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Das neue Unterhaltsrecht: Rangfolge, Mindestunterhalt und Anpassung bestehender Unterhaltsregelungen (2008)

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Becker/Junggeburth ⋅ Das neue Unterhaltsrecht

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Das neue Unterhaltsrecht

Rangfolge, Mindestunterhalt und Anpassung

bestehender Unterhaltsregelungen

von

Eva Becker

Fachanwältin für Familienrecht

und

Peter Junggeburth

DEA, Rechtsanwalt

Haufe Mediengruppe

Freiburg ⋅ Berlin ⋅ München

Page 5: Das neue Unterhaltsrecht: Rangfolge, Mindestunterhalt und Anpassung bestehender Unterhaltsregelungen (2008)

Bibliografische Information Der Deutschen Bibliothek

Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detail-

lierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.ddb.de abrufbar.

ISBN 978-3-448-07477-2 Best.-Nr. 07221-0001

1. Auflage

© 2008 Rudolf Haufe Verlag GmbH & Co. KG, Freiburg · Berlin · München

Hindenburgstr. 64, 79102 Freiburg; Postfach 100 121, 79120 Freiburg

Telefon 0761 / 3683-0, Telefax 0761 / 3683-236

Internet: www.haufe.de, E-Mail: [email protected]

Lektorat: Josef Heinz

Die Angaben entsprechen dem Wissensstand bei Redaktionsschluss im Januar 2008. Da Hinweise und

Fakten dem Wandel der Rechtsprechung und der Gesetzgebung unterliegen, kann für die vorliegenden

Angaben keine Haftung übernommen werden. Die Informationen sind nur für den persönlichen Gebrauch

des Lesers bestimmt. Dieses Werk sowie alle darin enthaltenen einzelnen Beiträge und Abbildungen sind

urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung, die nicht ausdrücklich vom Urheberrechtsgesetz zugelassen

ist, bedarf der vorherigen Zustimmung des Verlages. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Bear-

beitungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektroni-

schen Systemen.

DTP: Marlies Dold unter Mitarbeit von Sabine Seeberg

CD-Redaktion: Elvira Plitt unter Mitarbeit von Sabine Seeberg

Druck: Franz X. Stückle, 77955 Ettenheim

Zur Herstellung der Bücher wird nur alterungsbeständiges Papier verwendet.

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Inhaltsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis..................................................................................................................... 10

I Übersicht über die wichtigsten Änderungen .......................................................................... 12

1 Hintergrund der Änderung................................................................................................ 12

1.1 Gesellschaftliche Veränderungen ............................................................................ 12

1.2 Reformziele ............................................................................................................. 12

2 Die wichtigsten Änderungen im Bürgerlichen Gesetzbuch.............................................. 13

2.1 Kindesunterhalt........................................................................................................ 13

2.2 Rangfolge mehrerer Unterhaltsberechtigter ............................................................ 14

2.3 Unterhaltsansprüche nach der Ehescheidung .......................................................... 14

3 Die Änderungen in anderen Gesetzen............................................................................... 16

3.1 Aufhebung von Art. 229 § 2 Abs. 2 EGBGB .......................................................... 16

3.2 Lebenspartnerschaftsgesetz ..................................................................................... 16

3.3 Zivilprozessordnung ................................................................................................ 17

3.4 Einführung von § 36 EGZPO .................................................................................. 18

3.5 § 42 Gerichtskostengesetz ....................................................................................... 18

3.6 § 24 Kostenordnung................................................................................................. 18

3.7 Anlage 2 zur Auslandskostenverordnung................................................................ 18

3.8 Art. 4 des Gesetzes zur Änderung des Unterhaltsrechts.......................................... 18

II Die Neuregelungen im Einzelnen ............................................................................................ 19

1 Kindesunterhalt ................................................................................................................. 19

1.1 Art der Unterhaltsgewährung – § 1612 BGB .......................................................... 19

1.2 Mindestunterhalt minderjähriger Kinder – § 1612a BGB ....................................... 21

1.3 Deckung des Barbedarfs durch Kindergeld – § 1612b BGB................................... 26

2 Rangfolge mehrerer Unterhaltsberechtigter – § 1609 BGB.............................................. 34

2.1 Gesetzestext ............................................................................................................. 34

2.2 Regelungsinhalt ....................................................................................................... 34

2.3 Bisherige Rechtslage ............................................................................................... 35

2.4 Regelungszweck ...................................................................................................... 40

2.5 Neue Rechtslage ...................................................................................................... 41

3 Unterhaltsansprüche des getrennt lebenden Ehegatten – § 1361 BGB............................. 47

3.1 Gesetzestext ............................................................................................................. 47

3.2 Bisherige Rechtslage ............................................................................................... 47

3.3 Regelungszweck ...................................................................................................... 47

3.4 Neue Rechtslage ...................................................................................................... 48

4 Unterhaltsansprüche nach der Ehescheidung.................................................................... 48

4.1 Grundsatz der Eigenverantwortung – § 1569 BGB................................................. 48

4.2 Unterhalt wegen Betreuung eines Kindes – § 1570 BGB ....................................... 49

4.3 Unterhalt wegen Erwerbslosigkeit und Aufstockungsunterhalt – § 1573 BGB ...... 51

4.4 Angemessene Erwerbstätigkeit – § 1574 BGB ....................................................... 52

4.5 Bedürftigkeit – § 1577 BGB.................................................................................... 53

4.6 Maß des Unterhalts – § 1578 BGB.......................................................................... 54

Vorwort ................................................................................................................................................ 8

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6 Inhaltsverzeichnis

4.7 Herabsetzung und zeitliche Begrenzung des Unterhalts wegen Unbilligkeit – § 1578b BGB.......................................................................................................... 54

4.8 Beschränkung oder Versagung des Unterhalts wegen grober Unbilligkeit – § 1579 BGB............................................................................................................. 57

4.9 Rang des geschiedenen Ehegatten bei mehreren Unterhaltsberechtigten – § 1582 BGB............................................................................................................. 60

4.10 Unterhalt für die Vergangenheit – § 1585b BGB.................................................... 61

4.11 Vereinbarungen über den Unterhalt – § 1585c BGB............................................... 61

4.12 Wiederaufleben des Unterhaltsanspruchs – § 1586a BGB...................................... 62

4.13 Einfluss des Güterstandes – § 1604 BGB................................................................ 63

5 Unterhaltsanspruch von Mutter und Vater aus Anlass der Geburt – § 1615l BGB .......... 63

5.1 Gesetzestext ............................................................................................................. 63

5.2 Regelungsinhalt ....................................................................................................... 64

5.3 Bisherige Rechtslage ............................................................................................... 64

5.4 Regelungszweck ...................................................................................................... 65

5.5 Neue Rechtslage ...................................................................................................... 65

6 Aufhebung von Art. 229 § 2 Abs. 2 im Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch (EGBGB)....................................................................................................... 66

6.1 Bisherige Rechtslage ............................................................................................... 66

6.2 Neue Rechtslage ...................................................................................................... 66

7 Änderungen im Lebenspartnerschaftsgesetz..................................................................... 66

7.1 Nachpartnerschaftlicher Unterhalt – § 16 LPartG ................................................... 66

7.2 Verpflichtung zum Lebenspartnerschaftsunterhalt – § 5 LPartG ................................ 68

7.3 Unterhalt bei Getrenntleben – § 12 LPartG............................................................. 68

8 Änderungen in der Zivilprozessordnung (ZPO) ............................................................... 69

8.1 Änderungen zur Statthaftigkeit des vereinfachten Verfahrens über den Unterhalt Minderjähriger – § 645 ZPO ................................................................... 69

8.2 Weitere Änderungen beim vereinfachten Verfahren über den Unterhalt Minderjähriger ......................................................................................................... 70

8.3 Bezifferung dynamisierter Unterhaltstitel zur Zwangsvollstreckung im Ausland – § 790 ZPO .............................................................................................. 72

8.4 Pfändbarkeit bei Unterhaltsansprüchen – § 850d ZPO............................................ 73

9 Einführung von § 36 im Einführungsgesetz zur Zivilprozessordnung (EGZPO)............. 74

9.1 Gesetzestext ............................................................................................................. 74

9.2 Regelungszweck ...................................................................................................... 75

9.3 Übergangsrecht im Einzelnen.................................................................................. 76

10 Änderung von § 42 Gerichtskostengesetz (GKG) ............................................................ 82

10.1 Gesetzestext ............................................................................................................. 82

10.2 Regelungsinhalt ....................................................................................................... 82

10.3 Bisherige Rechtslage ............................................................................................... 82

10.4 Regelungszweck ...................................................................................................... 82

10.5 Neue Rechtslage ...................................................................................................... 82

11 Änderung von § 24 Kostenordnung (KostO).................................................................... 83

11.1 Gesetzestext ............................................................................................................. 83

11.2 Regelungsinhalt ....................................................................................................... 83

11.3 Bisherige Rechtslage ............................................................................................... 83

11.4 Regelungszweck ...................................................................................................... 83

11.5 Neue Rechtslage ...................................................................................................... 83

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12 Änderungen in der Anlage 2 zur Auslandskostenverordnung (AuslandsKostVO) .......... 83

12.1 Gesetzestext ............................................................................................................. 83

12.2 Bisherige Rechtslage ............................................................................................... 84

12.3 Regelungszweck ...................................................................................................... 84

12.4 Neue Rechtslage ...................................................................................................... 84

13 Art. 4 des Gesetzes zur Änderung des Unterhaltsrechts (Inkrafttreten, Außerkrafttreten) .............................................................................................................. 84

13.1 Gesetzestext ............................................................................................................. 84

13.2 Neue Rechtslage ...................................................................................................... 84

III Gang der Gesetzgebung ........................................................................................................... 85

IV Arbeitshilfen.............................................................................................................................. 89

1 Ländergruppeneinteilung .................................................................................................. 89

2 Regelsätze nach § 28 SGB XII ......................................................................................... 90

3 Regelbetrag-Verordnung .................................................................................................. 91

4 Unterhaltstabellen ............................................................................................................. 92

4.1 Berliner Tabelle nebst Anmerkungen und Kindergeldabzugstabellen .................... 92

4.2 Düsseldorfer Tabelle nebst Anmerkungen und Kindergeldabzugstabellen............. 96

5 Unterhaltsrechtliche Leitlinien........................................................................................ 108

5.1 Bundeseinheitliche Struktur .................................................................................. 108

5.2 Kammergericht (Stand: 1.7.2007) ......................................................................... 110

5.3 OLG Düsseldorf (Stand: 1.7.2007)........................................................................ 120

5.4 OLG Frankfurt am Main (Stand: 1.1.2008)........................................................... 131

5.5 OLG Dresden (Stand: 1.1.2008)............................................................................ 145

5.6 Thüringer OLG (Stand: 1.1.2008) ......................................................................... 152

6 Mandanteninformationsschreiben zur Unterhaltsrechtsreform 2008.............................. 158

V Normen .................................................................................................................................... 162

1 Synoptische Darstellung der Gesetzesänderungen ......................................................... 162

2 Bundeskindergeldgesetz ................................................................................................. 173

3 Einkommensteuergesetz ................................................................................................. 178

4 Unterhaltsvorschussgesetz .............................................................................................. 184

5 Gesetz zur Vereinheitlichung des Unterhaltsrechts minderjähriger Kinder ................... 187

Inhaltsverzeichnis

Stichwortverzeichnis ....................................................................................................................... 189

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Vorwort

Nach langem Ringen um eine den gesellschaftlichen Verhältnissen sowie den politischen und ver-fassungsrechtlichen Vorgaben gerecht werdende Neuregelung des Unterhaltsrechts, ist die Reform des Unterhaltsrechts am 1.1.2008 in Kraft getreten.

An der Dauer und der Intensität der Diskussionen hierzu lässt sich ermessen, dass die Reform einen sensiblen gesellschaftlichen Bereich betrifft und grundlegende Änderungen mit sich bringt.

Die formulierten Reformziele, nämlich die Stärkung des Kindeswohls, die Betonung des Grundsat-zes der Eigenverantwortung nach der Ehe und die Vereinfachung des Unterhaltsrechts, lassen die tatsächlichen Auswirkungen auf den ersten Blick nicht unbedingt erahnen.

Allerdings geht mit der wirtschaftlichen Verbesserung der Situation von Kindern regelmäßig die Verschlechterung der wirtschaftlichen Situation anderer Unterhaltsberechtigter einher. Statt der Kin-der werden gegebenenfalls künftig andere Unterhaltsberechtigte in finanziell beengten Verhältnissen staatliche Leistungen in Anspruch nehmen müssen. Für den Haushalt, in dem das Kind lebt, wird in der Regel nicht mehr Geld zur Verfügung stehen, als bisher.

Die mit der Einführung des Vorrangs der Kinder verbundene Erwartung, dass die Unterhaltsver-pflichteten eher zur Zahlung von Unterhalt für Kinder bereit sind und damit die Zahlungsmoral steigt, ist allerdings nicht unberechtigt.

Die wieder in die gesetzlichen Regelungen aufgenommene Normierung eines Mindestunterhalts für Kinder wird verfahrensrechtliche Bedeutung haben – der Bedarf in Höhe des Mindestunterhalts ist nicht zu beweisen.

Eine Erhöhung der zu zahlenden Unterhaltsbeträge geht mit der Einführung des Mindestunterhalts aber in der Regel nicht einher: Denn die neue (die Regelbetrag-Verordnung ablösende) Bezugsgröße zur Berechnung des Kindesunterhalts – der steuerliche Kinderfreibetrag – und die neue Behandlung des Kindergelds – als Einkommen des Kindes – führen statt dessen zu einer Absenkung der Zahlbe-träge. Das vom Gesetzgeber nicht gewollte Absinken des Unterhaltsniveaus musste deshalb durch die vorübergehende Festlegung von Mindestbeträgen in einer Übergangsvorschrift sicher gestellt werden. Im Interesse der Vorgabe des Bundesverfassungsgerichts, das Steuer-, Sozial- und Unter-haltsrecht zu vereinheitlichen und Normenklarheit zu schaffen, ist die gewählte vorläufige Regelung hinzunehmen.

Die Betonung der Eigenverantwortung des Ehegatten nach der Scheidung beruht darauf, dass die Gerichte den bereits früher im Gesetzestext enthaltenen Grundsatz nach Auffassung des Gesetzge-bers nicht genügend beachtet haben.

Von herausragender Bedeutung sind die Änderungen beim Betreuungsunterhaltsanspruch und in der Rangfolge der Betreuenden:

Unabhängig davon, ob die Eltern verheiratet sind oder waren, wird die Dauer des Anspruchs auf Betreuungsunterhalt einheitlich geregelt, soweit allein kindbezogene Aspekte Grundlage für seine Gewährung sind. Zugleich teilen sich künftig alle betreuenden Elternteile den selben Rang.

Anlass für diese Änderung war eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom Februar 2007, die zwei Tage vor der geplanten Verabschiedung der Reform im Bundestag im Mai 2007 wei-tere Änderungen erforderlich machte und die Verabschiedung verzögerte.

Dies wird eine Verkürzung des Betreuungsunterhaltsanspruchs von Ehegatten nach sich ziehen: Nach Ablauf von drei Jahren nach der Geburt des Kindes wird der Anspruch nur nach Billigkeit gewährt. Eines der normierten Billigkeitskriterien ist die Möglichkeit der Fremdbetreuung. Je nach

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Vorhandensein von ganz- oder halbtags angebotenen Kindergartenplätzen im Bundesgebiet, kann die Dauer des Anspruchs also regional unterschiedlich sein.

Der Vergleich des neuen und alten Rechts, insbesondere in Zusammenhang mit der neuen Rangfol-geregelung, zeigt, dass die Reform für die meisten Fallgestaltungen eine Vereinfachung des Unter-haltsrechts in der praktischen Handhabung erreichen konnte. Im Detail werden sich neue – voraus-sichtlich aber weniger komplexe – Probleme an anderer Stelle ergeben, so bei Mangelfällen im zweiten Rang.

Das vorliegende Buch soll einen ersten Überblick über die neuen gesetzlichen Regelungen und de-ren Auswirkungen geben. Nach einem Überblick über die gesetzlichen Neuerungen werden die ein-zelnen geänderten Regelungen und ihr im Vergleich zu den bisherigen Regelungen unterschiedlicher Regelungsinhalt ausführlich dargestellt. Mit Hilfe der Synopse und den im Anhang befindlichen Arbeitshilfen hoffen wir, so einen leichten Einstieg in das neue Unterhaltsrecht zu ermöglichen.

Vorwort

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Abkürzungsverzeichnis

a. F. alte Fassung

Abs. Absatz

Art. Artikel

AuslandsKostVO Auslandskostenverordnung

BAföG Bundesausbildungsförderungsgesetz

BGB Bürgerliches Gesetzbuch

BErzGG Gesetz zum Erziehungsgeld und zu Elternzeit

BGH Bundesgerichtshof

BT Berliner Tabelle

BT-Drs. Bundestagsdrucksache

BVerfG Bundesverfassungsgericht

bzw. beziehungsweise

DT Düsseldorfer Tabelle

EGBGB Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuch

EGZPO Einführungsgesetz zur Zivilprozessordnung

EStG Einkommenssteuergesetz

EUR Euro

f. folgende Seite

ff. folgende Seiten

F (Ehe)Frau/Mutter

FamRZ Zeitschrift für das gesamte Familienrecht

FGG Gesetz über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit

gem. gem.

GG Grundgesetz

GKG Gerichtskostengesetz

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11

HS Halbsatz

K Kind 1

K2 Kind 2

KostO Kostenordnung

LPartG Gesetz über die eingetragene Lebenspartnerschaft (Lebenspartnerschaftsgesetz)

M (Ehe)Mann/Vater

Nr. Nummer

RPflG Rechtspflegergesetz

S. Seite

s. siehe

SGB Sozialgesetzbuch

s. o. siehe oben

sog. so genannter

UnterhVG Unterhaltsvorschussgesetz

vgl. vergleiche

z. B. zum Beispiel

ZPO Zivilprozessordnung

Abkürzungsverzeichnis

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I Übersicht über die wichtigsten Änderungen

1 Hintergrund der Änderung Das neue Unterhaltsrecht ist eine Reaktion des Gesetzgebers auf die gesellschaftlichen Veränderun-gen sowie auf Forderungen nach mehr Normenklarheit im Bereich des Kindesunterhalts und dient der Umsetzung bestimmter Reformziele.

1.1 Gesellschaftliche Veränderungen

Die heutigen gesellschaftlichen Verhältnisse sind durch steigende Scheidungszahlen gekennzeich-net. Am häufigsten betroffen sind Ehen von kurzer Dauer.

Ferner hat sich die Rollenverteilung innerhalb der Ehe geändert. Immer häufiger bleiben beide Part-ner, trotz minderjähriger Kinder, berufstätig oder nehmen nach einer (kurzen) erziehungsbedingten Unterbrechung ihre Erwerbstätigkeit wieder auf.

Die Anzahl der minderjährigen Kinder, die in nichtehelichen Lebensgemeinschaften oder bei allein erziehenden Müttern oder Vätern lebt, nimmt zu.

Diese gesellschaftlichen Veränderungen lassen die Zahl der Mangelfälle steigen. Der Unterhalts-pflichtige ist immer häufiger außer Stande, allen Berechtigten Unterhalt zu gewähren. Dies hat kom-plizierte Mangelfallberechnungen sowie die Zunahme von minderjährigen Sozialhilfeempfängern zur Folge.

Aufgrund der Rangfolge ist zudem in einer Vielzahl von Fällen das finanzielle Auskommen des nicht verheirateten, ein Kleinkind betreuenden Elternteils gefährdet. Er erhält im Mangelfall keinen Betreuungsunterhalt. Die „Zweitfamilie“ hingegen ist mit den Unterhaltsverpflichtungen des Unter-haltsschuldners gegenüber der „Erstfamilie“ belastet.

1.2 Reformziele

Um den geänderten gesellschaftlichen Verhältnissen und den daraus resultierenden Problemen Rechnung zu tragen, verfolgt das neue Unterhaltsrecht im Wesentlichen drei Reformziele:

1.2.1 Förderung des Kindeswohls

Das erste Ziel ist die Förderung des Kindeswohls. Der Verwirklichung dieses Zieles dient die Ände-rung der unterhaltsrechtlichen Rangfolge (§ 1609 BGB), die Besserstellung der nicht verheirateten, kinderbetreuenden Elternteile (§ 1615l BGB) sowie die Regelung des gesetzlichen Mindestunter-halts (1612a BGB).

1.2.2 Stärkung der nachehelichen Eigenverantwortung

Das zweite gesetzgeberische Ziel besteht in der Stärkung der nachehelichen Eigenverantwortung. Zur Umsetzung dieses Zieles ist der Grundsatz der Eigenverantwortung nun ausdrücklich im Gesetz betont (§ 1569 BGB). Zugleich wird die Verpflichtung zur Wiederaufnahme einer Erwerbstätigkeit nach der Scheidung verschärft (§§ 1569, 1570, 1574 BGB). Zudem werden die von der Rechtspre-chung bislang nur sehr zurückhaltend genutzten Möglichkeiten zur Beschränkung des nachehelichen Unterhalts durch Einführung einer für alle Unterhaltsansprüche geltenden Norm zur Herabsetzung und Begrenzung geregelt (§ 1578b BGB). Die in der Praxis häufig vorkommende Fallgruppe der

Nach der Scheidung wird zudem vielfach eine „Zweitfamilie“ mit Kindern gegründet.

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Die wichtigsten Änderungen im Bürgerlichen Gesetzbuch 13

Beschränkung oder Versagung von Unterhalt wegen neuer, verfestigter Lebensgemeinschaft ist nun ausdrücklich geregelt (§ 1579 Nr. 2 BGB).

1.2.3 Vereinfachung des Unterhaltsrechts

Das dritte wesentliche Ziel ist die Vereinfachung des Unterhaltsrechts. Es gibt nun unter anderem einen gesetzlich definierten, bundeseinheitlichen Mindestunterhalt (§ 1612 a BGB) und eine ver-ständliche Regelung zur „Kindergeldverrechnung“ (§ 1612b BGB). Zudem ist die unterhaltsrechtli-che Rangfolge nun zentral und übersichtlich in nur noch einer Norm geregelt (§ 1609 BGB).

2

2.1 Kindesunterhalt

2.1.1 Mindestunterhalt minderjähriger Kinder

Der neue § 1612a BGB enthält eine bundeseinheitliche gesetzliche Definition des Mindestunterhalts minderjähriger Kinder.

Der Mindestunterhalt ist derjenige Barunterhaltsbetrag, auf den das minderjährige Kind grundsätz-lich Anspruch hat und den der Unterhaltspflichtige grundsätzlich zu leisten verpflichtet ist. Der Mindestunterhalt wird in Anlehnung an den steuerlichen Freibetrag für das so genannte sächliche Existenzminimum (Kinderfreibetrag) gesetzlich definiert und das Unterhaltsrecht insofern an das Steuer- und Sozialrecht angepasst.

Die Höhe des Mindestunterhalts eines minderjährigen Kindes gem. § 1612a BGB ist nach folgender Formel zu berechnen:

für die 1. Altersstufe : Unterhaltsanspruch = 2 x Kinderfreibetrag x 0,87 12

für die 2. Altersstufe : Unterhaltsanspruch = 2 x Kinderfreibetrag 12

für die 3. Altersstufe : Unterhaltsanspruch = 2 x Kinderfreibetrag x 1,17 12

Der Kinderfreibetrag gem. § 32 Abs. 6 Satz 1 EStG beträgt derzeit 1.824 EUR. Der aktuelle Min-destunterhalt gem. § 1612a Abs. 1 BGB beträgt daher monatlich:

für die 1. Altersstufe (0 - 5 Jahre) 265 EUR

für die 2. Altersstufe (6 - 11 Jahre) 304 EUR

für die 3. Altersstufe (12 - 17 Jahre) 356 EUR

Die bislang einschlägige Regelbetrag-Verordnung wurde aufgehoben.

2.1.2 Deckung des Barbedarfs durch Kindergeld

Die neue Regelung zur Behandlung des Kindergelds in § 1612b BGB weist das Kindergeld unter-haltsrechtlich dem Kind zu. Es wird jetzt als Einkommen des Kindes behandelt.

Das Kindergeld wird dementsprechend, je nach Fallgestaltung, zur Hälfte oder in voller Höhe unmit-telbar auf den Bedarf angerechnet und stellt dadurch den Mindestunterhalt teilweise sicher.

im Bürgerlichen Gesetzbuch Die wichtigsten Änderungen

Page 15: Das neue Unterhaltsrecht: Rangfolge, Mindestunterhalt und Anpassung bestehender Unterhaltsregelungen (2008)

14 Übersicht über die wichtigsten Änderungen

Durch die Formulierung, dass das Kindergeld zur Deckung des Barbedarfs zu „verwenden“ ist, wird zum Ausdruck gebracht, dass das Kind einen Anspruch auf Auszahlung des Kindergelds oder Erbringung entsprechender Naturalleistungen gegenüber demjenigen hat, der das Kindergeld be-zieht.

Sind beide Elternteile barunterhaltspflichtig, gestaltet sich deren Entlastung durch das Kindergeld künftig gerechter. Die Haftungsanteile der Elternteile sind auf der Grundlage des nach Abzug des vollen Kindergelds verbleibenden Restbedarfs zu ermitteln. Somit wird nun – im Gegensatz zum bislang geltenden Halbteilungsgrundsatz – das Kindergeld zwischen den Eltern entsprechend dem Verhältnis ihrer Unterhaltsbeiträge ausgeglichen.

Die Regelung des § 1612b Abs. 5 BGB a. F., die in bestimmten Fällen keine oder nur eine prozentu-ale Anrechnung des Kindergelds auf den Unterhaltsanspruch vorsah, ist weggefallen. Im Gegensatz zur bisherigen Rechtslage ist nun in allen Fällen zumindest das hälftige Kindergeld zur Deckung des Barbedarfs des Kindes zu verwenden. Nur soweit der Mindestunterhalt nach Abzug des Kindergelds nicht gedeckt ist, entfällt die Berücksichtigung.

Infolgedessen ist vielfach der Zahlbetrag des Unterhaltsschuldners verringert.

2.2 Rangfolge mehrerer Unterhaltsberechtigter

Der Rang, der den einzelnen Unterhaltsberechtigten zukommt, ergibt sich jetzt aus einer klaren, übersichtlichen Aufreihung, die zentral im neuen § 1609 BGB geregelt ist.

Die Änderung der Rangfolge bezieht sich auf die in § 1609 Nr. 1 bis 3 BGB aufgeführten Unter-haltsberechtigten. Die in § 1609 Nr. 4 bis 7 BGB geregelte weitere Rangfolge entspricht dem bishe-rigen Recht.

Der Unterhaltsanspruch minderjähriger unverheirateter Kinder und privilegierter volljähriger Kinder (§ 1603 Abs. 2 Satz 2 BGB) genießt nun absoluten Vorrang vor allen anderen Unterhaltsansprüchen. Diesen Kindern gebührt gem. § 1609 Nr. 1 BGB der erste Rang.

An zweiter Rangstelle stehen im Interesse des Kindeswohls gem. § 1609 Nr. 2 BGB die Unterhalts-ansprüche aller Elternteile wegen Betreuung eines (Adoptiv-)Kindes, insbesondere auch die Unter-haltsansprüche der Elternteile, die nichteheliche Kinder betreuen. Mit dem Unterhaltsanspruch betreuender Elternteile konkurrieren lediglich Unterhaltsansprüche von Ehegatten aus langjähriger Ehe bzw. aus langjähriger eingetragener Lebenspartnerschaft. Damit wurde die Differenzierung nach dem Personenstand der Elternteile und die Privilegierung des ersten Ehegatten aufgehoben.

Im dritten Rang stehen gem. § 1609 Nr. 3 BGB die Unterhaltsansprüche von Ehegatten bzw. Le-benspartnern, die von der zweiten Rangklasse nicht erfasst werden, also keine Kinder zu betreuen haben bzw. nicht lange verheiratet waren.

2.3 Unterhaltsansprüche nach der Ehescheidung

2.3.1 Grundsatz der Eigenverantwortung

Der im bisherigen Recht bereits vorhanden gewesene, aber in der Praxis wenig wahrgenommene Grundsatz der Eigenverantwortung geschiedener Ehegatten ist in § 1569 BGB wesentlich stärker betont worden.

Der Grundsatz ist nunmehr im Sinne einer Obliegenheit formuliert und stellt klar, dass die Erwar-tung, der andere Ehegatte habe prinzipiell für die Aufrechterhaltung des gemeinsam erreichten Le-bensstandards zu sorgen, nicht gerechtfertigt ist.

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Die wichtigsten Änderungen im Bürgerlichen Gesetzbuch 15

Die Vorschrift regelt einen Auslegungsgrundsatz, der durch seine stärkere Betonung in weit stärke-rem Maße als bisher bei der Anwendung der einzelnen Unterhaltstatbestände herangezogen werden

2.3.2 Unterhalt wegen Betreuung eines Kindes

§ 1570 Satz 2 BGB stellt klar, dass die Frage, ab wann von dem kinderbetreuenden Ehegatten wie-der eine Erwerbstätigkeit erwartet werden kann, nicht mehr pauschal nach dem „Altersphasenmo-dell“ beantwortet werden kann, sondern wesentlich von den im konkreten Fall tatsächlich bestehen-den verlässlichen Kinderbetreuungsmöglichkeiten abhängig ist.

2.3.3 Angemessene Erwerbstätigkeit

§ 1574 Abs. 1 BGB regelt nun in Anlehnung an den neu gefassten § 1569 BGB klar, dass den ge-schiedenen Ehegatten eine Erwerbsobliegenheit trifft. Maßstab für die Art der Erwerbstätigkeit ist weiterhin die Angemessenheit der Erwerbstätigkeit.

Der neu gefasste § 1574 Abs. 2 Satz 1 BGB nennt die Merkmale, anhand derer sich die Angemes-senheit der Erwerbstätigkeit beurteilt und die in ihrer Gesamtheit zu würdigen sind.

Dabei wurde insbesondere auch an die frühere Erwerbstätigkeit angeknüpft, so dass die Rückkehr in den erlernten und vor der Ehe ausgeübten Beruf nun grundsätzlich als angemessen zu bewerten ist.

Die ehelichen Lebensverhältnisse sind hingegen nicht mehr als weiteres, gleichberechtigtes Merk-mal bei der Prüfung der Angemessenheit der Erwerbstätigkeit zu berücksichtigen. Sie stellen jetzt lediglich ein Korrektiv im Rahmen einer Billigkeitsprüfung dar.

2.3.4 Herabsetzung und zeitliche Begrenzung des Unterhalts wegen

Unbilligkeit

Der neu eingeführte § 1578b BGB gilt für alle nachehelichen Unterhaltsansprüche. Er ermöglicht es, diese herabzusetzen und/oder zeitlich zu begrenzen. Diese Neuregelung ist verschuldensunabhängig ausgestaltet und knüpft an objektive Umstände an.

Der Unterhaltsanspruch ist nun gem. § 1578b Abs. 1 BGB auf den angemessenen Lebensbedarf herabzusetzen bzw. gem. § 1578b Abs. 2 BGB zeitlich zu begrenzen, wenn eine an den ehelichen Lebensverhältnissen orientierte Bemessung bzw. ein zeitlich unbegrenzter Unterhaltsanspruch unter Wahrung der Belange des vom Berechtigten betreuten gemeinschaftlichen Kindes unbillig wäre.

Ob eine Unbilligkeit vorliegt, richtet sich gem. § 1578b Abs. 1 Satz 2 BGB nunmehr in erster Linie danach, ob der Unterhalt ehebedingte Nachteile ausgleicht oder nicht.

Gemäß § 1578b Abs. 1 Satz 3 BGB können sich die ehebedingten Nachteile vor allem aus der Dauer der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes, aus der Gestaltung von Haushaltsfüh-rung und Erwerbstätigkeit während der Ehe sowie der Dauer der Ehe ergeben.

Je geringer diese ehebedingten Nachteile sind, desto eher ist wegen des Grundsatzes der Eigenver-antwortung unter Billigkeitsgesichtpunkten eine Beschränkung des Unterhaltsanspruchs geboten, wobei das Wohl des vom Berechtigten betreuten Kindes zu beachten ist.

2.3.5 Beschränkung oder Versagung des Unterhalts wegen grober

Unbilligkeit

Mit § 1579 Nr. 2 BGB wird die in der Praxis bedeutsamste Fallgruppe der früheren Generalklausel, nämlich das dauerhafte Zusammenleben des Unterhaltsberechtigten mit einem neuen Partner, als eigenständiger Härtegrund zur Beschränkung oder Versagung des Unterhalts wegen grober Unbil-ligkeit gesetzlich normiert.

wird.

Page 17: Das neue Unterhaltsrecht: Rangfolge, Mindestunterhalt und Anpassung bestehender Unterhaltsregelungen (2008)

16 Übersicht über die wichtigsten Änderungen

Ob im Einzelfall eine verfestigte Lebensgemeinschaft vorliegt, hat nach wie vor das Gericht zu ent-scheiden. Dies wird wie bisher insbesondere dann zu bejahen sein, wenn objektive, nach außen tre-tende Umstände wie etwa ein über einen längeren Zeitraum hinweg geführter gemeinsamer Haus-halt, das Erscheinungsbild in der Öffentlichkeit, größere gemeinsame Investitionen (z. B. der Erwerb eines gemeinsamen Familienheims) oder die Dauer der Verbindung den Schluss auf eine verfestigte Lebensgemeinschaft nahe legen.

Entscheidend ist, ob der geschiedene Ehegatte sich mit der neuen Lebensgemeinschaft aus der nach-ehelichen Solidarität herausgelöst hat und zu erkennen gibt, dass er diese nicht mehr benötigt. Auf die Leistungsfähigkeit des neuen Partners und die tatsächlichen wirtschaftlichen Verhältnisse kommt es nicht an.

2.3.6 Vereinbarungen über den Unterhalt

Gemäß § 1585c Satz 2 BGB bedarf nun eine Vereinbarung, die vor der Rechtskraft der Scheidung getroffen wird, der notariellen Beurkundung. Die notarielle Beurkundung ist also ab sofort Wirk-samkeitserfordernis für derartige Unterhaltsvereinbarungen.

Sinn und Zweck der notariellen Form ist es, durch die Mitwirkung eines Notars die unabhängige Beratung der vertragsschließenden Parteien sicherzustellen, um die Vertragspartner vor übereilten Erklärungen zu bewahren und ihnen die rechtliche Tragweite und die im Einzelfall sehr weit rei-chenden Folgen ihrer Vereinbarungen vor Augen zu führen (sog. Warnfunktion).

3 Die Änderungen in anderen Gesetzen

3.1 Aufhebung von Art. 229 § 2 Abs. 2 EGBGB

Art. 229 § 2 Abs. 2 EGBGB a. F. ist außer Kraft gesetzt. Dieser regelte die Umstellung der Regelbe-trag-Verordnung auf EUR zum 1.1.2002 und ist durch die Aufhebung der Regelbetrag-Verordnung entbehrlich geworden.

3.2 Lebenspartnerschaftsgesetz

Durch das neue Unterhaltsrecht wurden die §§ 5, 12, 16 LPartG geändert.

Die Neufassung des § 16 LPartG ist der Kern der Änderungen im Lebenspartnerschaftsgesetz.

Gemäß § 16 Satz 1 LPartG trifft nun jeden Lebenspartner nach Aufhebung der Lebenspartnerschaft, entsprechend dem geschiedenen Ehegatten, verstärkt die Obliegenheit, selbst für seinen Unterhalt zu sorgen.

Gemäß § 16 Satz 2 LPartG sind die §§ 1582, 1609 BGB nun auch für den Lebenspartner entspre-chend anzuwenden. Dies bewirkt eine Gleichstellung der Unterhaltsansprüche von Lebenspartnern und Ehegatten. Für den Lebenspartner ergibt sich damit folgende unterhaltsrechtliche Rangfolge:

Der Lebenspartner, der wegen der Betreuung eines gemeinsamen Adoptivkindes unterhaltsberechtigt ist oder im Falle einer Aufhebung der Lebenspartnerschaft wäre sowie der langjährige Lebenspartner teilen sich den zweiten Rang mit allen anderen früheren oder späteren kinderbetreuenden Elterntei-len bzw. Lebenspartnern sowie langjährigen Ehegatten bzw. Lebenspartnern.

Alle anderen Lebenspartner bzw. Ehegatten teilen sich den dritten Unterhaltsrang.

Die Privilegierung des früheren Lebenspartners vor dem späteren Lebenspartner ist aufgehoben.

Page 18: Das neue Unterhaltsrecht: Rangfolge, Mindestunterhalt und Anpassung bestehender Unterhaltsregelungen (2008)

Die Änderungen in anderen Gesetzen 17

Der Lebenspartner geht nun in entsprechender Anwendung des § 1609 Nr. 3 BGB nicht nur den

weiteren Verwandten im Sinne von § 1609 BGB, sondern auch den volljährigen, nicht privilegierten

Kindern vor.

Die Neufassung von §§ 5, 12 LPartG ist lediglich eine Folge der Änderung des § 16 LPartG.

3.3 Zivilprozessordnung

Durch das neue Unterhaltsrecht wurden die §§ 645, 646, 647, 648, 653, 655, 790 und 850d ZPO neu

gefasst.

Diese Änderungen bezwecken die sprachliche Anpassung an das neue System des Mindestunterhalts

nach dem neu gefassten § 1612a Abs. 1 BGB und die geänderte Behandlung des Kindergelds nach

dem neu gefassten § 1612b BGB.

Die Neufassung der aufgezählten ZPO-Vorschriften ersetzt die bisherige Formulierung der „An-

rechnung“ des Kindergelds durch die Formulierung „Berücksichtigung“ des Kindergelds. Denn statt

der bisherigen Anrechnung des Kindergelds auf den Barunterhaltsanspruch erfolgt nun nach neuem

Recht der bedarfsmindernde Vorwegabzug des Kindergelds.

Darüber hinaus werden die Formulierungen „Regelbetrag“ und „Vomhundertsatz“ durch die neuen

Formulierungen „Mindestunterhalt“ und „Prozentsatz“ ersetzt.

Bei § 645 Abs. 1 ZPO ist an die Stelle des 1,5-fachen des Regelbetrags nach der Regelbetrag-

Verordnung jetzt das 1,2-fache des Mindestunterhalts nach § 1612a Abs. 1 BGB getreten. Dies gilt

jedoch in Abweichung zu § 645 Abs. 1 ZPO a. F. für den bereits um das Kindergeld und die kindbe-

zogenen Leistungen gem. §§ 1612b, 1612c BGB geminderten Mindestunterhalt.

Die Neuregelung des § 850d Abs. 2 ZPO bezweckt die Anpassung der zivilprozessrechtlichen Vor-

schriften an die materiell-rechtlichen Regelungen des neu gefassten § 1609 BGB sowie § 16 LPartG.

Sie dient der Vereinfachung und Vereinheitlichung des neuen Unterhaltsrechts.

Gemäß § 850d Abs. 2 ZPO richtet sich die Rangfolge mehrerer Unterhaltsgläubiger, die in das Arbeitseinkom-

men des Schuldners pfänden, nun nach dem neu gefassten § 1609 BGB sowie § 16 LPartG.

Für den neuen § 850d Abs. 2 ZPO gilt damit folgende Rangfolge:

1. alle minderjährigen unverheirateten (Adoptiv-)Kinder sowie alle volljährigen unverheirateten

(Adoptiv-)Kinder, die noch nicht das 21. Lebensjahr vollendet haben, im Haushalt der Eltern

oder eines Elternteils leben und sich in der allgemeinen Schulausbildung befinden (§ 1603

Abs. 2 Satz 2 BGB),

2. alle Elternteile (verheiratet, getrenntlebend, geschieden, nicht verheiratet) bzw. Lebenspartner

(eingetragen, getrenntlebend, früherer), die wegen der Betreuung eines gemeinschaftlichen (A-

doptiv-)Kindes unterhaltsberechtigt sind oder im Fall einer Scheidung bzw. Aufhebung waren

sowie langjährige Ehegatten bzw. Lebenspartner,

3. Ehegatten bzw. Lebenspartner, die keinen Betreuungsunterhaltsanspruch haben oder im Falle der

Scheidung bzw. Aufhebung hatten und nicht lange Jahre verheiratet waren bzw. eine Lebenspart-

nerschaft hatten,

4. alle volljährigen Kinder, die nicht nach § 1603 Abs. 2 Satz 2 BGB privilegiert sind,

5. Enkelkinder und weitere Abkömmlinge,

6. Eltern,

7. weitere Verwandte der aufsteigenden Linie, wobei unter ihnen die Näheren den Entfernteren

vorgehen.

Page 19: Das neue Unterhaltsrecht: Rangfolge, Mindestunterhalt und Anpassung bestehender Unterhaltsregelungen (2008)

18

3.4 Einführung von § 36 EGZPO

§ 36 EGZPO enthält materiell-rechtliche und verfahrensrechtliche Übergangsvorschriften für das Gesetz zur Änderung des Unterhaltsrechts hinsichtlich der Unterhaltsansprüche, die bereits vor dem Inkrafttreten der Neuregelung entstanden sind.

In § 36 Nr. 1 bis 3 EGZPO befinden sich die Übergangsvorschriften für rechtskräftig abgeschlossene Verfahren.

§ 36 Nr. 4 EGZPO enthält materielles Recht. Hier werden Mindestbeträge für den Mindestunterhalt in den jeweiligen Altersstufen festgeschrieben. Diese Beträge sind maßgeblich, solange der Min-destunterhalt nach der Neuregelung des § 1612a BGB die in § 36 Nr. 4 EGZPO normierten Beträge nicht überschreitet.

§ 36 Nr. 5, 6 EGZPO enthält die Übergangsvorschriften für die im Zeitpunkt des Inkrafttretens des neuen Unterhaltsrechts noch nicht rechtskräftig abgeschlossenen, laufenden Verfahren.

§ 36 Nr. 7 EGZPO nennt 2 Konstellationen, bei denen das neue Unterhaltsrecht keine Anwendung findet.

3.5 § 42 Gerichtskostengesetz

Die in § 42 GKG vorgenommenen Änderungen sind rein redaktioneller Natur. Sie bezwecken die sprachliche Verbesserung sowie die sprachliche Anpassung des Gesetzeswortlautes an das neue System des Mindestunterhalts nach dem neu gefassten § 1612a Abs. 1 BGB.

Der Regelungsinhalt der Vorschrift blieb unverändert.

3.6 § 24 Kostenordnung

Die in § 24 KostO vorgenommenen Änderungen sind rein redaktioneller Natur. Sie bezwecken die sprachliche Verbesserung sowie die sprachliche Anpassung des Gesetzeswortlautes an das neue System des Mindestunterhalts nach dem neu gefassten § 1612a Abs. 1 BGB.

Der Regelungsinhalt der Vorschrift blieb unverändert.

3.7 Anlage 2 zur Auslandskostenverordnung

Die Änderung von Nr. 7 Abs. 4 Satz 2 der Anlage 2 zu § 2 Abs. 1 AuslandsKostVO bezweckt eine Anpassung an den geänderten Wortlaut von § 1612a BGB.

Bei der Bestimmung des Geschäftswertes für Unterhaltsansprüche ist der Monatsbetrag des Unter-halts nach dem Mindestunterhalt nach § 1612a Abs. 1 BGB und der Alterstufe zu Grunde zu legen.

3.8 Art. 4 des Gesetzes zur Änderung des Unterhaltsrechts

Gemäß Art. 4 des Gesetzes zur Änderung des Unterhaltsrechts tritt das neue Unterhaltsrecht am 1.1.2008 in Kraft. Das Kindesunterhaltsgesetz und die Regelbetrag-Verordnung treten zum 1.1.2008 außer Kraft.

Übersicht über die wichtigsten Änderungen

Page 20: Das neue Unterhaltsrecht: Rangfolge, Mindestunterhalt und Anpassung bestehender Unterhaltsregelungen (2008)

II Die Neuregelungen im Einzelnen

1 Kindesunterhalt

1.1 Art der Unterhaltsgewährung – § 1612 BGB

1.1.1 Gesetzestext

§ 1612 BGB lautet:

„Art der Unterhaltsgewährung

(2) Haben Eltern einem unverheirateten Kind Unterhalt zu gewähren, können sie bestimmen, in wel-cher Art und für welche Zeit im Voraus der Unterhalt gewährt werden soll, sofern auf die Belange des Kindes die gebotene Rücksicht genommen wird. Ist das Kind minderjährig, kann ein Elternteil, dem die Sorge für die Person des Kindes nicht zusteht, eine Bestimmung nur für die Zeit treffen, in der das Kind in seinen Haushalt aufgenommen ist.“

1.1.2 Regelungsinhalt

Diese Vorschrift regelt die Art der Unterhaltsgewährung. Gemäß § 1612 Abs. 2 Satz 1 BGB können die Eltern, die einem unverheirateten Kind Unterhalt zu gewähren haben, bestimmen, in welcher Art und für welche Zeit im Voraus der Unterhalt gewährt werden soll. Eine Unterhaltsbestimmung kann unterschiedliche Leistungen wie z. B. Wohnung, Verpflegung, Taschengeld und Geldleistungen für zweckgebundene Ausgaben sicherstellen.

1.1.3 Bisherige Rechtslage

Nach § 1612 Abs. 2 Satz 2 BGB a. F. konnte das Familiengericht auf Antrag des Kindes die Be-stimmung der Eltern eines unverheirateten Kindes über die Unterhaltsart aus besonderen Gründen ändern.

Die Anwendung dieser Vorschrift führte allerdings in der Praxis zu einigen Problemen.

Zum einen war bereits die funktionelle Zuständigkeit für dieses Verfahren umstritten.

Ein Teil der Rechtsprechung1 sah die funktionelle Zuständigkeit allein beim Familienrichter gege-ben.

Wohl überwiegend wurde jedoch die Ansicht2 vertreten, dass dieses Verfahren ein gesondertes FGG-Verfahren sei, für das grundsätzlich gem. § 3 Nr. 2a RPflG der Rechtspfleger zuständig war.

Eine inzidente Prüfung und Abänderung der elterlichen Unterhaltsbestimmung im streitigen Verfah-ren wegen Kindesunterhalts war daher nicht möglich, solange der Familienrichter nicht gem. § 6 RPflG das Verfahren auf Abänderung der elterlichen Unterhaltsbestimmung an sich zog.

Berief sich ein Elternteil auf das Unterhaltsbestimmungsrecht, so führte dies zu Verzögerungen im Unterhaltsverfahren.

1 OLG Dresden, Beschluss v. 25.4.2003, 10 UF 284/03, FamRZ 2004, 209; OLG Düsseldorf, Beschluss v. 18.12.2000, 8 UF 180/00, FamRZ 2001, 1306.

2 KG, Beschluss v. 23.2.1999, 19 WF 75/99, FamRZ 2000, 256; OLG Frankfurt, Beschluss v. 2.9.1999, 3 UF 209/99, FamRZ 2000, 1424; OLG Hamburg, Beschluss v. 3.6.1999, 12 WF 74/99, FamRZ 2000, 246; OLG Köln, Beschluss v. 6.4.2001, 14 WF 46/01, FamRZ 2002, 51.

Page 21: Das neue Unterhaltsrecht: Rangfolge, Mindestunterhalt und Anpassung bestehender Unterhaltsregelungen (2008)

20 Die Neuregelungen im Einzelnen

Zum anderen konnten, wenn das Abänderungsverfahren als FGG-Verfahren behandelt wurde, die örtliche Zuständigkeit des Abänderungsverfahrens und des Unterhaltsprozesses verschieden sein. Dies war der Fall, wenn der Wohnsitz des unterhaltsberechtigten volljährigen Kindes und derjenige der unterhaltspflichtigen Eltern in unterschiedlichen Gerichtsbezirken lagen. Denn die örtliche Zu-ständigkeit des Abänderungsverfahrens bestimmt sich nach dem Wohnsitz des Kindes (§§ 43 Abs. 1, 36 Abs. 1 Satz 1, 63 FGG), während für die Unterhaltsansprüche volljähriger Kinder das Gericht am Wohnsitz des beklagten Elternteils örtlich zuständig ist (§§ 12, 13 ZPO).

1.1.4 Regelungszweck

Die Neuregelung bezweckt die Straffung des Unterhaltsprozesses durch die Abschaffung des geson-derten Abänderungsverfahrens.

1.1.5 Neue Rechtslage

Die geringfügigen Änderungen in § 1612 Abs. 2 Satz 1 und 3 BGB sind hinsichtlich des gestriche-nen Wortes „so“ rein redaktioneller Art.

Durch die Ersetzung des Wortes „wobei“ durch das Wort „sofern“ in § 1612 Abs. 2 Satz 1 BGB wird festgelegt, dass die Unterhaltsbestimmung nur wirksam ist, wenn auf die Belange des Kindes die gebotene Rücksicht genommen wurde.

Ist die Bestimmung nicht wirksam, so verbleibt es bei dem Grundsatz des § 1612 Abs. 1 Satz 1 BGB: Der Unterhalt ist durch Entrichtung einer Geldrente zu gewähren.

Mit der Aufhebung des § 1612 Abs. 2 Satz 2 BGB a. F. wird das Abänderungsverfahren als geson-dertes Verfahren abgeschafft und eine einheitliche Entscheidung des Familiengerichts ermöglicht. Der Streit um die funktionelle Zuständigkeit ist somit obsolet.

Das Kind, das die elterliche Unterhaltsbestimmung nicht hinnehmen will, kann und muss nunmehr im Unterhaltsprozess den entsprechenden Einwand geltend machen. Betroffen sind in der Praxis zumeist volljährige Kinder in der Schul- oder Berufsausbildung, die nicht mehr im elterlichen Haus-halt wohnen möchten und daher auf den Barunterhalt angewiesen sind. Die Neuregelung hat den Nachteil, dass ein Kind, das die Wirksamkeit einer Unterhaltsbestimmung der Eltern überprüfen lassen möchte, jetzt mit den vollen Kosten eines Zivilprozesses belastet wird. Das Kind muss gegen seine Eltern eine Klage auf Zahlung von Barunterhalt erheben und zudem darlegen und beweisen, dass die elterliche Unterhaltsbestimmung unwirksam ist.

Damit wird jetzt innerhalb des Unterhaltsprozesses geklärt, ob die elterliche Unterhaltsbestimmung wirksam ist und das Gericht sie seiner Entscheidung zu Grunde zu legen hat.

Eine Korrektur des Änderungsmaßstabes ist nicht erfolgt. Die Erwägungen des § 1612 Abs. 2 Satz 2 BGB a. F. – also die „besonderen Gründe“, bei deren Vorliegen die elterliche Bestimmung geändert werden konnte – sind nun bei der Prüfung, ob auf die Belange des Kindes gem. § 1612 Abs. 2 Satz 1 BGB die gebotene Rücksicht genommen wurde, zu beachten.

Hinweis

Bevor für das bedürftige Kind Prozesskostenhilfe beantragt wird, ist daran zu denken, dass es gegebenenfalls gegen seine Eltern einen Anspruch auf Prozesskostenvorschuss gem. § 1610 BGB hat. Dieser geht dem Anspruch auf Prozesskostenhilfe vor.

Page 22: Das neue Unterhaltsrecht: Rangfolge, Mindestunterhalt und Anpassung bestehender Unterhaltsregelungen (2008)

Kindesunterhalt 21

1.2 Mindestunterhalt minderjähriger Kinder – § 1612a BGB

1.2.1 Gesetzestext

§ 1612a BGB lautet:

„Mindestunterhalt minderjähriger Kinder

(1) Ein minderjähriges Kind kann von einem Elternteil, mit dem es nicht in einem Haushalt lebt, den Unterhalt als Prozentsatz des jeweiligen Mindestunterhalts verlangen. Der Mindestunterhalt richtet sich nach dem doppelten Freibetrag für das sächliche Existenzminimum eines Kindes (Kinderfreibetrag) nach § 32 Abs. 6 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes. Er beträgt monat-lich entsprechend dem Alter des Kindes

1. für die Zeit bis zur Vollendung des sechsten Lebensjahrs (erste Altersstufe) 87 Prozent,

2. für die Zeit vom siebten bis zur Vollendung des zwölften Lebensjahrs (zweite Altersstufe) 100 Prozent und

3. für die Zeit vom 13. Lebensjahr an (dritte Altersstufe) 117 Prozent

eines Zwölftels des doppelten Kinderfreibetrags.

(2) Der Prozentsatz ist auf eine Dezimalstelle zu begrenzen; jede weitere sich ergebende Dezimal-stelle wird nicht berücksichtigt. Der sich bei der Berechnung des Unterhalts ergebende Betrag ist auf volle Euro aufzurunden.

(3) Der Unterhalt einer höheren Altersstufe ist ab dem Beginn des Monats maßgebend, in dem das Kind das betreffende Lebensjahr vollendet.

(4) (außer Kraft)

(5) (außer Kraft)“

1.2.2 Regelungsinhalt

Die Vorschrift enthält Regelungen zur Höhe des Barunterhaltsanspruches eines minderjährigen Kin-des.

1.2.3 Bisherige Rechtslage

Nach § 1612a BGB a. F. konnte das minderjährige Kind Unterhalt als Vomhundertsatz des jeweili-gen Regelbetrags nach der Regelbetrag-Verordnung verlangen.

Die Regelbetrag-Verordnung war in drei Altersstufen unterteilt und differenzierte danach, ob das Kind in den alten Bundesländern oder den in Art 3 des Einigungsvertrages genannten Gebieten, also den neuen Bundesländern und Ost-Berlin, lebte.

Die Regelbeträge für den Unterhalt eines minderjährigen Kindes gegenüber dem Elternteil, mit dem es nicht in einem Haushalt lebte, betrugen für die alten Bundesländer und West-Berlin gem. § 1 der Regelbetrag-Verordnung ab dem 1.7.2007 monatlich:

für ein Kind in der 1. Altersstufe 202 EUR

für ein Kind in der 2. Altersstufe 245 EUR

für ein Kind in der 3. Altersstufe 288 EUR.

Die Tabellenbeträge der 1. Einkommensgruppe der Düsseldorfer Tabelle entsprechen den Regelbe-trägen für die alten Bundesländer und West-Berlin nach § 1 der Regelbetrag-Verordnung.

Page 23: Das neue Unterhaltsrecht: Rangfolge, Mindestunterhalt und Anpassung bestehender Unterhaltsregelungen (2008)

22 Die Neuregelungen im Einzelnen

Die Regelbeträge für den Unterhalt eines minderjährigen Kindes gegenüber dem Elternteil, mit dem es nicht in einem Haushalt lebte, betrugen in den neuen Bundesländern und Ost-Berlin gem. § 2 der Regelbetrag-Verordnung ab dem 1.7.2007 monatlich:

für ein Kind in der 1. Altersstufe 186 EUR

für ein Kind in der 2. Altersstufe 226 EUR

für ein Kind in der 3. Altersstufe 267 EUR.

Die Tabellenbeträge der Gruppe a) der Berliner Tabelle (gilt nur, wenn sowohl der Unterhaltsgläu-biger als auch der Unterhaltsschuldner im Beitrittsteil des Landes Berlin wohnen) entsprechen den Regelbeträgen für die neuen Bundesländer und Ost-Berlin nach § 2 der Regelbetrag-Verordnung.

Der Anpassungsmaßstab für die Änderung der Regelbeträge war gem. § 1612a Abs. 4 BGB die Entwicklung des durchschnittlich verfügbaren Arbeitsentgelts. Das Bundesministerium der Justiz hatte die Regelbetrag-Verordnung rechtzeitig anzupassen. Die Anpassung hatte eine Änderung der Düsseldorfer Tabelle und der Berliner Tabelle zur Folge. Sie geschah zuletzt zum 1.7.2007.

Einen festen Mindestunterhaltsbedarf bzw. das Existenzminimum eines Kindes regelte § 1612a BGB a. F. nicht.

1.2.4 Regelungszweck

Der Regelungszweck des neuen § 1612a BGB besteht darin, eine gesetzliche Definition des Min-destunterhalts für minderjährige Kinder einzuführen und Normenklarheit zu schaffen.

Hierzu sah sich der Gesetzgeber insbesondere durch zwei Entscheidungen des Bundesverfassungs-gerichts und des BGH veranlasst:

Seit der Änderung des § 1612b Abs. 5 BGB durch das Gesetz zur Ächtung der Gewalt in der Erzie-hung und zur Änderung des Kindesunterhaltsrechts vom 2.11.2000 wurde in Rechtsprechung und Literatur diskutiert, ob der gesetzliche Mindestbedarf bei 135 Prozent des Regelbetrags nach der Regelbetrag-Verordnung liegt. Denn gem. § 1612b Abs. 5 BGB unterblieb eine Anrechnung des Kindergelds, soweit der Unterhaltspflichtige außer Stande war, Unterhalt in Höhe von 135 Prozent des Regelbetrags nach der Regelbetrag-Verordnung zu leisten.

In seiner Entscheidung3 vom 6.2.2002 hat der BGH die Festlegung eines gesetzlichen Mindestunter-halts in § 1612b Abs. 5 BGB verneint. Diese Norm regele lediglich den Ausgleich des Kindergelds zwischen den Elternteilen und habe mit dem Unterhaltsanspruch des Kindes unmittelbar nichts zu tun.

Wiederholt wurde, insbesondere auch vom Deutschen Familiengerichtstag, die Forderung geäußert, das unterhaltsrechtliche Existenzminimum eines Kindes gesetzlich festzuschreiben.

Dieses Ansinnen wurde nicht nur rechtspolitisch, sondern auch damit begründet, dass ungefähr ein Drittel aller Empfänger von Sozialhilfe minderjährig sind.

Zudem sollte das Unterhaltsrecht vereinfacht und mit den Regelungen des Steuer- und Sozialrechts abgestimmt werden.

Das Bundesverfassungsgericht4 hatte in einem Beschluss im Jahr 2003 gefordert, im Bereich des Kindesunterhalts mehr Normenklarheit zu schaffen.

3 BGH, Urteil v. 6.2.2002, XII ZR 20/00, FamRZ 2005, 536, 541. 4 BVerfG, Beschluss v. 9.4.2003, BVerfGE 108, 52 ff.

Page 24: Das neue Unterhaltsrecht: Rangfolge, Mindestunterhalt und Anpassung bestehender Unterhaltsregelungen (2008)

Kindesunterhalt 23

1.2.5 Neue Rechtslage

Der neue § 1612a BGB enthält eine für alte und neue Bundesländer einheitliche gesetzliche Defini-tion des Mindestunterhalts minderjähriger Kinder.

Die gesetzliche Definition des Mindestunterhalts von minderjährigen Kindern entspricht dem Gebot der Normenklarheit aus Art. 20 Abs. 3 GG und soll die Akzeptanz von Unterhaltszahlungen an be-dürftige Kinder erhöhen.

§ 1612a Abs. 1 Satz 1 BGB erfüllt die gleiche Funktion wie schon bisher. An die Stelle des Regelbe-trags nach der Regelbetrag-Verordnung tritt lediglich als neue Bezugsgröße der Mindestunterhalt, der an das Einkommensteuergesetz, dort das in § 32 Abs. 6 definierte sächliche Existenzminimum des Kindes, anknüpft.

Der Mindestunterhalt entspricht je nach Alter des Kindes 87 Prozent (0-5 Jahre), 100 Prozent (6-11 Jahre) bzw. 117 Prozent (12-17 Jahre) des doppelten Kinderfreibetrags nach § 32 Abs. 6 Satz 1 EStG, geteilt durch 12 Monate.

Der Mindestunterhalt ist derjenige Barunterhaltsbetrag, auf den das minderjährige Kind Anspruch hat und den der Unterhaltspflichtige, soweit er leistungsfähig ist, zu zahlen verpflichtet ist.

Gemäß § 1612a Abs. 1 BGB wird jetzt also unwiderlegbar vermutet, dass jedes minderjährige Kind einen entsprechend seiner Altersstufe gesetzlich festgelegten Mindestbedarf hat. Diesen muss es nun nicht mehr darlegen und beweisen. Soweit ein höherer Betrag als der Mindestunterhalt ver-langt wird, verbleibt es bei den allgemeinen Beweisregeln.

Der Unterhaltsschuldner kann sich nach wie vor allerdings auf seine mangelnde Leistungsfähigkeit berufen und trägt – wie bisher – hierfür die Darlegungs- und Beweislast.

Hinweis

Um ein Prozesskostenrisiko auszuschließen, sollte der Unterhaltsschuldner vorprozessual unter Setzung einer angemessenen Frist aufgefordert werden, zum Zwecke der Geltendmachung von Kindesunterhalt Auskunft zu erteilen. Nach erfolglosem Ablauf der Frist kann das minderjährige Kind dann ohne Gefahr der Kostentragung Klage erheben. Der Unterhaltsschuldner hat die Kos-ten des Rechtsstreits dann auch im Falle seiner fehlenden Leistungsfähigkeit gem. § 93d ZPO zu tragen.

Der Mindestunterhalt wird durch die Bezugnahme auf den steuerlichen Freibetrag für das sog. sächliche Existenzminimum (Kinderfreibetrag) gesetzlich definiert.

Damit wird eine Anpassung des Unterhaltsrechts an das Steuer- und Sozialrecht erreicht. Die An-gleichung beruht auf der Feststellung, dass der Mindestbedarf von Kindern eine absolute Größe ist, die im Unterhaltsrecht grundsätzlich nicht anders bestimmt werden kann als im Steuer- und Sozial-recht.

Der steuerrechtliche Kinderfreibetrag basiert auf dem Existenzminimumbericht, der von der Bundes-regierung alle zwei Jahre erstellt wird. Der Existenzminimumbericht enthält eine Darstellung des Existenzminimums eines Kindes, dessen Höhe anhand von durchschnittlichen sozialhilferechtlichen Regelsätzen sowie durchschnittlichen Aufwendungen für Wohn- und Heizkosten ermittelt wird. Der steuerrechtliche Kinderfreibetrag gilt bundeseinheitlich, wird der Entwicklung der tatsächlichen Verhältnisse angepasst und nennt konkrete Zahlen, so dass die Berechnung für den Unterhaltspflich-tigen und den -berechtigten einsichtig und nachvollziehbar ist. Somit wird auch sichergestellt, dass der Mindestunterhalt des minderjährigen Kindes alle zwei Jahre den tatsächlichen Verhältnissen angepasst wird.

Page 25: Das neue Unterhaltsrecht: Rangfolge, Mindestunterhalt und Anpassung bestehender Unterhaltsregelungen (2008)

24 Die Neuregelungen im Einzelnen

Da das so ermittelte sächliche Existenzminimum im Einkommensteuerrecht halbiert und als sog. Kinderfreibetrag den steuerpflichtigen Eltern jeweils vom zu versteuernden Einkommen abgezogen wird, knüpft das Gesetz an den doppelten steuerlichen Kinderfreibetrag an.

Die bisher einschlägige Bezugsgröße, die Regelbetrag-Verordnung, entfällt.

Dementsprechend wurden die Regelungen in § 1612a Abs. 3 Satz 1, Abs. 4 und 5 BGB, die Be-stimmungen für den Erlass der Regel-Betragsverordnung und deren Anpassung enthielten, aufgeho-ben. § 1612a Abs. 3 Satz 2 BGB wurde – ebenfalls aus diesem Grund – sprachlich angepasst:

Wie bisher beginnt die Verpflichtung zur Zahlung des Unterhalts nach einer höheren Altersstufe bereits ab dem Beginn des Monats, in dem das Kind das betreffende Lebensjahr vollendet hat.

Hinweis

Der Mindestunterhalt ist nach dem Wortlaut der Vorschrift nur für minderjährige Kinder festgelegt. Privilegierte volljährige Kinder im Sinne des § 1603 Abs. 2 Satz 2 BGB sind nicht erwähnt.

Bisher wurde der Bedarf der privilegierten Volljährigen von den Oberlandesgerichten überwiegend nach einer eigens geschaffenen 4. Altersgruppe in Abhängigkeit von der Höhe der zusammenge-rechneten Einkommens beider Elternteile bemessen. Daran wurde in der Düsseldorfer Tabelle, Stand 1.1.2008, festgehalten.

Die Differenzierung nach drei Altersstufen und die Einteilung der Altersgruppen wurde beibehalten.

Der Mindestunterhalt eines minderjährigen Kindes gem. § 1612a BGB ist nun nach folgender For-mel zu berechnen: für die 1. Altersstufe : Unterhaltsanspruch = 2 x Kinderfreibetrag x 0,87 12 für die 2. Altersstufe : Unterhaltsanspruch = 2 x Kinderfreibetrag 12 für die 3. Altersstufe : Unterhaltsanspruch = 2 x Kinderfreibetrag x 1,17 12

Hinweis

Die Höhe des Mindestunterhalts ist wegen der einheitlichen Anknüpfung im gesamten Bundes-gebiet gleich. Für minderjährige Kinder, die in den neuen Bundesländern oder den östlichen Be-zirken von Berlin leben, sind deshalb keine Sonderregelungen mehr zu beachten.

Der Kinderfreibetrag gem. § 32 Abs. 6 Satz 1 EStG beträgt derzeit 1.824 EUR. Der aktuelle Min-destunterhalt gem. § 1612a Abs. 1 BGB beträgt in den jeweiligen Altersstufen daher monatlich:

Mindestunterhalt

1. Altersstufe (0 - 5 Jahre) 265 EUR

2. Altersstufe (6 - 11 Jahre) 304 EUR

3. Altersstufe (12 - 17 Jahre) 356 EUR

Durch die Anknüpfung an die variable Rechengröße – den Kinderfreibetrag – kann auch künftig der Unterhaltsanspruch dynamisiert formuliert und gerichtlich geltend gemacht werden. Dynamisierte Unterhaltstitel wird es also auch künftig geben.

Page 26: Das neue Unterhaltsrecht: Rangfolge, Mindestunterhalt und Anpassung bestehender Unterhaltsregelungen (2008)

Kindesunterhalt 25

Der bundeseinheitliche Mindestunterhalt gem. § 1612a Abs. 1 BGB liegt derzeit in allen drei Alters-stufen über den Regelbeträgen Ost und West nach der Regelbetrag-Verordnung.

1. Altersstufe 2. Altersstufe 3. Altersstufe

Regelbetrag (West) 100 % 202 EUR 245 EUR 288 EUR

Regelbetrag (Ost) 100 % 186 EUR 226 EUR 267 EUR

Mindestunterhalt 265 EUR 304 EUR 356 EUR

Diese Beträge sind allerdings in Zusammenhang mit der aus der neuen Konzeption der Berücksich-tigung des Kindergelds (II 1. 1.3.) und der neuen Übergangsvorschrift in § 36 Nr. 4 EGZPO (II 9 9.3.4.) zu betrachten:

Durch die bedarfsmindernde Berücksichtigung des Kindergelds würden die Zahlbeträge im Ver-gleich zu den aktuellen Beträgen deutlich absinken, was durch die Übergangsvorschrift verhindert wird.

Hinweis

Die Einkommensgruppen der Düsseldorfer Tabelle, Stand 1.1.2008, wurden der neuen Rechtsla-ge angepasst.

Nunmehr gibt es 10 Einkommensgruppen beginnend mit der Einkommensgruppe 1 (bis 1.500 EUR) und endend mit der Einkommensgruppe 10 ( 4.701 EUR bis 5.100 EUR).

Der Tabellenunterhaltsbetrag der Einkommensgruppe 1 entspricht dem Mindestunterhalt des § 1612a BGB i.V.m. § 36 Nr. 4 EGZPO.

In Folge des Wegfalls der Regelbetrag-Verordnung als Bezugsgröße ist auch eine Anpassung des Unterhaltsvorschussgesetzes an die Neuregelung in § 1612a BGB erforderlich.

Nach dem bisher geltenden § 2 Abs. 1 UnterhVG wurde die Unterhaltsleistung monatlich in Höhe der für Kinder der ersten und zweiten Altersstufe jeweils geltenden Regelbeträge (§ 1 oder § 2 der Regelbetrag-Verordnung) gezahlt.

Künftig wird auf den Mindestunterhalt nach § 1612a BGB abgestellt. § 2 Abs. 1 Satz 1 UnterhVG lautet5 in der am 1.1.2008 in Kraft tretenden Fassung wie folgt:

„Die Unterhaltsleistung wird, vorbehaltlich der Absätze 2 und 3, monatlich in Höhe des sich nach § 1612a Abs. 1 Satz 3 Nr. 1 oder 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ergebenden monat-lichen Mindestunterhalts gezahlt, mindestens jedoch monatlich in Höhe von 279 Euro für ein Kind, das das sechste Lebensjahr noch nicht vollendet, und in Höhe von 322 Euro für ein Kind, das das zwölfte Lebensjahr noch nicht vollendet hat. § 1612a Abs. 2 Satz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs gilt entsprechend.“

In Abs. 2 Satz 1 des neuen Unterhaltsvorschussgesetzes sollen die Wörter „die Hälfte des für ein erstes Kind zu zahlendes Kindergeld“ durch die Wörter „das für ein erstes Kind zu zahlendes Kin-dergeld“ ersetzt werden.

5 S. BT-Drs. 16/1829 v. 15.6.2006, BT-Drs. 16/7073 v. 7.11.2007 (Änderungsantrag der Fraktionen der CDU/CSU und SPD).

Page 27: Das neue Unterhaltsrecht: Rangfolge, Mindestunterhalt und Anpassung bestehender Unterhaltsregelungen (2008)

26 Die Neuregelungen im Einzelnen

Gegenüberstellung der Unterhaltsleistung nach dem Unterhaltsvorschussgesetz nach bisheri-ger Rechtslage und aktuellem Gesetzesentwurf:

§ 2 UnterhVG a. F. § 2 UnterhVG a. F. § 2 UnterhVG n.F.

Altersstufe West (Beträge in EUR)

Ost (Beträge in EUR)

Bundeseinheitlich (Beträge in EUR)

1. (0 - 5 Jahre) 202 - 77 = 125 186 - 77 = 109 265 - 154 = 111

2. (6 - 11 Jahre) 245 - 77 = 168 226 - 77 = 149 304 - 154 = 150

Die Unterhaltsleistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz – stellte man allein auf den Mindest-unterhalt des neuen § 1612a BGB ab – würden für die minderjährigen Unterhaltsberechtigten beider Altersstufen in den alten Bundesländern danach im Vergleich zum früheren Leistungsniveau deut-lich absinken. Die Unterhaltsleistungen für Kinder in den neuen Bundesländern würden sich nur geringfügig erhöhen.

Deshalb wurde ein Mindestbetrag für die monatliche Unterhaltsleistung in beiden Altersgruppen aufgenommen. Die beiden Beträge entsprechen denjenigen, die in der Übergangsvorschrift des § 36 Nr. 4 EGZPO (s. II 9 9.3.4.) für die 1. und 2. Altersgruppe festgelegt wurden.

In der 1. Altersgruppe ist danach mindestens eine Unterhaltsleistung in Höhe von 279 EUR und in der 2. Altersgruppe in Höhe von 322 EUR zu leisten.

Unter Berücksichtigung der neu geregelten Behandlung des Kindergelds ergeben sich folgende neu-en Unterhaltsleistungen, die mindestens gezahlt werden:

§ 2 UnterhVG n. F. Mindestbetrag

bundeseinheitlich (Beträge in EUR)

1. Altersstufe (0 - 5 Jahre) 279 - 154 = 125

2. Altersstufe (6 - 11 Jahre) 322 - 154 = 168

Somit bleibt das Niveau der Unterhaltsleistungen der alten Bundesländer erhalten und dasjenige der neuen Bundesländer wird auf dieses Niveau angehoben.

In § 1612a Abs. 2 BGB, der für die Berechnung eine Begrenzung auf eine Dezimalstelle und die Aufrundung der sich ergebenden Beträge vorsieht, wurde der veraltete Ausdruck „Vomhundertsatz“ durch die moderne Formulierung „Prozentsatz“ ersetzt.

1.3 Deckung des Barbedarfs durch Kindergeld – § 1612b BGB

1.3.1 Gesetzestext

§ 1612b BGB lautet:

„Deckung des Barbedarfs durch Kindergeld

(1) Das auf das Kind entfallende Kindergeld ist zur Deckung seines Barbedarfs zu verwenden:

1. zur Hälfte, wenn ein Elternteil seine Unterhaltspflicht durch Betreuung des Kindes erfüllt (§ 1606 Abs. 3 Satz 2);

Page 28: Das neue Unterhaltsrecht: Rangfolge, Mindestunterhalt und Anpassung bestehender Unterhaltsregelungen (2008)

Kindesunterhalt 27

2. in allen anderen Fällen in voller Höhe.

In diesem Umfang mindert es den Barbedarf des Kindes.

(2) Ist das Kindergeld wegen der Berücksichtigung eines nicht gemeinschaftlichen Kindes er-höht, ist es im Umfang der Erhöhung nicht bedarfsmindernd zu berücksichtigen.“

1.3.2 Regelungsinhalt

Die Vorschrift regelt den internen Ausgleich des Kindergelds zwischen dem bezugsberechtigten und dem anderen Elternteil. Dieser ist erforderlich, da zwar beide Elternteile einen gesetzlichen An-spruch auf Kindergeld haben (§§ 32 Abs. 4, 62 Abs. 1 EStG bzw. § 1 BKGG), es aber nur von ei-nem anspruchsberechtigten Elternteil bezogen werden kann (§ 64 EStG bzw. § 3 BKGG).

1.3.3 Bisherige Rechtslage

Nach § 1612b Abs. 1 BGB a. F. wurde das Kindergeld auf den Barunterhaltsanspruch des Kindes zur Hälfte angerechnet, wenn an den barunterhaltspflichtigen Elternteil Kindergeld nicht ausgezahlt wurde, weil ein anderer vorrangig berechtigt war. Bei geringerem Einkommen des Unterhaltsver-pflichteten erfolgte diese Anrechnung nicht oder geschah anteilig. Denn gem. § 1612b Abs. 5 BGB a. F. unterblieb eine Anrechnung des Kindergelds, soweit der Unterhaltspflichtige außer Stande war, Unterhalt in Höhe von 135 Prozent des Regelbetrages nach der Regelbetrag-Verordnung zu leisten.

Diese Regelung machte es notwendig in den unteren Einkommensgruppen im Einzelfall den zu ver-rechnenden Betrag des Kindergelds zu ermitteln, weshalb für die Praxis sog. Kindergeldverrech-nungstabellen, differenziert nach alten und neuen Bundesländern, erstellt wurden. Diese sahen wie folgt aus:

1. Alte Bundesländer (West) (Beträge in EUR)

Kind Gruppe der DT 1. Altersstufe 2. Altersstufe 3. Altersstufe

1. bis 3. Kind 1 (bis 1.300) 202 - 6 = 196 245 - 0 = 245 288 - 0 = 288

ab 4. Kind 1 202 - 18,50 = 183,50 245 - 3,50 = 241,50 288 - 0 = 288

1. bis 3. Kind 2 (1.300 - 1.500) 217 - 21 = 196 263 - 9 = 254 309 - 0 = 309

ab 4. Kind 2 217 - 33,50 = 183,50 263 - 21,50 = 241,50 309 - 9,50 = 299,50

1. bis 3. Kind 3 (1.500 - 1.700) 231 - 35 = 196 280 - 26 = 254 329 - 17 = 312

ab 4. Kind 3 231 - 47,50 = 183,50 280 - 38,50 = 241,50 329 - 29,50 = 299,50

1. bis 3. Kind 4 (1.700 - 1.900) 245 - 49 = 196 297 - 43 = 254 349 - 37 = 312

ab 4. Kind 4 245 - 61,50 = 183,50 297 - 55,50 = 241,50 349 - 49,50 = 299,50

1. bis 3. Kind 5 (1.900 - 2.100) 259 - 63 = 196 314 - 60 = 254 369 - 57 = 312

ab 4. Kind 5 259 - 75,50 = 183,50 314 - 72,50 = 241,50 369 - 69,50 = 299,50

1. bis 3. Kind 6 (2.100 - 2.300) 273 - 77 = 196 331 - 77 = 254 389 - 77 = 312

Ab 4. Kind 6 273 - 89,50 = 183,50 331 - 89,50 = 241,50 389 - 89,50 = 299,50

Page 29: Das neue Unterhaltsrecht: Rangfolge, Mindestunterhalt und Anpassung bestehender Unterhaltsregelungen (2008)

28 Die Neuregelungen im Einzelnen

2. Beitrittsgebiet (Ost)

Kind Gruppe der BT 1. Altersstufe 2. Altersstufe 3. Altersstufe

1. bis 3. Kind a) (bis 1.000) 186 - 11 = 175 226 - 0 = 226 267 - 0 = 267

Ab 4. Kind a) 186 - 23,50 = 162,50 226 - 9,50 = 216,50 267 - 0 = 267

1. bis 3. Kind b) (1.000 - 1.150) 194 - 19 = 175 236 - 7 = 229 278 - 0 = 278

Ab 4. Kind b) 194 - 31,50 = 162,50 236 - 19,50 = 216,50 278 - 6,50 = 271,50

1. bis 3. Kind 1 (bis 1.300) 202 - 27 = 175 245 - 16 = 229 288 - 4 = 284

Ab 4. Kind 1 202 - 39,50 = 162,50 245 - 28,50 = 216,50 288 - 16,50 = 271,50

1. bis 3. Kind 2 (1.300 - 1.500) 217 - 42 = 175 263 - 34 = 229 309 - 25 = 284

Ab 4. Kind 2 217 - 54,50 = 162,50 263 - 46,50 = 216,50 309 - 37,50 = 271,50

1. bis 3. Kind 3 (1.500 - 1.700) 231 - 56 = 175 280 - 51 = 229 329 - 45 = 284

Ab 4. Kind 3 231 - 68,50 = 162,50 280 - 63,50 = 216,50 329 - 57,50 = 271,50

1. bis 3. Kind 4 (1.700 - 1.900) 245 - 70 = 175 297 - 68 = 229 349 - 65 = 284

Ab 4. Kind 4 245 - 82,50 = 162,50 297 - 80,50 = 216,50 349 - 77,50 = 271,50

1. bis 3. Kind 135 %-Grenze Ost 252 - 77 = 175 306 - 77 = 229 361 - 77 = 284

Ab 4. Kind 135 %-Grenze Ost 252 - 89,50 = 162,50 306 - 89,50 = 216,50 361 - 89,50 = 271,50

§ 1612b Abs. 5 BGB a. F. führte also dazu, dass die Zahlbeträge der ersten sechs Einkommensgrup-

pen der Düsseldorfer bzw. Berliner Tabelle nahezu identisch ausfielen, obwohl die Tabellenbeträge

unterschiedlich hoch waren. Im Ergebnis war somit die Unterhaltsverpflichtung desjenigen, der nur

über ein Einkommen von bis zu 1.300 EUR verfügte, (fast) genauso hoch wie die Unterhaltsver-

pflichtung desjenigen, der ein Einkommen von bis zu 2.300 EUR bezog6.

Nach bisheriger Rechtslage wurde das Kindergeld nicht als Einkommen des Kindes angesehen. Es

wurde statt dessen nach § 1612b BGB ausgeglichen.

Hinsichtlich der Eltern untereinander galt der Halbteilungsgrundsatz, wonach das Kindergeld auf

beide Elternteile zur Hälfte aufgeteilt wurde. Diese streng an der hälftigen Aufteilung des Kinder-

gelds orientierte Regelung führte bei beiderseitiger Barunterhaltspflicht zu einer Benachteiligung des

Elternteils, der die größere Barunterhaltslast trug. Denn selbst wenn die Eltern in unterschiedlicher

Höhe barunterhaltspflichtig waren, erfolgte eine hälftige Anrechnung des Kindergelds auf den Bar-

unterhaltsanspruch des Kindes.

Dieses Ergebnis hatte der BGH7 in seiner Entscheidung vom 26.10.2006, zumindest für volljährige

Kinder mit dem Argument korrigiert, dass § 1612b BGB Abs. 1 und Abs. 2 nur für das für minder-

jährige Kinder gezahlte Kindergeld gelte. Infolgedessen konnte in Anlehnung an die bisherige

Rechtsprechung des BGH und im Einklang mit sozialrechtlichen Vorschriften das Kindergeld als

Einkommen des volljährigen Kindes behandelt werden. Durch den bedarfsmindernden Vorwegab-

zug wurden beide Elternteile somit entsprechend ihres Anteils an der Barunterhaltspflicht entlastet.8

1.3.4 Regelungszweck

Neben der Vereinfachung des Unterhaltsrechts bezweckt die neue Regelung zur Berücksichtigung

des Kindergelds, die unterhaltsrechtliche Funktion des Kindergelds gesetzlich zum Ausdruck zu

6 Unter dem Vorbehalt der Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen (nach Abzug des Selbstbehalts).

7 BGH, FamRZ 2006, 99 ff.

8 Dose, FamRZ 2007, 1289 ff.

Page 30: Das neue Unterhaltsrecht: Rangfolge, Mindestunterhalt und Anpassung bestehender Unterhaltsregelungen (2008)

Kindesunterhalt 29

bringen. Diese besteht darin, den Bedarf des Kindes zu sichern. Denn das Kindergeld steht im wirt-schaftlichen Ergebnis dem Kind zu. Es ist eine staatliche Leistung für das Kind an die Eltern.

Zudem soll der Kindergeldausgleich zwischen den Elternteilen, die in unterschiedlicher Höhe barun-terhaltspflichtig sind, gerechter gestaltet werden.

Das Bundesverfassungsgericht9 hat bereits in einem Beschluss aus dem Jahr 2003 gefordert, im Be-reich des Kindesunterhalts mehr Normenklarheit zu schaffen:

„Das Rechtsstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 3 GG gebietet es dem Gesetzgeber, bei der von ihm ge-

wählten Ausgestaltung eines Familienlastenausgleichs Normen zu schaffen, die auch in ihrem Zu-

sammenwirken dem Grundsatz der Normenklarheit entsprechen. Dem genügen die das Kindergeld

betreffenden Regelungen in ihrer sozial-, steuer- und familienrechtlichen Verflechtung immer weni-

ger.“

So wurde im Unterhaltsrecht das Kindergeld nicht als Einkommen des Kindes behandelt, sondern den Eltern zugeordnet, allerdings ohne Anrechnung im Rahmen der unterhaltsrechtlichen Leistungs-fähigkeit des Unterhaltsschuldners. Sozialhilferechtlich hingegen wird das Kindergeld bei Minder-jährigen gem. §§ 11 Abs. 1 Satz 3 SGB II, § 82 Abs. 1 Satz 2 SGB XII dem jeweiligen Kind als Einkommen zugerechnet, soweit es bei diesem zur Deckung des notwendigen Lebensunterhaltes benötigt wird.

1.3.5 Neue Rechtslage

Mit der neuen Regelung in § 1612b BGB wird die Kindergeldverrechnung völlig neu gestaltet:

Das Kindergeld wird danach stets – unabhängig davon, ob das Kind minderjährig oder volljährig ist – als Einkommen des Kindes behandelt.

Es wird also unterhaltsrechtlich dem Kind zugewiesen. Damit wird das Kindergeld jetzt im Unter-halts- und Sozialhilfegesetz einheitlich behandelt.

Das Kindergeld ist als zweckgebundene, existenzsichernde Leistung für das unterhaltsbedürftige Kind zu verwenden und mindert damit dessen Unterhaltsbedarf.

In welchem Umfang das Kindergeld für das Kind zu verwenden ist und dessen Bedarf mindert, wird durch § 1612b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 BGB entsprechend der jeweiligen Fallgestaltung auf die Hälfte oder die volle Höhe festgelegt.

Lebt das minderjährige Kind noch bei dem betreuenden Elternteil, erfolgt gem. § 1612b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BGB ein hälftiger Vorwegabzug des Kindergelds von dessen Bedarf. In dieser Konstellation ist in der Regel der betreuende Elternteil hinsichtlich des Kindergelds bezugsberechtigt (§ 64 Abs. 2 Satz 1 EStG bzw. § 3 Abs. 2 Satz 1 EStG). Er erfüllt seine Unterhaltspflicht gegenüber dem Kind gem. § 1606 Abs. 3 Satz 2 BGB durch die Pflege und Erziehung des Kindes. Da Betreuungs- und Barunterhalt grundsätzlich gleichwertig sind, muss jedem Elternteil die Hälfte des Kindergelds im Sinne einer Entlastung zugute kommen. Folglich ist der Unterhaltsanspruch des Kindes gegen den zum Barunterhalt verpflichteten Elternteil um das hälftige Kindergeld zu reduzieren.

§ 1612b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BGB regelt die Behandlung des Kindergelds, wenn es um minderjährige Kinder, die nicht von den Eltern betreut werden (z. B. weil sie in einer betreuten Wohngemeinschaft leben), und volljährige Kinder – unabhängig davon, ob sie nach § 1603 Abs.2 Satz 2 BGB privile-giert sind oder nicht – geht. Dann ist ein Vorwegabzug des Kindergelds in voller Höhe vorgesehen.

Das Wort „verwenden“ bringt zum Ausdruck, dass das Kind einen Anspruch auf Auszahlung des Kindergelds oder auf Erbringung entsprechender Naturalleistungen gegenüber demjenigen hat, der das Kindergeld bezieht.

9 BVerfG, Beschluss v. 9.4.2003, BVerfGE 108, 52 ff.

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30 Die Neuregelungen im Einzelnen

Das Kind kann so auch von einem Elternteil, der leistungsunfähig ist, Zahlung des diesem zugeflos-senen Kindergelds verlangen.

Das Kindergeld wird unmittelbar auf den Bedarf angerechnet und stellt dadurch den Mindestunter-halt zumindest teilweise sicher.

Der Kindergeldausgleich zwischen den Elternteilen gestaltet sich nun in den Fällen, in denen beide barunterhaltspflichtig sind, gerechter. Die Haftungsanteile der Elternteile sind auf der Grundlage des nach Abzug des vollen Kindergelds verbleibenden Restbedarfs zu ermitteln. Somit wird im Gegen-satz zum bislang geltenden Halbteilungsgrundsatz das Kindergeld zwischen den Eltern entsprechend dem Verhältnis ihrer Unterhaltsbeiträge ausgeglichen.

Diese Regelung übernimmt die Rechtsansicht des Bundesgerichtshofs. In seinem Urteil10 vom 26.10.2005 vertrat er zur Aufteilung des Kindergelds Folgendes:

„Ist hingegen nur ein Elternteil einem volljährigen Kind (bar-) unterhaltspflichtig, widerspräche es dem Zweck des Kindergelds als einer Erleichterung der Unterhaltslast im Ganzen, wenn das Kin-

dergeld ihm – jedenfalls bis zur Höhe seiner Unterhaltsleistungen – nicht allein zugerechnet würde.

Denn er haftet mit Eintritt der Volljährigkeit für den erhöhten Barunterhalt allein, während der An-

spruch auf Betreuungsunterhalt gegen den anderen Elternteil entfallen ist. ...

Eine Aufteilung des Kindergelds kommt nach dessen Zweck dann nur noch insoweit in Betracht, als

die Eltern den noch geschuldeten Barunterhalt anteilig erbringen. Eine solche Aufteilung lässt sich

am einfachsten dadurch erreichen, dass das Kindergeld bedarfsdeckend auf den Unterhaltsbedarf

des volljährigen Kindes angerechnet wird und damit beide Elternteile entsprechend der jeweils ge-

schuldeten Quote vom Barunterhalt entlastet. ...

Es macht auch keinen Unterschied, ob ein volljähriges unverheiratetes Kind bis zum 21. Lebensjahr

noch eine allgemeine Schulausbildung absolviert und deswegen nach § 1603 Abs. 2 S. 2 BGB privi-

legiert ist, oder ob ein volljähriges unterhaltsberechtigtes Kind während der Ausbildung eine eigene

Wohnung unterhält. Denn auch in diesen Fällen soll das Kindergeld nur den allein barun-

terhaltspflichtigen Elternteil entlasten. ...

Für den Unterhaltsanspruch volljähriger Kinder bleibt es deswegen bei der anteiligen Entlastung

durch das Kindergeld in dem Umfang, in dem beide Eltern zu dem noch geschuldeten Barunterhalt

beitragen.

Bei der Prüfung der Bedürftigkeit volljähriger Kinder hält der Senat deswegen daran fest, das Kin-

dergeld in vollem Umfang bedarfsdeckend zu berücksichtigen. Wenn die Eltern nach ihren Einkom-

mens- und Vermögensverhältnissen in unterschiedlichem Umfang leistungsfähig sind, ergibt sich

daraus eine Entlastung, die dem Verhältnis der Unterhaltsleistungen beider Eltern entspricht.“

Beispiel zur Kindergeldberücksichtigung bei volljährigen Kindern

Fall

Das Kind ist volljährig, studiert und wohnt nicht mehr bei seinen Eltern. Der Vater verfügt über ein bereinigtes Nettoeinkommen in Höhe von 2.600 EUR. Die Mutter bezieht ein bereinigtes Nettoeinkommen in Höhe von 1.300 EUR. Die Mutter bezieht das Kindergeld für das gemeinsame Kind in Höhe von 154 EUR. Weder Vater noch Mutter haben andere Unterhaltsverpflichtungen. Vorrangig berechtigte Unter-haltsgläubiger sind somit nicht vorhanden.

10 BGH, Urteil v. 26.10.2005, XII ZR 34/03.

Page 32: Das neue Unterhaltsrecht: Rangfolge, Mindestunterhalt und Anpassung bestehender Unterhaltsregelungen (2008)

Kindesunterhalt 31

Berechnung des Unterhaltsanspruches unter Berücksichtigung von § 1612b BGB a. F.

Die Eltern haften gem. § 1606 Abs. 3 Satz 1 BGB anteilig nach ihren Erwerbs- und Vermögens-verhältnissen. Die Haftungsquote von Eltern, die beide für ein Kind barunterhaltspflichtig sind, bemisst sich nach dem Verhältnis ihrer anrechenbaren Einkünfte abzüglich des jeweiligen Eigen-bedarfs und abzüglich der Unterhaltsleistungen und tatsächlichen Aufwendungen für vorrangig Berechtigte.

Summe der Einkommen von Vater und Mutter 3.900 EUR

Unterhaltsbedarf des Kindes nach Anmerkung 7 zur Düsseldorfer Tabelle 640 EUR

Abzüglich des Selbstbehalts gegenüber volljährigen Kindern in Höhe von 1.100 EUR

haften Vater und Mutter wie folgt:

Vater: 2.600 EUR – 1.100 EUR = 1.500 EUR

Mutter: 1.300 EUR – 1.100 EUR = 200 EUR

Summe: 1.700 EUR

Es ergaben sich folgende Unterhaltsverpflichtung für Vater und Mutter gegenüber dem Kind:

Vater: 640 EUR x 1.500 EUR = 564,71 EUR

1.700 EUR

abzüglich hälftiges Kindergeld in Höhe von 77,00 EUR

487,71 EUR

Mutter 640 EUR x 200 EUR = 75,29 EUR

1.700 EUR

zuzüglich hälftiges Kindergeld in Höhe von 77,00 EUR

152,29 EUR

Die Unterhaltsverpflichtung des Vaters betrug 487,71 EUR, die der Mutter betrug 152,29 EUR. Da die Mutter das Kindergeld in Höhe von 154 EUR bezog, musste sie „aus eigener Tasche“ kei-nen Unterhalt zahlen und behielt vom Kindergeld noch einen Restbetrag übrig.

Berechnung des Unterhaltsanspruches unter Berücksichtigung von § 1612b BGB n.F.

Unterhaltsbedarf des Kindes (siehe oben: Düsseldorfer Tabelle, Stand 1.7.2007)

640 EUR

abzüglich des vollen Kindergelds gem. § 1612b Abs. 1 Nr. 2 BGB in Höhe von

154 EUR

verbleibender, von den Eltern zu deckender Unterhaltsbedarf des Kindes 486 EUR

Page 33: Das neue Unterhaltsrecht: Rangfolge, Mindestunterhalt und Anpassung bestehender Unterhaltsregelungen (2008)

32 Die Neuregelungen im Einzelnen

Die Eltern haften auf den verbleibenden Unterhaltsbedarf des Kindes gem. § 1606 Abs. 3 Satz 1 BGB anteilig nach ihren Erwerbs- und Vermögensverhältnissen. Die Haftungsquote von Eltern, die beide für ein Kind barunterhaltspflichtig sind, bemisst sich nach dem Verhältnis ihrer anre-chenbaren Einkünfte abzüglich des jeweiligen Eigenbedarfs und abzüglich der Unterhaltsleistun-gen und tatsächlichen Aufwendungen für vorrangig Berechtigte.

Es ergeben sich folgende Unterhaltsverpflichtungen für Vater und Mutter gegenüber dem Kind:

Vater: 486 EUR x 1.500 EUR = 428,82 EUR

1.700 EUR

Mutter 486 EUR x 200 EUR = 57,18 EUR

1.700 EUR

Infolge der Anrechnung des gesamten Kindergelds auf den Unterhaltsbedarf des volljährigen Kindes nach neuer Rechtslage (§ 1612b Abs. 1 Nr. 2 BGB) besteht die Unterhaltsverpflichtung des Vaters nunmehr nur noch in Höhe von 428,82 EUR, während die der Mutter jetzt 57,18 EUR beträgt.

Zusätzlich hat das Kind gegen die Mutter einen Anspruch auf Auszahlung des vollen Kindergelds in Höhe 154 EUR.

Der neue § 1612b Abs. 1 BGB führt mithin zu einer deutlichen Entlastung des leistungsfähigeren Elternteils

§ 1612b Abs. 2 BGB entspricht dem bisherigen § 1612b Abs. 4 BGB:

Das Kindergeld wird nur in der Höhe bedarfsmindernd berücksichtigt, in der es für ein gemein-schaftliches Kind anfallen würde. Es gibt weiterhin keinen sog. Zählkindvorteil. Dieser wird viel-mehr in der Regel dem bezugsberechtigten Elternteil als Einkommen verbleiben.

Die Regelung des § 1612b Abs. 5 BGB a. F., die in bestimmten Fällen keine oder nur eine prozentu-ale Anrechnung des Kindergelds auf den Unterhaltsanspruch vorsah, ist weggefallen. Im Gegensatz zur bisherigen Rechtslage ist nun in allen Fällen zumindest das hälftige Kindergeld zur Deckung des Barbedarfs des Kindes zu verwenden.

Hieraus folgt, dass sich der Unterhaltsanspruch des Kindes in den unteren Einkommensgruppen der bisherigen Düsseldorfer bzw. Berliner Tabelle (Stand 1.7.2007) in vielen Fällen deutlich verringert.

Gegenüberstellung

Unterhaltsanspruch eines minderjährigen Kindes unter Berücksichtigung des Kindergelds nach bisheriger Rechtslage gem. §§ 1612a, 1612b BGB a. F. in Verbindung mit der Regelbe-trag-Verordnung und nach neuer Rechtslage gem. §§ 1612a, 1612b BGB

bisherige Rechtslage bisherige Rechtslage neue Rechtslage

Altersstufe

Unterhaltsanspruch West

100 % Regelbetrag

(Beträge in EUR)

Unterhaltsanspruch Ost

100% Regelbetrag

(Beträge in EUR)

Mindestunterhalt

bundeseinheitlich

(Beträge in EUR)

1. (0 - 5 Jahre) 202 - 6 = 196 186 - 11 = 175 265 - 77 = 188

2. (6 - 11 Jahre) 245 - 0 = 245 226 - 0 = 226 304 - 77 = 227

3. (12 - 17 Jahre) 288 - 0 = 288 267 - 0 = 267 356 - 77 = 279

Page 34: Das neue Unterhaltsrecht: Rangfolge, Mindestunterhalt und Anpassung bestehender Unterhaltsregelungen (2008)

Kindesunterhalt 33

Ein Absinken der Unterhaltsansprüche unter das bisherige Niveau ist seitens des Gesetzgebers aller-dings nicht erwünscht. Aus diesem Grund wird in der Übergangsvorschrift des § 36 Nr. 4 EGZPO (s. II 9 9.3.4) der Mindestunterhalt vorübergehend – höher – festgelegt.

Aus dem Wegfall der Regelung des § 1612b Abs. 5 BGB a. F folgt nicht, dass das Kindergeld auch dann den Barbedarf deckt, wenn der Unterhaltsverpflichtete nicht den Mindestunterhalt nach § 1612a BGB abzüglich des nach § 1612b BGB bedarfsdeckend einzusetzenden Kindergelds leisten kann.

Dies wird aus § 1612a BGB in Verbindung mit § 1612b BGB abgeleitet:

Zwar ist das Kindergeld nach § 1612b BGB zur Deckung des Bedarfs einzusetzen, jedoch ist zugleich der Mindestbedarf, den ein Kind als Existenzminimum unabhängig von der Höhe des Ein-kommens des Verpflichteten benötigt, in § 1612a BGB definiert. Durch die Einführung der gesetzli-chen Definition des Existenzminimums einerseits und die Festlegung der Höhe des diesen Bedarf deckenden Kindergeldanteils andererseits wird der wenigstens zu zahlende Betrag auf die Höhe des Mindestunterhaltes nach § 1612a BGB abzüglich des hälftigen Kindergelds nach § 1612b BGB fest-gelegt.

Der Kindergelds wird also nicht abgezogen, soweit der Unterhaltsverpflichtete nicht den Mindest-unterhalt abzüglich des nach § 1612b BGB zu berücksichtigenden Kindergelds zahlen kann.11

Beispiel

Der Unterhaltsanspruch eines 13-jährigen Kindes (3. Altersstufe) beläuft sich unter Berücksichti-gung der Leistungsfähigkeit des Unterhaltsverpflichteten auf 356 EUR. Der Barbedarf wird in diesem Fall um das hälftige Kindergeld reduziert und der Unterhaltsverpflichtete zahlt mithin nur 279 EUR.

Ist der Unterhaltsverpflichtete im gleichen Fall leistungsfähig in Höhe von 300 EUR, so bleibt es bei einem Bedarf des Kindes in Höhe von 356 EUR. Nur von diesem Betrag ausgehend wird das hälftige Kindergeld abgezogen, weil sonst das Existenzminimum des Kindes nicht gewahrt blie-be. Der Unterhaltsverpflichtete zahlt auch in dieser Konstellation 279 EUR.

Wenn der Unterhaltsverpflichtete nur 250 EUR leisten kann, bleibt es ebenfalls bei einem unge-deckten Bedarf in Höhe von 279 EUR. Der Unterhaltsverpflichtete zahlt also 250 EUR.

Die Höhe des Kindergelds sowie die Höhe des steuerlichen Kinderfreibetrages, werden vom Gesetz-geber in unregelmäßigen Abständen geändert. Es wird daher dabei bleiben, dass die Düsseldorfer Tabelle und damit die Höhe der Unterhaltsansprüche wie bisher Änderungen erfahren.

Dies gilt es in der Praxis durch entsprechende Formulierung der Anträge zu berücksichtigen.

Hinweis

Bei Kindesunterhaltsansprüchen, die in die Zukunft reichen, können die Vorzüge der automati-schen Anpassung eines dynamisierten Titels durch folgende Antragsformulierung – hier für den Fall der Beantragung des Mindestunterhalts - erreicht werden:

Der Beklagte wird verurteilt, an den am 1.1.2008 geborenen Kläger zum Ersten eines jeden Mo-nats einen monatlichen Unterhaltsbetrag

1. ab dem 1.1.2008 in Höhe von 87 % eines Zwölftels des doppelten jeweiligen Kinderfreibe-trages (erste Alterstufe),

11 Ehinger, FamRB 2006, 338, 340; Borth, FamrZ 2006, 813,820.

Page 35: Das neue Unterhaltsrecht: Rangfolge, Mindestunterhalt und Anpassung bestehender Unterhaltsregelungen (2008)

34 Die Neuregelungen im Einzelnen

2. ab dem 1.1.2014 in Höhe von 100 % eines Zwölftels des doppelten jeweiligen Kinderfreibe-trages (zweite Alterstufe) und

3. ab dem 1.1.2020 in Höhe von 117 % eines Zwölftels des doppelten jeweiligen Kinderfreibe-trages (dritte Alterstufe),

nach § 32 Abs. 6 Satz 1 EStG jeweils abzüglich der Hälfte des für den maßgeblichen Zeitraum geltenden gesetzlichen Kindergelds für ein erstes Kind zu zahlen.

Dringend beachten:

Diese Formulierung führt wegen der Übergangsvorschriften derzeit zu einem niedrigeren Unter-haltsanspruch als nach § 36 Nr. 4 EGZPO geschuldet! Für die Dauer der Geltung des § 36 Nr. 4 EGZPO sollte der Antrag wie unter II 9 9.3.4 dargestellt formuliert werden.

2

2.1 Gesetzestext

§ 1609 BGB lautet:

„Rangfolge mehrerer Unterhaltsberechtigter

Sind mehrere Unterhaltsberechtigte vorhanden und ist der Unterhaltspflichtige außerstande, allen Unterhalt zu gewähren, gilt folgende Rangfolge:

1. minderjährige unverheiratete Kinder und Kinder im Sinn des § 1603 Abs. 2 Satz 2,

2. Elternteile, die wegen der Betreuung eines Kindes unterhaltsberechtigt sind oder im Fall einer Scheidung wären, sowie Ehegatten und geschiedene Ehegatten bei einer Ehe von lan-ger Dauer; bei der Feststellung einer Ehe von langer Dauer sind auch Nachteile im Sinne des § 1578b Abs. 1 Satz 2 und 3 zu berücksichtigen,

3. Ehegatten und geschiedene Ehegatten, die nicht unter Nummer 2 fallen,

4. Kinder, die nicht unter Nummer 1 fallen,

5. Enkelkinder und weitere Abkömmlinge,

6. Eltern,

7. weitere Verwandte der aufsteigenden Linie; unter ihnen gehen die Näheren den Entfernte-ren vor.“

2.2 Regelungsinhalt

Diese Vorschrift regelt die Rangfolge mehrerer Unterhaltsberechtigter.

Die Frage der Rangfolge mehrerer Unterhaltsberechtigter ist stets dann aufgeworfen, wenn die Ein-künfte des Unterhaltspflichtigen (nach Abzug des Selbstbehalts) nicht ausreichen, um den Unter-haltsbedarf der mehreren bedürftigen Unterhaltsberechtigten zu befriedigen (sog. Mangelfälle).

Diese Fälle sind nicht selten und sie berühren nicht lediglich Unterhaltsverpflichtete mit geringem Einkommen und/oder Geschiedene, wie folgendes Beispiel zeigt: Ein in erster Ehe verheirateter Familienvater hat drei studierende Kinder und pflegebedürftige Eltern, deren Pflege- und Unter-haltsbedarf nicht aus eigenen Mitteln gedeckt werden kann.

§ 1609 BGB Rangfolge mehrerer Unterhaltsberechtigter –

Page 36: Das neue Unterhaltsrecht: Rangfolge, Mindestunterhalt und Anpassung bestehender Unterhaltsregelungen (2008)

Rangfolge mehrerer Unterhaltsberechtigter – § 1609 BGB 35

Die Rangfolge der Unterhaltsberechtigten bewirkt, dass die nachrangigen Unterhaltsberechtigten erst dann zum Zuge kommen, wenn der Unterhaltsbedarf der vorrangigen Unterhaltsberechtigten in vol-lem Umfang gedeckt ist.

Im obigen Bespiel werden die Eltern des Familienvaters daher nichts erhalten, wenn dessen Ein-kommen nicht ausreicht oder gerade hinreicht, um die Unterhaltsbedürfnisse seiner selbst, seiner Kinder und seiner Ehefrau zu befriedigen, weil die Genannten den Eltern vorgehen. Bleibt danach ein verteilungsfähiges Einkommen übrig, so folgt aus der Rangfolge, dass die Eltern nicht mehr erlangen können, als den verteilungsfähigen Rest.

Die Rangfolge löst jedoch nicht diejenigen Mangelfälle, die dadurch gekennzeichnet sind, dass das Einkommen des Unterhaltsverpflichteten nicht ausreicht, die Unterhaltsbedürfnisse gleichrangiger Unterhaltsberechtigter zu befriedigen. Eine solche Situation kann auf den Junggesellen zutreffen, der (ausschließlich) seinen beiden Eltern zum Unterhalt verpflichtet ist. Dann ist die Frage aufgeworfen, in welchem Verhältnis die gleichrangigen Unterhaltsberechtigten befriedigt werden. Dies geschieht in der sog. Mangelfallberechnung.

2.3 Bisherige Rechtslage

In redaktioneller Hinsicht war die bisherige Rechtslage dadurch gekennzeichnet, dass die Rangfolge verstreut geregelt war, nämlich in den §§ 1582 Abs. 1, 1609, 1615l Abs. 3 BGB, § 16 Abs. 2 LPartG.

Inhaltlich galt Folgendes:

Den ersten Rang teilten alle minderjährigen sowie die privilegierten volljährigen Kinder mit dem geschiedenen Ehegatten bei gleichzeitiger Verdrängung des neuen Ehegatten, wenn der geschiedene Ehegatte

• einen Anspruch auf Betreuungsunterhalt (§ 1570 BGB) oder Billigkeitsunterhalt (§ 1576 BGB) hatte oder

• in langer Ehe lebte, wobei die Kindesbetreuung der Ehedauer gleichstand oder

• wenn der neue Ehegatte bei entsprechender Anwendung unter keinem der folgenden Gesichts-punkte unterhaltsberechtigt wäre: Betreuung (§ 1570 BGB), Alter (§ 1571 BGB), Krankheit oder Gebrechen (§ 1572 BGB), Erwerbslosigkeit (§ 1573 Abs. 1 BGB), Aufstockungsunterhalt (§ 1573 Abs. 2 BGB), Billigkeitsunterhalt (§ 1576 BGB).

In den übrigen Fällen teilten alle Kinder mit dem geschiedenen und dem neuen Ehegatten den ersten Rang (§ 1582 BGB).

Der zweite Rang war dem neuen Ehegatten zugewiesen, wenn er nicht den ersten Rang teilte.

Im dritten Rang stand die Mutter eines nichtehelichen Kindes (§ 1615l Abs. 3 BGB).

Die nachfolgenden Ränge entsprachen der Rangfolge des neuen § 1609 Ziff. 4 bis 7 BGB – freilich mit der Maßgabe, dass die Lebenspartner nach den Enkelkindern in die Rangfolge eingeschoben waren und zwar der frühere Lebenspartner vor dem neuen Lebenspartner, § 16 Abs. 2 LPartG.

Im Ergebnis führte die bisherige Rechtslage wegen der hohen Anzahl von Unterhaltsberechtigten in der ersten Rangstufe zu einer entsprechenden Häufung von Fällen, in denen der Verpflichtete den Unterhaltsbedarf aller gleichrangig Berechtigten nicht decken konnte. Damit war entsprechend häu-fig die Frage aufgeworfen, in welchem Verhältnis die unzureichende Verteilungsmasse aufzuteilen war. Dies geschah im Rahmen der sog. Mangelfallberechnung.

Der Grundgedanke der Mangelfallberechnung besteht darin, die unzureichende Masse in dem selben Verhältnis aufzuteilen, in dem der Bedarf des Einzelnen zum Bedarf aller Unterhaltsberechtigten

Page 37: Das neue Unterhaltsrecht: Rangfolge, Mindestunterhalt und Anpassung bestehender Unterhaltsregelungen (2008)

36 Die Neuregelungen im Einzelnen

steht. Falls ausschließlich Kinder in die Berechnung einzubeziehen sind, genügt es, auf die aus dem Einkommen des Pflichtigen abgeleiteten Tabellen-Bedarfsbeträge abzustellen.

War die unzureichende Verteilungsmasse jedoch nicht nur auf Kinder, sondern auch auf einen oder mehrere Ehegatten zu verteilen, so hat man (seit BGH FamRZ 2003, 363 einheitlich) die Existenz-minima eingestellt. Und zwar für die Kinder mit 135 % des Regelbetrags und für den getrennt le-benden oder geschiedenen Ehegatten mit den Existenzminima, wie sie in Nr. 23.2.2 der Unterhalts-leitlinien definiert waren.

Allerdings erschöpfte sich die Komplexität der Mangelfallberechnung nicht allein darin:

Die Leitlinien der Oberlandesgerichte haben nämlich (seit BGH, FamRZ 2006, 683 einheitlich) den Selbstbehalt, den der Unterhaltsverpflichtete gegenüber dem unterhaltsberechtigten Ehegatten ver-teidigen kann, höher definiert, als denjenigen, den er gegenüber minderjährigen Kindern verteidigen kann. Die Beträge sind in den verschiedenen Leitlinien zwar nicht identisch, aber alle Leitlinien differenzieren zwischen dem notwendigen Selbstbehalt gegenüber Kindern einerseits und dem Selbstbehalt, der ihm gegenüber dem Ehegatten zusteht (vgl. jeweils Nr. 21. 2 und 21.3.2) anderer-seits. Dies führte dazu, dass unterschiedliche Verteilungsmassen zu berücksichtigen waren. Denn die verteilungsfähige Masse ist identisch mit der Differenz aus dem bereinigten Einkommen und dem jeweiligen Selbstbehalt.

Die Berücksichtigung der unterschiedlichen Verteilungsmassen erfolgte durch die sog. zweistufige Mangelfallberechnung, indem zunächst die Quote für den Ehegatten aus der geringeren Vertei-lungsmasse gebildet und sodann die jeweilige Quote der minderjährigen Kinder aus dem einzuset-zenden Einkommen abzüglich Ehegattenunterhalt und abzüglich des gegenüber minderjährigen Kin-dern geltenden Selbstbehalts ermittelt wird (Nr. 23.3 der jeweiligen Leitlinien).

Beispiel zur zweistufigen Mangelfallberechnung

Die Leitlinien des Oberlandesgerichts Düsseldorf (Stand 1.7.2007) sehen einen Selbstbehalt des Erwerbstätigen gegenüber minderjährigen Kindern in Höhe von 900 EUR und gegenüber ge-trennt lebenden oder geschiedenen Ehegatten in Höhe von 1.000 EUR vor. Mit diesen Werten wird im Folgenden gerechnet.

Fall M hat zwei Kinder K1 (3 Jahre) und K2 (7 Jahre) und lebt von seiner Ehefrau getrennt. M hat ein bereinigtes Nettoeinkommen in Höhe von 1.600 EUR. F ist nicht erwerbstätig und betreut die gemeinsamen Kinder.

Berechnung Unterhaltsbedarf der Kinder nach der Düsseldorfer bzw. Berliner Tabelle:

K1 231 EUR

K2 280 EUR

Unterhaltsbedarf der getrennt lebenden/geschiedenen Ehefrau:

Unterhaltsbedarf F = (Nettoeinkommen M - Kindesunterhalt ) - 1/7 Erwerbstätigenbonus

2

= 1.600 EUR - 511 EUR - 156 EUR

2

= 467 EUR

Page 38: Das neue Unterhaltsrecht: Rangfolge, Mindestunterhalt und Anpassung bestehender Unterhaltsregelungen (2008)

Rangfolge mehrerer Unterhaltsberechtigter – § 1609 BGB 37

Summe des Unterhaltsbedarfs aller Berechtigten:

Unterhaltsbedarf insgesamt = Unterhaltsbedarf K1 + K2 + F

= 231 EUR + 280 EUR + 467 EUR

= 978 EUR

Diese Ansprüche kann der Verpflichtete unter Wahrung seines (gleich welchen) Selbstbehalts

nicht erfüllen.

Auch durch die Herabstufung des Kindesunterhalts in Anwendung der Bedarfskontrollbeträge,

wie sie von vielen Leitlinien vorgesehen ist, lässt sich der Mangelfall nicht vermeiden.

1. Stufe 1: Berechnung des Unterhaltsanspruchs der Ehefrau beim Selbstbehalt von 1000 EUR

1.1 Einsatzbeträge der Unterhaltsberechtigten

Der Einsatzbetrag im Mangelfall beträgt gem. Nr. 23.2.1 der unterhaltsrechtlichen Leitlinien für

minderjährige und privilegierte volljährige Kinder 135 % des Regelbetrags nach der nun aufge-

hobenen Regelbetrag-Verordnung (das heißt die Bedarfssätze der 6. Einkommensgruppe der

Düsseldorfer bzw. Berliner Tabelle), für privilegierte volljährige Kinder 135 % des Regelbetrags

für die dritte Altersstufe.

Der Einsatzbetrag für den nicht erwerbstätigen, unterhaltsberechtigten getrennt lebenden/geschie-

denen Ehegatten im Mangelfall beträgt nach Nr. 23.2.2 der unterhaltsrechtlichen Leitlinien des

Oberlandesgerichts Düsseldorf und anderer 770 EUR.

Einsatzbetrag K1 273 EUR

Einsatzbetrag K2 331 EUR

Einsatzbetrag F 770 EUR

Summe der Einsatzbeträge 1.374 EUR

1.2 Verteilungsmasse

Verteilungsmasse = Nettoeinkommen M - Selbstbehalt gegenüber F

= 1.600 EUR - 1000 EUR

= 600 EUR

1.3 Gekürzter Unterhaltsanspruch der Ehefrau

gekürzter Unterhalt = Einsatzbetrag F x Verteilungsmasse

Summe der Einsatzbeträge

= 770 EUR x 600 EUR

1.374 EUR

= 336,24 EUR

Der gekürzte Unterhaltsanspruch der getrennt lebenden/geschiedenen Ehefrau beträgt 336,24

EUR.

Page 39: Das neue Unterhaltsrecht: Rangfolge, Mindestunterhalt und Anpassung bestehender Unterhaltsregelungen (2008)

38 Die Neuregelungen im Einzelnen

2. Stufe 2: Berechnung der Unterhaltsansprüche der Kinder beim Selbstbehalt von 900 EUR

2.1 Einsatzbeträge (s. o.)

Einsatzbetrag K1 273 EUR

Einsatzbetrag K2 331 EUR

Summe der Einsatzbeträge 604 EUR

2.2 Verteilungsmasse

Verteilungsmasse = Einkommen M - Unterhaltsanspruch F - Selbstbehalt ggü. K

= 1.600 EUR - 336,24 EUR - 900 EUR

= 363,76 EUR

2.3 Gekürzter Unterhaltsanspruch der Kinder

gekürzter Unterhalt = Einsatzbetrag x Verteilungsmasse

Summe der Einsatzbeträge der Kinder

= 770 EUR x 600 EUR

1.374 EUR

gekürzter Unterhalt = Einsatzbetrag x Verteilungsmasse

Summe der Einsatzbeträge der Kinder

K1 273 EUR x 363,76 EUR = 164,41 EUR

604 EUR

K2 331 EUR x 363,76 EUR = 199,34 EUR

604 EUR

Der gekürzte Unterhaltsanspruch von K1 beträgt 164,41 EUR, der gekürzte Unterhaltsanspruch

von K2 beträgt 199,34 EUR.

Eine Kindergeldverrechnung fand in diesem Beispielsfall gem. § 1612b Abs. 5 BGB a. F. nicht statt.

Eine Korrektur der Ergebnisse zu Lasten der Ehefrau fand nur statt, wenn der gekürzte Unterhaltsan-

spruch der Ehefrau ihren vorab errechneten Unterhaltsbedarf überstieg. Dies ist in diesem Beispiel

nicht der Fall.

Variante A (eines der Kinder ist nichtehelich)

M hat zwei Kinder: K1 (3 Jahre) von seiner Ehefrau (F), von der er getrennt lebt, und K2 (7 Jahre)

von einer anderen Frau (X), mit der er nicht verheiratet ist.

M hat ein bereinigtes Nettoeinkommen in Höhe von 1.600 EUR.

F ist nicht erwerbstätig und betreut das gemeinsame Kind.

X ist nicht erwerbstätig und betreut das nichteheliche Kind

Berechnung

Berechnung und Ergebnis sind identisch, weil die Mutter des nichtehelichen Kindes nachrangig ist,

und die Verteilungsmasse im ersten Rang erschöpft wird.

Page 40: Das neue Unterhaltsrecht: Rangfolge, Mindestunterhalt und Anpassung bestehender Unterhaltsregelungen (2008)

Rangfolge mehrerer Unterhaltsberechtigter – § 1609 BGB 39

Variante B (ein Kind stammt aus zweiter Ehe)

Berechnung und Ergebnis sind identisch, weil die zweite Ehefrau, die ein gemeinsames Kind be-treut, gegenüber der geschiedenen Ehefrau, die ebenfalls ein gemeinsames Kind betreut nachrangig ist und die Verteilungsmasse im ersten Rang erschöpft wird.

Variante C (beide Kinder stammen aus zweiter Ehe)

M hat eine geschiedene Ehefrau (F 1) und zwei Kinder, K1 (3 Jahre) und K2 (7 Jahre) von seiner zweiten Ehefrau (F 2), von der er getrennt lebt. M hat ein bereinigtes Nettoeinkommen in Höhe von 1.600 EUR. F 1 ist nicht erwerbstätig und nicht erwerbspflichtig. F 2 ist nicht erwerbstätig und betreut das gemeinsame Kind.

Berechnung

Beide Ehefrauen teilen mit den Kindern den ersten Rang. Der Unterhaltsverpflichtete kann die Ansprüche beider Kinder und beider Ehefrauen offenbar nicht unter Wahrung seines Selbstbehalts erfüllen.

Mangelfallberechnung

1. Stufe 1: Berechnung des Unterhaltsanspruchs der Ehefrauen beim Selbstbehalt von 1000 EUR

1.1 Einsatzbeträge der Unterhaltsberechtigten

Der Einsatzbetrag im Mangelfall beträgt gem. Nr. 23.2.1 der unterhaltsrechtlichen Leitlinien der Familiensenate des Kammergerichts bei minderjährigen und privilegierten volljährigen Kindern 135 % des Regelbetrags nach der nun aufgehobenen Regelbetrag-Verordnung (das heißt die Bedarfssätze der 6. Einkommensgruppe der Düsseldorfer bzw. Berliner Tabelle), für privilegierte volljährige Kin-der 135 % des Regelbetrags für die dritte Altersstufe.

Der Einsatzbetrag im Mangelfall beträgt, wenn der Unterhaltsverpflichtete erwerbstätig ist, gem. Nr. 23.2.2 der unterhaltsrechtlichen Leitlinien der Familiensenate des Kammergerichts bei dem getrennt lebenden/geschiedenen Ehegatten 900 EUR.

Einsatzbetrag K1 273 EUR

Einsatzbetrag K2 331 EUR

Einsatzbetrag F 1 770 EUR

Einsatzbetrag F 2 770 EUR

Summe der Einsatzbeträge 2.144 EUR

1.2 Verteilungsmasse

Verteilungsmasse = Nettoeinkommen M - Selbstbehalt gegenüber F 1 und F 2

= 1.600 EUR - 1000 EUR

= 600 EUR

1.3 Gekürzter Unterhaltsanspruch der Ehefrau F 1

gekürzter Unterhalt = Einsatzbetrag F 1 x Verteilungsmasse

Summe der Einsatzbeträge

Page 41: Das neue Unterhaltsrecht: Rangfolge, Mindestunterhalt und Anpassung bestehender Unterhaltsregelungen (2008)

40 Die Neuregelungen im Einzelnen

= 770 EUR x 600 EUR

2.144 EUR

= 215,49 EUR

1.4 Gekürzter Unterhaltsanspruch der Ehefrau F 2

wie F 1 = 215,49 EUR

2. Stufe 2: Berechnung der Unterhaltsansprüche der Kinder beim Selbstbehalt von 900 EUR

2.1 Einsatzbeträge (s. o.)

Einsatzbetrag K1 273 EUR

Einsatzbetrag K2 331 EUR

Summe der Einsatzbeträge 604 EUR

2.2 Verteilungsmasse

Verteilungsmasse = Einkommen M - Unterhaltsanspruch F 1 und F 2 - Selbstbehalt gegenüber den Kindern

= 1.600 EUR - 215,49 EUR - 215,49 EUR - 900 EUR

= 269,02 EUR

2.3 Gekürzter Unterhaltsanspruch der Kinder

gekürzter Unterhalt = Einsatzbetrag x Verteilungsmasse

Summe der Einsatzbeträge der Kinder

K1 273 EUR x 269,02 EUR = 121,59 EUR

604 EUR

K2 331 EUR x 269,02 EUR = 147,43 EUR

604 EUR

Der gekürzte Unterhaltsanspruch von K1 beträgt 121,59 EUR, der gekürzte Unterhaltsanspruch von K2 beträgt 147,43 EUR.

2.4 Regelungszweck

Der Zweck der Neuregelung besteht darin, dem gesellschaftlichen Wertewandel Rechnung zu tra-gen. Die Zunahme von Trennungen und Scheidungen sowie die Gründung neuer Familien führte zu einer steigenden Zahl von Mangelfällen. Außerdem bestand das Bedürfnis nach mehr Verteilungsge-rechtigkeit im Mangelfall.

Ferner sollte das Unterhaltsrecht durch Reduzierung von Mangelfällen und den Wegfall von kompli-zierten, mehrstufigen Mangelfallberechnungen vereinfacht werden.

Sinn der Neuregelung ist es zudem, die Zahl minderjähriger Sozialhilfeempfänger zu reduzieren und die neue Rangfolge konsequent auf das Kindeswohl auszurichten. Denn Kinder sind die wirtschaft-lich schwächsten Mitglieder der Gesellschaft und im Gegensatz zu Erwachsenen nicht in der Lage, selbst für ihren Lebensunterhalt zu sorgen. Ferner ist die Bereitwilligkeit, Kindesunterhalt zu zahlen, in aller Regel größer als die Bereitschaft, Ehegattenunterhalt zu zahlen.

Page 42: Das neue Unterhaltsrecht: Rangfolge, Mindestunterhalt und Anpassung bestehender Unterhaltsregelungen (2008)

Rangfolge mehrerer Unterhaltsberechtigter – § 1609 BGB 41

2.5 Neue Rechtslage

Der Rang, der den einzelnen Unterhaltsansprüchen nunmehr zukommt, ergibt sich aus einer klaren Aufreihung, die zentral und übersichtlich im neuen § 1609 BGB geregelt ist.

Die neue Regelung sieht einen gestaffelten Schutz der verschiedenen Unterhaltsberechtigten vor, bei dem der vorrangig Berechtigte Unterhaltsansprüche eines nachrangig Berechtigten verdrängt.

Die Änderung der Rangfolge bezieht sich nur auf die in § 1609 Nr. 1 bis 3 BGB aufgeführten Unter-haltsberechtigten. Die in § 1609 Nr. 4 bis 7 BGB geregelte weitere Rangfolge entspricht dem bishe-rigen Recht.

Kernpunkt der Neuregelung ist, dass der Unterhalt minderjähriger unverheirateter Kinder und privilegierter volljähriger Kinder (§ 1603 Abs. 2 Satz 2 BGB) nun absoluten Vorrang vor allen anderen Unterhaltsansprüchen hat.

§ 1609 Nr. 1 BGB umfasst alle minderjährigen unverheirateten Kinder sowie volljährige, privilegier-te Kinder, unabhängig davon, ob leiblich oder adoptiert, ob innerhalb oder außerhalb einer bestehen-den Ehe geboren, oder ob aus der ersten oder einer weiteren Ehe des Unterhaltspflichtigen stam-mend.

An zweiter Rangstelle stehen im Interesse des Kindeswohles gem. § 1609 Nr. 2 BGB nunmehr alle Elternteile, die Kinder betreuen. Hierzu gehören auch Lebenspartner, die ein Adoptivkind betreu-en.

Die Differenzierung nach dem Personenstand der Elternteile und die Privilegierung des ersten Ehe-gatten wurde aufgehoben.

Nunmehr werden der erste Ehegatte, der spätere Ehegatte und der nicht verheiratete Elternteil, so-weit sie ein Kind betreuen, gleich behandelt, weil sie im Hinblick auf die Kinder in der gleichen Situation sind.

Der Unterhaltsanspruch des langjährigen Ehegatten ist gem. § 1609 Nr. 2 BGB rangmäßig dem Unterhaltsanspruch des betreuenden Elternteils gleichgestellt. Denn bei langjähriger Ehe ist ein be-sonderer Vertrauensschutz in die eheliche Solidarität gewachsen.

Eine zeitliche Vorgabe, ab wie vielen Jahren eine Ehe von langer Dauer vorliegt, enthält die Neure-gelung nicht. Kriterien, die dabei herangezogen werden können, sind neben der zeitlichen Dauer der Ehe auch das Lebensalter der Parteien im Zeitpunkt der Eheschließung und der Scheidung, die Dau-er der Pflege und Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes sowie das Ausmaß gegenseitiger wirt-schaftlicher Verflechtungen und Abhängigkeiten wegen der Ausrichtung auf ein gemeinsames Le-bensziel.

Im dritten Unterhaltsrang befinden sich gem. § 1609 Nr. 3 BGB die Ansprüche von Ehegatten bzw. geschiedenen Ehegatten, die von der vorangehenden Rangklasse nicht erfasst werden, also nicht lange verheiratet waren und keine Kinder zu betreuen haben.

Der vierte Unterhaltsrang steht unverändert gem. § 1609 Nr. 4 BGB allen volljährigen, nicht privile-gierten Kindern zu. Dies führt dazu, dass diese, sich zumeist in Ausbildung und Studium befinden-den Kinder, wegen des Nachrangs auch weiterhin vielfach auf staatliche Unterstützung angewiesen sein werden.

Durch die geänderte Rangfolge werden Mangelfallberechnungen seltener und das Unterhaltsrecht insofern einfacher.

Die in der Vergangenheit sehr häufig vorgekommenen komplizierten (zweistufigen) Mangelfallbe-rechnungen bei Zusammentreffen von Unterhaltsansprüchen von minderjährigen bzw. volljährigen

Page 43: Das neue Unterhaltsrecht: Rangfolge, Mindestunterhalt und Anpassung bestehender Unterhaltsregelungen (2008)

42 Die Neuregelungen im Einzelnen

privilegierten Kindern mit denen von Ehegatten sind jetzt – jedenfalls in der ersten Rangstufe – weggefallen.

Mangelfallberechnungen bleiben aber erforderlich, wenn der Bedarf von Unterhaltsberechtigten gleichen Ranges – gleich in welchem Rang – nicht gedeckt wird.

Die Berechnungen sind dann immerhin übersichtlicher und einfacher zu bewältigen:

Lösung des Fallbeispiels nach neuem Recht

Fall (s.o. 2.3 altes Recht)

M ist gegenüber seinen zwei minderjährigen Kindern K1 (3 Jahre) und K2 (7 Jahre) sowie seiner getrennt lebenden Ehefrau F, die die gemeinsamen Kinder betreut, unterhaltspflichtig.

M hat ein bereinigtes Nettoeinkommen in Höhe von 1.600 EUR.

F ist nicht erwerbstätig und betreut die gemeinsamen Kinder.

Berechnung

Unterhaltsbedarf der Kinder gemäß der Düsseldorfer Tabelle, Stand 1.1.2008, denen gemäß § 1609 BGB der absolute Vorrang gebührt (nach Abzug des Kindergeldes).

K1 216 EUR (= 293 EUR – 77 EUR)

K2 262 EUR (= 339 EUR – 77 EUR)

Summe des Unterhaltsbedarfs der Kinder: 478 EUR

Bei einem Selbstbehalt des erwerbstätigen Unterhaltsverpflichteten gegenüber minderjährigen Kindern von 900 EUR (Düsseldorfer Tabelle, Stand 1.1.2008), belauft sich das zu verteilende Einkommen unter Berücksichtigung des Selbstbehalts im Beispielsfall auf 1.600 EUR – 900 EUR = 700 EUR. Es reicht zur Befriedigung des Tabellenunterhaltsbedarfs der vorrangig berechtigten Kinder aus.

Nach Abzug der Unterhaltsverpflichtungen gegenüber den Kindern verbleibt M ein Einkommen in Höhe von 1.122 EUR.

Nach Abzug des Selbstbehalts gegenüber der getrennt lebenden/geschiedenen Ehefrau von 1.000 EUR blieben für deren Unterhalt nur noch 122 EUR. Für die Deckung eines höheren Bedarfs steht bei strikter Anwendung der Tabellenbeträge kein Einkommen zur Verfügung.

Da hiernach nicht der Mindestbedarf aller Beteiligten – einschließlich der Ehegatten - gedeckt ist, kann nach Anm. 1 der Düsseldorfer Tabelle (Stand 1.1.2008) eine Herabstufung ggf. bis in die unterste Tabellengruppe vorgenommen werden. Reicht das verfügbare Einkommen auch dann nicht aus, setzt sich der Vorrang der minderjährigen bzw. privilegierten volljährigen Kinder durch.

Hinweis:

Dieses Verfahren der Herabstufung des Kindesunterhalts begegnet keinen durchgreifenden Be-denken unter dem Gesichtspunkt der neuen Rangfolgeregelung, weil es sich hier um eine Ange-messenheitsprüfung auf der Bedarfsebene handelt. Gleichwohl: Die an sich strenge Rangfolge wird damit aufgeweicht.

Page 44: Das neue Unterhaltsrecht: Rangfolge, Mindestunterhalt und Anpassung bestehender Unterhaltsregelungen (2008)

Rangfolge mehrerer Unterhaltsberechtigter – § 1609 BGB 43

Dementsprechend ist der Kindesunterhalt anhand des Mindestunterhalts zu bestimmen:

K1 202 EUR (= 279 EUR – 77 EUR)

K2 245 EUR (= 322 EUR – 77 EUR)

Summe des Unterhaltsbedarfs der Kinder: 447 EUR

Nach Abzug der Unterhaltsverpflichtungen gegenüber den Kindern verbleibt M ein Einkommen in Höhe von 1.153 EUR.

Nach Abzug des Selbstbehalts gegenüber der getrennt lebenden/geschiedenen Ehefrau von 1.000 EUR bleiben für deren Unterhalt noch 153 EUR. Für die Deckung eines höheren Bedarfs steht kein Einkommen zur Verfügung.

Die Unterhaltsverpflichtung nach neuem Recht beträgt insgesamt (Kindesunterhalt: 202 + 245 + Ehegattenunterhalt: 153 EUR =) 600 EUR.

Nach bisherigem Recht hätte die Unterhaltsverpflichtung insgesamt (Kindesunterhalt: 164,41 EUR + 199,34 EUR + Ehegattenunterhalt: 336,24 EUR =) 699,99 EUR betragen.

Hinweis

Nach neuem Recht kann es zu geringeren Unterhaltsverpflichtungen kommen, weil der Bedarf der Kinder vorab zu befriedigen ist und es hierzu nicht immer erforderlich ist, bis auf den not-wendigen Selbstbehalt zurückzugehen.

Anders gewendet:

Nach neuer Rechtslage führt der höhere Selbstbehalt gegenüber dem getrennt lebenden bzw. ge-schiedenen Ehegatten zu einer Entlastung des Unterhaltspflichtigen. Diese besteht (höchstens) in der Differenz zwischen dem Selbstbehalt gegenüber minderjährigen bzw. privilegierten volljäh-rigen Kindern und demjenigen gegenüber getrennt lebenden bzw. geschiedenen Ehegatten.

Während dem Unterhaltspflichtigen nach alter Rechtslage infolge des Gleichrangs der Unter-haltsansprüche von minderjährigen bzw. privilegierten volljährigen Kindern mit denen des ge-trennt lebenden bzw. geschiedenen Ehegatten nur der geringere Selbstbehalt blieb, wird ihm nun wegen des Vorrangs des Kindesunterhalts der höhere Selbstbehalt gegenüber dem Ehegatten be-lassen.

Variante A (eines der Kinder ist nichtehelich)

M hat zwei Kinder: K1 (3 Jahre) von seiner Ehefrau (F), von der er getrennt lebt, und K2 (7 Jahre) von einer anderen Frau (X), mit der er nicht verheiratet ist und nicht zusammen lebt. M hat ein bereinigtes Nettoeinkommen in Höhe von 1.600 EUR. F ist nicht erwerbstätig und betreut das gemeinsame Kind. X ist nicht erwerbstätig und betreut das nichteheliche Kind

Berechnung

Im ersten Rang ist die Berechnung identisch; der zu zahlende Kindesunterhalt beträgt 447 EUR.

Die nach Abzug des zu zahlenden Kindesunterhalts verteilungsfähige Masse ist gleichfalls identisch.

Jedoch teilen sich die Mütter den zweiten Rang.

Page 45: Das neue Unterhaltsrecht: Rangfolge, Mindestunterhalt und Anpassung bestehender Unterhaltsregelungen (2008)

44 Die Neuregelungen im Einzelnen

Da ein Mangefall vorliegt, sollte man davon ausgehen, dass der Einsatzbetrag für die betreuenden Mütter identisch ist, weil das Existenzminimum der betreuenden Mütter nicht von deren Status ab-hängt, mithin falls beide erwerbslos sind, (nach den bisherigen Einsatzbeträgen - vgl. Leitlinien Nr. 23.2.3 a. F.) 770 EUR12 beträgt.13

Der gekürzte Betreuungsunterhalt berechnete sich demnach wie folgt:

gekürzter Betreuungsunterhalt = Einsatzbetrag x Verteilungsmasse

Summe der Einsatzbeträge

mithin 770 EUR x 153 EUR = 76,50 EUR

(770 + 770 = ) 1.540 EUR

Hinweis

Bei höheren Einkommen wäre hier zu berücksichtigen, dass sich der Bedarf der Ehefrau nach den ehelichen Lebensverhältnissen richtet, während für den Bedarf der Mutter eines nichteheli-chen Kindes deren Lebensstellung maßgebend ist.

Variante B (ein Kind stammt aus zweiter Ehe)

Berechnung und Ergebnis sind mit der Variante A nach neuem Recht identisch, weil beide betreuen-den Mütter im gleichen Rang stehen.

Variante C (beide Kinder stammen aus zweiter Ehe)

M hat eine geschiedene Ehefrau (F 1) und zwei Kinder, K1 (3 Jahre) und K2 (7 Jahre) von seiner zweiten Ehefrau (F 2), von der er getrennt lebt. M hat ein bereinigtes Nettoeinkommen in Höhe von 1.600 EUR. F 1 ist nicht erwerbstätig und nicht erwerbspflichtig. F 2 ist nicht erwerbstätig und betreut das gemeinsame Kind.

Berechnung

Die Kinder stehen im ersten Rang und erhalten wie im Ausgangsfall nach neuem Recht zusammen 447 EUR.

F 2 steht im zweiten Rang und erhält – nach gleicher Berechnung wie im Ausgangsfall – 153 EUR.

Für die im Rang nachgehende F 1 verbleibt kein zu verteilendes Einkommen.

Hinweis

Die neue Rechtslage wird dazu führen, dass vermehrt Mangelfallberechnungen im zweiten Rang durchzuführen sein werden.

Deshalb folgendes weiteres Beispiel für den zweiten Rang:

Abwandlung von Variante A (eines der Kinder ist nichtehelich und der Mann lebt mit der Mutter des nichtehelichen Kindes zusammen)

M hat zwei Kinder: K1 (7 Jahre) von seiner Ehefrau (F), von der er geschieden ist, und K2 (3 Jahre) von seiner Lebensgefährtin (X), mit der er zusammenlebt. M hat ein bereinigtes Nettoeinkommen in Höhe von 1.600 EUR.

12 so die Leitlinien des OLG Düsseldorf und des Kammergerichts. 13 ausdrücklich offen gelassen in den Leitlinien des OLG Frankfurt/Main, Stand 1.1.2008

Page 46: Das neue Unterhaltsrecht: Rangfolge, Mindestunterhalt und Anpassung bestehender Unterhaltsregelungen (2008)

Rangfolge mehrerer Unterhaltsberechtigter – § 1609 BGB 45

F ist nicht erwerbstätig und betreut das gemeinsame Kind. X ist nicht erwerbstätig und betreut das nichteheliche Kind.

Berechnung

In diesem Fall wird der Einsatzbetrag für die neue Lebensgefährtin vermutlich analog der Regelung für den mit dem Unterhaltspflichtigen zusammenlebenden erwerbslosen Ehegatten wegen der Haus-haltsersparnis 560 EUR statt 770 EUR betragen.

gekürzter Betreuungsunterhalt = Einsatzbetrag x Verteilungsmasse

Summe der Einsatzbeträge

mithin

für F 770 EUR x 153 EUR = 88,58 EUR

(770 + 560 = ) 1.330 EUR

für X 560 EUR x 153 EUR = 64,42 EUR

(770 + 560 = ) 1.330 EUR

Hinweis

Die neue Rechtslage wird auch bei auskömmlichen Einkommensverhältnissen, d.h. außerhalb der Mangelfälle dazu führen, dass sich vermehrt Verteilungsfragen im zweiten Rang stellen.

Deshalb folgendes weiteres Beispiel für den zweiten Rang:

Fall14

M hat (nach Abzug des Kindesunterhalts für K1, welches von der geschiedenen F1 betreut wird und für K2, welches von der getrennt lebenden F 2 betreut wird) ein bereinigtes Nettoerwerbsein-kommen von 2.000 EUR. F1 hat ein bereinigtes Nettoerwerbseinkommen von 1.000 EUR und F2 ein solches von 600 EUR.

Berechnung

Das Zusammentreffen von Ansprüchen mehrerer gleichrangiger Ehegatten war nach bisherigem Recht möglich, aber offenbar selten. Jedenfalls hat es ausschließlich in den Leitlinien des OLG Hamm seinen Niederschlag gefunden (Nr. 24.2.1).

Danach erfolgte die Verteilung des Gesamteinkommens nach dem Verhältnis 4 : 3 : 3 (zusammen zehn Zehntel); rechnerisch wie folgt:.

Bedarf: F1 und F2 :

9/10 NettoerwerbsEK M + 9/10 NettoerwerbsEK F1 + 9/10 NettoerwerbsEK F2

3

9/10 2.000 EUR + 9/10 1.000 EUR + 9/10 600 EUR = 1.080 EUR

3

14 Nach Gerhardt/Gutdeutsch, FamRZ 2007, 778.

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46 Die Neuregelungen im Einzelnen

Höhe:

F1: 1.080 EUR – 9/10 1.000 EUR = 180 EUR

F2: 1.080 EUR – 9/10 600 EUR = 540 EUR

Die Leistungsfähigkeit des M ist gegeben: 2.000 EUR – 180 EUR – 540 EUR = 1.280 EUR

F1 erhält 1.000 EUR + 180 EUR = 1.180 EUR

F2 erhält 600 EUR + 540 EUR = 1.140 EUR

Hinweis

Falls statt zweier Ehefrauen eine getrennt lebende oder geschiedene Ehefrau und die Mutter eines nichtehelichen Kindes den zweiten Rang teilen, ist dieser Rechenweg so nicht praktikabel, weil Maßstab für die Höhe des Unterhaltsanspruchs der Mutter des nichtehelichen Kindes nicht die ehelichen Lebensverhältnisse, sondern ihre eigene Lebensstellung ist.

Ausblick

Der Gesetzgeber weist darauf hin, dass die neue Rangfolge nach neuem Recht erfordert, dass die Parameter der Leitlinien, soweit sie in „Mangelfällen“ die Verteilung des Einkommens im Ver-hältnis vorrangiger Kinder zu nachrangigen (!) Unterhaltsberechtigten, etwa dem/den betreuen-den Elternteil(en) oder auf Erst- und Zweitfamilie beeinflussen, überdacht und gegebenenfalls neu justiert werden müssen.15

Damit wirft er freilich die Frage auf, ob damit die in der Rangfolge immanente klare Vorgabe wieder aufgeweicht werden soll.

Tatsächlich werden sich aber einige Probleme auf der Bedarfsebene lösen lassen, ohne die Rang-folge zu verletzen; so beispielsweise durch Herabstufung beim Kindesunterhalt - analog der bis-herigen Handhabung der Bedarfskontrollbeträge - selbst wenn die im ersten Schritt ermittelten Tabellenunterhaltsbeträge befriedigt werden könnten16.

Wie bisher ist auch weiterhin das im Rahmen einer eventuellen Mangelfallberechnung gewonne-ne Ergebnis darauf zu überprüfen, ob im konkreten Einzelfall die Aufteilung des verfügbaren Einkommens auf die minderjährigen bzw. volljährigen privilegierten Kinder oder die unterhalts-berechtigten Elternteile bzw. Ehegatten insgesamt billig und angemessen ist17.

Korrekturbedürftig kann eine Mangelfallberechnung nach der Gesetzesbegründung insbesondere dann sein, wenn nach ihrem Gesamtergebnis die Erstfamilie (zusätzlich) auf Sozialleistungen angewiesen ist, während die zweite Familie auch unter Berücksichtigung des Selbstbehalts des Unterhaltspflichtigen und des Vorteils aus einem eventuellen Ehegattensplitting im konkreten Vergleich ein gutes Auskommen hat18.

Die geänderte Rangfolge im neu gefassten § 1609 BGB bringt jedoch neben der Sicherung des Kin-desunterhalts auch Nachteile mit sich. Sie führt in vielen Fällen zu einer Reduzierung der Unter-haltsansprüche der Berechtigten.

Gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 1 EStG in Verbindung mit § 2 EStG sind Unterhaltsleistungen an den ge-schiedenen oder dauernd getrennt lebenden Ehegatten bis zur Obergrenze von jährlich 13.805 EUR

15 BT-Drs. 16/1830, S. 24. 16 Vgl. Klinkhammer, FF 2007, 13, 14. 17 BGH, Urteil v. 17.11.2004, XII ZR 183/02, FamRZ 2005, 347, 351. 18 BT-Drs. 16/1830, S. 24.

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Unterhaltsansprüche des getrennt lebenden Ehegatten – § 1361 BGB 47

als Sonderausgaben vom zu versteuernden Einkommen abzuziehen (sog. Realsplitting). Der Unter-haltspflichtige muss also auf seine Einkünfte in der Höhe der Unterhaltsleistungen an den geschie-denen oder dauernd getrennt lebenden Ehepartner, maximal jährlich 13.805 EUR, keine Einkom-mensteuer zahlen.

Diese steuerliche Entlastung hat Rückwirkung auf die Höhe des Nettoeinkommens des Unterhalts-pflichtigen und damit auch auf die Höhe der Unterhaltsansprüche.

Die steuerliche Entlastung führt zu Steuerrückzahlungen. Steuerrückzahlungen gehören zum unter-haltsrechtlich maßgebenden Einkommen. Diese werden regelmäßig auf das Jahr der Leistung umge-legt und mit den Nettobeträgen angerechnet. Eine Fortschreibung für die Zukunft setzt voraus, dass mit ihnen weiter zu rechnen ist.

Die steuerliche Entlastung führt somit beim Unterhaltspflichtigen zu einem höheren Nettoeinkom-men und folglich bei den Unterhaltsberechtigten zu höheren Unterhaltsansprüchen.

Durch die Änderung der Rangfolge in § 1609 BGB – nach welcher die minderjährigen und volljäh-rigen privilegierten Kinder jetzt den absoluten Vorrang genießen – vermindert sich der steuerlich als Sonderausgaben einsatzfähige Betrag. Denn der Kindesunterhalt kann im Gegensatz zum Ehegat-tenunterhalt gerade nicht als Sonderausgabe abgezogen werden. Für Ehegattenunterhalt bleibt aber nach Zahlung des vollen Kindesunterhalts in sehr vielen Fällen weniger übrig. Also kann steuerlich auch nur noch weniger abgesetzt werden.

Die nun in den meisten Fällen weggefallene Nutzungsmöglichkeit der steuerlichen Entlastung gem. § 10 Abs. 1 Nr. 1, 2 EStG führt zu einer Erhöhung der Steuerlast. Das Gesamteinkommen der Fami-lie sinkt.19

3 Unterhaltsansprüche des getrennt lebenden Ehegatten – § 1361 BGB

3.1 Gesetzestext

§ 1361 BGB lautet:

„Unterhalt bei Getrenntleben

(3) Die Vorschrift des § 1579 Nr. 2 bis 8 über die Beschränkung oder Versagung des Unterhalts wegen grober Unbilligkeit ist entsprechend anzuwenden.“

3.2 Bisherige Rechtslage

Nach § 1361 Abs. 3 BGB a. F. war der Anspruch auf Trennungsunterhalt durch entsprechende An-wendung des § 1579 Nr. 2 bis 7 BGB a. F. bei Vorliegen grober Unbilligkeit herabzusetzen oder zu versagen.

3.3 Regelungszweck

Die neue Formulierung von § 1361 Abs. 3 BGB bezweckt lediglich die Anpassung an die amtliche Überschrift des neuen § 1579 BGB und stellt daneben eine Folgeänderung dar, die durch die Einfü-gung einer neuen Nummer in § 1579 BGB bedingt ist.

19 Kritisch: Hütter, FamRZ 2006, 1577; relativierend: Klinkhammer, FF, 2007, 13; Menne , FF 2007, 220.

Page 49: Das neue Unterhaltsrecht: Rangfolge, Mindestunterhalt und Anpassung bestehender Unterhaltsregelungen (2008)

48 Die Neuregelungen im Einzelnen

3.4 Neue Rechtslage

Der neugefasste § 1361 Abs. 3 BGB regelt wie zuvor die Beschränkung und Versagung des Tren-nungsunterhalts wegen grober Unbilligkeit durch entsprechende Anwendung des § 1579 Nr. 2 bis 8 BGB.

4 Unterhaltsansprüche nach der Ehescheidung

4.1 Grundsatz der Eigenverantwortung – § 1569 BGB

4.1.1 Gesetzestext

§ 1569 BGB lautet:

„Grundsatz der Eigenverantwortung

Nach der Scheidung obliegt es jedem Ehegatten, selbst für seinen Unterhalt zu sorgen. Ist er dazu außerstande, hat er gegen den anderen Ehegatten einen Anspruch auf Unterhalt nur nach den folgenden Vorschriften.“

4.1.2 Bisherige Rechtslage

Gemäß § 1569 BGB a. F. hatte ein Ehegatte, der nach der Scheidung nicht selbst für seinen Unter-halt sorgen konnte, gegen den anderen Ehegatten einen Anspruch auf Unterhalt nach §§ 1570 ff. BGB a. F.

Gesetzessystematisch war die Gewährung von Unterhalt damit schon nach bisherigem Recht nicht die Regel, sondern die Ausnahme.

Jedoch wurde der Grundsatz der Eigenverantwortung nach Ansicht des Gesetzgebers in der Praxis nicht genügend wahrgenommen.

4.1.3 Regelungszweck

Die geänderte Überschrift und der neugefasste Normtext des § 1569 BGB bezwecken, den Grund-satz der Eigenverantwortung geschiedener Ehegatten ausdrücklich hervorzuheben und erheblich zu stärken.

Das weiterhin geltende Prinzip der nachehelichen Solidarität soll in einer nach heutigen Wertvorstel-lungen akzeptablen und interessengerechten Weise ausgestaltet werden.

Zudem sollen die Gerichte durch die ausdrückliche gesetzliche Betonung des Grundsatzes der Ei-genverantwortung dazu bewegt werden, Unterhaltsansprüche geschiedener Ehegatten eher und stär-ker als bislang zu befristen oder in der Höhe zu begrenzen, um auf diese Weise spätere Familien zu entlasten.

4.1.4 Neue Rechtslage

§ 1569 BGB stellt – wie bislang auch – keine selbstständige Anspruchsgrundlage dar.

Es handelt sich stattdessen um eine Auslegungsregel, die die Obliegenheit des geschiedenen Ehe-gatten, für seinen Unterhalt selbst zu sorgen wesentlich stärker betont als bisher. Nach einer ge-scheiterten Ehe ist die Erwartung eines Ehegatten, dass der andere grundsätzlich dafür zu sorgen hat, den gemeinsam erreichten Lebensstandard aufrecht zu erhalten, eben nicht gerechtfertigt.

In § 1569 Satz 2 BGB wird der Grundsatz der Eigenverantwortung eingeschränkt durch das Prinzip der nachehelichen Solidarität. Ist ein Ehegatte selbst nicht in der Lage, für seinen Unterhalt zu sor-gen, hat er gegen den anderen Ehegatten einen Anspruch auf Unterhalt nach §§ 1570 ff BGB.

Page 50: Das neue Unterhaltsrecht: Rangfolge, Mindestunterhalt und Anpassung bestehender Unterhaltsregelungen (2008)

Unterhaltsansprüche nach der Ehescheidung 49

Die Einfügung des Wortes „nur“ in § 1569 Satz 2 BGB verdeutlicht nochmals, dass ein Unterhalts-anspruch gemessen am Grundsatz der Eigenverantwortung die Ausnahme, aber nicht die Regel ist, und daher nur in Betracht kommt, wenn einer der Unterhaltstatbestände der §§ 1570, 1571, 1572, 1573, 1575 oder 1576 BGB vorliegt.

Auch die Einführung der Überschrift des § 1569 BGB „Grundsatz der Eigenverantwortung“ – statt der inoffiziell verwandten Überschrift [Anspruch auf Unterhalt] – betont nochmals denselben Ge-danken.

Hinweis

Der Grundsatz der Eigenverantwortung ist nun in weit stärkerem Maße als bisher als Ausle-gungsgrundsatz für die einzelnen Unterhaltstatbestände heranzuziehen.

4.2 Unterhalt wegen Betreuung eines Kindes – § 1570 BGB

4.2.1 Gesetzestext

§ 1570 BGB lautet:

„Unterhalt wegen Betreuung eines Kindes

(1) Ein geschiedener Ehegatte kann von dem anderen wegen der Pflege oder Erziehung eines ge-meinschaftlichen Kindes für mindestens drei Jahre nach der Geburt Unterhalt verlangen. Die Dauer des Unterhaltsanspruchs verlängert sich, solange und soweit dies der Billigkeit ent-spricht. Dabei sind die Belange des Kindes und die bestehenden Möglichkeiten der Kinder-betreuung zu berücksichtigen.

(2) Die Dauer des Unterhaltsanspruchs verlängert sich darüber hinaus, wenn dies unter Be-rücksichtigung der Gestaltung von Kinderbetreuung und Erwerbstätigkeit in der Ehe sowie der Dauer der Ehe der Billigkeit entspricht.

4.2.2 Bisherige Rechtslage

Gemäß § 1570 BGB a. F. konnte ein geschiedener Ehegatte von dem anderen Unterhalt verlangen, solange und soweit von ihm wegen der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes eine Erwerbstätigkeit nicht erwartet werden konnte.

Die Frage der Erwerbsobliegenheit des betreuenden Elternteils, das heißt wann diesem eine Er-werbstätigkeit zumutbar war, wurde bislang anhand des „Altersphasenmodells“ der Rechtsprechung des BGH beantwortet.

Danach konnte dem Ehegatten, der ein Kind betreute, unabhängig von den konkreten Kinderbetreu-ungsmöglichkeiten vor Ort, eine Erwerbstätigkeit nicht zugemutet werden, bis das Kind mindestens acht Jahre alt war. War das Kind zwischen acht und elf Jahren alt, kam es auf den konkreten Einzel-fall an, ob eine Teilzeittätigkeit angenommen werden musste. Bei einem elf- bis ca. fünfzehnjähri-gen Kind war in der Regel eine Teilzeittätigkeit – wenn auch nicht eine Halbtagsstelle – zumutbar. Erst wenn das Kind ca. sechzehn Jahre alt war, wurde davon ausgegangen, dass dem betreuenden Ehegatten in der Regel die Möglichkeit eröffnet war, eine Vollzeitbeschäftigung aufnehmen.

Da dem Altersphasenmodell die Formulierung von Regel-Ausnahme-Situationen immanent sind, hatte dies erhebliche Auswirkungen auf die Beweislast.

4.2.3 Regelungszweck

Durch das Herausstellen der Vorgabe, dass bei der Frage der Dauer des Unterhaltsanspruchs wegen Betreuung die Möglichkeiten der Kinderbetreuung zu berücksichtigen sind, wollte der Gesetzgeber

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50 Die Neuregelungen im Einzelnen

den geänderten gesellschaftlichen Verhältnissen Rechnung tragen, die der Gesetzgeber durch die Rechtsprechung dies nicht genügend nachvollzogen befunden hat. Nach der Auffassung des Gesetz-gebers weist das Angebot an Betreuungsmöglichkeiten immer noch regionale Unterschiede und ver-einzelt Lücken auf. Insgesamt haben jedoch die Möglichkeiten der Fremdbetreuung von Kindern zugenommen. Die Ausübung einer Teilzeitbeschäftigung neben der Kindererziehung sei bereits viel-fach Realität.

Durch die Neufassung des § 1570 Abs. 1 BGB soll insbesondere eine weitgehende Annäherung die-ses Unterhaltstatbestandes an den gleichfalls geänderten Unterhaltsanspruch für die Betreuung nichtehelicher Kinder nach § 1615l BGB erreicht werden. Die alte Fassung in der Ausprägung des Altersphasenmodells hatte zur Folge, dass der Zeitraum während dessen Unterhalt für die Betreuung eines ehelichen Kindes verlangt werden konnte, wesentlich länger war, als für die Betreuung eines nichtehelichen Kindes. Dieser Unterschied war mit dem Gesichtspunkt der fortwirkenden nacheheli-chen Solidarität gerechtfertigt worden.

Das BVerfG hat jedoch im Beschluss vom 28.2.2007 zu den alten Gesetzesregelungen herausge-stellt, dass beide Unterhaltsansprüche zwar den Elternteilen zustehen, diesen aber aus Gründen des Kindeswohls gewährt werden, damit das Kind von einem Elternteil persönlich betreut werden kann. Die Regelung des § 1615l BGB zwinge den betreuenden Elternteil eines nichtehelichen Kindes in der Regel dazu, nach Vollendung des dritten Lebensjahres einer Erwerbstätigkeit nachzugehen und das Kind währenddessen in fremde Obhut zu geben, was auf den ein eheliches Kind betreuenden Elternteil so nicht zutreffe. Dadurch seien die Lebensbedingungen nichtehelicher Kinder anders be-einflusst, als die ehelicher Kinder, ohne dass diese Schlechterstellung der nichtehelichen Kinder mit dem Kindeswohl zu rechtfertigen wäre. Deshalb verstieß die alte Rechtslage gegen das Verfas-sungsgebot des Art. 6 Abs. 5 GG, unehelichen Kindern die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung zu schaffen, wie den ehelichen Kindern.

§ 1570 Abs. 2 BGB verfolgt das Ziel, das in der Ehe gewachsene Vertrauen des betreuenden Ehegat-ten in die vereinbarte und praktizierte Rollenverteilung zu schützen.

4.2.4 Neue Rechtslage

§ 1570 Abs. 1 Satz 1 BGB statuiert einen „Basisunterhalt“ der während dreier Jahre nach der Ge-burt des Kindes besteht. Während dieses Zeitraums sind Fragen der Erwerbsobliegenheit, auch unter dem Gesichtspunkt der Möglichkeit der Fremdbetreuung, rechtlich unerheblich. Dem betreuenden Elternteil steht während dieser drei Jahre die freie Entscheidung zu, das Kind selbst zu betreuen.

Nach Ablauf der Dreijahresfrist verlängert sich die Dauer des Unterhaltsanspruchs aus Billig-keitsgründen, die sich auf das Kind beziehen (Abs. 1 Satz 2 und 3) und „jenseits dessen“ aus Bil-ligkeitsgründen, die sich auf die Ehe beziehen (Abs. 2).

Die Billigkeitsprüfung unter kindbezogenen Gesichtspunkten erfordert die Prüfung der Frage, ob Möglichkeiten der Kinderbetreuung tatsächlich bestehen und ob deren Wahrnehmung mit dem Kin-deswohl im Einklang steht.

Dies dürfte zu verneinen sein, wenn die Wahrnehmung der Betreuungsmöglichkeit unzumutbar ist, etwa weil sie zu weit entfernt ist, oder wenn die Betreuungsmöglichkeit nicht genügend verlässlich ist. Letzteres kann insbesondere auf die Betreuungsmöglichkeit durch Familienmitglieder, etwa die Großeltern, zutreffen, weil diese rechtlich nicht zur Übernahme der Betreuung verpflichtet und/oder zur regelmäßigen Betreuung nicht im Stande sind.

Die Wahrnehmung objektiv gegebener Betreuungsmöglichkeiten kann außerdem im Widerspruch mit dem Kindeswohl stehen, wenn das Kind besondere Dispositionen aufweist, etwa Behinderung, dauerhafte Erkrankung, schwere Entwicklungsstörung. Der Gesetzesbegründung ist ferner zu ent-nehmen, dass die Kindesbelange einer Fremdbetreuung auch dann entgegenstehen können, wenn das

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Unterhaltsansprüche nach der Ehescheidung 51

Kind unter der Trennung besonders leidet und daher der persönlichen Betreuung durch einen Eltern-teil bedarf.

Die Wendung „solange und soweit“ will der Gesetzgeber in dem Sinne verstanden wissen, dass ne-ben dem abrupten, übergangslosen Wechsel von der elterlichen Betreuung zur Vollerwerbstätigkeit ein gestufter Wechsel nach Maßgabe des Kindeswohls in Betracht kommt.

§ 1579 Abs. 2 BGB regelt die Verlängerung des Unterhaltsanspruches aus ehebezogenen Billig-keitsgründen. Es handelt sich nach dem Willen des Gesetzgebers um Betreuungsunterhalt jenseits des in Abs. 1 geregelten Betreuungsunterhalts, der im Interesse des Kindeswohls geschuldet wird. Statt dessen beruht die in Abs. 2 geregelte Verlängerungsmöglichkeit allein auf dem Gesichtspunkt der nachehelichen Solidarität.

Für die Billigkeitsabwägung aus ehebezogenen Gründen ist maßgebend, ob der betreuende Ehegatte im Vertrauen auf eine vereinbarte und praktizierte Rollenverteilung und die gemeinsame Ausgestal-tung der Kinderbetreuung seine Erwerbstätigkeit dauerhaft aufgegeben oder zurückgestellt hat.

Hinweis

Die Änderung nimmt erheblichen Einfluss auf die Darlegungs- und Beweislast. Der den Betreuungsunterhalt geltend machende Elternteil hat sämtliche tatbestandlichen Voraussetzungen des § 1570 BGB darzulegen und zu beweisen.

Nach Ablauf der Drei-Jahres-Frist hat er mithin im Falle des Abs. 1 das Fehlen von dem Kin-deswohl entsprechender Betreuungsmöglichkeiten nachzuweisen.

Im Falle des Absatzes 2 dürften sich insbesondere bei der Frage der Vereinbarung bzw. gemein-samen Ausgestaltung der Rollenverteilung Beweisschwierigkeiten einstellen.

4.3 Unterhalt wegen Erwerbslosigkeit und Aufstockungsunterhalt – § 1573 BGB

4.3.1 Gesetzestext

§ 1573 BGB lautet:

„Unterhalt wegen Erwerbslosigkeit und Aufstockungsunterhalt

(5) (außer Kraft)

4.3.2 Bisherige Rechtslage

Gemäß § 1573 Abs. 5 BGB a. F. konnte der Unterhaltsanspruch des geschiedenen Ehegatten wegen Erwerbslosigkeit und der Aufstockungsunterhalt zeitlich begrenzt werden, soweit ein zeitlich unbe-grenzter Unterhaltsanspruch unbillig gewesen wäre. Bei der durchgeführten Billigkeitsprüfung wur-den insbesondere die Dauer der Ehe, die Gestaltung von Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit sowie die Betreuung eines gemeinschaftlichen Kindes berücksichtigt.

4.3.3 Regelungszweck

Die Aufhebung des § 1573 Abs. 5 BGB a. F. bezweckt eine Vereinfachung und Vereinheitlichung des Unterhaltsrechts.

4.3.4 Neue Rechtslage

§ 1573 Abs. 5 BGB a. F. ist nun außer Kraft. Eine zeitliche Begrenzung des nachehelichen Unter-halts wegen Erwerbslosigkeit und des Aufstockungsunterhalts ist nun im Rahmen des neu eingeführ-ten § 1578b BGB möglich, der die Herabsetzung und zeitliche Begrenzung des nachehelichen Un-

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52 Die Neuregelungen im Einzelnen

terhaltsanspruchs allgemein regelt. Im Rahmen der Billigkeitsprüfung des neuen § 1578b BGB wer-den insbesondere die bereits in § 1573 Abs. 5 BGB a. F. genannten Umstände berücksichtigt.

4.4 Angemessene Erwerbstätigkeit – § 1574 BGB

4.4.1 Gesetzestext

§ 1574 BGB lautet:

„Angemessene Erwerbstätigkeit

(1) Dem geschiedenen Ehegatten obliegt es, eine angemessene Erwerbstätigkeit auszuüben.

(2) Angemessen ist eine Erwerbstätigkeit, die der Ausbildung, den Fähigkeiten, einer früheren Er-werbstätigkeit, dem Lebensalter und dem Gesundheitszustand des geschiedenen Ehegatten ent-spricht, soweit eine solche Tätigkeit nicht nach den ehelichen Lebensverhältnissen unbillig wä-re. Bei den ehelichen Lebensverhältnissen sind insbesondere die Dauer der Ehe sowie die Dau-er der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes zu berücksichtigen. ...“

4.4.2 Bisherige Rechtslage

Gemäß § 1574 Abs. 1 BGB a. F. brauchte der geschiedene Ehegatte nur eine ihm angemessene Er-werbstätigkeit auszuüben.

Angemessen war eine Erwerbstätigkeit nach § 1574 Abs. 2 1. HS BGB a. F. unter anderem dann, wenn sie den ehelichen Lebensverhältnissen entsprach.

Die ehelichen Lebensverhältnisse werden in Ziffer 15 der Unterhaltsleitlinien der Oberlandesgerich-te näher erläutert.

Bislang waren die „ehelichen Lebensverhältnisse“ somit eines der Kriterien zur Prüfung der Ange-messenheit einer Erwerbstätigkeit. Dies führte in der Rechtsprechung häufig dazu, dass dem unter-haltsbedürftigen Ehegatten aufgrund eines während der Ehe bestehenden höheren Lebensstandards nicht zugemutet wurde, in einen früher ausgeübten Beruf zurückzukehren.

Auch bei gehobenen wirtschaftlichen Verhältnissen verengte sich der Bereich der als angemessen in Betracht kommenden Erwerbstätigkeiten.

4.4.3 Regelungszweck

Die Neufassung des § 1574 Abs. 1 und 2 BGB zielt darauf ab, den Grundsatz der Eigenverantwor-tung der geschiedenen Ehegatten zu stärken. Sie sollen häufiger und früher verpflichtet sein, eine Erwerbstätigkeit (wieder-) aufzunehmen. Dem nicht schutzwürdigen Statusdenken soll Einhalt gebo-ten werden.

4.4.4 Neue Rechtslage

§ 1574 Abs. 1 BGB stellt jetzt in Anlehnung an den neu gefassten § 1569 BGB klar, dass den ge-schiedenen Ehegatten eine Erwerbsobliegenheit trifft. Maßstab für die Art der Erwerbstätigkeit ist weiterhin die Angemessenheit der Erwerbstätigkeit.

Der neu gefasste § 1574 Abs. 2 Satz 1 BGB nennt die Merkmale, anhand derer sich die Angemes-senheit der Erwerbstätigkeit beurteilt und die in ihrer Gesamtheit zu würdigen sind.

Diese sind unter anderem die bereits aus § 1574 Abs. 2 BGB a. F. bekannten Kriterien: Ausbildung, Fähigkeiten, Lebensalter und Gesundheitszustand des geschiedenen Ehegatten.

Neu aufgenommen wurde das Merkmal der früheren Erwerbstätigkeit, das den Bereich der als angemessen in Betracht kommenden Erwerbstätigkeiten wesentlich erweitert. Die Rückkehr in den

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Unterhaltsansprüche nach der Ehescheidung 53

erlernten und vor der Ehe ausgeübten Beruf ist nun grundsätzlich angemessen. Dem bedürftigen Ehegatten ist damit verwehrt, Unterhalt auf der Basis seiner höheren Berufsqualifikation zu fordern, wenn er im Verlauf der Ehe über einen mehrjährigen Zeitraum hinweg eine geringer qualifizierte Tätigkeit ausgeübt hat20.

Die ehelichen Lebensverhältnisse sind hingegen nicht mehr als weiteres, gleichberechtigtes Merk-mal bei der Prüfung der Angemessenheit der Erwerbstätigkeit zu berücksichtigen. Sie stellen jetzt lediglich ein Korrektiv im Rahmen einer Billigkeitsprüfung dar. Die ehelichen Lebensverhältnisse in § 1574 Abs. 2 Satz 1 2. HS BGB sind daher jetzt als Einwendung formuliert.

Auch der neu gefasste § 1574 Abs. 2 Satz 2 BGB enthält keine Definition der ehelichen Lebensver-hältnisse, sondern übernimmt die bereits in der bisherigen Fassung von § 1574 Abs. 2, 2. HS BGB genannten Umstände, die bei der Bewertung zu berücksichtigen sind. Dies sind die Dauer der Ehe sowie die Dauer der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes.

Durch die Aufnahme des neuen Merkmals der „früheren Erwerbstätigkeit“ und den Wegfall der „ehelichen Lebensverhältnisse“ als gleichberechtigtes Merkmal verlangt das Gesetz nun häufiger als zuvor die (Wieder-) Aufnahme einer Erwerbstätigkeit nach der Scheidung.

Der Unterhalt begehrende Ehegatte trägt weiterhin die Beweislast dafür, dass er trotz intensiver Be-mühungen keine angemessene Arbeit finden kann. Er muss darlegen und beweisen, dass eine an sich mögliche Erwerbstätigkeit für ihn aufgrund der ehelichen Lebensverhältnisse unbillig wäre.

4.5 Bedürftigkeit – § 1577 BGB

4.5.1 Gesetzestext

§ 1577 BGB lautet:

„Bedürftigkeit

(2) Einkünfte sind nicht anzurechnen, soweit der Verpflichtete nicht den vollen Unterhalt (§§ 1578 und 1578b) leistet.“

4.5.2 Bisherige Rechtslage

Bereits gem. § 1577 Abs. 2 Satz 1 BGB a. F. waren die Einkünfte des Berechtigten aus unzumutba-rer Erwerbstätigkeit auf seinen Unterhaltsbedarf nicht anzurechnen, soweit der Verpflichtete nicht den vollen Unterhalt (§ 1578 BGB) leistete. Der volle Unterhalt war danach der sich aufgrund der ehelichen Lebensverhältnisse ergebende, gegebenenfalls gekürzte, Bedarf.

4.5.3 Regelungszweck

Der neu gefasste § 1577 Abs. 2 Satz 1 BGB resultiert aus der Änderung des § 1578 Abs. 1 BGB a. F. und der Schaffung des neuen § 1578b BGB.

4.5.4 Neue Rechtslage

Mit der Ergänzung des § 1578b BGB in der Klammer in § 1577 Abs. 2 Satz 1 BGB ist klargestellt, dass der volle Unterhalt im Sinne der Bestimmung weiterhin nicht nur der Unterhalt nach Maß der ehelichen Lebensverhältnisse (§ 1578 BGB), sondern auch der wegen Unbilligkeit herabgesetzte Unterhalt (§ 1578b BGB) sein kann.

20 Vgl. BGH, Urteil v. 6.10.2004, XII ZR 319/01, FamRZ 2005, 23, 24 f.

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54 Die Neuregelungen im Einzelnen

4.6 Maß des Unterhalts – § 1578 BGB

4.6.1 Gesetzestext

§ 1578 BGB lautet:

„Maß des Unterhalts

(1) Das Maß des Unterhalts bestimmt sich nach den ehelichen Lebensverhältnissen. Der Unterhalt umfasst den gesamten Lebensbedarf.“

4.6.2 Bisherige Rechtslage

Gemäß § 1578 Abs. 1 Satz 2 und 3 BGB a. F. konnte der nach den ehelichen Lebensverhältnissen bemessene Unterhaltsanspruch zeitlich begrenzt und danach auf den angemessenen Lebensbedarf herabgesetzt werden, soweit ein ungekürzter, zeitlich unbegrenzter Unterhaltsanspruch unbillig ge-wesen wäre.

Bei der durchgeführten Billigkeitsprüfung wurden insbesondere die Dauer der Ehe, die Gestaltung von Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit sowie die Betreuung eines gemeinschaftlichen Kindes berücksichtigt.

4.6.3 Regelungszweck

Die Aufhebung des § 1578 Abs. 1 Satz 2 und 3 BGB a. F. bezweckt die Vereinfachung des Unter-haltsrechts.

4.6.4 Neue Rechtslage

§ 1578 Abs. 1 BGB bestimmt in wörtlicher Übernahme des bisherigen § 1578 Abs. 1 Satz 1 und 4 BGB, dass sich das Maß des Unterhalts nach den ehelichen Lebensverhältnissen bestimmt und der Unterhalt den gesamten Lebensbedarf umfasst.

§ 1578 Abs. 1 Satz 2 und 3 BGB a. F. sind weggefallen. Die Herabsetzung und zeitliche Begrenzung von Unterhaltsansprüchen ist nun im neu geschaffenen § 1578b BGB geregelt.

Im Rahmen der Billigkeitsprüfung des neuen § 1578b BGB werden insbesondere die bereits in § 1578 Abs. 1 Satz 2 und 3 BGB a. F. genannten Umstände berücksichtigt.

4.7 Herabsetzung und zeitliche Begrenzung des Unterhalts wegen Unbilligkeit – § 1578b BGB

4.7.1 Gesetzestext

§ 1578b BGB lautet:

„Herabsetzung und zeitliche Begrenzung des Unterhalts wegen Unbilligkeit

(1) Der Unterhaltsanspruch des geschiedenen Ehegatten ist auf den angemessenen Lebensbe-darf herabzusetzen, wenn eine an den ehelichen Lebensverhältnissen orientierte Bemessung des Unterhaltsanspruchs auch unter Wahrung der Belange eines dem Berechtigten zur Pflege oder Erziehung anvertrauten gemeinschaftlichen Kindes unbillig wäre. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, inwieweit durch die Ehe Nachteile im Hinblick auf die Möglichkeit einge-treten sind, für den eigenen Unterhalt zu sorgen. Solche Nachteile können sich vor allem aus der Dauer der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes, aus der Gestaltung von Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit während der Ehe sowie aus der Dauer der Ehe erge-ben.

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Unterhaltsansprüche nach der Ehescheidung 55

(2) Der Unterhaltsanspruch des geschiedenen Ehegatten ist zeitlich zu begrenzen, wenn ein zeitlich unbegrenzter Unterhaltsanspruch auch unter Wahrung der Belange eines dem Berech-tigten zur Pflege oder Erziehung anvertrauten gemeinschaftlichen Kindes unbillig wäre. Ab-satz 1 Satz 2 und 3 gilt entsprechend.

(3) Herabsetzung und zeitliche Begrenzung des Unterhaltsanspruchs können miteinander ver-bunden werden.“

4.7.2 Regelungsinhalt

Die Rechtsnorm regelt die Herabsetzung und/oder zeitliche Begrenzung von Unterhaltsansprüchen wegen Unbilligkeit eines nach Höhe oder Dauer unbegrenzten Unterhaltsanspruches.

4.7.3 Bisherige Rechtslage

Bislang sah § 1573 Abs. 5 BGB a. F. die Möglichkeit vor, den Unterhalt wegen Erwerbslosigkeit und den Aufstockungsunterhalt zeitlich zu begrenzen, soweit insbesondere unter Berücksichtigung der Dauer der Ehe sowie der Gestaltung von Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit ein zeitlich unbegrenzter Unterhaltsanspruch unbillig gewesen wäre.

§ 1578 Abs. 1 Satz 2 und 3 BGB a. F. ermöglichte zudem bei allen Unterhaltsansprüchen, den nach den ehelichen Lebensverhältnissen bemessenen Unterhaltsanspruch zeitlich zu begrenzen und da-nach auf den angemessenen Lebensbedarf herabzusetzen, soweit ein ungekürzter, zeitlich unbe-grenzter Unterhaltsanspruch unbillig gewesen wäre. Bei der durchgeführten Billigkeitsprüfung wur-den insbesondere die Dauer der Ehe sowie die Gestaltung von Haushaltsführung und Erwerbstätig-keit berücksichtigt. Die „ehelichen Lebensverhältnisse“ werden in Ziffer 15 der Unterhaltsleitlinien der Oberlandesgerichte näher erläutert.

Die bisherigen Begrenzungs- und Kürzungsmöglichkeiten waren jedoch gem. § 1573 Abs. 5 Satz 1, 2. HS und § 1578 Abs. 1 Satz 2, 2. HS BGB a. F. in der Regel dann ausgeschlossen, wenn der Un-terhaltsberechtigte nicht nur vorübergehend ein gemeinschaftliches Kind betreut hatte oder noch betreute. Die Betreuung eines gemeinschaftlichen Kindes bewahrte den betreuenden Elternteil damit in der Regel vor der zeitlichen Begrenzung und Kürzung des Unterhaltsanspruchs.

4.7.4 Regelungszweck

Hintergrund der Neuregelung ist der Umstand, dass die Rechtsprechung von den vorhandenen Be-schränkungsmöglichkeiten bislang äußerst selten Gebrauch gemacht hat.

§ 1578b BGB bezweckt die Einführung einer für alle Unterhaltstatbestände geltenden Billigkeitsre-gelung zur Herabsetzung und zeitlichen Begrenzung von Unterhaltsansprüchen, die die nacheheliche Eigenverantwortung fördert und dem Einzellfall durch Ausweitung des gerichtlichen Gestaltungs-spielraumes gerechter wird.

Zudem sollte die Beschränkung von Unterhaltsansprüchen anhand objektiver Billigkeitsmaßstäbe, insbesondere des Maßstabs der „ehebedingten Nachteile“, erleichtert werden. Durch die nacheheli-chen Unterhaltsansprüche soll keine unbegrenzte Lebensstandardgarantie gewährleistet werden, sondern ehebedingte Nachteile ausgeglichen bzw. die sich aus Art. 6 GG ergebene fortwirkende Solidarität, im Sinne einer Verantwortung für den bedürftigen Ehepartner, sichergestellt werden.

Der Neuregelung liegt der Gedanke zu Grunde, dass die während der Ehe erbrachten Leistungen der Ehegatten (wie Berufstätigkeit, Haushaltsführung oder Kindererziehung) gleichwertig sind und da-her grundsätzlich einen Teilhabeanspruch am gemeinsam Erwirtschafteten begründen, der sich auch auf die nachehelichen unterhaltsrechtlichen Beziehungen der Ehegatten auswirkt.21 Dieser grund-

21 BVerfG, Beschluss v. 5.2.2002, 1 BvR 105/95, 1 BvR 559/95, 1 BvR 457/96, BVerfGE 105, 1.

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56 Die Neuregelungen im Einzelnen

sätzlich bestehende Teilhabeanspruch soll jedoch nicht zu einer zeitlich unbegrenzten und in der Höhe nicht herabsetzbaren Teilhabe nach der Scheidung führen.

4.7.5 Neue Rechtslage

Mit der Einführung von § 1578b BGB wurde eine für alle Unterhaltsansprüche gegebene Mög-lichkeit geschaffen, den nachehelichen Unterhalt herabzusetzen und/oder zeitlich zu begrenzen. Die-se Neuregelung ist verschuldensunabhängig ausgestaltet und knüpft an objektive Umstände an.

Der Unterhaltsanspruch ist nun gem. § 1578b Abs. 1 BGB auf den angemessenen Lebensbedarf herabzusetzen bzw. gem. § 1578b Abs. 2 BGB zeitlich zu begrenzen, wenn eine an den ehelichen Lebensverhältnissen orientierte Bemessung bzw. ein zeitlich unbegrenzter Unterhaltsanspruch unter Wahrung der Belange des vom Berechtigten betreuten gemeinschaftlichen Kindes unbillig wäre.

Maßstab für den reduzierten Unterhalt ist also weiterhin der angemessene Lebensbedarf.

Ob eine Unbilligkeit vorliegt, richtet sich gem. § 1578b Abs. 1 Satz 2 BGB nunmehr in erster Linie danach, ob der Unterhalt ehebedingte Nachteile ausgleicht oder nicht.

Gemäß § 1578b Abs. 1 Satz 3 BGB können sich die ehebedingten Nachteile vor allem aus der Dauer der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes, aus der Gestaltung von Haushaltsfüh-rung und Erwerbstätigkeit während der Ehe sowie der Dauer der Ehe ergeben. Hinsichtlich der Ver-knüpfung „durch die Ehe“ genügt es, dass der Nachteil, nicht für den eigenen Unterhalt sorgen zu können, ganz überwiegend bzw. im Wesentlichen auf die vereinbarte Aufgabenverteilung während der Eheführung zurückzuführen ist.

Hinweis

Allein der Umstand, dass der nun unterhaltsbegehrende Ehegatte z. B. die Kinder betreut oder den Haushalt geführt hat, verhindert die Herabsetzung- und Begrenzungsmöglichkeit des § 1578b BGB nicht. Entscheidend ist vielmehr, ob ihm daraus berufliche, die Erwerbsmöglichkei-ten oder die Höhe des Einkommens betreffende Nachteile entstanden sind. Diese beruflichen Nachteile müssen zudem ehebedingt sein, das heißt auf der Aufgabengabengestaltung in der Ehe, der Dauer der Ehe oder anderer ehelichen Umstände beruhen und nicht nur Ergebnis des allge-meinen Lebensrisikos sein.

Derartige berufliche ehebedingte Nachteile, in Form von nicht bestehenden Erwerbsmöglichkeiten oder Einkommenseinbußen, ergeben sich vielfach durch den in Absprache mit dem Ehepartner er-folgten Verzicht auf berufliche Aus- bzw. Weiterbildungs-, Aufstiegs-, Weiterentwicklungs- oder Veränderungsmöglichkeiten sowie durch das zeitweise oder dauerhafte Ausscheiden aus dem Be-rufsleben.

Die Ehedauer umfasst den Zeitraum von der Eheschließung bis zur Rechtshängigkeit des Schei-dungsverfahrens. Eine starre Grenze, ab wann der Unterhaltsanspruch wegen der Dauer der Ehe nicht begrenzt werden kann, ist nicht normiert. Abzustellen ist vielmehr auf die Umstände, insbe-sondere auf die gewachsene ehebedingte wirtschaftliche Unselbstständigkeit bzw. Abhängigkeit im Einzelfall.

Die ehebedingten Nachteile können sich jedoch darüber hinaus auch aus anderen Umständen erge-ben.

Je geringer diese ehebedingten, infolge der Scheidung eintretenden Nachteile sind, desto eher kommt wegen des Grundsatzes der Eigenverantwortung unter Billigkeitsgesichtpunkten eine Be-schränkung des Unterhaltsanspruchs in Betracht, wobei auf das Wohl des vom Berechtigten betreu-ten Kindes zu achten ist.

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Unterhaltsansprüche nach der Ehescheidung 57

Diese Kindschutzklausel in § 1578b Abs. 1 Satz 1 BGB schützt davor, dass der Betreuungsunterhalt so weit abgesenkt wird, dass das Niveau zwischen dem Lebensstandard des betreuenden Ehegatten und demjenigen der Kinder, die ungeschmälert Kindesunterhalt erhalten, erheblich differiert.

§ 1578b BGB erfordert eine Billigkeitsentscheidung. Steht die Unbilligkeit fest, besteht kein Er-messensspielraum. Der Unterhaltsanspruch muss hinsichtlich Höhe und/oder Dauer begrenzt wer-den.

Der Begriff des angemessenen Lebensbedarfs ist nicht definiert. Jedoch ist der angemessene Le-bensbedarf eben nicht der eheangemessene Bedarf. Er wird sich daher an dem vorehelichen Lebens-standard orientieren müssen. Auf der anderen Seite dürfte er oberhalb des Existenzminimums liegen.

Gemäß § 1578b Abs. 3 BGB ist auch eine Kombination von Herabsetzung und zeitlicher Begren-zung des Unterhaltsanspruchs möglich. Eine solche empfiehlt sich auch für Eheverträge und Schei-dungsfolgenvereinbarungen zwischen den Ehegatten.

Hinweis

Die Darlegungs- und Beweislast für diejenigen Tatsachen, die für eine Anwendung von § 1578b BGB sprechen, trägt der Unterhaltsverpflichtete. Denn es handelt sich um eine unterhalts-begrenzende Norm mit Ausnahmecharakter. Hat der Unterhaltsverpflichtete jedoch seinerseits Tatsachen vorgetragen, die für die Anwendung des § 1578b BGB sprechen, so ist es Sache des Unterhaltsberechtigten, Umstände gegen eine solche Herabsetzung oder Begrenzung vorzubrin-gen.

Bei § 1578b BGB handelt es sich um eine rechtsvernichtende Einwendung (keine Einrede) mit der Folge, dass das Gericht diese von Amts wegen zu berücksichtigen hat. Es bedarf also keiner ausdrücklichen Geltendmachung durch den Unterhaltspflichtigen.

Allerdings wird das Gericht nur dann eine Herabsetzung und/oder Befristung des Unterhaltsan-spruchs gem. § 1578b BGB prüfen, wenn ihm die entsprechenden Sachverhaltsangaben vom Un-terhaltsverpflichteten rechtzeitig mitgeteilt werden. Die für eine Herabsetzung oder zeitliche Be-grenzung22 sprechenden Tatsachen hat der Unterhaltsverpflichtete bereits im ursprünglichen Un-terhaltsverfahren vorzutragen. Diese können nicht mehr im Rahmen einer Abänderungsklage (§ 323 ZPO) oder einer Vollstreckungsabwehrklage (§ 767 ZPO) berücksichtigt werden.

Überschneidungen dürften sich beim Betreuungsunterhalt (§ 1570 BGB), beim Ausbildungsunterhalt (§ 1575 BGB) und beim Billigkeitsunterhalt (§ 1576 BGB) nicht einstellen. Denn der Betreuungsun-terhalt verlängert sich von vornherein nur nach Maßgabe der Billigkeit, was auch auf den Anspruch nach § 1576 BGB zutrifft. § 1575 BGB enthält eine eigene Befristung, welche als lex specialis vor-geht.

4.8 Beschränkung oder Versagung des Unterhalts wegen grober Unbilligkeit – § 1579 BGB

4.8.1 Gesetzestext

§ 1579 BGB lautet:

„Beschränkung oder Versagung des Unterhalts wegen grober Unbilligkeit

Ein Unterhaltsanspruch ist zu versagen, herabzusetzen oder zeitlich zu begrenzen, soweit die Inan-spruchnahme des Verpflichteten auch unter Wahrung der Belange eines dem Berechtigten zur Pflege oder Erziehung anvertrauten gemeinschaftlichen Kindes grob unbillig wäre, weil

22 BGH, Urteil v. 5.7.2000, XII ZR 104/98 [KG], FamRZ 2001, 905, 906.

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58 Die Neuregelungen im Einzelnen

1. die Ehe von kurzer Dauer war; dabei ist die Zeit zu berücksichtigen, in welcher der Berechtigte wegen der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes nach § 1570 Unterhalt verlan-gen kann,

2. der Berechtigte in einer verfestigten Lebensgemeinschaft lebt,

3. der Berechtigte sich eines Verbrechens oder eines schweren vorsätzlichen Vergehens gegen den Verpflichteten oder einen nahen Angehörigen des Verpflichteten schuldig gemacht hat,

4. der Berechtigte seine Bedürftigkeit mutwillig herbeigeführt hat,

5. der Berechtigte sich über schwerwiegende Vermögensinteressen des Verpflichteten mutwillig hinweggesetzt hat,

6. der Berechtigte vor der Trennung längere Zeit hindurch seine Pflicht, zum Familienunterhalt beizutragen, gröblich verletzt hat,

7. dem Berechtigten ein offensichtlich schwerwiegendes, eindeutig bei ihm liegendes Fehlverhalten gegen den Verpflichteten zur Last fällt oder

8. ein anderer Grund vorliegt, der ebenso schwer wiegt wie die in den Nummern 1 bis 7 aufgeführ-ten Gründe ...“

4.8.2 Regelungsinhalt

Diese Vorschrift regelt die Herabsetzung, zeitliche Begrenzung oder vollständige Versagung des Unterhaltsanspruchs wegen grober Unbilligkeit der Inanspruchnahme des Unterhaltspflichtigen. Dabei sind die Belange eines vom Unterhaltsberechtigten betreuten, gemeinschaftlichen Kindes zu wahren. Die grobe Unbilligkeit liegt vor, wenn einer der abschließend aufgezählten Härtegründe erfüllt ist. Die Härtegründe ergeben sich entweder aus einer objektiven Unzumutbarkeit der Unter-haltsleistung für den Unterhaltspflichtigen oder aus einem vorwerfbaren Fehlverhalten des Unter-haltsberechtigten.

4.8.3 Bisherige Rechtslage

Bereits gem. § 1579 Nr. 1 BGB a. F. war die kurze Ehedauer ein Härtegrund für die Versagung, Herabsetzung oder zeitliche Begrenzung des Unterhaltsanspruchs. Gemäß dieser Vorschrift stand der Ehedauer die Zeit gleich, in welcher der Berechtigte wegen der Pflege oder Erziehung eines ge-meinschaftlichen Kindes nach § 1570 BGB Unterhalt verlangen konnte.

Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts23 war bei der Auslegung von § 1579 Nr. 1 BGB a. F. zunächst von der tatsächlichen Ehezeit auszugehen. Die Kindererziehungszeit wurde der Ehezeit nicht hinzugerechnet. Andernfalls hätte der Härtetatbestand der Kurzehe nicht mehr erfüllt werden können, sobald aus der Ehe Kinder hervorgegangen waren.

War die tatsächliche Ehezeit kurz, wurde die zur Wahrung der Belange des Kindes vorgeschriebene Abwägung vorgenommen. Im Rahmen dieser Billigkeitsprüfung fanden dann die Kindererziehungs-zeiten Berücksichtigung.

Das Zusammenleben mit einem neuen Partner war als Härtegrund in § 1579 BGB a. F. nicht aus-drücklich geregelt. Dieser Umstand konnte jedoch zu einer Verwirkung des Unterhaltsanspruchs nach dem Auffangtatbestand des § 1579 Nr. 7 BGB a. F. führen. Dies hing vom Einzelfall ab. Der Auffangtatbestand war zu bejahen, wenn der unterhaltsbeanspruchende, geschiedene Ehegatte in einer neuen, bewusst gewählten und verfestigten Lebensgemeinschaft lebte, in der die neuen Partner wechselseitig füreinander einstanden.

23 BVerfG, FamRZ 1992, 1283, 1284.

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Unterhaltsansprüche nach der Ehescheidung 59

4.8.4 Regelungszweck

Der Wortlaut des neuen § 1579 Nr. 1 BGB bezweckt die Angleichung der Vorschrift an die Recht-sprechung des Bundesverfassungsgerichts.

Die Einführung des neuen § 1579 Nr. 2 BGB dient der gesetzlichen Normierung des in der Praxis bedeutsamsten Härtegrundes der neuen verfestigten Lebensgemeinschaft sowie der Entlastung des Auffangtatbestandes des § 1579 Nr. 8 BGB (§ 1579 Nr. 7 BGB a. F.).

4.8.5 Neue Rechtslage

Der neu gefasste § 1579 BGB enthält, wie bereits § 1579 BGB a. F., abschließend geregelte Härte-gründe. Diese ergeben sich aus einer objektiven Unzumutbarkeit der Unterhaltsleistung für den Un-terhaltspflichtigen (§ 1579 Nr. 1, 2, 8 BGB) oder aus einem vorwerfbaren Fehlverhalten des Unter-haltsberechtigten (§ 1579 Nr. 3 bis 7, 8 BGB).

§ 1579 BGB hat dabei weitreichendere Rechtsfolgen als § 1578b BGB, da der Unterhaltsanspruch nach § 1579 BGB sogar völlig versagt werden kann.

Neben der Umformulierung der Überschrift wurde § 1579 Nr. 1 BGB neu gefasst, durch § 1579 Nr. 2 BGB ein neuer Härtegrund normiert und die Nummerierung geändert.

Der neu gefasste § 1579 Nr. 1 BGB bringt nun klarer zum Ausdruck, dass bei der Bewertung einer Ehe als „Kurzzeitehe“ zunächst von der tatsächlichen Ehezeit auszugehen ist.

Die Dauer der Kinderbetreuung ist also nicht der Ehedauer hinzuzurechnen. Andernfalls könnte es bei Vorhandensein von Kindern niemals eine Ehe von kurzer Dauer geben, sodass der Härtegrund des § 1579 Nr. 1 BGB nur bei kinderlosen Ehen in Betracht käme. Die Betreuung gemeinschaftli-cher Kinder durch den Unterhaltsberechtigten steht damit einer Beschränkung des Unterhalts weder von vornherein noch grundsätzlich entgegen.

Bei Vorliegen einer Ehe von kurzer Dauer ist sodann eine Billigkeitsabwägung vorzunehmen, in deren Rahmen neben der Wahrung der Kindesbelange auch die Kindesbetreuung besonders zu be-rücksichtigen ist.

Durch die Ersetzung des Wortes „konnte“ durch das Wort „kann“ wird deutlich, dass es bei der Ab-wägung nicht nur um bereits abgelaufene, sondern auch um künftige Betreuungszeiten geht.

Ob eine Ehe von kurzer Dauer vorliegt, muss mangels gesetzlicher Regelung auch in Zukunft an-hand des Einzelfalls festgestellt werden.

Hinweis

Bei Ehen von kurzer Dauer kann sowohl die Anwendung von § 1578b BGB als auch von § 1579 Nr. 1 BGB in Betracht kommen. Nach Ansicht des Gesetzgebers ist § 1579 Nr. 1 BGB vorrangig zu prüfen24. Der Entscheidungsspielraum des Gerichts verengt sich.

Mit § 1579 Nr. 2 BGB wird die in der Praxis bedeutsamste Fallgruppe, das dauerhafte Zusammen-leben des Unterhaltsberechtigten mit einem neuen Partner, als eigenständiger Härtegrund nor-miert. Ob im Einzelfall eine verfestigte Lebensgemeinschaft vorliegt, hat nach wie vor das Gericht zu entscheiden.

Dies wird wie bisher insbesondere dann zu bejahen sein, wenn objektive, nach außen tretende Um-stände wie etwa ein über einen längeren Zeitraum hinweg geführter gemeinsamer Haushalt, das Er-scheinungsbild in der Öffentlichkeit, größere gemeinsame Investitionen (z. B. der Erwerb eines ge-

24 BT-Drs. 16/1830 S. 20.

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60 Die Neuregelungen im Einzelnen

meinsamen Familienheims) oder die Dauer der Verbindung den Schluss auf eine verfestigte Lebens-gemeinschaft nahe legen.

Kriterien wie die Leistungsfähigkeit des neuen Partners, die Aufnahme von intimen Beziehungen oder die Frage, ob die Partner der neuen Lebensgemeinschaft eine Ehe bzw. eine Lebenspartner-schaft eingehen könnten, spielen laut dem Gesetzgeber grundsätzlich keine Rolle25.

Entscheidend ist vielmehr, ob der geschiedene Ehegatte sich mit der neuen Lebensgemeinschaft aus der nachehelichen Solidarität herausgelöst hat und zu erkennen gibt, dass er diese nicht mehr benö-tigt.

Die Einfügung des neuen Härtegrundes gem. § 1579 Nr. 2 BGB hatte die Änderung der nachfolgen-den Nummerierung zur Folge. Da § 1579 Nr. 2 BGB wie daneben nur Nr. 1 an eine rein objektive Veränderung in den Lebensverhältnissen des Unterhaltsberechtigten anknüpft, war es systematisch, die neue Fallgruppe direkt nach Nr. 1 zu regeln.

4.9 Rang des geschiedenen Ehegatten bei mehreren Unterhaltsbe-rechtigten – § 1582 BGB

4.9.1 Gesetzestext

§ 1582 BGB lautet:

„Rang des geschiedenen Ehegatten bei mehreren Unterhaltsberechtigten

Sind mehrere Unterhaltsberechtigte vorhanden, richtet sich der Rang des geschiedenen Ehe-gatten nach § 1609.“

4.9.2 Bisherige Rechtslage

Bislang war die unterhaltsrechtliche Rangfolge in mehreren Bestimmungen gesetzlich geregelt, nämlich in §§ 1582 Abs. 1, 1609, 1615l Abs. 3 BGB, § 16 Abs. 2 LPartG.

§ 1582 BGB Abs. 1 a. F. regelte das unterhaltsrechtliche Rangverhältnis zwischen dem geschiede-nen und dem neuen Ehegatten im Mangelfall. In den von § 1582 Abs. 1 BGB a. F. erfassten Fällen ging der geschiedene Ehepartner dem neuen Ehepartner vor. In allen anderen Fällen bestand zwi-schen ihnen Gleichrang.

4.9.3 Regelungszweck

Die Verweisungsnorm bezweckt die Anpassung an die einheitliche Regelung der Rangfolge in § 1609 BGB.

4.9.4 Neue Rechtslage

Nunmehr ergibt sich die Rangfolge zwischen allen Unterhaltsberechtigten aus dem neu gefassten § 1609 BGB. Sonderregelungen zur Rangfolge der Unterhaltsberechtigung in einzelnen Unterhalts-verhältnissen, wie demjenigen zwischen geschiedenem und neuen Ehepartner, erübrigen sich. Inso-fern genügt im neuen § 1582 BGB eine einfache Verweisung auf § 1609 BGB, in dem die Rangfolge zentral und für alle Unterhaltsverhältnisse geltend, geregelt ist.

25 BT-Drs. 16/1830 S. 21.

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Unterhaltsansprüche nach der Ehescheidung 61

4.10 Unterhalt für die Vergangenheit – § 1585b BGB

4.10.1 Gesetzestext

§ 1585b BGB lautet:

„Unterhalt für die Vergangenheit

(2) Im Übrigen kann der Berechtigte für die Vergangenheit Erfüllung oder Schadensersatz wegen Nichterfüllung nur entsprechend § 1613 Abs. 1 fordern.“

4.10.2 Regelungsinhalt

Diese Rechtsnorm bestimmt den Zeitpunkt, ab welchem der Unterhaltsberechtigte Unterhalt für die Vergangenheit (sog. Unterhaltsrückstände) geltend machen kann.

4.10.3 Bisherige Rechtslage

Gemäß § 1585b Abs. 2 BGB a. F. konnte der Berechtigte Unterhalt für die Vergangenheit erst von der Zeit an fordern, in der der Unterhaltspflichtige in Verzug gekommen oder der Unterhaltsan-spruch rechtshängig geworden war.

Ein Anspruch auch ab dem Zeitpunkt, zu welchem der Unterhaltsverpflichtete aufgefordert worden ist, seine Einkommensverhältnisse offen zu legen (§ 1613 BGB), bestand nicht.

Damit galt für den nachehelichen Unterhalt seit der Neufassung des § 1613 BGB durch das Kinder-betreuungsgesetz etwas anderes als für den Verwandtenunterhalt (§ 1613 BGB), den Eheunterhalt (§§ 1360a Abs. 3, 1613 BGB), den Trennungsunterhalt (§§ 1361 Abs. 4 Satz 1, 1360a Abs. 3, 1613 BGB) und den Unterhalt von Mutter und Vater aus Anlass der Geburt (§§ 1615l Abs. 3 Satz 1, 1613 BGB).

4.10.4 Regelungszweck

Die Neuregelung bezweckt die Vereinheitlichung und Vereinfachung des Unterhaltsrechts.

4.10.5 Neue Rechtslage

Der neu gefasste § 1585b Abs. 2 BGB führt zu einer entsprechenden Anwendung des § 1613 BGB.

Der nacheheliche Unterhalt für die Vergangenheit kann nun auch ab dem Zeitpunkt an verlangt werden, zu welchem der Unterhaltsverpflichtete zur Auskunftserteilung über Einkünfte und Vermö-gen zum Zwecke der Geltendmachung des Unterhaltsanspruches aufgefordert worden ist.

Somit gelten nun im Rahmen vom Verwandten-, Ehe-, Trennungs-, Scheidungsunterhalt und Unter-halt nach § 1615l BGB für die Vergangenheit dieselben Voraussetzungen.

4.11 Vereinbarungen über den Unterhalt – § 1585c BGB

4.11.1 Gesetzestext

§ 1585c BGB lautet:

„Vereinbarungen über den Unterhalt

Die Ehegatten können über die Unterhaltspflicht für die Zeit nach der Scheidung Vereinbarungen treffen. Eine Vereinbarung, die vor der Rechtskraft der Scheidung getroffen wird, bedarf der notariellen Beurkundung. § 127a findet auch auf eine Vereinbarung Anwendung, die in einem Verfahren in Ehesachen vor dem Prozessgericht protokolliert wird.“

Page 63: Das neue Unterhaltsrecht: Rangfolge, Mindestunterhalt und Anpassung bestehender Unterhaltsregelungen (2008)

62 Die Neuregelungen im Einzelnen

4.11.2 Bisherige Rechtslage

Bislang bedurften Vereinbarungen über den nachehelichen Unterhalt grundsätzlich keiner Form. Sie konnten daher privatschriftlich und sogar mündlich getroffen werden.

4.11.3 Regelungszweck

Die Neuregelung soll verhindern, dass die Ehegatten weitreichende Unterhaltsregelungen in Un-kenntnis ihrer Tragweite treffen.

Sinn und Zweck der notariellen Form ist es, durch die Mitwirkung eines Notars die unabhängige Beratung der vertragsschließenden Parteien sicherzustellen, um die Vertragspartner vor übereilten Erklärungen zu bewahren und ihnen die rechtliche Tragweite und im Einzelfall sehr weitreichenden Folgen ihrer Vereinbarungen vor Augen zu führen (sog. Warnfunktion). Dabei soll die besondere Schutzbedürftigkeit vor übereilten Vereinbarungen nur bis zur Rechtskraft des Scheidungsurteils bestehen.

4.11.4 Neue Rechtslage

Gemäß § 1585c Satz 2 BGB bedürfen Unterhaltsvereinbarungen, die vor der Rechtskraft der Scheidung getroffen werden, nunmehr der notariellen Beurkundung nach § 128 BGB. Die nota-rielle Beurkundung ist also fortan Wirksamkeitserfordernis für derartige Unterhaltsvereinbarungen.

Unterhaltsvereinbarungen, die erst nach der Rechtskraft der Scheidung geschlossen werden, unter-liegen nicht dem Formzwang.

Der Formzwang gilt nur für diejenigen Unterhaltsvereinbarungen, die ab Inkrafttreten des neuen Unterhaltsrechts getroffen werden. Bereits bestehende, nicht der notariellen Form entsprechende, Unterhaltsvereinbarungen bleiben also wirksam.

Die notarielle Beurkundung wird gem. § 127a BGB durch einen gerichtlich protokollierten Ver-gleich ersetzt. Dabei soll der dritte Satz des § 1585c BGB sicherstellen, dass dies nicht nur dann gilt, wenn der nacheheliche Unterhalt Gegenstand des Rechtsstreits ist, sondern schon dann, wenn der gerichtliche Vergleich im Rahmen irgendeiner Ehesache geschlossen wird.

4.12 Wiederaufleben des Unterhaltsanspruchs – § 1586a BGB

4.12.1 Gesetzestext

§ 1586a BGB lautet:

„Wiederaufleben des Unterhaltsanspruchs

(1) Geht ein geschiedener Ehegatte eine neue Ehe oder Lebenspartnerschaft ein und wird die Ehe oder Lebenspartnerschaft wieder aufgelöst, so kann er von dem früheren Ehegatten Unterhalt nach § 1570 verlangen, wenn er ein Kind aus der früheren Ehe oder Lebenspartnerschaft zu erziehen hat.“

4.12.2 Bisherige Rechtslage

Gemäß § 1586a Abs. 1 Satz 2 BGB a. F. konnte der geschiedene Ehegatte, der eine neue Ehe ein-ging, die wieder aufgelöst wurde, nach Beendigung der Pflege oder Erziehung eines Kindes aus der früheren Ehe, Anschlussunterhalt von dem früheren Ehegatten nach §§ 1571 bis 1573, 1575 BGB verlangen.

4.12.3 Regelungszweck

Die Aufhebung des § 1586a Abs. 1 Satz 2 BGB a. F. bezweckt die Hervorhebung des Grundsatzes der Eigenverantwortung und die Begrenzung der nachehelichen Solidarität.

Page 64: Das neue Unterhaltsrecht: Rangfolge, Mindestunterhalt und Anpassung bestehender Unterhaltsregelungen (2008)

Unterhaltsanspruch von Mutter und Vater aus Anlass der Geburt – § 1615l BGB 63

Ein unterhaltsbedürftiger Ehegatte löst sich mit der Eingehung einer neuen Ehe endgültig aus der nachehelichen Solidarität heraus. Daher sind Unterhaltsansprüche ab diesem Zeitpunkt allein aus Gründen des Kindeswohls geboten.

4.12.4 Neue Rechtslage

Durch die Aufhebung des § 1586a Abs. 1 Satz 2 BGB a. F. werden die Anschlussunterhaltsan-sprüche nach dem Betreuungsunterhalt gegen einen früheren Ehegatten nach Scheidung einer weiteren Ehe des unterhaltsbedürftigen Ehegatten ersatzlos gestrichen.

4.13 Einfluss des Güterstandes – § 1604 BGB

4.13.1 Gesetzestext

§ 1604 BGB lautet:

„Einfluss des Güterstandes

Lebt der Unterhaltspflichtige in Gütergemeinschaft, bestimmt sich seine Unterhaltspflicht Verwandten gegenüber so, als ob das Gesamtgut ihm gehörte. Haben beide in Gütergemein-schaft lebende Personen bedürftige Verwandte, ist der Unterhalt aus dem Gesamtgut so zu ge-währen, als ob die Bedürftigen zu beiden Unterhaltspflichtigen in dem Verwandtschaftsverhältnis stünden, auf dem die Unterhaltspflicht des Verpflichteten beruht.“

4.13.2 Bisherige Rechtslage

§ 1604 BGB a. F. galt nur für Ehegatten und regelte, dass der in Gütergemeinschaft lebende Ehegat-te im Rahmen seiner Unterhaltspflicht gegenüber Verwandten als Alleineigentümer des Gesamtguts angesehen wurde.

Hatten beide Ehegatten unterhaltsbedürftige Verwandte, wurden diese so behandelt, als stünden sie zu beiden Ehegatten im gleichen Verwandtschaftsverhältnis. Dies bedeutete, dass keiner der beiden Ehegatten geltend machen konnte, das Gesamtgut stünde nicht in seinem Alleineigentum.

4.13.3 Regelungszweck

Der Zweck der Neufassung des § 1604 BGB besteht darin, das Unterhaltsrecht an das Lebenspart-nerschaftsgesetz anzupassen und darüber hinaus den Normtext verständlicher zu formulieren.

Gemäß §§ 6, 7 LPartG können die Lebenspartner ihre güterrechtlichen Verhältnisse durch einen Lebenspartnerschaftsvertrag regeln.

4.13.4 Neue Rechtslage

Die Neuregelung ist durch die Änderung der Formulierung „Ehegatten“ in „Unterhaltspflichtiger“ nun neben Ehegatten auch auf Lebenspartner, die in Gütergemeinschaft leben, anwendbar. Der bis-herige Regelungsinhalt gilt unverändert fort.

5 Unterhaltsanspruch von Mutter und Vater aus Anlass der Geburt – § 1615l BGB

5.1 Gesetzestext

§ 1615l BGB lautet:

„Unterhaltsanspruch von Mutter und Vater aus Anlass der Geburt

Page 65: Das neue Unterhaltsrecht: Rangfolge, Mindestunterhalt und Anpassung bestehender Unterhaltsregelungen (2008)

64 Die Neuregelungen im Einzelnen

(2) Soweit die Mutter einer Erwerbstätigkeit nicht nachgeht, weil sie infolge der Schwangerschaft oder einer durch die Schwangerschaft oder die Entbindung verursachten Krankheit dazu außerstande ist, ist der Vater verpflichtet, ihr über die in Absatz 1 Satz 1 bezeichnete Zeit hinaus Unterhalt zu gewähren. Das Gleiche gilt, soweit von der Mutter wegen der Pflege oder Erziehung des Kindes eine Erwerbstätigkeit nicht erwartet werden kann. Die Unterhaltspflicht beginnt frühestens vier Monate vor der Geburt und besteht für mindestens drei Jahre nach der Geburt. Sie verlängert sich, solange und soweit dies der Billigkeit entspricht. Dabei sind insbesondere die Belange des Kindes und die bestehenden Möglichkeiten der Kinderbetreuung zu berücksichtigen.

(3) Die Vorschriften über die Unterhaltspflicht zwischen Verwandten sind entsprechend anzuwen-den. Die Verpflichtung des Vaters geht der Verpflichtung der Verwandten der Mutter vor. § 1613 Abs. 2 gilt entsprechend. Der Anspruch erlischt nicht mit dem Tode des Vaters.“

5.2 Regelungsinhalt

Diese Vorschrift regelt den Betreuungsunterhaltsanspruch zwischen nicht miteinander verheirateten Elternteilen.

5.3 Bisherige Rechtslage

Der nicht verheiratete Elternteil erhielt gem. § 1615l Abs. 2 Satz 2 und 3, Abs. 4 Satz 1 BGB a. F. nach der Geburt des Kindes bis zu drei Jahre lang Betreuungsunterhalt. Danach musste er wieder arbeiten, wenn dies nicht grob unbillig war. Der Gesetzgeber knüpfte damit an den Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz für dreijährige Kinder an.

Die Dreijahresgrenze konnte bislang nur in Härtefällen durchbrochen werden, wenn die Versagung von Betreuungsunterhalt dem Gerechtigkeitsempfinden in unerträglicher Weise widersprach. Dies war zum Beispiel der Fall, wenn ein behindertes Kind auf eine Dauerbetreuung angewiesen war.

Damit war die Dauer des Unterhaltsanspruchs für die Betreuung eines nichtehelichen Kindes we-sentlich kürzer bemessen, als für die Betreuung eines ehelichen Kindes nach § 1570 BGB a. F., denn nach dem dazu von der Rechtsprechung entwickelten Altersphasenmodell wurde die Wiederauf-nahme der Erwerbstätigkeit vom geschiedenen betreuenden Elternteil frühestens ab dem achten Ge-burtstag des Kindes erwartet. Dies war für verfassungsrechtlich unbedenklich gehalten worden, weil der Anspruch auf Unterhalt für die Betreuung nichtehelicher Kinder allein auf dem Gesichtspunkt der Notwendigkeit der persönlichen Kinderbetreuung beruhe, während der Anspruch nach § 1570 BGB a. F. darüber hinaus durch den Gesichtspunkt der fortwirkenden nachehelichen Solidarität ge-tragen sei.

In § 1615l Abs. 3 Satz 3 BGB a. F. war bislang der Rang des Betreuungsunterhaltsanspruchs festge-legt. Danach gingen die geschiedene und die aktuelle Ehefrau sowie die minderjährigen unverheira-teten Kinder des Vaters der Mutter vor. Die Mutter ging den übrigen Verwandten des Vaters vor. Diese Rangfolge galt entsprechend für den betreuenden Vater.

Zur Bemessung der Höhe des Unterhaltsanspruchs galten folgende Grundsätze:

Gemäß Gliederungspunkt D. 2 der Düsseldorfer Tabelle, Anmerkung VI. in Verbindung mit An-merkung I. zur Berliner Tabelle sowie Ziffer 18 der unterhaltsrechtlichen Leitlinien der Familiense-nate des Kammergerichts vom 1.7.2007 bemisst sich der Bedarf für Ansprüche aus § 1615l BGB nach der Lebensstellung des betreuenden Elternteils. Er beträgt in der Regel mindestens 770 EUR.

Gemäß Gliederungspunkt D. 2. der Düsseldorfer Tabelle, Anmerkung VI. zur Berliner Tabelle sowie Ziffer 21.3.2 der Leitlinien des Kammergerichts ist der Selbstbehalt gegenüber Anspruchsberechtig-ten nach § 1615l BGB in der Regel mit einem Betrag zu bemessen, der zwischen dem angemessenen Selbstbehalt gegenüber Volljährigen nach § 1603 Abs. 1 BGB (mindestens 1.100 EUR) und dem

Page 66: Das neue Unterhaltsrecht: Rangfolge, Mindestunterhalt und Anpassung bestehender Unterhaltsregelungen (2008)

Unterhaltsanspruch von Mutter und Vater aus Anlass der Geburt – § 1615l BGB 65

notwendigen Selbstbehalt gegenüber minderjährigen unverheirateten sowie volljährigen privilegier-ten Kindern gem. § 1603 Abs. 2 BGB (erwerbstätiger Unterhaltsverpflichteter: 900 EUR; nichter-werbstätiger Unterhaltsverpflichteter: 770 EUR) liegt. Der Selbstbehalt gegenüber Anspruchsbe-rechtigten nach § 1615l BGB beträgt in der Regel 1.000 EUR.

5.4 Regelungszweck

Die Neufassung von § 1615l Abs. 2 Satz 3 BGB bezweckt eine Annäherung des Betreuungsunter-haltsanspruchs nicht verheirateter Elternteile an den (gleichzeitig weit reichend geänderten) Betreu-ungsunterhaltsanspruch geschiedener Elternteile nach § 1570 BGB.

Damit verwirklicht der Gesetzgeber zugleich den an ihn gerichteten Verfassungsauftrag des Art. 6 Abs. 5 GG, nichtehelichen Kindern durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leib-liche und seelische Entwicklung zu schaffen, wie ehelichen Kindern. Dieses Gebot hatte das Bun-desverfassungsgericht durch Beschluss vom 28.2.2007 (1 BvL 9/04) dahingehend konkretisiert, dass Betreuungsunterhaltsansprüche, soweit sie im Interesse des Kindeswohls bestehen, insbesondere in Bezug auf deren Dauer, gleichartig ausgestaltet sein müssen. Denn die Dauer des Betreuungsunter-haltsanspruchs bestimme regelmäßig zugleich den Zeitpunkt, ab dem der betreuende Elternteil einer Erwerbstätigkeit nachgehen und damit die persönliche Betreuung durch eine Fremdbetreuung erset-zen müsse. Damit beeinflusse die Dauer des Betreuungsunterhalts die geistige und seelische Ent-wicklung des nichtehelichen Kindes – nach alter Rechtslage – ungleich. Der Gesetzgeber könne es zwar für unschädlich oder sogar der kindlichen Entwicklung dienlich halten, wenn Kinder ab ihrem dritten Lebensjahr den Kindergarten besuchen und den Betreuungsunterhalt dem entsprechend be-grenzen, aber er dürfe diesen Gesichtspunkt dann nicht nur bei nichtehelichen Kindern zum Tragen kommen lassen.

Im Übrigen zielt die Neuregelung auf eine Verbesserung der Betreuungssituation nichtehelicher Kinder ab.

5.5 Neue Rechtslage

Die Dauer des Betreuungsunterhalts richtet sich beim nichtehelichen Kind nunmehr nach den selben Grundsätzen wie beim ehelichen Kind nach § 1570 Abs. 1 BGB und ist gleich lang ausges-taltet.

Bis zur Vollendung des dritten Lebensjahres obliegt die Entscheidung über die Frage der Fremd-betreuung allein dem betreuenden Elternteil.

Nach Ablauf dieses Zeitraums verlängert sich die Unterhaltspflicht aus kindbezogenen Billigkeits-gründen, wobei – wie beim neuen § 1570 Abs. 1 BGB – nunmehr die (schlichte) Billigkeit genügt. Darin liegt eine erhebliche Herabsetzung der Schwelle für die Verlängerung des Anspruchs und damit eine wesentliche Ausweitung der Verlängerungsmöglichkeit.

Ferner hat der Gesetzgeber herausgestellt, dass er die Verwendung des Worts „insbesondere“ als Klarstellung verstanden wissen will, dass bei der Billigkeitsprüfung neben kindbezogenen Umstän-den elternbezogene Umstände in Erwägung zu ziehen sind.

Dabei nennt die Gesetzesbegründung als gewichtige elternbezogene Umstände beispielsweise eine dauerhafte Lebensgemeinschaft mit gemeinsamen Kinderwunsch, in der sich die Eltern hierauf ein-gestellt haben, die einvernehmliche Aufgabe der Erwerbstätigkeit zum Zweck der Kindesbetreuung oder die Betreuung mehrerer gemeinsamer Kinder. Auch die Dauer der Lebensgemeinschaft soll Gradmesser für gegenseitiges Füreinander-Einstehen-Wollen sein können.

Page 67: Das neue Unterhaltsrecht: Rangfolge, Mindestunterhalt und Anpassung bestehender Unterhaltsregelungen (2008)

66 Die Neuregelungen im Einzelnen

§ 1615l Abs. 3 Satz 3 BGB a. F. ist durch die Neufassung des § 1609 BGB entbehrlich geworden. Über die Verweisung in § 1615l Abs. 3 Satz 1 BGB ist § 1609 BGB anwendbar. Danach steht der Anspruch nach § 1615l BGB künftig im zweiten Rang.

Wegen des Sachzusammenhangs gilt das sowohl für die in § 1615l Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 BGB gere-gelten Ansprüche als auch für den Betreuungsunterhaltsanspruch nach § 1615l Abs. 2 Satz 2, Abs. 4 BGB.

Hinweis

Durch die Streichung des Wortes „grob“ in § 1615l Abs. 2 Satz 3 BGB wurde die Schwelle einer eventuellen Verlängerung des Betreuungsunterhaltsanspruches nicht verheirateter Elternteile er-heblich herabgesetzt.

Hinsichtlich der Umstände, die für eine Unterhaltsverpflichtung über die Dreijahresgrenze hinaus sprechen, muss der den Betreuungsunterhalt begehrende Elternteil substantiiert vortragen.

6 Aufhebung von Art. 229 § 2 Abs. 2 im Einführungsge-setz zum Bürgerlichen Gesetzbuch (EGBGB)

6.1 Bisherige Rechtslage

Art. 229 § 2 Abs. 2 EGBGB a. F. betraf die Umstellung der Regelbetrag-Verordnung auf den Euro zum 1.1.2002.

6.2 Neue Rechtslage

Art. 229 § 2 Abs. 2 EGBGB ist nun außer Kraft gesetzt. Diese Regelung ist nunmehr entbehrlich, da die Regelbetrag-Verordnung inzwischen zum einen auf EUR umgestellt und zum anderen durch die Einführung des Mindestunterhalts aufgehoben ist.

7 Änderungen im Lebenspartnerschaftsgesetz

7.1 Nachpartnerschaftlicher Unterhalt – § 16 LPartG

7.1.1 Gesetzestext

§ 16 LPartG lautet:

„Nachpartnerschaftlicher Unterhalt

Nach der Aufhebung der Lebenspartnerschaft obliegt es jedem Lebenspartner, selbst für sei-nen Unterhalt zu sorgen. Ist er dazu außerstande, hat er gegen den anderen Lebenspartner einen Anspruch auf Unterhalt nur entsprechend den §§ 1570 bis 1586b und 1609 des Bürgerli-chen Gesetzbuchs.“

7.1.2 Bisherige Rechtslage

Der bisherige § 16 LPartG regelte in Anlehnung an §§ 1569, 1582, 1609 Abs. 2 BGB in Absatz 1 den nachpartnerschaftlichen Anspruch eines Lebenspartners und in Absatz 2 die unterhaltsrechtliche Rangfolge von Lebenspartnern.

Page 68: Das neue Unterhaltsrecht: Rangfolge, Mindestunterhalt und Anpassung bestehender Unterhaltsregelungen (2008)

Änderungen im Lebenspartnerschaftsgesetz 67

Gemäß § 16 Abs. 1 LPartG a. F. hatte ein Lebenspartner, der nach der Auflösung der Lebenspartner-schaft nicht selbst für seinen Unterhalt sorgen konnte, gegen den anderen Lebenspartner einen An-spruch auf Unterhalt entsprechend §§ 1570 bis 1581 und §§ 1583 bis 1586b BGB.

Gemäß § 16 Abs. 2 LPartG a. F. gingen die Unterhaltsansprüche minderjähriger und volljähriger Kinder, geschiedener und aktueller Ehegatten sowie nicht verheirateter Mütter und Väter gem. § 1615l BGB dem Unterhaltsanspruch des Lebenspartners vor. Der Unterhaltsanspruch des früheren Lebenspartners ging lediglich den Unterhaltsansprüchen eines neuen Lebenspartners und weiter entfernter Verwandter vor.

Der Unterhaltsanspruch des Lebenspartners war damit mit einem sehr schlechten Rang ausgestattet.

7.1.3 Regelungszweck

Der geänderte Normtext bezweckt die Angleichung des Wortlautes von § 16 LPartG an den neu gefassten § 1569 BGB und damit die Stärkung des Grundsatzes der nachpartnerschaftlichen Eigen-verantwortung. Denn der Grundsatz der Eigenverantwortung gilt nicht nur für geschiedene Ehegat-ten, sondern auch für Lebenspartner, deren Lebenspartnerschaft aufgehoben ist.

Darüber hinaus besteht der Regelungszweck darin, die unterhaltsrechtliche Rangfolge nach dem Lebenspartnerschaftsgesetz an die nach dem neuen Unterhaltsrecht anzupassen und damit die Unter-haltsansprüche von Lebenspartnern und Ehegatten gleichzustellen.

7.1.4 Neue Rechtslage

Die Neufassung des § 16 LPartG ist der Kern der Änderungen im Lebenspartnerschaftsgesetz.

Gemäß § 16 Satz 1 LPartG ist die Obliegenheit eines jeden Lebenspartners nach Aufhebung der Lebenspartnerschaft – entsprechend den Regelungen für den geschiedenen Ehegatten – selbst für

seinen Unterhalt zu sorgen, stärker betont.

Der Grundsatz der Eigenverantwortung wird in § 16 Satz 2 LPartG eingeschränkt durch das Prinzip der nachpartnerschaftlichen Solidarität. Ist ein Lebenspartner außer Stande, selbst für seinen Unter-halt zu sorgen, hat er gegen den anderen Lebenspartner einen Unterhaltsanspruch entsprechend §§ 1570 bis 1586 BGB.

Die Einfügung des Wortes „nur“ in § 16 Satz 2 LPartG verdeutlicht, dass ein Unterhaltsanspruch gemessen am Grundsatz der Eigenverantwortung die Ausnahme, aber nicht die Regel ist und daher nur in Betracht kommt, wenn einer der Unterhaltstatbestände der §§ 1570 ff BGB vorliegt. Für den Unterhaltsanspruch des Lebenspartners nach Aufhebung der Lebenspartnerschaft gilt somit das selbe wie für den nachehelichen Unterhaltsanspruch des Ehegatten.

Gemäß § 16 Satz 2 LPartG sind die §§ 1582, 1609 BGB nun auch für den Lebenspartner entspre-

chend anzuwenden. Dies beinhaltet für die Rangfolge des Lebenspartners folgende Veränderungen:

Der Lebenspartner, der wegen der Betreuung eines gemeinsamen Adoptivkindes unterhaltsberechtigt ist oder im Falle einer Aufhebung der Lebenspartnerschaft wäre sowie der langjährige Lebenspartner teilen sich nun den zweiten Rang mit allen anderen früheren oder späteren kinderbetreuenden Eltern-teilen bzw. Lebenspartnern sowie langjährigen Ehegatten bzw. Lebenspartnern.

Damit ist der ein gemeinsames Adoptivkind betreuende oder langjährige Lebenspartner dem ein gemeinsames Kind betreuenden oder langjährigen Ehegatten gleichgestellt.

Alle anderen Lebenspartner bzw. Ehegatten teilen sich den dritten Unterhaltsrang.

Die Privilegierung des früheren Lebenspartners vor dem späteren Lebenspartner ist aufgehoben.

Page 69: Das neue Unterhaltsrecht: Rangfolge, Mindestunterhalt und Anpassung bestehender Unterhaltsregelungen (2008)

68 Die Neuregelungen im Einzelnen

Der Lebenspartner geht nun in entsprechender Anwendung des § 1609 Nr. 3 BGB nicht nur den weiteren Verwandten im Sinne von § 1609 BGB, sondern auch den volljährigen nicht privilegierten Kindern vor.

7.2 Verpflichtung zum Lebenspartnerschaftsunterhalt – § 5 LPartG

7.2.1 Gesetzestext

§ 5 LPartG lautet:

„Verpflichtung zum Lebenspartnerschaftsunterhalt

Die Lebenspartner sind einander verpflichtet, durch ihre Arbeit und mit ihrem Vermögen die part-nerschaftliche Lebensgemeinschaft angemessen zu unterhalten. § 1360 Satz 2, die §§ 1360a, 1360b und 1609 des Bürgerlichen Gesetzbuchs gelten entsprechend.“

7.2.2 Bisherige Rechtslage

Gemäß § 5 Satz 2 LPartG a. F. galt § 16 Abs. 2 LPartG a. F. entsprechend für die Verpflichtung zum Lebenspartnerschaftsunterhalt.

§ 16 Abs. 2 LPartG a. F. regelte die unterhaltsrechtliche Rangfolge von Lebenspartnern. Diese wich von der im Bürgerlichen Gesetzbuch geregelten unterhaltsrechtlichen Rangfolge der Ehegatten ab (siehe oben).

7.2.3 Regelungszweck

Die Neufassung des § 5 Satz 2 LPartG ist eine Folge der Änderung des § 16 LPartG.

7.2.4 Neue Rechtslage

Gemäß § 5 Satz 2 LPartG gilt nun § 1609 BGB entsprechend auch für die Verpflichtung zum Le-benspartnerschaftsunterhalt.

Die bisherige Verweisung beim Lebenspartnerschaftsunterhalt auf die eigenständige Regelung des § 16 Abs. 2 LPartG a. F. wird durch die allgemeine Rangfolgeregelung des § 1609 BGB ersetzt.

7.3 Unterhalt bei Getrenntleben – § 12 LPartG

7.3.1 Gesetzestext

§ 12 LPartG lautet:

„Unterhalt bei Getrenntleben

Leben die Lebenspartner getrennt, so kann ein Lebenspartner von dem anderen den nach den Le-bensverhältnissen und den Erwerbs- und Vermögensverhältnissen der Lebenspartner angemessenen Unterhalt verlangen. Die §§ 1361 und 1609 des Bürgerlichen Gesetzbuchs gelten entsprechend.“

7.3.2 Bisherige Rechtslage

Gemäß § 12 Satz 2 LPartG a. F. galt § 16 Abs. 2 LPartG a. F. entsprechend für den Unterhalt ge-trenntlebender Lebenspartner.

§ 16 Abs. 2 LPartG a. F. regelte die unterhaltsrechtliche Rangfolge von Lebenspartnern. Diese wich von der im Bürgerlichen Gesetzbuch geregelten unterhaltsrechtlichen Rangfolge der Ehegatten ab (siehe oben).

Page 70: Das neue Unterhaltsrecht: Rangfolge, Mindestunterhalt und Anpassung bestehender Unterhaltsregelungen (2008)

Änderungen in der Zivilprozessordnung (ZPO) 69

7.3.3 Regelungszweck

Die Neufassung des § 12 Satz 2 LPartG ist eine Folge der Änderung des § 16 LPartG.

7.3.4 Neue Rechtslage

Gemäß § 12 Satz 2 LPartG gilt nun § 1609 BGB entsprechend auch für die Verpflichtung zum Le-benspartnerschaftsunterhalt.

Die bisherige Verweisung beim Unterhalt bei getrenntlebenden Lebenspartnern auf die eigenständi-ge Regelung des § 16 Abs. 2 LPartG a. F. wird durch die allgemeine Rangfolgeregelung des § 1609 BGB ersetzt.

Hinweis

Unterhaltsansprüche von Lebenspartnern fallen nun entsprechend den individuellen Lebensver-hältnissen des Berechtigten (Betreuung eines gemeinschaftlichen Adoptivkindes, langjähriger Lebenspartner) unter § 1609 Nr. 2 oder Nr. 3 BGB.

8 Änderungen in der Zivilprozessordnung (ZPO)

8.1 Änderungen zur Statthaftigkeit des vereinfachten Verfahrens über den Unterhalt Minderjähriger – § 645 ZPO

8.1.1 Gesetzestext

§ 645 Abs. 1 ZPO lautet:

„Statthaftigkeit des vereinfachten Verfahrens

(1) Auf Antrag wird der Unterhalt eines minderjährigen Kindes, das mit dem in Anspruch genom-menen Elternteil nicht in einem Haushalt lebt, im vereinfachten Verfahren festgesetzt, soweit der Unterhalt nach Berücksichtigung der Leistungen nach den §§ 1612b oder 1612c des Bürgerli-chen Gesetzbuchs das 1,2-fache des Mindestunterhalts nach § 1612a Abs. 1 Bürgerlichen Ge-setzbuchs nicht übersteigt.“

8.1.2 Regelungsinhalt des vereinfachten Verfahrens

Das vereinfachte Verfahren über den Unterhalt Minderjähriger gem. §§ 645 bis 660 ZPO ermöglicht eine schnelle und einfache erstmalige Festsetzung des gesetzlich geschuldeten Unterhalts. Sachlich zuständig ist der Rechtspfleger desjenigen Familiengerichts, in dessen Gerichtsbezirk das Kind oder der es vertretene Elternteil seinen Wohnsitz hat (§§ 642 Abs. 1, 13 ZPO).

Das vereinfachte Verfahren findet auf Antrag statt. Antragsberechtigt ist der sorgeberechtigte Eltern-teil bzw. bei gemeinsamem Sorgerecht derjenige Elternteil, in dessen Obhut das Kind lebt.

8.1.3 Bisherige Rechtslage

Gemäß § 645 Abs. 1 ZPO a. F. konnte im vereinfachten Verfahren Unterhalt festgesetzt werden, soweit der Unterhalt vor Anrechnung der nach §§ 1612b, 1612c BGB zu berücksichtigenden Leis-tungen das Eineinhalbfache des Regelbetrags nach der Regelbetrag-Verordnung nicht überstieg.

§ 645 Abs. 1 ZPO a. F. sah also eine Begrenzung des Unterhaltsbetrags, der im vereinfachten Ver-fahren verlangt werden kann, auf das Eineinhalbfache des Regelbetrags nach der Regelbetrag-Verordnung vor. Hierbei war der Regelbetrag noch nicht um das Kindergeld und die kindbezogenen Leistungen gekürzt.

Page 71: Das neue Unterhaltsrecht: Rangfolge, Mindestunterhalt und Anpassung bestehender Unterhaltsregelungen (2008)

70 Die Neuregelungen im Einzelnen

8.1.4 Regelungszweck

Die Neufassung bezweckt die sprachliche Anpassung des vereinfachten Verfahrens über den

Unterhalt minderjähriger Kinder an das neue System des Mindestunterhalts nach dem neu ge-

fassten § 612a Abs. 1 BGB und die geänderte Berücksichtigung des Kindergelds nach dem neu

gefassten § 1612b BGB.

8.1.5 Neue Rechtslage

Das vereinfachte Verfahren hatte und hat den Vorzug, dass die Einkommens- und Vermögensver-

hältnisse des Unterhaltsschuldners nicht angegeben werden müssen. Es steht für die erstmalige Titu-

lierung von Unterhaltsansprüchen zur Verfügung.

Der neu gefasste § 645 ZPO regelt weiterhin das vereinfachte Verfahren zur Unterhaltsfestsetzung.

An die Stelle des 1,5-fachen des Regelbetrags nach der Regelbetrag-Verordnung ist jetzt das

1,2-fache des Mindestunterhalts nach § 1612a Abs. 1 BGB getreten. Dies gilt jedoch in Abwei-

chung zu § 645 Abs. 1 ZPO a. F. für den bereits um das Kindergeld und die kindbezogenen Leis-

tungen gem. §§ 1612b, 1612c BGB geminderten Mindestunterhalt.

Wie folgende Gegenüberstellung von bisheriger und neuer Rechtslage zeigt, wurde die Obergren-

ze betragsmäßig für die alten Bundesländer hinsichtlich der 1. Altersstufe herauf- und für die 2.

und 3. Altersstufe herab- sowie für die neuen Bundesländer bezüglich aller Altersstufen hinaufge-

setzt:

bisherige Rechtslage bisherige Rechtslage neue Rechtslage

Altersstufe West Ost bundeseinheitlich

1. (0 - 5 Jahre) 303 EUR 279 EUR 318 EUR

2. (6 - 11 Jahre) 368 EUR 339 EUR 365 EUR

3. (12 - 17 Jahre) 432 EUR 401 EUR 427 EUR

Inhaltlich wurde die Obergrenze jedoch sowohl für die neuen als auch für die alten Bundesländer

hinsichtlich aller Altersstufen erhöht. Denn während nach alter Rechtslage von dem maximal fest-

setzbaren Höchstbetrag noch das Kindergeld und die kindbezogenen Leistungen abzuziehen waren,

ist der nach neuer Rechtslage festzusetzende Höchstbetrag um diese schon bereinigt.

Die Neufassung ersetzt zudem die bisherige Formulierung der „Anrechnung“ des Kindergelds durch

die Formulierung „Berücksichtigung“ des Kindergelds. Statt der bisherigen Anrechnung des Kin-

dergelds auf den Barunterhaltsanspruch erfolgt nun nach neuem Recht der bedarfsmindernde Vor-

wegabzug des Kindergelds.

8.2 Weitere Änderungen beim vereinfachten Verfahren über den Unterhalt Minderjähriger

8.2.1 Gesetzestexte

§ 646 ZPO lautet wie folgt:

„Antrag

(1) Der Antrag muss enthalten:

7. die Angaben über Kindergeld und andere zu berücksichtigende Leistungen (§§ 1612b oder

1612c des Bürgerlichen Gesetzbuchs);“

Page 72: Das neue Unterhaltsrecht: Rangfolge, Mindestunterhalt und Anpassung bestehender Unterhaltsregelungen (2008)

Änderungen in der Zivilprozessordnung (ZPO) 71

§ 647 ZPO lautet wie folgt:

„Maßnahmen des Gerichts

(1) Erscheint nach dem Vorbringen des Antragstellers das vereinfachte Verfahren zulässig, so ver-fügt das Gericht die Zustellung des Antrags oder einer Mitteilung über seinen Inhalt an den Antrags-gegner. Zugleich weist es darauf hin,

1. von wann an und in welcher Höhe der Unterhalt festgesetzt werden kann; hierbei sind zu bezeich-nen:

a) die Zeiträume nach dem Alter des Kindes, für die die Festsetzung des Unterhalts nach dem Min-

destunterhalt der ersten, zweiten und dritten Altersstufe in Betracht kommt; b) im Fall des § 1612a des Bürgerlichen Gesetzbuchs auch der Prozentsatz des jeweiligen Min-

destunterhalts; c) die nach den §§ 1612b oder 1612c des Bürgerlichen Gesetzbuchs zu berücksichtigenden Leis-tungen;“

§ 648 ZPO lautet wie folgt:

„Einwendungen des Antragsgegners

(1) Der Antragsgegner kann Einwendungen geltend machen gegen

3. die Höhe des Unterhalts, soweit er geltend macht, dass

a) die nach dem Alter des Kindes zu bestimmenden Zeiträume, für die der Unterhalt nach dem

Mindestunterhalt der ersten, zweiten und dritten Altersstufe festgesetzt werden soll, oder der an-

gegebene Mindestunterhalt nicht richtig berechnet sind;

b) ... c) Leistungen der in den §§ 1612b, 1612c des Bürgerlichen Gesetzbuchs bezeichneten Art nicht oder nicht richtig berücksichtigt worden sind.“

§ 653 ZPO lautet wie folgt:

„Unterhalt bei Vaterschaftsfeststellung

(1) Wird auf Klage des Kindes die Vaterschaft festgestellt, hat das Gericht auf Antrag den Beklagten zugleich zu verurteilen, dem Kind Unterhalt in Höhe des Mindestunterhalts und gem. den Alters-stufen nach § 1612a Abs. 1 Satz 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs und unter Berücksichtigung

der Leistungen nach den §§ 1612b oder 1612c des Bürgerlichen Gesetzbuchs zu zahlen. Das Kind kann einen geringeren Unterhalt verlangen. Im Übrigen kann in diesem Verfahren eine Herab-setzung oder Erhöhung des Unterhalts nicht verlangt werden.“

§ 655 ZPO lautet wie folgt:

„Abänderung des Titels bei wiederkehrenden Unterhaltsleistungen

(1) Auf wiederkehrende Unterhaltsleistungen gerichtete Vollstreckungstitel, in denen nach den §§ 1612b oder 1612c des Bürgerlichen Gesetzbuchs zu berücksichtigende Leistungen festgelegt sind, können auf Antrag im vereinfachten Verfahren durch Beschluss abgeändert werden, wenn sich ein für die Berechnung dieses Betrags maßgebender Umstand ändert.

...

(3) Der Antragsgegner kann nur Einwendungen gegen die Zulässigkeit des vereinfachten Verfah-rens, gegen den Zeitpunkt der Abänderung oder gegen die Berechnung der nach den §§ 1612b oder

1612c des Bürgerlichen Gesetzbuchs zu berücksichtigenden Leistungen geltend machen. Ferner kann er, wenn er sich sofort zur Erfüllung des Anspruchs verpflichtet, hinsichtlich der Verfahrens-kosten geltend machen, dass er keinen Anlass zur Stellung des Antrags gegeben hat (§ 93).“

Page 73: Das neue Unterhaltsrecht: Rangfolge, Mindestunterhalt und Anpassung bestehender Unterhaltsregelungen (2008)

72 Die Neuregelungen im Einzelnen

kann er, wenn er sich sofort zur Erfüllung des Anspruchs verpflichtet, hinsichtlich der Verfahrens-kosten geltend machen, dass er keinen Anlass zur Stellung des Antrags gegeben hat (§ 93).“

8.2.2 Regelungszweck

Die vorgenommenen Änderungen sind rein redaktioneller Art. Durch sie soll das vereinfachte Ver-fahren über den Unterhalt Minderjähriger sprachlich an das neue System des Mindestunterhalts nach dem neu gefassten § 1612a Abs. 1 BGB und die geänderte Berücksichtigung des Kindergelds nach dem neu gefassten § 1612b BGB angepasst werden.

8.2.3 Neue Rechtslage

Die Neufassung ersetzt die bisherigen Formulierungen „Regelbetrag“, „Vomhundertsatz“ und „an-zurechnen“ durch die neuen Formulierungen „Mindestunterhalt“, „Prozentsatz“ und „zu berücksich-tigen“.

8.3

8.3.1 Gesetzestext

§ 790 ZPO lautet wie folgt:

„Bezifferung dynamisierter Unterhaltstitel zur Zwangsvollstreckung im Ausland

(1) Soll ein Unterhaltstitel, der den Unterhalt nach § 1612a des Bürgerlichen Gesetzbuchs als Pro-

zentsatz des Mindestunterhalts festsetzt, im Ausland vollstreckt werden, so ist auf Antrag der ge-schuldete Unterhalt auf dem Titel zu beziffern.“

8.3.2 Bisherige Rechtslage

Gemäß § 790 Abs. 1 ZPO a. F. war für den Fall, dass ein Unterhaltstitel, der den Unterhalt nach § 1612a BGB als Vomhundertsatz des jeweiligen Regelbetrags nach der Regelbetrag-Verordnung festsetzte, im Ausland vollstreckt werden sollte, auf Antrag der geschuldete Unter-halt auf dem Titel zu beziffern.

Bereits die bisherige Regelung verfolgte also den Zweck, bestimmte, dynamisierte Unterhaltstitel für Zwecke der Zwangsvollstreckung im Ausland beziffern zu können.

8.3.3 Regelungszweck

Auch diese Änderung ist ausschließlich redaktioneller Art. Sie dient ebenfalls der Anpassung an das neue System des Mindestunterhalts nach § 1612a Abs. 1 BGB.

8.3.4 Neue Rechtslage

Die Neufassung ersetzt die bisherige Formulierung „Vomhundertsatz des jeweiligen Regelbetrages nach der Regelbetrag-Verordnung“ durch die neue Formulierung „Prozentsatz des Mindestunter-halts“.

Der Regelungsinhalt blieb unverändert.

Hinweis

Bereits vorliegende dynamisierte Titel, die den Kindesunterhalt noch als Prozentsatz des jeweili-gen Regelbetrages nach der Regelbetrag-Verordnung festsetzen, sind nach dem neu eingeführten § 36 Nr. 3 EGZPO zunächst auf den Mindestunterhalt umzustellen und können dann beziffert werden.

zur Zwangsvollstreckung im Ausland – § 790 ZPO Bezifferung dynamisierter Unterhaltstitel

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Änderungen in der Zivilprozessordnung (ZPO) 73

8.4 Pfändbarkeit bei Unterhaltsansprüchen – § 850d ZPO

8.4.1 Gesetzestext

§ 850d ZPO lautet wie folgt:

„Pfändbarkeit bei Unterhaltsansprüchen

(2) Mehrere nach Absatz 1 Berechtigte sind mit ihren Ansprüchen in der Reihenfolge nach § 1609 des Bürgerlichen Gesetzbuchs und § 16 des Lebenspartnerschaftsgesetzes zu berücksichtigen, wobei mehrere gleich nahe Berechtigte untereinander den gleichen Rang haben.“

8.4.2 Bisherige Rechtslage

Bereits § 850d Abs. 2 ZPO a. F. regelte die Rangfolge mehrerer pfändender Unterhaltsberechtigter. Sie entsprach jedoch nicht konsequent der Rangfolge nach §§ 1609 BGB a. F., 16 Abs. 2 LPartG a. F.

Den 1. Rang teilten sich gem. § 850d Abs. 2 Nr. a) ZPO a. F. minderjährige unverheiratete Kinder, auch Adoptivkinder, der Ehegatte, ein früherer Ehegatte und ein Elternteil mit seinem Anspruch nach §§ 1615l, 1615n BGB.

Im Gegensatz zu § 1615l Abs. 3 Satz 3, Abs. 4 BGB war folglich der nichtverheiratete Elternteil im Rahmen der Pfändung von Unterhaltsansprüchen dem aktuellen und dem früheren Ehegatten gleich-rangig.

Gemäß § 850d Abs. 2 Nr. a) 2. HS ZPO a. F. galt für das Rangverhältnis des Ehegatten zu einem früheren Ehegatten § 1582 BGB entsprechend. Durch diese Verweisung war der frühere Ehegatte gegenüber dem späteren Ehegatten auch im Rahmen der Pfändung privilegiert, wenn beide minder-jährige Kinder betreuten.

Das Vollstreckungsgericht konnte gem. § 850d Abs. 2 Nr. a) 3. HS a. F. das Rangverhältnis der Berechtigten zueinander auf Antrag des Schuldners oder eines Berechtigten nach billigem Er-messen in anderer Weise festsetzen.

Gemäß § 850d Abs. 2 Nr. a) 4. HS ZPO a. F. hatte das Vollstreckungsgericht vor seiner Entschei-dung die Beteiligten zu hören.

Im 2. Rang befanden sich gem. § 850d Abs. 2 Nr. b) ZPO a. F. der aktuelle und der frühere Lebens-partner.

Im 3. Rang befanden sich gem. § 850d Abs. 2 Nr. c) ZPO a. F. die übrigen Abkömmlinge des Schuldners, das heißt alle volljährigen oder verheirateten Kinder, Enkelkinder usw., wobei die Kin-der den anderen Unterhaltsgläubigern vorgingen.

In den 3. Rang fielen somit auch die volljährigen unverheirateten Kinder, die noch nicht das 21. Lebensjahr vollendet hatten, im Haushalt der Eltern oder eines Elternteils lebten und sich noch in der Schulausbildung befanden (§ 1603 Abs. 2 Satz 2 BGB). Die Rangfolge des § 850d Abs. 2 ZPO a. F. wich auch an dieser Stelle von der des § 1609 BGB a. F. ab.

Den 4. Rang teilten sich gem. § 850d Abs. 2 Nr. d) ZPO a. F. die Verwandten aufsteigender Linie, wobei die näheren Grade den entfernteren vorgingen.

8.4.3 Regelungszweck

Die Neuregelung des § 850d Abs. 2 ZPO bezweckt die Anpassung der zivilprozessrechtlichen Vor-schriften an die materiell-rechtlichen Regelungen der neugefassten §§ 1609 BGB, 16 LPartG. Sie dient der Vereinfachung und Vereinheitlichung des neuen Unterhaltsrechts.

Page 75: Das neue Unterhaltsrecht: Rangfolge, Mindestunterhalt und Anpassung bestehender Unterhaltsregelungen (2008)

74 Die Neuregelungen im Einzelnen

8.4.4 Neue Rechtslage

Gemäß § 850d Abs. 2 ZPO richtet sich die Rangfolge mehrerer Unterhaltsgläubiger, die in das Ar-beitseinkommen des Schuldners pfänden, nun nach den neu gefassten §§ 1609 BGB, 16 LPartG.

Für den neuen § 850d Abs. 2 ZPO gilt damit folgende Rangfolge:

1. alle minderjährigen unverheirateten (Adoptiv-) Kinder sowie alle volljährigen unverheirateten (Adoptiv-) Kinder, die noch nicht das 21. Lebensjahr vollendet haben, im Haushalt der Eltern oder eines Elternteils leben und sich in der allgemeinen Schulausbildung befinden (§ 1603 Abs. 2 Satz 2 BGB),

2. alle Elternteile (verheiratet, getrenntlebend, geschieden, nicht verheiratet) bzw. Lebenspartner (eingetragener, getrenntlebender, früherer), die wegen der Betreuung eines gemeinschaftlichen (Adoptiv-) Kindes unterhaltsberechtigt sind oder im Fall einer Scheidung bzw. Aufhebung waren sowie langjährige Ehegatten bzw. Lebenspartner,

3. Ehegatten bzw. Lebenspartner, die keinen Betreuungsunterhaltsanspruch haben oder im Falle der Scheidung bzw. Aufhebung hatten und nicht lange Jahre verheiratet waren bzw. eine Lebenspart-nerschaft hatten,

4. alle volljährigen Kinder, die nicht nach § 1603 Abs. 2 Satz 2 BGB privilegiert sind,

5. Enkelkinder und weitere Abkömmlinge,

6. Eltern,

7. weitere Verwandte der aufsteigenden Linie, wobei unter ihnen die Näheren den Entfernteren vorgehen.

9 Einführung von § 36 im Einführungsgesetz zur Zivil-

prozessordnung (EGZPO)

9.1 Gesetzestext

§ 36 EGZPO lautet:

„Für das Gesetz zur Änderung des Unterhaltsrechts vom 21. Dezember 2007 (BGBl. I S. 2840) gelten folgende Übergangsvorschriften:

1. Ist über den Unterhaltsanspruch vor dem 1. Januar 2008 rechtskräftig entschieden, ein voll-streckbarer Titel errichtet oder eine Unterhaltsvereinbarung getroffen worden, sind Um-stände, die vor diesem Tag entstanden und durch das Gesetz zur Änderung des Unterhalts-rechts erheblich geworden sind, nur zu berücksichtigen, soweit eine wesentliche Änderung der Unterhaltsverpflichtung eintritt und die Änderung dem anderen Teil unter Berücksich-tigung seines Vertrauens in die getroffene Regelung zumutbar ist.

2. Die in Nummer 1 genannten Umstände können bei der erstmaligen Änderung eines voll-streckbaren Unterhaltstitels nach dem 1. Januar 2008 ohne die Beschränkungen des § 323 Abs. 2 und des § 767 Abs. 2 der Zivilprozessordnung geltend gemacht werden.

3. Ist einem Kind der Unterhalt aufgrund eines vollstreckbaren Titels oder einer Unterhalts-vereinbarung als Prozentsatz des jeweiligen Regelbetrags nach der Regelbetrag-Verordnung zu leisten, gilt der Titel oder die Unterhaltsvereinbarung fort. An die Stelle des Regelbetrags tritt der Mindestunterhalt. An die Stelle des bisherigen Prozentsatzes tritt ein neuer Prozentsatz. Hierbei gilt:

Page 76: Das neue Unterhaltsrecht: Rangfolge, Mindestunterhalt und Anpassung bestehender Unterhaltsregelungen (2008)

Einführung von § 36 im Einführungsgesetz zur Zivilprozessordnung (EGZPO) 75

a) Sieht der Titel oder die Vereinbarung die Anrechnung des hälftigen oder eines Teils des hälftigen Kindergelds vor, ergibt sich der neue Prozentsatz, indem dem bisher zu zah-lenden Unterhaltsbetrag das hälftige Kindergeld hinzugerechnet wird und der sich so ergebende Betrag ins Verhältnis zu dem bei Inkrafttreten des Gesetzes zur Änderung des Unterhaltsrechts geltenden Mindestunterhalt gesetzt wird; der zukünftig zu zahlen-de Unterhaltsbetrag ergibt sich, indem der neue Prozentsatz mit dem Mindestunterhalt vervielfältigt und von dem Ergebnis das hälftige Kindergeld abgezogen wird.

b) Sieht der Titel oder die Vereinbarung die Hinzurechnung des hälftigen Kindergelds vor, ergibt sich der neue Prozentsatz, indem vom bisher zu zahlenden Unterhaltsbetrag das hälftige Kindergeld abgezogen wird und der sich so ergebende Betrag ins Verhältnis zu dem bei Inkrafttreten des Gesetzes zu Änderung des Unterhaltsrechts geltenden Min-destunterhalt gesetzt wird; der zukünftig zu zahlende Unterhaltsbetrag ergibt sich, in-dem der neue Prozentsatz mit dem Mindestunterhalt vervielfältigt und dem Ergebnis das hälftige Kindergeld zugerechnet wird.

c) Sieht der Titel oder die Vereinbarung die Anrechnung des vollen Kindergelds vor, ist Buchstabe a anzuwenden, wobei an die Stelle des hälftigen Kindergelds das volle Kin-dergeld tritt.

d) Sieht der Titel oder die Vereinbarung weder eine Anrechnung noch eine Hinzurechnung des Kindergelds oder eines Teils des Kindergelds vor, ist Buchstabe a anzuwenden. Der sich ergebende Prozentsatz ist auf eine Dezimalstelle zu begrenzen. Die Nummern 1 und 2 bleiben unberührt.

4. Der Mindestunterhalt minderjähriger Kinder im Sinne des § 1612a Abs.1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs beträgt

a) für die Zeit bis zur Vollendung des sechsten Lebensjahrs (erste Altersstufe) 279 Euro,

b) für die Zeit vom siebten bis zur Vollendung des zwölften Lebensjahrs (zweite Altersstu-fe) 322 Euro,

c) für die Zeit vom 13. Lebensjahr an (dritte Altersstufe) 365 Euro jeweils bis zu dem Zeit-punkt, in dem der Mindestunterhalt nach Maßgabe des § 1612a Abs.1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs den hier festgelegten Betrag übersteigt.

5. In einem Verfahren nach § 621 Abs. 1 Nr. 4, 5 oder Nr. 11 der Zivilprozessordnung können die in Nummer 1 genannten Umstände noch in der Revisionsinstanz vorgebracht werden. Das Revisionsgericht kann die Sache an das Berufungsgericht zurückverweisen, wenn be-züglich der neuen Tatsachen eine Beweisaufnahme erforderlich wird.

6. In den in Nummer 5 genannten Verfahren ist eine vor dem 1. Januar 2008 geschlossene mündliche Verhandlung auf Antrag wieder zu eröffnen.

7. Unterhaltsleistungen, die vor dem 1. Januar 2008 fällig geworden sind oder den Unterhalt für Ehegatten betreffen, die nach dem bis zum 30. Juni 1977 geltenden Recht geschieden worden sind, bleiben unberührt.“

9.2 Regelungszweck

Mit der Einführung des § 36 EGZPO soll gewährleistet werden, dass das neue Recht grundsätzlich auch auf sog. „Altfälle“ Anwendung findet.

Im Interesse von Rechtssicherheit, Rechtseinheit und Gerechtigkeit soll einerseits eine schnellstmög-liche und umfassende Anwendung des neuen Unterhaltsrechts erreicht, andererseits aber eine Flut von Abänderungsverfahren vermieden werden.

Page 77: Das neue Unterhaltsrecht: Rangfolge, Mindestunterhalt und Anpassung bestehender Unterhaltsregelungen (2008)

76 Die Neuregelungen im Einzelnen

§ 36 EGZPO enthält zu diesem Zweck materiell-rechtliche und verfahrensrechtliche Übergangsvor-schriften für das Gesetz zur Änderung des Unterhaltsrechts hinsichtlich der Unterhaltsansprüche, die bereits vor dem Inkrafttreten der Neuregelung entstanden sind.

Für alle Unterhaltsansprüche, die ab Inkrafttreten der Neuregelung entstehen, findet das neue Unter-haltsrecht unbeschränkt Anwendung.

Soweit in der Begründung der Bundesregierung zum Gesetzesentwurf der Begriff „Entstehen“ in Zusammenhang mit Unterhaltsansprüchen verwandt wird, dürfte deren „Fälligkeit“ – schon wegen der Regelung zu den vor dem Zeitpunkt des Inkrafttretens des Gesetzes fällig gewordenen Unter-haltsleistungen in Nr. 7 – gemeint sein.

9.3 Übergangsrecht im Einzelnen

In § 36 Nr. 1 bis 3 EGZPO befinden sich die Übergangsvorschriften für rechtskräftig abgeschlossene Verfahren.

§ 36 Nr. 4 beinhaltet eine vorübergehende Regelung zur (Mindest-)Höhe des Mindestunterhalts nach dem neuen § 1612a BGB.

§ 36 Nr. 5, 6 EGZPO enthält die Übergangsvorschriften für die im Zeitpunkt des Inkrafttretens des neuen Unterhaltsrechts noch nicht rechtskräftig abgeschlossenen laufenden Verfahren.

§ 36 Nr. 7 EGZPO nennt 2 Konstellationen, bei denen das neue Unterhaltsrecht keine Anwendung findet.

9.3.1 § 36 Nr. 1 EGZPO

Gemäß § 36 Nr. 1 EGZPO kann ein bestehender Unterhaltstitel bzw. eine bestehende nicht titulierte Unterhaltsvereinbarung nur geändert werden, soweit das neue Unterhaltsrecht zu einer wesentlichen Änderung der Unterhaltsverpflichtung führt und diese Änderung dem anderen auch unter Vertrau-ensgesichtspunkten zumutbar ist.

Bei der Frage, ob die Änderung der Unterhaltsverpflichtung wesentlich ist, ist auf den Maßstab des § 323 Abs. 1 ZPO abzustellen. Eine Änderung ist also wesentlich, wenn sie zu einer anderen Beur-teilung des Bestehens, der Höhe oder der Dauer des Unterhaltsanspruches führt und sich hierdurch eine Abweichung von mindestens 10 % ergibt.

Anders als bei § 323 Abs. 1 ZPO ist hingegen eine Änderung der tatsächlichen Verhältnisse nicht erforderlich. Ausreichend ist eine Änderung der Rechtslage durch das neue Unterhaltsrecht.

Hinweis

In der Praxis wird vor allem die neue Rangfolge zu einer wesentlichen Änderung der Unterhalts-verpflichtung führen. Es ist jedoch genau zu überprüfen, ob sich eine Abänderung auch insge-samt als vorteilhaft erweist.

Dies ist z. B. im Hinblick auf die steuerrechtlichen Konsequenzen nämlich dann nicht zwingend der Fall, wenn die unterhaltsberechtigten Kinder mit dem ebenfalls unterhaltsberechtigten Eltern-teil in einem Haushalt leben. Da der gezahlte Kindesunterhalt anders als der gezahlte Ehegatten-unterhalt nicht zu einer steuerlichen Entlastung des Unterhaltsschuldners führt, zieht die Erhö-hung des Kindesunterhalts und die damit einhergehende Reduzierung des Ehegattenunterhalts eine Verringerung des Nettoeinkommens des Unterhaltschuldners nach sich. Infolgedessen sin-ken auch die Unterhaltsverpflichtungen und mithin das Gesamteinkommen der Unterhaltsberech-tigten.

Leben die unterhaltsberechtigten Kinder und der unterhaltsberechtigte Ehegatte jedoch nicht in einem Haushalt, wird eine Abänderung des Titels, wenn zumutbar, sinnvoll sein.

Page 78: Das neue Unterhaltsrecht: Rangfolge, Mindestunterhalt und Anpassung bestehender Unterhaltsregelungen (2008)

Einführung von § 36 im Einführungsgesetz zur Zivilprozessordnung (EGZPO) 77

Entscheidend für eine mögliche Änderung des Titels bzw. der Unterhaltsvereinbarung ist das Krite-rium der Zumutbarkeit. Dieses soll im Einzelfall gerechte Ergebnisse gewährleisten. Es schützt sowohl das Vertrauen des Unterhaltsberechtigten als auch das des Unterhaltsverpflichteten in den unveränderten Fortbestand des Titels bzw. der getroffenen Unterhaltsvereinbarung.

Im Rahmen der Zumutbarkeit ist daher eine Gesamtschau vorzunehmen und zu prüfen, ob und in-wieweit sich die Abänderung der Unterhaltsregelung auf andere Unterhaltsverhältnisse auswirkt oder die Geschäftsgrundlage einer Gesamtvereinbarung, deren Bestandteil die Unterhaltsregelung ist, berührt wird. Nicht selten werden Unterhaltsvereinbarungen von Ehegatten in Abhängigkeit von Vereinbarungen zum Güterrecht, Hausrat und Versorgungsausgleich geschlossen.

Nach Ansicht des Gesetzgebers erlaubt es der Maßstab der Zumutbarkeit, von dem rechnerischen Ergebnis, wie ein bestimmter, für Unterhaltszwecke zur Verfügung stehender Betrag nach neuem Recht unter mehreren Unterhaltsberechtigten zu verteilen ist, maßvoll abzuweichen und eine billige, den Übergangsfällen gerecht werdende Art der Aufteilung zu finden26.

In der beratenden Praxis führt die Einführung dieses unbestimmten Rechtsbegriffes der Zumutbar-keit zu ganz erheblichen Unsicherheiten und Risken, denn welche Kriterien die Rechtsprechung für den Begriff entwickeln und im Einzelfall abwägen wird, ist schwer vorherzusagen.

Hinweis

Nach der Begründung des Gesetzesentwurfs kann der Wegfall des Ehegattenunterhalts infolge des neuen Vorrangs der unterhaltsberechtigten minderjährigen Kinder im Hinblick auf das beste-hende Vertrauen unzumutbar sein.

9.3.2 § 36 Nr. 2 EGZPO

§ 36 Nr. 2 EGZPO ermöglicht es, Umstände nach § 36 Nr. 1 EGZPO, also die vor Inkrafttreten des neuen Unterhaltsrechts entstanden und durch das neue Recht erheblich geworden sind, bei der erst-

maligen Änderung eines vollstreckbaren Unterhaltstitels ohne die Gefahr der Präklusion gemäß §§ 323 Abs. 2, 767 Abs. 2 ZPO vorzubringen.

Bei einer späteren, erneuten Anpassung des Unterhaltstitels an das neue Recht sind die Präklusions-vorschriften hingegen anwendbar.

Hinweis

Bei jeder erstmalig ab Inkrafttreten des neuen Unterhaltsrechts in Betracht kommenden Ände-rung eines bestehenden Unterhaltstitels ist unbedingt zu prüfen, ob Umstände vorliegen, die nach dem neuen Unterhaltsrecht zu Änderungen zu Gunsten des Mandanten führen können.

Diese Umstände müssen in dieses Verfahren (Abänderungsklage oder Vollstreckungsabwehrkla-ge) eingeführt werden. In einem darauf folgenden Verfahren greifen dann die allgemeinen Präklusionsvorschriften.

9.3.3 § 36 Nr. 3 EGZPO

§ 36 Nr. 3 EGZPO enthält eine Sonderregelung für dynamische Unterhaltstitel und Unterhaltsver-einbarungen, die sicherstellt, dass die Dynamisierung auch in Zukunft erhalten bleibt. Anknüpfungs-punkt für die Dynamisierung ist nun nicht mehr der Regelbetrag nach der Regelbetrag-Verordnung, sondern der Mindestunterhalt.

26 BT-Drs. 16/1830, S. 33.

Page 79: Das neue Unterhaltsrecht: Rangfolge, Mindestunterhalt und Anpassung bestehender Unterhaltsregelungen (2008)

78 Die Neuregelungen im Einzelnen

Diese Titel bzw. Vereinbarungen gelten auch nach dem neuen Unterhaltsrecht fort. Aus ihnen kann weiterhin vollstreckt werden. Sie müssen weder abgeändert noch umgeschrieben werden. Sie wer-den ohne gesondertes Verfahren, allein durch Umrechnung, in das neue Recht überführt. An die Stelle des bisherigen Prozentsatzes des Regelbetrags tritt ein neuer Prozentsatz des Mindestunter-halts. Die erforderliche Umrechnung kann auch unmittelbar vom Vollstreckungsgericht durchgeführt werden27.

Der vom Unterhaltsschuldner zu zahlende Betrag bleibt bei dieser Umstellung auf den Min-destunterhalt gleich. Er entspricht daher unter Umständen nicht dem Zahlbetrag nach dem neuen Unterhaltsrecht.

Deshalb haben die Beteiligten auch nach der Umstellung auf den Mindestunterhalt gem. § 36 Nr. 3 Satz 6 EGZPO in Verbindung mit § 36 Nr. 1, 2 EGZPO die Möglichkeit, eine Änderungsklage gem. § 323 ZPO oder eine Vollstreckungsabwehrklage gem. § 767 ZPO ohne die Gefahr der Präklusion zu erheben.

§ 36 Nr. 3 Satz 4 Buchstabe a) bis d) EGZPO regelt die vier unterschiedlichen Fallgruppen zur Be-rücksichtigung des Kindergelds bei der Errechnung des neuen Prozentsatzes und des neuen Unter-haltsbetrags.

9.3.3.1 Buchstabe a)

Sieht der bestehende Titel bzw. die bestehende Vereinbarung die Anrechnung des hälftigen oder

Nr. 3 Satz 4 Buchstabe a) EGZPO bei der Umstellung auf den Mindestunterhalt nun das gesamte hälftige Kindergeld berücksichtigt werden.

Hinweis

Die Formeln für die Berechnung des neuen Prozentsatzes und des neuen Unterhaltsbetrags lauten für diese Fallgruppe gem. § 36 Nr. 3 Satz 4 Buchstabe a) EGZPO wie folgt:

neuer Prozentsatz = bisheriger Unterhaltsbetrag + ½ Kindergeld

Mindestunterhalt

neuer Unterhaltsbetrag = neuer Prozentsatz x Mindestunterhalt - ½ Kindergeld.

Hinweis

Da § 36 Nr. 3 Satz 4 Buchstabe a) EGZPO für die Berechnung des neuen Prozentsatzes auf den bei Inkrafttreten des Gesetzes „geltenden“ Mindestunterhalt abstellt, wird für die Dauer der Gel-tung des § 36 Nr. 4 EGZPO der dort festgelegte Mindestunterhalt in die Formel eingesetzt wer-den müssen.

9.3.3.2 Buchstabe b)

Sieht der bestehende Titel bzw. die bestehende Vereinbarung die Hinzurechnung des hälftigen Kin-dergelds vor (Fall des § 1612b Abs. 2 BGB a. F.), so verbleibt es bei der Umstellung auf den Min-destunterhalt gem. § 36 Nr. 3 Satz 4 Buchstabe b) EGZPO bei einer Hinzurechnung des hälftigen Kindergelds.

27 BT-Drs. 16/1830, S. 34 f.

eines Teils des hälftigen Kindergelds vor (Fall des § 1612b Abs. 1 und 5 BGB a. F.), kann nach § 36

Page 80: Das neue Unterhaltsrecht: Rangfolge, Mindestunterhalt und Anpassung bestehender Unterhaltsregelungen (2008)

Einführung von § 36 im Einführungsgesetz zur Zivilprozessordnung (EGZPO) 79

Hinweis

Die Formeln für die Berechnung des neuen Prozentsatzes und des neuen Unterhaltsbetrags lauten für diese Fallgruppe gem. § 36 Nr. 3 Satz 4 Buchstabe b) EGZPO wie folgt:

neuer Prozentsatz = bisheriger Unterhaltsbetrag - ½ Kindergeld

Mindestunterhalt

neuer Unterhaltsbetrag = neuer Prozentsatz x Mindestunterhalt + ½ Kindergeld.

Hinweis

Da § 36 Nr. 3 Satz 4 Buchstabe b) EGZPO für die Berechnung des neuen Prozentsatzes ebenfalls auf den bei Inkrafttreten des Gesetzes „geltenden“ Mindestunterhalt abstellt, wird auch hier für die Dauer der Geltung des § 36 Nr. 4 EGZPO der dort festgelegte Mindestunterhalt in die Formel einzusetzen sein.

Die Fälle des § 1612b Abs. 2 BGB a. F. werden nun in § 1612 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BGB erfasst. Das Kindergeld wird danach in voller Höhe berücksichtigt, wenn beide Elternteile zum Barunterhalt verpflichtet sind. Es kommt den barunterhaltspflichtigen Eltern allerdings nicht mehr hälftig, son-dern entsprechend ihren Haftungsanteilen zu.

Diese Gesetzesänderung wird in der Umstellung auf den Mindestunterhalt gem. § 36 Nr. 3 EGZPO nicht berücksichtigt. Dafür ist eine Abänderungsklage gem. § 323 ZPO erforderlich. Diese ist auch gem. § 36 Nr. 3 Satz 6 EGZPO in Verbindung mit § 36 Nr. 1, 2 EGZPO möglich.

9.3.3.3 Buchstabe c)

Sieht der bestehende Titel bzw. die bestehende Vereinbarung die Anrechnung des vollen Kinder-gelds vor (Fall des § 1612b Abs. 3 BGB a. F., d.h. der barunterhaltspflichtige Elternteil hat An-spruch auf Kindergeld, das aber nicht an ihn ausgezahlt wird), so bleibt es im Rahmen der Umstel-

Satz 4 Buchstabe c) EGZPO ist § 36 Nr. 3 Satz 4 Buchstabe a) EGZPO anzuwenden mit der Maßga-be, dass an die Stelle des hälftigen Kindergelds das volle tritt.

Hinweis

Die Formeln für die Berechnung des neuen Prozentsatzes und des neuen Unterhaltsbetrags lauten für diese Fallgruppe gem. § 36 Nr. 3 Satz 4 Buchstabe c) EGZPO wie folgt:

neuer Prozentsatz = bisheriger Unterhaltsbetrag + volles Kindergeld

Mindestunterhalt

neuer Unterhaltsbetrag = neuer Prozentsatz x Mindestunterhalt - volles Kindergeld.

Durch die Neuregelung des § 1612b BGB können sich auch für diese Fallkonstellation Änderungen ergeben, die jedoch bei der Umstellung auf den Mindestunterhalt gem. § 36 Nr. 3 EGZPO nicht be-rücksichtigt werden. Dafür ist eine Abänderungsklage gem. § 323 ZPO erforderlich. Diese ist auch gem. § 36 Nr. 3 Satz 6 EGZPO in Verbindung mit § 36 Nr. 1, 2 EGZPO möglich.

lung auf den Mindestunterhalt bei der Berücksichtigung des vollen Kindergelds. Gemäß § 36 Nr. 3

Page 81: Das neue Unterhaltsrecht: Rangfolge, Mindestunterhalt und Anpassung bestehender Unterhaltsregelungen (2008)

80 Die Neuregelungen im Einzelnen

9.3.3.4 Buchstabe d)

Sieht der Titel bzw. die Vereinbarung weder eine Anrechnung noch eine Hinzurechnung des Kin-dergelds oder einen Teils des Kindergelds vor (Fall des § 1612b Abs. 5 BGB), so wird nun im Rah-men der Umstellung auf den Mindestunterhalt das hälftige Kindergeld berücksichtigt. Gemäß § 36 Nr. 3 Satz 4 Buchstabe d) EGZPO ist § 36 Nr. 3 Satz 4 Buchstabe a) EGZPO anzuwenden.

Hinweis

Die Formeln für die Berechnung des neuen Prozentsatzes und des neuen Unterhaltsbetrages lau-ten für diese Fallgruppe gem. § 36 Nr. 3 Satz 4 Buchstabe d) EGZPO wie folgt:

neuer Prozentsatz = bisheriger Unterhaltsbetrag + ½ Kindergeld

Mindestunterhalt

neuer Unterhaltsbetrag = neuer Prozentsatz x Mindestunterhalt - ½ Kindergeld.

9.3.4 § 36 Nr. 4 EGZPO

§ 36 Nr. 4 EGZPO legt übergangsweise die Höhe des Mindestunterhalts der jeweiligen Altersstu-fen auf einen höheren Betrag fest, als er sich derzeit nach dem neuen § 1612a BGB ergeben wür-de.

Diese Vorschrift wurde im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens eingefügt, weil die Bezugnahme auf den steuerlichen Kinderfreibetrag nach § 32 Abs. 6 Satz 1 EStG als Bezugsgröße für den Mindestun-terhalt unter Berücksichtigung der Umgestaltung des Kindergelds als Einkommen des Kindes und seiner bedarfsdeckenden Funktion überwiegend zu niedrigeren Zahlbeträgen geführt hätte, als diese bisher geschuldet sind. Ein Absinken des aktuellen Unterhaltsniveaus war mit der Neuregelung al-lerdings nicht intendiert.

Die für die einzelnen Altersstufen konkret bezifferten Beträge errechnen sich aus den jeweiligen Regelbeträgen nach § 1 der Fünften Verordnung zur Änderung der Regelbetrag-Verordnung vom 5.6.2007 – entsprechen mithin den zuletzt gültigen Regelbeträgen (West) – und dem hälftigen Kin-dergeld in Höhe von 77 EUR, das dem Regelbetrag hinzugerechnet wird.

Eine Differenzierung der Unterhaltshöhe nach „Ost“ und „West“ wird nicht vorgenommen, womit sich die Übergangsvorschrift in das neue System einpasst.

Die so festgelegten Beträge übersteigen die sich aus der Neuregelung des § 1612a BGB aktuell er-gebenden Mindestunterhaltsbeträge der einzelnen Altersstufen.

1. Altersstufe 2. Altersstufe 3. Altersstufe

Mindestunterhalt § 1612a BGB 265 EUR 304 EUR 356 EUR

Mindestunterhalt § 36 Nr. 4 EGZPO 279 EUR 322 EUR 365 EUR

In der Praxis hat dies zur Folge, dass für die Dauer der Geltung des § 36 Nr. 4 EGZPO in der For-mulierung von Anträgen auf Erlass eines dynamisierten Unterhaltstitels und in Vereinbarungen hier-über nicht allein auf den Mindestunterhalt wie er in § 1612a BGB definiert ist, Bezug genommen werden kann.

Page 82: Das neue Unterhaltsrecht: Rangfolge, Mindestunterhalt und Anpassung bestehender Unterhaltsregelungen (2008)

Einführung von § 36 im Einführungsgesetz zur Zivilprozessordnung (EGZPO) 81

Hinweis

Für die Dauer der Geltung des § 36 Nr. 4 EGZPO könnte der Antrag auf Erlass eines dynamisier-

ten Unterhaltstitels wie folgt formuliert werden:

Der Beklagte wird verurteilt, an den am 1.1.2008 geborenen Kläger bis zum Ersten eines jeden

Monats einen monatlichen Unterhaltsbetrag

1. ab dem 1.1.2008 in Höhe von 87 % eines Zwölftels des doppelten jeweiligen Kinderfreibetrags

(erste Alterstufe) nach § 32 Abs. 6 Satz 1 EStG, mindestens aber 279 EUR

2. ab dem 1.1.2014 in Höhe von 100 % eines Zwölftels des doppelten jeweiligen Kinderfreibe-

trags (zweite Alterstufe) nach § 32 Abs. 6 Satz 1 EStG, mindestens aber 322 EUR und

3. ab dem 1.1.2020 in Höhe von 117 % eines Zwölftels des doppelten jeweiligen Kinderfreibe-

trags (dritte Altersstufe) nach § 32 Abs. 6 Satz 1 EStG, mindestens aber 365 EUR

jeweils abzüglich der Hälfte des für den maßgeblichen Zeitraum geltenden gesetzlichen Kinder-

gelds für ein erstes Kind zu zahlen.

Eine Vereinfachung des Unterhaltsrechts, jedenfalls in der praktischen Handhabung, ist mit dieser

Regelung – wie sich schon aus der vorstehenden Formulierung ergibt – nicht erreicht worden.

Aus der Formulierung „bis zu dem Zeitpunkt“ folgt, dass die Übergangsregelung befristet, also

endlich, ist. Im Falle eines späteren Absinkens des Mindestunterhalts nach der neuen Regelung des

§ 1612a BGB – nachdem die in § 36 Nr. 4 EGZPO festgelegten Beträge erstmal erreicht wurden –

kann auf die Festlegung dort nicht mehr zurückgegriffen werden.

Es steht in Anbetracht der Parameter, die für die Festlegung des sächlichen Existenzminimums –

und mithin des Mindestunterhalts nach § 1612a BGB – maßgeblich sind, zu erwarten, dass sich der

Mindestunterhalt auf lange Sicht nach den in § 36 Nr. 4 EGZPO festgelegten Beträgen bemisst.

9.3.5 § 36 Nr. 5 EGZPO

Gemäß § 36 Nr. 5 Satz 1 EGZPO können in einem Verfahren über die durch Verwandtschaft oder

Ehe begründete gesetzliche Unterhaltspflicht sowie über Ansprüche aus §§ 1615l, 1615m BGB Um-

stände, die vor Inkrafttreten des neuen Unterhaltsrechts entstanden und durch das neue Recht erheb-

lich geworden sind, auch noch in der Revisionsinstanz vorgebracht werden.

Diese Regelung bezweckt, dass auch Verfahren, die beim Revisionsgericht anhängig sind, auf der

Grundlage des neuen Unterhaltsrechts abgewickelt werden können.

Insofern können ausnahmsweise neue Tatsachen im Revisionsverfahren berücksichtigt werden.

Sind die neu vorgetragenen Tatsachen zwischen den Parteien unstreitig, hat das Revisionsgericht

gem. § 563 Abs. 3 ZPO selbst in der Sache zu entscheiden.

Ist bezüglich der neuen Tatsachen eine Beweisaufnahme erforderlich, kann das Revisionsgericht

gem. § 36 Nr. 5 Satz 2 EGZPO die Sache an das Berufungsgericht zurückverweisen. Eine Verpflich-

tung zur Zurückverweisung besteht demnach nicht. Kleine, wenig aufwändige Beweisaufnahmen

wird das Revisionsgericht selbst durchführen.

9.3.6 § 36 Nr. 6 EGZPO

Gemäß § 36 Nr. 6 EGZPO ist in einem Verfahren über die durch Verwandtschaft oder Ehe begrün-

dete gesetzliche Unterhaltspflicht sowie über Ansprüche aus §§ 1615l, 1615m BGB eine vor dem

Inkrafttreten des Gesetzes geschlossene mündliche Verhandlung auf Antrag wieder zu eröffnen.

Durch diese Regelung sollen die Parteien die Gelegenheit erhalten, diejenigen Tatsachen noch vor-

zutragen, die erst durch das neue Unterhaltsrecht entscheidungserheblich geworden sind.

Page 83: Das neue Unterhaltsrecht: Rangfolge, Mindestunterhalt und Anpassung bestehender Unterhaltsregelungen (2008)

82 Die Neuregelungen im Einzelnen

Diese, das Ermessen des Gerichts gem. § 156 Abs. 1 ZPO reduzierende Vorschrift dient der Pro-zessökonomie. Sie verhindert Rechtsmittelverfahren und Abänderungsklagen.

9.3.7 § 36 Nr. 7 EGZPO

Gemäß § 36 Nr. 7 EGZPO gilt das neue Unterhaltsrecht nicht für Unterhaltsleistungen, die vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes fällig geworden sind und auch nicht für Unterhaltsansprüche von Ehegatten, deren Ehe nach dem bis zum 30.6.1977 geltenden Recht geschieden wurde.

10 Änderung von § 42 Gerichtskostengesetz (GKG)

10.1 Gesetzestext

§ 42 Abs. 1 GKG lautet:

„Wiederkehrende Leistungen

(1) Bei Ansprüchen auf Erfüllung einer gesetzlichen Unterhaltspflicht ist der für die ersten zwölf Monate nach Einreichung der Klage oder des Antrags geforderte Betrag maßgeblich, höchstens je-doch der Gesamtbetrag der geforderten Leistung. Bei Unterhaltsansprüchen nach den §§ 1612a bis 1612c des Bürgerlichen Gesetzbuchs ist dem Wert nach Satz 1 der Monatsbetrag des zum Zeit-punkt der Einreichung der Klage oder des Antrags geltenden Mindestunterhalts nach der zu diesem Zeitpunkt maßgebenden Altersstufe zu Grunde zu legen.“

10.2 Regelungsinhalt

Diese Vorschrift regelt die Bestimmung des Streitwerts bezüglich der Gerichtskosten im Rahmen von Unterhaltsansprüchen.

10.3 Bisherige Rechtslage

Im Rahmen der Bestimmung der Kosten des gerichtlichen Verfahrens war gem. § 42 Abs. 1 Satz 2 GKG a. F. bei Unterhaltsansprüchen nach §§ 1612a bis 1612c BGB dem Wert nach Satz 1 (das heißt dem Unterhaltsbetrag, der für die ersten zwölf Monate nach Einreichung der Klage oder des Antrags gefordert wurde, höchstens jedoch dem Gesamtbetrag der geforderten Leistung) der Monatsbetrag des Unterhalts nach dem Regelbetrag und der Altersstufe zu Grunde zu legen, die im Zeitpunkt der Einreichung der Klage oder des Antrags maßgebend waren.

10.4 Regelungszweck

Die vorgenommenen Änderungen sind rein redaktioneller Natur. Sie bezwecken die sprachliche Verbesserung sowie die sprachliche Anpassung des Gesetzeswortlautes an das neue System des Mindestunterhalts nach dem neu gefassten § 1612a Abs. 1 BGB.

10.5 Neue Rechtslage

Die bisherige Formulierung „Regelbetrag“ wurde durch die neue Formulierung „Mindestunterhalt“ ersetzt. Zudem wurde die Abfolge einiger Worte geändert.

Der Regelungsinhalt der Vorschrift blieb jedoch unverändert.

Page 84: Das neue Unterhaltsrecht: Rangfolge, Mindestunterhalt und Anpassung bestehender Unterhaltsregelungen (2008)

83

11 Änderung von § 24 Kostenordnung (KostO)

11.1 Gesetzestext

§ 24 Abs. 4 KostO lautet:

„Wiederkehrende Nutzungen oder Leistungen

(4) Der Geschäftswert für Unterhaltsansprüche nach den §§ 1612a bis 1612c des Bürgerlichen Ge-setzbuchs bestimmt sich nach dem Betrag des einjährigen Bezugs. Dem Wert nach Satz 1 ist der Monatsbetrag des zum Zeitpunkt der Beurkundung geltenden Mindestunterhalts nach der zu diesem Zeitpunkt maßgebenden Altersstufe zugrunde zu legen.“

11.2 Regelungsinhalt

In den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit werden die Gerichtskosten im Sinne von Gebühren und Auslagen nach der Kostenordnung erhoben (§ 1 KostO). Die Berechnung der Gebüh-ren erfolgt nach dem sog. Geschäftswert (§ 18 Abs. 1 Satz 1 KostO). Die Rechtsnorm des § 24

terhaltsansprüche nach §§ 1612a bis 1612c BGB.

11.3 Bisherige Rechtslage

Bereits vor der Änderung des Unterhaltsrechts bestimmte sich der Geschäftswert für Unterhaltsan-sprüche nach §§ 1612a bis 1612c BGB nach dem Betrag des einjährigen Bezuges (unverändert § 24 Abs. 4 Satz 1 KostO).

Gemäß § 24 Abs. 4 Satz 2 KostO a. F. war dem Wert nach Satz 1 der Monatsbetrag des Unterhalts nach dem Regelbetrag und der Altersstufe zu Grunde zu legen, die im Zeitpunkt der Beurkundung maßgebend waren.

11.4 Regelungszweck

Die vorgenommenen Änderungen sind rein redaktioneller Natur. Sie bezwecken die sprachliche Verbesserung sowie die sprachliche Anpassung des Gesetzeswortlautes an das neue System des Mindestunterhalts nach dem neu gefassten § 1612a Abs. 1 BGB.

11.5 Neue Rechtslage

Die bisherige Formulierung „Regelbetrag“ wurde durch die neue Formulierung „Mindestunterhalt“ ersetzt. Zudem wurde die Abfolge einiger Worte geändert.

Der Regelungsinhalt der Vorschrift blieb jedoch unverändert.

12 Änderungen in der Anlage 2 zur Auslandskostenver-ordnung (AuslandsKostVO)

12.1 Gesetzestext

Nr. 7 Abs. 4 der Anlage 2 zu § 2 Abs. 1 AuslandsKostVO lautet:

„7. ...

Änderungen in der Anlage 2 zur Auslandskostenverordnung (AuslandsKostVO)

KostO regelt die für die Gebührenberechnung erforderliche Festsetzung des Geschäftswerts für Un-

Page 85: Das neue Unterhaltsrecht: Rangfolge, Mindestunterhalt und Anpassung bestehender Unterhaltsregelungen (2008)

84

(4) Der Geschäftswert für Unterhaltsansprüche nach den §§ 1612a bis 1612c des Bürgerlichen Ge-setzbuchs bestimmt sich nach dem Betrag des einjährigen Bezugs. Dem Wert nach Satz 1 ist der Monatsbetrag des Unterhalts nach dem Mindestunterhalt nach § 1612a Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs und der Altersstufe zu Grunde zu legen, die im Zeitpunkt der Beurkundung maßge-bend sind.“

12.2 Bisherige Rechtslage

Bislang war gem. Nr. 7 Abs. 4 Satz 2 der Anlage 2 a. F. zu § 2 Abs. 1 AuslandsKostVO bei der Be-stimmung des Geschäftswertes für Unterhaltsansprüche der Monatsbetrag des Unterhalts nach dem Regelbetrag und der Altersstufe zu Grunde zu legen.

12.3 Regelungszweck

Die Änderung von Nr. 7 Abs. 4 Satz 2 der Anlage 2 zu § 2 Abs. 1 AuslandsKostVO bezweckt eine Anpassung an den geänderten Wortlaut von § 1612a BGB.

12.4 Neue Rechtslage

In Nr. 7 Abs. 4 Satz 2 der Anlage 2 zu § 2 Abs. 1 AuslandsKostVO wurde das Wort „Regelbetrag“ durch die Wörter „Mindestunterhalt nach § 1612a Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs“ ersetzt.

Bei der Bestimmung des Geschäftswertes für Unterhaltsansprüche ist nun der Monatsbetrag des Unterhalts nach dem Mindestunterhalt nach § 1612a Abs. 1 BGB und der Altersstufe zu Grunde zu legen.

13 Art. 4 des Gesetzes zur Änderung des Unterhaltsrechts (Inkrafttreten, Außerkrafttreten)

13.1 Gesetzestext

Art. 4 des Gesetzes zur Änderung des Unterhaltsrechts lautet wie folgt:

„Inkrafttreten, Außerkrafttreten

Dieses Gesetz tritt am 1. Januar 2008 in Kraft; gleichzeitig treten das Kindesunterhaltsgesetz vom 6. April 1998 BGBI. l S. 666), zuletzt geändert durch Artikel 28 des Gesetzes vom 13. De-zember 2001 (BGBl. I S. 3574), und die Regelbetrag-Verordnung vom 6. April 1998 (BGBI. 1 S. 666, 668), zuletzt geändert durch die Verordnung vom 5. Juni 2007 (BGBl. I S. 1044), außer Kraft.“

13.2 Neue Rechtslage

Das neue Unterhaltsrecht tritt am 1.1.2008 in Kraft.

Das Kindesunterhaltsgesetz und die Regelbetrag-Verordnung sind nun entbehrlich und treten zum 1.1.2008 außer Kraft.

Hinweis

Materiell-rechtliche und verfahrensrechtliche Übergansvorschriften für das Gesetz zur Änderung des Unterhaltsrechts hinsichtlich der Unterhaltsansprüche, die bereits vor dem Inkrafttreten der Neuregelungen entstanden sind, enthält der neu eingeführte § 36 EGZPO.

Die Neuregelungen im Einzelnen

Page 86: Das neue Unterhaltsrecht: Rangfolge, Mindestunterhalt und Anpassung bestehender Unterhaltsregelungen (2008)

III Gang der Gesetzgebung

Anlass für die Reform des Unterhaltsrechts war neben rechtspolitischen Erwägungen eine Entschei-dung des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahre 2003.

In seinem Beschluss vom 9.4.2003 zur Verfassungsmäßigkeit der Nichtanrechnung von Kindergeld auf den Unterhalt führt das Bundesverfassungsgericht28 aus, „dass das Rechtsstaatsprinzip des Art. 20 Abs. III GG dem Gesetzgeber gebietet, bei der von ihm gewählten Ausgestaltung“ der Familien-förderung und des Familienlastenausgleichs „Normen zu schaffen, die auch in ihrem Zusammenwir-ken dem Grundsatz der Normenklarheit genügen. Diesen Grundsätzen genügen die das Kindergeld betreffenden Regelungen in ihrer sozial-, steuer- und familienrechtlichen Verflechtung immer weni-ger“.

Der 15. Deutsche Familiengerichtstag gibt nach seiner Tagung vom 17. bis 20.9.2003 Empfehlungen für Änderungen im Unterhaltsrecht an die Gesetzgebung heraus. Diese Empfehlungen lauten wie folgt:

1. Allgemein

1.1 Existenzminimum

Das Existenzminimum ist für Kinder und Erwachsene gesetzlich festzulegen. Es ist auf der Grundla-ge des Existenzminimumberichts der Bundesregierung als einheitliche Bezugsgröße für das Steuer-, Sozial- und Zivilrecht zu definieren. Notwendige Anpassungen sind in einem regelmäßigen Abstand jeweils zum Beginn eines Kalenderjahres vorzusehen.

1.2 Mindestbedarf

Es ist Aufgabe des Gesetzgebers, auf der Basis des Existenzminimums den Mindestbedarf von Un-terhaltsbedürftigen und den notwendigen Selbstbehalt von Unterhaltspflichtigen zu normieren.

Es ist zu überlegen, inwieweit die Unterhaltsschuld nicht einen Vorrang vor anderen Verbindlichkei-ten des Unterhaltsschuldners erhalten soll.

1.3 Steuerrecht

Zahlungen zur Erfüllung gesetzlicher Unterhaltspflichten sollen als zwangsläufige Verpflichtungen unabhängig von der Höhe und einer Zustimmung des Empfängers zum Sonderausgabenabzug zuge-lassen werden.

1.4 Sozialrecht

Widersprüche zwischen Sozial- und Unterhaltsrecht sind zu beseitigen. Das Sozialrecht ist in allen subsidiären Regelungsbereichen an die unterhaltsrechtlichen Vorschriften anzupassen, um Schäden für die Allgemeinheit zu vermeiden. Soweit subsidiäre Sozialleistungen erbracht worden sind, ist ein uneingeschränkter gesetzlicher For-derungsübergang in Höhe der erbrachten Zahlungen vorzusehen. Bei einer Bedarfsgemeinschaft sind Wohnkosten in einem angemessenen Verhältnis zwischen Er-wachsenen und Kindern aufzuteilen.

28 BVerG, Beschluss v. 9.4.2003, 1 BvL 1/01, NJW 2003, 2733, 2735.

Page 87: Das neue Unterhaltsrecht: Rangfolge, Mindestunterhalt und Anpassung bestehender Unterhaltsregelungen (2008)

86 Gang der Gesetzgebung

2. Kindes-, Ehegatten- und Betreuungsunterhalt

2.1 Rangverhältnis

Die unterhaltsrechtlichen Rangverhältnisse sollen wie folgt geändert werden:

1. Rang: minderjährige Kinder und privilegierte volljährige Kinder

2. Rang: kinderbetreuende Elternteile (§§ 1570 und 1615 l BGB, auch bei bestehender Ehe) für einen gesetzlich begrenzten Zeitraum sowie Ehegatten bei langer Ehe

3. Rang: sonstiger Ehegattenunterhalt

4. Rang: volljährige Kinder

5. Rang: sonstiger Verwandtenunterhalt

Zumindest sollte der Vorrang des geschiedenen Ehegatten nach § 1582 I 2 BGB im Fall des Aufsto-ckungsunterhalts des geschiedenen Ehegatten entfallen.

2.2 Kindesunterhalt

Der Unterhaltsbedarf des Kindes und die Zuordnung von Kindergeld bei Auseinanderfallen von Barunterhaltspflicht und Bezugsberechtigung ist unverzüglich gesetzlich neu zu ordnen.

Zugleich sind die Altersstufen für das Unterhaltsrecht und Sozialrecht zu vereinheitlichen.

Eine bedarfsdeckende Anrechnung von Kindergeld muss im Unterhaltsrecht und Sozialrecht nach den selben Grundsätzen erfolgen.

Bei der Neuregelung müssen die Vorschriften des Steuer- und Unterhaltsrechts in ihren Wechsel-wirkungen für den Barunterhaltspflichtigen eine Steuerfreistellung des zu leistenden Unterhalts bis zur Höhe des Existenzminimums gewährleisten.

2.3 Betreuungsunterhalt

Die gesteigerte Erwerbsobliegenheit des Unterhaltspflichtigen gem. § 1603 Abs. 2 BGB soll auch eingreifen bei Unterhaltsansprüchen von kinderbetreuenden Elternteilen.

2.4 Unterhalt für die Vergangenheit

§ 1585b Abs. 2 BGB ist an § 1613 Abs. 1 BGB anzugleichen. Insbesondere soll die Regelung auf-genommen werden, dass auch der nacheheliche Unterhalt ab dem Zeitpunkt des Auskunftsverlan-gens gefordert werden kann.

2.5 Abänderung

Die rückwirkende Herabsetzung von Unterhalt soll unter den gleichen Voraussetzungen wie die rückwirkende Erhöhung ermöglicht werden. Dabei soll die Regelung insgesamt im materiellen Recht erfolgen, da auch für privatschriftliche Unterhaltsvereinbarungen die Notwendigkeit einer Regelung besteht.

2.6 Vereinbarungen, Verzicht

Vor Rechtskraft der Ehescheidung getroffene Vereinbarungen über den nachehelichen Unterhalt bedürfen der notariellen Beurkundung oder der gerichtlichen Protokollierung (vgl. § 1378 Abs. 3 S. 2 BGB).

§ 1585c BGB sollte dahingehend ergänzt werden, dass ein vollständiger Verzicht auf den Unterhalt gem. § 1570 BGB ebenso wie seine Begrenzung auf das Existenzminimum unzulässig sind.

Page 88: Das neue Unterhaltsrecht: Rangfolge, Mindestunterhalt und Anpassung bestehender Unterhaltsregelungen (2008)

87

Am 5.5.2004 stellt die Fraktion der FDP eine große Anfrage zum Reformbedarf im Unterhaltsrecht (BT-Drs. 15/3117). In dieser charakterisiert sie das Unterhaltsrecht als inzwischen kompliziert, schwer durchschaubar, unübersichtlich und für den Bürger nicht mehr verständlich.

Das Bundesjustizministerium präsentiert am 1.11.2004 erstmals die wesentlichen Inhalte der geplan-ten Reform des Unterhaltsrechts.

Am 20.4.2005 legt die FDP-Fraktion einen Antrag (BT-Drs. 15/5369) vor, in welchem sie die Bun-desregierung auffordert, zeitnah einen Gesetzesentwurf vorzulegen, der unter anderem

1. das Unterhaltsrecht grundlegend vereinfacht und harmonisiert

2. die Unstimmigkeiten zwischen dem Sozial-, Steuer- und Unterhaltsrecht beseitigt

3. die Rangverhältnisse neu fasst und den gesellschaftlichen Entwicklungen anpasst

4. die nachehelichen Unterhaltsansprüche regelmäßig befristet und

5. die Unterhaltsansprüche von geschiedenen und nichtehelichen Elternteilen für die Dauer der Kinderbetreuung annähert.

Am 9.5.2005 legt das Bundesministerium der Justiz einen Referentenentwurf für den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Unterhaltsrechts (Unterhaltsrechtsänderungsgesetz) vor.

Der Koalitionsvertrag zwischen Union und SPD vom 11.11.2005 sieht vor, dass Kinder beim Unter-halt an erster Stelle stehen sollen.

Am 8.3.2006 stellt die FDP-Fraktion einen weiteren Antrag (BT-Drs. 16/891), in welchem sie die Bundesregierung erneut auffordert, zeitnah einen Gesetzesentwurf zur Reform des Unterhaltsrechts vorzulegen. Inhaltlich entspricht der Antrag weitestgehend dem am 20.4.2005 gestellten Antrag.

Am 5.4.2006 hat die Bundesregierung einen Gesetzesentwurf zur Änderung des Unterhaltsrechts beschlossen. Das Bundesministerium der Justiz legt am selben Tag einen Referentenentwurf zur Reform des Unterhaltsrechts vor.

In seiner 822. Sitzung, am 19.5.2006, nimmt der Bundesrat zum Regierungsentwurf Stellung (Ple-narprotokoll 822).

Der Entwurf der Bundesregierung eines Gesetzes zur Änderung des Unterhaltsrechts (BT-Drs. 16/1830) vom 15.6.2006 wird am 29.6.2006 vom Bundestag an die zuständigen Ausschüsse über-wiesen.

Am 16.10.2006 führt der Rechtsausschuss des Bundestages eine öffentliche Sachverständigenanhö-rung durch, im Rahmen derer der vorgelegte Gesetzesentwurf zur Reform des Unterhaltsrechts ü-berwiegend positiv beurteilt wird.

Die nach der Einigung der Koalitionsfraktionen für den 25.5.2007 in Aussicht genommene Verab-schiedung des Gesetzes wird durch die am 23.5.2007 veröffentlichte Entscheidung des Bundesver-fassungsgerichts vom 28.2.2007 (1 BvL 9/04) gestoppt:

Das Bundesverfassungsgericht stellt in seinem Beschluss klar, dass ein wegen Kinderbetreuung ge-währter Unterhaltsanspruch, dessen Dauer ausschließlich am Kindesalter und damit daran bemessen wird, wie lange ein Kind der persönlichen Betreuung durch einen Elternteil bedarf, dann gegen Art. 6 Abs. 5 GG verstößt, wenn der Betreuungsbedarf für nichteheliche Kinder kürzer eingestuft wird als für eheliche Kinder. Es sei insofern in jedem Fall ein gleicher Maßstab hinsichtlich der Dauer des wegen der Kinderbetreuung gewährten Unterhaltsanspruchs bei nichtehelichen und eheli-chen Kindern zu Grunde zu legen.

Am 5.11.2007 gibt das Bundesministerium der Justiz bekannt, dass sich die Koalitionsfraktionen über einen seitens des Ministeriums verfassten Formulierungsvorschlag verständigt haben.

Gang der Gesetzgebung

Page 89: Das neue Unterhaltsrecht: Rangfolge, Mindestunterhalt und Anpassung bestehender Unterhaltsregelungen (2008)

88 Gang der Gesetzgebung

Am 7.11.2007 berät der Rechtsausschuss den Gesetzesentwurf auf der Grundlage des Formulie-rungsvorschlages und empfiehlt dem Bundestag zuzustimmen.

Am 9.11.2007 verabschiedet der Bundestag die Reform des Unterhaltsrechts entsprechend der Be-schlussempfehlung des Rechtsausschusses vom 7.11.2007 (BT-Drs. 16/1830).

Der Bundesrat befasst sich am 30. 11.2007 noch einmal mit dem – nicht zustimmungsbedürftigen – Gesetz.

Nach Prüfung und Ausfertigung durch den Bundespräsidenten wird das Gesetz zur Änderung des Unterhaltsrechts vom 21. Dezember 2007 im Bundesgesetzblatt I Nr. 69 S. 3189 veröffentlicht und tritt zum 1.1.2008 in Kraft.

Page 90: Das neue Unterhaltsrecht: Rangfolge, Mindestunterhalt und Anpassung bestehender Unterhaltsregelungen (2008)

IV Arbeitshilfen

1 Ländergruppeneinteilung

Berücksichtigung ausländischer Verhältnisse; Ländergruppeneinteilung ab 2004

Nach Abstimmung mit den obersten Finanzbehörden der Länder sind die Beträge des § 1 Abs. 3 Satz 2, des § 32 Abs. 6 Satz 4 und des § 33a Abs. 1 Satz 5 und Abs. 2 Satz 3 EStG mit Wirkung ab 1.1.2004 wie folgt anzusetzen.

in voller Höhe mit ¾ mit ½ mit 1/4

Wohnsitzstaat des Steuerpflichtigen bzw. der unterhaltenen Person

1 2 3 4

Andorra

Australien

Belgien

Brunei Darussalam

Dänemark

Finnland

Frankreich

Hongkong

Irland

Island

Israel

Italien

Japan

Kanada

Katar

Kuwait

Liechtenstein

Luxemburg

Monaco

Niederlande

Norwegen

Österreich

San Marino

Schweden

Schweiz

Singapur

Spanien

Vereinigte Arab.

Emirate

Vereinigte Staaten

Vereinigtes König-

reich

Antigua und

Barbuda

Bahamas

Bahrain

Barbados

Griechenland

Korea, Republik

Malta

Neuseeland

Oman

Palau

Portugal

Slowenien

Taiwan

Zypern

Argentienien

Belize

Botsuana

Brasilien

Chile

Cookinseln

Costa Rica

Dominica

Estland

Gabun

Grenada

Jamaika

Kroatien

Lettland

Libanon

Libysch-Arabische

Dschamahirija

Litauen

Malaysia

Mauritius

Mexiko

Nauru

Niue

Panama

Polen

Saudi-Arabien

Seychellen

Slowakische Repu-

blik

St. Kitts und Nevis

St. Lucia

St. Vincent und die

Grenadinen

Südafrika

Trinidad und Tobago

Afghanistan

Ägypten

Albanien

Algerien

Angola

Äquatorialguinea

Armenien

Aserbaidschan

Äthiopien

Bangladesch

Benin

Bhutan

Bolivien

Bosnien-

Herzegowina

Bulgarien

Burkina Faso

Burundi

China (VR)

Côte d'Ivoire

Dominik. Republik

Dschibuti

Ecuador

El Salvador

Eritrea

Fidschi

Gambia

Georgien

Ghana

Guatemala

Guinea

Guinea-Bissau

Guyana

Haiti

Honduras

Malawi

Malediven

Mali

Marokko

Marshallinseln

Mauretanien

Mazedonien (ehema-

lige

jugoslawische Rep.)

Mikronesien,

Föderierte Staaten

von

Moldau, Republik

Mongolei

Mosambik

Myanmar

Namibia

Nepal

Nicaragua

Niger

Nigeria

Pakistan

Papua-Neuguinea

Paraguay

Peru

Philippinen

Ruanda

Rumänien

Russische Föderati-

on

Salomonen

Sambia

Samoa

São Tome und

Príncipe

Page 91: Das neue Unterhaltsrecht: Rangfolge, Mindestunterhalt und Anpassung bestehender Unterhaltsregelungen (2008)

90 Arbeitshilfen

in voller Höhe mit ¾ mit ½ mit 1/4

Wohnsitzstaat des Steuerpflichtigen bzw. der unterhaltenen Person

1 2 3 4

Tschechische Repu-

blik

Türkei

Ungarn

Uruguay

Venezuela

Weißrussland

Indien

Indonesien

Irak

Iran, Islam. Republik

Jemen

Jordanien

Kambodscha

Kamerun

Kap Verde

Kasachstan

Kenia

Kirgisistan

Kiribati

Kolumbien

Komoren

Kongo

Kongo, Dem. Rep.

Korea, Dem. VR

Kuba

Laos, Dem. VR

Lesotho

Liberia

Madagaskar

Senegal

Serbien und Monte-

negro

Sierra Leone

Simbabwe

Somalia

Sri Lanka

Sudan

Suriname

Swasiland

Syrien, Arab. Rep.

Tadschikistan

Tansania, Verein.

Rep.

Thailand

Timor-Leste

Togo

Tonga

Tschad

Tunesien

Turkmenistan

Tuvalu

Uganda

Ukraine

Usbekistan

Vanuatu

Vietnam

Zentralafrik. Repu-

blik

2 Regelsätze nach § 28 SGB XII

Sozialgesetzbuch (SGB) Zwölftes Buch (XII) - Sozialhilfe

Vom 27. Dezember 2003 (BGBl. I 2003 S. 3022); Zuletzt geändert durch Gesetz zum Schutz vor den Gefahren des Passivrauchens vom 20. Juli 2007 (BGBl. I 2007 S. 1595)

§ 28 Regelbedarf, Inhalt der Regelsätze

(1) 1Der gesamte Bedarf des notwendigen Lebensunterhalts außerhalb von Einrichtungen mit Aus-nahme von Leistungen für Unterkunft und Heizung und der Sonderbedarfe nach den §§ 30 bis 34 wird nach Regelsätzen erbracht. 2Die Bedarfe werden abweichend festgelegt, wenn im Einzelfall ein Bedarf ganz oder teilweise anderweitig gedeckt ist oder unabweisbar seiner Höhe nach erheblich von einem durchschnittlichen Bedarf abweicht.

(2) 1Die Landesregierungen setzen durch Rechtsverordnung die Höhe der monatlichen Regelsätze im Rahmen der Rechtsverordnung nach § 40 fest. 2Sie können die Ermächtigung auf die zuständigen Landesministerien übertragen. 3Die Träger der Sozialhilfe können ermächtigt werden, auf der

Page 92: Das neue Unterhaltsrecht: Rangfolge, Mindestunterhalt und Anpassung bestehender Unterhaltsregelungen (2008)

Regelbetrag-Verordnung 91

Grundlage von festgelegten Mindestregelsätzen regionale Regelsätze zu bestimmen. 4Die Festset-zung erfolgt erstmals zum 1. Januar 2007 und dann zum 1. Juli eines jeden Jahres, in dem eine Neu-bemessung der Regelsätze nach Absatz 3 Satz 5 erfolgt oder in dem sich der Rentenwert in der ge-setzlichen Rentenversicherung verändert.

(3) 1Die Regelsätze werden so bemessen, dass der Bedarf nach Absatz 1 dadurch gedeckt werden kann. 2Die Regelsatzbemessung berücksichtigt Stand und Entwicklung von Nettoeinkommen, Verbraucherverhalten und Lebenshaltungskosten. 3Grundlage sind die tatsächlichen, statistisch er-mittelten Verbrauchsausgaben von Haushalten in unteren Einkommensgruppen. 4Datengrundlage ist die Einkommens- und Verbrauchsstichprobe. 5Die Bemessung wird überprüft und gegebenenfalls weiterentwickelt, sobald die Ergebnisse einer neuen Einkommens- und Verbrauchsstichprobe vor-liegen.

(4) Die Regelsatzbemessung gewährleistet, dass bei Haushaltsgemeinschaften von Ehepaaren mit drei Kindern die Regelsätze zusammen mit Durchschnittsbeträgen der Leistungen nach den §§ 29 und 31 und unter Berücksichtigung eines durchschnittlich abzusetzenden Betrages nach § 82 Abs. 3 unter den erzielten monatlichen durchschnittlichen Nettoarbeitsentgelten unterer Lohn- und Gehalts-gruppen einschließlich anteiliger einmaliger Zahlungen zuzüglich Kindergeld und Wohngeld in ei-ner entsprechenden Haushaltsgemeinschaft mit einer alleinverdienenden vollzeitbeschäftigten Per-son bleiben.

(5) Wird jemand in einer anderen Familie oder bei anderen Personen als bei seinen Eltern oder ei-nem Elternteil untergebracht, so wird in der Regel der notwendige Lebensunterhalt abweichend von den Regelsätzen in Höhe der tatsächlichen Kosten der Unterbringung bemessen, sofern die Kosten einen angemessenen Umfang nicht übersteigen.

3 Regelbetrag-Verordnung

Vom 06. April 1998 (BGBl. I 1998 S. 668); Zuletzt geändert durch: Fünfte Verordnung zur Änderung der Regelbetrag-Verordnung vom 5. Juni 2007 (BGBl. I 2007 S. 1044)

§ 1 Festsetzung der Regelbeträge

Die Regelbeträge für den Unterhalt eines minderjährigen Kindes gegenüber dem Elternteil, mit dem es nicht in einem Haushalt lebt, betragen monatlich

1. in der ersten Altersstufe vom 1. Juli 2007 an 202 Euro,

2. in der zweiten Altersstufe vom 1. Juli 2007 an 245 Euro,

3. in der dritten Altersstufe vom 1. Juli 2007 an 288 Euro.

§ 2 Festsetzung der Regelbeträge für das in Artikel 3 des Einigungsvertrages genannte Gebiet

Die Regelbeträge für den Unterhalt eines minderjährigen Kindes gegenüber dem Elternteil, mit dem es nicht in einem Haushalt lebt, betragen in dem in Artikel 3 des Einigungsvertrages genannten Ge-biet monatlich

1. in der ersten Altersstufe vom 1. Juli 2007 an 186 Euro,

2. in der zweiten Altersstufe vom 1. Juli 2007 an 226 Euro,

3. in der dritten Altersstufe vom 1. Juli 2007 an 267 Euro.

Page 93: Das neue Unterhaltsrecht: Rangfolge, Mindestunterhalt und Anpassung bestehender Unterhaltsregelungen (2008)

92 Arbeitshilfen

4 Unterhaltstabellen

4.1 Berliner Tabelle nebst Anmerkungen und Kindergeldabzugs-tabellen

4.1.1 Amtlicher Hinweis zur Berliner Tabelle ab dem Jahr 2008

In Abstimmung mit der Unterhaltskommission des Deutschen Familiengerichtstages wird mitgeteilt:

Für Unterhaltsansprüche ab 1. Januar 2008 ist die im Jahre 1991 für den Beitrittsteil des Landes Berlin konzipierte und zuletzt zum 1. Juli 2007 geänderte „Berliner Tabelle als Vortabelle zur Düs-seldorfer Tabelle“ nicht mehr anzuwenden.

Es gilt nunmehr in ganz Deutschland die Düsseldorfer Tabelle (Stand: 1. Januar 2008) in Verbin-dung mit den Unterhaltsleitlinien des jeweiligen Oberlandesgerichts. Denn durch das ab 1. Januar 2008 geltende Gesetz zur Änderung des Unterhaltsrechts entfällt für die Unterhaltshöhe die bislang übliche Differenzierung nach dem Wohnsitz des Kindes im alten oder im neuen Bundesgebiet, so dass für die in den neuen Bundesländern oder in den östlichen Bezirken von Berlin lebenden Kinder keine Sonderregelungen mehr zu beachten sind (siehe BT-Drucksache 16/1830 S. 14, 27; BT-Drucksache 16/6980 S. 23).

Hinsichtlich der bis zum 31. Dezember 2007 für die im Beitrittsgebiet wohnenden Kinder zu errech-nenden Unterhaltsrückstände kommt der Berliner Tabelle aber nach wie vor Bedeutung zu.

Berlin, den 7. Dezember 2007

4.1.2 Berliner Tabelle als Vortabelle zur Düsseldorfer Tabelle mit den Kin-dergeldabzugstabellen für das alte Bundesgebiet und für das Beitritts-gebiet (Stand: 1.7.2007)

Die Tabelle geht aus von den in Art. 1 § 2 der Fünften Verordnung zur Änderung der Regelbetrag- Verordnung vom 5. Juni 2007 festgesetzten Regelbeträgen ab 1. Juli 2007 für das in Artikel 3 des

Einigungsvertrages genannte Gebiet (BGBl. I 2007 S. 1044) und nennt in Ergänzung der Düsseldor-fer Tabelle (Stand: 1. Juli 2007) die – nicht mit den Zahlbeträgen identischen – monatlichen Unter-haltsrichtsätze der im Beitrittsteil des Landes Berlin wohnenden minderjährigen unverheirateten Kinder, deren Unterhaltsschuldner gegenüber insgesamt drei Personen (einem Ehegatten und zwei Kindern) unterhaltspflichtig ist und ebenfalls im Beitrittsteil wohnt.

Die Prozentsätze Ost der Regelbeträge ab Gruppe b) sind gemäß § 1612a Abs. 2 Satz 1 BGB zu errechnen (z. B. 194 EUR : 186 EUR = 104,3 %). Die 135 %-Grenze Ost für die Kindergeldan-rechnung nach § 1612b Abs. 5 BGB beträgt in den drei Altersstufen 252 EUR bzw. 306 EUR bzw. 361 EUR.

Die 150 %-Grenze Ost für das Vereinfachte Verfahren (§ 645 Abs. 1 ZPO) beläuft sich in den drei Altersstufen auf 279 EUR bzw. 339 EUR bzw. 401 EUR.

Der Unterhaltsrichtsatz einer höheren Altersstufe ist ab dem Beginn des Monats maßgebend, in den der 6. bzw. 12. bzw. 18. Geburtstag fällt.

Das Kammergericht wendet nunmehr für alle im Elternhaushalt lebenden volljährigen Kinder, auch für die Schüler im Sinne von § 1603 Abs. 2 Satz 2 BGB, die 4. Altersstufe an. Die Bedarfsbeträge der Gruppen a) und b) sowie 1 bis 3 der 4. Altersstufe sind veranlasst durch das Urteil des BGH vom 17. Januar 2007 – XII ZR 166/04 – (FamRZ 2007, 542, 545) zur Sicherung des Existenzminimums für volljährige Kinder.

Page 94: Das neue Unterhaltsrecht: Rangfolge, Mindestunterhalt und Anpassung bestehender Unterhaltsregelungen (2008)

Unterhaltstabellen 93

Altersstufen in Jahren

(§ 1612a Abs. 3 BGB)

1. Alters-

stufe 0-5

(Geburt

bis 6. Ge-

burts-tag)

2. Al-

tersstufe

6-11 (6.

bis 12.

Geburts-

tag)

3. Alters-

stufe 12-

17 (12.

bis 18.

Ge-

burtstag)

4. Alters-

stufe ab

18 (wenn

im Eltern-

haushalt

lebend)

Prozent-

satz Ost

der Re-

gel-

beträge

Prozent-

satz West

der Regel-

beträge

Nettoeinkommen des Barunterhaltspflichtigen

Alle Beträge in Euro

Gruppe

a) bis 1.000 186 226 267 361 100

b) 1.000-1.150 194 236 278 361

ab 1.150 wie Düsseldorfer Tabelle (aber ohne Bedarfskontrollbetrag)

Gruppe

1 bis 1.300 202 245 288 389 100

2 1.300 - 1.500 217 263 309 389 107

3 1.500 - 1.700 231 280 329 389 114

4 1.700 - 1.900 245 297 349 401 121

5 1.900 - 2.100 259 314 369 424 128

6 2.100 - 2.300 273 331 389 447 135

7 2.300 - 2.500 287 348 409 471 142

8 2.500 - 2.800 303 368 432 497 150

9 2.800 - 3.200 324 392 461 530 160

10 3.200 - 3.600 344 417 490 563 170

11 3.600 - 4.000 364 441 519 596 180

12 4.000 - 4.400 384 466 548 629 190

13 4.400 - 4.800 404 490 576 662 200

über 4.800 nach den Umständen des Falles

b) Anmerkungen zur Berliner Tabelle

I. Der notwendige monatliche Selbstbehalt des Unterhaltspflichtigen beträgt gegenüber min-

derjährigen Kindern und volljährigen Kindern bis zum 21. Geburtstag, solange sie im El-

ternhaushalt leben und sich in der allgemeinen Schulausbildung befinden

In Berlin:

1. wenn der Unterhaltspflichtige erwerbstätig ist: 900 EUR

2. wenn der Unterhaltspflichtige nicht erwerbstätig ist: 770 EUR

II. Der angemessene monatliche Selbstbehalt des Unterhaltspflichtigen beträgt gegenüber ande- 1.100 EUR

III. Der angemessene monatliche Selbstbehalt des Unterhaltspflichtigen beträgt gegenüber dem

getrennt lebenden und dem geschiedenen Ehegatten, unabhängig davon, ob erwerbstätig

oder nicht erwerbstätig:

1.000 EUR

ren volljährigen Kindern:

Page 95: Das neue Unterhaltsrecht: Rangfolge, Mindestunterhalt und Anpassung bestehender Unterhaltsregelungen (2008)

94 Arbeitshilfen

IV. Der angemessene Bedarf (samt Warmmiete von 270 EUR und üblicher ausbildungsbeding-

ter Aufwendungen, aber ohne Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung und ohne Stu-

diengebühren) eines volljährigen Kindes, welches nicht im Elternhaushalt wohnt, beträgt in

der Regel monatlich:

640 EUR

V. Der angemessene Selbstbehalt des Unterhaltspflichtigen gegenüber seinen Eltern und ge-

genüber Enkeln beträgt mindestens monatlich: zuzüglich der Hälfte des darüber hinausge-

1.400 EUR

VI. Der angemessene Selbstbehalt des Unterhaltspflichtigen gegenüber der Mutter oder dem

Vater im Sinne von § 1615 l BGB beträgt mindestens monatlich, unabhängig davon, ob er-

werbstätig oder nicht erwerbstätig:

1.000 EUR

Der Bedarf der Mutter bzw. des Vaters eines nichtehelichen Kindes (§ 1615 l BGB) beträgt

in der Regel mindestens monatlich:

770 EUR

VII. Der Einsatzbetrag im Mangelfall beträgt bei dem mit dem Unterhaltspflichtigen zusammen-

lebenden Ehegatten gegenüber den in Anm. I. genannten Kindern

1. bei Erwerbstätigkeit des Ehegatten: 650 EUR

2. bei Nichterwerbstätigkeit des Ehegatten: 560 EUR

und gegenüber nicht privilegierten volljährigen Kindern: 800 EUR

Die Berliner Tabelle ist nur anzuwenden, wenn sowohl der Unterhaltsgläubiger als auch der Unter-haltsschuldner in Berlin wohnen. Die in den Anmerkungen genannten Selbstbehalte und Bedarfssät-ze sind in ganz Berlin gleich hoch, da durch § 20 Abs. 2 SGB II für die alten Bundesländer ein-schließlich Berlin (Ost) inzwischen die gleichen Regelleistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts festgesetzt worden sind. Wohnt der Unterhaltspflichtige außerhalb Berlins, ist auf den an seinem Wohnsitz geltenden abweichenden Selbstbehalt abzustellen. Für die im früheren Ostteil Berlins wohnenden Kinder gelten bis auf weiteres die Regelbeträge Ost wie im sonstigen Beitrittsgebiet.

Bei volljährigen Kindern ist das Kindergeld in vollem Umfang auf den Unterhaltsbedarf anzurech-nen. Bei minderjährigen Kindern erfolgt die grundsätzlich hälftige Anrechnung von Kindergeld auf den Tabellenunterhalt nur insoweit, als das hälftige Kindergeld zusammen mit dem Tabellenbe-darfsbetrag der Düsseldorfer Tabelle (DT) bzw. der Berliner Tabelle (BT) den jeweils geltenden 135 %igen Regelbetrag übersteigt (§ 1612 b Abs. 1 und 5 BGB). Der Kindergeldabzug berechnet sich mit folgender Formel:

Hälftiges Kindergeld (dieses beträgt ab 1. Januar 2002 77 EUR für das erste bis dritte Kind sowie 89,50 EUR für das vierte und jedes weitere Kind, BGBl. I 2001 S. 2074, 2077 f.; 2005 S. 458, 461) + Unterhaltsbedarfsbetrag - 135 %iger Regelbetrag West bzw. Ost (nach dem Wohnsitz des Kindes und seiner Altersstufe) = anzurechnendes Kindergeld (bei einem Negativsaldo entfällt die Anrechnung).

Daraus ergibt sich die folgende Kindergeldabzugstabelle (Tabellenbedarfsbetrag - Kindergeldab-zug = Zahlbetrag) für das alte Bundesgebiet bis zur Gruppe 6 der DT (135 %-Grenze West):

Kindergeldabzugstabellen für das alte Bundesgebiet und für das Beitrittsgebiet

Kind Gruppe der DT 1. Altersstufe 2. Altersstufe 3. Altersstufe

1. bis 3. Kind 1 (bis 1.300) 202 - 6 = 196 245 - 0 = 245 288 - 0 = 288

ab 4. Kind 1 202 - 18,50 = 183,50 245 - 3,50 = 241,50 288 - 0 = 288

1. bis 3. Kind 2 (1.300 - 1.500) 217 - 21 = 196 263 - 9 = 254 309 - 0 = 309

ab 4. Kind 2 217 - 33,50 = 183,50 263 - 21,50 = 241,50 309 - 9,50 = 299,50

henden Einkommens:

Page 96: Das neue Unterhaltsrecht: Rangfolge, Mindestunterhalt und Anpassung bestehender Unterhaltsregelungen (2008)

Unterhaltstabellen 95

Kind Gruppe der DT 1. Altersstufe 2. Altersstufe 3. Altersstufe

1. bis 3. Kind 3 (1.500 - 1.700) 231 - 35 = 196 280 - 26 = 254 329 - 17 = 312

ab 4. Kind 3 231 - 47,50 = 183,50 280 - 38,50 = 241,50 329 - 29,50 = 299,50

1. bis 3. Kind 4 (1.700 - 1.900) 245 - 49 = 196 297 - 43 = 254 349 - 37 = 312

ab 4. Kind 4 245 - 61,50 = 183,50 297 - 55,50 = 241,50 349 - 49,50 = 299,50

1. bis 3. Kind 5 (1.900 - 2.100) 259 - 63 = 196 314 - 60 = 254 369 - 57 = 312

ab 4. Kind 5 259 - 75,50 = 183,50 314 - 72,50 = 241,50 369 - 69,50 = 299,50

1. bis 3. Kind 6 (2.100 - 2.300) 273 - 77 = 196 331 - 77 = 254 389 - 77 = 312

Ab 4. Kind 6 273 - 89,50 = 183,50 331 - 89,50 = 241,50 389 - 89,50 = 299,50

Nach der Formel ergibt sich für das Beitrittsgebiet bis zur 135 %-Grenze Ost folgende Kin-dergeldabzugstabelle:

Kind Gruppe der BT 1. Altersstufe 2. Altersstufe 3. Altersstufe

1. bis 3. Kind a) (bis 1.000) 186 - 11 = 175 226 - 0 = 226 267 - 0 = 267

Ab 4. Kind a) 186 - 23,50 = 162,50 226 - 9,50 = 216,50 267 - 0 = 267

1. bis 3. Kind b) (1.000 - 1.150) 194 - 19 = 175 236 - 7 = 229 278 - 0 = 278

Ab 4. Kind b) 194 - 31,50 = 162,50 236 - 19,50 = 216,50 278 - 6,50 = 271,50

1. bis 3. Kind 1 (bis 1.300) 202 - 27 = 175 245 - 16 = 229 288 - 4 = 284

Ab 4. Kind 1 202 - 39,50 = 162,50 245 - 28,50 = 216,50 288 - 16,50 = 271,50

1. bis 3. Kind 2 (1.300 - 1.500) 217 - 42 = 175 263 - 34 = 229 309 - 25 = 284

Ab 4. Kind 2 217 - 54,50 = 162,50 263 - 46,50 = 216,50 309 - 37,50 = 271,50

1. bis 3. Kind 3 (1.500 - 1.700) 231 - 56 = 175 280 - 51 = 229 329 - 45 = 284

Ab 4. Kind 3 231 - 68,50 = 162,50 280 - 63,50 = 216,50 329 - 57,50 = 271,50

1. bis 3. Kind 4 (1.700 - 1.900) 245 - 70 = 175 297 - 68 = 229 349 - 65 = 284

Ab 4. Kind 4 245 - 82,50 = 162,50 297 - 80,50 = 216,50 349 - 77,50 = 271,50

1. bis 3. Kind 135 %-Grenze Ost 252 - 77 = 175 306 - 77 = 229 361 - 77 = 284

Ab 4. Kind 135 %-Grenze Ost 252 - 89,50 = 162,50 306 - 89,50 = 216,50 361 - 89,50 = 271,50

Page 97: Das neue Unterhaltsrecht: Rangfolge, Mindestunterhalt und Anpassung bestehender Unterhaltsregelungen (2008)

96 Arbeitshilfen

4.2 Düsseldorfer Tabelle nebst Anmerkungen und Kindergeldab-zugstabellen

4.2.1 Düsseldorfer Tabelle (Stand: 1.1.2008)

A. Kindesunterhalt

Nettoeinkom-men des Barun-terhalts-pflichtigen

Altersstufen in Jahren (§ 1612 a Abs. 1 BGB)

Pro-zent-satz

Bedarfs-kontrollbetrag

0 – 5 6 – 11 12 – 17 ab 18

Alle Beträge in Euro

1. bis 1.500 279 322 365 408 100 770/900

2. 1.501 - 1.900 293 339 384 429 105 1.000

3. 1.901 - 2.300 307 355 402 449 110 1.100

4. 2.301 - 2.700 321 371 420 470 115 1.200

5. 2.701 - 3.100 335 387 438 490 120 1.300

6. 3.101 - 3.500 358 413 468 523 128 1.400

7. 3.501 - 3.900 380 438 497 555 136 1.500

8. 3.901 - 4.300 402 464 526 588 144 1.600

9. 4.301 - 4.700 425 490 555 621 152 1.700

10. 4.701 - 5.100 447 516 584 653 160 1.800

ab 5.101 nach den Umständen des Falles

Anmerkungen:

1. Die Tabelle hat keine Gesetzeskraft, sondern stellt eine Richtlinie dar. Sie weist den monatlichen Unterhaltsbedarf aus, bezogen auf drei Unterhaltsberechtigte, ohne Rücksicht auf den Rang. Der Bedarf ist nicht identisch mit dem Zahlbetrag; dieser ergibt sich unter Berücksichtigung der nach-folgenden Anmerkungen. Bei einer größeren/ geringeren Anzahl Unterhaltsberechtigter können Ab- oder Zuschläge durch Einstufung in niedrigere/höhere Gruppen angemessen sein. Anmerkung 6 ist zu beachten. Zur Deckung des notwendigen Mindestbedarfs aller Beteiligten – einschließlich des Ehegatten – ist gegebenenfalls eine Herabstufung bis in die unterste Tabellengruppe vorzunehmen. Reicht das verfügbare Einkommen auch dann nicht aus, setzt sich der Vorrang der Kinder im Sinne von Anm. 5 Abs. 1 durch. Gegebenenfalls erfolgt zwischen den erstrangigen Unterhaltsberechtigten eine Mangelberechnung nach Abschnitt C.

2. Die Richtsätze der 1. Einkommensgruppe entsprechen dem Mindestbedarf in Euro gemäß § 1612 a BGB i. V. m. § 36 Nr. 4 EGZPO. Der Prozentsatz drückt die Steigerung des Richtsatzes der je-weiligen Einkommensgruppe gegenüber dem Mindestbedarf (= 1. Einkommensgruppe) aus. Die durch Multiplikation des nicht gerundeten Mindestbedarfs mit dem Prozentsatz errechneten Be-träge sind entsprechend § 1612 a Abs. 2 S. 2 BGB aufgerundet.

3. Berufsbedingte Aufwendungen, die sich von den privaten Lebenshaltungskosten nach objektiven Merkmalen eindeutig abgrenzen lassen, sind vom Einkommen abzuziehen, wobei bei entspre-chenden Anhaltspunkten eine Pauschale von 5 % des Nettoeinkommens - mindestens 50 EUR, bei geringfügiger Teilzeitarbeit auch weniger, und höchstens 150 EUR monatlich - geschätzt werden kann. Übersteigen die berufsbedingten Aufwendungen die Pauschale, sind sie insgesamt nachzuweisen.

Page 98: Das neue Unterhaltsrecht: Rangfolge, Mindestunterhalt und Anpassung bestehender Unterhaltsregelungen (2008)

Unterhaltstabellen 97

4. Berücksichtigungsfähige Schulden sind in der Regel vom Einkommen abzuziehen.

5. Der notwendige Eigenbedarf (Selbstbehalt) - gegenüber minderjährigen unverheirateten Kindern, - gegenüber volljährigen unverheirateten Kindern bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres, die im Haushalt der Eltern oder eines Elternteils leben und sich in der allgemeinen Schulausbildung befinden, beträgt beim nicht erwerbstätigen Unterhaltspflichtigen monatlich 770 EUR, beim er-werbstätigen Unterhaltspflichtigen monatlich 900 EUR. Hierin sind bis 360 EUR für Unterkunft einschließlich umlagefähiger Nebenkosten und Heizung (Warmmiete) enthalten. Der Selbstbehalt kann angemessen erhöht werden, wenn dieser Betrag im Einzelfall erheblich überschritten wird und dies nicht vermeidbar ist. Der angemessene Eigenbedarf, insbesondere gegenüber anderen volljährigen Kindern, beträgt in der Regel mindestens monatlich 1.100 EUR. Darin ist eine Warmmiete bis 450 EUR enthalten.

6. Der Bedarfskontrollbetrag des Unterhaltspflichtigen ab Gruppe 2 ist nicht identisch mit dem Ei-genbedarf. Er soll eine ausgewogene Verteilung des Einkommens zwischen dem Unterhalts-pflichtigen und den unterhaltsberechtigten Kindern gewährleisten. Wird er unter Berücksichti-gung anderer Unterhaltspflichten unterschritten, ist der Tabellenbetrag der nächst niedrigeren Gruppe, deren Bedarfskontrollbetrag nicht unterschritten wird, anzusetzen.

7. Bei volljährigen Kindern, die noch im Haushalt der Eltern oder eines Elternteils wohnen, bemisst sich der Unterhalt nach der 4. Altersstufe der Tabelle. Der angemessene Gesamtunterhaltsbedarf eines Studierenden, der nicht bei seinen Eltern oder ei-nem Elternteil wohnt, beträgt in der Regel monatlich 640 EUR. Hierin sind bis 270 EUR für Un-terkunft einschließlich umlagefähiger Nebenkosten und Heizung (Warmmiete) enthalten. Dieser Bedarfssatz kann auch für ein Kind mit eigenem Haushalt angesetzt werden.

8. Die Ausbildungsvergütung eines in der Berufsausbildung stehenden Kindes, das im Haushalt der Eltern oder eines Elternteils wohnt, ist vor ihrer Anrechnung in der Regel um einen ausbildungs-bedingten Mehrbedarf von monatlich 90 EUR zu kürzen.

9. In den Bedarfsbeträgen (Anmerkungen 1 und 7) sind Beiträge zur Kranken- und Pflegeversiche-rung sowie Studiengebühren nicht enthalten.

10. Das auf das jeweilige Kind entfallende Kindergeld ist nach § 1612 b BGB auf den Tabellenun-terhalt (Bedarf) anzurechnen.

B. Ehegattenunterhalt

I. Monatliche Unterhaltsrichtsätze des berechtigten Ehegatten ohne unterhaltsberechtigte Kinder (§§ 1361, 1569, 1578, 1581 BGB):

1. gegen einen erwerbstätigen Unterhaltspflichtigen:

a) wenn der Berechtigte kein Einkommen hat:

3/7 des anrechenbaren Erwerbseinkommens zu-züglich 1/2 der anrechenbaren sonstigen Einkünf-te des Pflichtigen, nach oben begrenzt durch den vollen Unterhalt, gemessen an den zu berücksich-tigenden ehelichen Verhältnissen;

b) wenn der Berechtigte ebenfalls Einkommen hat:

3/7 der Differenz zwischen den anrechenbaren Erwerbseinkommen der Ehegatten, insgesamt begrenzt durch den vollen ehelichen Bedarf; für sonstige anrechenbare Einkünfte gilt der Halbtei-lungsgrundsatz;

Page 99: Das neue Unterhaltsrecht: Rangfolge, Mindestunterhalt und Anpassung bestehender Unterhaltsregelungen (2008)

98 Arbeitshilfen

c) wenn der Berechtigte erwerbstätig ist, obwohl ihn keine Erwerbsobliegen-heit trifft:

gemäß § 1577 Abs. 2 BGB;

2. gegen einen nicht erwerbstätigen Unterhaltspflichtigen (z. B. Rentner):

wie zu 1 a, b oder c, jedoch 50 %.

II. Fortgeltung früheren Rechts:

1. Monatliche Unterhaltsrichtsätze des nach dem Ehegesetz berechtigten Ehegatten ohne unter-haltsberechtigte Kinder:

a) §§ 58, 59 EheG: in der Regel wie I,

b) § 60 EheG: in der Regel 1/2 des Unterhalts zu I,

c) § 61 EheG: nach Billigkeit bis zu den Sätzen I.

2. Bei Ehegatten, die vor dem 03.10.1990 in der früheren DDR geschieden worden sind, ist das DDRFGB in Verbindung mit dem Einigungsvertrag zu berücksichtigen (Art. 234 § 5 EGBGB).

III. Monatliche Unterhaltsrichtsätze des berechtigten Ehegatten, wenn die ehelichen Lebensver-hältnisse durch Unterhaltspflichten gegenüber Kindern geprägt werden:

Wie zu I bzw. II 1, jedoch wird grundsätzlich der Kindesunterhalt (Zahlbetrag; vgl. Anm. C und Anhang) vorab vom Nettoeinkommen abgezogen.2

IV. Monatlicher Eigenbedarf (Selbstbehalt) gegenüber dem getrennt lebenden und dem geschiede-nen Berechtigten:

unabhängig davon, ob erwerbstätig oder nicht erwerbstätig 1.000 EUR

V. Existenzminimum des unterhaltsberechtigten Ehegatten einschließlich des trennungsbedingten Mehrbedarfs in der Regel:

1. falls erwerbstätig: 900 EUR

2. falls nicht erwerbstätig: 770 EUR

VI. Monatlicher notwendiger Eigenbedarf des Ehegatten, der in einem gemeinsamen Haushalt mit dem Unterhaltspflichtigen lebt, gegenüber nicht privilegierten volljährigen Kindern oder nach-rangigen (geschiedenen) Ehegatten:

unabhängig davon, ob erwerbstätig oder nicht erwerbstätig 80 EUR

Anmerkung zu I-III:

Hinsichtlich berufsbedingter Aufwendungen und berücksichtigungsfähiger Schulden gelten Anmer-kungen A. 3 und 4 - auch für den erwerbstätigen Unterhaltsberechtigten - entsprechend. Diejenigen berufsbedingten Aufwendungen, die sich nicht nach objektiven Merkmalen eindeutig von den priva-ten Lebenshaltungskosten abgrenzen lassen, sind pauschal im Erwerbstätigenbonus von 1/7 enthal-ten.

C. Mangelfälle

Reicht das Einkommen zur Deckung des Bedarfs des Unterhaltspflichtigen und der gleichrangigen Unterhaltsberechtigten nicht aus (sog. Mangelfälle), ist die nach Abzug des notwendigen Eigenbe-

Page 100: Das neue Unterhaltsrecht: Rangfolge, Mindestunterhalt und Anpassung bestehender Unterhaltsregelungen (2008)

Unterhaltstabellen 99

darfs (Selbstbehalts) des Unterhaltspflichtigen verbleibende Verteilungsmasse auf die Unterhaltsbe-rechtigten im Verhältnis ihrer jeweiligen Einsatzbeträge gleichmäßig zu verteilen.

Der Einsatzbetrag für den Kindesunterhalt entspricht dem Zahlbetrag des Unterhaltspflichtigen. Dies ist der nach Anrechnung des Kindergeldes oder von Einkünften auf den Unterhaltsbedarf verblei-bende Restbedarf.

Beispiel: Bereinigtes Nettoeinkommen des Unterhaltspflichtigen (M): 1.300 EUR. Unterhalt für drei unterhaltsberechtigte

Kinder im Alter von 7 Jahren (K1), 5 Jahren (K2) und 18 Jahren (K3), Schüler, die bei der nicht unterhaltsberechtigten, den Kindern nicht barunterhaltspflichtigen Ehefrau und Mutter (F) leben. F bezieht das Kindergeld.

Notwendiger Eigenbedarf des M: 900 EUR

Verteilungsmasse: 1.300 EUR - 900 EUR = 400 EUR

Summe der Einsatzbeträge der Unterhaltsberechtigten:

245 EUR (322 – 77) (K 1) + 202 EUR (279 – 77) (K 2) + 254 EUR (408 – 154) (K 3) =

701 EUR

Unterhalt:

K 1: 245 x 400 : 701 = 139,80 EUR

K 2: 202 x 400 : 701 = 115,26 EUR

K 3. 254 x 400 : 701 = 144,94 EUR

D. Verwandtenunterhalt und Unterhalt nach § 1615 l BGB

I. Angemessener Selbstbehalt gegenüber den Eltern: mindestens monatlich 1.400 EUR (ein-schließlich 450 EUR Warmmiete) zuzüglich der Hälfte des darüber hinausgehenden Einkom-mens. Der angemessene Unterhalt des mit dem Unterhaltspflichtigen zusammenlebenden Ehe-gatten bemisst sich nach den ehelichen Lebensverhältnissen (Halbteilungsgrundsatz), beträgt jedoch mindestens 1.050 EUR (einschließlich 350 EUR Warmmiete).

II. Bedarf der Mutter und des Vaters eines nichtehelichen Kindes (§ 1615 l BGB): nach der Le-bensstellung des betreuenden Elternteils, in der Regel mindestens 770 EUR. Angemessener Selbstbehalt gegenüber der Mutter und dem Vater eines nichtehelichen Kindes (§§ 1615 l, 1603 Abs. 1 BGB): unabhängig davon, ob erwerbstätig oder nicht erwerbstätig: 1.000 EUR.

E. Übergangsregelung

Umrechnung dynamischer Titel über Kindesunterhalt nach § 36 Nr. 3 EGZPO: Ist Kindesun-terhalt als Prozentsatz des jeweiligen Regelbetrages zu leisten, bleibt der Titel bestehen. Eine Ab-änderung ist nicht erforderlich. An die Stelle des bisherigen Prozentsatzes vom Regelbetrag tritt ein neuer Prozentsatz vom Mindestunterhalt. Dieser ist für die jeweils maßgebliche Altersstufe ge-sondert zu bestimmen und auf eine Stelle nach dem Komma zu begrenzen (§ 36 Nr. 3 EGZPO). Der Bedarf ergibt sich aus der Multiplikation des neuen Prozentsatzes mit dem Mindestunterhalt der jeweiligen Altersstufe und ist auf volle Euro aufzurunden (§ 1612a Abs. 2 S. 2 BGB). Der Zahlbe-trag ergibt sich aus dem um das jeweils anteilige Kindergeld verminderten bzw. erhöhten Bedarf.

Page 101: Das neue Unterhaltsrecht: Rangfolge, Mindestunterhalt und Anpassung bestehender Unterhaltsregelungen (2008)

100 Arbeitshilfen

Es sind vier Fallgestaltungen zu unterscheiden:

1. Der Titel sieht die Anrechnung des hälftigen Kindergeldes (für das 1. bis 3. Kind 77 EUR, ab dem

4. Kind 89,50 EUR) oder eine teilweise Anrechnung des Kindergeldes vor (§ 36 Nr. 3 a EGZPO).

(Bisheriger Zahlbetrag + 1/2 Kindergeld) x 100

Mindestunterhalt der jeweiligen Altersstufe = Prozentsatz neu

Beispiel für 1. Altersstufe

(196 EUR + 77 EUR) x 100

279 EUR

= 97,8 %

(279 EUR x 97,8% = 272,86 EUR, aufgerundet

273 EUR)

Zahlbetrag: 273 EUR ./. 77 EUR = 196 EUR

2. Der Titel sieht die Hinzurechnung des hälftigen Kindergeldes vor (§ 36 Nr. 3 b EGZPO).

(Bisheriger Zahlbetrag - 1/2 Kindergeld) x 100

Mindestunterhalt der jeweiligen Altersstufe = Prozentsatz neu

Beispiel für 1. Altersstufe

(273 EUR - 77 EUR) x 100

279 EUR

= 70,2 %

(279 EUR x 70,2 % = 195,85 EUR, aufgerundet

196 EUR)

Zahlbetrag: 196 EUR + 77 EUR = 273 EUR

3. Der Titel sieht die Anrechnung des vollen Kindergeldes vor (§ 36 Nr. 3 c EGZPO).

(Bisheriger Zahlbetrag + 1/1 Kindergeld) x 100

Mindestunterhalt der jeweiligen Altersstufe = Prozentsatz neu

Beispiel für 2. Altersstufe

(177 EUR + 154 EUR) x 100

322 EUR

= 102,7 %

(322 EUR x 102,7 % = 330,69 EUR, aufgerundet

331 EUR)

Zahlbetrag: 331 EUR ./. 154 EUR = 177 EUR

4. Der Titel sieht weder eine Anrechnung noch eine Hinzurechnung des Kindergeldes vor (§ 36

Nr. 3 d EGZPO).

(Bisheriger Zahlbetrag + 1/2 Kindergeld) x 100

Mindestunterhalt der jeweiligen Altersstufe = Prozentsatz neu

Page 102: Das neue Unterhaltsrecht: Rangfolge, Mindestunterhalt und Anpassung bestehender Unterhaltsregelungen (2008)

Unterhaltstabellen 101

Beispiel für 3. Altersstufe

(329 EUR +77 EUR) x 100

365 EUR

= 111,2 %

(365 EUR x 111,2 % = 405,88 EUR, aufgerundet 406 EUR)

Zahlbetrag: 406 EUR ./. 77 EUR = 329 EUR

Anhang: Tabelle Zahlbeträge

Die folgenden Tabellen enthalten die sich nach Abzug des jeweiligen Kindergeldanteils (hälftiges Kindergeld bei Minderjährigen, volles Kindergeld bei Volljährigen) ergebenden Zahlbeträge. Für das 1. bis 3. Kind beträgt das Kindergeld derzeit 154 EUR, ab dem 4. Kind 179 EUR.

1. bis 3. Kind 0 – 5 6 – 11 12 – 17 ab 18 %

1. bis 1.500 202 245 288 254 100

2. 1.501 - 1.900 216 262 307 275 105

3. 1.901 - 2.300 230 278 325 295 110

4. 2.301 - 2.700 244 294 343 316 115

5. 2.701 - 3.100 258 310 361 336 120

6. 3.101 - 3.500 281 336 391 369 128

7. 3.501 - 3.900 303 361 420 401 136

8. 3.901 - 4.300 325 387 449 434 144

9. 4.301 - 4.700 348 413 478 467 152

10. 4.701 - 5.100 370 439 507 499 160

Ab 4. Kind 0 – 5 6 – 11 12 - 17 ab 18 %

1. bis 1.500 189,50 232,50 275,50 229 100

2. 1.501 - 1.900 203,50 249,50 294,50 250 105

3. 1.901 - 2.300 217,50 265,50 312,50 270 110

4. 2.301 - 2.700 231,50 281,50 330,50 291 115

5. 2.701 - 3.100 245,50 297,50 348,50 311 120

6. 3.101 - 3.500 268,50 323,50 378,50 344 128

7. 3.501 - 3.900 290,50 348,50 407,50 376 136

8. 3.901 - 4.300 312,50 374,50 436,50 409 144

9. 4.301 - 4.700 335,50 400,50 465,50 442 152

10. 4.701 - 5.100 357,50 426,50 494,50 474 160

4.2.2 Düsseldorfer Tabelle und Anmerkungen (Stand: 1.7.2007)

Das Bundesministerium der Justiz hat ab 1.7.2007 die Regelbeträge für den Unterhalt minderjähriger Kinder leicht gesenkt. Deshalb wird die Düsseldorfer Tabelle mit Wirkung ab 1.7.2007 neu gefasst.

Page 103: Das neue Unterhaltsrecht: Rangfolge, Mindestunterhalt und Anpassung bestehender Unterhaltsregelungen (2008)

102 Arbeitshilfen

Diese von den Familiensenaten des Oberlandesgerichts herausgegebene Tabelle dient bundesweit als

Orientierung bei der Festlegung von Kindesunterhalt. Sie ist mit allen Oberlandesgerichten des Bun-

desgebiets abgestimmt.

1. Kindesunterhalt – Euro

Nettoein-

kommen des

Barunter-

haltspflichti-

gen

Altersstufen in Jahren (§ 1612 a Abs. 3 BGB) Vomhun-

dertsatz

Bedarfskon

trollbetrag

0 – 5 6 – 11 12 – 17 ab 18

Alle Beträge in Euro (EUR)

1. bis 1.300 202 245 288 389 100 770/900

2. 1.300 - 1.500 217 263 309 389 107 950

3. 1.500 - 1.700 231 280 329 389 114 1000

4. 1.700 - 1.900 245 297 349 401 121 1.050

5. 1.900 - 2.100 259 314 369 424 128 1.100

6. 2.100 - 2.300 273 331 389 447 135 1.150

7. 2.300 - 2.500 287 348 409 471 142 1.200

8. 2.500 - 2.800 303 368 432 497 150 1.250

9. 2.800 - 3.200 324 392 461 530 160 1.350

10. 3.200 - 3.600 344 417 490 563 170 1.450

11. 3.600 - 4.000 364 441 519 596 180 1.550

12. 4.000 - 4.400 384 466 548 629 190 1.650

13. 4.400 - 4.800 404 490 576 662 200 1.750

über 4.800 nach den Umständen des Falles

Die neue Tabelle nebst Anmerkungen beruht auf Koordinierungsgesprächen, die zwischen Richtern

der Familiensenate der Oberlandesgerichte Düsseldorf, Köln und Hamm sowie der Unterhaltskom-

mission des Deutschen Familiengerichtstages e.V. unter Berücksichtigung des Ergebnisses einer

Umfrage bei allen Oberlandesgerichten stattgefunden haben.

Anmerkungen

1. Die Tabelle hat keine Gesetzeskraft, sondern stellt eine Richtlinie dar. Sie weist monatliche Un-

terhaltsrichtsätze aus, bezogen auf einen gegenüber einem Ehegatten und zwei Kindern Unter-

haltspflichtigen.

Page 104: Das neue Unterhaltsrecht: Rangfolge, Mindestunterhalt und Anpassung bestehender Unterhaltsregelungen (2008)

Unterhaltstabellen 103

Bei einer größeren/geringeren Anzahl Unterhaltsberechtigter sind Ab- oder Zuschläge durch Ein-stufung in niedrigere/höhere Gruppen angemessen. Anmerkung 6 ist zu beachten. Zur Deckung des notwendigen Mindestbedarfs aller Beteiligten – einschließlich des Ehegatten – ist gegebenen-falls eine Herabstufung bis in die unterste Tabellengruppe vorzunehmen. Reicht das verfügbare Einkommen auch dann nicht aus, erfolgt eine Mangelberechnung nach Abschnitt C.

2. Die Richtsätze der 1. Einkommensgruppe entsprechen dem Regelbetrag in Euro nach der Re-gelbetrag- -VO West in der ab 1.7.2007 geltenden Fassung. Der Vomhundertsatz drückt die Stei-gerung des Richtsatzes der jeweiligen Einkommensgruppe gegenüber dem Regelbetrag (= 1. Ein-kommensgruppe) aus. Die durch Multiplikation des Regelbetrages mit dem Vomhundertsatz er-rechneten Richtsätze sind entsprechend § 1612a Abs. 2 BGB aufgerundet.

3. Berufsbedingte Aufwendungen, die sich von den privaten Lebenshaltungskosten nach objekti-ven Merkmalen eindeutig abgrenzen lassen, sind vom Einkommen abzuziehen, wobei bei ent-sprechenden Anhaltspunkten eine Pauschale von 5 % des Nettoeinkommens – mindestens 50 EUR, bei geringfügiger Teilzeitarbeit auch weniger, und höchstens 150 EUR monatlich – ge-schätzt werden kann. Übersteigen die berufsbedingten Aufwendungen die Pauschale, sind sie insgesamt nachzuweisen.

4. Berücksichtigungsfähige Schulden sind in der Regel vom Einkommen abzuziehen.

5. Der notwendige Eigenbedarf (Selbstbehalt)

Ο gegenüber minderjährigen unverheirateten Kindern,

Ο gegenüber volljährigen unverheirateten Kindern bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres, die im Haushalt der Eltern oder eines Elternteils leben und sich in der allgemeinen Schulausbil-dung befinden,

beträgt in der Regel beim nicht erwerbstätigen Unterhaltspflichtigen monatlich 770 EUR, beim erwerbstätigen Unterhaltspflichtigen monatlich 900 EUR. Hierin sind bis 360 EUR für Unter-kunft einschließlich umlagefähiger Nebenkosten und Heizung (Warmmiete) enthalten. Der Selbstbehalt kann angemessen erhöht werden, wenn dieser Betrag im Einzelfall erheblich über-schritten wird und dies nicht vermeidbar ist.

Der angemessene Eigenbedarf, insbesondere gegenüber anderen volljährigen Kindern, beträgt in der Regel monatlich 1.100 EUR. Darin ist eine Warmmiete bis 450 EUR enthalten.

6. Der Bedarfskontrollbetrag des Unterhaltspflichtigen ab Gruppe 2 ist nicht identisch mit dem Ei-genbedarf. Er soll eine ausgewogene Verteilung des Einkommens zwischen dem Unterhalts-pflichtigen und den unterhaltsberechtigten Kindern gewährleisten. Wird er unter Berücksichti-gung auch des Ehegattenunterhalts (vgl. auch B V und VI) unterschritten, ist der Tabellenbetrag der nächst niedrigeren Gruppe, deren Bedarfskontrollbetrag nicht unterschritten wird, anzusetzen.

7. Bei volljährigen Kindern, die noch im Haushalt der Eltern oder eines Elternteils wohnen, be-misst sich der Unterhalt nach der 4. Altersstufe der Tabelle, wobei die Entscheidung des BGH vom 17.1.2007 – XII ZR 166/04 – (FamRZ 2007, 542) bei den Tabellenbeträgen der ersten drei Einkommensgruppen berücksichtigt wurde.

1. Der angemessene Gesamtunterhaltsbedarf eines Studierenden, der nicht bei seinen Eltern oder einem Elternteil wohnt, beträgt in der Regel monatlich 640 EUR. Hierin sind bis 270 EUR für Unterkunft einschließlich umlagefähiger Nebenkosten und Heizung (Warmmiete) enthalten. Die-ser Bedarfssatz kann auch für ein Kind mit eigenem Haushalt angesetzt werden.

8. Die Ausbildungsvergütung eines in der Berufsausbildung stehenden Kindes, das im Haushalt der Eltern oder eines Elternteils wohnt, ist vor ihrer Anrechnung in der Regel um einen ausbil-dungsbedingten Mehrbedarf von monatlich 90 EUR zu kürzen.

Page 105: Das neue Unterhaltsrecht: Rangfolge, Mindestunterhalt und Anpassung bestehender Unterhaltsregelungen (2008)

104 Arbeitshilfen

9. In den Unterhaltsbeträgen (Anmerkungen 1 und 7) sind Beiträge zur Kranken- und Pflegever-

sicherung sowie Studiengebühren nicht enthalten.

10. Das auf das jeweilige Kind entfallende Kindergeld ist nach § 1612b Abs. 1 BGB grundsätzlich

zur Hälfte auf den Tabellenunterhalt anzurechnen. Die Anrechnung des Kindergeldes unter-

bleibt, soweit der Unterhaltspflichtige außerstande ist, Unterhalt in Höhe von 135% des Regel-

betrages (vgl. Abschnitt A Anm. 2) zu leisten, soweit das Kind also nicht wenigstens den

Richtsatz der 6. Einkommensgruppe abzüglich des hälftigen Kindergeldes erhält (§ 1612b Abs.

5 BGB). Beim Volljährigenunterhalt sind die Entscheidungen des BGH vom 26.10.2005 - XII

ZR 346/03 – (FamRZ 2006, 99) und vom 17.1.2007 – XII ZR 166/04 – (FamRZ 2007, 542) zu

berücksichtigen.

2. Das bis zur Einkommensgruppe 6 anzurechnende Kindergeld kann nach folgender Formel be-

rechnet werden: Anrechnungsbetrag = 1/2 des Kindergeldes + Richtsatz der jeweiligen Einkom-

mensgruppe - Richtsatz der 6. Einkommensgruppe (135% des Regelbetrages). Bei einem Nega-

tivsaldo entfällt die Anrechnung. Die Einzelheiten ergeben sich aus der Anlage zu dieser Tabelle.

2. Ehegattenunterhalt

2.1 Monatliche Unterhaltsrichtsätze des berechtigten Ehegatten ohne

unterhaltsberechtigte Kinder (§§ 1361, 1569, 1578, 1581 BGB):

1. gegen einen erwerbstätigen Unterhalts-

pflichtigen:

a) wenn der Berechtigte kein Einkommen hat: 3/7 des anrechenbaren Erwerbseinkommens

zuzüglich 1/2 der anrechenbaren sonstigen

Einkünfte des Pflichtigen, nach oben begrenzt

durch den vollen 3 Unterhalt, gemessen an den

zu berücksichtigenden ehelichen Verhältnis-

sen;

b) wenn der Berechtigte ebenfalls Einkommen

hat:

3/7 der Differenz zwischen den anrechenbaren

Erwerbseinkommen der Ehegatten, insgesamt

begrenzt durch den vollen ehelichen Bedarf;

für sonstige anrechenbare Einkünfte gilt der

Halbteilungsgrundsatz;

c) wenn der Berechtigte erwerbstätig ist, ob-

wohl ihn keine Erwerbsobliegenheit trifft:

gemäß § 1577 Abs. 2 BGB;

2. gegen einen nicht erwerbstätigen Unter-

haltspflichtigen (z. B. Rentner):

wie zu 1 a, b oder c, jedoch 50 %.

2.2 Fortgeltung früheren Rechts:

1. Monatliche Unterhaltsrichtsätze des nach dem Ehegesetz berechtigten Ehegatten ohne unterhalts-

berechtigte Kinder:

a) §§ 58, 59 EheG: in der Regel wie I,

b) § 60 EheG: in der Regel 1/2 des Unterhalts zu I,

c) § 61 EheG: nach Billigkeit bis zu den Sätzen I.

2. Bei Ehegatten, die vor dem 3.10.1990 in der früheren DDR geschieden worden sind, ist das

DDR-FGB in Verbindung mit dem Einigungsvertrag zu berücksichtigen (Art. 234 § 5

EGBGB).

Page 106: Das neue Unterhaltsrecht: Rangfolge, Mindestunterhalt und Anpassung bestehender Unterhaltsregelungen (2008)

Unterhaltstabellen 105

2.3 Monatliche Unterhaltsrichtsätze des berechtigten Ehegatten, wenn die eheli-chen Lebensverhältnisse durch Unterhaltspflichten gegenüber Kindern ge-prägt werden:

Wie zu I bzw. II 1, jedoch wird grundsätzlich der Kindesunterhalt (Tabellenbetrag ohne Abzug von Kindergeld) vorab vom Nettoeinkommen abgezogen. Führt dies zu einem Missverhältnis zwischen Kindes- und Ehegattenunterhalt, ist der Ehegattenunterhalt nach den Grundsätzen der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 22.1.2003 (FamRZ 2003, 363 ff.) zu ermitteln.

2.4 Monatlicher notwendiger Eigenbedarf (Selbstbehalt) gegenüber dem ge-trennt lebenden und dem geschiedenen Berechtigten in der Regel:

unabhängig davon, ob erwerbstätig oder nicht er-werbstätig

1.000 EUR

2.5 Monatlicher notwendiger Eigenbedarf (Existenzminimum) des unterhalts-berechtigten Ehegatten einschließlich des trennungsbedingten Mehrbedarfs in der Regel:

1. falls erwerbstätig: 900 EUR

2. falls nicht erwerbstätig: 770 EUR

2.6 Monatlicher notwendiger Eigenbedarf (Existenzminimum) des Ehegatten, der in einem gemeinsamen Haushalt mit dem Unterhaltspflichtigen lebt, ge-genüber minderjährigen und priviligierten volljährigen Kindern in der Re-gel:

1. falls erwerbstätig: 650 EUR,

2. falls nicht erwerbstätig: 560 EUR.

2.7 Monatlicher notwendiger Eigenbedarf (Existenzminimum) des Ehegatten, der in einem gemeinsamen Haushalt mit dem Unterhaltspflichtigen lebt, ge-genüber nicht priviligierten volljährigen Kindern in der Regel:

falls erwerbstätig oder nicht erwerbstätig: 800 EUR,

2.8 Anmerkung zu I-III:

Hinsichtlich berufsbedingter Aufwendungen und berücksichtigungsfähiger Schulden gelten Anmerkungen A. 3 und 4 - auch für den erwerbstätigen Unterhaltsberechtigten - entsprechend. Die-jenigen berufsbedingten Aufwendungen, die sich nicht nach objektiven Merkmalen eindeutig von den privaten Lebenshaltungskosten abgrenzen lassen, sind pauschal im Erwerbstätigenbonus von 1/7 enthalten.

3 Mangelfälle

Reicht das Einkommen zur Deckung des Bedarfs des Unterhaltspflichtigen und der gleichrangigen Unterhaltsberechtigten nicht aus (sog. Mangelfälle), ist die nach Abzug des notwendigen Eigenbe-darfs (Selbstbehalts) des Unterhaltspflichtigen verbleibende Verteilungsmasse auf die Unterhaltsbe-rechtigten im Verhältnis ihrer jeweiligen Einsatzbeträge gleichmäßig zu verteilen.

Der Einsatzbetrag für den Kindesunterhalt entspricht dem Existenzminimum. Dies ist zurzeit der Tabellenbetrag der 6. Einkommensgruppe gemäß § 1612b Abs. 5 BGB.

Page 107: Das neue Unterhaltsrecht: Rangfolge, Mindestunterhalt und Anpassung bestehender Unterhaltsregelungen (2008)

106 Arbeitshilfen

Der Einsatzbetrag für den Ehegattenunterhalt wird ebenfalls mit dem Existenzminimum angesetzt. Dies entspricht bei getrenntlebenden oder geschiedenen Ehegatten dem notwendigen Eigenbedarf gemäß B V der Düsseldorfer Tabelle und bei dem mit dem Unterhaltspflichtigen zusammenlebenden Ehegatten dem Selbstbehalt gemäß B VI der Düsseldorfer Tabelle.

Das im Rahmen der Mangelfallberechnung gefundene Ergebnis ist zu korrigieren, wenn die errech-neten Beträge über den ohne Mangelfall ermittelten Beträgen liegen (BGH, Urteil vom 22.01.2003, FamRZ 2003, 363 ff.).

Wegen der unterschiedlichen Selbstbehalte gegenüber minderjährigen Kindern und Ehegatten emp-fiehlt es sich, die Mangelfallberechnung mit dem Eigenbedarf gegenüber dem Ehegatten zu begin-nen. Dadurch ergibt sich ein endgültiger Ehegattenunterhalt. Der Kindesunterhalt ist um die Diffe-renz zwischen dem notwendigen Selbstbehalt gegenüber minderjährigen Kindern und dem Eigenbe-darf gegenüber dem Ehegatten verhältnismäßig entsprechend dem Unterhaltsbedarf der Kinder bis zum Regelbetrag zu erhöhen.

Beispiel

Bereinigtes Nettoeinkommen des Unterhaltspflichtigen (M): 1500 EUR. Unterhalt für zwei un-terhaltsberechtigte Kinder im Alter von 6 Jahren (Kl) und 8 Jahren (K2), die bei der ebenfalls un-terhaltsberechtigten geschiedenen nicht erwerbstätigen Ehefrau und Mutter (F) leben. F bezieht das Kindergeld.

Eigenbedarf des M gegenüber dem Ehegatten: 1.000 EUR,

Verteilungsmasse: 1500 EUR - 1.000 EUR = 500 EUR,

Summe der Einsatzbeträge der Unterhaltsberechtigten: 331 EUR (K 1) + 331 EUR (K 2) + 770 EUR (F) =

1.432 EUR.

Unterhalt:

K 1: 331 x 500 : 1.432 = 115,57 EUR

K 2: 331 x 500 : 1.432 = 115,57 EUR

F: 770 x 500 : 1.432 = 268,85 EUR.

Aufstockung des Kindesunterhalts um je 50 EUR (1/2 x (1.000 EUR - 900 EUR)) auf 165,57 EUR.

Geschuldeter Unterhalt:

für F 268,85 EUR

für K 1 und K 2 je 165,57 EUR.

Eine Korrektur dieser Beträge ist nicht veranlasst.

Kindergeld wird nicht angerechnet (§ 1612 b Abs. 5 BGB).

4 Verwandtenunterhalt: und Unterhalt nach § 1615 l BGB

1. Angemessener Selbstbehalt gegenüber den Eltern: mindestens monatlich 1.400 EUR (ein-schließlich 450 EUR Warmmiete) zuzüglich der Hälfte des darüber hinausgehenden Einkom-mens. Der angemessene Unterhalt des mit dem Unterhaltspflichtigen zusammenlebenden Ehegat-ten bemisst sich nach den ehelichen Lebensverhältnissen (Halbteilungsgrundsatz), beträgt jedoch mindesten 1.050 EUR (einschließlich 350 EUR Warmmiete).

Page 108: Das neue Unterhaltsrecht: Rangfolge, Mindestunterhalt und Anpassung bestehender Unterhaltsregelungen (2008)

Unterhaltstabellen 107

2. Bedarf der Mutter und des Vaters eines nichtehelichen Kindes (§§ 1615 l Abs. 3 Satz 1, 1610 BGB): nach der Lebensstellung des betreuenden Elternteils, in der Regel mindestens 770 EUR.

Angemessener Selbstbehalt gegenüber der Mutter und dem Vater eines nichtehelichen Kindes unab-hängig davon, ob erwerbstätig oder nicht erwerbstätig in der Regel: 1.000 EUR.

5 Anlage zu Teil A Anmerkung 10 der DÜSSELDORFER TABELLE

Stand: 1.7.2007

Kindergeldanrechnung nach § 1612b Abs. 5 BGB

1) Anrechnung des (hälftigen) Kindergeldes für das 1. bis 3. Kind von je 77 EUR

Einkommensgruppe 0 - 5 Jahre 6 - 11 Jahre 12 -17 Jahre

1 = 100% 202 - 6 = 196 245 - 0 = 245 288 - 0 = 288

2 = 107% 217 - 21 = 196 263 - 9 = 254 309 - 0 = 309

3 = 114% 231 - 35 = 196 280 - 26 = 254 329 - 17 = 312

4 = 121 % 245 - 49 = 196 297 - 43 = 254 349 - 37 = 312

5 = 128% 259 - 63 = 196 314 - 60 = 254 369 - 57 = 312

6 = 135% 273 - 77 = 196 331 - 77 = 254 389 - 77 = 312

2) Anrechnung des (hälftigen) Kindergeldes für das 4. Kind und jedes weitere Kind von je 89,50 EUR

Einkommensgruppe 0 - 5 Jahre 6 - 11 Jahre 12 -17 Jahre

1 = 100% 202 - 18,50 = 183,50 245 - 3,50 = 241,50 288 - 0 = 288

2 = 107% 217 - 33,50 = 183,50 263 - 21,50 = 241,50 309 - 9,50 = 299,50

3 = 114% 231 - 47,50 = 183,50 280 - 38,50 = 241,50 329 - 29,50 = 299,50

4 = 121 % 245 - 61,50 = 173,50 297 - 55,50 = 241,50 349 - 49,50 = 299,50

5 = 128% 259 - 75,50 = 183,50 314 - 72,50 = 241,50 369 - 69,50 = 299,50

6 = 135% 273 - 89,50 = 183,50 331 - 89,50 = 241,50 389 - 89,50 = 299,50

Das anzurechnende Kindergeld kann auch nach folgender Formel berechnet werden:

Anrechnungsbetrag = 1/2 des Kindergeldes + Richtsatz der jeweiligen Einkommensgruppe - Richt-satz der 6. Einkommensgruppe (135% des Regelbetrages). Bei einem Negativsaldo entfällt die An-rechnung. Ab Einkommensgruppe 6 wird stets das Kindergeld zur Hälfte auf den sich aus der Tabel-le ergebenden Unterhalt angerechnet (§ 1612b Abs. l BGB).

Page 109: Das neue Unterhaltsrecht: Rangfolge, Mindestunterhalt und Anpassung bestehender Unterhaltsregelungen (2008)

108 Arbeitshilfen

5 Unterhaltsrechtliche Leitlinien

5.1 Bundeseinheitliche Struktur

Unterhaltsrechtlich maßgebendes Einkommen

1. Geldeinnahmen

1.1 regelmäßiges Bruttoeinkommen einschl. Renten und Pensionen

1.2 unregelmäßige Einkommen [z. B. Abfindungen etc.]

1.3 Überstunden

1.4 Spesen und Auslösungen,

1.5 Einkommen aus selbständiger Tätigkeit

1.6 Einkommen aus Vermietung und Verpachtung sowie Kapitalvermögen

1.7 Steuererstattungen

1.8 sonstige Einnahmen [z. B. Trinkgelder]

2. Sozialleistungen

2.1 Arbeitslosengeld und Krankengeld

2.2 Arbeitslosenhilfe [mit Differenzierung]

2.3 Wohngeld

2.4 BAföG

2.5 Erziehungsgeld

2.6 Unfall- und Versorgungsrenten

2.7 Leistungen aus der Pflegeversicherung, Blindengeld u. ä.

2.8 Pflegegeld

2.9 Grundsicherungsgesetz beim Verwandtenunterhalt

2.10 Sozialhilfe

2.11 Unterhaltsvorschuss

3. Kindergeld

4. Geldwerte Zuwendungen des Arbeitgebers

5. Wohnwert

6. Haushaltsführung

7. Einkommen aus unzumutbarer Erwerbstätigkeit

8. Freiwillige Zuwendungen Dritter

9. Erwerbsobliegenheit und Einkommensfiktion

10. Bereinigung des Einkommens

10.1 Steuern und Vorsorgeaufwendungen

Page 110: Das neue Unterhaltsrecht: Rangfolge, Mindestunterhalt und Anpassung bestehender Unterhaltsregelungen (2008)

Unterhaltsrechtliche Leitlinien 109

10.2 berufsbedingte Aufwendungen

10.2.1 Pauschale/Konkrete Aufwendungen

10.2.2 Fahrtkosten

10.2.3 Ausbildungsaufwand

10.3 Kinderbetreuung

10.4 Schulden

10.5 Unterhaltsleistungen

10.6 Vermögensbildung

Kindesunterhalt

11. Bemessungsgrundlage (Tabellenunterhalt)

11.1 Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge

11.2 Eingruppierung

12. minderjährige Kinder

12.1 Betreuungs-/Barunterhalt

12.2 Einkommen des Kindes

12.3 beiderseitige Barunterhaltspflicht/Haftungsanteil

12.4 Zusatzbedarf

13. volljährige Kinder

13.1 Bedarf

13.2 Einkommen des Kindes

13.3 beiderseitige Barunterhaltspflicht/Haftungsanteil

14. Verrechnung des Kindergeldes

Ehegattenunterhalt

15. Unterhaltsbedarf

15.1 Bedarf nach ehelichen Lebensverhältnissen [z. B. Kinder, Schulden]

15.2 Halbteilung und Erwerbstätigenbonus

15.3 konkrete Bedarfsbemessung

15.4 Vorsorgebedarf/Zusatz- und Sonderbedarf

15.5 Trennungsbedingter Mehrbedarf

16. Bedürftigkeit

17. Erwerbsobliegenheit

17.1 bei Kindesbetreuung [ggf. überobligatorisches Einkommen]

17.2 bei Trennungsunterhalt

Page 111: Das neue Unterhaltsrecht: Rangfolge, Mindestunterhalt und Anpassung bestehender Unterhaltsregelungen (2008)

110 Arbeitshilfen

Weitere Unterhaltsansprüche

18. Ansprüche aus § 1615l

19. Elternunterhalt

20. Lebenspartnerschaft

Leistungsfähigkeit und Mangelfall

21. Selbstbehalt

21.1 Grundsatz

21.2 notwendiger Selbstbehalt

21.3 angemessener Selbstbehalt

21.3.1 volljähriges Kind und Ansprüche aus § 1615l

21.3.2 Elternunterhalt

21.4 eheangemessener Selbstbehalt

21.5 Anpassung des Selbstbehalts

22. Bedarf des mit dem Pflichtigen zusammenlebenden Ehegatten

22.1 minderjährige und privilegierte volljährige Kinder

22.2 volljährige Kinder, Enkel, Ansprüche aus § 1615l

22.3 Elternunterhalt

23. Mangelfall

23.1 Grundsatz

23.2 Einsatzbeträge

23.2.1 minderjährige und privilegierte volljährige Kinder

23.2.2 getrennt lebender/geschiedener Ehegatte

23.2.3 mit dem Pflichtigen zusammenlebender Ehegatte

23.3 Berechnung

23.4 Kindergeldverrechnung

Sonstiges

24. Rundung

25. Ost-West-Fälle

5.2 Kammergericht (Stand: 1.7.2007)

Das Kammergericht verwendet diese Leitlinien als Orientierungshilfe für den Regelfall unter Beach-tung der Rechtsprechung des BGH, wobei die Angemessenheit des Ergebnisses in jedem Fall zu überprüfen ist. Sie entsprechen im Aufbau den Leitlinien anderer Oberlandesgerichte, inhaltlich ergibt sich nicht in allen Punkten eine Übereinstimmung.

Page 112: Das neue Unterhaltsrecht: Rangfolge, Mindestunterhalt und Anpassung bestehender Unterhaltsregelungen (2008)

Unterhaltsrechtliche Leitlinien 111

Unterhaltsrechtlich maßgebendes Einkommen

Bei der Ermittlung und Zurechnung von Einkommen ist stets zu unterscheiden, ob es um Verwand-ten- oder Ehegattenunterhalt sowie ob es um Bedarfsbemessung einerseits oder Feststellung der Be-dürftigkeit/Leistungsfähigkeit andererseits geht. Das unterhaltsrechtliche Einkommen ist nicht im-mer identisch mit dem steuerrechtlichen Einkommen.

1. Geldeinnahmen

1.1 Regelmäßiges Bruttoeinkommen einschl. Renten und Pensionen

Auszugehen ist vom Bruttoeinkommen als Summe aller Einkünfte.

1.2 Unregelmäßige Einkommen

Soweit Leistungen nicht monatlich anfallen (z. B. Weihnachts- und Urlaubsgeld, Tantiemen, Jubi-läumszuwendungen), werden sie auf ein Jahr umgelegt. Abfindungen dienen dem Ersatz des fortge-fallenen Arbeitsverdienstes. Sie sind deshalb in angemessenem Umfang, in der Regel mit dem Diffe-renzbetrag zwischen dem bisherigen Arbeitsverdienst und den tatsächlichen Einkünften (Arbeitslo-sengeld, neue Erwerbseinkünfte) in Ansatz zu bringen, bis sie verbraucht sind.

1.3 Überstunden

Überstundenvergütungen werden dem Einkommen voll zugerechnet, soweit sie berufstypisch sind und das in diesem Beruf übliche Maß nicht überschreiten.

1.4 Spesen und Auslösungen

Ersatz für Spesen und Reisekosten sowie Auslösungen gelten in der Regel als Einkommen. Damit zusammenhängende Aufwendungen, vermindert um häusliche Ersparnis, sind jedoch abzuziehen. Bei Aufwendungspauschalen (außer Kilometergeld) kann 1/3 als Einkommen angesetzt werden.

1.5 Einkommen aus selbständiger Tätigkeit

Bei Ermittlung des Einkommens eines Selbständigen ist in der Regel der Gewinn der letzten drei Jahre zugrunde zu legen.

1.6 Einkommen aus Vermietung und Verpachtung sowie Kapitalvermögen

Einkommen aus Vermietung und Verpachtung sowie aus Kapitalvermögen ist der Überschuss der Bruttoeinkünfte über die Werbungskosten.

1.7 Steuererstattungen/Realsplitting

Steuerrückzahlungen werden in der Regel auf das Jahr der Leistung umgelegt und mit den Nettobe-trägen angerechnet. Eine Fortschreibung für die Zukunft setzt voraus, dass mit ihnen weiter zu rech-nen ist.

Den Unterhaltsschuldner trifft eine Obliegenheit zur Geltendmachung des Realsplittings, jedoch nur insoweit, als er den Unterhaltsanspruch anerkannt hat, dieser rechtskräftig feststeht oder soweit er

1.8 Sonstige Einnahmen

Zu den Erwerbseinkünften gehören auch in vollem Umfange Trinkgelder, deren Höhe gegebenen-falls nach den Umständen zu schätzen ist.

den Unterhaltsanspruch freiwillig erfüllt.

Page 113: Das neue Unterhaltsrecht: Rangfolge, Mindestunterhalt und Anpassung bestehender Unterhaltsregelungen (2008)

112 Arbeitshilfen

2. Sozialleistungen

2.1 Einkommensersatzleistungen

Sozialleistungen mit Einkommensersatzfunktion (z. B. Entgeltersatzleistungen i.S.v. § 116 SGB III, Krankengeld, Krankenhaustagegeld, Mutterschaftsgeld) sind Einkommen.

2.2 Leistungen nach dem SGB II

Beim Verpflichteten sind Leistungen nach §§ 19–32 SGB II Einkommen.

Beim Berechtigten sind Leistungen nach § 24 SGB II als Einkommen zu berücksichtigen sowie grundsätzlich Leistungen nach § 16 Abs. 3 und § 29 SGB II, soweit diese Zahlungen nicht durch einen tatsächlich vorhandenen Mehraufwand verbraucht werden. Die übrigen Leistungen nach dem SGB II sind grundsätzlich kein Einkommen, es sei denn, der Anspruch kann nach § 33 Abs. 2 SGB II nicht übergehen oder die Nichtberücksichtigung der Leistung ist treuwidrig. Letzteres kommt in Betracht, wenn zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung der übergegangene Anspruch nicht mehr geltend gemacht werden kann (§ 22 Abs. 3 SGB II).

2.3 Wohngeld

Wohngeld gleicht in der Regel erhöhten Wohnbedarf aus und ist deshalb nicht als Einkommen zu behandeln.

2.4 BAföG

BAföG-Leistungen sind, soweit nicht ihretwegen der Unterhaltsanspruch übergegangen ist, als Ein-kommen anzusehen, Darlehen jedoch nur, wenn sie unverzinslich gewährt werden.

2.5 Erziehungsgeld/Elterngeld

Erziehungsgeld stellt nur in den Ausnahmefällen des § 9 Satz 2 BErzGG Einkommen dar, Elterngeld nach Maßgabe des § 11 BEEG.

2.6/2.7 Unfall- und Versorgungsrenten, Leistungen aus der Pflegeversicherung, Blinden-geld u. Ä.

Unfall- und Versorgungsrenten, Leistungen aus der Pflegeversicherung, Blindengeld, Schwerbe-schädigten- und Pflegezulagen stellen nach Abzug eines Betrags für tatsächliche Mehraufwendun-gen Einkommen dar; § 1610a BGB ist zu beachten.

2.8 Pflegegeld

Der Anteil des Pflegegelds bei der Pflegeperson, durch den ihre Bemühungen abgegolten werden, stellt Einkommen dar. Bei Pflegegeld aus der Pflegeversicherung gilt dies nach Maßgabe des § 13 Abs. 6 SGB XI.

2.9 Leistungen nach dem Grundsicherungsgesetz

Leistungen nach dem Grundsicherungsgesetz sind im Unterhaltsrechtsverhältnis zwischen Verwand-ten Einkommen, nicht aber im Unterhaltsrechtsverhältnis zwischen Ehegatten (vgl. §§ 41–43 SGB

2.10/2.11 Sozialhilfe und Unterhaltsvorschuss

Kein Einkommen sind sonstige Sozialhilfe nach SGB XII und Leistungen nach dem UVG. Die Un-terhaltsforderung eines Empfängers dieser Leistungen kann in Ausnahmefällen treuwidrig sein (BGH FamRZ 1999, 843; 2001, 619).

XII).

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Unterhaltsrechtliche Leitlinien 113

3. Kindergeld

Kindergeld wird nicht zum Einkommen gerechnet. Es wird nach § 1612b BGB ausgeglichen.

4. Geldwerte Zuwendungen des Arbeitgebers

Geldwerte Zuwendungen aller Art des Arbeitgebers, z. B. Firmenwagen oder freie Kost und Logis, sind Einkommen, soweit sie entsprechende Eigenaufwendungen ersparen.

5. Wohnwert

Der Wohnvorteil durch mietfreies Wohnen im eigenen Heim ist als wirtschaftliche Nutzung des Vermögens unterhaltsrechtlich wie Einkommen zu behandeln. Neben dem Wohnwert sind auch Zah-lungen nach dem Eigenheimzulagengesetz anzusetzen.

Während der Trennungszeit ist der ist der Vorteil mietfreien Wohnens nur in dem Umfang zu be-rücksichtigen, wie er sich als angemessene Wohnungsnutzung durch den in der Ehewohnung verblieben Ehegatten darstellt. Dabei ist auf den Mietzins abzustellen, den er auf dem örtlichen Wohnungsmarkt für eine dem ehelichen Lebensstandard entsprechende kleinere Wohnung zahlen müsste Ein Wohnvorteil liegt vor, soweit dieser Wohnwert die Belastungen übersteigt, die durch allgemeine Grundstückskosten und -lasten, Zins- und Tilgungsleistungen und die verbrauchsunab-

Nach der Scheidung ist vom objektiven Mietwert auszugehen. Diesem sind neben den allgemeinen Grundstückskosten nur noch die Zahlungen für den Zinsaufwand, nicht mehr für die Tilgung ge-

6. Haushaltsführung

Führt jemand einem leistungsfähigen Dritten den Haushalt, so ist hierfür ein Einkommen anzuset-zen; bei Haushaltsführung durch einen Nichterwerbstätigen geschieht das in der Regel mit einem Betrag von 200 bis 550 EUR.

7. Einkommen aus unzumutbarer Erwerbstätigkeit

Einkommen aus unzumutbarer Erwerbstätigkeit kann nach Billigkeit ganz oder teilweise unberück-sichtigt bleiben.

8. Freiwillige Zuwendungen Dritter

Freiwillige Zuwendungen (z. B. Geldleistungen, kostenloses Wohnen) Dritter sind als Einkommen anzusehen, wenn dies ihrer Zielrichtung entspricht.

9. Erwerbsobliegenheit und Einkommensfiktion

Inwieweit aufgrund einer Erwerbsobliegenheit erzielbare Einkünfte als Einkommen gelten, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalles. Dies gilt auch für erzielbare Einkünfte aus Nutzung von Vermögen.

10. Bereinigung des Einkommens

10.1 Steuern und Vorsorgeaufwendungen

Vom Bruttoeinkommen sind die Steuern und die Vorsorgeaufwendungen abzuziehen. Zu diesen zählen die Aufwendungen für die gesetzliche Kranken- und Pflegeversicherung, Rentenversicherung und Arbeitslosenversicherung und/oder die entsprechende private Kranken- und Altersvorsorge. Darüber hinaus gehende Aufwendungen in Höhe eines Betrages von 4 % (bei Unterhaltspflicht ge-genüber Eltern von 5 %) des Gesamtbruttoeinkommens des Vorjahres sind als angemessene zusätz-

genüberzustellen.

hängigen Kosten, mit denen ein Mieter üblicherweise nicht belastet wird, entstehen.

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114 Arbeitshilfen

liche Altersversorgung auch bei einer Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung zu berücksichtigen.

10.2 Berufsbedingte Aufwendungen

Berufsbedingten Kosten (Werbungskosten) sind abzusetzen.

10.2.1 Pauschale/Konkrete Aufwendungen

Bei Einkünften aus nichtselbständiger Tätigkeit sind berufsbedingte Aufwendungen vom Einkom-men abzuziehen, wobei ohne Nachweis eine Pauschale von 5 % – mindestens 50 EUR, bei ge-ringfügiger Teilzeitarbeit auch weniger, und höchstens 150 EUR monatlich - des Nettoeinkommens geschätzt werden kann.

Übersteigen die berufsbedingten Aufwendungen diese Pauschale, so sind sie im Einzelnen darzule-gen. Bei beschränkter Leistungsfähigkeit kann im Einzelfall mit konkreten Kosten gerechnet wer-den.

10.2.2 Fahrtkosten

Bei Unzumutbarkeit der Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel können notwendige Kosten der be-rufsbedingten Nutzung eines Kraftfahrzeuges nach den Sätzen des § 5 Abs. 2 Nr. 2 JEVG angesetzt werden. Damit sind i. d. R. Anschaffungskosten erfasst. Bei langen Fahrtstrecken (ab ca. 30 km ein-fach) kann nach unten abgewichen werden.

10.2.3 Ausbildungsaufwand

Minderjährigen Kindern entstehender Ausbildungsaufwand ist auf Nachweis zu berücksichtigen.

10.3 Kinderbetreuung

Kinderbetreuungskosten sind abzugsfähig, soweit die Betreuung durch Dritte infolge der Berufstä-tigkeit erforderlich ist.

10.4 Schulden

Berücksichtigungswürdige Schulden (Zins und Tilgung) sind im Rahmen eines vernünftigen Til-gungsplanes in angemessenen Raten abzuziehen.

Bei der Bedarfsermittlung für den Ehegattenunterhalt sind grundsätzlich nur eheprägende Verbind-lichkeiten abzusetzen.

Beim Verwandtenunterhalt sowie bei Leistungsfähigkeit/Bedürftigkeit für den Ehegattenunterhalt erfolgt eine Abwägung nach den Umständen des Einzelfalls. Bei der Zumutbarkeitsabwägung sind Interessen des Unterhaltsschuldners, des Drittgläubigers und des Unterhaltsgläubigers, vor allem minderjähriger Kinder, mit zu berücksichtigen. Bei eingeschränkter Leistungsfähigkeit gegenüber minderjährigen und diesen gleichgestellten Kindern kommt die Obliegenheit, ein Verbraucherinsol-venzverfahren einzuleiten in Betracht.

10.5 Unterhaltsleistungen

Bei der Prüfung, ob Unterhaltsleistungen vorweg abzuziehen sind (vgl. Nr. 15.2), ist zwischen Be-darfsermittlung und Leistungsfähigkeit zu unterscheiden.

10.6 Vermögensbildung

Vermögensbildende Aufwendungen sind im angemessenen Rahmen abzugsfähig.

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Unterhaltsrechtliche Leitlinien 115

10.7 Krankheitsbedingte Mehraufwendungen

Krankheitsbedingte Mehraufwendungen sind abzusetzen. Als Schätzungsmaßstab für Mehraufwen-dungen medizinisch indizierter Diäten können die Mehrbedarfsbeträge nach § 30 Abs. 5 SGB XII herangezogen werden.

Kindesunterhalt

11. Bemessungsgrundlage

Für den Barunterhaltsbedarf von Kindern gelten folgende Grundsätze:

11.1 Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge

Die folgenden Bedarfssätze gehen davon aus, dass das Kind ohne zusätzliche Aufwendungen kran-kenversichert ist. Besteht für das Kind eine freiwillige Krankenversicherung, so sind die hierfür er-forderlichen Beträge vom Unterhaltsverpflichteten zusätzlich zu zahlen, zur Ermittlung des Tabel-lenunterhalts jedoch vom Einkommen des Pflichtigen abzusetzen.

11.2 Eingruppierung

Die Sätze der Düsseldorfer und der Berliner Tabelle sind auf den Fall zugeschnitten, dass der Unter-haltspflichtige einem Ehegatten und zwei Kindern Unterhalt zu gewähren hat. Bei einer größe-ren/geringeren Anzahl Unterhaltsberechtigter sind in der Regel Ab- oder Zuschläge durch Einstu-fung in niedrigere/höhere Gruppen angemessen.

12. Minderjährige Kinder

12.1 Betreuungs-/Barunterhalt

Der Unterhaltsbedarf minderjähriger Kinder richtet sich nach ihrer Altersgruppe und dem anrech-nungsfähigen Einkommen des Barunterhaltspflichtigen. Der Bedarfsbetrag ist

• falls sie nicht im Beitrittsgebiet leben, der Düsseldorfer Tabelle

• falls sie im Beitrittsgebiet leben, der Berliner Tabelle

zu entnehmen.

Der Elternteil, der in seinem Haushalt ein minderjähriges Kind versorgt, braucht für dieses neben dem anderen Elternteil in der Regel keinen Barunterhalt zu leisten, weil der Betreuungsunterhalt im Sinne von § 1606 Abs. 3 Satz 2 BGB wertmäßig dem vollen Barunterhalt entspricht. Etwas anderes kann sich ergeben, wenn sein Einkommen bedeutend höher als das des anderen Elternteils ist. In diesem Fall kann der Barunterhalt des anderen Elternteils angemessen gekürzt werden.

12.2 Einkommen des Kindes

Eigenes Einkommen des Kindes mindert grundsätzlich seinen Anspruch und wird bei beiden Eltern hälftig angerechnet.

12.3 Beiderseitige Barunterhaltspflicht/Haftungsanteil

Sind bei auswärtiger Unterbringung beide Eltern zum Barunterhalt verpflichtet, haften sie anteilig nach § 1606 Abs. 3 Satz 1 BGB für den Gesamtbedarf (vgl. 13.3). Der Verteilungsschlüssel kann unter Berücksichtigung des Betreuungsaufwandes wertend verändert werden.

12.4 Zusatzbedarf

Bei Zusatzbedarf (Prozesskostenvorschuss, Mehrbedarf, Sonderbedarf) gilt die beiderseitige Barun-terhaltspflicht nach § 1606 Abs. 3 Satz 1 BGB (vgl. Nr. 13.3).

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116 Arbeitshilfen

13. volljährige Kinder

13.1 Bedarf

13.1.1 Kinder im Haushalt eines Elternteils

Der Bedarf volljähriger unverheirateter Kinder ist, solange sie im Haushalt der Eltern oder eines Elternteils leben der 4. Altersstufe der Düsseldorfer Tabelle zu entnehmen, die maßgebende Ein-kommensgruppe ergibt sich, wenn beide Eltern leistungsfähig sind, aus den zusammengerechneten Einkünften der Eltern ohne Erhöhung nach Nr. 11.2. Die Haftungsquote bemisst sich grundsätzlich nach Nr. 13.3. Ein Elternteil hat jedoch höchstens den Unterhalt zu leisten, der sich allein – ggf. unter Berücksichtigung von Nr. 11.2 – nach seinem Einkommen ergibt.

13.1.2 Andere volljährige Kinder

Der Regelbedarf – einschließlich des Wohnbedarfs und üblicher berufs- bzw. ausbildungsbedingter Aufwendungen – eines nicht unter Nr. 13.1.1 fallenden Kindes beträgt 640 EUR monatlich. In die-sem Betrag sind Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung sowie Studiengebühren nicht enthal-ten.

Dieser Regelbedarf kann in geeigneten Fällen, insbesondere bei guten Einkommensverhältnissen der Eltern, angemessen erhöht werden. Eine solche Erhöhung kommt unter besonderer Berücksichtigung des Einzelfalles in Betracht, wenn das gemeinsame Nettoeinkommen der Eltern 4.800 EUR monat-lich übersteigt.

13.2 Einkommen des Kindes

Einkünfte des Kindes sind auf seinen Bedarf anzurechnen. Die Ausbildungsvergütung eines volljäh-rigen Kindes ist auf den Bedarf voll anzurechnen, weil der Bedarf nach 13.1.2. die ausbil-dungsbedingten Aufwendungen umfasst.

13.3 beiderseitige Barunterhaltspflicht/Haftungsanteil

Die Haftungsquote von Eltern, die beide für ein Kind barunterhaltspflichtig sind, bemisst sich nach dem Verhältnis ihrer anrechenbaren Einkünfte abzüglich des jeweiligen Eigenbedarfs gemäß Nr. 21.3.1 und abzüglich der Unterhaltsleistungen und tatsächlichen Aufwendungen für vorrangig Berechtigte.

14. Verrechnung des Kindergeldes

Kindergeld wird nicht zum Einkommen gerechnet. Es wird nach § 1612b BGB ausgeglichen (siehe Verrechnungstabelle im Anhang).

Ehegattenunterhalt

15. Unterhaltsbedarf

15.1 Bedarf nach ehelichen Lebensverhältnissen

Der Bedarf des Ehegatten richtet sich nach den Einkommens- und Vermögensverhältnissen, die die ehelichen Lebensverhältnisse nachhaltig geprägt haben. Maßgebend ist hiernach der Lebensstan-dard, den die Ehegatten bei diesem Einkommen und Vermögen hatten.

Die ehelichen Lebensverhältnisse werden grundsätzlich durch die Einkünfte und geldwerten Vorteile geprägt, die den Ehegatten vor der Trennung unter Berücksichtigung des Bedarfs unterhaltsberech-tigter Kinder für ihren eigenen Unterhalt zur Verfügung standen. Sie entwickeln sich jedoch bis zur Scheidung mit den beiderseitigen Einkommens- und Vermögensverhältnissen weiter, soweit diese sich als Fortschreibung der ehelichen Lebensverhältnisse darstellen.

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Unterhaltsrechtliche Leitlinien 117

Veränderungen während der Trennung beeinflussen die danach ermittelten Lebensverhältnisse dann nicht mehr, wenn sie auf einer unerwarteten, vom Normalverlauf erheblich abweichenden Entwick-lung beruhen. Entwicklungen nach der Scheidung sind nur dann zu berücksichtigen, wenn ihr Grund vor der Scheidung gelegt worden ist und mit ihnen im Zeitpunkt der Scheidung zu rechnen war. Bei Aufnahme oder Erweiterung einer zumutbaren Erwerbstätigkeit nach Trennung/Scheidung gilt das (Mehr-)Einkommen jedoch als prägend.

15.2 Halbteilung und Erwerbstätigenbonus

Für den Bedarf ist maßgebend, dass Ehegatten während des Zusammenlebens gleichen Anteil an dem Lebensstandard haben. Diesem Grundsatz widerspricht es nicht, zugunsten des erwerbstätigen Ehegatten von einer strikt hälftigen Teilung in maßvoller Weise abzuweichen, um einen Anreiz zur Erwerbstätigkeit zu erhalten.

Der Bedarf beträgt daher grundsätzlich die Hälfte der den ehelichen Lebensverhältnissen zuzurech-nenden Einkünfte und geldwerten Vorteile. Soweit die Einkünfte aus Erwerbseinkommen herrühren, ist dem erwerbstätigen Ehegatten ein pauschalierter Betrag dieses Einkommens als Anreiz zu belas-sen. Dieser beträgt 1/7 seines bereinigten Erwerbseinkommens. Leistet ein Ehegatte auch Unterhalt für ein Kind und hat dies die ehelichen Lebensverhältnisse geprägt, so wird sein Erwerbseinkommen vor Ermittlung des Erwerbstätigenbonus um den diesem entsprechenden Unterhalt (Tabellenbetrag) bereinigt.

15.3 Konkrete Bedarfsbemessung

Bei sehr guten Einkommensverhältnissen des Pflichtigen kommt eine konkrete Bedarfsberechnung in Betracht.

15.4 Vorsorgebedarf/Zusatz- und Sonderbedarf

Werden Altervorsorge-, Kranken- und Pflegeversicherungskosten vom Berechtigten gesondert gel-tend gemacht oder vom Verpflichteten bezahlt, sind diese von dem Einkommen des Pflichtigen vor-weg abzuziehen.

16. Bedürftigkeit

Eigene Einkünfte des Berechtigten sind auf den Bedarf anzurechnen, wobei das bereinigte Nettoer-werbseinkommen um den Erwerbstätigenbonus zu vermindern ist.

Inwieweit der Vermögensstamm zur Deckung des laufenden Unterhalts einzusetzen ist, hängt von den Umständen des Einzelfalles ab.

17. Erwerbsobliegenheit

17.1 bei Kindesbetreuung

Betreut ein Ehegatte ein minderjähriges Kind, so bestimmt sich seine Obliegenheit zur Erwerbstä-tigkeit nach den Umständen des Einzelfalles. Vor Vollendung des zweiten Grundschuljahres besteht in der Regel keine Erwerbsobliegenheit. Ist das Kind 15 Jahre alt, kommt eine Vollzeitbeschäftigung in Betracht. Davon kann abgewichen werden, etwa bei mehreren Kindern oder bei Fortsetzung einer bereits vor Trennung nicht wegen einer Notlage ausgeübten Tätigkeit.

17.2 bei Trennungsunterhalt

Inwieweit in der Trennungszeit eine Erwerbsobliegenheit besteht, richtet sich nach allen Umständen des Einzelfalles.

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118 Arbeitshilfen

Weitere Unterhaltsansprüche

18. Ansprüche aus § 1615 l BGB

Der Bedarf nach § 1615l BGB bemisst sich nach der Lebensstellung des betreuenden Elternteils. Er beträgt mindestens 770 EUR.

19. Elternunterhalt

Beim Bedarf der Eltern sind Leistungen zur Grundsicherung nach §§ 41 ff. SGB XII zu berücksich-tigen (vgl. Nr. 2.9).

20. Lebenspartnerschaft

Unterhaltsansprüche nach dem LPartG sind nicht Gegenstand der Leitlinien.

Leistungsfähigkeit und Mangelfall

21. Selbstbehalt

21.1 Grundsatz

Der Eigenbedarf (Selbstbehalt) ist dem Unterhaltspflichtigen zu belassen. Es ist zu unterscheiden zwischen dem notwendigen (§ 1603 Abs. 2 BGB), dem angemessenen (§ 1603 Abs. 1 BGB), dem eheangemessenen (§§ 1361 Abs. 1, 1578 Abs. 1 BGB) sowie dem billigen Selbstbehalt (§ 1581 BGB).

21.2 Notwendiger Selbstbehalt

Der notwendige Selbstbehalt gilt in allen Fällen der Inanspruchnahme als unterste Grenze. Für El-tern gegenüber minderjährigen Kindern und volljährigen, unverheirateten Kindern bis zur Vollen-dung des 21. Lebensjahres, die im Haushalt der Eltern oder eines Elternteils leben und sich in der allgemeinen Schulausbildung befinden, gilt im Allgemeinen der notwendige Selbstbehalt. Er beträgt,

21.3 Angemessener Selbstbehalt

Im Übrigen gilt beim Verwandtenunterhalt und Ansprüchen nach § 1615 l BGB der angemessene Selbstbehalt.

21.3.1 Volljähriges Kind

Er beträgt gegenüber volljährigen nicht nach § 1603 Abs. 2 BGB privilegierten Kindern 1100 EUR.

21.3.2 Ansprüche aus § 1615 l BGB

Gegenüber Anspruchsberechtigten nach § 1615 l BGB ist der Selbstbehalt in der Regel mit einem Betrag zu bemessen, der zwischen dem angemessenen Selbstbehalt des Volljährigen nach § 1603 Abs. 1 BGB und dem notwendigen Selbstbehalt nach § 1603 Abs. 2 BGB liegt. Er beträgt in der Regel 1000 EUR.

21.3.3 Elternunterhalt und Enkelunterhalt

Gegenüber Eltern und Enkeln beträgt er mindestens 1.400 EUR wobei die Hälfte des diesen Min-destbetrag übersteigenden Einkommens zusätzlich anrechnungsfrei bleiben kann, wenn dies der Angemessenheit entspricht.

• beim Erwerbstätigen 900 EUR, • beim Nichterwerbstätigen 770 EUR.

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Unterhaltsrechtliche Leitlinien 119

21.4 Eheangemessener Selbstbehalt

Der unterhaltspflichtige Ehegatte muss für den ungedeckten Bedarf des anderen Ehegatten nur inso-weit aufgekommen, als dies mit Rücksicht auf seine Leistungsfähigkeit angemessen ist. Dem nicht erwerbstätigen Pflichtigen ist deshalb die Hälfte, dem erwerbstätigen Pflichtigen 4/7 seines bereinig-ten Einkommens zu belassen.

21.5 Anpassung des Selbstbehalts

Reicht das verfügbare Einkommen zur Deckung der Unterhaltslasten und des eheangemessenen Selbstbehalts nicht aus, so hat der Verpflichtete Unterhalt nach Billigkeit zu leisten. Als bei der Bil-ligkeitsabwägung nach §§ 1361, 1581 BGB regelmäßig zu wahrende Untergrenze sind dem Pflichti-gen 1000 EUR zu belassen.

22. Bedarf des mit dem Pflichtigen zusammenlebenden Ehegatten

22.1 Gegenüber minderjährigen und privilegierten volljährigen Kindern Ist bei Unterhaltsansprüchen minderjähriger und diesen nach § 1603 Abs. 2 Satz 2 BGB gleichge-stellter Kindern der Unterhaltspflichtige verheiratet, werden für den mit ihm zusammenlebenden Ehegatten im Regelfall,

beim Nichterwerbstätigen 560 EUR

angesetzt.

22.2 Gegenüber volljährigen Kindern

Ist bei Unterhaltsansprüchen volljähriger nicht privilegierter Kinder der Unterhaltspflichtige verhei-ratet, werden für den mit ihm zusammenlebenden Ehegatten im Regelfall 800 EUR angesetzt.

22.3 Elternunterhalt/Enkelunterhalt

Ist bei Unterhaltsansprüchen der Eltern das unterhaltspflichtige Kind oder bei Unterhaltsansprüchen von Enkeln der unterhaltspflichtige Großelternteil verheiratet, wird für den mit ihm zusammenle-benden Ehegatten der eheangemessene Bedarf, mindestens 1050 EUR angesetzt.

23. Mangelfall

23.1 Grundsatz

Reicht das Einkommen des Pflichtigen zur Deckung seines eigenen Bedarfs und der Unterhaltsan-sprüche der gleichrangigen Unterhaltsberechtigten nicht aus, ist eine Mangelberechnung durchzu-führen. Zur Wahrung eines angemessenen Verhältnisses der Unterhaltsansprüche untereinander sind hierbei folgende Einsatzbeträge zugrunde zulegen:

23.2 Einsatzbeträge

Der Einsatzbetrag im Mangelfall beträgt:

23.2.1 Bei minderjährigen und privilegierten volljährigen Kindern

135 % der Regelbeträge; für privilegierte volljährige Kinder ein Betrag von 135 % des Regelbetra-ges für die dritte Altersstufe.

23.2.2 Bei dem getrennt lebenden/geschiedenen Ehegatten

beim Erwerbstätigen 900 EUR,

beim Nichterwerbstätigen 770 EUR.

beim Erwerbstätigen 650 EUR,

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120 Arbeitshilfen

23.2.3 Bei dem mit dem Pflichtigen zusammenlebenden Ehegatten

beim Erwerbstätigen 650 EUR,

beim Nichterwerbstätigen 560 EUR.

23.3 Berechnung

Bei der Mangelfallberechnung sind zunächst (zweistufige Mangelberechnung) die Unterhaltsan-

sprüche (Einsatzbeträge) aller gleichrangig Berechtigten der unter Berücksichtigung des zu Nr.

21.5 genannten Selbstbehaltes zur Verfügung stehenden Teilungsmasse gegenüberzustellen; der

Anspruch des Ehegatten ist entsprechend zu kürzen. Das nach Abzug des gekürzten Unterhaltsan-

spruchs des Ehegatten verbleibende Einkommen ist sodann unter Berücksichtigung des zu Nr.

21.2 genannten notwendigen Selbstbehaltes – gegebenenfalls unter Bildung einer neuen Quote –

gleichmäßig (§ 1603 Abs. 2 BGB) zu verteilen.

23.4 Kindergeldverrechnung

Für die Kindergeldverrechnung gilt § 1612b BGB.

Sonstiges

24. Rundung

Der Unterhaltsbetrag ist auf volle EUR aufzurunden.

25. Ost-West-Fälle

Der Unterhaltsbedarf von im Beitrittsgebiet lebenden minderjährigen und diesen gleichgestellten

Kindern richtet sich nach der „Berliner Tabelle“. Die Berliner Tabelle ist nur anzuwenden, wenn

sowohl der Unterhaltsgläubiger als auch der Unterhaltsschuldner in Berlin wohnen. Da durch § 20

Abs. 2 SGB II für die alten Bundesländer einschließlich Berlin (Ost) inzwischen die gleichen Regel-

leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts festgesetzt worden sind, sind die Selbstbehalte und

Bedarfssätze in ganz Berlin gleich hoch. Wohnt der Unterhaltspflichtige außerhalb Berlins, ist auf

den an seinem Wohnsitz geltenden abweichenden Selbstbehalt abzustellen.

5.3 OLG Düsseldorf (Stand: 1.7.2007)

Leitlinien zum Unterhalt

Stand 1.7.2007

zur Ergänzung der Düsseldorfer Tabelle herausgegeben von den Senaten für Familiensachen des

Oberlandesgerichts Düsseldorf.

Unterhaltsrechtliches Einkommen

1. Geldeinnahmen

1.1

Auszugehen ist vom Jahresbruttoeinkommen einschließlich Weihnachts- und Urlaubsgeld sowie

sonstiger Zuwendungen, wie z. B. Tantiemen und Gewinnbeteiligungen.

1.2

Einmalige höhere Zahlungen, wie z. B. Abfindungen oder Jubiläumszuwendungen, sind auf einen

angemessenen Zeitraum zu verteilen (in der Regel mehrere Jahre).

Page 122: Das neue Unterhaltsrecht: Rangfolge, Mindestunterhalt und Anpassung bestehender Unterhaltsregelungen (2008)

Unterhaltsrechtliche Leitlinien 121

1.3 Überstundenvergütungen werden in der Regel dem Einkommen voll zugerechnet, soweit sie be-rufsüblich sind oder nur in geringem Umfang anfallen oder wenn der Regelbetrag minderjähriger Kinder oder der entsprechende Unterhalt ihnen nach § 1603 Abs. 2 Satz 2 BGB gleichgestellter Volljähriger nicht gedeckt ist. Sonst ist die Anrechnung unter Berücksichtigung des Einzelfalls nach Treu und Glauben zu beurteilen.

1.4 Auslösungen und Spesen sind nach den Umständen des Einzelfalls anzurechnen. Soweit solche Zuwendungen geeignet sind, laufende Lebenshaltungskosten zu ersparen, ist diese Ersparnis in der Regel mit

1

/3 des Nettobetrags zu bewerten.

1.5 Bei Selbständigen ist vom durchschnittlichen Gewinn während eines längeren Zeitraums von in der Regel mindestens drei aufeinander folgenden Jahren, möglichst den letzten drei Jahren, auszugehen. Anstatt auf den Gewinn kann ausnahmsweise auf die Entnahmen abzüglich der Einlagen abgestellt werden, wenn eine zuverlässige Gewinnermittlung nicht möglich oder der Betriebsinhaber unter-haltsrechtlich zur Verwertung seines Vermögens verpflichtet ist.

Abschreibungen (Absetzung für Abnutzung AfA) können insoweit anerkannt werden, als dem steu-erlich zulässigen Abzug ein tatsächlicher Wertverlust entspricht. Dies ist bei Gebäuden in der Regel nicht der Fall. Zinsen für Kredite, mit denen die absetzbaren Wirtschaftsgüter finanziert werden, mindern den Gewinn. Wenn und soweit die Abschreibung unterhaltsrechtlich anerkannt wird, sind Tilgungsleistungen nicht zu berücksichtigen.

Steuer und Vorsorgeaufwendungen sind nach Nr. 10.1 zu berücksichtigen. Der Gewinn ist nicht um berufsbedingte Aufwendungen (Nr. 10.2.1) zu kürzen.

1.6 Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung werden durch eine Überschussrechnung ermittelt. Instandhaltungskosten können entsprechend § 28 der Zweiten Berechnungsverordnung pauschaliert werden. Hinsichtlich der Abschreibungen gilt Nr. 1.5.

Auch Kapitaleinkünfte sind unterhaltsrechtliches Einkommen.

1.7 Steuererstattungen sind in der Regel in dem Jahr, in dem sie anfallen, zu berücksichtigen (In-Prinzip); bei Selbständigen kann zur Ermittlung eines repräsentativen Einkommens auf den Zeit-raum der Veranlagung abgestellt werden (Für-Prinzip).

2. Sozialleistungen

2.1 Arbeitslosengeld und Krankengeld sind Einkommen.

2.2 Arbeitslosengeld II und andere Leistungen nach dem SGB II sind Einkommen beim Verpflichteten. Beim Berechtigten sind Arbeitslosengeld II und Sozialgeld kein Einkommen. Die Geltendmachung von Unterhalt durch den Hilfeempfänger kann jedoch treuwidrig sein, wenn er infolge des Aus-schlusses des Anspruchsübergangs (vgl. § 33 Abs. 2 SGB II) insbesondere für die Vergangenheit (aber allenfalls bis zur Rechtshängigkeit) durch das Arbeitslosengeld II oder das Sozialgeld und den Unterhalt mehr als seinen Bedarf erhalten würde.

2.3 Wohngeld ist Einkommen, soweit es nicht erhöhte Wohnkosten abdeckt.

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122 Arbeitshilfen

2.4 BAföG-Leistungen (außer Vorausleistungen) sind Einkommen, auch soweit sie als Darlehen ge-währt werden.

2.5 Erziehungsgeld ist nur in den Ausnahmefällen des § 9 Satz 2 BErzGG Einkommen. Elterngeld ist Einkommen nur nach Maßgabe des § 11 BEEG.

2.6 Unfall- und Versorgungsrenten sind Einkommen.

2.7 Leistungen aus der Pflegeversicherung, Blindengeld, Schwerbeschädigten- und Pflegezulagen nach Abzug eines Betrages für tatsächliche Mehraufwendungen sind Einkommen; bei Sozialleistungen nach § 1610a BGB wird widerlegbar vermutet, dass sie durch Aufwendungen aufgezehrt werden.

2.8 An die Pflegeperson weitergeleitetes Pflegegeld ist Einkommen nur nach Maßgabe des § 13 Abs. 6 SGB XI.

2.9 Die Grundsicherung nach den §§ 41 ff. SGB XII ist anders als beim Ehegattenunterhalt beim Ver-wandtenunterhalt (insbesondere Eltern- und Kindesunterhalt) als Einkommen des Beziehers zu be-rücksichtigen.

2.10 Sozialhilfe ist kein Einkommen; jedoch kann die Geltendmachung von Unterhalt durch den Hilfe-empfänger treuwidrig sein, wenn er infolge des Ausschlusses des Anspruchsübergangs (vgl. § 94 Abs. 1 Satz 3 und 4, Abs. 2 und Abs. 3 Nr. 1 und 2 SGB XII) – insbesondere für die Vergangenheit (aber allenfalls bis zur Rechtshängigkeit) – durch die Sozialhilfe und den Unterhalt mehr als seinen Bedarf erhalten würde.

Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz sind kein Einkommen.

3. Kindergeld

Kindergeld ist kein Einkommen; Kinderzulagen und Kinderzuschüsse zur Rente sind, wenn die Ge-währung des staatlichen Kindergeldes entfällt (§ 65 EStG; § 270 SGB VI), in dessen Höhe wie Kin-dergeld, im Übrigen wie Einkommen zu behandeln (BGH, FamRZ 1981, 28, 29).

4. Geldwerte Zuwendungen des Arbeitgebers

Geldwerte Zuwendungen des Arbeitgebers aller Art, z. B. Firmenwagen, freie Kost und Logis, miet-günstige Wohnung, sind dem Einkommen hinzuzurechnen, soweit sie entsprechende Eigenaufwen-dungen ersparen.

5. Wohnwert

Der Wohnvorteil durch mietfreies Wohnen im eigenen Heim ist als wirtschaftliche Nutzung des Vermögens wie Einkommen zu behandeln, wenn sein Wert die Belastungen übersteigt, die unter Berücksichtigung der staatlichen Eigenheimförderung durch die allgemeinen Grundstückskosten und -lasten, durch Annuitäten und durch sonstige nicht nach § 556 BGB umlagefähige Kosten entstehen. Ob und inwieweit neben den Zinsen auch Tilgungsleistungen berücksichtigt werden können, ist eine Frage des Einzelfalls.

Auszugehen ist vom vollen Mietwert. Wenn es nicht möglich oder zumutbar ist, die Wohnung auf-zugeben und das Objekt zu vermieten oder zu veräußern, kann stattdessen die ersparte Miete ange-

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Unterhaltsrechtliche Leitlinien 123

setzt werden, die angesichts der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse angemessen wäre. Dies kommt insbesondere für die Zeit bis zur Scheidung in Betracht, wenn ein Ehegatte das Eigen-heim allein bewohnt.

6. Haushaltsführung

Die Vergütung für die Führung eines Haushalts eines leistungsfähigen Dritten ist Einkommen; bei Haushaltsführung durch einen Nichterwerbstätigen kann in der Regel ein Betrag von 350 EUR mo-natlich angesetzt werden.

7. Einkommen aus unzumutbarer Erwerbstätigkeit

Einkünfte aus Nebentätigkeit und unzumutbarer Erwerbstätigkeit sind im Rahmen der Billigkeit (vgl. § 1577 Abs. 2 BGB) als Einkommen zu berücksichtigen.

8. Freiwillige Zuwendungen Dritter

Freiwillige Leistungen Dritter (z. B. Geldleistungen, mietfreies Wohnen) sind kein Einkommen, es sei denn, dass die Anrechnung dem Willen des Dritten entspricht.

9. Erwerbsobliegenheit und Einkommensfiktion

10. Bereinigung des Einkommens

Einkommen sind auch aufgrund einer unterhaltsrechtlichen Obliegenheit erzielbare Einkünfte.

10.1 Steuern und Vorsorgeaufwendungen

Vom Bruttoeinkommen sind Steuern, Sozialabgaben und/oder angemessene Vorsorgeaufwendungen abzusetzen (Nettoeinkommen); zu den angemessenen Vorsorgeaufwendungen kann auch eine zu-sätzliche Altersvorsorge in Höhe von 4 % des Jahresbruttoeinkommens beim Kindes- und Ehegat-tenunterhalt und 5 % davon beim Elternunterhalt zählen, soweit kein Mangelfall vorliegt.

Steuerzahlungen und -nachzahlungen sind in der Regel in dem Jahr, in dem sie anfallen, zu berück-sichtigen (In-Prinzip). Bei Selbständigen kann auf den Zeitraum der Veranlagung abgestellt werden (Für-Prinzip). Grundsätzlich ist jeder gehalten, ihm zustehende Steuervorteile in Anspruch zu neh-men; hierzu gehört auch das Realsplitting. Ob im laufenden Jahr von der Möglichkeit der Eintragung eines Freibetrages Gebrauch zu machen ist, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls.

10.2 Berufsbedingte Aufwendungen

10.2.1 Für berufsbedingte Aufwendungen gilt Anm. A. 3 der Düsseldorfer Tabelle.

10.2.2 Als notwendige Kosten der berufsbedingten Nutzung eines Kraftfahrzeugs können 0,30 EUR pro gefahrenem Kilometer (§ 5 Abs. 2 Nr. 2 JVEG) angesetzt werden. Bei längerer Fahrtstrecke kommt eine Kürzung der Kilometerpauschale in Betracht.

10.2.3 Für die Ausbildungsvergütung eines Kindes, das im Haushalt der Eltern oder eines Elternteils wohnt, gilt Anm. A. 8 der Düsseldorfer Tabelle.

Lebt das Kind im eigenen Haushalt, ist Anm. A. 3 der Düsseldorfer Tabelle anzuwenden.

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124 Arbeitshilfen

10.3 Kinderbetreuung

Kinderbetreuungskosten sind abzuziehen, soweit die Betreuung durch Dritte infolge der Berufstätig-keit erforderlich ist. Gegebenenfalls kann dem betreuenden Elternteil ein Teil seines Einkommens mit Rücksicht auf die Kindesbetreuung anrechnungsfrei belassen werden.

10.4 Schulden

Schulden können je nach den Umständen des Einzelfalls (Art, Grund und Zeitpunkt des Entstehens) das anrechenbare Einkommen vermindern. Die Abzahlung soll im Rahmen eines Tilgungsplans in angemessenen Raten erfolgen. Dabei sind die Belange von Unterhaltsgläubiger, Unterhaltsschuldner und Drittgläubiger gegeneinander abzuwägen. Unter Umständen besteht die Obliegenheit zur Einlei-tung eines Insolvenzverfahrens (BGH, FamRZ 2005, 608).

10.5 Unterhaltsleistungen

Ob Unterhaltsleistungen vorweg abzuziehen sind, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalles (vgl. Nr. 13.3 und 15.1). Dabei ist zwischen Bedarfsermittlung und Leistungsfähigkeit zu unter-scheiden.

10.6 Vermögensbildung

Vermögenswirksame Leistungen vermindern das Einkommen nicht. Jedoch sind etwaige Zusatzleis-tungen des Arbeitgebers für die vermögenswirksame Anlage zu belassen.

Kindesunterhalt

11. Bemessungsgrundlage (Tabellenunterhalt)

Der Kindesunterhalt ist der Düsseldorfer Tabelle unter Beachtung des Bedarfskontrollbetrages (Anm. A. 6) zu entnehmen. Bei minderjährigen Kindern kann er als Festbetrag oder als Vomhun-dertsatz des Regelbetrages nach der Regelbetrag-VO geltend gemacht werden.

11.1 In den Unterhaltsbeträgen sind Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung sowie Studiengebüh-ren nicht enthalten.

11.2 Bei minderjährigen Kindern, die bei einem Elternteil leben, richtet sich die Eingruppierung in die Düsseldorfer Tabelle nach dem anrechenbaren Einkommen des anderen Elternteils. Der Bedarfskon-trollbetrag (Anm. A. 6 der Düsseldorfer Tabelle) und Ab- oder Zuschläge (Anm. A. 1 der Düsseldor-fer Tabelle) sind zu beachten.

12. Minderjährige Kinder

12.1 Der betreuende Elternteil braucht in der Regel keinen Barunterhalt für das minderjährige Kind zu leisten. Eine anteilige oder alleinige Barunterhaltspflicht des betreuenden Elternteils kommt jedoch dann in Betracht, wenn sein Einkommen bedeutend höher als das des anderen Elternteils ist und entweder dessen angemessener Bedarf (§ 1603 Abs. 2 Satz 3 BGB, Anm. A 5 II der Düsseldorfer Tabelle) bei Leistungen des Barunterhalts gefährdet ist oder die alleinige Inanspruchnahme des nicht betreuenden Elternteils zu einem erheblichen finanziellen Ungleichgewicht zwischen den Eltern führt.

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Unterhaltsrechtliche Leitlinien 125

12.2 Das bereinigte Einkommen des Kindes, das von einem Elternteil betreut wird, wird nur teilweise, in der Regel zur Hälfte auf den Barunterhalt angerechnet; im Übrigen kommt es dem betreuenden El-ternteil zu Gute.

12.3 Sind, z. B. bei auswärtiger Unterbringung des Kindes, beide Eltern zum Barunterhalt verpflichtet, haften sie anteilig nach Nr. 13.3 für den Gesamtbedarf.

12.4 Bei Zusatzbedarf (Prozesskostenvorschuss, Mehrbedarf, Sonderbedarf) gilt § 1606 Abs. 3 Satz 1 BGB.

13. Volljährige Kinder

13.1 Der Unterhalt für volljährige Kinder, die noch im Haushalt der Eltern oder eines Elternteils wohnen, richtet sich nach der 4. Altersstufe der Düsseldorfer Tabelle. Dies gilt bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres auch für unverheiratete volljährige Kinder, die sich in der allgemeinen Schulausbil-dung befinden. Ihr Bedarf bemisst sich, falls beide Eltern leistungsfähig sind, in der Regel nach dem zusammengerechneten Einkommen ohne Höhergruppierung nach Anm. A. 1 der Düsseldorfer Ta-belle. Für die Haftungsquote gilt 13.3. Ein Elternteil hat jedoch höchstens den Unterhalt zu leisten, der sich allein -unter Berücksichtigung von Anm. A. 1 der Düsseldorfer Tabelle -nach seinem Ein-kommen ergibt. Für ein volljähriges Kind mit eigenem Hausstand gilt Anm. A. 7 Abs. 2 der Düssel-dorfer Tabelle. Von diesem Regelbetrag kann bei entsprechender Lebensstellung der Eltern abgewi-chen werden.

13.2 Das bereinigte Einkommen des volljährigen Kindes wird in der Regel in vollem Umfange auf den Bedarf angerechnet. Bei Einkünften aus unzumutbarer Erwerbstätigkeit gilt § 1577 Abs. 2 BGB entsprechend. Zu den Einkünften des Kindes gehören auch BAföG-Darlehen und Ausbildungsbeihil-fen.

13.3 Sind beide Eltern barunterhaltspflichtig, bemisst sich die Haftungsquote nach dem Verhältnis ihrer anrechenbaren Einkünfte. Diese sind vorab jeweils um den Sockelbetrag zu kürzen. Der Sockelbe-trag entspricht dem angemessenen Selbstbehalt gemäß Anm. A. 5 Abs. 2 der Düsseldorfer Tabelle, bei minderjährigen unverheirateten und ihnen gleichgestellten volljährigen Kindern (§ 1603 Abs. 2 Satz 2 BGB) dem notwendigen Selbstbehalt gemäß Anm. A. 5 Abs. 1 der Düsseldorfer Tabelle, wenn nicht das Einkommen eines Elternteils bedeutend höher ist als das des anderen Elternteils.

Bei minderjährigen unverheirateten und ihnen gleichgestellten volljährigen Kindern (§ 1603 Abs. 2 Satz 2 BGB) sind die anrechenbaren Einkommen der Eltern außerdem wegen gleichrangiger Unter-haltspflichten und bei anderen volljährigen Kindern wegen vorrangiger Unterhaltspflichten zu kür-zen.

Der Verteilungsschlüssel kann bei Vorliegen besonderer Umstände (z. B. Betreuung eines behinder-ten Volljährigen) wertend verändert werden.

14. Verrechnung des Kindergeldes

Kindergeld wird nach § 1612b BGB ausgeglichen. Bei Minderjährigen wird auf die Verrechnungs-tabelle gemäß Anlage zu Teil A der Düsseldorfer Tabelle Bezug genommen, bei Volljährigen sind die Entscheidungen des BGH vom 26.10.2005 – XII ZR 346/03 – (FamRZ 2006, 99) und vom 17.1.2007 – XII ZR 166/04 – (FamRZ 2007, 542) zu berücksichtigen.

Page 127: Das neue Unterhaltsrecht: Rangfolge, Mindestunterhalt und Anpassung bestehender Unterhaltsregelungen (2008)

126 Arbeitshilfen

Ehegattenunterhalt

15. Unterhaltsbedarf

15.1

Der Bedarf der Ehegatten richtet sich nach ihren Einkommens- und Vermögensverhältnissen im

Unterhaltszeitraum, soweit diese die ehelichen Lebensverhältnisse nachhaltig geprägt haben.

Bei tatsächlicher oder den Ehegatten obliegender Aufnahme oder Ausdehnung einer Erwerbstätig-

keit nach Trennung/Scheidung wird das erzielte oder erzielbare (Mehr-)Einkommen in der Regel als

Surrogat des wirtschaftlichen Werts einer bisherigen die ehelichen Lebensverhältnisse mitbestim-

menden Haushaltstätigkeit angesehen. Das gilt auch dann, wenn das Einkommen aus einer überobli-

gatorischen Erwerbstätigkeit (Nr. 17) stammt.

Ebenso können geldwerte einem neuen Partner gegenüber erbrachte Versorgungsleistungen als Sur-

rogat der früheren Haushaltstätigkeit angesehen werden.

Auch eine Rente kann als Surrogat früherer Erwerbs- oder Haushaltstätigkeit berücksichtigt werden.

Die den Lebenszuschnitt mitbestimmenden Nutzungsvorteile mietfreien Wohnens im eigenen Haus

(Nr. 5) setzen sich an Zinsvorteilen des Verkaufserlöses fort.

Bei Berechnung des Bedarfs ist von dem anrechenbaren Einkommen des Pflichtigen (Nr. 10) vorab

der Tabellenunterhalt der Kinder abzuziehen. Ergänzend wird auf B. III der Düsseldorfer Tabelle

Bezug genommen.

Auch Unterhalt für nachrangige volljährige Kinder ist abzusetzen, wenn den Eheleuten ein angemes-

sener Unterhalt verbleibt.

Unterhaltspflichten für nicht gemeinsame Kinder sind zu berücksichtigen, wenn sie die ehelichen

Lebensverhältnisse mit bestimmt haben.

Wegen des denkbaren Abzugs von Kinderbetreuungskosten, eines ggf. anrechnungsfreien Teils des

Erwerbseinkommens sowie von Schulden wird auf Nr. 10.3 und 10.4 Bezug genommen.

15.2

Der Bedarf eines jeden Ehegatten ist grundsätzlich mit der Hälfte des unterhaltsrechtlich relevanten

Einkommens beider Ehegatten anzusetzen.

Dem erwerbstätigen Ehegatten steht vorab ein Bonus von 1/7 seiner Erwerbseinkünfte als Arbeitsan-

reiz und zum Ausgleich derjenigen berufsbedingten Aufwendungen zu, die sich nicht nach objekti-

ven Merkmalen eindeutig von den privaten Lebenshaltungskosten abgrenzen lassen.

Der Bonus ist vom Erwerbseinkommen nach Abzug berufsbedingter Aufwendungen, des Kindesun-

terhalts, ggf. der Betreuungskosten, eines wegen der Betreuung anrechnungsfreien Teils des Er-

werbseinkommens und berücksichtigungsfähiger Schulden zu errechnen.

Der Bedarf des berechtigten Ehegatten beträgt danach 3/7 der Erwerbseinkünfte des anderen Ehegat-

ten und 4/7 der eigenen Erwerbseinkünfte sowie 1/2 der sonstigen Einkünfte beider Eheleute. Der Be-

darf des Verpflichteten beträgt 4/7 der eigenen Erwerbseinkünfte und 3/7 der Erwerbseinkünfte des

anderen Ehegatten sowie 1/2 des sonstigen Einkommens beider Eheleute (Quotenbedarf).

15.3

Bei sehr guten Einkommensverhältnissen der Eheleute kommt eine konkrete Bedarfsberechnung

in Betracht.

15.4

Verlangt der Berechtigte neben dem Elementarunterhalt für Alter, Krankheit und Pflegebedürftigkeit

Vorsorgeunterhalt, den er aus seinen eigenen Einkünften nicht decken kann, sind grundsätzlich die

Page 128: Das neue Unterhaltsrecht: Rangfolge, Mindestunterhalt und Anpassung bestehender Unterhaltsregelungen (2008)

Unterhaltsrechtliche Leitlinien 127

vom Pflichtigen geschuldeten Beträge wie eigene Vorsorgeaufwendungen (Nr. 10.1) von seinem Einkommen abzuziehen.

Altersvorsorgeunterhalt wird nicht geschuldet, wenn das Existenzminimum des Berechtigten nicht gesichert ist.

Zur Ermittlung des Altersvorsorgeunterhalts wird zunächst ein vorläufiger Elementarunterhalt nach Nr. 15.2, 21.4 bestimmt. Einkünfte des Berechtigten, die zu keiner Altersvorsorge führen, bleiben unberücksichtigt. Hinzu kommt ein Zuschlag entsprechend der jeweils gültigen Bremer Tabelle. Von dieser Bruttobemessungsgrundlage wird mit Hilfe des jeweiligen Beitragssatzes in der gesetzli-chen Rentenversicherung (Arbeitgeber- und Arbeitnehmerbeitrag) der Vorsorgeunterhalt errechnet. Dieser wird vom bereinigten Nettoeinkommen des Verpflichteten abgezogen; auf dieser Basis wird der endgültige Elementarunterhalt errechnet.

Die zweistufige Berechnung und der Vorwegabzug des Vorsorgeunterhalts für Alter, Krankheit oder Pflegebedürftigkeit können unterbleiben, wenn und soweit der Verpflichtete über nicht prägendes Einkommen verfügt, das den Mehrbedarf übersteigt, oder wenn und soweit auf den Bedarf nicht prägendes Einkommen des Berechtigten angerechnet wird (BGH, FamRZ 1999, 372).

15.5 Trennungsbedingter Mehrbedarf kann berücksichtigt werden, wenn der Berechtigte oder der Ver-pflichtete über zusätzliches nicht prägendes Einkommen verfügen, das die Zahlung des nach dem prägenden Einkommen berechneten Unterhalts sowie des trennungsbedingten Mehrbedarfs erlaubt.

16. Bedürftigkeit

Eigenes Einkommen des Berechtigten ist auf den Bedarf (Nr. 15) anzurechnen. Erwerbseinkommen, das die ehelichen Lebensverhältnisse nicht geprägt hat, ist um

1

/7 zu kürzen (Nr. 15.2).

Leistet der Berechtigte überobligatorische Erwerbstätigkeit (Nr. 17), die die ehelichen Lebensver-hältnisse nicht geprägt hat, sind die Einkünfte gem. § 1577 Abs. 2 BGB anzurechnen.

17. Erwerbsobliegenheit

17.1 Die Erwerbsobliegenheit des Ehegatten bei Betreuung eines oder mehrerer Kinder bestimmt sich nach den Umständen des Einzelfalles. Betreut er nur ein Kind, besteht in der Regel keine Verpflich-tung, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen, wenn das Kind noch nicht 8 Jahre alt ist. Nach der Grund-schulzeit wird im Allgemeinen eine Teilzeitarbeit zumutbar sein. Hat das Kind das 16. Lebensjahr vollendet, ist in der Regel eine Vollzeittätigkeit aufzunehmen.

Von dieser Regel kann insbesondere bei der Betreuung mehrerer Kinder abgewichen werden.

17.2 In der Regel besteht für den Berechtigten im ersten Jahr nach der Trennung keine Obliegenheit zur Aufnahme oder Ausweitung einer Erwerbstätigkeit.

18. Ansprüche nach § 1615 l BGB

Der Bedarf nach § 1615 l BGB bemisst sich nach der Lebensstellung des betreuenden Elternteils. Er beträgt mindestens 770 EUR.

19. Elternunterhalt

Der Bedarf der Eltern bemisst sich in erster Linie nach deren Einkommens- und Vermögensverhält-nissen. Mindestens muss jedoch das Existenzminimum sichergestellt werden, das mit 770 EUR in Ansatz gebracht werden kann. Darin sind Kosten der Kranken- und Pflegeversicherung nicht enthal-ten. Etwaiger Mehrbedarf (z. B. Heimunterbringung) ist zusätzlich auszugleichen.

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128 Arbeitshilfen

20. Lebenspartnerschaft Bei Getrenntleben oder Aufhebung der Lebenspartnerschaft gelten §§ 12, 16 LPartG.

Leistungsfähigkeit und Mangelfall

21. Selbstbehalt des Verpflichteten

21.1 Der Unterhaltsverpflichtete ist leistungsfähig, wenn ihm der Selbstbehalt verbleibt. Es ist zu unter-scheiden zwischen dem notwendigen (§ 1602 Abs. 2 BGB), dem angemessenen (§ 1603 Abs. 1 BGB) sowie dem eheangemessenen Selbstbehalt (§ 1581 BGB).

21.2 Der notwendige Selbstbehalt bemisst sich nach Anm. A. 5 Abs. 1 und B. IV der Düsseldorfer Tabel-le. Er gilt gegenüber minderjährigen unverheirateten und ihnen gleichgestellten volljährigen Kindern (§ 1603 Abs. 2 Satz 2 BGB).

21.3 Der angemessene Selbstbehalt gilt gegenüber volljährigen Kindern, die minderjährigen Kindern nicht gleichgestellt sind, dem Ehegatten, der Mutter oder dem Vater eines nicht ehelich geborenen Kindes gemäß § 1615 l BGB sowie den Eltern des Unterhaltsverpflichteten.

21.3.1 Der Selbstbehalt gegenüber volljährigen Kindern beträgt nach Anm. A. 5 Abs. 2 der Düsseldorfer Tabelle 1.100 EUR.

21.3.2 Der Selbstbehalt gegenüber dem Ehegatten sowohl beim Trennungs- als auch beim nachehelichen Unterhalt und gegenüber Ansprüchen nach § 1615 l BGB beträgt 1.000 EUR, unabhängig davon, ob der Unterhaltspflichtige erwerbstätig ist oder nicht.

21.3.3 Der Selbstbehalt gegenüber Eltern beträgt gemäß D.1 der Düsseldorfer Tabelle 1.400 EUR.

21.4 Der eheangemessene Selbstbehalt des Unterhaltsverpflichteten beim Ehegattenunterhalt beträgt bei Erwerbseinkommen und einer Alleinverdienerehe 4/7 seiner bereinigten Einkünften und bei einer Doppelverdienerehe 4/7 seiner bereinigten Einkünfte und 3/7 der bereinigten Einkünfte des unter-haltsberechtigten Ehegatten. Hinzuzurechnen sind die sonstigen nach dem reinen Halbteilungs-grundsatz zu verteilende Einkünfte jeweils zur Hälfte.

21.5 Vorteile durch das Zusammenleben mit einem Ehegatten oder Lebenspartner können eine Herabset-zung des notwendigen Selbstbehalts rechtfertigen.

22. Bedarf des mit dem Pflichtigen zusammenlebenden Ehegatten

Der Bedarf des mit dem Pflichtigen zusammenlebenden Ehegatten bestimmt sich nach den ehelichen Lebensverhältnissen im Sinne des § 1578 Abs. 1 BGB und beträgt in der Regel die Hälfte der anre-chenbaren Einkünfte beider Ehegatten; er beträgt mindestens

22.1 bei Unterhaltsansprüchen minderjähriger und ihnen nach § 1603 Abs. 2 Satz 2 BGB gleichgestellter volljähriger Kinder gemäß B. VI der Düsseldorfer Tabelle 560 EUR, bei Erwerbstätigkeit 650 EUR.

Page 130: Das neue Unterhaltsrecht: Rangfolge, Mindestunterhalt und Anpassung bestehender Unterhaltsregelungen (2008)

Unterhaltsrechtliche Leitlinien 129

22.2

bei Unterhaltsansprüchen sonstiger volljähriger Kinder gemäß B. VII der Düsseldorfer Tabelle 800

EUR und bei Unterhaltsansprüchen nach § 1615 l Abs. 1 und 2 BGB 725 EUR, unabhängig davon,

ob der Ehegatte erwerbstätig ist oder nicht.

22.3

bei Unterhaltsansprüchen von Eltern des anderen Ehegatten gemäß D. 1 der Düsseldorfer Tabelle

1.050 EUR.

23. Mangelfall

23.1

Ein Mangelfall liegt vor, wenn das Einkommen des Unterhaltsverpflichteten zur Deckung seines

Selbstbehalts und der gleichrangigen Unterhaltsansprüche der Berechtigten nicht ausreicht. Für die-

sen Fall ist die nach Abzug des Eigenbedarfs (Selbstbehalts) des Unterhaltspflichtigen verbleibende

Verteilungsmasse auf die Unterhaltsberechtigten im Verhältnis ihrer jeweiligen Einsatzbeträge

gleichmäßig zu verteilen.

23.2

Die Einsatzbeträge im Mangelfall belaufen sich

23.2.1

bei minderjährigen und diesen nach § 1603 Abs. 3 Satz 2 BGB gleichgestellten Kindern gemäß

§ 1612b Abs. 5 BGB auf die Beträge nach Gruppe 6 der Düsseldorfer Tabelle,

23.2.2

bei getrennt lebenden oder geschiedenen Ehegatten auf die in Anm. B. V der Düsseldorfer Tabelle

genannten Beträge,

23.2.3

bei mit dem Pflichtigen in gemeinsamem Haushalt lebenden Ehegatten auf die in Anm. B.IV. der

Düsseldorfer Tabelle genannten Beträge.

Anrechenbares Einkommen des Unterhaltsberechtigten ist vom Einsatzbetrag abzuziehen.

23.3

Die nach Abzug des Eigenbedarfs (Selbstbehalts) des Unterhaltspflichtigen verbleibende Vertei-

lungsmasse ist anteilig auf die gleichrangigen Unterhaltsberechtigten im Verhältnis ihrer jeweiligen

Einsatzbeträge gleichmäßig zu verteilen. Da gegenüber Kindern und Ehegatten unterschiedliche

Selbstbehalte bestehen, empfiehlt es sich, die Mangelfallberechnung mit dem Eigenbedarf gegen-

über dem Ehegatten zu beginnen. Damit ergibt sich ein endgültiger Ehegattenunterhalt. Der Kindes-

unterhalt ist um die Differenz zwischen dem notwendigen Selbstbehalt gegenüber minderjährigen

und ihnen gleichgestellten volljährigen Kindern und dem Eigenbedarf gegenüber dem Ehegatten

verhältnismäßig entsprechend dem Unterhaltsbedarf der Kinder bis zum Regelbetrag zu erhöhen.

Das im Rahmen der Mangelfallberechnung gefundene Ergebnis ist zu korrigieren, wenn die errech-

neten Beträge über den ohne Mangelfall ermittelten Beträgen liegen (BGH, Urteil v. 22.1.2003,

FamRZ 2003, 363 ff.).

23.4

Für die Kindergeldverrechnung gilt § 1612b Abs. 5 BGB.

24. Rundung

Der Unterhalt ist auf volle Euro zu runden.

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130 Arbeitshilfen

25. Ost – West – Fälle

Bei sog. Ost – West – Fällen richtet sich der Bedarf des Kindes nach der an seinem Wohnsitz gel-

tenden Unterhaltstabelle, der Selbstbehalt des Pflichtigen nach den an dessen Wohnsitz geltenden

Selbstbehaltsätzen.

Anhang

Rechenbeispiel zu Nr. 15.2

a)

Nur ein Ehegatte hat Einkommen:

Erwerbseinkommen V: 2.100 EUR

B (ohne Einkommen) ist wegen Krankheit erwerbsunfähig

Ehegattenunterhalt: 2.100 EUR x 3/7 = 900 EUR

b)

beide Ehegatten haben prägendes Einkommen:

Erwerbseinkommen V: 2.100 EUR

Erwerbseinkommen B: 1.400 EUR

Unterhaltsberechnung nach der Quotenbedarfsmethode (vgl. Nr. 25)

Der Bedarf beträgt 1.700 EUR,

nämlich 2.100 x 3/7 + 1.400 x 4/7.

Auf den Bedarf von 1.700 EUR ist das Erwerbseinkommen B von 1.400 EUR mit 7/7 anzurechnen.

Es bleibt ein ungedeckter Bedarf (Anspruch) von 300 EUR

Verkürzte Unterhaltsberechnung in diesem Fall nach der Differenzmethode:

(2.100 -1.400 ) x 3/7 = 300 EUR

c)

beide Ehegatten haben prägendes Einkommen, B hat zusätzlich nicht prägende Einkünfte (z. B. Lot-

togewinn, Erbschaft, nach unvorhersehbarem Karrieresprung, unzumutbares Einkommen):

prägendes Erwerbseinkommen V: 2.100 EUR

prägendes Erwerbseinkommen B: 1.050 EUR

zusätzliches nicht prägendes Zinseinkommen B: 350 EUR

Unterhaltsberechnung nach der Quotenbedarfsmethode (Nr. 25):

Bedarf B: 2.100 x 3/7 + 1.050 x 4/7 = 1.500 EUR

anzurechnen:

das prägende Erwerbseinkommen von B (1050 x 7/7) 1.050 EUR

das nicht prägende Einkommen von B 350 EUR

Restbedarf ( = Anspruch): 100 EUR

Unterhaltsberechnung nach der Additionsmethode:

Bedarf B: 1/2 (2.100 EUR x 6/7 + 1.050 x 6/7) = 1.350 EUR

anzurechnen:

Gesamteinkommen B: 1.050 EUR x 6/7 + 350 = 1.250 EUR Restbedarf (Anspruch) 100 EUR

Page 132: Das neue Unterhaltsrecht: Rangfolge, Mindestunterhalt und Anpassung bestehender Unterhaltsregelungen (2008)

Unterhaltsrechtliche Leitlinien 131

d)

V hat prägendes, B hat nicht prägendes Einkommen (Zinsen aus nach Scheidung angefallener Erb-schaft). Bei B, nicht bei V , ist trennungsbedingter Mehrbedarf von 150 EUR zu berücksichtigen: Prägendes Erwerbseinkommen V: 2.100 EUR nicht prägendes Zinseinkommen B: 300 EUR Unterhaltsberechnung nach der Anrechnungsmethode: Bedarf B: 3/7 x 2.100 = 900 EUR trennungsbedingter Mehrbedarf B: 150 EUR Gesamtbedarf B: 1.050 EUR anzurechnen: 7/7 x 300 = 300 EUR Restbedarf: 750 EUR.

V ist leistungsfähig , weil ihm mit 1.350 EUR mehr als sein Bedarf von (2.100 x 4/7 =)

1.200 EUR verbleibt (vgl. Nr. 25, 27).

Zu Nr. 23 Mangelfall

Wegen der Unterhaltsberechnung im Mangelfall wird auf das Rechenbeispiel in der Düsseldorfer Tabelle unter C. Bezug genommen.

5.4 OLG Frankfurt am Main (Stand: 1.1.2008)

Präambel

Die von den Richtern der Familiensenate des für ganz Hessen zuständigen OLG Frankfurt am Main erarbeiteten Grundsätze beruhen auf der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und sollen im Inte-resse der Einheitlichkeit und Überschaubarkeit Orientierungslinien für die Praxis geben. Sie orientie-ren sich an der bundeseinheitlichen Leitlinienstruktur und lehnen sich, soweit inhaltlich überein-stimmend, an den Wortlaut der Süddeutschen Leitlinien an.

Sie binden den Richter nicht; dieser wird in eigener Verantwortung die angemessenen Lösungen des Einzelfalls finden müssen.

Das Tabellenwerk der Düsseldorfer Tabelle ist eingearbeitet. Die Erläuterungen werden durch nach-folgende Grundsätze ersetzt.

Unterhaltsrechtlich maßgebendes Einkommen

1. Geldeinnahmen

1.1 Regelmäßiges Bruttoeinkommen einschließlich Renten und Pensionen

Auszugehen ist vom Bruttoeinkommen als Summe aller Einkünfte, regelmäßig bezogen auf das Ka-lenderjahr.

Zur Berücksichtigung von Kinderzuschlägen und Freibeträgen nach § 32 Abs. 6 S. 1 und S. 2 EStG vgl. BGH FamRZ 2007, 882; zum Familienzuschlag, dem Kinderzuschlag nach § 40 Abs. 1 und Abs. 2 BBesG BGH FamRZ 2007, 793 ff. und dem Zuschlag beim Arbeitslosengeld jetzt BGH FamRZ 2007, 983.

Unterhaltsgrundsätze des OLG Frankfurt am Main – Stand 1.1.2008 (Neuerungen kursiv und fett).

Page 133: Das neue Unterhaltsrecht: Rangfolge, Mindestunterhalt und Anpassung bestehender Unterhaltsregelungen (2008)

132 Arbeitshilfen

1.2 Unregelmäßige Einkommen (z. B. Abfindungen etc.)

Soweit Leistungen nicht monatlich anfallen (z. B. Weihnachts- und Urlaubsgeld), werden sie auf ein Jahr umgelegt. Einmalige Zahlungen (z. B. Abfindungen) sind auf einen angemessenen Zeitraum (in der Regel mehrere Jahre) zu verteilen.

1.3 Überstunden

Überstundenvergütungen werden voll angerechnet, soweit sie berufstypisch sind oder in geringem Umfang anfallen (BGH FamRZ 1980, 984 = NJW 1980, 2251) oder der Mindestbedarf der Kinder nicht gedeckt ist. Im Übrigen ist der Anrechnungsteil nach Zumutbarkeit zu ermitteln. Die Weiter-führung überobligationsmäßiger Überstundenleistungen kann regelmäßig nicht verlangt werden. Dies gilt entsprechend auch für Nebentätigkeiten. Zur Obliegenheit einer Nebentätigkeit zur De-ckung des Mindestbedarfs minderjähriger Kinder vgl. BVerfG FamRZ 2003, 661.

1.4 Spesen und Auslösungen

Über die Anrechenbarkeit von Spesen und Auslösungen ist nach Maßgabe des Einzelfalls zu ent-scheiden. Als Anhaltspunkt kann eine anzurechnende häusliche Ersparnis (also nicht für reine Über-nachtungskosten oder Fahrtkosten bis zu der in Nr. 10.2.2 definierten Höhe) von einem Drittel in Betracht kommen.

1.5 Einkommen aus selbstständiger Tätigkeit

Bei Einkünften aus selbstständiger Tätigkeit oder aus Gewerbebetrieb wird regelmäßig an den Ge-winn (§ 4 Abs. 1, Abs. 3 EStG) aus einem zeitnahen Dreijahreszeitraum angeknüpft. Mit der Vorla-ge der ESt-Bescheide und der entsprechenden Bilanzen mit G+V-Rechnung oder den Einnah-me/ÜberschussRechnungen wird der besonderen Darlegungslast (BGH FamRZ 93, 789, 792) in der Regel genügt. Auf substanziierten Einwand sind gegebenenfalls weitere Erläuterungen vorzunehmen oder Belege vorzulegen. Zu Ansparabschreibungen und zur Beachtung von Besonderheiten der Ein-kommensentwicklung siehe BGH FamRZ 2004, 1177 – 1179.

1.6 Einkommen aus Vermietung und Verpachtung sowie Kapitalvermögen

Einkommen aus Vermietung und Verpachtung sowie Kapitalvermögen ist der Überschuss der Brut-toeinkünfte über die Werbungskosten und notwendige Instandhaltungsrücklagen. Für Wohngebäude ist keine AfA anzusetzen; im Einzelfall kommt stattdessen die Berücksichtigung angemessener Til-gungsleistungen in Betracht.

1.7 Steuererstattungen

Steuererstattungen sind in der Regel im Kalenderjahr der tatsächlichen Leistung zu berücksichtigen. Steuervorteile, die auf unterhaltsrechtlich nicht zu berücksichtigenden Aufwendungen beruhen, blei-ben außer Betracht. Hierzu BGH FamRZ 2005, 1159 ff. und 1817 ff.

1.8 Sonstige Einnahmen

sind z. B. Trinkgelder.

Page 134: Das neue Unterhaltsrecht: Rangfolge, Mindestunterhalt und Anpassung bestehender Unterhaltsregelungen (2008)

Unterhaltsrechtliche Leitlinien 133

2. Sozialleistungen

2.1 Arbeitslosengeld (§ 117 SGB III) und Krankengeld

Vgl. dazu Nr. 1.1 Abs. 2.

2.2 Leistungen nach dem SGB II

Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach § 19 f SGB II sind kein Einkommen, es sei denn die Nichtberücksichtigung der Leistungen ist in Ausnahmefällen treuwidrig (vgl. BGH FamRZ 1999, 843; 2001, 619); nicht subsidiäre Leistungen nach dem SGB II sind Einkommen, insbesondere befristete Zuschläge (§ 24 SGB II), Einstiegsgeld (§ 29 SGB II), Entschädigung für Mehraufwendungen „1 Eurojob“ (§ 16 Abs. 3 SGB II).

2.3 Wohngeld,

soweit es nicht erhöhte Wohnkosten deckt.

2.4 BaföG-Leistungen,

auch soweit sie als Darlehen gewährt werden, mit Ausnahme von Vorausleistungen nach §§ 36, 37 BAföG.

2.5 Erziehungs- und Elterngeld

Elterngeld ist, soweit es über den Sockelbetrag i.H.v. 300,-- €, bei verlängertem Bezug über 150,-- €, hinausgeht, Einkommen.

Der Sockelbetrag des Elterngeldes und das Bundeserziehungsgeld sind kein Einkommen, es sei denn, es liegt einer der Ausnahmefälle der §§ 11 Satz 4 BEEG, 9 Satz 2 BErzG vor.

2.6 Unfall- und Versorgungsrenten

(z. B. nach dem Bundesversorgungsgesetz) nach Maßgabe des § 1610 a BGB.

2.7 Leistungen aus der Pflegeversicherung, Blindengeld und Ähnliches

Leistungen aus der Pflegeversicherung an den Pflegling, Blindengeld, Schwerbeschädigten- und Pflegezulagen jeweils nach Maßgabe der §§ 1610a, 1578a BGB.

2.8 Pflegegeld

Der Anteil des Pflegegeldes bei der Pflegeperson, durch den ihre Bemühungen abgegolten werden; bei Pflegegeld aus der Pflegeversicherung gilt dies nach Maßgabe des § 13 Abs. 6 SGB XI.

2.9 Grundsicherungsleistungen

Die Leistungen gemäß §§ 41 – 43 SGB XII sind beim Berechtigten im Rahmen von Verwandtenun-terhaltsansprüchen in der Regel als Einkommen zu berücksichtigen.

Im Rahmen von Ehegattenunterhaltsansprüchen sind sie im Regelfall nicht als Einkommen zu be-werten.

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134 Arbeitshilfen

2.10 Sonstige Leistungen nach dem SGB XII und

2.11 Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz

Diese Leistungen sind nicht als Einkommen zu bewerten. Die Unterhaltsforderung eines Empfängers dieser Leistungen kann in Ausnahmefällen treuwidrig sein (BGH FamRZ 1999, 843, 847; 2001, 619, 620).

2.12 Leistungen nach den Vermögensbildungsgesetzen

beeinflussen das Einkommen nicht, d.h. der vermögenswirksame Anlagebetrag mindert das Ein-kommen nicht; andererseits erhöhen vermögenswirksame Beiträge des Arbeitgebers und die Sparzu-lage nicht das Einkommen.

3. Kindergeld

Kindergeld wird nicht zum Einkommen der Eltern gerechnet (vgl. Nr. 14).

4. Geldwerte Zuwendungen des Arbeitgebers

Geldwerte Zuwendungen aller Art des Arbeitgebers, z. B. Firmenwagen oder freie Kost und Logis, sind Einkommen, soweit sie entsprechende Eigenaufwendungen ersparen.

5. Wohnwert

Der Wohnvorteil durch mietfreies Wohnen im eigenen Heim ist als wirtschaftliche Nutzung des Vermögens unterhaltsrechtlich wie Einkommen zu behandeln. Neben dem Wohnwert sind auch Zah-lungen nach dem Eigenheimzulagengesetz anzusetzen. Ein Wohnvorteil liegt nur vor, soweit der Wohnwert den berücksichtigungsfähigen Schuldendienst, erforderliche Instandhaltungskosten und die verbrauchsunabhängigen Kosten, mit denen ein Mieter üblicherweise nicht belastet wird, über-steigt. Auszugehen ist vom vollen Mietwert (objektiver Wohnwert).

Wenn es nicht möglich oder nicht zumutbar ist, die Wohnung aufzugeben und das Objekt zu vermie-ten oder zu veräußern, kann stattdessen die ersparte Miete angesetzt werden, die angesichts der wirt-schaftlichen Verhältnisse angemessen wäre (subjektiver Wohnwert). Dies kommt insbesondere für die Zeit bis zur Scheidung in Betracht, wenn ein Ehegatte das Eigenheim allein bewohnt (vgl. für den Trennungsunterhalt: BGH FamRZ 1998, 899 f., FamRZ 2000, 351 f., für den Nachehelichenun-terhalt: BGH FamRZ 2000, 950 f., FamRZ 2005, 1817 ff., 1820, beim Elternunterhalt: BGH FamRZ 2003, 1179 f.). Als Untergrenze für den subjektiven Wohnwert ist der Kaltmietanteil im kleinen Selbstbehalt anzusetzen. Bei höherem Einkommen ist der Wohnwert angemessen zu erhöhen.

6. Haushaltsführung

Führt jemand einem leistungsfähigen Dritten den Haushalt, so ist hierfür ein Einkommen anzusetzen (BGH FamRZ 1987, 1011 = NJW RR 1987, 1282; BGH FamRZ 1989, 487 = NJW RR 1989, 1083; BGH FamRZ 1995, 344); bei Haushaltsführung durch einen nicht Erwerbstätigen geschieht das in der Regel mit einem Betrag von 380,-- €.

7. Einkommen aus unzumutbarer Erwerbstätigkeit

kann nach Billigkeit ganz oder teilweise unberücksichtigt bleiben.

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Unterhaltsrechtliche Leitlinien 135

8. Freiwillige Zuwendungen Dritter

(z. B. Geldleistungen, kostenloses Wohnen) sind als Einkommen zu berücksichtigen, wenn dies dem Willen des Dritten entspricht.

9. Erwerbsobliegenheit und Einkommensfiktion

Einkommen können auch aufgrund einer unterhaltsrechtlichen Obliegenheit erzielbare Einkünfte sein (fiktives Einkommen).

Zum Umfang der Obliegenheit im Einzelnen BVerfG FamRZ 2007, 273 f.

10. Bereinigung des Einkommens

10.1 Steuern und Vorsorgeaufwendungen

Vom Bruttoeinkommen sind Steuern, Sozialabgaben und/oder angemessene Vorsorgeaufwendungen abzusetzen (Nettoeinkommen). Zu den angemessenen Vorsorgeaufwendungen kann auch die zusätz-liche Altersversorgung im Rahmen der steuerlichen Förderung nach § 10a EStG zählen. Nr. 1.7 gilt entsprechend. Es besteht die Obliegenheit, Steuervorteile in zumutbarem Rahmen in Anspruch zu nehmen. Zur Obliegenheit, das Realsplitting geltend zu machen, BGH FamRZ 2007, 793 ff. und BGH FamRZ 2007, 882 ff.

10.2 Berufsbedingte Aufwendungen

Berufsbedingte Aufwendungen, die sich von den privaten Lebenshaltungskosten nach objektiven Merkmalen eindeutig abgrenzen lassen, sind im Rahmen des Angemessenen vom Nettoeinkommen aus unselbstständiger Arbeit abzuziehen.

10.2.1 Pauschale/konkrete Aufwendungen

Bei Vorliegen entsprechender Anhaltspunkte kann eine Pauschale von 5 % des Nettoeinkommens (maximal 150,-- €) abgesetzt werden. Diese Pauschale wird vom Nettoeinkommen vor Abzug von Schulden und besonderen Belastungen abgezogen. Übersteigen die berufsbedingten Aufwendungen diese Pauschale, so sind sie im Einzelnen darzulegen.

10.2.2 Fahrtkosten

Ein Abzug von Fahrtkosten zur Arbeitsstätte mit dem eigenen PKW erfolgt grundsätzlich nur in Höhe der Fahrtkosten öffentlicher Verkehrsmittel, wenn deren Benutzung zumutbar ist. Ist wegen schwieriger öffentlicher Verkehrsverbindungen oder aus sonstigen Gründen die Benutzung eines PKW als angemessen anzuerkennen, so wird eine Kilometerpauschale in Höhe des Betrages nach § 5 Abs. 2 Nr. 2 JVEG (zurzeit 0,30 € für jeden gefahrenen Kilometer) berücksichtigt. Anhaltspunkte für die Bestimmung der Angemessenheit können einerseits die ehelichen Lebensverhältnisse und andererseits das Verhältnis der Fahrtkosten zu dem Einkommen sein.

Die Fahrtkostenpauschale deckt in der Regel sowohl die laufenden Betriebskosten als auch die An-schaffungskosten des PKW ab.

Bei hoher Fahrleistung ist, da die Fahrtkosten nicht gleichmäßig ansteigen, eine abweichende Be-wertung veranlasst. In der Regel kann bei einer Entfernung von mehr als 30 km (einfach) und einer PKW-Nutzung an ca. 220 Tagen im Jahr für jeden Mehrkilometer die Pauschale auf die Hälfte des Satzes herabgesetzt werden.

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136 Arbeitshilfen

Bei unverhältnismäßig hohen Fahrtkosten infolge weiter Entfernung zum Arbeitsplatz kommt auch eine Obliegenheit zu einem Wohnortwechsel in Betracht (BGH FamRZ 1998, 1501, 1502).

10.2.3 Ausbildungsaufwand

Bei Vorliegen entsprechender Anhaltspunkte kann eine Pauschale von 5 % der Ausbildungsvergü-tung abgesetzt werden. Übersteigen die Aufwendungen diese Pauschale, so sind sie im Einzelnen darzulegen (vgl. Nr. 10.2.1).

10.3 Kinderbetreuung

Kinderbetreuungskosten sind abzugsfähig, soweit die Betreuung durch Dritte infolge der Berufstä-tigkeit erforderlich ist. Geht ein Ehegatte einer Erwerbstätigkeit nach, obwohl er eines oder mehrere minderjährige Kinder betreut, so kann ihm – auch neben den in Satz 1 genannten konkreten Kos-ten – noch ein Ausgleich für Aufwendungen bis zu 200 € zugebilligt werden, wenn er darlegt, dass er oder Dritte zusätzliche Aufwendungen durch die Betreuung der Kinder haben (wie z. B. Groß-eltern, Nachbarn oder Freunde betreuen die Kinder unentgeltlich, ohne dadurch den Unterhalts-pflichtigen entlasten zu wollen; Fahrtkosten zu Betreuungsstellen etc.). Für die Höhe dieser Pau-schale sind u. a. folgende Faktoren von Bedeutung: Zahl und Alter der Kinder; Umfang der Be-rufstätigkeit; Umfang der Fremdbetreuung, deren Kosten nicht im Rahmen der in S.1 genannten konkreten Kosten geltend gemacht werden; Höhe der konkreten Kosten.

10.4 Schulden

Berücksichtigungswürdige Schulden (Zins und Tilgung) sind abzuziehen; die Abzahlung soll im Rahmen eines vernünftigen Tilgungsplanes in angemessenen Raten erfolgen. Zur Obliegenheit, ein Verbraucherinsolvenzverfahren einzuleiten vgl. BGH FamRZ 2005, 608 f. Bei der Bedarfsermitt-lung für den Ehegattenunterhalt sind grundsätzlich eheprägende Verbindlichkeiten abzusetzen. Beim Verwandtenunterhalt sowie bei Leistungsfähigkeit/Bedürftigkeit für den Ehegattenunterhalt erfolgt eine Abwägung nach den Umständen des Einzelfalls. Bei der Zumutbarkeitsabwägung sind Interes-sen des Unterhaltsschuldners, des Drittgläubigers und des Unterhaltsgläubigers, vor allem minder-jähriger Kinder, mit zu berücksichtigen. Bei der Unterhaltsbemessung nach einem fiktiven Einkom-men ist auch ein fiktiver Schuldendienst berücksichtigungsfähig.

10.5 Unterhaltsleistungen (bleibt unbesetzt)

10.6 Vermögensbildung

Vermögensbildende Aufwendungen sind im angemessenen Rahmen abzugsfähig.

Kindesunterhalt

11. Bemessungsgrundlage (Tabellenunterhalt)

Der Barunterhalt minderjähriger und noch im elterlichen Haushalt lebender volljähriger unverheira-teter Kinder bestimmt sich nach den Sätzen der Düsseldorfer Tabelle ohne Bedarfskontrollbeträge (Anhang 1). Bei minderjährigen Kindern kann er als Festbetrag oder als Prozentsatz des jeweiligen Mindestunterhalts geltend gemacht werden.

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Unterhaltsrechtliche Leitlinien 137

11.1 Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge

Die Tabellensätze der Düsseldorfer Tabelle enthalten keine Kranken- und Pflegeversicherungsbei-träge für das Kind, wenn dieses nicht in einer gesetzlichen Familienversicherung mitversichert ist. Dieser Aufwand gehört jedoch zum Grundbedarf und ist vom Barunterhaltspflichtigen allein zu tra-gen.

Besteht für das Kind eine freiwillige Krankenversicherung, so sind die hierfür erforderlichen Beiträ-ge vom Unterhaltsverpflichteten zusätzlich zu zahlen, zur Ermittlung des Tabellenunterhalts jedoch vom Einkommen abzusetzen.

11.2 Eingruppierung

Die Tabellensätze sind auf den Fall zugeschnitten, dass der Unterhaltspflichtige drei Unterhaltsbe-rechtigten (ohne Rücksicht auf den Rang, soweit für den Nachrangigen Mittel vorhanden sind) Unterhalt zu gewähren hat. Bei einer größeren oder geringeren Anzahl Unterhaltsberechtigter sind in der Regel Ab- oder Zuschläge durch Einstufung in niedrigere oder höhere Einkommensgruppen vorzunehmen. Eine Aufstufung um zwei Einkommensgruppen kommt in Betracht, wenn die Unter-haltspflicht nur gegenüber einem Kind besteht. Liegt insoweit das verfügbare Einkommen des Un-terhaltspflichtigen im Bereich bis 1.300,- €, ist für die Aufstufung eine besondere Prüfung notwen-dig.

12. Minderjährige Kinder

12.1 Betreuungs-/Barunterhalt

Der sorgeberechtigte Elternteil, der ein minderjähriges Kind betreut, leistet in der Regel hierdurch seinen Beitrag zum Kindesunterhalt (§ 1606 Abs. 3 S. 2 BGB).

12.2 Einkommen des Kindes

wird bei beiden Eltern hälftig angerechnet. Zum Kindergeld vgl. Nr. 14.

12.3. Beiderseitige Barunterhaltspflicht / Haftungsanteil

Der betreuende Elternteil braucht neben dem anderen Elternteil in der Regel keinen Barunterhalt zu leisten, es sei denn, sein Einkommen ist bedeutend höher als das des anderen Elternteils (§ 1606 Abs.3 Satz 2 BGB – etwa bei dreifach höherem verfügbarem Einkommen und guten Vermögensver-hältnissen – vgl. BGH FamRZ 1984, 39 = NJW 1984, 303), oder der eigene angemessene Unterhalt des sonst allein barunterhaltspflichtigen Elternteils ist gefährdet (§ 1603 Abs.2 Satz 3 BGB). Im letzteren Fall kann jedoch nach der "Hausmann"-Rechtsprechung (vgl. BGH FamRZ 2006, 1827 ff.) eine Haftung in Betracht kommen.

Sind bei auswärtiger Unterbringung beide Eltern zum Barunterhalt verpflichtet, haften sie anteilig nach § 1606 Abs. 3 Satz 1 BGB für den Gesamtbedarf (vgl. Nr. 13.3). Der Verteilungsschlüssel kann unter Berücksichtigung des Betreuungsaufwandes wertend verändert werden.

Zur Barunterhaltspflicht von Eltern, die sich in der Betreuung eines Kindes abwechseln vgl. BGH FamRZ 2006, 1015 f. u. FamRZ 2007, 707 ff.

Page 139: Das neue Unterhaltsrecht: Rangfolge, Mindestunterhalt und Anpassung bestehender Unterhaltsregelungen (2008)

138 Arbeitshilfen

12.4

Zusatzbedarf

Bei Zusatzbedarf (Prozesskostenvorschuss, Mehrbedarf, Sonderbedarf) gilt § 1606 Abs. 3 Satz 1

BGB (vgl. Nr.13.3).

13. Volljährige Kinder

13.1

Bedarf

Beim Bedarf volljähriger Kinder ist zu unterscheiden, ob sie noch im Haushalt der Eltern / eines

Elternteils leben oder einen eigenen Hausstand haben.

13.1.1

Für volljährige Kinder, die noch im Haushalt der Eltern oder eines Elternteils wohnen, gilt die Al-

tersstufe 4 der Düsseldorfer Tabelle. Sind beide Elternteile leistungsfähig (vgl. Nr. 21.3.1), ist der

Bedarf des Kindes in der Regel nach dem zusammengerechneten Einkommen zu bemessen. Hierbei

findet z. B. bei einer Unterhaltsverpflichtung gegenüber nur einem Kind eine Höherstufung nur um

eine Einkommensgruppe statt (OLG Hamm FamRZ 1993, 353, 355, bestätigt durch BGH FamRZ

1994, 696, 697 = NJW 1994, 1530). Für die Haftungsquote gilt Nr.13.3. Ein Elternteil hat jedoch

höchstens den Unterhalt zu leisten, der sich allein aus seinem Einkommen aus der Düsseldorfer Ta-

belle ergibt.

Dies gilt auch für ein Kind im Sinne des § 1603 Abs. 2 Satz 2 BGB.

Erzielt das volljährige Kind eigenes Einkommen, beträgt der Unterhaltsbedarf (ohne Kranken-

/Pflegeversicherungsbedarf) mindestens monatlich 530 €.

13.1.2

Der angemessene Bedarf eines volljährigen Kindes mit eigenem Hausstand beträgt in der Regel mo-

natlich 640 € (darin sind enthalten Kosten für Unterkunft und Heizung bis zu 270 €), ohne Beiträge

zur Kranken- und Pflegeversicherung sowie ohne Studiengebühren. Von diesem Betrag kann bei

erhöhtem Bedarf oder mit Rücksicht auf die Lebensstellung der Eltern abgewichen werden.

13.2

Einkommen des Kindes

Auf den Unterhaltsbedarf werden Einkünfte des Kindes, auch das Kindergeld (siehe Nr. 14), BA-

föG-Darlehen und Ausbildungsbeihilfen (gekürzt um ausbildungsbedingte Aufwendungen, vgl.

Nr. 10.2.3) angerechnet. Bei Einkünften aus unzumutbarer Erwerbstätigkeit gilt § 1577 Abs. 2

BGB entsprechend.

13.3

Beiderseitige Barunterhaltspflicht / Haftungsanteil

Für den Bedarf des Volljährigen haften die Eltern anteilig nach dem Verhältnis ihrer verfügbaren

Einkommen. Vor der Bildung der Haftungsquote ist der angemessene Selbstbehalt jedes Elternteils

(1.100 €, siehe Nr. 21.3.1) und der Unterhalt vorrangig Berechtigter abzusetzen (vgl. zur Berech-

nungsmethode BGH FamRZ 1986, 151 = NJW-RR 1986, 426; FamRZ 1986, 153 = NJW-RR 1986,

293). Die Haftung ist auf den Tabellenbetrag nach Maßgabe des eigenen Einkommens des jeweils

Verpflichteten begrenzt.

Diese Berechnung findet für den Bedarf des volljährigen Schülers im Sinne des § 1603 Abs.2 Satz 2

BGB entsprechende Anwendung: Zur Bildung der Haftungsquote ist vorab der angemessene Selbst-

behalt jedes Elternteils und der Barbedarf weiterer jetzt gleichrangiger Kinder abzusetzen, wenn der

verbleibende Betrag zur Bedarfsdeckung aller Kinder ausreicht. Ist dies nicht der Fall (Mangelfall)

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Unterhaltsrechtliche Leitlinien 139

wird der Selbstbehalt auf den notwendigen Selbstbehalt herabgesetzt. Außerdem ist statt eines Vor-wegabzugs des Bedarfs der anderen Kinder der Bedarf des volljährigen Kindes aus dem nach Abzug des eigenen Selbstbehalts der Eltern verbleibenden Betrag anteilig zu befriedigen. Zur Berech-nungsweise im Übrigen vgl. BGH FamRZ 2002, 815, 818.

14. Verrechnung des Kindergeldes

Es wird nach § 1612 b BGB ausgeglichen. Bei volljährigen Kindern vgl. auch BGH FamRZ 2006, 99 f.

(Zur Verrechnung bei Minderjährigen nach § 1612 b Abs. 5 BGB a. F. in Altfällen, d.h. für die bis zum 31.12.2007 fällig gewordenen Unterhaltsansprüche, siehe die Verrechnungstabelle An-hang 2 zu den Unterhaltsgrundsätzen in der Fassung vom 1.7.2005).

Ehegattenunterhalt

15. Unterhaltsbedarf

Der Unterhaltsanspruch eines bedürftigen Ehegatten (§§ 1361, 1569 ff. BGB) besteht in dem Unter-schiedsbetrag zwischen seinem eheangemessenen Bedarf und seinen tatsächlich erzielten oder zure-chenbaren Einkünften im Rahmen der Leistungsfähigkeit des Verpflichteten.

15.1 Bedarf nach ehelichen Lebensverhältnissen

Bei der Bedarfsbemessung darf nur eheprägendes Einkommen berücksichtigt werden.

Eheprägend sind die zum Zeitpunkt der Scheidung verfügbaren Mittel. Einkünfte eines Ehegatten, die aus einer erst nach der Trennung aufgenommenen oder ausgeweiteten Erwerbstätigkeit erzielt werden, sind bei der Bedarfsermittlung zu berücksichtigen, wenn diese Berufstätigkeit anstelle einer zuvor geleisteten Haushaltsführung aufgenommen worden ist (BGH, Urteil vom 13.6.2001, FamRZ 2001, 986 = NJW 2001, 2254).

Nach der Scheidung eintretende Einkommensminderungen sind für die Bedarfsbemessung zu be-rücksichtigen (vgl. BGH FamRZ 2006, 683 ff.), sofern sie nicht auf einer Verletzung von Erwerbs-obliegenheiten beruhen (BGH FamRZ 2003, 590, 591 = NJW 2003, 1518).

Einkünfte, die aus einer überobligationsmäßig ausgeübten Erwerbstätigkeit erzielt werden, prägen die ehelichen Lebensverhältnisse nicht (BGH FamRZ 2003, 518).

15.2 Halbteilung und Erwerbstätigenbonus

Der eheangemessene Bedarf eines Ehegatten (ohne Vorsorgebedarf) beträgt ½ des den ehelichen Lebensverhältnissen entsprechenden Einkommens eines oder beider Ehegatten, bereinigt um die berücksichtigungsfähigen Lasten und den Kindesunterhalt. Offen bleibt, ob und inwieweit bei Min-derjährigen der Zahlbetrag oder der Tabellenbetrag abgezogen wird. Bei Volljährigen ist der Zahlbetrag abzuziehen.

Auch Unterhaltsverpflichtungen gegenüber nach Ende der Ehe geborenen Kindern sind bei der Bedarfsberechnung vorweg zu berücksichtigen (BGH FamRZ 2006, 683 ff, 686).

Erbringt der Verpflichtete sowohl Bar- als auch Betreuungsunterhalt, so gilt Nr. 10.3 (BGH FamRZ 2001, 350).

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140 Arbeitshilfen

Auf Erwerbstätigkeit beruhendes Einkommen der Ehegatten wird vorab um einen Bonus von 1/7 bereinigt. Dieser wird jeweils nach Abzug der mit der Erzielung des Erwerbseinkommens verbunde-nen Aufwendungen (Werbungskosten) sowie grundsätzlich der ehelichen Lasten und des von dem Erwerbstätigen zu leistenden Kindesunterhalts berechnet.

Sind mit der Erzielung von Nichterwerbseinkommen (insbes. Wohnvorteil, Kapitaleinkünfte pp.) besondere Aufwendungen verbunden, werden diese von der jeweiligen Einkunftsart abgezogen.

15.3 Konkrete Bedarfsbemessung

Ein eheangemessener Unterhaltsbedarf (Elementarunterhalt) kann bis zu einem Betrag von 2.200 € als Quotenunterhalt geltend gemacht werden. Ein darüber hinausgehender Bedarf muss konkret dar-gelegt werden. Eigenes Einkommen des bedürftigen Ehegatten – Erwerbseinkommen nach Abzug des Erwerbstätigenbonus – ist hierauf anzurechnen.

15.4 Vorsorgebedarf / Zusatz- und Sonderbedarf

Werden Altersvorsorge-, Kranken- und Pflegeversicherungskosten vom Berechtigten gesondert gel-tend gemacht oder vom Verpflichteten bezahlt, sind diese vom dem Einkommen des Pflichtigen vorweg abzuziehen. Der Vorwegabzug unterbleibt, soweit nicht verteilte Mittel zur Verfügung ste-hen, z. B. durch Anrechnung nicht prägenden Einkommens des Berechtigten auf seinen Bedarf.

Bei der Bemessung des Altersvorsorgebedarfs kann nach den Grundsätzen der Bremer Tabelle ver-fahren werden. Altersvorsorgeunterhalt kann in der Regel nur dann verlangt werden, wenn der an-gemessene Eigenbedarf (großer Selbstbehalt) gedeckt ist. Der Altersvorsorgeunterhalt ist nicht auf den Höchstbetrag nach Maßgabe der Beitragsbemessungsgrenze beschränkt und soll gegebenen-falls aus nicht prägendem Einkommen gedeckt werden, so dass dann die zweite Berechnungsstufe entfallen kann, vgl. BGH FamRZ 1999, 372, FamRZ 2007, 117 ff. Altersvorsorgeunterhalt kann für die Vergangenheit nicht erst von dem Zeitpunkt an verlangt werden, in dem er ausdrücklich geltend gemacht worden ist. Es reicht für die Inanspruchnahme des Unterhaltspflichtigen viel-mehr aus, dass von diesem Auskunft mit dem Ziel der Geltendmachung eines Unterhaltsan-spruchs begehrt worden ist (BGH FamRZ 2007, 193 ff., insoweit unter Bestätigung von OLG Frankfurt am Main FPR 2004, 398 ff.).

Der Beitrag für Krankenversicherung und Pflegeversicherung ist in jeweils nachzuweisender kon-kreter Höhe zu berücksichtigen.

15.5 Bedarf bei mehreren gleichrangigen Ehegatten und Berechtigten nach § 1615 l BGB (nicht belegt)

15.6 Trennungsbedingter Mehrbedarf

Trennungsbedingter Mehrbedarf kann zusätzlich berücksichtigt werden, wenn ausnahmsweise noch die Anrechnungsmethode Anwendung findet. Obergrenze ist das Ergebnis der Differenzmethode.

16. Bedürftigkeit

Eigene (erzielte oder zurechenbare) Einkünfte des Berechtigten sind auf den Bedarf anzurechnen, wobei das bereinigte Nettoerwerbseinkommen um den Erwerbstätigenbonus zu vermindern ist.

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Unterhaltsrechtliche Leitlinien 141

17. Erwerbsobliegenheit

17.1 bei Kindesbetreuung

Die nach Vollendung des 3. Lebensjahres grundsätzlich einsetzende Erwerbsobliegenheit des betreuenden Elternteils ist hinsichtlich Art und Umfang an den Belangen des Kindes auszurich-ten.

Stehen solche Belange einer Fremdbetreuung generell entgegen oder besteht eine kindgerechte Betreuungsmöglichkeit nicht, hat das Prinzip der Eigenverantwortung des betreuenden Eltern-teils für seinen Unterhalt zurückzustehen.

Dieser Maßstab bestimmt auch die Verpflichtung zur Aufnahme einer Teilzeitoder Vollzeittätig-keit. Bis zur Beendigung der Grundschulzeit kann eine Vollzeiterwerbstätigkeit in der Regel nicht erwartet werden.

Vgl. hierzu die Gesetzesbegründung, FamRZ 2007, 1947, 2. Spalte:

„ . . . Die Neuregelung verlangt (also) keineswegs einen abrupten, übergangslosen Wechsel von der elterlichen Betreuung zu Vollzeiterwerbstätigkeit. Im Interesse des Kindeswohls wird vielmehr auch künftig ein gestufter, an den Kriterien von § 1570 Abs. 1 BGB-Entwurf orientierter Über-gang möglich sein.“

Private Betreuung, z. B. durch Bekannte und Angehörige, muss grundsätzlich nicht in Anspruch genommen werden.

Die Darlegungs- und Beweislast, keine zumutbare Betreuungsmöglichkeit gefunden zu haben, hat grundsätzlich der Unterhaltsbegehrende, der sich darauf beruft. Es genügt jedoch zunächst der Vortrag, z. B. in der Gemeinde nachgefragt und eine Absage erhalten zu haben. Erst auf sub-stanziiertes Bestreiten der in Anspruch genommenen Gegenpartei besteht ergänzende Vortrags-pflicht.

Maßgeblich für die Dauer der Verlängerung des Unterhaltsanspruchs nach § 1570 Abs. 2 BGB ist das Vertrauen in die vereinbarte und praktizierte Rollenverteilung und die gemeinsame Aus-gestaltung der Kindesbetreuung. Dabei ist auch das Alter des betreuenden Ehegatten zu berück-sichtigen.

Maßgeblich für die Beurteilung ist auch die Zahl der zu betreuenden Kinder.

17.2 bei Trennungsunterhalt

In der Regel besteht für den Berechtigten im ersten Jahr nach der Trennung keine Obliegenheit zur Aufnahme oder Ausweitung einer Erwerbstätigkeit.

Weitere Unterhaltsansprüche

18. Ansprüche aus § 1615 l

Der Bedarf nach § 1615 l BGB bemisst sich nach der Lebensstellung des betreuenden Elternteils. Erleidet dieser einen konkreten Verdienstausfall, ist er auch für den Unterhalt zu Grunde zu legen.

Der Mindestbedarf entspricht in der Regel dem notwendigen Selbstbehalt (900,- €).

Bezüglich der Erwerbsobliegenheit und Dauer des Anspruchs gilt Nr. 17.1 entsprechend.

19. Elternunterhalt

Der Bedarf bemisst sich nach der eigenen Lebensstellung des unterhaltsberechtigten Elternteils, wo-bei nachteilige Veränderungen der Lebensverhältnisse wie sie regelmäßig mit dem Eintritt in den

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142 Arbeitshilfen

Ruhestand einhergehen, zu berücksichtigen sind. Auch bei bescheidenen wirtschaftlichen Verhält-

nissen ist die Untergrenze des Bedarfs so zu bemessen, dass das Existenzminimum sichergestellt

wird (vgl. BGH, Urteil vom 19.02.2003, FamRZ 2003, 860 ff). Bei einem Heimaufenthalt wird der

Bedarf durch die dadurch anfallenden Kosten einschließlich der für die privaten Bedürfnisse ge-

währten Leistungen nach dem SGB XII bestimmt (vgl. BGH FamRZ 2004, 1370 ff).

20. Lebenspartnerschaft

Bei Getrenntleben oder Aufhebung der Lebenspartnerschaft gelten §§ 12, 16 LPartG.

Leistungsfähigkeit und Mangelfall

21. Selbstbehalt

21.1 Grundsatz

Es ist zu unterscheiden zwischen dem notwendigen (§ 1603 Abs. 2 BGB), dem angemessenen

(§ 1603 Abs. 1 BGB) und dem eheangemessenen (§§ 1361 Abs. 1, 1578 Abs. 1 BGB; BGH

FamRZ 2006, 683) Selbstbehalt.

21.2 Notwendiger Selbstbehalt

Für Eltern gegenüber minderjährigen Kindern und diesen nach § 1603 Abs. 2 Satz 2 BGB gleichge-

stellten Kindern gilt im Allgemeinen der notwendige Selbstbehalt als unterste Grenze der Inan-

spruchnahme. Er beträgt 900 €. Davon entfallen 520 € auf den allgemeinen Lebensbedarf und 380 €

auf den Wohnbedarf (290 € Kaltmiete, 90 € Nebenkosten und Heizung). Verursacht der Umgang des

Unterhaltspflichtigen mit den minderjährigen Kindern besondere Kosten, die er nur unter Gefähr-

dung seines Selbstbehalts aufbringen könnte, kommt eine maßvolle Erhöhung in Betracht (BGH

FamRZ 2005, 706 ff.).

21.3 Angemessener Selbstbehalt

21.3.1 gegenüber volljährigen Kindern

Er beträgt gegenüber volljährigen Kindern 1.100 €. Davon entfallen 620 € auf den allgemeinen Le-

bensbedarf und 480 € auf den Wohnbedarf (370 € Kaltmiete, 110 € Nebenkosten und Heizung).

21.3.2 bei Ansprüchen aus § 1615 l BGB

Gegenüber Anspruchsberechtigten nach § 1615 l BGB entspricht der Selbstbehalt dem eheange-

messenen Selbstbehalt (Nr. 21.4).

21.3.3 beim Elternunterhalt

Gegenüber Eltern beträgt er mindestens 1.400 €, wobei die Hälfte des diesen Mindestbetrag über-

steigenden Einkommens zusätzlich anrechnungsfrei bleibt. In diesem Mindestbetrag sind Kosten für

Unterkunft und Heizung in Höhe von 480 € (370 € kalt, 110 € Nebenkosten und Heizung) enthalten.

21.3.4. von Großeltern gegenüber Enkeln (und umgekehrt)

Dies gilt entsprechend für sonstige Unterhaltsansprüche von Verwandten der auf- und absteigen-

den Linie (Großeltern/Enkel, vgl. BGH FamRZ 2006, 26, 28, FamRZ 2007, 375 f.).

21.4 Mindestselbstbehalt gegenüber Ehegatten

Der eheangemessene Selbstbehalt gegenüber getrennt lebenden und geschiedenen Unterhaltsbe-

rechtigten sowie der Selbstbehalt gegenüber einem Anspruch nach § 1615 l BGB (Nr. 21.3.2) ist

in der Regel mit 1.000 € zu bemessen (BGH FamRZ 2006, 683; BGH FamRZ 2005, 357), davon

430 € für den Wohnbedarf (330 € kalt, 100 € Nebenkosten und Heizung).

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Unterhaltsrechtliche Leitlinien 143

21.5 Anpassung des Selbstbehalts

21.5.1.

Beim Verwandtenunterhalt kann der jeweilige Selbstbehalt unterschritten werden, wenn der eigene

Unterhalt des Pflichtigen ganz oder teilweise durch seinen Ehegatten gedeckt ist (vgl. Nr. 22).

21.5.2.

Die Wohnanteile in den Selbstbehalten können angemessen erhöht werden, wenn der Einsatzbetrag

im Einzelfall erheblich überschritten wird und dies nicht vermeidbar ist.

21.5.3.

Lebt der Unterhaltspflichtige mit einem neuen Partner in Haushaltsgemeinschaft, so ist das allein

kein Grund für eine Reduzierung des Selbstbehalts (vgl. OLG Frankfurt am Main FamRZ 2005,

2090 f.). Ebenso kommt die Herabsetzung des Selbstbehalts mit Rücksicht auf geringere Wohn-

kosten des Unterhaltspflichtigen nicht in Betracht, BGH FamRZ 2006, 1664, 1666.

22. Bedarf des mit dem Pflichtigen zusammenlebenden Ehegatten

22.1 Mindestbedarf bei Ansprüchen des nachrangigen geschiedenen Ehegatten

und

22.2 Mindestbedarf bei Ansprüchen volljähriger Kinder und aus § 1615 l BGB

Ist bei Unterhaltsansprüchen des nachrangigen geschiedenen Ehegatten oder nicht privilegierter

volljähriger Kinder der Unterhaltspflichtige verheiratet, werden für den mit ihm zusam-

menlebenden Ehegatten mindestens 800 € angesetzt.

Hinsichtlich Ansprüchen nach § 1615 l BGB (nicht belegt).

22.3. Mindestbedarf bei Ansprüchen von Eltern oder Enkeln des anderen Ehegatten und von

gemeinsamen Enkeln

Ist bei Unterhaltsansprüchen der Eltern das unterhaltspflichtige Kind verheiratet, werden für den mit

ihm zusammenlebenden Ehegatten mindestens 1.100 € angesetzt. Im Familienbedarf von 2.500 €

(1.400 € + 1.100 €) sind Kosten für Unterkunft und Heizung von 800 € (640 € kalt + 160 € Neben-

kosten und Heizung) enthalten.

Dies gilt auch für Unterhaltsansprüche von und gegen Großeltern und Enkel(n).

23. Mangelfall

23.1. Grundsatz

Ein absoluter Mangelfall liegt vor, wenn das Einkommen des Verpflichteten zur Deckung seines

notwendigen Selbstbehalts und der gleichrangigen Unterhaltsansprüche nicht ausreicht. Zur Feststel-

lung des Mangelfalls entspricht der einzusetzende Bedarf für minderjährige und diesen nach § 1603

Abs. 2 Satz 2 BGB gleichgestellten Kindern dem Zahlbetrag (Differenz zwischen dem Tabellenbe-

trag und dem anzurechnenden Kindergeld).

23.2. Einsatzbeträge

(nicht belegt; für die Altfälle, d.h. für die bis zum 31.12.2007 fällig gewordenen Unterhaltsan-

sprüche, wird auf die Nr. 23.2 der Unterhaltsgrundsätze, Stand 01.07.2005, verwiesen, vgl. dazu

auch BGH FamRZ 2003, 363).

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144 Arbeitshilfen

23.3. Berechnung

Die nach Abzug des notwendigen Selbstbehalts des Unterhaltspflichtigen verbleibende Vertei-lungsmasse ist anteilig auf alle gleichrangigen Unterhaltsberechtigten im Verhältnis ihrer Unter-haltsansprüche zu verteilen.

23.4 Kindergeldverrechnung (nicht belegt; für die Altfälle wie unter Nr. 23.2)

Sonstiges

24. Rundung

Der Unterhaltsbetrag ist auf volle € aufzurunden.

25. Ost-West-Fälle

Bei sog. Ost-West-Fällen richtet sich der Bedarf des Kindes nach der an seinem Wohnsitz geltenden Unterhaltstabelle, der Selbstbehalt des Pflichtigen nach den an dessen Wohnsitz geltenden Selbstbe-haltssätzen.

26. Übergangsregelung

Für bis zum 31.12.2007 fällig gewordene Unterhaltsansprüche gilt das bisherige Recht.

Anhang

Rechenbeispiel

Absoluter Mangelfall

Der Verpflichtete M hat ein bereinigtes Nettoeinkommen von 1.500 €. Unterhaltsberechtigt sind ein 18-jähriges Kind K1, das bei der Mutter lebt und auf´s Gymnasium geht, und die beiden min-derjährigen Kinder K2 (14 Jahre) und K3 (10 Jahre), die von der Mutter betreut werden. Das Kindergeld von 462 € wird an die Mutter ausbezahlt, deren sonstiges Einkommen unter 900 € liegt.

Unterhaltsberechnung gemäß Nr. 23.1: Mangels Leistungsfähigkeit der Mutter alleinige Barunterhaltspflicht von M für alle Kinder.

Mindestbedarf K1: 408 € (Düsseldorfer Tabelle Gruppe 1, 4. Altersstufe) - 154 € Kindergeld => offener Bedarf = Einsatzbetrag 254 € Mindestunterhalt K2: 365 € - 77 € hälftiges Kindergeld => offener Bedarf = Einsatzbetrag 288 € Mindestunterhalt K3: 322 € - 77 € hälftiges Kindergeld => offener Bedarf = Einsatzbetrag 245 €

Summe der Einsatzbeträge: 254 + 288 + 245 = 787 €

Verteilungsmasse: 1.500 € - 900 € = 600 €

Prozentuale Kürzung: 600/787 * 100 = 76,24%

Berechnung der gekürzten Unterhaltsansprüche: K1: 254 € * 76,24 % = 194 €; zum Leben verfügbar also 194 + 154 = 348 €;

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Unterhaltsrechtliche Leitlinien 145

K2 : 288 € * 76,24 % = 220 €; zum Leben verfügbar also 220 + 77 = 297 €; K3 : 245 € * 76,24 % = 187 €; zum Leben verfügbar also 187 + 77 = 264 €.

5.5 OLG Dresden (Stand: 1.1.2008)

Die von den Familiensenaten des Oberlandesgerichtes Dresden erarbeiteten Unterhaltsleitlinien die-nen dem Ziel, die Rechtsanwendung möglichst zu vereinheitlichen, stellen aber keine verbindlichen Regelungen dar, sondern verstehen sich als Orientierungshilfe, von der je nach Lage des Einzelfalls abgewichen werden kann und muss. In ihrem Aufbau folgen sie der bundeseinheitlichen Leitlinien-struktur.

Unterhaltsrechtliches Einkommen

Bei der Ermittlung und Zurechnung von Einkommen ist stets zu unterscheiden, ob es um Verwand-ten- oder Ehegattenunterhalt sowie ob es um Bedarfsbemessung einerseits oder Feststellung der Be-dürftigkeit/Leistungsfähigkeit andererseits geht.

Das unterhaltsrechtliche Einkommen ist nicht immer identisch mit dem steuerrechtlichen Einkom-men.

1. Geldeinnahmen

1.1. Auszugehen ist vom Bruttoeinkommen als Summe aller Einkünfte.

1.2. Soweit Leistungen nicht monatlich anfallen (z. B. Weihnachts- und Urlaubsgeld), werden sie auf ein Jahr umgelegt. Einmalige Zahlungen (z. B. Abfindungen) sind auf einen angemesse-nen Zeitraum (in der Regel mehrere Jahre) zu verteilen.

1.3. Überstundenvergütungen werden dem Einkommen regelmäßig zugerechnet, soweit sie in geringem Umfang anfallen oder berufsüblich sind, darüber hinaus im absoluten Mangelfall (vgl. Nr. 23). Entsprechendes gilt für Einkünfte aus Nebentätigkeiten.

1.4. Ersatz für Spesen und Reisekosten sowie Auslösungen gelten in der Regel als Einkommen. Damit zusammenhängende Aufwendungen, vermindert um häusliche Ersparnis, sind jedoch abzuziehen. Bei Aufwendungspauschalen (außer Kilometergeld) kann 1/3 als Einkommen angesetzt werden.

1.5. Bei Ermittlung des zukünftigen Einkommens eines Selbstständigen ist in der Regel der Ge-winn der letzten drei Geschäftsjahre zugrunde zu legen.

1.6. Einkommen aus Vermietung und Verpachtung (ohne Gebäudeabschreibung) sowie aus Kapi-talvermögen ist der Überschuss der Bruttoeinkünfte über die Werbungskosten.

1.7. Steuerzahlungen oder Erstattungen sind in der Regel im Kalenderjahr der tatsächlichen Leis-tung zu berücksichtigen.

1.8. Sonstige Einnahmen, z. B. Trinkgelder

2. Auch folgende Sozialleistungen sind Einkommen:

2.1. Arbeitslosengeld gemäß § 117 SGB III und Krankengeld

2.2. Arbeitslosengeld II (§§ 19-32 SGB II) beim Verpflichteten, beim Berechtigten nur, soweit der Unterhaltsanspruch nicht nach § 33 SGB II auf die Agentur für Arbeit übergegangen ist.

2.3. Wohngeld, soweit es nicht erhöhte Wohnkosten deckt.

2.4. BaföG-Leistungen, auch soweit sie als Darlehen gewährt werden, mit Ausnahme von Vor-ausleistungen nach §§ 36, 37 BaföG.

Page 147: Das neue Unterhaltsrecht: Rangfolge, Mindestunterhalt und Anpassung bestehender Unterhaltsregelungen (2008)

146 Arbeitshilfen

2.5. Elterngeld ist Einkommen, soweit es über den Sockelbetrag nach § 11 Satz 1-3 BEEG hi-

nausgeht. Der Sockelbetrag und Bundeserziehungsgeld sind kein Einkommen, es sei denn, es

liegt einer der Ausnahmefälle der §§ 9 Satz 2 BErzGG, 11 Satz 4 BEEG vor.

2.6. Unfallrenten

2.7. Leistungen aus der Pflegeversicherung, Blindengeld, Versorgungsrenten, Schwerbeschädig-

ten- und Pflegezulagen nach Abzug eines Betrages für tatsächliche Mehraufwendungen;

§ 1610 a BGB ist zu beachten.

2.8. Der Anteil des Pflegegeldes bei der Pflegeperson, durch den ihre Bemühungen abgegolten

werden; bei Pflegegeld aus der Pflegeversicherung gilt dies nach Maßgabe des § 13 VI SGB

XI.

2.9. In der Regel Leistungen nach §§ 41-43 SGB XII (Grundsicherung) beim Verwandtenunter-

halt, nicht aber beim Ehegattenunterhalt.

2.10. Kein Einkommen sind sonstige Sozialhilfe nach SGB XII und Leistungen nach dem UVG.

Die Unterhaltsforderung eines Empfängers dieser Leistungen kann in Ausnahmefällen treu-

widrig sein.

3. Kindergeld

Kindergeld wird nicht zum Einkommen der Eltern gerechnet (vgl. Nr. 14).

4. Geldwerte Zuwendungen

Geldwerte Zuwendungen aller Art des Arbeitgebers, z. B. Firmenwagen oder freie Kost und

Logis, sind Einkommen, soweit durch sie entsprechende Eigenaufwendungen erspart wer-

den.

5. Wohnwert

Der Wohnvorteil durch mietfreies Wohnen im eigenen Heim ist als wirtschaftliche Nutzung

des Vermögens unterhaltsrechtlich wie Einkommen zu behandeln. Neben dem Wohnwert

sind auch Zahlungen nach dem Eigenheimzulagengesetz anzusetzen.

Ein Wohnvorteil liegt nur vor, soweit der Wohnwert den berücksichtigungsfähigen Schul-

dendienst, erforderliche Instandhaltungskosten und die verbrauchsunabhängigen Kosten, mit

denen ein Mieter üblicherweise nicht belastet wird, übersteigt.

Auszugehen ist vom vollen Mietwert. Wenn es nicht möglich oder nicht zumutbar ist, die

Wohnung aufzugeben und das Objekt zu vermieten oder zu veräußern, kann stattdessen die

ersparte Miete angesetzt werden, die angesichts der wirtschaftlichen Verhältnisse ange-

messen wäre. Dies kommt insbesondere für die Zeit bis zur Scheidung in Betracht, wenn

ein Ehegatte das Eigenheim allein bewohnt.

6. Haushaltsführung

Führt jemand einem leistungsfähigen Dritten den Haushalt, so ist hierfür ein Einkommen an-

zusetzen; bei Haushaltsführung durch einen Nichterwerbstätigen geschieht das in der Regel

mit einem Betrag von 200,00 EUR bis 550,00 EUR.

7. Einkommen aus unzumutbarer Erwerbstätigkeit

Einkommen aus unzumutbarer Erwerbstätigkeit kann nach Billigkeit ganz oder teilweise un-

berücksichtigt bleiben.

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Unterhaltsrechtliche Leitlinien 147

8. Freiwillige Zuwendungen Dritter

Freiwillige Zuwendungen Dritter (z. B. Geldleistungen, kostenloses Wohnen) sind als Ein-kommen zu berücksichtigen, wenn dies dem Willen des Dritten nicht widerspricht und in der Regel im absoluten Mangelfall.

9. Fiktives Einkommen

Einkommen können auch aufgrund einer unterhaltsrechtlichen Obliegenheit erzielbare Ein-künfte sein.

10. Bereinigung des Einkommens

10.1. Vom Bruttoeinkommen sind Steuern, Sozialabgaben und/oder angemessene Vorsorgeauf-wendungen abzusetzen (Nettoeinkommen).

Es besteht die Obliegenheit, Steuervorteile in Anspruch zu nehmen (z. B. Eintragung eines Freibetrages bei Fahrtkosten oder für unstreitigen oder titulierten Ehegattenunterhalt).

10.2. Berufsbedingte Aufwendungen, die sich von den privaten Lebenshaltungskosten nach objek-tiven Merkmalen eindeutig abgrenzen lassen, sind im Rahmen des Angemessenen vom Net-toeinkommen aus unselbstständiger Arbeit abzuziehen.

10.2.1. Bei Vorliegen entsprechender Anhaltspunkte kann eine Pauschale von 5 % des Nettoein-kommens, höchstens aber 150,00 EUR angesetzt werden. Übersteigen die berufsbedingten Aufwendungen die Pauschale, so sind sie im Einzelnen darzulegen.

Bei beschränkter Leistungsfähigkeit ist mit konkreten Kosten zurechnen.

10.2.2. Für die notwendigen Kosten der berufsbedingten Nutzung eines Kraftfahrzeuges kann ein Betrag von 0,27 EUR pro gefahrenem Kilometer angesetzt werden. Hierin sind Anschaf-fungs-, Reparatur- und sonstige Betriebskosten enthalten. Bei langen Fahrtstrecken (ab ca. 30 km einfach) kann nach unten abgewichen werden (für die Mehrkilometer in der Regel auf 0,18 EUR). Steuervorteile sind gegenzurechnen.

10.2.3. Bei einem Auszubildenden gelten 10.2.1. und 10.2.2. entsprechend.

10.3. Kinderbetreuungskosten sind abzugsfähig, soweit die Betreuung durch Dritte infolge der Berufstätigkeit erforderlich ist. Bei Erwerbstätigkeit und Betreuung von Kindern unter 14 Jahren kann ein Betreuungsbonus abzuziehen sein.

10.4. Zins- und Tilgungsraten für berücksichtigungsfähige Schulden können (ggf. unter Berück-sichtigung einer möglichen Tilgungsstreckung) je nach den Umständen des Einzelfalles das anrechenbare Einkommen vermindern. Im absoluten Mangelfall (vgl. Nr. 23) sind sie in der Regel nur bis zur Höhe des pfändbaren Betrages (§ 850 c Abs. 1 Satz 2 ZPO) zu berücksich-tigen.

Bei der Bedarfsermittlung für den Trennungsunterhalt sind eheprägende Verbindlichkeiten grundsätzlich voll abzusetzen; beim nachehelichen Unterhalt bleiben Tilgungsraten, die der Vermögensbildung zugute kommen, in der Regel unberücksichtigt, soweit sie nicht einer zu-sätzlich gebotenen Altersvorsorge dienen.

10.5. Unterhaltsleistungen an vorrangig Berechtigte sind vorweg abzuziehen; auch Unterhaltsleis-tungen an nachrangige Berechtigte können im Einzelfall (z. B. volljährige Kinder beim Ehe-gattenunterhalt) zu berücksichtigen sein.

10.6. Vermögensbildende Aufwendungen sind im angemessenen Rahmen abzugsfähig.

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148 Arbeitshilfen

Kindesunterhalt

11. Bemessungsgrundlage (Tabellenunterhalt)

Der Barunterhalt minderjähriger und noch im elterlichen Haushalt lebender volljähriger un-

verheirateter Kinder bestimmt sich nach den Sätzen der Tabelle im Anhang (identisch mit

der Düsseldorfer Tabelle). Bei minderjährigen Kindern kann er als Festbetrag oder als Pro-

zentsatz des jeweiligen Mindestunterhalts geltend gemacht werden.

11.1. Die Tabellensätze enthalten keine Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge für das Kind,

wenn dieses nicht in einer gesetzlichen Familienversicherung mitversichert ist.

Das Nettoeinkommen des Verpflichteten ist um solche zusätzlich zu zahlenden Versiche-

rungskosten zu bereinigen.

11.2. Die Tabellensätze sind auf den Fall zugeschnitten, dass der Unterhaltspflichtige drei Berech-

tigten Unterhalt zu gewähren hat. Bei einer größeren oder geringeren Anzahl Unterhaltsbe-

rechtigter sind in der Regel Ab- oder Zuschläge durch Einstufung in niedrigere oder höhere

Einkommensgruppen vorzunehmen.

12. Minderjährige Kinder

12.1. Die Höhe des Barbedarfes bestimmt sich in der Regel allein nach dem Einkommen des

nichtbetreuenden Elternteils.

12.2. Einkommen des Kindes wird regelmäßig hälftig auf Barunterhalt und Betreuungsunterhalt

angerechnet. Ein höherer Anteil kann zugunsten des Barunterhaltspflichtigen berücksichtigt

werden, wenn der Betreuungsaufwand des anderen Elternteils nur noch gering ist.

12.3. Der betreuende Elternteil braucht neben dem anderen Elternteil in der Regel keinen Barun-

terhalt zu leisten, es sei denn, sein Einkommen ist bedeutend höher als das des anderen El-

ternteils und der eigene angemessene Unterhalt des sonst allein barunterhaltspflichtigen El-

ternteils ist gefährdet (§ 1603 II 3 BGB).

Sind bei auswärtiger Unterbringung beide Eltern zum Barunterhalt verpflichtet, haften sie

anteilig nach § 1606 III 1 BGB für den Gesamtbedarf (vgl. Nr. 13.3.).

12.4. Bei Zusatzbedarf (Prozesskostenvorschuss, Mehrbedarf, Sonderbedarf) gilt § 1606 III

1 BGB (vgl. Nr. 13.3.).

13. Volljährige Kinder

13.1. Bedarf

Beim Bedarf volljähriger Kinder ist zu unterscheiden, ob sie noch im Haushalt der El-

tern/eines Elternteils leben oder einen eigenen Hausstand haben.

13.1.1. Für volljährige Kinder, die noch im Haushalt der Eltern oder eines Elternteils wohnen, gilt

die Altersstufe 4 der Tabelle.

Der Bedarf des Kindes ist in der Regel nach dem zusammengerechneten Einkommen (ohne

Anwendung von Nr. 11.2.) zu bemessen. Für die Haftungsquote gilt Nr. 13.3. Ein Elternteil

hat jedoch höchstens den Unterhalt zu leisten, der sich allein aus seinem Einkommen nach

der Tabelle ergibt.

13.1.2. Der angemessene Bedarf eines volljährigen Kindes mit eigenem Hausstand beträgt in der

Regel monatlich 640,00 EUR. Darin sind enthalten Kosten für Unterkunft (einschließlich

umlagefähiger Nebenkosten) und Heizung bis zu 280,00 EUR, jedoch keine Beiträge zu

Page 150: Das neue Unterhaltsrecht: Rangfolge, Mindestunterhalt und Anpassung bestehender Unterhaltsregelungen (2008)

Unterhaltsrechtliche Leitlinien 149

Kranken- und Pflegeversicherung und keine Studiengebühren. Von diesem Betrag kann bei

erhöhtem Bedarf oder mit Rücksicht auf die Lebensstellung der Eltern abgewichen werden.

13.2. Auf den Unterhaltsbedarf werden Einkünfte des Kindes, auch das Kindergeld, BaföG-

Darlehen und Ausbildungsbeihilfen (gekürzt um ausbildungsbedingte Aufwendungen, vgl.

Nr. 10.2.3.) angerechnet. Bei Einkünften aus unzumutbarer Erwerbstätigkeit gilt § 1577 II

BGB entsprechend.

13.3. Bei anteiliger Barunterhaltspflicht ist vor Berechnung des Haftungsanteils nach § 1606

III 1 BGB das bereinigte Nettoeinkommen jedes Elternteils gem. Nr. 10 zu ermitteln.

Außerdem ist vom Restbetrag ein Sockelbetrag in Höhe des angemessenen Selbstbe-

haltes (1.100,00 EUR) abzuziehen.

Der Haftungsanteil nach § 1606 III 1 BGB errechnet sich nach der Formel:

Bereinigtes Nettoeinkommen eines Elternteils (N1 oder N2) abzüglich 1.100,00 EUR mal

(Rest-)Bedarf (R), geteilt durch die Summe der bereinigten Nettoeinkommen beider Eltern

(N1 + N2) abzüglich 2.200,00 EUR (= 1.100,00 EUR + 1.110,00 EUR).

Haftungsanteil 1 = (N1 - 1.100,00 EUR) x R: (N1 + N2 - 2.200,00 EUR).

Der so ermittelte Haftungsanteil ist auf seine Angemessenheit zu überprüfen und kann bei

Vorliegen besonderer Umstände (z. B. behindertes Kind) wertend verändert werden.

Bei volljährigen Schülern, die in § 1603 II 2 BGB minderjährigen Kindern gleichgestellt

sind, wird der Sockelbetrag bis zum notwendigen Selbstbehalt (770,00 EUR/900,00 EUR)

herabgesetzt, wenn der Bedarf der Kinder andernfalls nicht gedeckt werden kann.

14. Verrechnung des Kindergeldes

Es wird nach § 1612 b BGB angerechnet.

Ehegattenunterhalt

15. Unterhaltsbedarf

15.1. Bei der Bedarfsbemessung darf nur eheprägendes Einkommen berücksichtigt werden. Bei

Aufnahme oder Erweiterung einer Erwerbstätigkeit nach Trennung/Scheidung gilt das

(Mehr-)Einkommen als prägend.

15.2. Es gilt der Halbteilungsgrundsatz, wobei jedoch Erwerbseinkünfte nur zu 6/7 zu berücksich-

tigen sind (Abzug von 1/7 Erwerbstätigenbonus vom bereinigten Nettoeinkommen).

Leistet ein Ehegatte auch Unterhalt für ein Kind und hat dies die ehelichen Lebensverhältnis-

se geprägt, so wird sein Einkommen vor Ermittlung des Erwerbstätigenbonus um diesen Un-

terhalt (Zahlbetrag nach Abzug des anzurechnenden Kindergeldes) bereinigt. Erbringt der

Verpflichtete sowohl Bar- als auch Betreuungsunterhalt, so gilt Nr. 10.3.

15.3. Bei sehr guten Einkommensverhältnissen des Pflichtigen kommt eine konkrete Bedarfsbe-

rechnung in Betracht.

15.4. Werden Altersvorsorge-, Kranken- und Pflegeversicherungskosten vom Berechtigten geson-

dert geltend gemacht oder vom Verpflichteten bezahlt, sind diese von dem Einkommen des

Pflichtigen vorweg abzuziehen. Der Vorwegabzug unterbleibt, soweit nicht verteilte Mittel

zur Verfügung stehen, z. B. durch Anrechnung nicht prägenden Einkommens des Berechtig-

ten auf seinen Bedarf.

Page 151: Das neue Unterhaltsrecht: Rangfolge, Mindestunterhalt und Anpassung bestehender Unterhaltsregelungen (2008)

150 Arbeitshilfen

16. Bedürftigkeit

Eigene Einkünfte des Berechtigten sind auf den Bedarf anzurechnen, wobei das bereinigte

Nettoerwerbseinkommen um den Erwerbstätigenbonus zu vermindern ist.

17. Erwerbsobliegenheit

17.1. Bei Betreuung eines Kindes kann bis zur Vollendung des 3. Lebensjahres eine Erwerbstätig-

keit nicht erwartet werden. Danach besteht eine Erwerbsobliegenheit nach Maßgabe der

Betreuungsbedürftigkeit und der zumutbaren Betreuungsmöglichkeit. Eine Obliegenheit zur

Vollerwerbstätigkeit besteht in der Regel mit Vollendung des 14. Lebensjahres. Soweit meh-

rere Kinder zu betreuen sind, ist auf die Umstände des Einzelfalls abzustellen.

17.2. In der Regel besteht für den Berechtigten im ersten Jahr nach der Trennung keine Obliegen-

heit zur Aufnahme oder Ausweitung einer Erwerbstätigkeit.

18. Ansprüche nach § 1615 l BGB

Der Bedarf nach § 1615 l BGB bemisst sich nach der Lebensstellung des betreuenden Eltern-

teils. Er beträgt mindestens 770,00 EUR.

19. Elternunterhalt

Beim Bedarf der Eltern sind Leistungen nach den §§ 41-43 SGB XII (Grundsicherung) zu

berücksichtigen (vgl. Nr. 2.9.).

20. Lebenspartnerschaft

Bei Getrenntleben oder Aufhebung der Lebenspartnerschaft gelten §§ 12, 16 LPartG. Leis-

tungsfähigkeit und Mangelfall

21. Selbstbehalt des Verpflichteten

21.1. Es ist zu unterscheiden zwischen dem notwendigen (§ 1603 II BGB), dem angemessenen

(§ 1603 I BGB) und dem eheangemessenen (§§ 1361 I, 1578 I BGB) Selbstbehalt.

21.2. Für Eltern gegenüber minderjährigen Kindern und diesen nach § 1603 II 2 BGB gleichge-

stellten Kindern gilt im Allgemeinen der notwendige Selbstbehalt als unterste Grenze der In-

anspruchnahme.

Er beträgt

- beim Nichterwerbstätigen 770,00 EUR,

- beim Erwerbstätigen 900,00 EUR.

Hierin sind Kosten für Unterkunft (einschließlich umlagefähiger Nebenkosten) und Heizung

in Höhe von 360,00 EUR enthalten (vgl. auch 21.5.2.).

21.3. Im übrigen gilt beim Verwandtenunterhalt der angemessene Selbstbehalt.

21.3.1. Er beträgt gegenüber volljährigen Kindern 1.100,00 EUR und gegenüber der Mutter/dem

Vater eines nichtehelichen Kindes in der Regel 1.000,00 EUR. Hierin sind Kosten für Unter-

kunft (einschließlich umlagefähiger Nebenkosten) und Heizung in Höhe von 450,00 EUR

enthalten (vgl. auch 21.5.2.).

21.3.2. Gegenüber Eltern und Enkeln beträgt er mindestens 1.400,00 EUR, wobei gegenüber Eltern

die Hälfte des diesen Mindestbetrag übersteigenden Einkommens zusätzlich anrechnungsfrei

bleibt. Hierin sind Kosten für Unterkunft (einschließlich umlagefähiger Nebenkosten) und

Heizung in Höhe von 450,00 EUR enthalten (vgl. auch 21.5.2.).

Page 152: Das neue Unterhaltsrecht: Rangfolge, Mindestunterhalt und Anpassung bestehender Unterhaltsregelungen (2008)

Unterhaltsrechtliche Leitlinien 151

21.4. Der Selbstbehalt gegenüber einem Anspruch auf Trennungsunterhalt oder nachehelichen Unterhalt (Ehegattenselbstbehalt) ist in der Regel mit einem Betrag zu bemessen, der zwi-schen dem angemessenen Selbstbehalt und dem notwendigen Selbstbehalt liegt, derzeit also regelmäßig mit 1.000,00 EUR; darin sind Kosten für Unterkunft (einschließlich umlagefähi-ger Nebenkosten) und Heizung in Höhe von 450,00 EUR enthalten (vgl. auch 21.5.2).

21.5. Anpassung des Selbstbehaltes

21.5.1. Beim Verwandtenunterhalt kann der jeweilige Selbstbehalt unterschritten werden, wenn der eigene Unterhalt des Pflichtigen ganz oder teilweise durch seinen Ehegatten gedeckt ist (vgl. Nr. 22).

Wegen der Kostenersparnisse bei gemeinschaftlicher Haushaltsführung kommt eine Kürzung des Selbstbehaltes auch dann in Betracht, wenn der Unterhaltspflichtige mit einem Dritten zusammenlebt.

21.5.2. Wird (ggf. nach Abzug von Wohngeld) der in dem Selbstbehalt berücksichtigte Wohnkos-tenanteil erheblich überschritten und ist dies den Umständen nach nicht vermeidbar, so kann der Selbstbehalt erhöht werden. Wird die Wohnung von mehreren Personen genutzt, ist der Wohnkostenanteil des Pflichtigen festzustellen. Bei Erwachsenen geschieht die Aufteilung in der Regel nach Köpfen. Kinder sind vorab mit einem Anteil von 20 % ihres Anspruchs auf Barunterhalt zu berücksichtigen.

22. Bedarf des mit dem Pflichtigen zusammenlebenden Ehegatten

22.1. nicht belegt

22.2. Ist bei Unterhaltsansprüchen volljähriger Kinder, Enkel oder nach § 1615 l I, II BGB der Unterhaltspflichtige verheiratet, werden für den mit ihm zusammenlebenden Ehegatten min-destens 800,00 EUR angesetzt.

22.3. Ist bei Unterhaltsansprüchen der Eltern/Großeltern der Unterhaltspflichtige verheiratet, wer-den für den mit ihm zusammenlebenden Ehegatten mindestens 1.100,00 EUR angesetzt. Im Familienbedarf von 2.500,00 EUR (1.400,00 EUR + 1.100,00 EUR) sind Kosten für Unter-kunft (einschließlich umlagefähiger Nebenkosten) und Heizung in Höhe von 800,00 EUR enthalten.

23. Mangelfall

23.1. Ein absoluter Mangelfall liegt vor, wenn das Einkommen des Verpflichteten zur Deckung seines notwendigen Selbstbehaltes und der gleichrangigen Unterhaltsansprüche nicht aus-reicht. Zur Feststellung des Mangelfalls entspricht der einzusetzende Bedarf für minderjähri-ge und diesen nach § 1603 Abs. 2 Satz 2 BGB gleichgestellten Kindern dem Zahlbetrag.

23.2. nicht belegt

23.3: Die nach Abzug des notwendigen Selbstbehaltes des Unterhaltspflichtigen verbleibende Ver-teilungsmasse ist anteilig auf alle gleichrangigen Unterhaltsberechtigten im Verhältnis der (ggf. um eigene Einkünfte gekürzten) Einsatzbeträge zu verteilen.

23.4. nicht belegt

23.5. Das im Rahmen der Mangelfallberechnung gewonnene Ergebnis ist auf seine Angemessen-heit zu überprüfen.

Page 153: Das neue Unterhaltsrecht: Rangfolge, Mindestunterhalt und Anpassung bestehender Unterhaltsregelungen (2008)

152 Arbeitshilfen

Sonstiges

24. Rundung

Der Unterhaltsbetrag ist auf volle EURO aufzurunden.

5.6 Thüringer OLG (Stand: 1.1.2008)

Die Familiensenate des Thüringer Oberlandesgerichts verwenden diese Leitlinien als Orientierungs-hilfe für den Regelfall unter Beachtung der Rechtsprechung des BGH.

Die „Düsseldorfer Tabelle“, Stand: 01.01.2008, ist einbezogen. Die Erläuterungen werden durch die nachfolgenden Leitlinien ersetzt.

Unterhaltsrechtliches Einkommen

1. Einkünfte aus Erwerb und Vermögen

1.1. Auszugehen ist vom regelmäßigen Bruttoeinkommen als Summe aller Einkünfte.

1.2. Soweit Leistungen nicht monatlich anfallen (z. B. Weihnachts- und Urlaubsgeld), werden sie auf 1 Jahr umgelegt. Einmalige Zahlungen (z. B. Abfindungen) sind grundsätzlich auf einen angemessenen Zeitraum zu verteilen.

1.3. Überstundenvergütungen werden dem Einkommen voll zugerechnet, soweit sie berufsty-pisch sind und das in diesem Beruf übliche Maß nicht überschreiten.

1.4. Ersatz für Spesen und Reisekosten sowie Auslösungen gelten in der Regel als Einkommen. Damit zusammenhängende Aufwendungen, vermindert um häusliche Ersparnis, sind abzu-ziehen.

Bei Aufwendungspauschalen (ausgenommen km-Geld) kann 1/3 als Einkommen angesetzt werden.

1.5. Bei Ermittlung des Einkommens eines Selbständigen ist in der Regel der Gewinn der letzten drei Jahre zu Grunde zu legen.

1.6. Einkommen aus Vermietung und Verpachtung sowie aus Kapitalvermögen ist der Über-schuss der Bruttoeinkünfte über die Werbungskosten. Für Gebäude ist keine AfA anzuset-zen.

2. Einkünfte aus Sozialleistungen

2.1. Arbeitslosengeld ( § 117 SGB III ) und Krankengeld.

2.2. Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach §§ 19 ff. SGB II sind kein Einkom-men; nicht subsidiäre Leistungen nach SGB II sind Einkommen (insbesondere befristete Zu-schläge § 24 SGB II, Einstiegsgeld § 29 SGB II, Entschädigung für Mehraufwendungen § 16 SGB II, Freibeträge § 30 SGB II).

2.3. Wohngeld, soweit es nicht erhöhte Wohnkosten deckt.

2.4. BAföG-Leistungen, auch soweit sie als Darlehen gewährt werden, mit Ausnahme von Vor-ausleistungen nach §§ 36, 37 BAföG.

2.5. Erziehungsgeld ist nur in den Ausnahmefällen des § 9 S. 2 BErzGG Einkommen.

Elterngeld ist nach Maßgabe des § 11 BEEG Einkommen.

2.6. Unfallrenten

Page 154: Das neue Unterhaltsrecht: Rangfolge, Mindestunterhalt und Anpassung bestehender Unterhaltsregelungen (2008)

Unterhaltsrechtliche Leitlinien 153

2.7. Leistungen aus der Pflegeversicherung, Blindengeld, Versorgungsrenten, Schwerbeschädig-ten- und Pflegezulagen nach Abzug eines Betrages für tatsächliche Mehraufwendungen; §§ 1610 a, 1578 a BGB sind zu beachten.

2.8. Anteil des Pflegegeldes bei der Pflegeperson, durch den ihre Bemühungen abgegolten wer-den; bei Pflegegeld aus der Pflegeversicherung gilt dies nach Maßgabe des § 13 Abs. 6 SGB XI.

2.9. der Regel Leistungen nach §§ 41 - 43 SGB XII ( Grundsicherung ) beim Verwandtenunter-halt, nicht aber beim Ehegattenunterhalt.

2.10. Kein Einkommen sind sonstige Sozialhilfe nach SGB XII und Leistungen nach dem UVG.

3. Kindergeld

Kindergeld ist kein Einkommen der Eltern.

4. Geldwerte Zuwendungen

Geldwerte Zuwendungen aller Art des Arbeitgebers (z. B. Firmenwagen oder freie Kost und Logis) sind Einkommen, soweit sie entsprechende Eigenaufwendungen ersparen.

5. Wohnwert

Der Vorteil durch mietfreies Wohnen im eigenen Heim ist als wirtschaftliche Nutzung des Vermögens unterhaltsrechtlich wie Einkommen zu behandeln. Neben dem Wohnwert auch Zahlungen nach dem Eigenheimzulagengesetz anzusetzen.

Die in den Selbstbehaltsätzen ausgewiesenen Wohnkosten können im Mangelfall als Maß-stab für die Anrechnung mietfreien Wohnens herangezogen werden.

6. Haushaltsführung

Die Führung des Haushalts eines leistungsfähigen Dritten kann dem Nichterwerbstätigen als (fiktives) Einkommen zugerechnet werden. In der Regel kann ein Betrag von 300,00 € mo-natlich dafür angesetzt werden.

7. Einkommen aus unzumutbarer Erwerbstätigkeit

Einkommen aus unzumutbarer Erwerbstätigkeit kann nach Billigkeit ganz oder teilweise un-berücksichtigt bleiben.

8. Freiwillige Zuwendungen Dritter

Freiwillige Zuwendungen Dritter (z. B. Geldleistungen, kostenloses Wohnen) sind regelmä-ßig nicht als Einkommen zu berücksichtigen.

9. Fiktives Einkommen

Einkommen können auch aufgrund einer unterhaltsrechtlichen Obliegenheit erzielbare Ein-künfte sein.

10. Bereinigung des Einkommens

10.1. Vom Bruttoeinkommen sind Steuern, Sozialabgaben und/oder tatsächliche, angemessene Vorsorgeaufwendungen abzusetzen (Nettoeinkommen).

Es besteht die Obliegenheit, Steuervorteile in Anspruch zu nehmen.

Page 155: Das neue Unterhaltsrecht: Rangfolge, Mindestunterhalt und Anpassung bestehender Unterhaltsregelungen (2008)

154 Arbeitshilfen

10.2. Berufsbedingte Aufwendungen, die sich von den privaten Lebenshaltungskosten nach objek-tiven Merkmalen eindeutig abgrenzen lassen, sind im Rahmen des Angemessenen vom Net-toeinkommen aus unselbständiger Tätigkeit abzuziehen.

10.2.1. Bei der Bereinigung des Nettoeinkommens sind berufsbedingte Aufwendungen nur auf kon-kreten Nachweis absetzbar. Eine Schätzung nach § 287 ZPO kann erfolgen.

10.2.2. Nachgewiesene notwendige Fahrtkosten zur und von der Arbeitsstätte werden mit 0,30 € pro gefahrenem Kilometer berücksichtigt, wobei in der Regel eine einfache Entfernung von mehr als 40 km nicht mehr als angemessen angesehen werden kann.

Anschaffungs-, Reparatur- und sonstige Betriebskosten sind enthalten.

10.3. Kinderbetreuungskosten sind abzugsfähig, soweit die Betreuung durch Dritte infolge der Berufstätigkeit erforderlich ist. Geht ein Ehegatte überobligatorisch einer Vollzeittätigkeit nach, obwohl er minderjährige Kinder betreut, so kann ihm gegenüber dem anderen Ehegat-ten ein Kinderbetreuungsbonus anrechnungsfrei belassen werden.

Kindesunterhalt

11. Bemessungsgrundlage (Tabellenunterhalt)

Der Barunterhalt minderjähriger und noch im elterlichen Haushalt lebender volljähriger un-verheirateter Kinder bestimmt sich nach den Sätzen der Düsseldorfer Tabelle (Anlage I).

11.1. In den Tabellenbeträgen sind Krankenkassen- und Pflegeversicherungsbeiträge nicht enthal-ten.

11.2. Die Tabelle weist monatliche Unterhaltsrichtsätze aus, bezogen auf drei Unterhaltspflichten ohne Rücksicht auf den Rang.

Bei einer größeren/geringeren Anzahl Unterhaltsberechtigter können Ab- oder Zuschläge durch Einstufung in niedrigere/höhere Gruppen angemessen sein.

12. Minderjährige Kinder

Der Betreuungsunterhalt i. S. d. § 1606 Abs. 3 S. 2 BGB entspricht wertmäßig in der Regel dem vollen Barunterhalt.

13. Volljährige Kinder

13.1. Beim Bedarf volljähriger Kinder ist zu unterscheiden, ob sie noch im Haushalt der El-tern/eines Elternteils leben oder einen eigenen Hausstand haben.

13.1.1. Für den im Haushalt der Eltern oder eines Elternteils lebenden Volljährigen ohne eigenes Erwerbseinkommen ist der Tabellenbetrag der 4. Altersstufe anzusetzen. Dabei ist von dem zusammengerechneten bereinigten Nettoeinkommen beider Eltern unter Anwendung der Ta-belle ohne Höherstufung auszugehen.

Die Eltern haften anteilig nach ihren Einkommensverhältnissen für den Bedarf des Volljäh-rigen.

Vor Bildung der Haftungsquote sind der angemessene Selbstbehalt und der Unterhalt vor-rangig Berechtigter vom bereinigten Nettoeinkommen jeden Elternteils abzusetzen.

Die Haftung ist auf den Tabellenbetrag ohne Höherstufung nach Maßgabe des eigenen Ein-kommens des Pflichtigen begrenzt.

Page 156: Das neue Unterhaltsrecht: Rangfolge, Mindestunterhalt und Anpassung bestehender Unterhaltsregelungen (2008)

Unterhaltsrechtliche Leitlinien 155

13.1.2. Der Bedarf eines Volljährigen mit eigenem Hausstand beträgt in der Regel monatlich 640 €, soweit sich nicht aus dem zusammengerechneten bereinigten Nettoeinkommen der Eltern un-ter Anwendung der Tabelle ohne Höherstufung ein höherer Satz ergibt.

13.2. Erzielt der bei den Eltern oder einem Elternteil lebende Volljährige eigenes Erwerbsein-kommen, so ist wegen der sich anbahnenden eigenen Lebensstellung von einem festen Be-darfsbetrag auszugehen, der wegen der wirtschaftlichen Vorteile des Zusammenlebens mit den Eltern oder einem Elternteil auf 530 € zu bemessen ist, sofern sich nicht nach 13.1.1. ein höherer Bedarf ergibt.

13.3. Der Bedarf des Volljährigen umfasst in der Regel den Wohnbedarf und übliche ausbildungs-bedingte Aufwendungen.

Eigenes Einkommen des Volljährigen ist nach Abzug konkret zu belegender berufsbedingter Aufwendungen anzurechnen.

Ehegattenunterhalt

15. Unterhaltsbedarf

15.1. Maßgeblich sind jeweils die die ehelichen Lebensverhältnisse prägenden Einkünfte der (ge-schiedenen) Ehegatten.

Bei Aufnahme oder Erweiterung einer Erwerbstätigkeit nach Trennung/Scheidung gilt das (Mehr-) Einkommen als prägend.

Verfügt der Berechtigte über die ehelichen Lebensverhältnisse nicht prägendes eigenes Ein-kommen, so kommt die sog. Anrechnungsmethode zur Anwendung. Hier wird das Er-werbseinkommen des Berechtigten mit 6/7 angerechnet.

15.2. Hat der Berechtigte kein eigenes Einkommen, beträgt der Bedarf 3/7 des bereinigten Netto-einkommens zuzüglich ½ der anrechenbaren sonstigen Einkünfte des Verpflichteten.

Hat der Berechtigte eigenes Einkommen, beträgt der Bedarf 3/7 der Differenz zwischen dem anrechenbaren Nettoeinkommen der (geschiedenen) Ehegatten bzw. ½ der anrechenbaren sonstigen Einkünfte, jeweils begrenzt durch den vollen Bedarf nach den ehelichen Lebens-verhältnissen (§ 1578 BGB).

15.3. Einen eheangemessenen Bedarf von mehr als 2200 € (ohne Alters- und Krankenvorsorgebe-darf) muss der Berechtigte konkret darlegen (sog. relative Sättigungsgrenze). Eigenes Ein-kommen des bedürftigen Ehegatten – Erwerbseinkommen nach Abzug des Erwerbstätigen-bonus – ist hierauf anzurechnen.

Weitere Unterhaltsansprüche

18. Ansprüche nach § 1615 l BGB

Der Bedarf bemisst sich nach der Lebensstellung des betreuenden Elternteils.

Er beträgt mindestens 770 €.

Leistungsfähigkeit und Mangelfall

21. Selbstbehalt des Verpflichtete

21.1. Es ist zu unterscheiden zwischen dem notwendigen (§ 1603 Abs. 2 BGB), dem angemesse-nen (§ 1603 Abs. 1 BGB), dem eheangemessenen (§§ 1361 Abs. 1, 1578 Abs. 1 BGB) sowie dem billigen Selbstbehalt (§ 1581 BGB).

Page 157: Das neue Unterhaltsrecht: Rangfolge, Mindestunterhalt und Anpassung bestehender Unterhaltsregelungen (2008)

156 Arbeitshilfen

Er beträgt

21.2. gegenüber Minderjährigen und gemäß § 1603 Abs. 2 Satz 2 BGB privilegierten volljährigen Kindern (notwendiger oder kleiner Selbstbehalt)

a) für nicht erwerbstätige Unterhaltspflichtige 770 €

b) für erwerbstätige Unterhaltspflichtige 900 €

(darin enthalten ist ein Wohnanteil von 290 € Kaltmiete);

21.3. gegenüber volljährigen Kindern, die nicht gemäß § 1603 Abs. 2 Satz 2 BGB privilegiert sind (angemessener oder großer Selbstbehalt):

a) für nicht erwerbstätige Unterhaltspflichtige 1000 €

b) für erwerbstätige Unterhaltspflichtige 1100 €

(darin enthalten ist ein Wohnanteil von 370 € Kaltmiete);

21.4. gegenüber dem getrenntlebenden und geschiedenen Ehegatten (eheangemessener Selbstbe-halt) sowie dem nach § 1615l BGB Unterhaltsberechtigten

a) für nicht erwerbstätige Unterhaltspflichtige 900 €

b) für erwerbstätige Unterhaltspflichtige 1000 €

21.5. gegenüber den Eltern des Unterhaltspflichtigen (angemessener Selbstbehalt) mindestens

a) für nicht erwerbstätige Unterhaltspflichtige 1300 €

b) für erwerbstätige Unterhaltspflichtige 1400 €

wobei die Hälfte des diesen Mindestbetrag übersteigenden Einkommens zusätzlich anrech-nungsfrei bleibt;

21.6. höhere als die in den Selbstbehaltsätzen ausgewiesenen Wohnkosten führen in der Regel nicht zu einer Erhöhung der Selbstbehaltsätze.

23. Mangelfall

23.1. Ein absoluter Mangelfall liegt vor, wenn das Einkommen des Verpflichteten zur Deckung seines notwendigen Selbstbehaltes und der gleichrangigen Unterhaltsansprüche nicht aus-reicht.

23.2. Die Einsatzbeträge im Mangelfall belaufen sich

23.2.1. für minderjährige und privilegierte volljährige Kinder (§ 1603 Abs. 2 Satz 2 BGB) auf den Tabellenbetrag der niedrigsten Einkommensgruppe abzüglich des nach § 1612b BGB zur Bedarfsdeckung zu verwendenden Kindergeldes unter Berücksichtigung des Haftungsanteils des Verpflichteten.

23.2.2. für Berechtigte nach § 1609 Nr. 2, 3, 6 und 7 BGB

bei Nichterwerbstätigen auf 770 €

bei Erwerbstätigen auf 900 €

23.2.3. für mit dem Pflichtigen zusammenlebende Berechtigte nach § 1609 Nr. 2, 3, 6 und 7 BGB

(darin enthalten ist ein Wohnanteil von 330 € Kaltmiete);

(darin enthalten ist ein Wohnanteil von 370 € Kaltmiete);

Page 158: Das neue Unterhaltsrecht: Rangfolge, Mindestunterhalt und Anpassung bestehender Unterhaltsregelungen (2008)

Unterhaltsrechtliche Leitlinien 157

bei Nichterwerbstätigen 560 €

bei Erwerbstätigen 650 €

Anrechenbares Einkommen des Unterhaltsberechtigten ist vom Einsatzbetrag abzuziehen.

Sonstiges

24. Rundungen

Der Unterhaltsbetrag ist auf volle EURO aufzurunden.

Anmerkung:

Die nicht durchgängige Nummerierung beruht auf der einheitlichen Gliederung der Leitlinien in den

Oberlandesgerichtsbezirken. Die fehlenden Punkte wurden beim Thüringer Oberlandesgericht nicht

besonders geregelt.

Anlage

Umrechnung dynamischer Titel nach § 36 Nr. 3 EGZPO:

Ist Kindesunterhalt als Prozentsatz des jeweiligen Regelbetrages zu leisten, bleibt der Titel bestehen. Eine Abänderung ist nicht erforderlich.

An die Stelle des bisherigen Prozentsatzes vom Regelbetrag tritt ein neuer Prozentsatz vom Min-destunterhalt.

Dieser ist für die jeweils maßgebliche Altersstufe gesondert zu bestimmen und auf eine Stelle nach dem Komma zu begrenzen (§ 36 Nr. 3 EGZPO). Der Bedarf ergibt sich aus der Multiplikation des neuen Prozentsatzes mit dem Mindestunterhalt der jeweiligen Altersstufe und ist auf volle Euro auf-zurunden (§ 1612a Abs. 2 S. 2 BGB).

Der Zahlbetrag ergibt sich aus dem um das jeweils anteilige Kindergeld verminderten bzw. erhöhten Bedarf.

Es sind vier Fallgestaltungen zu unterscheiden:

1. Der Titel sieht die Anrechnung des hälftigen Kindergeldes (für das 1. bis 3. Kind 77 EUR, ab dem 4. Kind 89,50 EUR) oder eine teilweise Anrechnung des Kindergeldes vor (§ 36 Nr. 3 a EGZPO).

(Bisheriger Zahlbetrag + 1/2 Kindergeld) x 100 : Mindestunterhalt der jeweiligen Altersstufe

= Prozentsatz neu

Beispiel für 1. Altersstufe

(196 EUR + 77 EUR) x 100 : 279 EUR = 97,8 %

279 EUR x 97,8% = 272,86 EUR, aufgerundet 273 EUR

Zahlbetrag: 273 EUR ./. 77 EUR = 196 EUR

2. Der Titel sieht die Hinzurechnung des hälftigen Kindergeldes vor (§ 36 Nr. 3 b EGZPO).

(Bisheriger Zahlbetrag – 1/2 Kindergeld) x 100 : Mindestunterhalt der jeweiligen Altersstufe

= Prozentsatz neu

Beispiel für 1. Altersstufe

(273 EUR - 77 EUR) x 100 : 279 EUR = 70,2 %

Page 159: Das neue Unterhaltsrecht: Rangfolge, Mindestunterhalt und Anpassung bestehender Unterhaltsregelungen (2008)

158 Arbeitshilfen

279 EUR x 70,2 % = 195,85 EUR, aufgerundet 196 EUR

Zahlbetrag: 196 EUR + 77 EUR = 273 EUR

3. Der Titel sieht die Anrechnung des vollen Kindergeldes vor (§ 36 Nr. 3 c EGZPO).

(Zahlbetrag + 1/1 Kindergeld) x 100 : Mindestunterhalt der jeweiligen Altersstufe

= Prozentsatz neu

Beispiel für 2. Altersstufe

(177 EUR + 154 EUR) x 100 : 322 EUR = 102,7 %

322 EUR x 102,7 % = 330,69 EUR, aufgerundet 331 EUR

Zahlbetrag: 331 EUR ./. 154 EUR = 177 EUR

4. Der Titel sieht weder eine Anrechnung noch eine Hinzurechnung des Kindergeldes vor (§ 36 Nr. 3 d EGZPO).

(Zahlbetrag + 1/2 Kindergeld) x 100 : Mindestunterhalt der jeweiligen Altersstufe

= Prozentsatz neu

Beispiel für 3. Altersstufe

(329 EUR +77 EUR) x 100 : 365 EUR = 111,2 %

365 EUR x 111,2 % = 405,88 EUR, aufgerundet 406 EUR

Zahlbetrag: 406 EUR ./. 77 EUR = 329 EUR

6 Mandanteninformationsschreiben zur Unterhalts-rechtsreform 2008

Unterhaltsrechtsreform 2008

Was bringt die Reform für Sie?

Worauf müssen Sie achten?

Am 1.1.2008 ist das neue Unterhaltsrecht in Kraft getreten.

Mit den Neuregelungen ist das Unterhaltsrecht an die gesellschaftlichen Verhältnisse angepasst, also modernisiert worden:

Die Ziele der Reform sind:

• Förderung des Kindeswohls

• Betonung des Grundsatzes der Eigenverantwortung nach der Ehe

• Vereinfachung des Unterhaltsrechts

Die sich hieraus für Sie möglicherweise ergebenden wirtschaftlichen Vorteile stellen sich nicht von selbst ein. Sie müssen sie auch geltend machen.

Page 160: Das neue Unterhaltsrecht: Rangfolge, Mindestunterhalt und Anpassung bestehender Unterhaltsregelungen (2008)

Mandanteninformationsschreiben zur Unterhaltsrechtsreform 2008 159

Dieses Merkblatt soll Ihnen dabei helfen zu klären, ob sich auch für Sie eine nähere Befassung mit dem neuen Unterhaltsrecht lohnt.

Um Ihnen einen ersten Überblick zu geben, haben wir für Sie die wirtschaftlich positiven Aspekte –geordnet nach den betroffenen Personengruppen – zusammengefasst:

1. Kinder

1.1 Kinder können von der Unterhaltsrechtsreform profitieren, weil sie jetzt allein im ersten Rang stehen. Die Unterhaltsansprüche der Kinder konkurrieren nicht mehr mit denjenigen von Ehegatten.

1.2 Die Unterhaltsrechtsreform hat die unterschiedliche Bemessung des Kindesunterhalts nach dem Wohnort in den neuen oder alten Bundesländern abgeschafft. Die Angleichung erfolgte durch Anhebung auf West-Niveau. Deshalb haben sich die Unterhaltstabellenbeträge für Kinder, die in den neuen Bundesländern leben, erhöht.

1.3 Die Unterhaltstabellenbeträge haben sich – auch gemessen am bisherigen West-Niveau – in einigen Fällen erhöht.

2. Unverheiratete, die nichteheliche Kinder betreuen

2.1 Unverheiratete, die nichteheliche Kinder betreuen, können durch die herausragende Verbes-serung ihrer Rangstellung profitieren.

Unverheiratete Elternteile wurden bisher rangmäßig von allen Kindern und allen Ehegatten verdrängt.

Sie rücken nunmehr in den besten Rang nach den Kindern auf und teilen diesen nur mit betreuenden Elternteilen und Ehegatten, die lange verheiratet waren.

Der Effekt dieser Rangverbesserung wird dadurch verstärkt, dass der Betreuungsunterhalt der im gleichen Rang konkurrierenden betreuenden Elternteile künftig in zeitlich engeren Grenzen gewährt wird, so dass die konkurrierenden Elternteile frührer wegfallen und der Un-terhalt generell früher begrenzt werden soll.

2.2 Die Voraussetzungen für die Verlängerung des Betreuungsunterhaltsanspruchs – über 3 Jah-re nach der Geburt hinaus – sind erheblich herabgesetzt worden. Sie entsprechen soweit das Kindeswohls Grund für den Unterhaltsanspruch ist nunmehr denen des Betreuungsunterhalts verheirateter betreuender Ehegatten.

2.3 Schließlich können unverheiratete betreuende Elternteile indirekt über die Verbesserung der Unterhaltssituation der von ihnen betreuten Kinder profitieren.

3. Ehegatten aus zweiter Ehe

3.1 Ehegatten aus zweiter Ehe, die Kinder betreuen, können durch eine Verbesserung ihrer Rangstellung von der Unterhaltsrechtsreform profitieren.

Die Verbesserung ihrer Rangstellung besteht darin, dass sie in den besten Rang nach den Kindern aufrücken, während sie früher von betreuenden Ehefrauen aus erster Ehe (und in sehr vielen Fällen auch von nicht betreuenden geschiedenen Ehefrauen erster Ehe) verdrängt wurden. Diesen besten Rang nach den Kindern teilen betreuende Ehegatten aus zweiter Ehe regelmäßig nur noch mit Elternteilen, die gleichfalls minderjährige Kinder betreuen. Zugleich verdrängen sie geschiedene Ehefrauen, die keine Kinder betreuen -es sei denn diese geschiedenen Ehegatten waren „lange“ verheiratet.

Page 161: Das neue Unterhaltsrecht: Rangfolge, Mindestunterhalt und Anpassung bestehender Unterhaltsregelungen (2008)

160 Arbeitshilfen

Der Effekt dieser Rangverbesserung wird zusätzlich dadurch verstärkt, dass der Betreuungs-unterhalt der im gleichen Rang konkurrierenden betreuenden Elternteile künftig in zeitlich engeren Grenzen gewährt wird, so dass die konkurrierenden Elternteile als Konkurrenten früher wegfallen.

3.2 Schließlich können auch betreuende Ehegatten aus zweiter Ehe indirekt über die Verbesse-rung der Unterhaltssituation der von ihnen betreuten Kinder profitieren.

4. Unterhaltsverpflichtete mit Zweitfamilien

4.1 Unterhaltsverpflichtete in Zweitfamilien mit Kind(ern) können durch die Unterhaltsrechtsre-form erheblich – indirekt – durch die Verbesserung der Unterhaltssituation der Familienmit-glieder profitieren.

4.1.1 Insbesondere die Verbesserung der Rangstellung des betreuenden – neuen – Ehegatten kann eine sehr erhebliche Verbesserung der Einkommenssituation der Zweitfamilie zur Folge ha-ben.

Die bisher häufige Verdrängung der zweiten Ehefrau führte dazu, dass der Unterhaltsver-pflichtete deren Lebensunterhalt nur finanzieren konnte, wenn neben den Kindern der Le-bensunterhalt der vorrangigen geschiedenen Ehefrau befriedigt war. In Mangelfällen hatte dies zur Folge, dass der Unterhaltsverpflichtete, wenn der den Bedarf der Kinder und der ers-ten Ehefrau nicht decken konnte, darauf verwiesen wurde, seinen notwendigen Selbstbehalt von 900 EUR mit seinem neuen Ehegatten zu teilen, so dass die Zweitfamilie gezwungen war, ihre Kinder in Fremdbetreuung zu geben damit beide Ehegatten arbeiten konnten, wenn sie nicht der Sozialhilfe anheim fallen wollte.

Das Aufrücken des – zweiten – betreuenden Ehegatten in den besten Rang nach den Kindern hat zur Folge, dass das verteilungsfähige Einkommen des Unterhaltsverpflichteten gleichmä-ßig zwischen dem geschiedenen und dem neuen Ehegatten verteilt wird.

Falls der geschiedene Ehegatte keine Kinder betreut und keine „lange“ Ehe vorweisen kann, wird er das Familienbudget nur noch belasten, wenn das Einkommen des Unterhaltsver-pflichteten ausreicht, um den Lebensunterhalt der neuen Familie zu decken.

4.1.2 Ein Vorteil kann sich daraus ergeben, dass es durch die Änderung der Rangverhältnisse kei-ne Mangelfallberechnung unter gleichzeitiger Beteiligung von Kindern und Ehegatten mehr gibt. Diese hatte nämlich zur Folge, dass die Leistungsfähigkeit des Unterhaltsverpflichteten bis zur Grenze des notwenigen Selbstbehalts gegenüber Kindern in Höhe von 900 EUR ab-geschöpft wurde. Nach neuem Recht kommt stattdessen der höhere Selbstbehalt gegenüber Ehegatten vom 1.000 EUR zum tragen, so dass sich die Summe der Unterhaltszahlungen an Kinder und Ehefrauen um 100 EUR verringert.

4.1.3 Die Begrenzung des Betreuungsunterhalts des früheren Ehegatten wird der Zweitfamilie ebenfalls finanzielle Vorteile bringen (s. 3.1.).

4.2 Unterhaltsverpflichtete in Zweitfamilien können indirekt über die Verbesserung der Unter-haltssituation der von ihnen betreuten Kinder profitieren.

4.3 Auch wenn die Zweitfamilie als nichteheliche Lebensgemeinschaft gelebt wird, kann die Reform Vorteile bringen: Der gemeinsamen Kinder betreuende Lebensgefährte steht im glei-chen Rang wie der getrennt lebende/geschiedene betreuende Ehegatte. Die Höhe des dem Lebensgefährten zustehenden Unterhaltsanspruchs kann sich aber von dem des Ehegatten unterscheiden, weil der Halbteilungsgrundsatz nur für Eheleute gilt.

Page 162: Das neue Unterhaltsrecht: Rangfolge, Mindestunterhalt und Anpassung bestehender Unterhaltsregelungen (2008)

Mandanteninformationsschreiben zur Unterhaltsrechtsreform 2008 161

5. Unterhaltsverpflichtete

Wer an seinen geschiedenen Ehegatten Unterhalt zu zahlen hat, kann Vorteile von der Reform ha-ben, weil die Verpflichtung für den eigenen Unterhalt zu sorgen, durch eine Vielzahl von Regelun-gen wesentlich verstärkt wurde:

• Beim Betreuungsunterhalt ist nach Ablauf von drei Jahren davon auszugehen, dass eine (Teilzeit-) Erwerbstätigkeit zumutbar ist, es sei denn, es mangelt an Betreuungsmöglichkei-ten, die dem Kindeswohl entsprechen.

• Bei der Frage nach der Art der Erwerbstätigkeit, die einem geschiedenen Ehegatten zugemu-tet werden kann, ist nach neuem Recht auch auf die früher ausgeübte Erwerbstätigkeit abzu-stellen. Der Ehegatte kann eine solche Erwerbstätigkeit daher nicht mehr mit dem Argument ablehnen, dass sich sein gesellschaftlicher Status so verändert habe, dass ihm die Rückkehr in den früheren Beruf nicht zumutbar sei.

• Alle nachehelichen Unterhaltsansprüche – auch der Betreuungsunterhaltsanspruch – können künftig zeitlich und/oder der Höhe nach begrenzt werden. Maßgebend ist insoweit, ob und inwieweit die ehebedingten Nachteile des Ehegatten, insbesondere in Bezug auf sein eigenes berufliches Fortkommen, noch weiterwirken. Dabei sind die Belange des vom unterhaltsbe-rechtigten Ehegatten betreuten Kindes in die Abwägung einzubeziehen. Ob ein ehebedingter Nachteil vorliegt, hängt wesentlich von der gemeinschaftlich getragenen Gestaltung der Haushaltsführung und der Dauer der Ehe ab.

Es wird deutlich, dass das neue Gesetz ganz wesentliche Änderungen mit sich bringt. Diese können zu ganz erheblichen Verbesserungen einzelner Betroffener führen.

Ob das auf Ihren konkreten Fall zu trifft, sollten Sie sorgfältig prüfen lassen.

Wir beraten Sie hierzu gerne.

Page 163: Das neue Unterhaltsrecht: Rangfolge, Mindestunterhalt und Anpassung bestehender Unterhaltsregelungen (2008)

V Normen

1 Synoptische Darstellung der Gesetzesänderungen

Gesetz zur Änderung des Unterhaltsrechts vom 21. Dezember 2007

(BGBl. I S. 3189)

Bisherige Rechtslage Neue Rechtslage

BGB

§ 1361 Unterhalt bei Getrenntleben § 1361 Unterhalt bei Getrenntleben (3) Die Vorschrift des § 1579 Nr. 2 bis 7 über die Herabset-zung des Unterhaltsanspruchs aus Billigkeitsgründen ist ent-sprechend anzuwenden.

(3) Die Vorschrift des § 1579 Nr. 2 bis 8 über die Beschrän-kung oder Versagung des Unterhalts wegen grober Unbil-ligkeit ist entsprechend anzuwenden.

§ 1569 Abschließende Regelung § 1569 Grundsatz der Eigen- verantwortung

Kann ein Ehegatte nach der Scheidung nicht selbst für seinen Unterhalt sorgen, so hat er gegen den anderen Ehegatten einen Anspruch auf Unterhalt nach den folgenden Vorschriften.

Nach der Scheidung obliegt es jedem Ehegatten, selbst für seinen Unterhalt zu sorgen. Ist er dazu außerstande, hat er gegen den anderen Ehegatten einen Anspruch auf Unter-halt nur nach den folgenden Vorschriften.

§ 1570 Unterhalt wegen Betreuung eines Kindes

§ 1570 Unterhalt wegen Betreuung eines Kindes

Ein geschiedener Ehegatte kann von dem anderen Unterhalt verlangen, solange und soweit von ihm wegen der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes eine Erwerbstä-tigkeit nicht erwartet werden kann.

(1) Ein geschiedener Ehegatte kann von dem anderen wegen der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes für mindestens drei Jahre nach der Geburt Unter-halt verlangen. Die Dauer des Unterhaltsanspruchs ver-längert sich, solange und soweit dies der Billigkeit ent-spricht. Dabei sind die Belange des Kindes und die beste-henden Möglichkeiten der Kinderbetreuung zu berück-sichtigen. (2) Die Dauer des Unterhaltsanspruchs verlängert sich darüber hinaus, wenn dies unter Berücksichtigung der Gestaltung von Kinderbetreuung und Erwerbstätigkeit in der Ehe sowie der Dauer der Ehe der Billigkeit entspricht.

§ 1573 Unterhalt wegen Erwerbslosigkeit und Aufstockungsunterhalt

§ 1573 Unterhalt wegen Erwerbslosigkeit und Aufstockungsunterhalt

(5) Die Unterhaltsansprüche nach Absatz 1 bis 4 können zeitlich begrenzt werden, soweit insbesondere unter Berück-sichtigung der Dauer der Ehe sowie der Gestaltung von Haus-haltsführung und Erwerbstätigkeit ein zeitlich unbegrenzter Unterhaltsanspruch unbillig wäre; dies gilt in der Regel nicht, wenn der Unterhaltsberechtigte nicht nur vorübergehend ein gemeinschaftliches Kind allein oder überwiegend betreut hat oder betreut. Die Zeit der Kindesbetreuung steht der Ehedauer gleich.

(5) (außer Kraft)

Page 164: Das neue Unterhaltsrecht: Rangfolge, Mindestunterhalt und Anpassung bestehender Unterhaltsregelungen (2008)

Synoptische Darstellung der Gesetzesänderungen 163

Bisherige Rechtslage Neue Rechtslage

§ 1574 Angemessene Erwerbstätigkeit § 1574 Angemessene Erwerbstätigkeit (1) Der geschiedene Ehegatte braucht nur eine ihm angemes-sene Erwerbstätigkeit auszuüben.

(1) Dem geschiedenen Ehegatten obliegt es, eine angemes-sene Erwerbstätigkeit auszuüben.

(2) Angemessen ist eine Erwerbstätigkeit, die der Ausbildung, den Fähigkeiten, dem Lebensalter und dem Gesundheitszu-stand des geschiedenen Ehegatten sowie den ehelichen Le-bensverhältnissen entspricht; bei den ehelichen Lebensverhält-nissen sind die Dauer der Ehe und die Dauer der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes zu berücksichti-gen.

(2) Angemessen ist eine Erwerbstätigkeit, die der Ausbildung, den Fähigkeiten, einer früheren Erwerbstätigkeit, dem Lebensalter und dem Gesundheitszustand des geschiedenen Ehegatten entspricht, soweit eine solche Tätigkeit nicht nach den ehelichen Lebensverhältnissen unbillig wäre. Bei den ehelichen Lebensverhältnissen sind insbesondere die Dauer der Ehe sowie die Dauer der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes zu berücksichtigen.

§ 1577 Bedürftigkeit § 1577 Bedürftigkeit (2) Einkünfte sind nicht anzurechnen, soweit der Verpflichtete nicht den vollen Unterhalt (§ 1578) leistet.

(2) Einkünfte sind nicht anzurechnen, soweit der Verpflichtete nicht den vollen Unterhalt (§§ 1578 und 1578b) leistet.

§ 1578 Maß des Unterhalts § 1578 Maß des Unterhalts (1) Das Maß des Unterhalts bestimmt sich nach den ehelichen Lebensverhältnissen. Die Bemessung des Unterhaltsanspruchs nach den ehelichen Lebensverhältnissen kann zeitlich begrenzt und danach auf den angemessenen Lebensbedarf abgestellt werden, soweit insbesondere unter Berücksichtigung der Dauer der Ehe sowie der Gestaltung von Haushaltsführung und Erwerbstätigkeit eine zeitlich unbegrenzte Bemessung nach Satz 1 unbillig wäre; dies gilt in der Regel nicht, wenn der Unterhaltsberechtigte nicht nur vorübergehend ein ge-meinschaftliches Kind allein oder überwiegend betreut hat oder betreut. Die Zeit der Kindesbetreuung steht der Ehedauer gleich. Der Unterhalt umfasst den gesamten Lebensbedarf.

(1) Das Maß des Unterhalts bestimmt sich nach den ehelichen Lebensverhältnissen. Der Unterhalt umfasst den gesamten Lebensbedarf.

§ 1578b Herabsetzung und zeitliche Begrenzung des Unterhalts wegen Unbilligkeit

(1) Der Unterhaltsanspruch des geschiedenen Ehegatten ist

auf den angemessenen Lebensbedarf herabzusetzen, wenn eine an den ehelichen Lebensverhältnissen orientierte Bemessung des Unterhaltsanspruchs auch unter Wahrung der Belange eines dem Berechtigten zur Pflege oder Erzie-hung anvertrauten gemeinschaftlichen Kindes unbillig wäre. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, inwieweit durch die Ehe Nachteile im Hinblick auf die Möglichkeit eingetreten sind, für den eigenen Unterhalt zu sorgen. Solche Nachteile können sich vor allem aus der Dauer der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes, aus der Gestaltung von Haushaltsführung und Erwerbstä-tigkeit während der Ehe sowie aus der Dauer der Ehe ergeben.

(2) Der Unterhaltsanspruch des geschiedenen Ehegatten ist zeitlich zu begrenzen, wenn ein zeitlich unbegrenzter Un-terhaltsanspruch auch unter Wahrung der Belange eines dem Berechtigten zur Pflege oder Erziehung anvertrauten gemeinschaftlichen Kindes unbillig wäre. Absatz 1 Satz 2 und 3 gilt entsprechend.

(3) Herabsetzung und zeitliche Begrenzung des Unter-haltsanspruchs können miteinander verbunden werden.

Page 165: Das neue Unterhaltsrecht: Rangfolge, Mindestunterhalt und Anpassung bestehender Unterhaltsregelungen (2008)

164 Normen

Bisherige Rechtslage Neue Rechtslage

§ 1579 Beschränkung oder Wegfall der Ver-pflichtung

§ 1579 Beschränkung oder Versagung des Unterhalts wegen grober Unbilligkeit

Ein Unterhaltsanspruch ist zu versagen, herabzusetzen oder zeitlich zu begrenzen, soweit die Inanspruchnahme des Ver-pflichteten auch unter Wahrung der Belange eines dem Be-rechtigten zur Pflege oder Erziehung anvertrauten gemein-schaftlichen Kindes grob unbillig wäre, weil

Ein Unterhaltsanspruch ist zu versagen, herabzusetzen oder zeitlich zu begrenzen, soweit die Inanspruchnahme des Ver-pflichteten auch unter Wahrung der Belange eines dem Be-rechtigten zur Pflege oder Erziehung anvertrauten gemein-schaftlichen Kindes grob unbillig wäre, weil

1. die Ehe von kurzer Dauer war; der Ehedauer steht die Zeit gleich, in welcher der Berechtigte wegen der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes nach § 1570 Unterhalt verlangen konnte,

1. die Ehe von kurzer Dauer war; dabei ist die Zeit zu berücksichtigen, in welcher der Berechtigte wegen der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes nach § 1570 Unterhalt verlangen kann,

2. der Berechtigte in einer verfestigten Lebensgemein-schaft lebt,

2. der Berechtigte sich eines Verbrechens oder eines schwe-ren vorsätzlichen Vergehens gegen den Verpflichteten o-der einen nahen Angehörigen des Verpflichteten schuldig gemacht hat,

3. der Berechtigte sich eines Verbrechens oder eines schwe-ren vorsätzlichen Vergehens gegen den Verpflichteten o-der einen nahen Angehörigen des Verpflichteten schuldig gemacht hat,

3. der Berechtigte seine Bedürftigkeit mutwillig herbeige-führt hat,

4. der Berechtigte seine Bedürftigkeit mutwillig herbeige-führt hat,

4. der Berechtigte sich über schwerwiegende Vermögensin-teressen des Verpflichteten mutwillig hinweggesetzt hat,

5. der Berechtigte sich über schwerwiegende Vermögensin-teressen des Verpflichteten mutwillig hinweggesetzt hat,

5. der Berechtigte vor der Trennung längere Zeit hindurch seine Pflicht, zum Familienunterhalt beizutragen, gröblich verletzt hat,

6. der Berechtigte vor der Trennung längere Zeit hindurch seine Pflicht, zum Familienunterhalt beizutragen, gröblich verletzt hat,

6. dem Berechtigten ein offensichtlich schwerwiegendes, eindeutig bei ihm liegendes Fehlverhalten gegen den Ver-pflichteten zur Last fällt oder

7. dem Berechtigten ein offensichtlich schwerwiegendes, eindeutig bei ihm liegendes Fehlverhalten gegen den Ver-pflichteten zur Last fällt oder

7. ein anderer Grund vorliegt, der ebenso schwer wiegt wie die in den Nummern 1 bis 6 aufgeführten Gründe.

8. ein anderer Grund vorliegt, der ebenso schwer wiegt wie die in den Nummern 1 bis 7 aufgeführten Gründe.

§ 1582 Rangverhältnisse mehrerer Unter-haltsbedürftiger

§ 1582 Rang des geschiedenen Ehegatten bei mehreren Unterhaltsberechtigten

(1) Bei Ermittlung des Unterhalts des geschiedenen Ehegatten geht im Falle des § 1581 der geschiedene Ehegatte einem neuen Ehegatten vor, wenn dieser nicht bei entsprechender Anwendung der §§ 1569 bis 1574, § 1576 und des § 1577 Abs. 1 unterhaltsberechtigt wäre. Hätte der neue Ehegatte nach diesen Vorschriften einen Unterhaltsanspruch, geht ihm der geschiedene Ehegatte gleichwohl vor, wenn er nach § 1570 oder nach § 1576 unterhaltsberechtigt ist oder die Ehe mit dem geschiedenen Ehegatten von langer Dauer war. Der Ehedauer steht die Zeit gleich, in der ein Ehegatte wegen der Pflege oder Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes nach § 1570 unterhaltsberechtigt war. (2) § 1609 bleibt im Übrigen unberührt.

Sind mehrere Unterhaltsberechtigte vorhanden, richtet sich der Rang des geschiedenen Ehegatten nach § 1609.

§ 1585b Unterhalt für die Vergangenheit § 1585b Unterhalt für die Vergangenheit (2) Im Übrigen kann der Berechtigte für die Vergangenheit Erfüllung oder Schadensersatz wegen Nichterfüllung erst von der Zeit an fordern, in der der Unterhaltspflichtige in Verzug gekommen oder der Unterhaltsanspruch rechtshängig gewor-den ist.

(2) Im Übrigen kann der Berechtigte für die Vergangenheit Erfüllung oder Schadensersatz wegen Nichterfüllung nur entsprechend § 1613 Abs. 1 fordern.

§ 1585c Vereinbarungen über den Unterhalt

§ 1585c Vereinbarungen über den Unterhalt

Die Ehegatten können über die Unterhaltspflicht für die Zeit nach der Scheidung Vereinbarungen treffen.

Die Ehegatten können über die Unterhaltspflicht für die Zeit nach der Scheidung Vereinbarungen treffen. Eine Vereinba-rung, die vor der Rechtskraft der Scheidung getroffen

Page 166: Das neue Unterhaltsrecht: Rangfolge, Mindestunterhalt und Anpassung bestehender Unterhaltsregelungen (2008)

Synoptische Darstellung der Gesetzesänderungen 165

Bisherige Rechtslage Neue Rechtslage wird, bedarf der notariellen Beurkundung. § 127a findet auch auf eine Vereinbarung Anwendung, die in einem Verfahren in Ehesachen vor dem Prozessgericht protokol-liert wird.

§ 1586a Wiederaufleben des Unterhaltsanspruchs

§ 1586a Wiederaufleben des Unterhaltsanspruchs

(1) Geht ein geschiedener Ehegatte eine neue Ehe oder Le-benspartnerschaft ein und wird die Ehe oder Lebenspartner-schaft wieder aufgelöst, so kann er von dem früheren Ehegat-ten Unterhalt nach § 1570 verlangen, wenn er ein Kind aus der früheren Ehe oder Lebenspartnerschaft zu erziehen hat. Ist die Pflege oder Erziehung beendet, so kann er Unterhalt nach den §§ 1571 bis 1573, 1575 verlangen.

(1) Geht ein geschiedener Ehegatte eine neue Ehe oder Le-benspartnerschaft ein und wird die Ehe oder Lebenspartner-schaft wieder aufgelöst, so kann er von dem früheren Ehegat-ten Unterhalt nach § 1570 verlangen, wenn er ein Kind aus der früheren Ehe oder Lebenspartnerschaft zu erziehen hat.

§ 1604 Einfluss des Güterstands § 1604 Einfluss des Güterstands Besteht zwischen Ehegatten Gütergemeinschaft, so bestimmt sich die Unterhaltspflicht des Mannes oder der Frau Verwand-ten gegenüber so, wie wenn das Gesamtgut dem unterhalts-pflichtigen Ehegatten gehörte. Sind bedürftige Verwandte beider Ehegatten vorhanden, so ist der Unterhalt aus dem Gesamtgut so zu gewähren, wie wenn die Bedürftigen zu beiden Ehegatten in dem Verwandtschaftsverhältnis ständen, auf dem die Unterhaltspflicht des verpflichteten Ehegatten beruht.

Lebt der Unterhaltspflichtige in Gütergemeinschaft, be-stimmt sich seine Unterhaltspflicht Verwandten gegenüber so, als ob das Gesamtgut ihm gehörte. Haben beide in Gütergemeinschaft lebende Personen bedürftige Verwand-te, ist der Unterhalt aus dem Gesamtgut so zu gewähren, als ob die Bedürftigen zu beiden Unterhaltspflichtigen in dem Verwandtschaftsverhältnis stünden, auf dem die Unterhalts-pflicht des Verpflichteten beruht.

§ 1609 Rangverhältnisse mehrerer Bedürftiger

§ 1609 Rangfolge mehrerer Unterhalts- berechtigter

(1) Sind mehrere Bedürftige vorhanden und ist der Unterhalts-pflichtige außerstande, allen Unterhalt zu gewähren, so gehen die Kinder im Sinne des § 1603 Abs. 2 den anderen Kindern, die Kinder den übrigen Abkömmlingen, die Abkömmlinge den Verwandten der aufsteigenden Linie und unter den Verwand-ten der aufsteigenden Linie die näheren den entfernteren vor. (2) Der Ehegatte steht den Kindern im Sinne des § 1603 Abs. 2 gleich; er geht anderen Kindern und den übrigen Ver-wandten vor. Ist die Ehe geschieden oder aufgehoben, so geht der unterhaltsberechtigte Ehegatte den anderen Kindern im Sinne des Satzes 1 sowie den übrigen Verwandten des Unter-haltspflichtigen vor.

Sind mehrere Unterhaltsberechtigte vorhanden und ist der Unterhaltspflichtige außerstande, allen Unterhalt zu ge-währen, gilt folgende Rangfolge: 1. minderjährige unverheiratete Kinder und Kinder im

Sinn des § 1603 Abs. 2 Satz 2, 2. Elternteile, die wegen der Betreuung eines Kindes

unterhaltsberechtigt sind oder im Fall einer Scheidung wären, sowie Ehegatten und geschiedene Ehegatten bei einer Ehe von langer Dauer, bei der Feststellung einer Ehe von langer Dauer sind auch Nachteile im Sinne des § 1578b Abs. 1 Satz 2 und 3 zu berücksichtigen,

3. Ehegatten und geschiedene Ehegatten, die nicht unter Nummer 2 fallen,

4. Kinder, die nicht unter Nummer 1 fallen, 5. Enkelkinder und weitere Abkömmlinge, 6. Eltern, 7. weitere Verwandte der aufsteigenden Linie; unter

ihnen gehen die Näheren den Entfernteren vor.

§ 1612 Art der Unterhaltsgewährung § 1612 Art der Unterhaltsgewährung (2) Haben Eltern einem unverheirateten Kind Unterhalt zu gewähren, so können sie bestimmen, in welcher Art und für welche Zeit im Voraus der Unterhalt gewährt werden soll, wobei auf die Belange des Kindes die gebotene Rücksicht zu nehmen ist. Aus besonderen Gründen kann das Familienge-richt auf Antrag des Kindes die Bestimmung der Eltern än-dern. Ist das Kind minderjährig, so kann ein Elternteil, dem die Sorge für die Person des Kindes nicht zusteht, eine Bestim-mung nur für die Zeit treffen, in der das Kind in seinen Haus-halt aufgenommen ist.

(2) Haben Eltern einem unverheirateten Kind Unterhalt zu gewähren, können sie bestimmen, in welcher Art und für welche Zeit im Voraus der Unterhalt gewährt werden soll, sofern auf die Belange des Kindes die gebotene Rücksicht genommen wird. Ist das Kind minderjährig, kann ein Eltern-teil, dem die Sorge für die Person des Kindes nicht zusteht, eine Bestimmung nur für die Zeit treffen, in der das Kind in seinen Haushalt aufgenommen ist.

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166 Normen

Bisherige Rechtslage Neue Rechtslage

§ 1612a Art der Unterhaltsgewährung bei minderjährigen Kindern

§ 1612a Mindestunterhalt minderjähriger Kinder

(1) Ein minderjähriges Kind kann von einem Elternteil, mit dem es nicht in einem Haushalt lebt, den Unterhalt als Vom-hundertsatz des jeweiligen Regelbetrags nach der Regelbetrag-Verordnung verlangen.

(1) Ein minderjähriges Kind kann von einem Elternteil, mit dem es nicht in einem Haushalt lebt, den Unterhalt als Pro-zentsatz des jeweiligen Mindestunterhalts verlangen. Der Mindestunterhalt richtet sich nach dem doppelten Freibe-trag für das sächliche Existenzminimum des Kindes (Kin-derfreibetrag) nach § 32 Abs. 6 Satz 1 des Einkommens-teuergesetzes. Er beträgt monatlich entsprechend dem Alter des Kindes 1. für die Zeit bis zur Vollendung des sechsten Lebens-

jahrs (erste Altersstufe) 87 Prozent, 2. für die Zeit vom siebten bis zur Vollendung des zwölf-

ten Lebensjahrs (zweite Altersstufe) 100 Prozent, und 3. für die Zeit vom 13. Lebensjahr an (dritte Altersstufe)

117 Prozent eines Zwölftels des doppelten Kinderfreibetrages.

(2) Der Vomhundertsatz ist auf eine Dezimalstelle zu begren-zen; jede weitere sich ergebende Dezimalstelle wird nicht berücksichtigt. Der sich bei der Berechnung des Unterhalts ergebende Betrag ist auf volle Euro aufzurunden.

(2) Der Prozentsatz ist auf eine Dezimalstelle zu begrenzen; jede weitere sich ergebende Dezimalstelle wird nicht berück-sichtigt. Der sich bei der Berechnung des Unterhalts ergebende Betrag ist auf volle Euro aufzurunden.

(3) Die Regelbeträge werden in der Regelbetrag-Verordnung nach dem Alter des Kindes für die Zeit bis zur Vollendung des sechsten Lebensjahrs (erste Altersstufe), die Zeit vom siebten bis zur Vollendung des zwölften Lebensjahrs (zweite Alters-stufe) und für die Zeit vom 13. Lebensjahr an (dritte Altersstu-fe) festgesetzt. Der Regelbetrag einer höheren Altersstufe ist ab dem Beginn des Monats maßgebend, in dem das Kind das betreffende Lebensjahr vollendet.

(3) Der Unterhalt einer höheren Altersstufe ist ab dem Beginn des Monats maßgebend, in dem das Kind das betreffende Lebensjahr vollendet.

(4) Die Regelbeträge ändern sich entsprechend der Entwick-lung des durchschnittlich verfügbaren Arbeitsentgelts erstmals zum 1. Juli 1999 und danach zum 1. Juli jeden zweiten Jahres. Die neuen Regelbeträge ergeben sich, indem die zuletzt gel-tenden Regelbeträge mit den Faktoren aus den jeweils zwei der Veränderung vorausgegangenen Kalenderjahren für die Entwicklung 1. der Bruttolohn- und -gehaltssumme je durchschnittlich

beschäftigten Arbeitnehmer und 2. der Belastung bei Arbeitsentgelten vervielfältigt werden; das Ergebnis ist auf volle Euro aufzu-runden. Das Bundesministerium der Justiz hat die Regelbe-trag-Verordnung durch Rechtsverordnung, die nicht der Zu-stimmung des Bundesrates bedarf, rechtzeitig anzupassen.

(4) (außer Kraft)

(5) Die Faktoren im Sinne von Absatz 4 Satz 2 werden ermit-telt, indem jeweils der für das Kalenderjahr, für das die Ent-wicklung festzustellen ist, maßgebende Wert durch den ent-sprechenden Wert für das diesem vorausgegangene Kalender-jahr geteilt wird. Der Berechnung sind 1. für das der Veränderung vorausgegangene Kalenderjahr

die dem Statistischen Bundesamt zu Beginn des folgenden Kalenderjahrs vorliegenden Daten der Volkswirtschaftli-chen Gesamtrechnung,

2. für das Kalenderjahr, in dem die jeweils letzte Verände-rung vorgenommen wurde, die vom Statistischen Bundes-amt endgültig festgestellten Daten der Volkswirtschaftli-chen Gesamtrechnung, sowie

3. im Übrigen die der Bestimmung der bisherigen Regelbe-träge zugrunde gelegten Daten der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung

zugrunde zu legen; sie ist auf zwei Dezimalstellen durchzufüh-ren.

(5) (außer Kraft)

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Synoptische Darstellung der Gesetzesänderungen 167

Bisherige Rechtslage Neue Rechtslage

§ 1612b Anrechnung von Kindergeld § 1612b Deckung des Barbedarfs durch Kin-dergeld

(1) Das auf das Kind entfallende Kindergeld ist zur Hälfte anzurechnen, wenn an den barunterhaltspflichtigen Elternteil Kindergeld nicht ausgezahlt wird, weil ein anderer vorrangig berechtigt ist.

(1) Das auf das Kind entfallende Kindergeld ist zur Deckung seines Barbedarfs zu verwenden: 1. zur Hälfte, wenn ein Elternteil seine Unterhaltspflicht

durch Betreuung des Kindes erfüllt (§ 1606 Abs. 3 Satz 2);

2. in allen anderen Fällen in voller Höhe. In diesem Umfang mindert es den Barbedarf des Kindes.

(2) Sind beide Elternteile zum Barunterhalt verpflichtet, so erhöht sich der Unterhaltsanspruch gegen den das Kindergeld beziehenden Elternteil um die Hälfte des auf das Kind entfal-lenden Kindergelds.

(2) Ist das Kindergeld wegen der Berücksichtigung eines nicht gemeinschaftlichen Kindes erhöht, ist es im Umfang der Erhöhung nicht bedarfsmindernd zu berücksichtigen.

(3) Hat nur der barunterhaltspflichtige Elternteil Anspruch auf Kindergeld, wird es aber nicht an ihn ausgezahlt, ist es in voller Höhe anzurechnen.

(4) Ist das Kindergeld wegen Berücksichtigung eines nicht gemeinschaftlichen Kindes erhöht, ist es im Umfang der Erhöhung nicht anzurechnen.

(5) Eine Anrechnung des Kindergelds unterbleibt, soweit der Unterhaltspflichtige außerstande ist, Unterhalt in Höhe von 135 Prozent des Regelbetrags nach der Regelbetrag-Verordnung zu leisten.

§ 1615l Unterhaltsanspruch von Mutter und Vater aus Anlass der Geburt

§ 1615l Unterhaltsanspruch von Mutter und Vater aus Anlass der Geburt

(2) Soweit die Mutter einer Erwerbstätigkeit nicht nachgeht, weil sie infolge der Schwangerschaft oder einer durch die Schwangerschaft oder die Entbindung verursachten Krankheit dazu außerstande ist, ist der Vater verpflichtet, ihr über die in Absatz 1 Satz 1 bezeichnete Zeit hinaus Unterhalt zu gewäh-ren. Das Gleiche gilt, soweit von der Mutter wegen der Pflege oder Erziehung des Kindes eine Erwerbstätigkeit nicht erwar-tet werden kann.

(2) Soweit die Mutter einer Erwerbstätigkeit nicht nachgeht, weil sie infolge der Schwangerschaft oder einer durch die Schwangerschaft oder die Entbindung verursachten Krankheit dazu außerstande ist, ist der Vater verpflichtet, ihr über die in Absatz 1 Satz 1 bezeichnete Zeit hinaus Unterhalt zu gewäh-ren. Das Gleiche gilt, soweit von der Mutter wegen der Pflege oder Erziehung des Kindes eine Erwerbstätigkeit nicht erwar-tet werden kann. Die Unterhaltspflicht beginnt frühestens vier Monate vor der Geburt und besteht für mindestens drei Jahre nach der Geburt. Sie verlängert sich, solange und soweit dies der Billigkeit entspricht. Dabei sind insbe-sondere die Belange des Kindes und die bestehenden Mög-lichkeiten der Kinderbetreuung zu berücksichtigen.

(3) Die Vorschriften über die Unterhaltspflicht zwischen Verwandten sind entsprechend anzuwenden. Die Verpflich-tung des Vaters geht der Verpflichtung der Verwandten der Mutter vor. Die Ehefrau und minderjährige unverheiratete

Kinder des Vaters gehen bei Anwendung des § 1609 der Mut-

ter vor; die Mutter geht den übrigen Verwandten des Vaters

vor. § 1613 Abs. 2 gilt entsprechend. Der Anspruch erlischt nicht mit dem Tode des Vaters.

(3) Die Vorschriften über die Unterhaltspflicht zwischen Verwandten sind entsprechend anzuwenden. Die Verpflich-tung des Vaters geht der Verpflichtung der Verwandten der Mutter vor. § 1613 Abs. 2 gilt entsprechend. Der Anspruch erlischt nicht mit dem Tode des Vaters.

LPartG

§ 5 Verpflichtung zum Lebenspartner-schaftsunterhalt

§ 5 Verpflichtung zum Lebenspartner-schaftsunterhalt

Die Lebenspartner sind einander verpflichtet, durch ihre Ar-beit und mit ihrem Vermögen die partnerschaftliche Lebens-gemeinschaft angemessen zu unterhalten. § 1360 Satz 2 und die §§ 1360a und 1360b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie § 16 Abs. 2 gelten entsprechend.

Die Lebenspartner sind einander verpflichtet, durch ihre Ar-beit und mit ihrem Vermögen die partnerschaftliche Lebens-gemeinschaft angemessen zu unterhalten. § 1360 Satz 2, die §§ 1360a, 1360b und 1609 des Bürgerlichen Gesetzbuchs gelten entsprechend.

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168 Normen

Bisherige Rechtslage Neue Rechtslage

§ 12 Unterhalt bei Getrenntleben § 12 Unterhalt bei Getrenntleben

Leben die Lebenspartner getrennt, so kann ein Lebenspartner von dem anderen den nach den Lebensverhältnissen und den Erwerbs- und Vermögensverhältnissen der Lebenspartner angemessenen Unterhalt verlangen. § 1361 des Bürgerlichen Gesetzbuchs und § 16 Abs. 2 gelten entsprechend.

Leben die Lebenspartner getrennt, so kann ein Lebenspartner von dem anderen den nach den Lebensverhältnissen und den Erwerbs- und Vermögensverhältnissen der Lebenspartner angemessenen Unterhalt verlangen. Die §§ 1361 und 1609 des Bürgerlichen Gesetzbuchs gelten entsprechend.

§ 16 Nachpartnerschaftlicher Unterhalt § 16 Nachpartnerschaftlicher Unterhalt (1) Kann ein Lebenspartner nach der Aufhebung der Lebens-partnerschaft nicht selbst für seinen Unterhalt sorgen, so hat er gegen den anderen Lebenspartner einen Anspruch auf Unter-halt entsprechend den §§ 1570 bis 1581 und 1583 bis 1586b des Bürgerlichen Gesetzbuchs. (2) Bei der Ermittlung des Unterhalts des früheren Lebens-partners geht dieser im Falle des § 1581 des Bürgerlichen Gesetzbuchs einem neuen Lebenspartner und den übrigen Verwandten im Sinne des § 1609 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs vor; alle anderen gesetzlich Unterhaltsberechtig-ten gehen dem früheren Lebenspartner vor.

Nach der Aufhebung der Lebenspartnerschaft obliegt es jedem Lebenspartner, selbst für seinen Unterhalt zu sor-gen. Ist er dazu außerstande, hat er gegen den anderen Lebenspartner einen Anspruch auf Unterhalt nur entspre-chend den §§ 1570 bis 1586b und 1609 des Bürgerlichen Gesetzbuchs.

Auslandskostenverordnung

Anlage 2 (zu § 2 Abs. 1) Anlage 2 (zu § 2 Abs. 1) 7 . ...

(4) Der Geschäftswert für Unterhaltsansprüche nach den §§ 1612a bis 1612c des Bürgerlichen Gesetzbuchs bestimmt sich nach dem Betrag des einjährigen Bezugs. Dem Wert nach Satz 1 ist der Monatsbetrag des Unterhalts nach dem Regelbe-trag und der Altersstufe zugrunde zu legen, die im Zeitpunkt der Beurkundung maßgebend sind.

7. ... (4) Der Geschäftswert für Unterhaltsansprüche nach den §§ 1612a bis 1612c des Bürgerlichen Gesetzbuchs bestimmt sich nach dem Betrag des einjährigen Bezugs. Dem Wert nach Satz 1 ist der Monatsbetrag des Unterhalts nach dem Min-destunterhalt nach § 1612a Abs. 1 des Bürgerlichen Ge-setzbuchs und der Altersstufe zugrunde zu legen, die im Zeitpunkt der Beurkundung maßgebend sind.

EGZPO § 36

Für das Gesetz zur Änderung des Unterhaltsrechts vom 21. Dezember 2007 (BGBl. I S. 3189) gelten folgende Über-gangsvorschriften: 1. Ist über den Unterhaltsanspruch vor dem 1. Januar

2008 rechtskräftig entschieden, ein vollstreckbarer Titel errichtet oder eine Unterhaltsvereinbarung getroffen worden, sind Umstände, die vor diesem Tag entstanden und durch das Gesetz zur Änderung des Unterhalts-rechts erheblich geworden sind, nur zu berücksichtigen, soweit eine wesentliche Änderung der Unterhaltsver-pflichtung eintritt und die Änderung dem anderen Teil unter Berücksichtigung seines Vertrauens in die getrof-fene Regelung zumutbar ist.

2. Die in Nummer 1 genannten Umstände können bei der erstmaligen Änderung eines vollstreckbaren Unter-haltstitels nach dem 1. Januar 2008 ohne die Beschrän-kungen des § 323 Abs. 2 und des § 767 Abs. 2 der Zivil-prozessordnung geltend gemacht werden.

3. Ist einem Kind der Unterhalt aufgrund eines voll-streckbaren Titels oder einer Unterhaltsvereinbarung als Prozentsatz des jeweiligen Regelbetrags nach der Regelbetrag-Verordnung zu leisten, gilt der Titel oder

Page 170: Das neue Unterhaltsrecht: Rangfolge, Mindestunterhalt und Anpassung bestehender Unterhaltsregelungen (2008)

Synoptische Darstellung der Gesetzesänderungen 169

Bisherige Rechtslage Neue Rechtslage die Unterhaltsvereinbarung fort. An die Stelle des Re-gelbetrags tritt der Mindestunterhalt. An die Stelle des bisherigen Prozentsatzes tritt ein neuer Prozentsatz. Hierbei gilt: a) Sieht der Titel oder die Vereinbarung die Anrech-

nung des hälftigen oder eines Teils des hälftigen Kindergelds vor, ergibt sich der neue Prozentsatz, indem dem bisher zu zahlenden Unterhaltsbetrag das hälftige Kindergeld hinzugerechnet wird und der sich so ergebende Betrag ins Verhältnis zu dem bei Inkrafttreten des Gesetzes zur Änderung des Unterhaltsrechts geltenden Mindestunterhalt ge-setzt wird; der zukünftig zu zahlende Unterhaltsbe-trag ergibt sich, indem der neue Prozentsatz mit dem Mindestunterhalt vervielfältigt und von dem Ergebnis das hälftige Kindergeld abgezogen wird.

b) Sieht der Titel oder die Vereinbarung die Hinzu-rechnung des hälftigen Kindergelds vor, ergibt sich der neue Prozentsatz, indem vom bisher zu zahlen-den Unterhaltsbetrag das hälftige Kindergeld abge-zogen wird und der sich so ergebende Betrag ins Verhältnis zu dem bei Inkrafttreten des Gesetzes zu Änderung des Unterhaltsrechts geltenden Mindest-unterhalt gesetzt wird; der zukünftig zu zahlende Unterhaltsbetrag ergibt sich, indem der neue Pro-zentsatz mit dem Mindestunterhalt vervielfältigt und dem Ergebnis das hälftige Kindergeld zuge-rechnet wird.

c) Sieht der Titel oder die Vereinbarung die Anrech-nung des vollen Kindergelds vor, ist Buchstabe a anzuwenden, wobei an die Stelle des hälftigen Kin-dergelds das volle Kindergeld tritt.

d) Sieht der Titel oder die Vereinbarung weder eine Anrechnung noch eine Hinzurechnung des Kinder-gelds oder eines Teils des Kindergelds vor, ist Buch-stabe a anzuwenden.

Der sich ergebende Prozentsatz ist auf eine Dezimalstel-le zu begrenzen. Die Nummern 1 und 2 bleiben unbe-rührt.

4. Der Mindestunterhalt minderjähriger Kinder im Sinne des § 1612a Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs be-trägt a) für die Zeit bis zur Vollendung des sechsten Le-

bensjahrs (erste Altersstufe) 279 Euro; b) für die Zeit vom siebten bis zur Vollendung des

zwölften Lebensjahrs (zweite Altersstufe) 322 Euro, c) für die Zeit vom 13. Lebensjahr an (dritte Alters-

stufe) 365 Euro jeweils bis zu dem Zeitpunkt, in dem der Mindestun-terhalt nach Maßgabe des § 1612a Abs. 1 des Bürgerli-chen gesetzbuchs den hier festgelegten Betrag über-steigt.

5. In einem Verfahren nach § 621 Abs. 1 Nr. 4, 5 oder Nr. 11 der Zivilprozessordnung können die in Nummer 1 genannten Umstände noch in der Revisionsinstanz vor-gebracht werden. Das Revisionsgericht kann die Sache an das Berufungsgericht zurückverweisen, wenn bezüg-lich der neuen Tatsachen eine Beweisaufnahme erfor-derlich wird.

6. In den in Nummer 5 genannten Verfahren ist eine vor dem 1. Januar 2008 geschlossene mündliche Verhand-lung auf Antrag wieder zu eröffnen.

7. Unterhaltsleistungen, die vor dem 1. Januar 2008 fällig geworden sind oder den Unterhalt für Ehegatten betref-fen, die nach dem bis zum 30. Juni 1977 geltenden Recht geschieden worden sind, bleiben unberührt.

Page 171: Das neue Unterhaltsrecht: Rangfolge, Mindestunterhalt und Anpassung bestehender Unterhaltsregelungen (2008)

170 Normen

Bisherige Rechtslage Neue Rechtslage

ZPO

§ 645 Statthaftigkeit des vereinfachten Ver-fahrens

§ 645 Statthaftigkeit des vereinfachten Ver-fahrens

(1) Auf Antrag wird der Unterhalt eines minderjährigen Kin-des, das mit dem in Anspruch genommenen Elternteil nicht in einem Haushalt lebt, im vereinfachten Verfahren festgesetzt, soweit der Unterhalt vor Anrechnung der nach §§ 1612b, 1612c des Bürgerlichen Gesetzbuchs zu berücksichtigenden Leistungen das Eineinhalbfache des Regelbetrages nach der Regelbetrag-Verordnung nicht übersteigt.

(1) Auf Antrag wird der Unterhalt eines minderjährigen Kin-des, das mit dem in Anspruch genommenen Elternteil nicht in einem Haushalt lebt, im vereinfachten Verfahren festgesetzt, soweit der Unterhalt vor Berücksichtigung der Leistungen nach den §§ 1612b oder 1612c des Bürgerlichen Gesetzbuchs das 1,2-fache des Mindestunterhalts nach § 1612a Abs. 1 Bürgerlichen Gesetzbuchs nicht übersteigt.

§ 646 Antrag § 646 Antrag (1) Der Antrag muss enthalten: ... 7. die Angaben über Kindergeld und andere anzurechnende Leistungen (§§ 1612b, 1612c des Bürgerlichen Gesetzbuchs);

(1) Der Antrag muss enthalten: ... 7. die Angaben über Kindergeld und andere zu berücksichti-gende Leistungen (§§ 1612b oder 1612c des Bürgerlichen Gesetzbuchs);

§ 647 Maßnahmen des Gerichts § 647 Maßnahmen des Gerichts (1) Erscheint nach dem Vorbringen des Antragstellers das vereinfachte Verfahren zulässig, so verfügt das Gericht die Zustellung des Antrags oder einer Mitteilung über seinen Inhalt an den Antragsgegner. Zugleich weist es darauf hin, 1. von wann an und in welcher Höhe der Unterhalt festge-

setzt werden kann; hierbei sind zu bezeichnen a) die Zeiträume nach dem Alter des Kindes, für die die

Festsetzung des Unterhalts nach den Regelbeträgen der ersten, zweiten und dritten Altersstufe in Betracht kommt;

b) im Fall des § 1612a des Bürgerlichen Gesetzbuchs auch der Vomhundertsatz des jeweiligen Regelbetra-ges;

c) die nach den §§ 1612b, 1612c des Bürgerlichen Ge-setzbuchs anzurechnenden Leistungen.

(1) Erscheint nach dem Vorbringen des Antragstellers das vereinfachte Verfahren zulässig, so verfügt das Gericht die Zustellung des Antrags oder einer Mitteilung über seinen Inhalt an den Antragsgegner. Zugleich weist es darauf hin, 1. von wann an und in welcher Höhe der Unterhalt festgesetzt

werden kann; hierbei sind zu bezeichnen a) die Zeiträume nach dem Alter des Kindes, für die die

Festsetzung des Unterhalts nach dem Mindestunter-halt der ersten, zweiten und dritten Altersstufe in Be-tracht kommt;

b) im Fall des § 1612a des Bürgerlichen Gesetzbuchs auch der Prozentsatz des jeweiligen Mindestunter-halts;

c) die nach den §§ 1612b oder 1612c des Bürgerlichen Gesetzbuchs zu berücksichtigenden Leistungen.

§ 648 Einwendungen des Antragsgegners § 648 Einwendungen des Antragsgegners (1) Der Antragsgegner kann Einwendungen geltend machen gegen ... 3. die Höhe des Unterhalts, soweit er geltend macht, dass

a) die nach dem Alter des Kindes zu bestimmenden Zeit-räume, für die der Unterhalt nach den Regelbeträgen der ersten, zweiten und dritten Altersstufe festgesetzt werden soll, nicht richtig berechnet sind oder die an-gegebenen Regelbeträge von denen der Regelbetrag-Verordnung abweichen;

b) ... c) Leistungen der in den §§ 1612b, 1612c des Bürgerli-

chen Gesetzbuchs bezeichneten Art nicht oder nicht richtig angerechnet sind.

(1) Der Antragsgegner kann Einwendungen geltend machen gegen ... 3. die Höhe des Unterhalts, soweit er geltend macht, dass

a) die nach dem Alter des Kindes zu bestimmenden Zeit-räume, für die der Unterhalt nach dem Mindestunter-halt der ersten, zweiten und dritten Altersstufe festge-setzt werden soll, oder der angegebene Mindestun-terhalt nicht richtig berechnet sind;

b) ... c) Leistungen der in den §§ 1612b, 1612c des Bürgerli-

chen Gesetzbuchs bezeichneten Art nicht oder nicht richtig berücksichtigt worden sind.

Page 172: Das neue Unterhaltsrecht: Rangfolge, Mindestunterhalt und Anpassung bestehender Unterhaltsregelungen (2008)

Synoptische Darstellung der Gesetzesänderungen 171

Bisherige Rechtslage Neue Rechtslage

§ 653 Unterhalt bei Vaterschaftsfest- stellung

§ 653 Unterhalt bei Vaterschaftsfest- stellung

(1) Wird auf Klage des Kindes die Vaterschaft festgestellt, so hat das Gericht auf Antrag den Beklagten zugleich zu verurtei-len, dem Kind Unterhalt in Höhe der Regelbeträge und gemäß den Altersstufen der Regelbetrag-Verordnung, vermindert oder erhöht um die nach den §§ 1612b, 1612c des Bürgerli-chen Gesetzbuchs anzurechnenden Leistungen, zu zahlen. Das Kind kann einen geringeren Unterhalt verlangen. Im Übrigen kann in diesem Verfahren eine Herabsetzung oder Erhöhung des Unterhalts nicht verlangt werden.

(1) Wird auf Klage des Kindes die Vaterschaft festgestellt, hat das Gericht auf Antrag den Beklagten zugleich zu verurteilen, dem Kind Unterhalt in Höhe des Mindestunterhalts und gemäß den Altersstufen nach § 1612a Abs. 1 Satz 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs und unter Berücksichtigung der Leistungen nach § 1612b oder 1612c des Bürgerlichen Gesetzbuchs zu zahlen. Das Kind kann einen geringeren Unterhalt verlangen. Im Übrigen kann in diesem Verfahren eine Herabsetzung oder Erhöhung des Unterhalts nicht ver-langt werden.

§ 655 Abänderung des Titels bei wiederkeh-renden Unterhaltsleistungen

§ 655 Abänderung des Titels bei wiederkeh-renden Unterhaltsleistungen

(1) Auf wiederkehrende Unterhaltsleistungen gerichtete Voll-streckungstitel, in denen ein Betrag der nach den §§ 1612b, 1612c des Bürgerlichen Gesetzbuchs anzurechnenden Leis-tungen festgelegt ist, können auf Antrag im vereinfachten Verfahren durch Beschluss abgeändert werden, wenn sich ein für die Berechnung dieses Beitrags maßgebender Umstand ändert.

(1) Auf wiederkehrende Unterhaltsleistungen gerichtete Voll-streckungstitel, in denen nach den §§ 1612b oder 1612c des Bürgerlichen Gesetzbuchs zu berücksichtigende Leistungen festgelegt sind, können auf Antrag im vereinfachten Verfahren durch Beschluss abgeändert werden, wenn sich ein für die Berechnung dieses Betrags maßgebender Umstand ändert.

... (3) Der Antragsgegner kann nur Einwendungen gegen die Zulässigkeit des vereinfachten Verfahrens, gegen den Zeit-punkt der Abänderung oder gegen die Berechnung des Betrags der nach den §§ 1612b, 1612c des Bürgerlichen Gesetzbuchs anzurechnenden Leistungen geltend machen. Ferner kann er, wenn er sich sofort zur Erfüllung des Anspruchs verpflichtet, hinsichtlich der Verfahrenskosten geltend machen, dass er keinen Anlass zur Stellung des Antrags gegeben hat (§ 93).

... (3) Der Antragsgegner kann nur Einwendungen gegen die Zulässigkeit des vereinfachten Verfahrens, gegen den Zeit-punkt der Abänderung oder gegen die Berechnung der nach den §§ 1612b oder 1612c des Bürgerlichen Gesetzbuchs zu berücksichtigenden Leistungen geltend machen. Ferner kann er, wenn er sich sofort zur Erfüllung des Anspruchs verpflich-tet, hinsichtlich der Verfahrenskosten geltend machen, dass er keinen Anlass zur Stellung des Antrags gegeben hat (§ 93).

§ 790 Bezifferung dynamisierter Unterhaltstitel zur Zwangsvollstreckung im Ausland

§ 790 Bezifferung dynamisierter Unterhaltstitel zur Zwangsvollstreckung im Ausland

(1) Soll ein Unterhaltstitel, der den Unterhalt nach § 1612a des Bürgerlichen Gesetzbuchs als Vomhundertsatz des jeweiligen Regelbetrags nach der Regelbetrag-Verordnung festsetzt, im Ausland vollstreckt werden, so ist auf Antrag der geschuldete Unterhalt auf dem Titel zu beziffern.

(1) Soll ein Unterhaltstitel, der den Unterhalt nach § 1612a des Bürgerlichen Gesetzbuchs als Prozentsatz des Mindestun-terhalts festsetzt, im Ausland vollstreckt werden, so ist auf Antrag der geschuldete Unterhalt auf dem Titel zu beziffern.

§ 850d Pfändbarkeit bei Unterhalts- ansprüchen

§ 850d Pfändbarkeit bei Unterhalts- ansprüchen

(2) Mehrere nach Absatz 1 Berechtigte sind mit ihren Ansprü-chen in folgender Reihenfolge zu berücksichtigen, wobei mehrere gleich nahe Berechtigte untereinander gleichen Rang haben: a) die minderjährigen unverheirateten Kinder, der Ehegatte,

ein früherer Ehegatte und ein Elternteil mit seinem An-spruch nach §§ 1615l, 1615n des Bürgerlichen Gesetz-buchs; für das Rangverhältnis des Ehegatten zu einem frü-heren Ehegatten gilt jedoch § 1582 des Bürgerlichen Ge-setzbuchs entsprechend; das Vollstreckungsgericht kann das Rangverhältnis der Berechtigten zueinander auf An-trag des Schuldners oder eines Berechtigten nach billigem Ermessen in anderer Weise festsetzen; das Vollstre-ckungsgericht hat vor seiner Entscheidung die Beteiligten zu hören;

(2) Mehrere nach Absatz 1 Berechtigte sind mit ihren Ansprü-chen in der Reihenfolge nach § 1609 des Bürgerlichen Gesetzbuchs und § 16 des Lebenspartnerschaftsgesetzes zu berücksichtigen, wobei mehrere gleich nahe Berechtigte unter-einander den gleichen Rang haben.

Page 173: Das neue Unterhaltsrecht: Rangfolge, Mindestunterhalt und Anpassung bestehender Unterhaltsregelungen (2008)

172 Normen

Bisherige Rechtslage Neue Rechtslage b) der Lebenspartner und ein früherer Lebenspartner; c) die übrigen Abkömmlinge, wobei Kinder den anderen

vorgehen; d) die Verwandten aufsteigender Linie, wobei die näheren

Grade den entfernteren vorgehen.

GKG

§ 42 Wiederkehrende Leistungen § 42 Wiederkehrende Leistungen (1) Bei Ansprüchen auf Erfüllung einer gesetzlichen Unter-haltspflicht ist der für die ersten zwölf Monate nach Einrei-chung der Klage oder des Antrags geforderte Betrag maßgeb-lich, höchstens jedoch der Gesamtbetrag der geforderten Leistung. Bei Unterhaltsansprüchen nach den §§ 1612a bis 1612c des Bürgerlichen Gesetzbuchs ist dem Wert nach Satz 1 der Monatsbetrag des Unterhalts nach dem Regelbetrag und der Altersstufe zugrunde zu legen, die im Zeitpunkt der Ein-reichung der Klage oder des Antrags maßgebend sind.

(1) Bei Ansprüchen auf Erfüllung einer gesetzlichen Unter-haltspflicht ist der für die ersten zwölf Monate nach Einrei-chung der Klage oder des Antrags geforderte Betrag maßgeb-lich, höchstens jedoch der Gesamtbetrag der geforderten Leistung. Bei Unterhaltsansprüchen nach den §§ 1612a bis 1612c des Bürgerlichen Gesetzbuchs ist dem Wert nach Satz 1 der Monatsbetrag des zum Zeitpunkt der Einreichung der Klage oder des Antrags geltenden Mindestunterhalts nach der zu diesem Zeitpunkt maßgebenden Altersstufe zugrunde zu legen.

KostO

§ 24 Wiederkehrende Nutzungen oder Leis-tungen

§ 24 Wiederkehrende Nutzungen oder Leis-tungen

(4) Der Geschäftswert für Unterhaltsansprüche nach den §§ 1612a bis 1612c des Bürgerlichen Gesetzbuchs bestimmt sich nach dem Betrag des einjährigen Bezugs. Dem Wert nach Satz 1 ist der Monatsbetrag des Unterhalts nach dem Regelbe-trag und der Altersstufe zugrunde zu legen, die im Zeitpunkt der Beurkundung maßgebend sind.

(4) Der Geschäftswert für Unterhaltsansprüche nach den §§ 1612a bis 1612c des Bürgerlichen Gesetzbuchs bestimmt sich nach dem Betrag des einjährigen Bezugs. Dem Wert nach Satz 1 ist der Monatsbetrag des zum Zeitpunkt der Beur-kundung geltenden Mindestunterhalts nach der zu diesem Zeitpunkt maßgebenden Altersstufe zugrunde zu legen.

EGBGB

Art. 229 § 2 Übergangsvorschriften zum Ge-setz vom 27. Juni 2000

Art. 229 § 2 Übergangsvorschriften zum Ge-setz vom 27. Juni 2000

(1) Die §§ 241a, 361a, 361b, 661a und 676h des Bürgerlichen Gesetzbuchs sind nur auf Sachverhalte anzuwenden, die nach dem 29. Juni 2000 entstanden sind.

Die §§ 241a, 361a, 361b, 661a und 676h des Bürgerlichen Gesetzbuchs sind nur auf Sachverhalte anzuwenden, die nach dem 29. Juni 2000 entstanden sind.

(2) Das Bundesministerium der Justiz hat die Regelbeträge nach der Regelbetrag-Verordnung durch Rechtsverordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, rechtzeitig zum 1. Januar 2002 auf Euro umzustellen und hierbei auf volle Euro aufzurunden. § 1612a des Bürgerlichen Gesetzbuchs gilt entsprechend.

(2) (außer Kraft)

Inkrafttreten, Außerkrafttreten Dieses Gesetz tritt am 1. Januar 2008 in Kraft; gleichzeitig

treten das Kindesunterhaltsgesetz vom 6. April 1998 (BGBI. l S. 666), zuletzt geändert durch Artikel 28 des Gesetzes vom 13. Dezember 2001 (BGBl. I S. 3574), und die Regelbetrag-Verordnung vom 6. April 1998 (BGBI. 1 S. 666, 668), zuletzt geändert durch die Verordnung vom 5. Juni 2007 (BGBl. I S. 1044), außer Kraft.

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Bundeskindergeldgesetz 173

2 Bundeskindergeldgesetz Vom 02. Januar 2002 (BGBl. I 2002, S. 6); Zuletzt geändert durch Gesetz durch Neufassung des Bundeskindergeldgeset-zes vom 17. Juli 2007 (BGBl I 2007, S. 1450)

§ 1 Anspruchsberechtigte (1) Kindergeld nach diesem Gesetz für seine Kinder erhält, wer nach § 1 Abs. 1 und 2 des Einkommensteuergesetzes nicht unbeschränkt steuerpflichtig ist und auch nicht nach § 1 Abs. 3 des Einkommensteuergesetzes als unbeschränkt steuerpflichtig behandelt wird und 1. in einem Versicherungspflichtverhältnis zur Bundesagen-

tur für Arbeit nach § 24 des Dritten Buches Sozialgesetz-buch steht oder versicherungsfrei nach § 28 Nr. 1 des Drit-ten Buches Sozialgesetzbuch ist oder

2. als Entwicklungshelfer Unterhaltsleistungen im Sinne des § 4 Abs. 1 Nr. 1 des Entwicklungshelfer-Gesetzes erhält oder als Missionar der Missionswerke und -gesellschaften, die Mitglieder oder Vereinbarungspartner des Evangeli-schen Missionswerkes Hamburg, der Arbeitsgemeinschaft Evangelikaler Missionen e.V., des Deutschen katholischen Missionsrates oder der Arbeitsgemeinschaft pfingstlich-charismatischer Missionen sind, tätig ist oder

3. eine nach § 123a des Beamtenrechtsrahmengesetzes bei einer Einrichtung außerhalb Deutschlands zugewiesene Tätigkeit ausübt oder

4. als Ehegatte eines Mitglieds der Truppe oder des zivilen Gefolges eines NATO-Mitgliedstaates die Staatsangehö-rigkeit eines EU/EWR-Mitgliedstaates besitzt und in Deutschland seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufent-halt hat.

(2) 1Kindergeld für sich selbst erhält, wer 1. in Deutschland einen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen

Aufenthalt hat, 2. Vollwaise ist oder den Aufenthalt seiner Eltern nicht kennt

und 3. nicht bei einer anderen Person als Kind zu berücksichtigen

ist.

2§ 2 Abs. 2 und 3 sowie die §§ 4 und 5 sind entsprechend

anzuwenden. 3Im Fall des § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 wird Kin-

dergeld längstens bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres

gewährt. (3) Ein nicht freizügigkeitsberechtigter Ausländer erhält Kin-dergeld nur, wenn er 1. eine Niederlassungserlaubnis besitzt, 2. eine Aufenthaltserlaubnis besitzt, die zur Ausübung einer

Erwerbstätigkeit berechtigt oder berechtigt hat, es sei denn, die Aufenthaltserlaubnis wurde a) nach § 16 oder § 17 des Aufenthaltsgesetzes erteilt, b) nach § 18 Abs. 2 des Aufenthaltsgesetzes erteilt und

die Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit darf nach der Beschäftigungsverordnung nur für einen be-stimmten Höchstzeitraum erteilt werden,

c) nach § 23 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes wegen eines Krieges in seinem Heimatland oder nach den §§ 23a, 24, 25 Abs. 3 bis 5 des Aufenthaltsgesetzes erteilt

oder 3. eine in Nummer 2 Buchstabe c genannte Aufenthaltser-

laubnis besitzt und a) sich seit mindestens drei Jahren rechtmäßig, gestattet

oder geduldet im Bundesgebiet aufhält und b) im Bundesgebiet berechtigt erwerbstätig ist, laufende

Geldleistungen nach dem Dritten Buch Sozialgesetz-buch bezieht oder Elternzeit in Anspruch nimmt.

§ 2 Kinder

(1) Als Kinder werden auch berücksichtigt 1. vom Berechtigten in seinen Haushalt aufgenommene

Kinder seines Ehegatten, 2. Pflegekinder (Personen, mit denen der Berechtigte durch

ein familienähnliches, auf Dauer berechnetes Band ver-bunden ist, sofern er sie nicht zu Erwerbszwecken in sei-nen Haushalt aufgenommen hat und das Obhuts- und Pflegeverhältnis zu den Eltern nicht mehr besteht).

3. vom Berechtigten in seinen Haushalt aufgenommene Enkel.

(2) 1Ein Kind, das das 18. Lebensjahr vollendet hat, wird berücksichtigt, wenn es 1. noch nicht das 21. Lebensjahr vollendet hat, nicht in

einem Beschäftigungsverhältnis steht und bei einer Agen-tur für Arbeit im Inland als Arbeitsuchender gemeldet ist oder

2. noch nicht das 25. Lebensjahr vollendet hat und a) für einen Beruf ausgebildet wird oder b) sich in einer Übergangszeit von höchstens vier Mona-

ten befindet, die zwischen zwei Ausbildungsabschnit-ten oder zwischen einem Ausbildungsabschnitt und der Ableistung des gesetzlichen Wehr- oder Zivil-dienstes, einer vom Wehr- oder Zivildienst befreien-den Tätigkeit als Entwicklungshelfer oder als Dienst-leistender im Ausland nach § 14b des Zivildienstge-setzes oder der Ableistung eines freiwilligen Dienstes im Sinne des Buchstaben d liegt, oder

c) eine Berufsausbildung mangels Ausbildungsplatzes nicht beginnen oder fortsetzen kann oder

d) ein freiwilliges soziales Jahr im Sinne des Gesetzes zur Förderung eines freiwilligen sozialen Jahres, ein freiwilliges ökologisches Jahr im Sinne des Gesetzes zur Förderung eines freiwilligen ökologischen Jahres oder einen Freiwilligendienst im Sinne des Beschlus-ses Nr. 1031/2000/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. April 2000 zur Einführung des gemeinschaftlichen Aktionsprogramms "Jugend" (ABl. EG Nr. L 117 S. 1) oder einen anderen Dienst im Ausland im Sinne von § 14b des Zivildienstgeset-zes leistet oder

3. wegen körperlicher, geistiger oder seelischer Behinderung außerstande ist, sich selbst zu unterhalten; Voraussetzung ist, dass die Behinderung vor Vollendung des 25. Lebens-jahres eingetreten ist.

2Nach Satz 1 Nr. 1 und 2 wird ein Kind nur berücksichtigt, wenn es Einkünfte und Bezüge, die zur Bestreitung des Unter-halts oder der Berufsausbildung bestimmt oder geeignet sind, von nicht mehr als 7 680 Euro im Kalenderjahr hat. 3Dieser Betrag ist zu kürzen, soweit es nach den Verhältnissen im Wohnsitzstaat des Kindes notwendig und angemessen ist. 4Zu den Bezügen gehören auch steuerfreie Gewinne nach den §§ 14, 16 Abs. 4, § 17 Abs. 3 und § 18 Abs. 3 des Einkom-mensteuergesetzes, die nach § 19 Abs. 2 und § 20 Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes steuerfrei bleibenden Einkünfte sowie Sonderabschreibungen und erhöhte Absetzungen, so-weit sie die höchstmöglichen Absetzungen für Abnutzung nach § 7 des Einkommensteuergesetzes übersteigen. 5Bezüge, die für besondere Ausbildungszwecke bestimmt sind, bleiben hierbei außer Ansatz; Entsprechendes gilt für Einkünfte, so-

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174 Normen

weit sie für solche Zwecke verwendet werden. 6Liegen die Voraussetzungen nach Satz 1 Nr. 1 oder Nr. 2 nur in einem Teil des Kalendermonats vor, sind Einkünfte und Bezüge nur insoweit anzusetzen, als sie auf diesen Teil entfallen. 7Für jeden Kalendermonat, in dem die Voraussetzungen nach Satz 1 Nr. 1 oder Nr. 2 an keinem Tag vorliegen, ermäßigt sich der Betrag nach Satz 2 oder Satz 3 um ein Zwölftel. 8Einkünfte und Bezüge des Kindes, die auf diese Kalendermonate entfal-len, bleiben außer Ansatz. 9Ein Verzicht auf Teile der zuste-henden Einkünfte und Bezüge steht der Anwendung der Sät-ze 2, 3 und 7 nicht entgegen. 10Nicht auf Euro lautende Beträ-ge sind entsprechend dem für Ende September des Jahres vor dem Veranlagungszeitraum von der Europäischen Zentralbank bekannt gegebenen Referenzkurs umzurechnen. (3) 1In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nr. 1 oder Nr. 2 Buchstabe a und b wird ein Kind, das 1. den gesetzlichen Grundwehrdienst oder Zivildienst geleis-

tet hat oder 2. sich an Stelle des gesetzlichen Grundwehrdienstes freiwil-

lig für die Dauer von nicht mehr als drei Jahren zum Wehrdienst verpflichtet hat oder

3. eine vom gesetzlichen Grundwehrdienst oder Zivildienst befreiende Tätigkeit als Entwicklungshelfer im Sinne des § 1 Abs. 1 des Entwicklungshelfer-Gesetzes ausgeübt hat,

für einen der Dauer dieser Dienste oder der Tätigkeit entspre-chenden Zeitraum, höchstens für die Dauer des inländischen gesetzlichen Grundwehrdienstes, bei anerkannten Kriegs-dienstverweigerern für die Dauer des inländischen gesetzli-chen Zivildienstes über das 21. oder 25. Lebensjahr hinaus berücksichtigt. 2Wird der gesetzliche Grundwehrdienst oder Zivildienst in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem Staat, auf den das Abkommen über den Europäi-schen Wirtschaftsraum Anwendung findet, geleistet, so ist die Dauer dieses Dienstes maßgebend. 3Absatz 2 Satz 2 bis 7 gilt entsprechend. (4) 1Kinder, für die einer anderen Person nach dem Einkom-mensteuergesetz Kindergeld oder ein Kinderfreibetrag zusteht, werden nicht berücksichtigt. 2Dies gilt nicht für Kinder, die in den Haushalt des Anspruchsberechtigten nach § 1 aufgenom-men worden sind oder für die dieser die höhere Unterhaltsren-te zahlt, wenn sie weder in seinen Haushalt noch in den Haus-halt eines nach § 62 des Einkommensteuergesetzes An-spruchsberechtigten aufgenommen sind. (5) 1Kinder, die weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnli-chen Aufenthalt in Deutschland haben, werden nicht berück-sichtigt. 2Dies gilt nicht gegenüber Berechtigten nach § 1 Abs. 1 Nr. 2 und 3, wenn sie die Kinder in ihren Haushalt aufgenommen haben. (6) Die Bundesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsver-ordnung, die nicht der Zustimmung des Bundesrates bedarf, zu bestimmen, dass einem Berechtigten, der in Deutschland erwerbstätig ist oder sonst seine hauptsächlichen Einkünfte erzielt, für seine in Absatz 5 Satz 1 bezeichneten Kinder Kin-dergeld ganz oder teilweise zu leisten ist, soweit dies mit Rücksicht auf die durchschnittlichen Lebenshaltungskosten für Kinder in deren Wohnland und auf die dort gewährten dem Kindergeld vergleichbaren Leistungen geboten ist.

§ 3 Zusammentreffen mehrerer Ansprüche (1) Für jedes Kind wird nur einer Person Kindergeld und Kinderzuschlag gewährt. (2) 1Erfüllen für ein Kind mehrere Personen die Anspruchs-voraussetzungen, so werden das Kindergeld und der Kinderzu-schlag derjenigen Person gewährt, die das Kind in ihren Haus-halt aufgenommen hat. 2Ist ein Kind in den gemeinsamen Haushalt von Eltern, einem Elternteil und dessen Ehegatten, Pflegeeltern oder Großeltern aufgenommen worden, bestim-

men diese untereinander den Berechtigten. 3Wird eine Be-stimmung nicht getroffen, bestimmt das Vormundschaftsge-richt auf Antrag den Berechtigten. 4Antragsberechtigt ist, wer ein berechtigtes Interesse an der Leistung des Kindergeldes hat. 5Lebt ein Kind im gemeinsamen Haushalt von Eltern und Großeltern, werden das Kindergeld und der Kinderzuschlag vorrangig einem Elternteil gezahlt; sie werden an einen Groß-elternteil gezahlt, wenn der Elternteil gegenüber der zuständi-gen Stelle auf seinen Vorrang schriftlich verzichtet hat. (3) 1Ist das Kind nicht in den Haushalt einer der Personen aufgenommen, die die Anspruchsvoraussetzungen erfüllen, wird das Kindergeld derjenigen Person gewährt, die dem Kind eine Unterhaltsrente zahlt. 2Zahlen mehrere anspruchsberech-tigte Personen dem Kind Unterhaltsrenten, wird das Kinder-geld derjenigen Person gewährt, die dem Kind laufend die höchste Unterhaltsrente zahlt. 3Werden gleich hohe Unterhalts-renten gezahlt oder zahlt keiner der Berechtigten dem Kind Unterhalt, so bestimmen die Berechtigten untereinander, wer das Kindergeld erhalten soll. 4Wird eine Bestimmung nicht getroffen, so gilt Absatz 2 Satz 3 und 4 entsprechend.

§ 4 Andere Leistungen für Kinder (1) 1Kindergeld wird nicht für ein Kind gewährt, für das eine der folgenden Leistungen zu zahlen ist oder bei entsprechen-der Antragstellung zu zahlen wäre: 1. Kinderzulagen aus der gesetzlichen Unfallversicherung

oder Kinderzuschüsse aus den gesetzlichen Rentenversi-cherungen,

2. Leistungen für Kinder, die außerhalb Deutschlands ge-währt werden und dem Kindergeld oder einer der unter Nummer 1 genannten Leistungen vergleichbar sind,

3. Leistungen für Kinder, die von einer zwischen- oder überstaatlichen Einrichtung gewährt werden und dem Kindergeld vergleichbar sind.

2Steht ein Berechtigter in einem Versicherungspflichtverhält-nis zur Bundesagentur für Arbeit nach § 24 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch oder ist er versicherungsfrei nach § 28 Nr. 1 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch oder steht er in Deutsch-land in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsver-hältnis, so wird sein Anspruch auf Kindergeld für ein Kind nicht nach Satz 1 Nr. 3 mit Rücksicht darauf ausgeschlossen, dass sein Ehegatte als Beamter, Ruhestandsbeamter oder sonstiger Bediensteter der Europäischen Gemeinschaften für das Kind Anspruch auf Kinderzulage hat. (2) 1Ist in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1 der Bruttobe-trag der anderen Leistung niedriger als das Kindergeld nach § 6, wird Kindergeld in Höhe des Unterschiedsbetrages ge-zahlt. 2Ein Unterschiedsbetrag unter 5 Euro wird nicht geleis-tet.

§ 5 Beginn und Ende des Anspruchs Das Kindergeld und der Kinderzuschlag werden vom Beginn des Monats an gewährt, in dem die Anspruchsvoraussetzungen erfüllt sind; sie werden bis zum Ende des Monats gewährt, in dem die Anspruchsvoraussetzungen wegfallen.

§ 6 Höhe des Kindergeldes

(1) Das Kindergeld beträgt für erste, zweite und dritte Kinder jeweils 154 Euro monatlich und für das vierte und jedes weite-re Kind jeweils 179 Euro monatlich. (2) In den Fällen des § 1 Abs. 2 beträgt das Kindergeld 154 Euro monatlich.

Page 176: Das neue Unterhaltsrecht: Rangfolge, Mindestunterhalt und Anpassung bestehender Unterhaltsregelungen (2008)

Bundeskindergeldgesetz 175

§ 6a Kinderzuschlag

(1)[2] Personen erhalten nach diesem Gesetz für in ihrem Haushalt lebende unverheiratete Kinder, die noch nicht das 25. Lebensjahr vollendet haben, einen Kinderzuschlag, wenn 1. sie für diese Kinder nach diesem Gesetz oder nach dem X.

Abschnitt des Einkommensteuergesetzes Anspruch auf Kindergeld oder Anspruch auf andere Leistungen im Sin-ne von § 4 haben,

2. sie mit Ausnahme des Wohngeldes über Einkommen oder Vermögen im Sinne der §§ 11, 12 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch mindestens in Höhe des nach Absatz 4 Satz 1 für sie maßgebenden Betrages und höchstens in Höhe der Summe aus diesem Betrag und dem Gesamtkin-derzuschlag nach Absatz 2 verfügen und

3. durch den Kinderzuschlag Hilfebedürftigkeit nach § 9 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch vermieden wird.

(2) 1Der Kinderzuschlag beträgt für jedes zu berücksichtigende Kind jeweils bis zu 140 Euro monatlich. 2Die Summe der Kinderzuschläge bildet den Gesamtkinderzuschlag. 3Der Gesamtkinderzuschlag wird längstens für insgesamt 36 Mona-te gezahlt. 4Er soll jeweils für sechs Monate bewilligt werden. 5Kinderzuschlag wird nicht für Zeiten vor der Antragstellung erbracht. 6§ 28 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch gilt mit der Maßgabe, dass der Antrag unverzüglich nach Ablauf des Monats, in dem die Ablehnung oder Erstattung der anderen Leistungen bindend geworden ist, nachzuholen ist. (3) 1Der Kinderzuschlag mindert sich um das nach den §§ 11 und 12 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch mit Ausnahme des Wohngeldes zu berücksichtigende Einkommen und Ver-mögen des Kindes. 2Hierbei bleibt das Kindergeld außer Be-tracht. 3Ein Anspruch auf Zahlung des Kinderzuschlags für ein Kind besteht nicht für Zeiträume, in denen zumutbare An-strengungen unterlassen wurden, Einkommen des Kindes zu erzielen. (4) 1Der Kinderzuschlag wird, soweit die Voraussetzungen des Absatzes 3 nicht vorliegen, in voller Höhe gezahlt, wenn das nach den §§ 11 und 12 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch mit Ausnahme des Wohngeldes zu berücksichtigende elterli-che Einkommen oder Vermögen einen Betrag in Höhe des ohne Berücksichtigung von Kindern jeweils maßgebenden Arbeitslosengeldes II nach § 19 Satz 1 Nr. 1 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch oder des Sozialgeldes nach § 28 Abs. 1 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch nicht übersteigt. 2Dazu sind die Kosten für Unterkunft und Heizung in dem Verhältnis aufzuteilen, das sich aus den im jeweils letzten Bericht der Bundesregierung über die Höhe des Existenzmi-nimums von Erwachsenen und Kindern festgestellten entspre-chenden Kosten für Alleinstehende, Ehepaare und Kinder ergibt. 3Der Kinderzuschlag wird außer in den in Absatz 3 genannten Fällen auch dann stufenweise gemindert, wenn das nach den §§ 11 und 12 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch mit Ausnahme des Wohngeldes zu berücksichtigende elterli-che Einkommen oder Vermögen den in Satz 1 genannten jeweils maßgebenden Betrag übersteigt. 4Als elterliches Ein-kommen oder Vermögen gilt dabei dasjenige des mit dem Kind im gemeinsamen Haushalt lebenden allein erziehenden Elternteils, Ehepaares oder als eingetragene Lebenspartner oder in einer eheähnlichen Gemeinschaft zusammenlebenden Paares. 5Soweit das zu berücksichtigende elterliche Einkom-men nicht nur aus Erwerbseinkünften besteht, ist davon auszu-gehen, dass die Überschreitung des in Satz 1 genannten je-weils maßgebenden Betrages durch die Erwerbseinkünfte verursacht wird, wenn nicht die Summe der anderen Einkom-mensteile oder des Vermögens für sich genommen diesen maßgebenden Betrag übersteigt. 6Für je 10 Euro, um die die monatlichen Erwerbseinkünfte den maßgebenden Betrag übersteigen, wird der Kinderzuschlag um 7 Euro monatlich

gemindert. 7Anderes Einkommen sowie Vermögen mindern den Kinderzuschlag in voller Höhe. 8Kommt die Minderung des für mehrere Kinder zu zahlenden Kinderzuschlags in Betracht, wird sie beim Gesamtkinderzuschlag vorgenommen. (5) 1Ein Anspruch auf Kinderzuschlag entfällt, wenn der Berechtigte erklärt, ihn für einen bestimmten Zeitraum wegen eines damit verbundenen Verlustes von anderen höheren Ansprüchen nicht geltend machen zu wollen. 2In diesen Fällen unterrichtet die Familienkasse den für den Wohnort des Be-rechtigten zuständigen Träger der Grundsicherung für Arbeit-suchende über die Erklärung. 3Die Erklärung nach Satz 1 kann mit Wirkung für die Zukunft widerrufen werden.

§ 7 Beauftragung der Bundesagentur für Arbeit

(1) Die Bundesagentur für Arbeit (Bundesagentur) führt dieses Gesetz nach fachlichen Weisungen des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend durch. (2) Die Bundesagentur führt bei der Durchführung dieses Gesetzes die Bezeichnung "Familienkasse".

§ 8 Aufbringung der Mittel durch den Bund

(1) Die Aufwendungen der Bundesagentur für die Durchfüh-rung dieses Gesetzes trägt der Bund. (2) Der Bund stellt der Bundesagentur nach Bedarf die Mittel bereit, die sie für die Zahlung des Kindergeldes benötigt. (3) Der Bund erstattet die Verwaltungskosten, die der Bundes-agentur aus der Durchführung dieses Gesetzes entstehen, in einem Pauschbetrag, der zwischen der Bundesregierung und der Bundesagentur vereinbart wird.

§ 9 Antrag

(1) 1Das Kindergeld und der Kinderzuschlag sind schriftlich zu beantragen. 2Der Antrag soll bei der nach § 13 zuständigen Familienkasse gestellt werden. 3Den Antrag kann außer dem Berechtigten auch stellen, wer ein berechtigtes Interesse an der Leistung des Kindergeldes hat. (2) 1Vollendet ein Kind das 18. Lebensjahr, so wird es für den Anspruch auf Kindergeld nur dann weiterhin berücksichtigt, wenn der oder die Berechtigte anzeigt, dass die Voraussetzun-gen des § 2 Abs. 2 vorliegen. 2Absatz 1 gilt entsprechend.

§ 10 Auskunftspflicht (1) § 60 Abs. 1 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch gilt auch für die bei dem Antragsteller oder Berechtigten berücksichtig-ten Kinder, für den nicht dauernd getrennt lebenden Ehegatten des Antragstellers oder Berechtigten und für die sonstigen Personen, bei denen die bezeichneten Kinder berücksichtigt werden. (2) Soweit es zur Durchführung des § 2 erforderlich ist, hat der jeweilige Arbeitgeber der in diesen Vorschriften bezeichneten Personen auf Verlangen der zuständigen Stelle eine Beschei-nigung über den Arbeitslohn, die einbehaltenen Steuern und Sozialabgaben sowie den auf der Lohnsteuerkarte eingetrage-nen Freibetrag auszustellen. (3) Die Familienkassen können den nach Absatz 2 Verpflich-teten eine angemessene Frist zur Erfüllung der Pflicht setzen.

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176 Normen

§ 11 Zahlung des Kindergeldes und des Kin-derzuschlags (1) Das Kindergeld und der Kinderzuschlag werden monatlich gezahlt. (2) Auszuzahlende Beträge sind auf Euro abzurunden, und zwar unter 50 Cent nach unten, sonst nach oben. (3) § 45 Abs. 3 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch findet keine Anwendung. (4) Ein rechtswidriger nicht begünstigender Verwaltungsakt ist abweichend von § 44 Abs. 1 des Zehnten Buches Sozialge-setzbuch für die Zukunft zurückzunehmen; er kann ganz oder teilweise auch für die Vergangenheit zurückgenommen wer-den.

§ 12 Aufrechnung § 51 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch gilt für die Aufrech-nung eines Anspruchs auf Erstattung von Kindergeld oder Kinderzuschlag gegen einen späteren Anspruch auf Kinder-geld oder Kinderzuschlag eines oder einer mit dem Erstat-tungspflichtigen in Haushaltsgemeinschaft lebenden Berech-tigten entsprechend, soweit es sich um laufendes Kindergeld oder laufenden Kinderzuschlag für ein Kind handelt, das bei beiden berücksichtigt werden konnte.

§ 13 Zuständige Familienkasse (1) 1Für die Entgegennahme des Antrags und die Entscheidun-gen über den Anspruch ist die Familienkasse (§ 7 Abs. 2) zuständig, in deren Bezirk der Berechtigte seinen Wohnsitz hat. 2Hat der Berechtigte keinen Wohnsitz im Geltungsbereich dieses Gesetzes, ist die Familienkasse zuständig, in deren Bezirk er seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. 3Hat der Be-rechtigte im Geltungsbereich dieses Gesetzes weder einen Wohnsitz noch einen gewöhnlichen Aufenthalt, ist die Famili-enkasse zuständig, in deren Bezirk er erwerbstätig ist. 4In den übrigen Fällen ist die Familienkasse Nürnberg zuständig. (2) Die Entscheidungen über den Anspruch trifft die Leitung der Familienkasse. (3) Der Vorstand der Bundesagentur kann für bestimmte Bezirke oder Gruppen von Berechtigten die Entscheidungen über den Anspruch auf Kindergeld einer anderen Familienkas-se übertragen.

§ 14 Bescheid 1Wird der Antrag auf Kindergeld oder Kinderzuschlag abge-lehnt, ist ein schriftlicher Bescheid zu erteilen. 2Das Gleiche gilt, wenn das Kindergeld oder Kinderzuschlag entzogen wird.

§ 15 Rechtsweg Für Streitigkeiten nach diesem Gesetz sind die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit zuständig.

§ 16 Ordnungswidrigkeiten (1) Ordnungswidrig handelt, wer vorsätzlich oder leichtfertig 1. entgegen § 60 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 oder Nr. 3 des Ersten

Buches Sozialgesetzbuch in Verbindung mit § 10 Abs. 1 auf Verlangen nicht die leistungserheblichen Tatsachen angibt oder Beweisurkunden vorlegt,

2. entgegen § 60 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch eine Änderung in den Verhältnissen, die für einen Anspruch auf Kindergeld oder Kinderzuschlag erheblich ist, nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig mitteilt oder

3. entgegen § 10 Abs. 2 oder Abs. 3 auf Verlangen eine Bescheinigung nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig ausstellt.

(2) Die Ordnungswidrigkeit kann mit einer Geldbuße geahndet werden. (3) § 66 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch gilt entspre-chend. (4) Verwaltungsbehörden im Sinne des § 36 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten sind die Familienkassen.

§ 17 Recht der Europäischen Gemeinschaft 1Soweit in diesem Gesetz Ansprüche Deutschen vorbehalten sind, haben Angehörige der anderen Mitgliedstaaten der Euro-päischen Union, Flüchtlinge und Staatenlose nach Maßgabe des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft und der auf seiner Grundlage erlassenen Verordnungen die gleichen Rechte. 2Auch im Übrigen bleiben die Bestimmungen der genannten Verordnungen unberührt.

§ 18 Anwendung des Sozialgesetzbuches Soweit dieses Gesetz keine ausdrückliche Regelung trifft, ist bei der Ausführung das Sozialgesetzbuch anzuwenden.

§ 19 Übergangsvorschriften (1) Ist für die Nachzahlung und Rückforderung von Kinder-geld und Zuschlag zum Kindergeld für Berechtigte mit gerin-gem Einkommen der Anspruch eines Jahres vor 1996 maßgeb-lich, finden die §§ 10, 11 und 11a in der bis zum 31. Dezember 1995 geltenden Fassung Anwendung. (2) Verfahren, die am 1. Januar 1996 anhängig sind, werden nach den Vorschriften des Sozialgesetzbuches und des Bun-deskindergeldgesetzes in der bis zum 31. Dezember 1995 geltenden Fassung zu Ende geführt, soweit in § 78 des Ein-kommensteuergesetzes nichts anderes bestimmt ist.

§ 20 Anwendungsvorschrift (1) 1§ 1 Abs. 3 in der am 19. Dezember 2006 geltenden Fas-sung ist in Fällen, in denen eine Entscheidung über den An-spruch auf Kindergeld für Monate in dem Zeitraum zwischen dem 1. Januar 1994 und dem 18. Dezember 2006 noch nicht bestandskräftig geworden ist, anzuwenden, wenn dies für den Antragsteller günstiger ist. 2In diesem Fall werden die Aufent-haltsgenehmigungen nach dem Ausländergesetz den Aufent-haltstiteln nach dem Aufenthaltsgesetz entsprechend den Fortgeltungsregelungen in § 101 des Aufenthaltsgesetzes gleichgestellt. (2) § 5 Abs. 2 des Bundeskindergeldgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 23. Januar 1997 (BGBl. I S. 46) ist letztmals für das Kalenderjahr 1997 anzuwenden, so dass Kindergeld auf einen nach dem 31. Dezember 1997 gestellten Antrag rückwirkend längstens bis einschließlich Juli 1997 gezahlt werden kann. (3) In Fällen, in denen die Entscheidung über die Höhe des Kindergeldanspruchs für Monate in dem Zeitraum zwischen dem 1. Januar 1994 und dem 31. Dezember 1995 noch nicht bestandskräftig geworden ist, ist statt des § 3 Abs. 3 Satz 1

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Bundeskindergeldgesetz 177

dieses Gesetzes in der Fassung des Ersten Gesetzes zur Um-setzung des Spar-, Konsolidierungs- und Wachstumspro-gramms vom 21. Dezember 1993 (BGBl. I S. 2353) § 3 Abs. 2 Satz 1 und 2 dieses Gesetzes in der am 31. Dezember 2003 geltenden Fassung anzuwenden. (4) 1§ 1 Abs. 2 Satz 3 und § 2 Abs. 2 und 3 in der Fassung des Artikels 3 des Gesetzes vom 19. Juli 2006 (BGBl. I S. 1652) ist für Kinder, die im Kalenderjahr 2006 das 24. Lebensjahr vollendeten, mit der Maßgabe anzuwenden, dass jeweils an die Stelle der Angabe "25. Lebensjahres" die Angabe "26. Lebens-jahres" und an die Stelle der Angabe "25. Lebensjahr" die Angabe "26. Lebensjahr" tritt; für Kinder, die im Kalenderjahr 2006 das 25. oder 26. Lebensjahr vollendeten, sind § 1 Abs. 2 Satz 3 und § 2 Abs. 2 und 3 weiterhin in der bis zum 31. Dezember 2006 geltenden Fassung anzuwenden. 2§ 1 Abs. 2 Satz 3 und § 2 Abs. 2 und 3 in der Fassung des Artikels 3 des Gesetzes vom 19. Juli 2006 (BGBl. I S. 1652) sind erstmals für Kinder anzuwenden, die im Kalenderjahr 2007 wegen einer vor Vollendung des 25. Lebensjahres eingetretenen körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung außer-stande sind, sich selbst zu unterhalten; für Kinder, die wegen einer vor dem 1. Januar 2007 in der Zeit ab der Vollendung des 25. Lebensjahres und vor Vollendung des 27. Lebensjah-res eingetretenen körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung außerstande sind, sich selbst zu unterhalten, ist § 2 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 weiterhin in der bis zum 31. Dezember 2006 geltenden Fassung anzuwenden. 3§ 2 Abs. 3 Satz 1 in der Fassung des Artikels 3 des Gesetzes vom 19. Juli 2006 (BGBl. I S. 1652) ist für Kinder, die im Kalenderjahr 2006 das 24. Lebensjahr vollendeten, mit der Maßgabe anzuwenden, dass an die Stelle der Angabe "über das 21. oder 25. Lebensjahr hinaus" die Angabe "über das 21. oder 26. Lebensjahr hinaus" tritt; für Kinder, die im Kalenderjahr 2006 das 25., 26. oder 27. Lebensjahr vollendeten, ist § 2 Abs. 3 Satz 1 weiterhin in der bis zum 31. Dezember 2006 geltenden Fassung anzuwen-den.

§ 21 Sondervorschrift zur Steuerfreistellung des Existenzminimums eines Kindes in den Veranlagungszeiträumen 1983 bis 1995 durch Kindergeld 1In Fällen, in denen die Entscheidung über die Höhe des Kin-dergeldanspruchs für Monate in dem Zeitraum zwischen dem 1. Januar 1983 und dem 31. Dezember 1995 noch nicht be-standskräftig geworden ist, kommt eine von den §§ 10 und 11 in der jeweils geltenden Fassung abweichende Bewilligung von Kindergeld nur in Betracht, wenn die Einkommensteuer formell bestandskräftig und hinsichtlich der Höhe der Kinder-freibeträge nicht vorläufig festgesetzt sowie das Existenzmi-nimum des Kindes nicht unter der Maßgabe des § 53 des Einkommensteuergesetzes steuerfrei belassen worden ist. 2Dies ist vom Kindergeldberechtigten durch eine Bescheini-gung des zuständigen Finanzamtes nachzuweisen. 3Nach Vorlage dieser Bescheinigung hat die Familienkasse den vom Finanzamt ermittelten Unterschiedsbetrag zwischen der fest-gesetzten Einkommensteuer und der Einkommensteuer, die nach § 53 Satz 6 des Einkommensteuergesetzes festzusetzen gewesen wäre, wenn die Voraussetzungen nach § 53 Satz 1 und 2 des Einkommensteuergesetzes vorgelegen hätten, als zusätzliches Kindergeld zu zahlen.

§ 22 Bericht der Bundesregierung Die Bundesregierung legt dem Deutschen Bundestag bis zum 31. Dezember 2006 einen Bericht über die Auswirkungen des § 6a (Kinderzuschlag) sowie über die gegebenenfalls notwen-dige Weiterentwicklung dieser Vorschrift vor.

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178 Normen

3 Einkommensteuergesetz Vom 16. Oktober 1934 (RGBl. I 1934, S. 1005); zuletzt geändert durch Gesetz zur weiteren Stärkung des bürger-schaftlichen Engagements vom 10. Oktober 2007 (BGBl I 2007, S. 2332) – Auszug

§ 1 [Steuerpflicht] (1) 1Natürliche Personen, die im Inland einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, sind unbeschränkt einkommensteuerpflichtig. 2Zum Inland im Sinne dieses Ge-setzes gehört auch der der Bundesrepublik Deutschland zuste-hende Anteil am Festlandsockel, soweit dort Naturschätze des Meeresgrundes und des Meeresuntergrundes erforscht oder ausgebeutet werden. (2) 1Unbeschränkt einkommensteuerpflichtig sind auch deut-sche Staatsangehörige, die 1. im Inland weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen

Aufenthalt haben und 2. zu einer inländischen juristischen Person des öffentlichen

Rechts in einem Dienstverhältnis stehen und dafür Ar-beitslohn aus einer inländischen öffentlichen Kasse bezie-hen

sowie zu ihrem Haushalt gehörende Angehörige, die die deut-sche Staatsangehörigkeit besitzen oder keine Einkünfte oder nur Einkünfte beziehen, die ausschließlich im Inland einkom-mensteuerpflichtig sind. 2Dies gilt nur für natürliche Personen, die in dem Staat, in dem sie ihren Wohnsitz oder ihren ge-wöhnlichen Aufenthalt haben, lediglich in einem der be-schränkten Einkommensteuerpflicht ähnlichen Umfang zu einer Steuer vom Einkommen herangezogen werden. (3) 1Auf Antrag werden auch natürliche Personen als unbe-schränkt einkommensteuerpflichtig behandelt, die im Inland weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, soweit sie inländische Einkünfte im Sinne des § 49 haben. 2Dies gilt nur, wenn ihre Einkünfte im Kalenderjahr mindestens zu 90 Prozent im Kalenderjahr betragen; dieser Betrag ist zu kürzen, soweit es nach den Verhältnissen im Wohnsitzstaat des Steuerpflichtigen notwendig und angemes-sen ist. 3Inländische Einkünfte, die nach einem Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung nur der Höhe nach be-schränkt besteuert werden dürfen, gelten hierbei als nicht der deutschen Einkommensteuer unterliegend. 4Weitere Voraus-setzung ist, dass die Höhe der nicht der deutschen Einkom-mensteuer unterliegenden Einkünfte durch eine Bescheinigung der zuständigen ausländischen Steuerbehörde nachgewiesen wird. 5Der Steuerabzug nach § 50a ist ungeachtet der Sätze 1 bis 4 vorzunehmen. (4) Natürliche Personen, die im Inland weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben, sind vorbehaltlich der Absätze 2 und 3 und des § 1a beschränkt einkommensteu-erpflichtig, wenn sie inländische Einkünfte im Sinne des § 49 haben.

§ 1a [Steuerpflicht für Staatsangehörige eines EU-Mitgliedstaates] (1) 1Für Staatsangehörige eines Mitgliedstaates der Europäi-schen Union oder eines Staates, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum anwendbar ist, die nach § 1 Abs. 1 unbeschränkt einkommensteuerpflichtig sind und die Voraussetzungen des § 1 Abs. 3 Satz 2 bis 4 erfüllen, oder die nach § 1 Abs. 3 als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig zu

behandeln sind, gilt bei Anwendung von § 10 Abs. 1 Nr. 1 und § 26 Abs. 1 Satz 1 hinsichtlich des Ehegatten und der Kinder Folgendes:

1. Unterhaltsleistungen an den geschiedenen oder dauernd getrennt lebenden Ehegatten (§ 10 Abs. 1 Nr. 1) sind auch dann als Sonderausgaben abziehbar, wenn der Empfänger nicht unbeschränkt einkommensteuerpflichtig ist. 2Voraussetzung ist, dass der Empfänger seinen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Hoheitsgebiet eines an-deren Mitgliedstaates der Europäischen Union oder eines Staates hat, auf den das Abkommen über den Europäi-schen Wirtschaftsraum Anwendung findet. 3Weitere Vor-aussetzung ist, dass die Besteuerung der Unterhaltszah-lungen beim Empfänger durch eine Bescheinigung der zu-ständigen ausländischen Steuerbehörde nachgewiesen wird;

2. der nicht dauernd getrennt lebende Ehegatte ohne Wohn-sitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland wird auf An-trag für die Anwendung des § 26 Abs. 1 Satz 1 als unbe-schränkt einkommensteuerpflichtig behandelt. 2Nummer 1 Satz 2 gilt entsprechend. 3Bei Anwendung des § 1 Abs. 3 Satz 2 ist auf die Einkünfte beider Ehegatten abzustellen und der Betrag von 6 136 Euro zu verdoppeln.

3. [3]ein Haushaltsfreibetrag (§ 32 Abs. 7) wird auch abgezo-gen, wenn das Kind, für das dem Steuerpflichtigen ein Freibetrag nach § 32 Abs. 6 oder Kindergeld zusteht, in der Wohnung des Steuerpflichtigen gemeldet ist, die nicht im Inland belegen ist. 2Nummer 1 Satz 2 gilt sinngemäß. 3Weitere Voraussetzung ist, dass der Steuerpflichtige, falls er verheiratet ist, von seinem Ehegatten dauernd getrennt lebt.

4. (weggefallen) (2) Für unbeschränkt einkommensteuerpflichtige Personen im Sinne des § 1 Abs. 2, die die Voraussetzungen des § 1 Abs. 3 Satz 2 bis 4 erfüllen, und für unbeschränkt einkommensteuer-pflichtige Personen im Sinne des § 1 Abs. 3, die die Voraus-setzungen des § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und 2 erfüllen und an einem ausländischen Dienstort tätig sind, gilt die Regelung des Absatzes 1 Nr. 2 entsprechend mit der Maßgabe, dass auf Wohnsitz, gewöhnlichen Aufenthalt, Wohnung oder Haushalt im Staat des ausländischen Dienstortes abzustellen ist.

§ 2 Umfang der Besteuerung, Begriffsbestimmungen

(1) 1Der Einkommensteuer unterliegen

1. Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft,

2. Einkünfte aus Gewerbebetrieb,

3. Einkünfte aus selbständiger Arbeit,

4. Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit,

5. Einkünfte aus Kapitalvermögen,

6. Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung,

sonstige Einkünfte im Sinne des § 22, die der Steuerpflichtige während seiner unbeschränkten Ein-kommensteuerpflicht oder als inländische Einkünfte während seiner beschränkten Einkommensteuerpflicht erzielt. 2Zu welcher Einkunftsart die Einkünfte im einzelnen Fall gehören,

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Einkommensteuergesetz 179

bestimmt sich nach den §§ 13 bis 24. (2) Einkünfte sind

1. bei Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb und selb-ständiger Arbeit der Gewinn (§§ 4 bis 7k),

2. bei den anderen Einkunftsarten der Überschuss der Ein-nahmen über die Werbungskosten (§§ 8 bis 9a).

[Ab 01.01.2009: (2) 1Einkünfte sind

1. bei Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb und selb-ständiger Arbeit der Gewinn (§§ 4 bis 7k),

2. bei den anderen Einkunftsarten der Überschuss der Ein-nahmen über die Werbungskosten (§§ 8 bis 9a).

2Bei Einkünften aus Kapitalvermögen tritt § 20 Abs. 9 vorbe-haltlich der Regelung in § 32d Abs. 2 an die Stelle der §§ 9 und 9a.] (3) Die Summe der Einkünfte, vermindert um den Altersent-lastungsbetrag, den Entlastungsbetrag für Alleinerziehende[3] und den Abzug nach § 13 Abs. 3, ist der Gesamtbetrag der Einkünfte. (4) Der Gesamtbetrag der Einkünfte, vermindert um die Son-derausgaben und die außergewöhnlichen Belastungen, ist das Einkommen. (5) 1Das Einkommen, vermindert um die Freibeträge nach § 32 Abs. 6 und um die sonstigen vom Einkommen abzuziehenden Beträge, ist das zu versteuernde Einkommen; dieses bildet die Bemessungsgrundlage für die tarifliche Einkommensteuer. 2Knüpfen andere Gesetze an den Begriff des zu versteuernden Einkommens an, ist für deren Zweck das Einkommen in allen Fällen des § 32 um die Freibeträge nach § 32 Abs. 6 zu ver-mindern. (5a) Knüpfen außersteuerliche Rechtsnormen an die in den vorstehenden Absätzen definierten Begriffe (Einkünfte, Sum-me der Einkünfte, Gesamtbetrag der Einkünfte, Einkommen, zu versteuerndes Einkommen) an, erhöhen sich für deren Zwecke diese Größen um die nach § 32d Abs. 1 und nach § 43 Abs. 5 zu besteuernden Beträge sowie um die nach § 3 Nr. 40 steuerfreien Beträge und mindern sich um die nach § 3c Abs. 2 nicht abziehbaren Beträge. (5b) Soweit Rechtsnormen dieses Gesetzes an die in den vorstehenden Absätzen definierten Begriffe (Einkünfte, Sum-me der Einkünfte, Gesamtbetrag der Einkünfte, Einkommen, zu versteuerndes Einkommen) anknüpfen, sind Kapitalerträge nach § 32d Abs. 1 und § 43 Abs. 5 nicht einzubeziehen. Satz 1 gilt nicht in den Fällen

1. des § 10b Abs. 1, wenn der Steuerpflichtige dies beantragt, sowie

2. des § 32 Abs. 4 Satz 2, des § 32d Abs. 2 und 6, des § 33 Abs. 3 und des § 33a Abs. 1 Satz 4 und Abs. 2 Satz 2.

(6) 1Die tarifliche Einkommensteuer, vermindert um den Entlastungsbetrag nach § 32c, die anzurechnenden ausländi-schen Steuern und die Steuerermäßigungen, vermehrt um die Steuer nach § 32d Abs. 3 und 4] die Steuer nach § 34c Abs. 5, die Nachsteuer nach § 10 Abs. 5 und den Zuschlag nach § 3 Abs. 4 Satz 2 des Forstschäden-Ausgleichsgesetzes, ist die festzusetzende Einkommensteuer. 2Wurde der Gesamtbetrag der Einkünfte in den Fällen des § 10a Abs. 2 um Sonderausga-ben nach § 10a Abs. 1 gemindert, ist für die Ermittlung der festzusetzenden Einkommensteuer der Anspruch auf Zulage nach Abschnitt XI der tariflichen Einkommensteuer hinzuzu-rechnen. 3Gleiches gilt für das Kindergeld, wenn das Einkom-men in den Fällen des § 31 um die Freibeträge nach § 32 Abs. 6 gemindert wurde. (7) 1Die Einkommensteuer ist eine Jahressteuer. 2Die Grundla-gen für ihre Festsetzung sind jeweils für ein Kalenderjahr zu ermitteln. 3Besteht während eines Kalenderjahres sowohl unbeschränkte als auch beschränkte Einkommensteuerpflicht, so sind die während der beschränkten Einkommensteuerpflicht erzielten inländischen Einkünfte in eine Veranlagung zur

unbeschränkten Einkommensteuerpflicht einzubeziehen.

§ 10 [Sonderausgaben]

(1) Sonderausgaben sind die folgenden Aufwendungen, wenn sie weder Betriebsausgaben noch Werbungskosten sind oder wie Betriebsausgaben oder Werbungskosten behandelt wer-den: 1. Unterhaltsleistungen an den geschiedenen oder dauernd

getrennt lebenden unbeschränkt einkommensteuerpflichti-gen Ehegatten, wenn der Geber dies mit Zustimmung des Empfängers beantragt, bis zu 13 805 Euro im Kalender-jahr. 2Der Antrag kann jeweils nur für ein Kalenderjahr gestellt und nicht zurückgenommen werden. 3Die Zu-stimmung ist mit Ausnahme der nach § 894 Abs. 1 der Zi-vilprozessordnung als erteilt geltenden bis auf Widerruf wirksam. 4Der Widerruf ist vor Beginn des Kalenderjah-res, für das die Zustimmung erstmals nicht gelten soll, ge-genüber dem Finanzamt zu erklären. 5Die Sätze 1 bis 4 gelten für Fälle der Nichtigkeit oder der Aufhebung der Ehe entsprechend;

1a. auf besonderen Verpflichtungsgründen beruhende Renten und dauernde Lasten, die nicht mit Einkünften in wirt-schaftlichem Zusammenhang stehen, die bei der Veranla-gung außer Betracht bleiben. 2Bei Leibrenten kann nur der Anteil abgezogen werden, der sich nach § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchstabe a Doppelbuchstabe bb ergibt;

2. a) Beiträge zu den gesetzlichen Rentenversicherungen oder landwirtschaftlichen Alterskassen sowie zu be-rufsständischen Versorgungseinrichtungen, die den gesetzlichen Rentenversicherungen vergleichbare Leistungen erbringen;

b) Beiträge des Steuerpflichtigen zum Aufbau einer ei-genen kapitalgedeckten Altersversorgung, wenn der Vertrag nur die Zahlung einer monatlichen auf das Leben des Steuerpflichtigen bezogenen lebenslangen Leibrente nicht vor Vollendung des 60. Lebensjahres oder die ergänzende Absicherung des Eintritts der Be-rufsunfähigkeit (Berufsunfähigkeitsrente), der ver-minderten Erwerbsfähigkeit (Erwerbsminderungsren-te) oder von Hinterbliebenen (Hinterbliebenenrente) vorsieht; Hinterbliebene in diesem Sinne sind der E-hegatte des Steuerpflichtigen und die Kinder, für die er Anspruch auf Kindergeld oder auf einen Freibetrag nach § 32 Abs. 6 hat [5] [Bis 18.12.2006: für die er Kindergeld oder einen Freibetrag nach § 32 Abs. 6 erhält]; der Anspruch auf Waisenrente darf längstens für den Zeitraum bestehen, in dem der Rentenberech-tigte die Voraussetzungen für die Berücksichtigung als Kind im Sinne des § 32 erfüllt; die genannten An-sprüche dürfen nicht vererblich, nicht übertragbar, nicht beleihbar, nicht veräußerbar und nicht kapitali-sierbar sein und es darf darüber hinaus kein Anspruch auf Auszahlungen bestehen.

2Zu den Beiträgen nach den Buchstaben a und b ist der nach § 3 Nr. 62 steuerfreie Arbeitgeberanteil zur gesetzlichen Ren-tenversicherung und ein diesem gleichgestellter steuerfreier Zuschuss des Arbeitgebers hinzuzurechnen. 3. ]a) Beiträge zu Versicherungen gegen Arbeitslosigkeit, zu

Erwerbs- und Berufsunfähigkeitsversicherungen, die nicht unter Nummer 2 Satz 1 Buchstabe b fallen, zu Kranken-, Pflege-, Unfall- und Haftpflichtversiche-rungen sowie zu Risikoversicherungen, die nur für den Todesfall eine Leistung vorsehen;

b) Beiträge zu Versicherungen im Sinne des § 10 Abs. 1 Nr. 2 Buchstabe b Doppelbuchstabe bb bis dd in der am 31. Dezember 2004 geltenden Fassung, wenn die Laufzeit dieser Versicherungen vor dem 1. Januar 2005 begonnen hat und ein Versicherungsbeitrag bis

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zum 31. Dezember 2004 entrichtet wurde; § 10 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 bis 6[9] [Bis 18.12.2006: Satz 2 bis 5] und Abs. 2 Satz 2 in der am 31. Dezember 2004 geltenden Fassung ist in diesen Fällen weiter anzuwenden.

4. gezahlte Kirchensteuer; dies gilt vorbehaltlich § 32d Abs. 2 und 6 nicht für die nach § 51a Abs. 2b bis 2d erhobene Kirchensteuer.

5. ]zwei Drittel der Aufwendungen für Dienstleistungen zur Betreuung eines zum Haushalt des Steuerpflichtigen gehö-renden Kindes im Sinne des § 32 Abs. 1, welches das drit-te Lebensjahr vollendet, das sechste Lebensjahr aber noch nicht vollendet hat, höchstens 4 000 Euro je Kind, sofern die Beiträge nicht nach Nummer 8 zu berücksichtigen sind. Satz 1 gilt nicht für Aufwendungen für Unterricht, die Vermittlung besonderer Fähigkeiten sowie für sportli-che und andere Freizeitbetätigungen. Ist das zu betreuende Kind nicht nach § 1 Abs. 1 oder Abs. 2 unbeschränkt ein-kommensteuerpflichtig, ist der in Satz 1 genannte Betrag zu kürzen, soweit es nach den Verhältnissen im Wohnsitz-staat des Kindes notwendig und angemessen ist. Voraus-setzung für den Abzug nach Satz 1 ist, dass der Steuer-pflichtige die Aufwendungen durch Vorlage einer Rech-nung und die Zahlung auf das Konto des Erbringers der Leistung nachweist.

6. Steuerberatungskosten; 7. Aufwendungen für die eigene Berufsausbildung bis zu 4

000 Euro im Kalenderjahr. 2Bei Ehegatten, die die Vor-aussetzungen des § 26 Abs. 1 Satz 1 erfüllen, gilt Satz 1 für jeden Ehegatten. 3Zu den Aufwendungen im Sinne des Satzes 1 gehören auch Aufwendungen für eine auswärtige Unterbringung. 4§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 5 und 6b, § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 und Abs. 2 sind bei der Ermittlung der Auf-wendungen anzuwenden.

8. zwei Drittel der Aufwendungen für Dienstleistungen zur Betreuung eines zum Haushalt des Steuerpflichtigen gehö-renden Kindes im Sinne des § 32 Abs. 1, welches das 14. Lebensjahr noch nicht vollendet hat oder wegen einer vor Vollendung des 25. Lebensjahres eingetretenen körperli-chen, geistigen oder seelischen Behinderung außerstande ist, sich selbst zu unterhalten, höchstens 4 000 Euro je Kind, wenn der Steuerpflichtige sich in Ausbildung befin-det, körperlich, geistig oder seelisch behindert oder krank ist. Erwachsen die Aufwendungen wegen Krankheit des Steuerpflichtigen, muss die Krankheit innerhalb eines zu-sammenhängenden Zeitraums von mindestens drei Mona-ten bestanden haben, es sei denn, der Krankheitsfall tritt unmittelbar im Anschluss an eine Erwerbstätigkeit oder Ausbildung ein. Bei zusammenlebenden Eltern ist Satz 1 nur dann anzuwenden, wenn bei beiden Elternteilen die Voraussetzungen nach Satz 1 vorliegen oder ein Elternteil erwerbstätig ist und der andere Elternteil sich in Ausbil-dung befindet, körperlich, geistig oder seelisch behindert oder krank ist. Satz 1 gilt nicht für Aufwendungen für Un-terricht, die Vermittlung besonderer Fähigkeiten sowie für sportliche und andere Freizeitbetätigungen. Ist das zu betreuende Kind nicht nach § 1 Abs. 1 oder Abs. 2 unbe-schränkt einkommensteuerpflichtig, ist der in Satz 1 ge-nannte Betrag zu kürzen, soweit es nach den Verhältnissen im Wohnsitzstaat des Kindes notwendig und angemessen ist. Voraussetzung für den Abzug nach Satz 1 ist, dass der Steuerpflichtige die Aufwendungen durch Vorlage einer Rechnung und die Zahlung auf das Konto des Erbringers der Leistung nachweist.

9. 30 Prozent des Entgelts, das der Steuerpflichtige für ein Kind, für das er Anspruch auf einen Freibetrag nach § 32 Abs. 6 oder auf Kindergeld hat, für den Besuch einer ge-mäß Artikel 7 Abs. 4 des Grundgesetzes staatlich geneh-migten oder nach Landesrecht erlaubten Ersatzschule so-wie einer nach Landesrecht anerkannten allgemein bilden-den Ergänzungsschule entrichtet mit Ausnahme des Ent-

gelts für Beherbergung, Betreuung und Verpflegung. (2) Voraussetzung für den Abzug der in Absatz 1 Nr. 2 und 3 bezeichneten Beträge (Vorsorgeaufwendungen) ist, dass sie 1. nicht in unmittelbarem wirtschaftlichen Zusammenhang

mit steuerfreien Einnahmen stehen, 2. a) an Versicherungsunternehmen, die ihren Sitz oder ihre

Geschäftsleitung in einem Mitgliedstaat der Europäi-schen Gemeinschaft oder einem anderen Vertragsstaat des Europäischen Wirtschaftsraums haben und das Versicherungsgeschäft im Inland betreiben dürfen, und Versicherungsunternehmen, denen die Erlaubnis zum Geschäftsbetrieb im Inland erteilt ist,

b) an berufsständische Versorgungseinrichtungen, c) an einen Sozialversicherungsträger oder d) an einen Anbieter im Sinne des § 80. geleistet werden.

(3) 1Vorsorgeaufwendungen nach Absatz 1 Nr. 2 Satz 2 sind bis zu 20 000 Euro zu berücksichtigen. 2Bei zusammenveran-lagten Ehegatten verdoppelt sich der Höchstbetrag. 3Der Höchstbetrag nach Satz 1 oder 2 ist bei Steuerpflichtigen, die zum Personenkreis des § 10c Abs. 3 Nr. 1 und 2 gehören oder Einkünfte im Sinne des § 22 Nr. 4 erzielen und die ganz oder teilweise ohne eigene Beitragsleistungen einen Anspruch auf Altersversorgung erwerben, um den Betrag zu kürzen, der, bezogen auf die Einnahmen aus der Tätigkeit, die die Zugehö-rigkeit zum genannten Personenkreis begründen, dem Ge-samtbeitrag (Arbeitgeber- und Arbeitnehmeranteil) zur allge-meinen Rentenversicherung entspricht. 4Im Kalenderjahr 2005 sind 60 Prozent der nach den Sätzen 1 bis 3 ermittelten Vor-sorgeaufwendungen anzusetzen. 5Der sich danach ergebende Betrag, vermindert um den nach § 3 Nr. 62 steuerfreien Ar-beitgeberanteil zur gesetzlichen Rentenversicherung und einen diesem gleichgestellten steuerfreien Zuschuss des Arbeitge-bers, ist als Sonderausgabe abziehbar. 6Der Prozentsatz in Satz 4 erhöht sich in den folgenden Kalenderjahren bis zum Kalen-derjahr 2025 um je 2 Prozentpunkte je Kalenderjahr. (4) 1Vorsorgeaufwendungen im Sinne des Absatzes 1 Nr. 3 können je Kalenderjahr bis 2 400 Euro abgezogen werden. 2Der Höchstbetrag beträgt 1 500 Euro bei Steuerpflichtigen, die ganz oder teilweise ohne eigene Aufwendungen einen Anspruch auf vollständige oder teilweise Erstattung oder Übernahme von Krankheitskosten haben oder für deren Kran-kenversicherung Leistungen im Sinne des § 3 Nr. 62 oder § 3 Nr. 14 erbracht werden. 3Bei zusammenveranlagten Ehegatten bestimmt sich der gemeinsame Höchstbetrag aus der Summe der jedem Ehegatten unter den Voraussetzungen der Sätze 1 und 2 zustehenden Höchstbeträge. (4a) 1Ist in den Kalenderjahren 2005 bis 2019 der Abzug der Vorsorgeaufwendungen nach Absatz 1 Nr. 2 Buchstabe a und Nr. 3 in der für das Kalenderjahr 2004 geltenden Fassung des § 10 Abs. 3 mit folgenden Höchstbeträgen für den Vorwegab-zug. Kalender-jahr

Vorwegabzug für den Steuerpflichtigen

Vorwegabzug im Falle der Zusammenveranlagung von Ehegatten

2005 3 068 6 136 2006 3 068 6 136 2007 3 068 6 136 2008 3 068 6 136 2009 3 068 6 136 2010 3 068 6 136 2011 2 700 5 400 2012 2 400 4 800 2013 2 100 4 200 2014 1 800 3 600 2015 1 500 3 000 2016 1 200 2 400 2017 900 1 800 2018 600 1 200

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2019 300 600 zuzüglich des Erhöhungsbetrags nach Satz 3 günstiger, ist der sich danach ergebende Betrag anstelle des Abzugs nach Ab-satz 3 und 4 anzusetzen. 2Mindestens ist bei Anwendung des Satzes 1 der Betrag anzusetzen, der sich ergeben würde, wenn zusätzlich noch die Vorsorgeaufwendungen nach Absatz 1 Nr. 2 Buchstabe b in die Günstigerprüfung einbezogen werden würden; der Erhöhungsbetrag nach Satz 3 ist nicht hinzuzu-rechnen. 3Erhöhungsbetrag sind die Beiträge nach Absatz 1 Nr. 2 Buchstabe b, soweit sie nicht den um die Beiträge nach Absatz 1 Nr. 2 Buchstabe a und den nach § 3 Nr. 62 steuer-freien Arbeitgeberanteil zur gesetzlichen Rentenversicherung und einen diesem gleichgestellten steuerfreien Zuschuss ver-minderten Höchstbetrag nach Absatz 3 Satz 1 bis 3 überschrei-ten; Absatz 3 Satz 4 und 6 gilt entsprechend. (5) Nach Maßgabe einer Rechtsverordnung ist eine Nach-versteuerung durchzuführen bei Versicherungen im Sinne des Absatzes 1 Nr. 3 Buchstabe b, wenn die Voraussetzungen für den Sonderausgabenabzug nach Absatz 2 Satz 2 in der am 31. Dezember 2004 geltenden Fassung nicht erfüllt sind.

§ 10c Sonderausgaben-Pauschbetrag, Vor-sorgepauschale

(1) Für Sonderausgaben nach § 10 Abs. 1 Nr. 1, 1a, 4, 5, 7 bis 9 und nach § 10b wird ein Pauschbetrag von 36 Euro abgezo-gen (Sonderausgaben-Pauschbetrag), wenn der Steuerpflichti-ge nicht höhere Aufwendungen nachweist. (2) 1Hat der Steuerpflichtige Arbeitslohn bezogen, wird für die Vorsorgeaufwendungen (§ 10 Abs. 1 Nr. 2 und 3) eine Vor-sorgepauschale abgezogen, wenn der Steuerpflichtige nicht Aufwendungen nachweist, die zu einem höheren Abzug füh-ren. 2Die Vorsorgepauschale ist die Summe aus

1. dem Betrag, der bezogen auf den Arbeitslohn, 50 Prozent des Beitrags in der allgemeinen Rentenversicherung ent-spricht, und

2. 11 Prozent des Arbeitslohns, jedoch höchstens 1 500 Euro. 3Arbeitslohn im Sinne der Sätze 1 und 2 ist der um den Ver-sorgungsfreibetrag (§ 19 Abs. 2) und den Altersentlastungsbe-trag (§ 24a) verminderte Arbeitslohn. 4In den Kalenderjahren 2005 bis 2024 ist die Vorsorgepauschale mit der Maßgabe zu ermitteln, dass im Kalenderjahr 2005 der Betrag, der sich nach Satz 2 Nr. 1 ergibt, auf 20 Prozent begrenzt und dieser Pro-zentsatz in jedem folgenden Kalenderjahr um je 4 Prozent-punkte erhöht wird. (3) Für Arbeitnehmer, die während des ganzen oder eines Teils des Kalenderjahres

1. in der gesetzlichen Rentenversicherung versicherungsfrei oder auf Antrag des Arbeitgebers von der Versicherungs-pflicht befreit waren und denen für den Fall ihres Aus-scheidens aus der Beschäftigung auf Grund des Beschäfti-gungsverhältnisses eine lebenslängliche Versorgung oder an deren Stelle eine Abfindung zusteht oder die in der ge-setzlichen Rentenversicherung nachzuversichern sind oder

2. nicht der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht unter-liegen, eine Berufstätigkeit ausgeübt und im Zusammen-hang damit auf Grund vertraglicher Vereinbarungen An-wartschaftsrechte auf eine Altersversorgung ganz oder teilweise ohne eigene Beitragsleistungen oder durch Bei-träge, die nach § 3 Nr. 63 steuerfrei waren, erworben ha-ben oder

3. Versorgungsbezüge im Sinne des § 19 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 erhalten haben oder

4. Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung erhal-ten haben,

beträgt die Vorsorgepauschale 11 Prozent des Arbeitslohns, jedoch höchstens 1 500 Euro.

(4) 1Im Fall der Zusammenveranlagung von Ehegatten zur Einkommensteuer sind die Absätze 1 bis 3 mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Euro-Beträge nach Absatz 1, 2 Satz 2 Nr. 2 sowie Absatz 3 zu verdoppeln sind. 2Wenn beide Ehegat-ten Arbeitslohn bezogen haben, ist Absatz 2 Satz 3 auf den Arbeitslohn jedes Ehegatten gesondert anzuwenden und eine Vorsorgepauschale abzuziehen, die sich ergibt aus der Summe 1. der Beträge, die sich nach Absatz 2 Satz 2 Nr. 1 in Ver-

bindung mit Satz 4 für nicht unter Absatz 3 fallende Ehe-gatten ergeben, und

2. 11 Prozent der Summe der Arbeitslöhne beider Ehegatten, höchstens jedoch 3 000 Euro.

3Satz 1 gilt auch, wenn die tarifliche Einkommensteuer nach § 32a Abs. 6 zu ermitteln ist. (5) Soweit in den Kalenderjahren 2005 bis 2019 die Vorsorge-pauschale nach der für das Kalenderjahr 2004 geltenden Fas-sung des § 10c Abs. 2 bis 4 günstiger ist, ist diese mit folgen-den Höchstbeträgen anzuwenden: Kalender-jahr

Betrag nach § 10c Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 in Euro

Betrag nach § 10c Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 in Euro

Betrag nach § 10c Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 in Euro

Betrag nach § 10c Abs. 3 in Euro

2005 3 068 1 334 667 1 134 2006 3 068 1 334 667 1 134 2007 3 068 1 334 667 1 134 2008 3 068 1 334 667 1 134 2009 3 068 1 334 667 1 134 2010 3 068 1 334 667 1 134 2011 2 700 1 334 667 1 134 2012 2 400 1 334 667 1 134 2013 2 100 1 334 667 1 134 2014 1 800 1 334 667 1 134 2015 1 500 1 334 667 1 134 2016 1 200 1 334 667 1 134 2017 900 1 334 667 1 134 2018 600 1 334 667 1 134 2019 300 1 334 667 1 134

§ 32 Kinder, Freibeträge für Kinder (1) Kinder sind 1. im 1. Grad mit dem Steuerpflichtigen verwandte Kinder, 2. Pflegekinder (Personen, mit denen der Steuerpflichtige

durch ein familienähnliches, auf längere Dauer berechne-tes Band verbunden ist, sofern er sie nicht zu Erwerbs-zwecken in seinen Haushalt aufgenommen hat und das Obhuts- und Pflegeverhältnis zu den Eltern nicht mehr be-steht).

(2) 1Besteht bei einem angenommenen Kind das Kindschafts-verhältnis zu den leiblichen Eltern weiter, ist es vorrangig als angenommenes Kind zu berücksichtigen. 2Ist ein im 1. Grad mit dem Steuerpflichtigen verwandtes Kind zugleich ein Pflegekind, ist es vorrangig als Pflegekind zu berücksichtigen. (3) Ein Kind wird in dem Kalendermonat, in dem es lebend geboren wurde, und in jedem folgenden Kalendermonat, zu dessen Beginn es das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, berücksichtigt. (4) 1Ein Kind, das das 18. Lebensjahr vollendet hat, wird berücksichtigt, wenn es 1. noch nicht das 21. Lebensjahr vollendet hat, nicht in

einem Beschäftigungsverhältnis steht und bei einer Agen-tur für Arbeit im Inland als Arbeitsuchender gemeldet ist oder

2. noch nicht das 25. Lebensjahr vollendet hat und a) für einen Beruf ausgebildet wird oder b) sich in einer Übergangszeit von höchstens 4 Monaten

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befindet, die zwischen 2 Ausbildungsabschnitten oder zwischen einem Ausbildungsabschnitt und der Ableis-tung des gesetzlichen Wehr- oder Zivildienstes, einer vom Wehr- oder Zivildienst befreienden Tätigkeit als Entwicklungshelfer oder als Dienstleistender im Aus-land nach § 14 b ZDG oder der Ableistung eines frei-willigen Dienstes im Sinne des Buchstaben d liegt, oder

c) eine Berufsausbildung mangels Ausbildungsplatzes nicht beginnen oder fortsetzen kann oder

d) ein freiwilliges soziales Jahr im Sinne des FSJG, ein freiwilliges ökologisches Jahr im Sinne des FÖJG o-der einen Freiwilligendienst im Sinne des Beschlusses Nr. 1031/2000/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. 4. 2000 zur Einführung des ge-meinschaftlichen Aktionsprogramms „Jugend“ (ABI EG Nr. L 117 S. 1) oder einen anderen Dienst im Aus-land im Sinne von § 14 b ZDG leistet oder

3. wegen körperlicher, geistiger oder seelischer Behinderung außerstande ist, sich selbst zu unterhalten; Voraussetzung ist, dass die Behinderung vor Vollendung des 25. Lebens-ahres eingetreten ist.

2Nach Satz 1 Nr. 1 und 2 wird ein Kind nur berücksichtigt, wenn es Einkünfte und Bezüge, die zur Bestreitung des Unter-halts oder der Berufsausbildung bestimmt oder geeignet sind, von nicht mehr als 7 680 EUR im Kalenderjahr hat. 3Dieser Betrag ist zu kürzen, soweit es nach den Verhältnissen im Wohnsitzstaat des Kindes notwendig und angemessen ist. 4Zu den Bezügen gehören auch steuerfreie Gewinne nach den §§ 14, 16 Abs. 4, § 17 Abs. 3 und § 18 Abs. 3, die nach § 19 Abs. 2 steuerfrei bleibenden Einkünfte sowie Sonderabschrei-bungen und erhöhte Absetzungen, soweit sie die höchstmögli-chen Absetzungen für Abnutzung nach § 7 übersteigen. 5Bezüge, die für besondere Ausbildungszwecke bestimmt sind, bleiben hierbei außer Ansatz; Entsprechendes gilt für Einkünf-te, soweit sie für solche Zwecke verwendet werden. 6Liegen die Voraussetzungen nach Satz 1 Nr. 1 oder 2 nur in einem Teil des Kalendermonats vor, sind Einkünfte und Bezüge nur insoweit anzusetzen, als sie auf diesen Teil entfallen. 7Für jeden Kalendermonat, in dem die Voraussetzungen nach Satz 1 Nr. 1 oder 2 an keinem Tag vorliegen, ermäßigt sich der Betrag nach Satz 2 oder 3 um 1/12. 8Einkünfte und Bezüge des Kindes, die auf diese Kalendermonate entfallen, bleiben außer Ansatz. 9Ein Verzicht auf Teile der zustehenden Einkünfte und Bezüge steht der Anwendung der Sätze 2, 3 und 7 nicht entge-gen. 10Nicht auf Euro lautende Beträge sind entsprechend dem für Ende September des Jahres vor dem Veranlagungszeitraum von der Europäischen Zentralbank bekannt gegebenen Refe-renzkurs umzurechnen. (5) 1In den Fällen des Absatzes 4 Satz 1 Nr. 1 oder Nr. 2 Buchst. a und b wird ein Kind, das 1. den gesetzlichen Grundwehrdienst oder Zivildienst geleis-

tet hat, oder 2. sich anstelle des gesetzlichen Grundwehrdienstes freiwil-

lig für die Dauer von nicht mehr als 3 Jahren zum Wehr-dienst verpflichtet hat, oder

3. eine vom gesetzlichen Grundwehrdienst oder Zivildienst befreiende Tätigkeit als Entwicklungshelfer im Sinne des § 1 Abs. 1 EhfG ausgeübt hat,

für einen der Dauer dieser Dienste oder der Tätigkeit entspre-chenden Zeitraum, höchstens für die Dauer des inländischen gesetzlichen Grundwehrdienstes oder bei anerkannten Kriegs-dienstverweigerern für die Dauer des inländischen gesetzli-chen Zivildienstes über das 21. oder 25. Lebensjahr hinaus berücksichtigt. 2Wird der gesetzliche Grundwehrdienst oder Zivildienst in einem Mitgliedstaat der EU oder einem Staat, auf den das Abkommen über den EWR Anwendung findet, geleistet, so ist die Dauer dieses Dienstes maßgebend. 3Absatz 4 Satz 2 bis 10 gilt entsprechend. (6) 1Bei der Veranlagung zur Einkommensteuer wird für jedes

zu berücksichtigende Kind des Steuerpflichtigen ein Freibe-trag von 1 824 EUR für das sächliche Existenzminimum des Kindes (Kinderfreibetrag) sowie ein Freibetrag von 1 080 EUR für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbil-dungsbedarf des Kindes vom Einkommen abgezogen. 2Bei Ehegatten, die nach den §§ 26, 26 b zusammen zur Einkom-mensteuer veranlagt werden, verdoppeln sich die Beträge nach Satz 1, wenn das Kind zu beiden Ehegatten in einem Kind-schaftsverhältnis steht. 3Die Beträge nach Satz 2 stehen dem Steuerpflichtigen auch dann zu, wenn 1. der andere Elternteil verstorben oder nicht unbeschränkt

einkommensteuerpflichtig ist oder 2. der Steuerpflichtige allein das Kind angenommen hat oder

das Kind nur zu ihm in einem Pflegekindschaftsverhältnis steht.

4Für ein nicht nach § 1 Abs. 1 oder 2 unbeschränkt einkom-mensteuerpflichtiges Kind können die Beträge nach den Sät-zen 1 bis 3 nur abgezogen werden, soweit sie nach den Ver-hältnissen seines Wohnsitzstaates notwendig und angemessen sind. 5Für jeden Kalendermonat, in dem die Voraussetzungen für einen Freibetrag nach den Sätzen 1 bis 4 nicht vorliegen, ermäßigen sich die dort genannten Beträge um 1/12. 6Abweichend von Satz 1 wird bei einem unbeschränkt ein-kommensteuerpflichtigen Elternpaar, bei dem die Vorausset-zungen des § 26 Abs. 1 Satz 1 nicht vorliegen, auf Antrag eines Elternteils der dem anderen Elternteil zustehende Kin-derfreibetrag auf ihn übertragen, wenn er, nicht jedoch der andere Elternteil seiner Unterhaltspflicht gegenüber dem Kind für das Kalenderjahr im Wesentlichen nachkommt; bei min-derjährigen Kindern wird der dem Elternteil, in dessen Woh-nung das Kind nicht gemeldet ist, zustehende Freibetrag für den Betreuungs- und Erziehungs- oder Ausbildungsbedarf auf Antrag des anderen Elternteils auf diesen übertragen. 7Die den Eltern nach den Sätzen 1 bis 6 zustehenden Freibeträge kön-nen auf Antrag auch auf einen Stiefelternteil oder Großeltern-teil übertragen werden, wenn dieser das Kind in seinen Haus-halt aufgenommen hat; dies kann auch mit Zustimmung des berechtigten Elternteils geschehen, die nur für künftige Kalen-derjahre widerrufen werden kann. (7) (weggefallen)

§ 62 Anspruchsberechtigte (1) Für Kinder im Sinne des § 63 hat Anspruch auf Kindergeld nach diesem Gesetz, wer 1. im Inland einen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen

Aufenthalt hat oder 2. ohne Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland

a) nach § 1 Abs. 2 unbeschränkt einkommensteuerpflich-tig ist oder

b) nach § 1 Abs. 3 als unbeschränkt einkommensteuer-pflichtig behandelt wird.

(2) Ein nicht freizügigkeitsberechtigter Ausländer erhält Kin-dergeld nur, wenn er 1. eine Niederlassungserlaubnis besitzt, 2. eine Aufenthaltserlaubnis besitzt, die zur Ausübung einer

Erwerbstätigkeit berechtigt oder berechtigt hat, es sei denn, die Aufenthaltserlaubnis wurde a) nach § 16 oder § 17 AufenthG erteilt, b) nach § 18 Abs. 2 AufenthG erteilt und die Zustim-

mung der BA darf nach der BeschV nur für einen be-stimmten Höchstzeitraum erteilt werden,

c) nach § 23 Abs. 1 AufenthG wegen eines Krieges in seinem Heimatland oder nach den §§ 23 a, 24, 25 Abs. 3 bis 5 AufenthG erteilt oder

3. eine in Nummer 2 Buchst. c genannte Aufenthaltserlaub-nis besitzt und

Page 184: Das neue Unterhaltsrecht: Rangfolge, Mindestunterhalt und Anpassung bestehender Unterhaltsregelungen (2008)

Einkommensteuergesetz 183

a) sich seit mindestens 3 Jahren rechtmäßig, gestattet o-der geduldet im Bundesgebiet aufhält und

b) im Bundesgebiet berechtigt erwerbstätig ist, laufende Geldleistungen nach dem SGB III bezieht oder Eltern-zeit in Anspruch nimmt.

§ 64 Zusammentreffen mehrerer Ansprüche (1) Für jedes Kind wird nur einem Berechtigten Kindergeld gezahlt. (2) 1Bei mehreren Berechtigten wird das Kindergeld demjeni-gen gezahlt, der das Kind in seinen Haushalt aufgenommen hat. 2Ist ein Kind in den gemeinsamen Haushalt von Eltern, einem Elternteil und dessen Ehegatten, Pflegeeltern oder Großeltern aufgenommen worden, so bestimmen diese unter-einander den Berechtigten. 3Wird eine Bestimmung nicht getroffen, so bestimmt das Vormundschaftsgericht auf Antrag den Berechtigten. 4Den Antrag kann stellen, wer ein berechtig-tes Interesse an der Zahlung des Kindergeldes hat. 5Lebt ein Kind im gemeinsamen Haushalt von Eltern und Großeltern, so wird das Kindergeld vorrangig einem Elternteil gezahlt; es wird an einen Großelternteil gezahlt, wenn der Elternteil gegenüber der zuständigen Stelle auf seinen Vorrang schrift-lich verzichtet hat. (3) 1Ist das Kind nicht in den Haushalt eines Berechtigten aufgenommen, so erhält das Kindergeld derjenige, der dem Kind eine Unterhaltsrente zahlt. 2Zahlen mehrere Berechtigte dem Kind Unterhaltsrenten, so erhält das Kindergeld derjeni-ge, der dem Kind die höchste Unterhaltsrente zahlt. 3Werden gleich hohe Unterhaltsrenten gezahlt oder zahlt keiner der Berechtigten dem Kind Unterhalt, so bestimmen die Berech-tigten untereinander, wer das Kindergeld erhalten soll. 4Wird eine Bestimmung nicht getroffen, so gilt Absatz 2 Satz 3 und 4 entsprechend.

Page 185: Das neue Unterhaltsrecht: Rangfolge, Mindestunterhalt und Anpassung bestehender Unterhaltsregelungen (2008)

184 Normen

4 Unterhaltsvorschussgesetz

Gesetz zur Sicherung des Unterhalts von Kindern al-

leinstehender Mütter und Väter durch Unterhaltsvor-

schüsse oder -ausfallleistungen

Vom 23. Juli 1979 (BGBl. I 1979, S. 1184); Neu gefasst durch Neufassung des Unterhaltsvor-schussgesetzes vom 17. Juli 2007 (BGBl. I 2007, S. 1446)

§ 1 Berechtigte (1) Anspruch auf Unterhaltsvorschuss oder -ausfallleistung nach diesem Gesetz (Unterhaltsleistung) hat, wer 1. das zwölfte Lebensjahr noch nicht vollendet hat, 2. im Geltungsbereich dieses Gesetzes bei einem seiner

Elternteile lebt, der ledig, verwitwet oder geschieden ist oder von seinem Ehegatten dauernd getrennt lebt, und

3. nicht oder nicht regelmäßig a) Unterhalt von dem anderen Elternteil oder, b) wenn dieser oder ein Stiefelternteil gestorben ist, Wai-

senbezüge mindestens in der in § 2 Abs. 1 und 2 bezeichneten Höhe erhält. (2) Ein Elternteil, bei dem das Kind lebt, gilt als dauernd getrennt lebend im Sinne des Absatzes 1 Nr. 2, wenn im Ver-hältnis zum Ehegatten oder Lebenspartner ein Getrenntleben im Sinne des § 1567 des Bürgerlichen Gesetzbuchs vorliegt oder wenn sein Ehegatte oder Lebenspartner wegen Krankheit oder Behinderung oder auf Grund gerichtlicher Anordnung für voraussichtlich wenigstens sechs Monate in einer Anstalt untergebracht ist. (2a) Ein nicht freizügigkeitsberechtigter Ausländer hat einen Anspruch nach Absatz 1 nur, wenn er oder sein Elternteil nach Absatz 1 Nr. 2 1. eine Niederlassungserlaubnis besitzt, 2. eine Aufenthaltserlaubnis besitzt, die zur Ausübung einer

Erwerbstätigkeit berechtigt oder berechtigt hat, es sei denn, die Aufenthaltserlaubnis wurde a) nach § 16 oder § 17 des Aufenthaltsgesetzes erteilt, b) nach § 18 Abs. 2 des Aufenthaltsgesetzes erteilt und

die Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit darf nach der Beschäftigungsverordnung nur für einen be-stimmten Höchstzeitraum erteilt werden,

c) nach § 23 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes wegen eines Krieges in seinem Heimatland oder nach den §§ 23a, 24, 25 Abs. 3 bis 5 des Aufenthaltsgesetzes erteilt

oder 3. eine in Nummer 2 Buchstabe c genannte Aufenthaltser-

laubnis besitzt und a) sich seit mindestens drei Jahren rechtmäßig, gestattet

oder geduldet im Bundesgebiet aufhält und b) im Bundesgebiet berechtigt erwerbstätig ist, laufende

Geldleistungen nach dem Dritten Buch Sozialgesetz-buch bezieht oder Elternzeit in Anspruch nimmt.

§ 2 Umfang der Unterhaltsleistung

(1) 1Die Unterhaltsleistung wird vorbehaltlich der Absätze 2 und 3 monatlich in Höhe der für Kinder der ersten und zweiten Altersstufe jeweils geltenden Regelbeträge (§ 1 oder 2 der Regelbetrag-Verordnung) gezahlt. 2Liegen die Voraussetzun-

gen des § 1 Abs. 1 Nr. 1 bis 3, Abs. 2 bis 4 nur für den Teil eines Monats vor, wird die Unterhaltsleistung anteilig gezahlt. (2) 1Wenn der Elternteil, bei dem der Berechtigte lebt, für den Berechtigten Anspruch auf volles Kindergeld nach dem Ein-kommensteuergesetz oder nach dem Bundeskindergeldgesetz in der jeweils geltenden Fassung oder auf eine der in § 65 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes oder § 4 Abs. 1 des Bundeskindergeldgesetzes bezeichneten Leistungen hat, min-dert sich die Unterhaltsleistung um die Hälfte des für ein erstes Kind zu zahlenden Kindergeldes nach § 66 des Einkommens-teuergesetzes oder § 6 des Bundeskindergeldgesetzes. 2Dasselbe gilt, wenn ein Dritter mit Ausnahme des anderen Elternteils diesen Anspruch hat. (3) Auf die sich nach den Absätzen 1 und 2 ergebende Unter-haltsleistung werden folgende in demselben Monat erzielte Einkünfte des Berechtigten angerechnet: 1. Unterhaltszahlungen des Elternteils, bei dem der Berech-

tigte nicht lebt, 2. Waisenbezüge einschließlich entsprechender Schadener-

satzleistungen, die wegen des Todes des in Nummer 1 be-zeichneten Elternteils oder eines Stiefelternteils gezahlt werden.

§ 3 Dauer der Unterhaltsleistung

Die Unterhaltsleistung wird längstens für insgesamt 72 Monate gezahlt.

§ 4 Beschränkte Rückwirkung

Die Unterhaltsleistung wird rückwirkend längstens für den letzten Monat vor dem Monat gezahlt, in dem der Antrag hierauf bei der zuständigen Stelle oder bei einer der in § 16 Abs. 2 Satz 1 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch bezeichne-ten Stellen eingegangen ist; dies gilt nicht, soweit es an zu-mutbaren Bemühungen des Berechtigten gefehlt hat, den in § 1 Abs. 1 Nr. 3 bezeichneten Elternteil zu Unterhaltszahlun-gen zu veranlassen.

§ 5 Ersatz- und Rückzahlungspflicht

(1) Haben die Voraussetzungen für die Zahlung der Unter-haltsleistung in dem Kalendermonat, für den sie gezahlt wor-den ist, nicht oder nicht durchgehend vorgelegen, so hat der Elternteil, bei dem der Berechtigte lebt, oder der gesetzliche Vertreter des Berechtigten den geleisteten Betrag insoweit zu ersetzen, als er 1. die Zahlung der Unterhaltsleistung dadurch herbeigeführt

hat, dass er vorsätzlich oder fahrlässig falsche oder unvoll-ständige Angaben gemacht oder eine Anzeige nach § 6 un-terlassen hat, oder

2. gewusst oder infolge Fahrlässigkeit nicht gewusst hat,

Page 186: Das neue Unterhaltsrecht: Rangfolge, Mindestunterhalt und Anpassung bestehender Unterhaltsregelungen (2008)

Unterhaltsvorschussgesetz 185

dass die Voraussetzungen für die Zahlung der Unterhalts-leistung nicht erfüllt waren.

(2) Haben die Voraussetzungen für die Zahlung der Unter-haltsleistung in dem Kalendermonat, für den sie gezahlt wor-den ist, nicht vorgelegen, weil der Berechtigte nach Stellung des Antrages auf Unterhaltsleistungen Einkommen im Sinne des § 2 Abs. 3 erzielt hat, das bei der Bewilligung der Unter-haltsleistung nicht berücksichtigt worden ist, so hat der Be-rechtigte insoweit den geleisteten Betrag zurückzuzahlen.

§ 6 Auskunfts- und Anzeigepflicht (1) Der Elternteil, bei dem der Berechtigte nicht lebt, ist ver-pflichtet, der zuständigen Stelle auf Verlangen die Auskünfte zu erteilen, die zur Durchführung dieses Gesetzes erforderlich sind. (2) 1Der Arbeitgeber des in Absatz 1 bezeichneten Elternteils ist verpflichtet, der zuständigen Stelle auf Verlangen über die Art und Dauer der Beschäftigung, die Arbeitsstätte und den Arbeitsverdienst des in Absatz 1 bezeichneten Elternteils Auskunft zu geben, soweit die Durchführung dieses Gesetzes es erfordert. 2Versicherungsunternehmen sind auf Verlangen der zuständigen Stellen zu Auskünften über den Wohnort und über die Höhe von Einkünften des in Absatz 1 bezeichneten Elternteils verpflichtet, soweit die Durchführung dieses Geset-zes es erfordert. (3) Die nach den Absätzen 1 und 2 zur Erteilung einer Aus-kunft Verpflichteten können die Auskunft auf solche Fragen verweigern, deren Beantwortung sie selbst oder einen der in § 383 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 der Zivilprozessordnung bezeichneten Angehörigen der Gefahr strafgerichtlicher Verfolgung oder eines Verfahrens nach dem Gesetz über Ordnungswidrigkeiten aussetzen würde. (4) Der Elternteil, bei dem der Berechtigte lebt, und der ge-setzliche Vertreter des Berechtigten sind verpflichtet, der zuständigen Stelle die Änderungen in den Verhältnissen, die für die Leistung erheblich sind oder über die im Zusammen-hang mit der Leistung Erklärungen abgegeben worden sind, unverzüglich mitzuteilen. (5) Die nach § 69 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch zur Auskunft befugten Sozialleistungsträger und anderen Stellen sind verpflichtet, der zuständigen Stelle auf Verlangen Aus-künfte über den Wohnort und die Höhe der Einkünfte des in Absatz 1 bezeichneten Elternteils zu erteilen, soweit die Durchführung dieses Gesetzes es erfordert.

§ 7 Übergang von Ansprüchen des Berechtig-ten

(1) 1Hat der Berechtigte für die Zeit, für die ihm die Unter-haltsleistung nach diesem Gesetz gezahlt wird, einen Unter-haltsanspruch gegen den Elternteil, bei dem er nicht lebt, oder einen Anspruch auf eine sonstige Leistung, die bei rechtzeiti-ger Gewährung nach § 2 Abs. 3 als Einkommen anzurechnen wäre, so geht dieser Anspruch in Höhe der Unterhaltsleistung nach diesem Gesetz zusammen mit dem unterhaltsrechtlichen Auskunftsanspruch auf das Land über. 2Satz 1 gilt nicht, so-weit ein Erstattungsanspruch nach den §§ 102 bis 105 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch besteht. (2) Für die Vergangenheit kann der in Absatz 1 bezeichnete Elternteil nur von dem Zeitpunkt an in Anspruch genommen werden, in dem 1. die Voraussetzungen des § 1613 des Bürgerlichen Gesetz-

buchs vorgelegen haben oder 2. der in Absatz 1 bezeichnete Elternteil von dem Antrag auf

Unterhaltsleistung Kenntnis erhalten hat und er darüber belehrt worden ist, dass er für den geleisteten Unterhalt

nach diesem Gesetz in Anspruch genommen werden kann. (3) 1Ansprüche nach Absatz 1 sind rechtzeitig und vollständig nach den Bestimmungen des Haushaltsrechts durchzusetzen. 2Der Übergang eines Unterhaltsanspruchs kann nicht zum Nachteil des Unterhaltsberechtigten geltend gemacht werden, soweit dieser für eine spätere Zeit, für die er keine Unterhalts-leistung nach diesem Gesetz erhalten hat oder erhält, Unterhalt von dem Unterhaltspflichtigen verlangt. (4) 1Wenn die Unterhaltsleistung voraussichtlich auf längere Zeit gewährt werden muss, kann das Land bis zur Höhe der bisherigen monatlichen Aufwendungen auch auf künftige Leistungen klagen. 2Das Land kann den auf ihn übergegange-nen Unterhaltsanspruch im Einvernehmen mit dem Unterhalts-leistungsempfänger auf diesen zur gerichtlichen Geltendma-chung rückübertragen und sich den geltend gemachten Unter-haltsanspruch abtreten lassen. 3Kosten, mit denen der Unter-haltsleistungsempfänger dadurch selbst belastet wird, sind zu übernehmen.

§ 8 Aufbringung der Mittel (1) 1Geldleistungen, die nach dem Gesetz zu zahlen sind, werden zu einem Drittel vom Bund, im Übrigen von den Ländern getragen. 2Eine angemessene Aufteilung der nicht vom Bund zu zahlenden Geldleistungen auf Länder und Ge-meinden liegt in der Befugnis der Länder. (2) Die nach § 7 eingezogenen Beträge führen die Länder zu einem Drittel an den Bund ab.

§ 9 Verfahren und Zahlungsweise

(1) 1Über die Zahlung der Unterhaltsleistung wird auf schrift-lichen Antrag des Elternteils, bei dem der Berechtigte lebt, oder des gesetzlichen Vertreters des Berechtigten entschieden. 2Der Antrag soll an die durch Landesrecht bestimmte Stelle, in deren Bezirk der Berechtigte seinen Wohnsitz hat (zuständige Stelle), gerichtet werden. (2) 1Die Entscheidung ist dem Antragsteller schriftlich mitzu-teilen. 2In dem Bescheid sind die nach § 2 Abs. 2 und 3 ange-rechneten Beträge anzugeben. (3) 1Die Unterhaltsleistung ist monatlich im Voraus zu zahlen. 2Auszuzahlende Beträge sind auf volle Euro aufzurunden. 3Beträge unter 5 Euro werden nicht geleistet.

§ 10 Bußgeldvorschriften

(1) Ordnungswidrig handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig 1. entgegen § 6 Abs. 1 oder 2 auf Verlangen eine Auskunft

nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht innerhalb der von der zuständigen Stelle gesetzten Frist erteilt oder

2. entgegen § 6 Abs. 4 eine Änderung in den dort bezeichne-ten Verhältnissen nicht richtig, nicht vollständig oder nicht unverzüglich mitteilt.

(2) Die Ordnungswidrigkeit kann mit einer Geldbuße geahndet werden. (3) Verwaltungsbehörde im Sinne des § 36 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten ist die durch Landesrecht bestimmte Stelle.

§ 11 Übergangsvorschrift

1§ 1 Abs. 2a in der am 19. Dezember 2006 geltenden Fassung ist in Fällen, in denen die Entscheidung über den Anspruch auf Unterhaltsvorschuss für Monate in dem Zeitraum zwischen dem 1. Januar 1994 und dem 18. Dezember 2006 noch nicht

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186 Normen

bestandskräftig geworden ist, anzuwenden, wenn dies für den Antragsteller günstiger ist. 2In diesem Fall werden die Aufent-haltsgenehmigungen nach dem Ausländergesetz den Aufent-haltstiteln nach dem Aufenthaltsgesetz entsprechend den Fortgeltungsregelungen in § 101 des Aufenthaltsgesetzes gleichgestellt.

§ 12 (weggefallen)

§ 12a (gegenstandslos)

§ 13 (Inkrafttreten)

Page 188: Das neue Unterhaltsrecht: Rangfolge, Mindestunterhalt und Anpassung bestehender Unterhaltsregelungen (2008)

Gesetz zur Vereinheitlichung des Unterhaltsrechts minderjähriger Kinder 187

5 Gesetz zur Vereinheitlichung des Unterhaltsrechts

minderjähriger Kinder

Vom 06. April 1998 (BGBl. I 1998, S. 666); Zuletzt geändert durch Gesetz zur Einführung des Euro in Rechtspflegegesetzen und in Gesetzen des Straf- und Ordnungswidrigkeitenrechts, zur Änderung der Mahnvordruckverordnungen sowie zur Änderung weiterer Gesetze vom 13. Dezember 2001 (BGBl. I 2001, S. 3574)

Artikel 1 Änderung des Bürgerlichen Ge-setzbuchs (Änderungsbestimmungen)

Artikel 2 Regelbetrag-Verordnung (Änderungsbestimmungen)

Artikel 3 Änderung der Zivilprozeßordnung

(Änderungsbestimmungen)

Artikel 4 Änderung sonstiger Rechtsvor-schriften

(Änderungsbestimmungen)

§§ 1 - 4 Artikel 5 Übergangsvorschriften

§ 1 Geltung des § 1612a Abs. 4 1Bei Anwendung von § 1612a Abs. 4 Satz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ist bis zur Herstellung einheitlicher Einkom-mensverhältnisse im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland (§ 1 Abs. 4 des Versorgungsausgleichs-Überleitungsgesetzes) von den für dieses Gebiet nach dem Stand bis zum 3. Oktober 1990 ermittelten Werten der Volkswirtschaftlichen Gesamt-rechnung auszugehen. 2In dem in Artikel 3 des Einigungsver-trages genannten Gebiet gilt § 1612a Abs. 4 und 5 des Bürger-lichen Gesetzbuchs bis zu dem Zeitpunkt, in dem die neuen Regelbeträge die für das Gebiet der Bundesrepublik Deutsch-land nach dem Stand bis zum 3. Oktober 1990 festgestellten Regelbeträge übersteigen würden, mit der Maßgabe, dass von den für dieses Gebiet ermittelten Werten ausgegangen wird. 3Ab diesem Zeitpunkt gelten die Regelbeträge nach § 1 der Regelbetrag-Verordnung auch in dem in Artikel 3 des Eini-gungsvertrages genannten Gebiet.

§ 2 Regelung für anhängige Verfahren (1) Für anhängige Verfahren, die die gesetzliche Unterhalts-pflicht eines Elternteils oder beider Elternteile gegenüber einem minderjährigen Kind betreffen, gilt folgendes:

1. Das vor dem 1. Juli 1998 geltende Verfahrensrecht bleibt maßgebend, soweit die Nummern 2 und 3 nichts Abwei-chendes bestimmen.

2. Eine vor dem 1. Juli 1998 geschlossene mündliche Ver-handlung ist auf Antrag wieder zu eröffnen.

3. In einem Vereinfachten Verfahren zur Abänderung von Unterhaltstiteln und in einem Verfahren zur Festsetzung

oder Neufestsetzung von Regelunterhalt (§§ 641l bis 641t, 642a, 642b der Zivilprozeßordnung in der vor dem 1. Juli 1998 geltenden Fassung) kann ein Antrag nach § 3 gestellt werden, über den gleichzeitig oder im Anschluß an die Entscheidung über den das Verfahren einleitenden Antrag entschieden wird.

(2) Verfahren im Sinne des Absatzes 1 stehen die folgenden ab dem 1. Juli 1998 anhängig werdenden Verfahren gleich:

1. Abänderungsklagen nach den §§ 641q und 643a der Zi-vilprozeßordnung in der vor dem 1. Juli 1998 geltenden Fassung, die nach diesem Zeitpunkt, aber vor Ablauf der nach diesen Vorschriften maßgebenden Fristen anhängig werden;

2. Vereinfachte Verfahren zur Abänderung von Unterhaltsti-teln und Verfahren zur Festsetzung oder Neufestsetzung von Regelunterhalt (§§ 641l bis 641t, 642a, 642b der Zi-vilprozeßordnung in der vor dem 1. Juli 1998 geltenden Fassung), in denen eine Anpassung, Festsetzung oder Neufestsetzung auf Grund einer Rechtsverordnung nach den §§ 1612a und 1615f des Bürgerlichen Gesetzbuchs oder Artikel 234 §§ 8 und 9 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche in der vor dem 1. Juli 1998 gel-tenden Fassung begehrt wird.

§ 3 Abänderung von Unterhaltstiteln (1) 1Urteile, Beschlüsse und andere Schuldtitel im Sinne des § 794 der Zivilprozeßordnung, in denen Unterhaltsleistungen für ein minderjähriges Kind nach dem vor dem 1. Juli 1998 gel-tenden Recht zuerkannt, festgesetzt oder übernommen sind, können auf Antrag für die Zeit nach der Antragstellung in einem vereinfachten Verfahren durch Beschluß dahin abgeän-dert werden, daß die Unterhaltsrente in Vomhundertsätzen der nach den §§ 1 und 2 der Regelbetrag-Verordnung in der Fas-sung des Artikels 2 dieses Gesetzes am 1.Juli 1998 geltenden Regelbeträge der einzelnen Altersstufen festgesetzt wird. 2§ 1612a des Bürgerlichen Gesetzbuchs gilt entsprechend. 3Für die Festsetzung ist die bisherige Unterhaltsrente um angerech-nete Leistungen im Sinne der §§ 1612b, 1612c des Bürgerli-chen Gesetzbuchs in der Fassung des Artikels 1 Nr. 11 dieses Gesetzes zu erhöhen. 4Der Betrag der anzurechnenden Leis-tungen ist in dem Beschluß festzulegen. 5Seine Hinzurechnung und Festlegung unterbleiben, wenn sich aus dem abzuändern-den Titel nicht ergibt, in welcher Höhe die Leistungen bei der Bemessung des Unterhalts angerechnet worden sind. (2)[1] Auf das Verfahren sind die §§ 642, 646 bis 648 Abs. 1 und 3, die §§ 649, 652, 654, 657 bis 660 und 794 Abs. 1 Nr. 2a und die §§ 798 und 798a der Zivilprozeßordnung in der Fas-sung des Artikels 3 dieses Gesetzes entsprechend anzuwenden mit der Maßgabe, daß

1. in dem Antrag zu erklären ist, ob ein Verfahren der in § 2 dieses Artikels bezeichneten Art anhängig ist;

2. das Gericht, wenn ein solches Verfahren gleichzeitig an-hängig ist, bis zu dessen Erledigung das Verfahren über den Antrag nach Absatz 1 aussetzen kann.

Page 189: Das neue Unterhaltsrecht: Rangfolge, Mindestunterhalt und Anpassung bestehender Unterhaltsregelungen (2008)

188 Normen

§ 4 Gebühren

(1) Für das gerichtliche Verfahren nach § 3 wird eine Gebühr von 10 Euro, für das Verfahren über die sofortige Beschwerde eine Gebühr von 25 Euro erhoben. (2) Der Rechtsanwalt erhält fünf Zehntel der vollen Gebühr.

Artikel 6 Aufhebung von Rechtsvorschriften

Es werden aufgehoben:

1. die Regelunterhalt-Verordnung vorn 27. Juni 1970 (BGBl. I S. 1010), zuletzt geändert durch Artikel 21 des Gesetzes vom 16. Dezember 1997 (BGBl. I S. 2998);

2. Artikel 5 § 1 des Gesetzes zur vereinfachten Abänderung von Unterhaltsrenten vom 29. Juli 1976 (BGBl. I S. 2029, 3314);

3. die Anpassungsverordnung 1977 vom 22. Juni 1977 (BGBl. I S. 977);

4. die Verordnung zur Einführung von Vordrucken für das Vereinfachte Verfahren zur Abänderung von Unterhaltsti-teln vom 24. Juni 1977 (BGBl. I S. 978), zuletzt geändert durch Artikel 7 des Gesetzes vom 16. Dezember 1997 (BGBl. I S. 2942);

5. die Anpassungsverordnung 1979 vom 28. September 1979 (BGBl. I S. 1603);

6. die Anpassungsverordnung 1981 vom 10. August 1981 (BGBl. I S. 835);

7. die Anpassungsverordnung 1984 vom 26. Juli 1984 (BGBl. I S. 1035);

8. die Anpassungsverordnung 1988 vom 21. Juli 1988 (BGBl. I S. 1082);

9. die Anpassungsverordnung 1992 vom 19. März 1992 (BGBl. I S. 535);

10. die Anpassungsverordnung 1995 vom 25. September 1995 (BGBl. I S. 1190);

11. die Verordnung zur Festsetzung des Regelbedarfs in dem in Artikel 3 des Einigungsvertrages genannten Gebiet vom 25. September 1995 (BGBl. I S. 1190).

Artikel 7 Rückkehr zum einheitlichen Ver-ordnungsrang Die auf Artikel 2 beruhende Regelbetrag-Verordnung kann auf Grund der Ermächtigung des § 1612a Abs. 4 Satz 3 des Bür-gerlichen Gesetzbuchs, der durch Artikel 1 Nr. 10 dieses Gesetzes neu gefaßt worden ist, und des Artikels 5 § 1 dieses Gesetzes durch Rechtsverordnung geändert werden.

Artikel 8 Inkrafttreten, Außerkrafttreten

(1) 1Die §§ 659 und 660 der Zivilprozeßordnung in der Fas-sung des Artikels 3 Nr. 9 und Artikel 5 § 3 Abs. 2 dieses Gesetzes treten am Tage nach der Verkündung in Kraft[1]. 2Im übrigen tritt dieses Gesetz am 1. Juli 1998 in Kraft. (2) § 20 Nr. 10 Buchstabe c des Rechtspflegergesetzes in der Fassung des Artikels 4 Abs. 3 Nr. 1 und Artikel 5 §§ 2, 3 und 4 dieses Gesetzes treten am 1. Juli 2003 außer Kraft.

Page 190: Das neue Unterhaltsrecht: Rangfolge, Mindestunterhalt und Anpassung bestehender Unterhaltsregelungen (2008)

Stichwortverzeichnis

A

Auslandskostenverordnung

B

D

E

G

Gerichtskostengesetz

K

Kindesunterhalt 14, 20 Art der Unterhaltsgewährung 20 Mindestunterhalt minderjähriger Kinder

Kostenordnung

L

M

N

R

U

Unterhalt

Beschränkung oder Versagung wegen

Herabsetzung und zeitliche Begrenzung

wegen Erwerbslosigkeit und

Wiederaufleben des Unterhaltsanspruchs

Z

Angemessene Erwerbstätigkeit 15

Anlage 2 18

Barbedarf 13, 26 Bedürftigkeit 53

Nachpartnerschaftlicher Unterhalt 66

Mindestunterhalt 13, 21

Nacheheliche Eigenverantwortung 12

Lebenspartnerschaftsunterhalt 68 Lebenspartnerschaftsgesetz 16

Düsseldorfer Tabelle 21, 22, 28, 31, 33, 64, 94, 96

EGZPO § 36 18, 74

Eigenverantwortung 12, 14, 48, 52, 55, 62 Erwerbstätigkeit 52

angemessene Erwerbstätigkeit 52

81, 85, 86

§ 42 18, 82 Güterstand 63

21 Kindeswohl 12, 40, 50, 51

§ 24 18, 83

Regelbetrag-Verordnung 8, 13, 16, 17, 18,

Unbilligkeit 15, 54 grobe Unbilligkeit 15, 57

Art der Unterhaltsgewährung 19

bei Getrenntleben von Lebenspartnern 68

grober Unbilligkeit 15, 57 für die Vergangenheit 61

wegen Unbilligkeit 15, 54 Maß 54 nach der Ehescheidung 14, 48 Nachpartnerschaftlicher Unterhalt 66 Vereinbarungen 16, 61 wegen Betreuung eines Kindes 15, 49

Aufstockungsunterhalt 51

62

Zivilprozessordnung 17, 69

Betreuung 15

Berliner Tabelle 22, 28, 32, 36, 39, 64, 92, 93 94

Existenzminimum 13, 21, 22, 23, 24, 33, 57,

Kindergeld 13, 26

bei Getrenntleben 47

21, 22, 23, 24, 25, 27, 32, 39, 66, 69, 70, 72, 74, 77, 80, 84

Rangfolge 14, 34

81Kinderfreibetrag 8, 13, 21, 23, 24, 33, 34, 80,

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