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Das histologische Verhalten fossilen Knochen- und Zahngewebes. B71 Fig. 3. Fig. 4. Fig. 5. Oberer Molarzahn des Menschen im ganzen Querschnitt (A) und mit stErker vergrSssertem Mittelstiick (B). Zweiter oberer Molarzahn des Menschen. Quersehnitt einer Wurzel des Backzahnes vom Pferde mit periphe- risch verengter PulpahShle. Das histologische Verhalten fossilen Knochen- und Zahngewebes. Yon Prof. Dr. Chr. Aeby in Bern. Hierzu Tafel XXIY. Die bahnbreehenden Arbeiten yon Agassiz 1) und Owen -~) haben der Wissenschaft das Gebiet der fossilen Gewebe ftir die Ziihne erobert, Quekett s) hat bald darauf dasjenige des Knochen- gewebes beigefUgt und aus jUngster Zeit verdanken wir Hasse ~) den Naehweis, dass selbst knorplige Theile ihr Bild vor der Zer- stiirung zu bewahren und in fester Gestalt der Nachwelt zu Uber- liefern vermiigen. Die Genannten rUhmen alle in Wort und Bild die treffiiche Erhaltung der feineren Struetur, ohne jedoch die 1) Louis Agassiz, Reeherehes sur les poissons fossiles. Neuch~tel, 1833--43. 2) Richard Owen, Odontography. London, 1840--1845. 3) On the Intimate Structure of Bone, as composing the Skeleton in the four great Classes of Animals, viz., Mammals, Birds, Reptiles, and Fishes, with some Remarks on the great Value of the Knowledge of such structure in determining the Affinities of Minute Fragments of Organic Remains. By Joh n Q u eke t t, Assistant Conservator of the Museum of the Royal College of Surgeons of England. The Transactions of the Microscopical Society of London. Vol. II. London 1849. 4) C. Hasse, Die fossilenWirbel. Morphologisches Jahrbuch. Bd.II. 1876.

Das histologische Verhalten fossilen Knochen- und Zahngewebes

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Das histologische Verhalten fossilen Knochen- und Zahngewebes. B71

Fig. 3.

Fig. 4. Fig. 5.

Oberer Molarzahn des Menschen im ganzen Querschnitt (A) und mit stErker vergrSssertem Mittelstiick (B). Zweiter oberer Molarzahn des Menschen. Quersehnitt einer Wurzel des Backzahnes vom Pferde mit periphe- risch verengter PulpahShle.

Das histologische Verhalten fossilen Knochen- und Zahngewebes.

Yon

Prof. Dr. Chr. A e b y in Bern.

Hierzu Tafel XXIY.

Die bahnbreehenden Arbeiten yon Agass i z 1) und Owen -~) haben der Wissenschaft das Gebiet der fossilen Gewebe ftir die Ziihne erobert, Q u e k e t t s) hat bald darauf dasjenige des Knochen- gewebes beigefUgt und aus jUngster Zeit verdanken wir Hasse ~) den Naehweis, dass selbst knorplige Theile ihr Bild vor der Zer- stiirung zu bewahren und in fester Gestalt der Nachwelt zu Uber- liefern vermiigen. Die Genannten rUhmen alle in Wort und Bild die treffiiche Erhaltung der feineren Struetur, ohne jedoch die

1) Louis Agass i z , Reeherehes sur les poissons fossiles. Neuch~tel, 1833--43.

2) R i c h a r d Owen, Odontography. London, 1840--1845. 3) On the Intimate Structure of Bone, as composing the Skeleton in

the four great Classes of Animals, viz., Mammals, Birds, Reptiles, and Fishes, with some Remarks on the great Value of the Knowledge of such structure in determining the Affinities of Minute Fragments of Organic Remains. By Joh n Q u eke t t, Assistant Conservator of the Museum of the Royal College of Surgeons of England. The Transactions of the Microscopical Society of London. Vol. II. London 1849.

4) C. Hasse, Die fossilenWirbel. Morphologisches Jahrbuch. Bd.II. 1876.

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372 Chr. Aeby:

letztere als solche einer genauenPrtifnng zu unterziehen; es waren eben vorzugsweise zoologische Zweeke, die sie verfolgten. Ich selbst habe reich zur Untersuchung fossiler Gewebe zuniichst nur durch den Wunsch bestimmen lassen, mir tiber den Grad und die Voll- kommenheit ihrer Erhaltung aus eigenem Augensehein ein Urtheil zu bilden. Sie gewann indessen fur reich sehr bald ein erhithtes Interesse, indem ich erkannte, dass der Charakter des fossilen Ge- webes in den bisherigen Darstellungen noch keineswegs seinen vollen Ausdruck gewonnen hatte. Ueber den Zustand der.feinen Hohlriiume und Kaniile, wie sie durch Zellen und deren Abkiimm- linge erzeugt werden, lagen nur sparliche, gelegentlieh hinge- worfene Bemerkungen vor und doch treten gerade hier nieht un- wichtige Fragen in den Vordergrund. Von dell beiden Pionieren auf unserm Gebiete, yon Owsn und Agass iz war hash dieser Seite hin yon vorn herein niehts zu erwarten, da sie noeh in der Msinung ihrer Zeit befangen waren, als seien die betreffsnden Riiume auch friseh mit Kalk gefUllt. Um wie viel mehr musste solchss nicht erst in den Petrefacten der Fall sein! Q u e k e t t war hierin sehon besser berathen. Er wusste, dass sieh die Zellen- rSume des frischen Knochsns mit durch Alkanna gefi~rbtes Ter- pentintil ftillen und beobaehtete (a. a. O. S. 49), dass solches bei dell meisten, wenn nicht bei allen fossilen Knoehen (in most, if not all, fossil bones) nicht mehr gesehieht, ja dass selbst das Koehsn in Canadabalsam die opake Beschaffenheit der Zellen nieht zu beseitigeu vermag. Er erkliirt dies dadureh, dass die erdigen Substanzen, in welehen die Knoehen so lange Zeit eingebettet gewesen, in die Hohlrliume eingedrungen seien und sie in ~thnlieher Weise gefUllt hiitten, wie man aueh hitufig an Mumienknoehen dis zur Einbalsamirung der Leiehen verwendeten Stoffe antreffe. Von dsm Zahngewebe sprieht Queke t t nieht. Hasse hinwiederum (a. a. O. S. 24) erwlthnt nur, dass bei Fisehwirbeln in den Zell- hShlen vsrkalkten Knorpels griisstentheils sine gleichmassige, gslbliehe Fiirbung getroffen werde. .Andere unsern Gsgenstand bertihrende Angaben babe ieh trotz eifrigen Suehens in dsr Lite- ratur nicht aufzustiibern vermocht. Ich will auch nieht unsrw:,ihnt lassen, dass ich die Kenntniss dsrArbeit yon Q u e k e t t nut einem gltlcklichen Zufall verdanke, da sie aus den Literaturverzeiehnissen, sicherlich unverdientermaassen, versehwunden ist.

Den genannten Sehriftstellern zufolge miisste bei fossilen

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Geweben die FUllung der yon den Zellen gelassenen R~ume als der gesetzliehe Zustand angesehen werden. Dem ist indessen nicht so. Die betreffenden R~ume ftlllen sich, wie wir naehweisen werden, nur unter ganz bestimmten ~usseren Bedingungen und v~llig unabh~ngig yon der Versteinerung der allgemeinen Grund- substanz. Sonst bewahren sie ihre volle Durehg~ngigkeit und unterseheiden sich in keiner Weise yon denen des frischen Gewebes.

Es dUrfte zweekmiissig sein, vor allem den objectiven That- bestand ftir die yon mir untersuchten Gewebe festzustellen. Ich halte reich bei der Aufz~hlung an die grossen geologischen Epoehen. Als Uebergang zur Jetztzeit mag am Sehlusse auch die sogenannte pr~historisehe Zeit eine Stelle finden. Ich sehicke die Bemerkung voraus, dass die s~mmtlichen aufgefUhrten Organe hinsiehtlieh ihrer histologisehen Erhaltung nichts zu wlinschen Ubrig liessen und mit wenigen Ausnahmen als dem frischen Gewebe ganz oder nahezu ebenbUrtig bezeichnet werden mUssen. Das yon mir ver- arbeitete Material ist kein nach besonderen Principien ausgew~hltes. Ich habe es vielmehr einfaeh so genommen, wie es mir durch die Z~vorkommenheit befreundeter Collegen (Prof. Lang in Solothurn und Prof. Baehmann in Bern) zur VerfUgung gestellt wurde. S~mmtliche Angaben, zumal auch diejenigen der F~rbung, beziehen sich auf DUnnsehliffe im Gesichtsfelde des Mikroskopes. Als ,,leer" bezeiehne ieh diejenigen Hohlr~ume, die der festen Einlagerung entbehren und daher wirklieh durehg~ngig sind 1).

I. S t e i n k o h l e n s y s t e m . 1. P o l y r h i z o d u s r ad i eans aus dem Kohlenkalke yon Ir-

land. Vasodentine der Z~hne grossentheils intensiv rostfarben. Zahn- und Gef~sskan~lchen nahezu vollst~ndig mit sehwarzrother Masse gefllllt.

2. P s e p h o d u s magnus , Ag. aus dem Kohlenkalke yon Irland. Vasodentine der Z~hne in der Grundsubstanz hell gelb- braun. Zahn-und Gef'~sskan~lehen zu einem guten Theile mit rostfarbenen, stellenweise unterbrochenen Massen gefllllt, sonst leer.

II. J u r a s s i s e h e s System. 1. S t r o p h o d u s (Psammodus) s u b r e t i e u l a t u s aus dem

Oolith. (Fig. 1 A. u. B.) In der Vasodentine der Z~hne s~mmtliche Kan~le nur strecken-

1) Es darf wohl unbedenklich angenommen werden, dass dieselben nur n ganz trockenem Gestein Luft, sonst aber Wasser enthalten.

A~ehiv f. mlkrosk. An&tomie. Bd. 15. ~5

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374 Chr. Aeby:

weise und zudem an versehiedenen Stellen in sehr ungleichem Grade mit schwiirzlieher Masse geftlllt, sonst v@ig leer. Dieselbe Masse durehsetzt auch in unregelmiissig vertheilten, meist eckigen Fleeken die Grundsnbstanz, maneherorts spiirlieh, anderwtirts in breiten netzartig verbundenen Ztigen, die anfFalliger Weise den Grenzen der einzelnen Kanalsysteme entlang ziehen, sie selbst aber ganz oder grossentheils frei lassen. Jene erstellen daher ein eontinuirliehes dunkles Gertlste, dessen langgestreekte cylin- drische Masehen yon einer hellen, die Kan~tle der Vasodentine bergenden Substanz erftlllt werden. Die daherige Zeichnung ist sehon fUr das blosse Auge siehtbar, tritt abet besonders aufFtillig im Gesichts- felde des Mikroskopes zu Tage. Uebrigens giebt es auch Parthieen, wo die sehwarze Fitrbung das ganze Gewebe gleiehF6rmig deekt.

2. Pycnodus Hugii aus demPortlandkalke von Solothurn. (Fig. 2 A u.B.) Die Ziihne bestehen aus einfaeher, entweder farbloser, gelblieh durchseheinender, oder in den iiusseren Parthieen mehr oder wenig tief schwarz gei~,trbter Dentine. Im ersteren Falle sind sitmmtliehe Dentinekanitlchen durchaus leer, im letzteren nehmen sie in ihren iiusseren Absehnitten eine schwarzliche Masse anf, ohne jedoeh ganz geftlllt zu werden. Die gef'arbte Zone der Z~hne setzt sich in ziemlich seharfer Grenzlinie yon der nnge- fiirbten ab. In letzterer sind die Kaniilehen wieder nahezu leer. Die schwiirzliche Masse trltt nur in gri~sseren Abst~inden nnd auf ganz kurze Streeken auf, so dass bei miissiger Vergr~sserung eine i'eine dunkle Sprenkelnng anf hellem Hintergrnnde entsteht.

Knoehengewebe lieferte ein Unterkiefer mit farblosen Ziihnen. Die Grundsubstanz erschien farblos, das Netz der iinsserst zier- lieh verzweigten Zellen samnlt den vorhandenen Gefiisskanlilchen war Uberall yon Einlagerungen frei und leicht durehgiingig ftlr Fltissigkeiten.

3. Madr iosaurns und Maeh inosaurus Hugii aus den Steinbriiehen yon Solothurn.

Der Sehmelz der Ziihne diffus rauehgrau mit zahlreich einge- streuten sehwarzen Punkten yon versehiedener Griisse. Die darunter liegenden Interglobnlarriiume theils yon derselben sehwiirzliehen Masse erftlllt, theils leer. Die Dentinekanalchen in der Mehrzahl leer; nur einzelne anf liingere Streeken gleieh den Interglobular- riiumen geftlllt.

4. Lepidotus aus den SteinbrUehen yon Solothurn.

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Hautsehuppe mit diffus rauchgrauer, yon zahlreichen schwarzen Punkten und gr(isseren eckigen Flecken durchsetzter Schmelz- schicht. Aehnliche Flecken zerstreut auch in der sonst farblosen Hauptmasse. Die Get~tsskaniile nur theilweise yon derselben dunklen Masse eingenommen, das iiusserst zierliche Zellennetz his auf wenige Stellen vollkommen leer.

5. H a u t s c h i l d e i ne s S a u r i e r s aus den SteinbrUchen yon Solothurn.

Die Wandungen der Gei'~iss- und Markr~tume gelb- oder sehwarzbraun, vielerorts mit Unterbrechung, beschlagen, letztere yon weissen Massen (Kalkspath) erfUllt. Die Zellenr~tume und ihre Ausl~uier theils roll tiefbrauner Materie, theils leer.

6. R t i e k e n s c h i l d yon P l e s i o c h e l y s s o l o d u r e n s i s , Rlit. aus den Steinbrtlehen yon Solothurn.

Verhiilt sich ~hnlich dem Hautschilde des Sauriers, nur ist die braune Ausftlllungsmasse weniger vertreten. Sie l~isst die feineren Gef'tisskan~le grSsstentheils, die Zellenhiihlen s~tmmtlieh fi'ei.

III. Kre ide . 1. P l e s i o s a u r u s (?) aus der oberen Kreideformation yon

Cambridge. Schwammiges Knoehengewebe yon diffus gelbbrauner F•tr-

bung. Die Markriiume mit dunkelbraunen Massen geftlllt, ebenso ein Theil der Zellenhiihlen, die anderen leer.

IV. T e r t i ~ r e B i l d u n g e n . 1. Latona. Vasodentine der Zahne in den Gef~isskaniilen nur leieht mit

theils schwarzen, theils braunen Massen infiltrirt. Von den Den- tinekaniilchen die einen geftillt, die andern leer.

2. C a r e h a r o d o n p o l y g y r a t u s aus der Mollasse. Vorderzahn. Grundsubstanz streckenweise diffus braun. Ge-

F~iss- und Dentinekaniilehen des Innern zum Theil schwarz infil- trirt. Dentinekaniilehen der oberfiiicl~lichen Rindenschicht s~immt- lich leer.

3. Z y g o b a t e s S t u d e r i aus demMusehelsandstein des Buch- eggberges (Solothum).

Zahn. Grundsubstanz derVasodentine yon hellbrauner Fiirbung. Get:,tsskan~tle durchweg, Dentinekaniilehen nur theilweise und mit Unterbreehung yoU rostbrauner Masse.

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376 Chr. Aeby:

4. Emys aus der untern Stlsswassermollasse yon Aarwan- gen {Bern).

Die Markr~ume des Hautpanzers ~oll Kalkspath, die Knoehen- substanz gleichf'6rmig braungclb, die Zellenh~ihlen leer.

5. S i iuge th ie r (?) aus der unteren Sllsswassermollasse yon Aarwangen.

Knochensubstanz gleichf'6rmig braungelb. Gefiisskan~ile der Wand eutlaug dunkel inkrustirt. Zellenhiihlen slimmtlich leer.

6. A c e r a t h e r i u m (Rhinoceros) aus der unteren Stlss- wassermollasse yon der Engehalde bei Bern und yore Bumbach- graben bei Schangnau (Kanton Bern). (Fig. 3.)

Knoehen und Ziihne von ersterem Fundorte ziemlich farblos, yon letzterem mit hellbraunem Farbenton. Das Knochengewebe yon Bern compact, in der Grundsubstanz hell und yon prachtvoll erhaltener Struetur. Die s~mmflichen Gef'asskanalchen dieht mit rostbraunen Massen angeftlllt. Die Zellenhi~hlen nur sehr verein- zelt yon iihnlicher Beschaffenheit, in erdrtlekender Mehrheit leer und daher farblos. Die Knochensubstanz yon Schangnau spongilis mit you Kalkspath erflillten Markriiumen. Gef'asskani~le kamen nieht zur Beobachtung; die Zellenhiihlen waren durchweg leer. Die Dentine beider Localitiiten wies nut wenig geflillte Ka- niilehen auf; die meisten von ihnen waren leer.

7. H a l i t h e r i u m S tude r i aus dem Musehelsandstein des Bucheggberges (Solothurn). (Fig. 4.)

Diehtes, zum Theil farbloses~ zum Theil rostbraun infiltrirtes Knochengewebe. In ersterem sind die Knochenzellen fast sitmmt- lich leer und die Gefasskani~le nut streckenweise yon braunen Massen eingenommen, in letzterem strotzen beide yon dunklem Inhalte. Beide Formen liegen vielfaeh wirr durcheinander mit bald schrofferen, bald milderen Uebergiingen. Die braune Farbung der Grundsubstanz und, Hand in Hand mit ihr, die Ftlllung der Zellenriiume geht offenbar von den GeF',tsskaniilen aus.

8. Mas todon (?) aus der Peehkohle der bberenStisswasser- mollasse von K~pfnach am Ztirchersee.

Compaete, gleichF6rmig dunkelgef'arbte Knoeheusubstanz mit zum Theil schwarzbraun gefllllten Gefltsskanalehen and leeren Zellenh(ihlen.

9. H i p p o p o t a m u s yon St. Ciro bei Palermo. Compacte Knochensubstanz. Gewebe k(imig opak. Gef'~iss-

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kanalchen stellenweise mit br~tunliehem Anfluge der Wandung. Zellenhiihlen ausnahmslos l e e r . - lm Cemente desselben Thieres die Zellen his auf einzelne gelblieh geF~trbte leer.

10. Hyopotamus Gress l i i , Rtit. aus demEocen yon Eker- kingen.

Die Grundsubstanz des Unterkiefers kiirnig faserig getrlibt, doch farblos. Si~mmtliehe Zellenhiihlen leer. Die Dentinekanlilehen eines zugehi~rigen Mahlzahnes zeigen bis auf einzelne punktf6rmige Einlagerungen dasselbe Verhalten.

11. Ursus spelaeus yore Wildkirchli, Appenzell. Cement und Dentine des Eckzahnes besitzen alle Eigensehaften

frisehen Gewebes. Feste Einlagerungen irgend welcher Art fehlen ganzlieh.

12. M e g a t h e r i u m C u v i e r i aus dem Pampasthone yon SUdamerika.

Zahnwurzel mit Cement und Dentine. Gef'~tssr~ume, Zellen- hiihlen und Dentinekanitlehen theils leer, theils mit sehwarzbraunen Massen geftillt.

13. Meles taxus aus dem Diluvialkies yon Zimmerwald bei Bern.

Grundsubstanz des Oberschenkels kiirnig faserig opak, doch farblos. Zellenhiihlen leer.

V. P r a e h i s t o r i s e h e S t a t i o n e n . 1. Equus Cabal lus v on Solutrde. Dep. SaSne et Loire. Compactes Knochengewebe kSrnig getrUbt. Zellen und Ge-

f~tsskanalehen leer, letztere hin und wieder mit gelblichem Anfiuge. 2. Cervus Ta randus yon gleichem Fundorte. Das Gewebe der Compacta viel heller und homogener als

beim Pferde. Die Zellenh(ihlen gleiehfalls leer, dagegen die Ge- irasskani~le bereits zum Theil roll dunkler Massen.

3. Bos T a u r u s yon A r t i g u e s , D~p. du Var. Grobkiirnig faserige TrUbung der Compacta. Keinerlei Fill-

lung der Hohlr~tume. 4. Mensch.

a. Hinterhauptssehnppe aus der H~hle yon Oonfaron, D~p. du Vat. Rennthierperiode.

Grundsubstanz farblos mit zerstreuten rostbraunen Fleeken. GeFasskaniilehen hin und wieder gelblich angefiogen. Zellenhiihlen leer.

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378 Chr. Aeby:

b. Oberschenkelknoehen aus einem Pfahlbau des Bieler- sees. Steinzeit.

Grundsubstanz gleiehf~rmig braun. S~mmtliche Zellen- und Gef'~tssr~tume leer.

5. E u r y a p t e r y x rheides aus Neuseeland. Compacte Schicht des Schulterblattes. Grundsubstanz schwach

ki~rnig faserig und gelblieh. Alles Uebrige wie bei frischem Gewebe. Der Inhalt der vorstehenden Liste ist so mannigfaltig und

ihr Ergebniss so klar, dass ich auf eine Vergriisserung derselben glaube verziehten zu dtirfen. Zwei entscheidende Thatsachen treten daraus mit aller Bestimmtheit .hervor, ftir's erste die, dass die feinen Gewebsliicken sehr oft bei der Petrifieation im leeren Zustande verbleiben, ftir's zweite die andere, dass, wo eine Aus- fiillung stattfindet~ die ausflillende Masse immer eine yon der petrificirenden verschiedene ist. Das beweist zur Geniige, dass diese Ausftillung keinen integrirenden Bestaadtheil des Versteinerungs- processes ansmacht, dass es sich dabei vielmehr um einen ganz anderen Prozess handelt~ der wohl mit dem ersteren zusammen- treffen kann~ aber keineswegs muss. In dieser gegenseitigen Unab- hiingigkeit der beiden Vorgange liegt denn auch sicherlieh ein wesentlicher Grund fttr die vortreffiiche Erhaltung der Gewebe. Die Territorien der cellularen und der intercellularen Bezirke werden von vorn herein streng auseinandergehalten und eine Verwischung der Grenzmarken, wie sie bei allgemeiner Uebersehwemmung mit gleichartigen Stoffen eintreten mUsste~ erscheint als unm~iglich. Die Versteinerung gesehieht nicht durch einfache Ein- und Anlage- rung yon aussen her eindringender Stoffe7 sonst mtisste sie ja gerade mit der Ausftillung der vorhandenen Hohlri~ume den Anfang maehen. Sie ist vielmehr das Product einer chemisehen Metamorphose der bereits vorhandenen festen Gewebstheile. Hiiufig hat es dabei sein Bewenden und dann bleiben, wie versehiedene Beispiele ge- zeigt haben~ die GeF~tss- und Zellenlticken vollstiindig frei. In anderen Fallen nehmen diese, vielleieht sehon frtiher, vielleicht anch erst spater, wie es gerade die besonderen Verh~ltnisse mit sich bringen, besondere Stoffe auf~ die wiederum auf sic besehriinkt bleiben oder abet in weehselnder Ausdehnung. auf die Nachbar- schaft tibergreifen und eine mehr oder weniger gleiehf~irmige Durchsetzung des ganzen Gewebcs bewirken k(innen. Die diffuse rostbraune F~rbung der Zi~hne yon Polyrhizodus und Psephodus,

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sowie der Knoehen yon Halitherium mag hierflir als Beleg hervor- gehoben werden. Der yon Queke t t angeftihrteVergleieh mit den Mumienknoehen trifft ti'eilieh nieht zu, da es sieh dabei nicht wie bei diesen um das Eindringen geltister und dann einfaeh erhii.rtender Stoffe, sondern um durch weitere Umsetzungen in einer Liisung entstehende Niedersehl@e handelt. Woher ihre Vorliebe ftir die Sehmelzsehieht der Lepidotussehuppe und der Saurierzithne her- rtihrt, vermag ieh nieht zu sagen, ebensowenig, wie die oK so eigenthlimliehe Vertheilung- ieh erinnere an die Ziihne yon Strophodus- zu erklliren ist. Es sind dies Ubrigens Fragen ohne weiteres histologisehes Interesse. Dass vielfaeh (irtliche, mehr oder weniger zuf'allige Umsti~nde eine Rolle spielen, wird dureh die Unregelmiissigkeit der Erseheinung und dureh dis UnmSg- liehkeit, sie zu Raum und Zeit in ein bestimmtes Verhaltniss zu bringen, genUgend bewiesen. Die verhiiltnissmiissig jungen Ver- steinerungen von Zygobates und Halitherium geben in manehen Par- thien den viel iilteren yon Psephodus nut wenig naeh und ander- seits zeigen gleiehaltrige Knoetien und Ziihne von versehiedenen Stellen ein ganz versehiedenes Verhaltenl). Es genUgt, an die gesehilderten Reste yon Pyenodus, Aeeratherium und Halitherium zu erinnern. Selbst bei der Jetztzeit nahe stehenden Gebilden be- kundet sieh sehon derselbe Untersehied. Das Pferd yon Solutr6e hat leere, das Rennthier yon ebendaher bereits ziemlieh reiehlieh geftlllte Gef'~sskaniilehen. Zur wirkliehen Petrifieirung ist es hier noah nieht gekommen und es beweist daher dieser Fall, (lass die Ausfttllung der Hohlraume zeitlieh der Metamorphose der Grund- substanz vorauseilen kann.

Diese Vorgi~nge welter zu verfolgen liegt nieht in unserer Aufgabe. Ihr gentigt der Naehweis, dass bei der Versteinerung sklerosirter Gewebe zwei ganz versehiedene Vor#nge, die noth- wendige und datum typisehe Metamorphose der Grundsubstanz und die Ausfttllung der von ihr gelassenen LUeken, wohl zu unter- seheiden sind. Die Versehiedenheit der beiderorts abgelagerten

1) Aus diesem Grunde kSnnen die oben gegebenen Beschreibungen fossiler Gewebe keinen Anspruch auf allgemeine Gtiltigkeit machen. Es ist~ vielmehr sicher, dass ein und dasselbe Gewebe jc nach der Umgebung, in der es uns iiberliefert worden, cin ganz verschiedenes Gt'prlige darbieten kann. Fiir die yon uns in's Auge gefasste Frage ist dies indessen gleichgiiltig.

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380 Chr. Acby:

Stoffe spricht ftir die Verschiedenheit der Prozesse, die dieser Ablagerung zu 6runde liegen.

Die dunkle, theils rostbraune, theils schw~rzliche oder schwarze Fiirbung der in den Hohlr~umen abgelagerten Massen legte den Gedanken an Metall- und zwar vet allem an Eisenver- bindungen nahel). Hr. Prof. v. :Nencki hatte die Freundlichkeit, durch seinen damaligen Assistenten, Hr. Dr. Hamerbacher , eine Anzahl bezUglicher Analysen anstellen zu lassen. Den mir yon ibm gewordenen Mittheilungen zufolge ist bei den dunkel gef'~rbten Z~hnen yon Polyrhizodus, Pycnodus, Strophodus und Madriosaurus im Vergleich zu frischen Z~ihnen in der That der hohe Eisenge- halt das auffallendste. Bei Polyrhizodus Uberstieg er 7 ~ bei den anderen schwankte er zwichen 3 und 4 %. Pycnodus, Strophodus und Madriosaurus besitzen ihn als eine Verbindung yon Eisen- oxyd, die durch Behandlung des gepulverten Zahnes mit verdtin~ter Salzs~ure als schwarzes, amorphes, unter diesen Umst~nden unlSs- liches Pulver isolirt werden kann. Ein Theil des Eisens erscheint als Schwefelkies %

Hr. Prof. Valent in hat auf meine Bitte hin das Knochen-

1) Auf den oft sehr reichliehen Eintrit t yon Eisen und Mangan in Pfahlbautenknoehen hat mein Bruder (Car l A e b y , Ueber die unorganische Metamorphose der Knochensubstanz, dargethan an sehweizerischen Pfahl- bautenknoehen. Bern, 1870. S. 19 u. 21) aufmerksam gemacht. DerRShren- knoehen eines Rindes aus der Pfahlbaute yon Me n t e l i e r im Murtensee zeigte sogar stellenweise oberfliiehliehe Vivianitsbildung (a. a. O. S. 88). Leider steht mir in diesem Augenblieke kein iihnlicher Knoehen zur Verfiigung. Ich halte es indessen fiir kaum zweifelhaft, dass in derartigen F~illen wenigstens ein Theil des Eisens in den Gefiiss- und Zellenliicken des Gewebes aufge- speichert wird. Die von mir untersuchten Pfahlbautenknoehen yon Rind, B'~r, Sehaf, Ziege u. s. w. verhielten sich siimmtlieh wie der oben aufgefiihrte Sehenkelknochen des Menschen.

2) Hr. Dr. H a m e r b a c h e r wird anderwiirts seine Resultate verSffent- lichen. Eines erlaube ich mir indessen als yon allgemeinem Interesse hier noch in Kiirze hervorzuheben, dessen Mittheilung ieh gleichfalls Hrn. Pros v. N e n e k i verdanke. Das bei 120--130 ~ bis zu eonstantem Gewichte ge- troeknete Pulver der zuletzt genannten ZKhne ergab beim Gliihen einen Ver- lust yon 4--5~ der dureh kohlensaures Ammoniak nieht restituirbar war. Besondere Untersuchungen erwiesen, dass etwa die Hiilfte desselben organiseher Substanz (sie wurde als solehe dargestellt), der Rest wahrseheinlich Hydrat- wasser, das erst beim Gliihen ausgetrieben wurde, angehSrte.

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Das histologische Verhalten fossilen Knochen- und Zahngewebes. 381

gewebe yon Aceratherium und das Zahngewebe yon Madriosaurus im polarisirten Lichte untersucht. Die F~higkeit der Doppelt- brechung hatte weder in dem einen noch in dem anderen Falle die geringste Ver~nderung eflitten.

Zum Schlusse eine allgemeine Bemerkung. Die Anerkennung einer fortschreitenden Entwickelungsf~higkeit organischer Formen ist einer der Eckpfeiler unserer jetzigen Naturwissenschaft. Theo- retisch ist nun sicherlich kein Grund vorhanden, fur die Differen- zirungsweise der Gewebe ohne weiteres einen absoluten Stillstand anzunehmen. Meine Hoffnung, mi~glicherweise yon den jetzigen abweichende Formen zu finden, ist freilich bisher nicht in Erftil- lung gegangen. Der yon Quekqtt (a. a. O. p. 57) auigestellte Satz, dass das Gesetz der Knochenbildung zu allen Zeiten dasselbe war und dass der 0harakter des Gewebes ein far die Hauptklassen der Wirbelthiere constanter sei, gilt noch heute wie vor 30 Jahren.

Erkl~rung der Abbildungen auf Tafel XXIV.

Fig. 1.

Fig. 2.

Fig. 3.

Fig. 4.

A Diekendurchschnitt, B F1Kchendurchschnitt eines Zahnes von S t r o p h o d u s (Psammodus) s u b r e t i e u l a t u s aus dem Oolith.

Die Grundsubstanz zum Theil (a) in breiten Ziigen, zum Theil (b) nur in kleinen zerstreuten Fleeken yon sehwarzen Eisenmassen dureh- setzt. Die feineren und grSberen Kun~lehen streekenweise yon der- selben Masse e.rfiillt, streekenweise leer. A Diekendurehschnitt eines Zahnes von P y e n o d u s Hugi i aus dem Portlandkalke, mit schwiirzlicher, yon Eisenmasse stark durchsetzter Aussenzone (c) und heller Innenzone mit m~ssiger Einlagerung yon Eisen. Die freie Randschicht entsprieht einem Theile der gewiSlbten, natiirliehen OberflKche des Zahnes. - - B zeigt vergrSssert drei Den- tinekanKlehen in theils leerem, theils yon Eisenresten erfiiUtem Zu- stande. Knochenschliff von A c e r a t h e r i u m aus der unteren Siisswasser- mollasse yon der Engehalde bei Bern. Die GefKsskanKlchen voll rostfarbener Eisenmasse. Die Grundsubstanz an zwei beschr~inkten

Stellen yon Khnlichen, dendritischen Einlagerungen durchsetzt, sonst vSllig frei und farblos. Die ZellenhShlen leer. Knoehensehliff von H a l i t h e r i u m Studer , i aus dem Musehelsand- stein. Siimmtliche Gefiisskaniflehen mit rostfarbener Eisenmass~ dicht

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882 N. K o l e s s n i k o w :

erfiillt. Dieselbe Masse durchsetzt diffus den grSssten Theil der Grundsubstanz uad erfiillt hier auch die ZellenhShlen. Wo die In- filtration der Grundsubstanz fehlt (b), erscheinen die Zellenh~hlen leer.

In Fig. 3 und 4 sind der einfachcren Herstellung der Tafel zu Liebe die in Wirklichkeit rostfarbenen Einlageruugen gleichfalls schwarz gehalten. - - SKmmtliehe Abbildungen wurden vermittelst des Seioptieons mit vorge- lagertem Prisma in den Hauptziigen angelegt und mit Hiilfe des Mikroskopes in den Einzelheiten ausgefiihrt.

(Aus dem anatomischen Institute zu Strassburg.)

Ueber die Eientwickelung bei Batrachiern u n d

Knochenflschen.

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N. K o l e s s ~ l i k o w aus St. Petersburg.

Hicrzu Tafel XXV.

Das Ei als erster Keim jedes hi~heren Organismus war immer eines der beliebtesten Objecte fUr anatomische und embryologisehe Unter- suchungcn. Besonders seitdem Bacr (1) das Ei der Saugethiere entdeekt und dureh seine ausgedehnten Studien die vergleichende Embryologie begrtlndet hat, hat eine ganze Reihe yon Arbeiten diese Richtung genommen. Ieh verziehte hier darauf, eine voll- sti~ndige Uebersicht des Standes unserer jetzigen Kenntnisse von der Eibildung zu geben, und werde mieh aueh beztiglieh der Literatur-Angaben auf diejenigen Werke besehriinken, welehe dem speciellen Thema meiner Untersuehungen nigher stehen, da wit eingehende literarische Arbeiten besonders yon W a l d e y e r (7) und Ludwig (20) besitzen.

Die Eier und Eifollikel bei den verschiedenen Thierklassen und Species waren bis zu dem Zeitpunkte, wo die so bekannten Arbeiten yon Valefit in (21) und PflUger (6) ersehienen, als Ab-

Page 13: Das histologische Verhalten fossilen Knochen- und Zahngewebes

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