verletzung

Abb. 8. Die Cornearegenera t ion nach E n t f e r n u n g eines grol]en Teiles der Re t ina u n d des GlaskSrpers. a Epi thel , b Subs tan t i a propria , c regener ie rendes Bindegewebe, g Ret ina , i I r i s .

der Chorioidea Blutung ein. Das Epithel drang fief in die Wundliicke und verdickte sich dabei auf das Mehrfache. Nicht nur die Fasern der Cornea, sondern auch die der Sclera schwotlen stark an, manchmal falteten sie sich sogar auf. Im Bulbus fanden sich eine Menge Blut- kSrperchen, Retina, Iristeile und viel Gewebefliissigkeit. Unter dem EpRhel, zwischen den Corneawunden, bildete sich ein Fasernetz aus,

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das sich in das Inhere der AugenhShle verzweigte, und zwar senkrecht auf die Richtung der Fasern der Substantia propria. Auf und zwischen den Fasern linden stch Zellen aus verschiedenen Gewebearten der Augen- hShle (Abb. 8).

4. Gruppe: In der AugenhShle hat die KollagenlSsung, die den Platz von Retina nnd Gla, skSrper einnahm, faserige Struktur angenommen

Abb. 9. Die sich zwischen den VCundr~ndern aus der Kol lagenl6su~g bi ldenden Fasern naeh E n t f e r n u n g des Glask6rpers u n d eines grol]en Teiles der Ret ina . a Epi thel , b Subs tan t ia

propr ia , c kol lagene Fasern, e Augenlid, g Ret ina , k homogene Kollagenl6sung, i Iris.

und das Epithel nach aul~en gedr~ngt. Der Verlauf der Fasern, die Lage der Zellen und das BiLd der AugenhShle sind ~hnlich wie ira vorigen Fall (Abb. 9).

Besprechung der Ergebnisse und des SehriRtums. Die perforierenden Wunden der Cornea werden von Zellen des Epi-

thels bedeckt, die sich teilen und aktiv bewegen. Diese aktive Bewegung der Zellen haben ALFEJ~W, OPPEL und SALZ~R bei dem die Wundlticke ausffiUenden Stoff beobachtet. T6RO erkl~rt auf Grund seiner Beoh- achtungen an Darmepithelkulturen die Histomechanik dieser Zell- wanderung. Wie die Bindegewebszellen produzieren auch dies6 Reti- kulum und kriechen auf den Fasern, i~hnlich wie in den Darmepithel- kulturen, bis die Verst~rkung des Augendruckes sie daran hindert, und sie sich epithelartig anordnen. In ~hnlicher Weise konnte ich in meinen Versuchen auch das Wandern der Epithelzelle n beob~chten.

Die Regeneration der Substantia propria lgBt sich an Hand der Versuche folgendermaBen erkl~ren. Auf Grund der Versuche LEBERS ist bekannt, dab nach einer Verletzung des Endothels das zwischen die Fasern str6mende Kammerwasser mit seincr schwach basischen Wir- kung (7,48pt[) die Grundeinheit des Fasernetzes, die Mizellen, zur Schwellung bringt. Oabei nehmen die Mizellen Wasser auf und lagern

Chemische und mechanische Vorgange bei der Regeneration der Cornea. 823

es in den intermizellaren Liicken ab. Noch grSl]er wird die Wasser- aufnahme und dadurch die Schwellung, wenn man ein ausgeschnittenes Stiick Cornea in schwachsaure Umgebung bringt, bei AnwesenheR yon Salzen (F. P. FISCHER). In unserem Fall, wo wir mit der sauren Wir- kung der Wundfliissigkeit rechnen miissen (VERsB~Lu bewirken der osmotische Druck, die ttydratation der kolloiden Teilchen und ihre elektrische Ladung eine so s~arke Schwellung, dab sich der Wasser- gehalt der Cornea von den normalen 74 .76 % ~uf 96 % erhSht, wodurch sie sich auf das 5--8fache verdicken. Infolge dieser starken Ansehwel- lung verandert sich nicht nur die submikroskopische mizellare Struktur, sondern auch das charakteristische mikroskopische Fasernetz, wie man es an den Fasern der Substantia propria gut beobachten kann (Abb. 2). Wegen dieser Strukturver~nderung hSrt die fortlaufende Verbindung zwischen den Corneaplatten auf, die Corneazellen in den Liicken schwellen an, und infolge der Verkleinerung der Liicken und der Schwellung der Fasern wird das Fasernetz fiir die Zellen undurchggnglich. Deshalb nehmen die Corneazellen nicht an der Regeneration tefl. tIinzu kommt auBer der meehanisch hervorgerufenen Bewegungsunfi~higkeit ihre starke Differenzierung (TSRS).

Sucht man nach dem Ursprung und den Entwiclflungsumst/~nden des Fasernetzes, das sich zwischen den scharf begrenzten R/~ndern der Substantia propria bildet, so gibt der in der ersten Gruppe der Versuche beschriebene Fall die Erkl~rung (Abb. 5). In diesem Fall zeigt n~mlich die unscharf geschnittene Substantia propria ein verschwommenes Bild, w~s man damit erkl/~ren kann, dab infolge der sauren Wirkung der Wundfliissigkeit die Fasern stark ansehwollen und sich auflSsten, dab weiterhin der Faserstoff sich wieder verdichtete und yon neuem Fasern bildete. (In der Bindegewebesubstanz der Cornea spielt sich also ein ~hnlicher Vorgang ab wie in den Kollagenfasern, die bei der Herstellung des kiinstlichen Faserstoffes in der verdiinnten Essigs/~ure anschwellen.)

Auf Grund der Versuche der zweiten Gruppe lassen sich die Um- stgnde erld~ren, unter denen der aus den F~sern herausgelSste Stoff wieder zu Fasern wird. Wie m~n aus den Schnittprapara~en ersieh~, nimmt die in die Corneawunde gespritzte, anfs homogene Kollagen- 15sung in steigendem MaBe faserige Struktur an (Abb. 6). Die mikro- skopische Faserbildung beruht auf der ,,gerichteten" Koagulation der Mizellen, die sich wiederum ihrer elektrischen Ladung, ihres hydro- philen Zustandes und der Xnderung der intermizellaren Kr~lte ent- sprechend gestaltet (BuzXa~, HUZE~A). AuBer den kolloidalen Vor- gangen spielen bei der Faserbildung attch mechanische Faktoren eine Rolle. tts,~RMA~ und BvGYI liel]en Zugkr/~fte auf KollagenlSsung ein- wirken, und aus den rSntgenstrukturanalytischen Untersuchungen ging hervor, dab die formlose EiweiB15sung eine solche mizellare Faserstruktur angenommen hatte, wie die mikroskopischen Kollagenfasern. Wv, YCxOFF

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und COREu sind zu einem iihnlichen Ergebnis gekommen, in dem sie die mizellare Struktur von Gallerte untersuchten, die aus KollagenlSsung niedergeschlagen und einer Spannung ausgesetzt warde. In meinen Versuchen bildete der Augendruck die mechanischen Kr/~fte.

Demnach entsteht das Fasernetz zwischen den Wundr/~ndern nicht durch Zellt/itigkeit, sondern seinen- Grundstoff bildet der aus der Sub- stantia propria herausgelSste Faserstoff. Dazu kommt die kolloide Substanz des Kammerwassers, der faserbildende Bestandteil des Glas- kSrpers und die Wundfliissigkeit. Unter den oben beschriebenen kolloi- dalen Umst/inden entsteht das Fasernetz aus diesen kolloidalen Stoffen durch Einwirkung der mechanischen Zug- oder Druckkri~fte des Augen- druckes. Die Anteilnahme der Zellen an der Faserbildung besteht darin, dab sie sich auf den Fasern Iortbewegen, sie mit ihren Absonderungs- produkten iiberziehen und dabei zu Kollagenfasern umbilden (HuzELLA, Abb. 4). Die chemische Erkl/~rung der Entstehung der kollagenen Substanz lieg~ in der Aufnahme yon intermizellaren Stoffen (HER~- ~A~N und BUGYI).

Die Richtigkeit meiner Feststellung best/~rkt eine Beobachtung yon VERZ/~, wonach die Wundfliissigkeit, die sich im Inneren des ge- 5ffneten Processus mastoideus ansammelt, den Grundstoff des sich neu bildenden Bindegewebes enth/~lt. HAMMERSBERG hat die Entstehung yon element/~ren argyrophilen Fasern im Schorf nachgewiesen. HUZELLA untersuchte die Heilung von Hautwunden an Ratten und land dabei, dab unter der sauren Wirkung der Wundfliissigkeit der aus den kollagenen ~Fasern der umgebenden Zellen herausgel5ste Stoff ein element/~res Faser- netz ausbildet, entsprechend dem Kraftfeld der Wundliicke. Das Ge- riist des Narbengewebes bilden die Fasern, die die Einwanderung der umgebenden Zellen und das Entstehen des Narbengewebes ermSglichen.

Was den Ursprung der Zellen des neugebildeten Bindegewebes betrifft, babe ich folgendes aus meinen Versuchen herausgelesen: Epi- thelzellen, die gerade in der Umgebung vorhanden sind oder sich los- 15sen oder aus dem Epithel hineinwandern, auBerdem Wanderzellen yon der corneascleralen Grenze und aus der Iris gelangen in das Fasernetz und siedeln sich dort so an wie die ZeUen der Gewebekulturen auf dem niedergeschlagenen Fibringeriist. Meiner Ansich$ nach wird die Ent- stehung der Cysten im Epithel (Abb. 1) oder zwischen EpiChel und Bindegewebe nicht durch die verfltissigende Wirkung des Epithels be- stimmt, sondern durch die fortschreitende Zusammenziehung der Wund- r/~nder und seiner lockeren, leicht durchg/~nglichen regenerierenden Substanz. Ureter der Wirkung der ,,elastomotorischen Mikromechanik" (HuzE~A) der sich zwischen den Wundr/~ndern ausspannenden Fasern n/~hern sich die Wundr/~nder einander. Die wachsende Menge Kammer- wasser und die Flfissigkeit, die infolge der Wasserabscheidung der Fasern tier geschwollenen Substantia propria dorthin strSmt, dringt durch das lockere Narbengewebe hindurch und hebt das schwache Epithel hoch.

Chemisehe und meehanisehe Vorg/~nge bei der Regeneration der Cornea. 825

Die 0rganisation der Regeneration. Aus den Versuehen geht hervor, dal3 auller der Zellorganisation der

Regeneration auch extrazellulare Faktoren organisierend wirken, ohne welche die Regeneration sehr unvollkommen w~re. An erster Stelle unter-den extrazellularen Organisationsfaktoren steht der Augendruck, was bereits TSR5 betont hat. Der Augendruck h/~ngt vom GlaskSrper und der Menge des Kammerwassers ab. Die Versuehe zeigen deutlieh, wie die Regenera$ion verli~uft, wenn der Augendruek in seiner En$- stehung gestSrt oder ganz ausgeschaltet wird. Fehlt das Kammer- wasser, so fallen die Wundr/~nder zusammen, aber da sich das Epithel schliei~t, fiillt das Kammerwasser die erste Augenkammer aus, die Druck- verh/~ltnisse ordnen sieh u n d e s tritt yon innen her eine Druekkraft auf, die in die AugenhShle gerichtet ist und die Wundr/~nder auseinander

Abb, 10.

zieht (Abb. 10). Unter dem EinfluB ,dieser Kr/ifte verl/iuft die Faser- entstehung als Fortsetzung der Fasern der Substantia propria, wie das aus der ersten und zweiten Gruppe der Versuche hervorgeht. Wird die Iris zerstSrt und der GlaskSrper entfernt, so kann sich kein Augendruck bilden. Infolgedessen fallen die Wundr/~nder zusammen, der elas$isehe Bulbus schrumpft und zwischen den Wundr/indern wirken einander entgegengerichtete Kr~fte und senkrecht auf deren Riehtung verlaufen die er~tstehenden Fasern (Abb. 10). Das trat in der dritten und vierten Gruppe der Versuche ein (Abb. 8, 9). Daran sieht man, welch wichtige Rolle in der En~stehung der die Regeneration leitenden Faserstruktur der Augendmck spielt.

Betrachtet man die Regeneration der Cornea unter Beriieksichtigung der allgemeinen biologisehen Gesichtspunkte, so stellt man lest, dab auBer tier Zellorganisation tier Regeneration auch extrazeltul/~re Faser- stofflSsungen und mechanisehe Faktoren eine organisatorisehe Wirkung ausiiben, die in der Entstehung des neu gebfldeten Bindegewebes und in tier Bestimmung des Corneaeharakters ihren Ausdruck finden. Dieser Vorgang 1/~Bt sieh nieht ganz mit der Zellorganisation der klassisehen Zellehre yon SCrmEIDE~, SCnWA~N und VmcHOW in Einldang bringen. Die Fasern sind n/~mlieh nieht ein Produkt der Zellen, sondern ihrer Sekrete und die Vollkommenheit des Regenerats wird yon den mechanischen

826 A.G.v . Matoltsy: Vorg~nge bei der Regeneration der Cornea.

Faktoren der Faserbildung gew~hrleistet. Rechnen wir mit einer Lebens. t~tigkeit der Fasern ( ,Totali t~tslehre"), so miiBten dabei die Zellen eine untergeordnete Rolle spielen. Die paraplastisehen VorgAnge lassen sieh mit Hilfe der Lehre yon der , ,molekularen Morphologie" (Sc~ADE) vollst~ndig erkl~ren. Wollte man sic aber aueh auf die Zetlen iiber- tragen, so miil}te man die Regenerat ion und entspreehend den ganzen Organismus mit dem Begriff der ,,lebenden Masse" bezeiehnen. Da- dureh aber wfirde die individuelle Einheit der ZeUe, des Grundsteins des Lebens und der Vermehrung, s tark beeintrs

Die an der Regenerat ion beteiligten Zellen erfiillen ihre Aufgabe im Sinne der klassischen Zellehre und die Ver~nderungen der Faserstoff- 15sungen, welehe die dynamisehen Kr~fte darstellen, ]assen sieh auf koiloidehemischer und physikaliseher Grundtage tiickenlos erkls wenn man sic yon dem Gesichtspunkt der ,,interzellularen Pathologic" (Htr- ZSLLA) aUS betraehtet .

Zusammeniassung.

I n der Histomechanik der Cornearegeneration bei Triton spielen aufler den Zellen noch folgende Faktoren eine Relic: Die kolloidalen Stoffe wie Wundfliissigkeit, Kammerwasser und die aus den Wund- r~ndern herausgelSste KollagenlSsung, auBerdem die mechanisehen Zug- und Druekkr~fte, die sich aus dem Augendruck ergeben. Aus diesen Stoffen entsteht unter chemisehen Vorg~ingen und mit Hilfe der oben beschriebenen meehanisehen Kr~fte das die Wundr~nder verbindende Fasernetz, in welches die versehiedenen Zellen hineinwandern. Wegen der Schwellung und AuflSsung der Substantia propria und der Kollagen- fasern verhalten sich die Zellen der Cornea ws der Regenerat ion l~ssiv. I n der Organisation der Regenerat ion ist die Entwickhmg des Augendruckes der wichtige Faktor , da ohne ihn die Faserbildung in falscher Richtung erfolgt0 was zur Unvol lkommenhei t des Regenerats ffihrt.

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