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68. Berg- und Hüttenmännischer Tag am 7. und 8. Juni 2017 KOLLOQUIUM 4 - „Die neue Tiefbohrtechnik - innovativ aus der Krise“ Lehmann, Franziska (TU Bergakademie Freiberg) DAS ELEKTRO-IMPULS-VERFAHREN – DIE E(I)V-OLUTION DER TIEFBOHRTECHNIK Die Tiefbohrtechnik wird stets vor neue Herausforderungen gestellt. Beim Bohren nach Erdöl oder Erdgas, aber insbesondere beim Abteufen tiefer Geothermalbohrungen müssen oft sehr harte Formationen durchbohrt werden. Die Optimierung der konventionellen Technologien des Rotarybohrens stoßen hier an ihre Grenzen. Rollen- und PDC-Meißel wurden bspw. speziell für das Bohren von Sedimentgesteinen entwickelt und erzielen in besonders abrasiven oder harten Formationen nur unzureichende Bohrgeschwindigkeiten. Hier ist es notwendig, nach neuen Ansätzen für das Gesteinslösen und Bohren zu suchen, mit denen Tiefbohrungen in diesen Formationen wesentlich effektiver und wirtschaftlicher als bisher hergestellt werden können. Dafür bietet sich die neue Technologie des Elektro- Impuls-Bohrens an. Das Verfahren verwendet im Gegensatz zu herkömmlichen mechanischen Bohrverfahren Hochspannungsimpulse, um das Gestein zu zerstören. Da es im Prinzip berührungslos auf der Bohrlochsohle arbeitet, wird der Verschleiß am Bohrkopf deutlich reduziert. Dies ermöglicht längere Standzeiten des Werkzeuges, reduziert die Anzahl an Roundtrips und damit die unproduktive Zeit der Bohranlage und senkt die Bohrkosten. Im aktuellen vom BMWi geförderten Projekt „Entwicklung und in-situ Erprobung eines EIV-Bohrsystems (ISEB)“ wird ein vollständiges Bohrsystem entwickelt, das als modulare Einheit auf einer konventionellen Bohranlage eingesetzt werden kann. Das Bohrsystem enthält den Bohrkopf mit Elektrode und die benötigte Energieversorgung. Die Bereitstellung der erforderlichen elektrischen Energie erfolgt vollständig in der Bohrgarnitur im Bohrloch. Die Energie dafür wird aus der hydraulischen Energie der Bohrspülung gewonnen. Das Bohrsystem wird für ein 12 ¼“ Bohrloch, 200 °C Bohrlochtemperatur und 1000 bar Umgebungsdruck entwickelt. Vorangegangene Untersuchungen versprechen einen Bohrfortschritt von 1-2 m/h in kristallinen Gestein. Die erwartete Einsatzdauer zwischen zwei Roundtrips liegt bei ca. 350 h. Das ist ein Vielfaches der Standzeiten herkömmlicher Rollenmeißel, die sonst im Hartgestein eingesetzt werden. Im bisherigen Projektverlauf wurden die Einzelkomponenten des Systems entwickelt und im Labor getestet. Darüber hinaus fanden Hochdruckversuche statt, die nachweisen, dass das Elektro-Impuls-Verfahren auch bei 500 bar Druck funktioniert. Derzeit wird ein vollständiger Laborprototyp mit einer Gesamtlänge von 19 m entwickelt, in dem alle Einzelkomponenten integriert sind. Dieser Laborprototyp wird zunächst im Labor und im Anschluss in einer „echten“ flachen Bohrung im Freiberger Gneis getestet. Der aktuelle Stand des Projektes soll vorgestellt werden.

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68. Berg- und Hüttenmännischer Tag am 7. und 8. Juni 2017 KOLLOQUIUM 4 - „Die neue Tiefbohrtechnik - innovativ aus der Krise“

Lehmann, Franziska (TU Bergakademie Freiberg)

DAS ELEKTRO-IMPULS-VERFAHREN – DIE E(I)V-OLUTION DER TIEFBOHRTECHNIK

Die Tiefbohrtechnik wird stets vor neue Herausforderungen gestellt. Beim Bohren nach Erdöl oder Erdgas, aber insbesondere beim Abteufen tiefer Geothermalbohrungen müssen oft sehr harte Formationen durchbohrt werden. Die Optimierung der konventionellen Technologien des Rotarybohrens stoßen hier an ihre Grenzen. Rollen- und PDC-Meißel wurden bspw. speziell für das Bohren von Sedimentgesteinen entwickelt und erzielen in besonders abrasiven oder harten Formationen nur unzureichende Bohrgeschwindigkeiten.

Hier ist es notwendig, nach neuen Ansätzen für das Gesteinslösen und Bohren zu suchen, mit denen Tiefbohrungen in diesen Formationen wesentlich effektiver und wirtschaftlicher als bisher hergestellt werden können. Dafür bietet sich die neue Technologie des Elektro-Impuls-Bohrens an. Das Verfahren verwendet im Gegensatz zu herkömmlichen mechanischen Bohrverfahren Hochspannungsimpulse, um das Gestein zu zerstören. Da es im Prinzip berührungslos auf der Bohrlochsohle arbeitet, wird der Verschleiß am Bohrkopf deutlich reduziert. Dies ermöglicht längere Standzeiten des Werkzeuges, reduziert die Anzahl an Roundtrips und damit die unproduktive Zeit der Bohranlage und senkt die Bohrkosten. Im aktuellen vom BMWi geförderten Projekt „Entwicklung und in-situ Erprobung eines EIV-Bohrsystems (ISEB)“ wird ein vollständiges Bohrsystem entwickelt, das als modulare Einheit auf einer konventionellen Bohranlage eingesetzt werden kann. Das Bohrsystem enthält den Bohrkopf mit Elektrode und die benötigte Energieversorgung. Die Bereitstellung der erforderlichen elektrischen Energie erfolgt vollständig in der Bohrgarnitur im Bohrloch. Die Energie dafür wird aus der hydraulischen Energie der Bohrspülung gewonnen. Das Bohrsystem wird für ein 12 ¼“ Bohrloch, 200 °C Bohrlochtemperatur und 1000 bar Umgebungsdruck entwickelt. Vorangegangene Untersuchungen versprechen einen Bohrfortschritt von 1-2 m/h in kristallinen Gestein. Die erwartete Einsatzdauer zwischen zwei Roundtrips liegt bei ca. 350 h. Das ist ein Vielfaches der Standzeiten herkömmlicher Rollenmeißel, die sonst im Hartgestein eingesetzt werden.

Im bisherigen Projektverlauf wurden die Einzelkomponenten des Systems entwickelt und im Labor getestet. Darüber hinaus fanden Hochdruckversuche statt, die nachweisen, dass das Elektro-Impuls-Verfahren auch bei 500 bar Druck funktioniert. Derzeit wird ein vollständiger Laborprototyp mit einer Gesamtlänge von 19 m entwickelt, in dem alle Einzelkomponenten integriert sind. Dieser Laborprototyp wird zunächst im Labor und im Anschluss in einer „echten“ flachen Bohrung im Freiberger Gneis getestet.

Der aktuelle Stand des Projektes soll vorgestellt werden.

INSTITUT FÜR BOHRTECHNIK UND FLUIDBERGBAU

Elektro-Impuls-Verfahren Die E(I)V-olution der Tiefbohrtechnik

Franziska Lehmann, Erik Anders, Matthias Voigt, Matthias Reich, Jürgen Weber 68. Berg- und Hüttenmännischer Tag - 7. bis 9. Juni 2017 Kolloquium „Die neue Tiefbohrtechnik - innovativ aus der Krise"

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Der Gegner

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SANDSTEIN

GRANIT

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Die Avengers

http://www.pngall.com/avengers-png

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EIV-Bohrsystem DEISY

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Deep Drilling with Electric Impulse Drilling System

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EIV-Bohrsystem DEISY

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Elektrode

Hochspannungsgenerator

Gleichrichter Steuerung

Transformator

Generator

Getriebe

Dichtungssystem

Turbine doppelwandiges Gehäuse

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Entladung im Gestein

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Zeit in ns

Granit

Wasser

Dur

chsc

hlag

fest

igke

it Im

puls

feld

stär

ke

in k

V/m

m

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Elektrode

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Hochspannungselektrode

Erdelektrode

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Herausforderung Bauraum

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Bohrloch 12¼ ´´ (311 mm)

Tools 9½ ´´ (241 mm)

Spülung

Inneres Rohr 200 mm (ID)

Halterung

https://tu-dresden.de/ing/elektrotechnik/ieeh#intro

Komponenten 130 mm

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Versuchsstand

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Prototyp

Manipulator

Versuchsbehälter

Spülungstank

Steuer- und Messsystem

Spülungspumpe Probegestein: Würfel aus Granit mit 0,6 m Kantenlänge

Sicherheitsmaßnahmen: - Schutzzaun mit Schutzschalter - Erdung aller Bauteile

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Versuchsdurchführung

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E in J 500 f in Hz 25 DB in mm; ´´ 311; 12 ¼ Espez in J/cm3 500 ROP in m/h 1,5 tL in h 350

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Hochdruckversuche

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500 bar Hochdruckbehälter

Probenhalter

Probe

Hochdruckbehälter

Elektrode

Durchführung

Hochspannungs-teiler

Hochspannungs- generator

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Hochdruckversuche

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Leistungsbetrachtung

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12,5 kW

13,5 kW

14,5 kW

16,5 kW

18,5 kW

20 kW

24 kW

Elektrode η = 50 %

Hochspannungs-generator η = 94 %

Gleichrichter η = 95 %

Transformator η = 90 %

Generator η = 90 %

Planetengetriebe η = 95 %

Turbine η = 80 %

Pout = 8,7 kW Rotary-Bohrverfahren

𝜂𝜂 = 10 – 15 %

Pin = 58 – 87 kW

Pout = 6,25 kW EIV Bohrsystem

𝜂𝜂 = 26 %

Pin = 24 kW

6,25 kW

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Vergleich mit Rotary-Verfahren

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Vergleich mit Rotary-Verfahren

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Testbohrung in Freiberg

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Zeitraum: 14.08.17 – 13.10.17

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Vorbereitung

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Vorbereitung

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1-2 m

7-8 m

Lehm

verwitterter Gneis

stabiler Gneis

Grundwasserstand

18 m

Erste Bohrlochabschnitt mit Standrohr aus Kunststoff abgesichert

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Vorbereitung der Versuche

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Vorteile des EIV

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- minimaler Verschleiß - lange Standzeiten

- geringe oder keine Rotation notwendig

- kein Andruck notwendig

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Die Zukunft des EIV

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- Nachweis der Bohr- - geschwindigkeit und Standzeit

- Kleinere Bohrlochdurchmesser - Entfernen von Scalings

- Zerkleinerung von Erzen - HDD-Bohrungen - Flachbohrtechnik

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Die Evolution der Tiefbohrtechnik