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5. NOVEMBER z932 KLINISCHE WOCHENSCHRIFT. ii. JAHRGANG. Nr. 45 I873 w~Lhrend das entsprechende Produkt yon BOEHRtNGER, Ingel- helm, dem 0riginalprodukt ,,Diuretin" gleichwertig war. Die Zerfallbarkeit der Tabletten war bei je e~nem Produkt yon Acetylsalieyls~ure, Di~thylbarbitursiiure, Theobromino- natrium salicylicum, ,,MagnaI", sowie bei ,,Togat" unbe~riedi- gend. Auffallend zurfick btieb sie such bei den mit Kakao- pulver bereiteten Veronaltabletten. IV. Aus den Ergebnissen ist eine klare und einfache SchluB- folgerung zu ziehen: Es gibt durchaus vollwertige Er.satz- prdparate, und es gibt durchaus minderwertige. Unrichtig ist also wohl die Auffassung, die aus STaAUBS Ausffihrungen herausgelesen werden k6nnte, dab n~mlich die Ersatzprgparate in der Regel keinen Vergleich mit den Originalprodukten aua- hielten. Ebenso fatsch abet ist die in der Praxis der Kranken- kassen so oft rein schematisch verfolgte Tendenz, regelm~il3ig jedes wortgeschfitzte Originalpr~iparat durch irgendein anderes, nur naeh seinem Preise bewertetes Produkt zu ersetzen, dessen Deklaration man ohne Nachprtifung gutwillig hinnimmt. Vielmehr ist yon t'alt zu Fall zu entscheiden, und such hier macht sich das schon so oft er6rterte Bedtirfnis nach amttichen Prfifungs!aboratorien wieder geltend. Literatur: ~ "vV. STRAUB, Mt~nch. reed. %Vschr. 193I, I619. -- VgI. anch STI~AUB a. a. O. -- HAGENS, zit. nach JAeoBSOltN, Pharmazeut. Ztg 1932, 6o9. ~- ~ z. ]B. yon STRAUB a. a. O.; ferner Pharmazeut. Ztg 1931, 212 u. a. m. -- ~ Apotheker-Ztg I932, lO19, lO89. -- s Bull. Soc. Chim. France 41 , 1518; 43, 2tL lO27 (1927/28). DAS VERHALTEN DES BLUTDRUCKS BEI DER ENCEPHALOGRAPHIE. Voi1 Dr. ALB. MEYER. Aus der Abte~lungund Poliklinik flit Nervenkranke Sandhof (Direktor: Prof. G. L. DREYFUS) des St~dtischen Krankenhauses SaehsenhausenFrankfurt a. ~. Experimentelle Untersuchungen zur Lokalisation der die vegetativen Funktionen beherrschenden Zentren wurden seit der berfihmten Entdeckung CLAUDE-BxRNARDS um die Mitre des vorigen Jahrhunderts in groBer Anzahl ausgeffihrt, die IvIethodik wurde verfeinert und vervollkommnet. Die Claude-Bernardschen Ergebnisse wurden tells best~tigt, teil- weise waren die Ergebnisse abweichend. So haben HILLER und TANNENBAU~ kfirzlich zeigen k6nnen, dab das Zentrum ffir den Zuckerstoffwechsei nicht in der Medulla oblongata liegt, sondern dab bei der Piqfire lediglich Bahnen getroffen werden, die ihren Ausgang vom H6hlengrau des 3. Ven- trikels nehmen. Experimentelle Beeinflussungen erfolgten fiber verschiedene afferente Bahnen, sieher der Schmerz- und vestibul~iren Bahn. ,,Alle diese Zentren haben ein fiber- geordnetes Zentrum im H6hlengrau des 3. Ventrikels, Ifir das das ganze fibrige Gehirn ,Peripherie' ist, auch die Medulla oblongata." Alle diese Untersuchungen ftihrten aber nicht nur zur Entdeckung sog. Stoffwechselzentren, sondern such yon Orten, die eine Blutdruclccegulation annehmen lassen. Der bisher allgemeinen Annahme eines solchen Zentrums in der Medulla oblongata stehen neuere Anschauungen japani- scher Untersucher gegenfiber. SHINOZAKI, INADA, IDO, NtKI und SA~:URAI reiz{en oder zerst6rten elektrisch oder mecha- nisch mit dem yon SHINOZAKI verbesserten Ctarekschen Stereoencephalometer mit oder ohne Narkose das Tuber einereum. Der Blutdruek stieg im allgemeinen durch den Reiz des Induktionsstroms, sank abet dutch den Reiz ge- wisser Stellen der zentralen Partie. ~Vir glaubten hierauf wegen unserer unten beschriebenen Feststellungen bei der Encephalographie, deren teilweise Deutung wir versuchen m6chten, schon jetzt in aller I~firze hinweisen zu mtissen. Ver~Lnderungen im vegetativen Verhalten wurden nicht nur durch direkte Reizapplikation auf verschiedene Teile / des Gehlrns gefunden, sondern auch indirekte Reize batten unter Umst~inden den gleichen oder einen ~ihnlichen Erfolg. MADER beschrieb 1928 und erst kfirztich in dieser Wschr. Klinische Wochenschrift, it, Jahrg. den endolumbalen Zucker- und W'~irmesfich, bei dem dutch intralumbale Injektion yon Serum oder Ringer15sung oder dutch Lufteinblasung Erh6hullg des Blutzuckerspiegels und der Temperatur eintrat, t31utzueker und Temperaturerh6hung waren abh~ingig yon den durch den Luft-Liquoraustausch ge- setzen Reiz und waren jeweils im Verlaufe yon 24 Stunden abgeklungen. Auf Grund seiner Becbachtungen nimmt MADZR an, dab auf dem Liquorwege dutch mechanische oder chemische Reize eine Erregung zentraler, den Stoffwechset regulierender Bezirke stattfindet und dab seine Befunde die Annahme eines der Stoffwechselregutation fibergeordneten Zentrums im ZwJschenhirn gestattet. Wir haben uns bei einer AnzahI von F~lten der einfachen Methode der Reizapplikation in Form der diagnostischen und therapeutischen Encephalographie bedient, um festzustellen, ob dutch diese eine Reaktion yon dell .Blutdruck beeinflussenden Bezirken im Gehirn entsteht, ferner um zu beobachten, wie sich der Ablauf der Reakticn in verschiedenen FMlen verhXlt. Bei Durehsicht der Literatur der letzten io Jahre haben wir keine Ver6ffentlichung ~hnlicher Be- obachtungen gefunden. Wit konnten unsere Ulltersnchungen wegen der Eindeutigkeit des Verhaltens a.uf eine geringe Anzahl yon II F~llen beschr~inken. AIIe zeigten in den wesentlichen. Tatsachen das gleiche Verhalten. Bei einem Fall eines Zustandes nach linksseitiger Apoplexie bestand primer eine labile Hypertonie (bis 16o--95 mm Hg). AIle iibrigen waren bei kliniscl~er Beobach- tung kreislaufgesunde Miinner und Frauen im Alter yon 22--63 Jah- ren, bei dellen die Encephalographie lumbal cder occipital entweder aus diagnostischen oder therapeutischen Gri~nden durchgefahrt wurde. Wir gingen, wie fiblich, so vor, dab wir je IO ccm oder wenig mehr spinaten oder cisterllMen Liquor dutch IO ecru Lnft nnter Iangsamem Druck ersetztell. ~Vir kollllten dabei beobachtell, dab allein dutch den Einstich der Nadel und durch das Ablassen des Liquors eine -- wenn auch nut sehr unwesentliche -- Steigerung des maximalen und millimaten Blutdruckes eintritt, die abet im VergIeich zu der durch die Lufteinblasung bedingten minimal ist. Eine kurze Blutdrucksteigerung bei der Lum~balpunktion sahen auch TAMURA und OnE. Nach ihnen bewirkt aber die eigentliche Entnahme kleiner Liquormengen vorfibergehende Liquor- ulld Blutdr acksenkungen. Das Steigen des Blutdrueks beginnt bereits naeh Ein- blasung der ersten io ccm Luft. Bei kurvenm~iBiger Dar- stellung des Verlaufes yon Anstieg und Abfall sehen wit ferner, dab die Kurve einen treppenfSrmigen oder ziemlich kon- tinuierlichen Verlauf zeigt. Die Steigerung ist in den meisten F~illen abh~.ngig yon der Menge der zugefiihrten Luft, und macht mit dem Abbrechen der Encephatographie einem Abfall Platz. Nur in 2 Ffillen sank der Blutdruck sehon w~hrend der Encephatographie /angsam ab. Die yon uns beobachteten Blutdruckanstiege betrugen systolisch bei den Einzelf~llen minimal 25 mm Hg, maximal ioo mm Hg. Dagegen treten die diastolischen Anstiege an Bedeutung zurfick (entsprechend 15 und 5o mm Hg). Stets wurden auf der H6he der Kurve kleinere Schwan- kungen beobachtet, die nie mehr als I0 mm Hg betrugen. Kollapszust~inde pr~igten sich in einem schtagartigen Sinken yon maximaler und minimaler BlutdruckhShe aus. Stets waren solche Stfirze passagerer Natur, und der ]31ut- druck konnte sich bald wieder den durch die Luftffillung entstandenen erh6hten Werten angIeichen. Die Dauer der Reaktion war sehr verschieden. Bei fortlaufenden Messungen Ianden wit Riickkehr zur Norm nach I1/~ bis zu 36 Stunden. Abb. i und 2 stellen Prototype des Verlanfes der B1utdruck- steigerung bei Ellc. dar. Abb. I stammt yon einer 22j~hr. Pat. mit genuiner Epilepsie nnd "~chweren innersekretorischen St6rnngen (Fettleibigkeit, Amenorrh6e, Grundumsatzerniedrigung). Das Ence- phalogramm ist normal. Die Blutdrucksteigerung ist, was Intensit~it und zeitlichen Verlauf anbetrifft, aus der Kurve zu ersehen. Rack- kehr des Blutdrucks zur Norm nach 8 Stunden. Abb. 2 wurde yon einer 62j~hr. Frau mit seniler Demenz ge- wollnen, bei der die Enc. eine erhebliehe Verbreiterung und Yer- tiefung der subarachnoidealen R~ume ergab. Dabei war es zu einer r6ntgenologisch nachweisbaren Fflllung der Ventrikel nicht ge- kommen. Der Blutdruckanstieg beginnt aknt kurz nach beendigter Eillblasung der ersten io cem Luft, der Blntdruekallstieg ist er- heblich (ioo nnd 35 mm Hg), erreicht seinell Gipfel auf dem H6he- punkt der Lufteinblasung, um anschliegend schneI1 und kontinuier- lieh abzufallen. Die Rflckkehr zur Norm ist nach etwa 36 Stunden erreicht. 134

Das Verhalten des Blutdrucks bei der Encephalographie

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5. NOVEMBER z932 K L I N I S C H E W O C H E N S C H R I F T . i i . J A H R G A N G . N r . 45 I 8 7 3

w~Lhrend da s e n t s p r e c h e n d e P r o d u k t yon BOEHRtNGER, Inge l - he lm, d e m 0 r i g i n a l p r o d u k t , ,Diuretin" gle ichwer t ig war .

Die Ze r f a l l ba r ke i t der T a b l e t t e n w a r bei je e~nem P r o d u k t y o n Ace ty l sa l iey l s~ure , D i ~ t h y l b a r b i t u r s i i u r e , T h e o b r o m i n o - n a t r i u m sa l icy l icum, , ,MagnaI" , sowie bei , ,Toga t" unbe~riedi- gend. Auf fa l l end zurf ick b t ieb sie s u c h bei d e n m i t K a k a o - pu lve r b e r e i t e t e n V e r o n a l t a b l e t t e n .

IV.

Aus d e n E r g e b n i s s e n i s t e ine k la re u n d e in fache SchluB- fo lge rung zu z i ehen : Es gibt durchaus vollwertige Er.satz- prdparate, und es gibt durchaus minderwertige. U n r i c h t i g i s t also wohl die Auf fassung , die aus STaAUBS Aus f f i h rungen h e r a u s g e l e s e n w e r d e n k6nn t e , d a b n~m l i ch die E r s a t z p r g p a r a t e i n de r Rege l k e i n e n Verg le ich m i t d e n O r i g i n a l p r o d u k t e n aua- h ie l t en . E b e n s o fa t sch a b e t i s t die in der P r a x i s de r K r a n k e n - k a s s e n so of t re in s c h e m a t i s c h ve r fo lg te Tendenz , regelm~il3ig jedes wor tgesch f i t z t e Or ig ina lpr~ipara t d u r c h irgendein anderes , n u r n a e h se inem Pre i se b e w e r t e t e s P r o d u k t zu erse tzen, dessen D e k l a r a t i o n m a n o h n e N a c h p r t i f u n g gutwi l l ig h i n n i m m t .

V i e l m e h r i s t yon t 'alt zu Fall zu en t sche iden , u n d s u c h h ie r m a c h t s ich das s chon so of t e r6 r t e r t e Bedt i r fn is n a c h a m t t i c h e n P r f i f u n g s ! a b o r a t o r i e n wieder ge l tend.

L i t e r a t u r : ~ "vV. STRAUB, Mt~nch. reed. %Vschr. 193I, I619. - - VgI. anch STI~AUB a. a. O. - - HAGENS, zit. nach JAeoBSOltN,

Pharmazeut . Ztg 1932, 6o9. ~- ~ z. ]B. yon STRAUB a. a. O.; ferner Pharmazeut . Ztg 1931, 212 u. a. m. -- ~ Apotheker-Ztg I932, lO19, lO89. -- s Bull. Soc. Chim. France 41 , 1518; 43, 2 tL lO27 (1927/28).

DAS V E R H A L T E N DES BLUTDRUCKS BEI D E R ENCEPHALOGRAPHIE.

Voi1

Dr . ALB. MEYER. Aus der Abte~lung und Poliklinik flit Nervenkranke Sandhof (Direktor: Prof. G. L.

DREYFUS) des St~dtischen Krankenhauses Saehsenhausen Frankfurt a. ~.

E x p e r i m e n t e l l e U n t e r s u c h u n g e n zur L o k a l i s a t i o n de r die v e g e t a t i v e n F u n k t i o n e n b e h e r r s c h e n d e n Z e n t r e n w u r d e n sei t de r b e r f i h m t e n E n t d e c k u n g CLAUDE-BxRNARDS u m die M i t r e des v o r i g e n J a h r h u n d e r t s in groBer A n z a h l ausgeff ihr t , die IvIethodik w u r d e v e r f e i n e r t u n d v e r v o l l k o m m n e t . Die C l a u d e - B e r n a r d s c h e n E r g e b n i s s e w u r d e n tel ls bes t~ t ig t , tei l-

w e i s e w a r e n die E r g e b n i s s e abwe ichend . So h a b e n HILLER und TANNENBAU~ kf i rz l ich ze igen k 6 n n e n , d a b da s Z e n t r u m ffir d e n Zucker s to f fwechse i n i c h t in de r Medu l l a o b l o n g a t a l iegt , s o n d e r n d a b bei de r Piqf i re ledigl ich B a h n e n ge t rof fen werden , die i h r e n A u s g a n g v o m H 6 h l e n g r a u des 3. Ven- t r ike ls n e h m e n . E x p e r i m e n t e l l e B e e i n f l u s s u n g e n e r fo lg ten f iber v e r s c h i e d e n e a f f e ren te B a h n e n , s ieher der Schmerz - u n d ves t ibul~i ren B a h n . , ,Alle diese Z e n t r e n h a b e n e in f iber- geo rdne t e s Z e n t r u m i m H 6 h l e n g r a u des 3. Ven t r ike l s , Ifir das das ganze fibrige G e h i r n ,Pe r iphe r i e ' ist, a u c h die Medul la o b l o n g a t a . " Alle diese U n t e r s u c h u n g e n f t i h r t en abe r n i c h t n u r zu r E n t d e c k u n g sog. S to f fwechse lzen t ren , s o n d e r n s u c h y o n Or ten , die e ine B lu td ruc lccegu la t ion a n n e h m e n lassen. D e r b i s h e r a l l gem e i nen A n n a h m e eines so lchen Z e n t r u m s in de r Medul la o b l o n g a t a s t e h e n neuere A n s c h a u u n g e n j apan i - sche r U n t e r s u c h e r gegenfiber . SHINOZAKI, INADA, IDO, NtKI u n d SA~:URAI re iz{en oder z e r s t 6 r t e n e l ek t r i s ch oder m e c h a - n i sch m i t d e m y o n SHINOZAKI v e r b e s s e r t e n C ta rekschen S t e r e o e n c e p h a l o m e t e r m i t oder o h n e N a r kose das T u b e r e ine reum. Der B l u t d r u e k s t ieg im a l l gem e i nen d u r c h den Re iz des I n d u k t i o n s s t r o m s , s a n k a b e t d u t c h d e n Re iz ge- wisser S te l l en de r z e n t r a l e n Pa r t i e . ~Vir g l a u b t e n h i e r a u f wegen unse re r u n t e n b e s c h r i e b e n e n F e s t s t e l l u n g e n bei der E n c e p h a l o g r a p h i e , d e r e n te i lweise D e u t u n g wir v e r s u c h e n m 6 c h t e n , s chon j e t z t in a l ler I~firze h i n w e i s e n zu mtissen.

Ver~Lnderungen i m v e g e t a t i v e n V e r h a l t e n w u r d e n n i c h t n u r d u r c h d i r e k t e R e i z a p p l i k a t i o n au f v e r s c h i e d e n e Teile

�9 / des Geh l rns gefunden , s o n d e r n a u c h i n d i r e k t e Reize b a t t e n u n t e r Umst~ inden den g le ichen oder e inen ~ihnlichen Erfolg. MADER b e s c h r i e b 1928 u n d e r s t kf irzt ich in d ieser W s c h r .

K l i n i s c h e W o c h e n s c h r i f t , i t , J a h r g .

d e n e n d o l u m b a l e n Zucker - u n d W'~irmesfich, be i d e m d u t c h i n t r a l u m b a l e I n j e k t i o n y o n S e r u m oder Ringer15sung oder d u t c h L u f t e i n b l a s u n g E r h 6 h u l l g des Blu tzuckersp iege l s u n d der T e m p e r a t u r e in t r a t , t31utzueker u n d T e m p e r a t u r e r h 6 h u n g w a r e n abh~ingig y o n d e n d u r c h d e n L u f t - L i q u o r a u s t a u s c h ge- s e t zen Reiz und w a r e n jeweils i m Ver lau fe y o n 24 S t u n d e n abgek lungen . Auf G r u n d se iner B e c b a c h t u n g e n n i m m t MADZR an, d a b auf d e m L iquorwege d u t c h m e c h a n i s c h e oder c h e m i s c h e Reize e ine E r r e g u n g zen t ra le r , d e n S tof fwechse t r egu l i e render Bez i rke s t a t t f i n d e t u n d d a b seine B e f u n d e die A n n a h m e e i n e s de r S to f fwechse l regu ta t ion f i be rgeo rdne t en Z e n t r u m s i m ZwJschenh i rn g e s t a t t e t .

Wir haben uns bei einer AnzahI von F~lten der einfachen Methode der Reizapplikation in Form der diagnostischen und therapeut ischen Encephalographie bedient, u m festzustellen, ob dutch diese eine Reaktion yon dell .Blutdruck beeinflussenden Bezirken im Gehirn entsteht , ferner um zu beobachten, wie sich der Ablauf der Reakt icn in verschiedenen FMlen verhXlt. Bei Durehsicht der Li tera tur der letzten io Jahre haben wir keine Ver6ffentlichung ~hnlicher Be- obachtungen gefunden. Wi t konnten unsere Ull tersnchungen wegen der Eindeutigkeit des Verhaltens a.uf eine geringe Anzahl yon I I F~llen beschr~inken. AIIe zeigten in den wesentl ichen. Tatsachen das gleiche Verhalten. Bei einem Fall eines Zustandes nach linksseitiger Apoplexie bestand pr imer eine labile Hypertonie (bis 16o--95 mm Hg). AIle iibrigen waren bei kliniscl~er Beobach- tung kreislaufgesunde Miinner und Frauen im Alter yon 22--63 Jah- ren, bei dellen die Encephalographie lumbal cder occipital entweder aus diagnostischen oder therapeutischen Gri~nden durchgefahr t wurde. Wir gingen, wie fiblich, so vor, dab wir je IO ccm oder wenig mehr spinaten oder cisterllMen Liquor du tch IO ecru Lnft nn te r Iangsamem Druck ersetztell. ~Vir kollllten dabei beobachtell, dab allein du tch den Einst ich der Nadel und durch das Ablassen des Liquors eine -- wenn auch nu t sehr unwesentliche -- Steigerung des maximalen und millimaten Blutdruckes eintr i t t , die abet im VergIeich zu der durch die Lufteinblasung bedingten minimal ist. Eine kurze Blutdrucksteigerung bei der Lum~balpunktion sahen auch TAMURA und OnE. Nach ihnen bewirkt aber die eigentliche En tnahme kleiner Liquormengen vorfibergehende Liquor- ulld Blutdr acksenkungen.

Das S te igen des B l u t d r u e k s b e g i n n t be re i t s n a e h E in - b l a s u n g de r e r s t e n i o c cm Luf t . Bei kurvenm~iBiger D a r - s t e l lung des Ver laufes y o n Ans t i eg u n d Abfa l l s ehen wi t ferner , d a b die K u r v e e inen t r e p p e n f S r m i g e n oder z ieml ich kon- t i nu i e r l i chen Ver lau f zeigt . Die S t e ige rung i s t in d e n m e i s t e n F~illen abh~.ngig yon de r Menge de r zuge f i ih r t en Luf t , u n d m a c h t m i t d e m A b b r e c h e n de r E n c e p h a t o g r a p h i e e i n e m Abfa l l P la tz . N u r in 2 Ffil len s a n k de r B l u t d r u c k sehon w ~ h r e n d de r E n c e p h a t o g r a p h i e / a n g s a m ab.

Die y o n uns b e o b a c h t e t e n B l u t d r u c k a n s t i e g e b e t r u g e n sys to l i sch bei d e n Einze l f~ l len m i n i m a l 25 m m Hg, m a x i m a l ioo m m Hg. D a g e g e n t r e t e n die d i a s to l i s chen Ans t i ege a n B e d e u t u n g zurf ick ( en t sp rechend 15 u n d 5o m m Hg).

S te t s w u r d e n auf der H 6 h e de r K u r v e k le inere S c h w a n - k u n g e n b e o b a c h t e t , die nie m e h r als I0 m m H g b e t r u g e n .

Kol lapszust~inde pr~igten s ich in e i n e m s c h t a g a r t i g e n S i n k e n yon m a x i m a l e r u n d m i n i m a l e r B l u t d r u c k h S h e aus. S te t s w a r e n solche Stfirze passagere r Na tu r , und de r ]31ut- d r u c k k o n n t e s ich ba ld wieder d e n d u r c h die Luf t f f i l lung e n t s t a n d e n e n e r h 6 h t e n W e r t e n angIe ichen . Die D a u e r de r R e a k t i o n wa r sehr ve rsch ieden . Bei f o r t l a u f e n d e n Messungen I a n d e n wi t R i i ckkeh r zur N o r m n a c h I1/~ bis zu 36 S t u n d e n .

Abb. i und 2 stellen Prototype des Verlanfes der B1utdruck- steigerung bei Ellc. dar. Abb. I s t ammt yon einer 22j~hr. Pat. mi t genuiner Epilepsie nnd "~chweren innersekretorischen St6rnngen (Fettleibigkeit, Amenorrh6e, Grundumsatzerniedrigung). Das Ence- phalogramm ist normal. Die Blutdrucksteigerung ist, was Intensit~it und zeitlichen Verlauf anbetrifft , aus der Kurve zu ersehen. Rack- kehr des Blutdrucks zur Norm nach 8 Stunden.

Abb. 2 wurde yon einer 62j~hr. Frau mit seniler Demenz ge- wollnen, bei der die Enc. eine erhebliehe Verbrei terung und Yer- tiefung der subarachnoidealen R~ume ergab. Dabei war es zu einer r6ntgenologisch nachweisbaren Fflllung der Ventrikel nicht ge- kommen. Der Blutdruckanst ieg beginnt aknt kurz nach beendigter Eillblasung der ersten io cem Luft, der Blntdruekallst ieg ist er- heblich (ioo nnd 35 mm Hg), erreicht seinell Gipfel auf dem H6he- punk t der Lufteinblasung, um anschliegend schneI1 und kontinuier- lieh abzufallen. Die Rflckkehr zur Norm ist nach etwa 36 Stunden erreicht.

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1874 B I L I N I S C H E W O C H E N S C H

]Es sol l te a n z u n e h m e n sein, dab die L u f t e inen Reiz au f gewisse, den B l u t d r u c k regul ie rende Geh i rnbez i rke aus t ib t . Diese s ind n a c h den b i she r igen e x p e r i m e n t e l l e n U n t e r - s u c h u n g e n e n t w e d e r in die Medul la o b l o n g a t a oder i m H 6 h l e n - g rau des 3. Ven t r ike l s lokal is ier t . Demgegenf ibe r m S c h t e n wir abe r be tonen , d a b in u n s e r e n Fgl len ein B l u t d r u c k a n s t i e g erfolgte, s chon bevor L u f t in das V e n t r i k e l s y s t e m e i n g e d r u n g e n sein kann . Andere r se i t s s a h e n wi t w i e d e r h o l t B l u t d r u c k - s t e ige rungen in F~tllen, bei d e n e n r6n tgenoIog i sch bei ein- gehender U n t e r s u c h u n g eine Vent r ike l f t i I lung n i c h t nachweis -

S~ 39

g~

fi,~. Z5,,2,2~ /gA.

Abb. I.

b a r war. E ine D e u t u n g k S n n e n wir d iesen B e o b a c h t u n g e n noch n i c h t geben, j edoch h a b e n wi t die Abs ich t , eine sa lche t i e r e x p e r i m e n t e l l zu ve r suchen . Jedenfa l l s g l a u b e n wi t vor- s i ch t ig zu sein, w e n n wir sagen, d a b a u c h d u t c h den Reiz der , ,Pe r iphe r i e " (im Sinne HILLERS) e in B l u t d r u c k a n s t i e g erfolgen kann , ohne abe r b e h a u p t e n zu wollen, e igent l iche, das v e g e t a t i v e Geschehen regn l ie rende , , Z e n t r e n " gebe es -- z u m i n d e s t e n ftir den V a s o m o t o r e n t o n u s -- n ich t .

Gegen unse re A n n a h m e der E r r e g u n g solcher Geh i rn - bezi rke d u r c h die L u f t e i n b l a s u n g k 6 n n t e m a n e inwenden , d a b

"~ ,feeaaeza~a~mo~aea ae #~sf#~2~fZ~ ~ /7 ~ "72 ae 7..?.g~

#

\

Illl~l!l

Abb. 2.

die B l u t d r u c k s t e i g e r u n g doch eine R e a k t i o n auf die b e k a n n t - l ich bei der E n c e p h a l o g r a p h i e m e i s t e r heb l i chen S c h m e r z e n ist. Wi r b e t o n t e n schon oben, d a b der B l u t d r u c k a n s t i e g b e i m E i n s t i c h der Nade l (diesen m 6 c h t e n wir als S c h m e r z r e a k t i o n auffassen) n u r ger ing ist. Naturgemgl3 h a b e n wir a u c h die V a s o m o t o r e n r e a k t i o n te i lweise auf das l<onto der p sych i s chen E r r e g u n g vor B e g i n n der E n c e p h a l o g r a p h i e zu se tzen . D e m - gegenfiber m 6 c h t e n wi t abe r be tonen , d a b die e igent l iche R e a k t i o n e r s t n a c h B e e n d i g u n g der e r s t en L u f t e i n b l a s u n g -- mois t s ch l aga r t i g -- e inse tz t , n n d zwar m e i s t zu e inem Zeit- p u n k t , wo fiber S c h m e r z e n rtoch n i c h t gek lag t wurde , weder s p o n t a n noch auf Bef ragen .

Unse re A b s i c h t war, a n H a n d einer e in f achen M e t h o d i k d a r a u I h inzuweisen , d a b der m e c h a n i s c h e Reiz der Luf t - f t i l lung der H o h l r ~ u m e des Geh i rns eine -- u n t e r U m s t X n d e n e rheb l iche -- V a s o m o t o r e n r e a k t i o n ausl6st , und d a b der Ab- lauf dieser R e a k t i o n a n s c h e i n e n d gewissen Gesetzm~Big- ke i t en u n t e r w o r f e n ist. W i t s ind uns bewul3t, d a b auf G r u n d

R I F T . II . J A H R G A N G . N r . 45 5. NOVEMBER 1932

unserer B e o b a c h t u n g e n a l le in eine D e u t u n g dieser Gesetz- m~Bigke i ten n i c h t m6gl i ch ist.

L i t e r a t u r : HILL~;R U. TANNENBAUM, Z. Neur. 132, 95. -- MADER, KEn. Wschr. 1928, 982; 1932, 676. - - SHINOZAKI, INAD& IDa, NIKI U. SAKURAI, Jap. J, med. Sci., Trans. I, I93o. -- TA~URA U. OHE, Jap. J. med. Sci., Trans. II, 2 (1931).

UBER PROMINAL- UND LUMINALWIRKUNG BEI SCHWEREN EPILEPTISCHEN ERKRANKUNGEN.

Yon

W. HEYDE. Aus der Psychiatrischen urid Nervenklinik der Universit/it Wtirzburg

(Direktor: Prof. Dr. M. REICHARDT).

A n g e s i c h t s der b e k a n n t e n Mgngel der b i sher v e r w e n d e t e n Ep i l ep s i emi t t e l war es v a n In te resse , ein v a n der I. G. F a r b e n - i ndus t r i e neu herges te l l t e s P r g p a r a t , P r o m i n a l , e inen Xthy l - p h e n y l - n - m e t h y l - m a ! o n y l h a r n s t o f f , auf seine k l in ische W i r k - s a m k e i t zu pr t i fen und diese m i t der des b i she r b e s t e n An t i - ep i lep t icums, des Lumina l s , zu vergle ichen. M a n wird ein neues Ep i l ep s i emi t t e l d a n n als eine wesen t l i che B e r e i c h e r u n g der t h e r a p e u t i s c h e n M6gl ichke i t en b e z e i c h n e n k6nnen , w e n n es in se iner W i r k u n g auf die HXufigkei t der Anf~l le der W i r k s a m k e i t des L u m i n a l s m i n d e s t e n s g l e i chkommt , d a b e i a b e t dessert h y p n o t i s c h e N e b e n w i r k u n g n i c h t oder m i n d e s t e n s n i c h t in d e m MaBe zeigt.

Die U n t e r s u c h u n g h a t t e z u m Ziel n i c h t die F e s t s t e l l u n g der ffir den Einze l fa l l b e s t w i r k s a m e n Dos i e rung odor i iber- h a u p t der i nd iv idue l l en A u s g e s t a l t u n g der Therap ie . Es so l l t en v i e l m e h r a n e iner Re ihe ganz g le ichar t ig b e h a n d e l t e r Fa l le b e s t i m m t e zahlenm~Bige G r u n d l a g e n Itir die Beu r t e i l ung des W e r t e s des M e d i k a m e n t s e r re i ch t werden . E i n ftir diese F rages t e l l ung geeignetes V e r s u c h s m a t e r i a I b a t o n die I n s a s s e n der Ep i l ep t ike rp f r i i nde des Ju l iussp i ta les , die d u r c h die Kl in ik ~trztlich ve r so rg t werden. Es h a n d e I t s ich a u s n a h m s l o s u m sehr schwere F~Ile, die s ich se i t v ie len J a h r e n in der Pf r f inde bef inden , n a c h d e m sie d u t c h die H g u f i g k e i t der Anf~l le u n d die p sych i s chen V e r g n d e r u n g e n n i c h t m e h r in ih re r f r f iheren U m g e b u n g b a t t e n b l e iben k6nnen . Wie die n a c h s t e h e n d e , m6g l i chs t k u r z g e h a l t e n e C h a r a k t e r i s i e r u n g zeigt, l iegt in m e h r e r e n F~l len ke ine genuine Epi lepsie , sonde rn ein ande re r o rgan i sche r P rozeg oder D e f e k t z u s t a n d vor. Die Auswah l der z2 P a t i e n t e n erfolgte ledigl ich n a c h d e m G e s i c h t s p u n k t der gr613tm6glichen Regelm~f3igkeit in d e m A u f t r e t e n d e r An- fglle im u n b e h a n d e l t e n Zus t and .

Fal l 1 : 2 2 Jahre, 6% Seit dem io. Lebensjahre Anf~Ile. Neuro- logisch: auger beiderseits positivem Oppenheim o. B. Seelisch: Schwere epileptische Charakterver~tnderung; Eingeengtheit, Um- st~ndlichkeit, KIeben. Typische ,,grade" Anf~IIe mit nachfolgen- dem lgngerem Schlaf. Kleine Anfglle kflrzer und ohne anschliegen- den Schlaf. Oft Verwirrtheitszust~nde.

~Fall 2 : 3 2 Jahre, ~. Angeborener schwerer Hydrocephalus. Seit dem 1o. Lebensjahre Anfalle. Neurologisch: sehr ausgeprXgte Adductorenspasmen, dadurch Gangst6rung, sonst o. B. Seelisch: Angstlich, schwerf~Ilig, Xuf3erst umstXndlich. GroBe typische An- fXlle mit Aura, selten kleine absenceXhnliche Anfglle.

F a g 3 : 6 2 Jahre, cL AnfMle seit dem 4. Lebensjahre. Neuro- logisch : RigiditXt uad spastische Symptome der linken K6rperhXlfte. Athetoseartige Handstellungen, ]2Tberstreckbarkeit. Seelisch: Im- bezill, abgestumpft, erschwerte Auffassung, ~uBerst langsam und umstgndlich. Sehr hXufige, typische grade Anf~ile. Bei den kleinen AnfglIen nur Benommenheit , Verwirrtheit , vermehrte Muskel- rigidit~t, ganz kurzdauernder Nrampf.

Fal l 4 :36 Jahre, o ~. Seit friiher ~ indhe i t AnfXlle. Neurologisch: kann nicht mehr gehen, ist hilflos. Seelisch: v611ig stumpf, ver- blSdet, spricht kaum, muB geft~ttert werden. Sehr h~ufige und sehr schwere AnfXlle.

/~ag 8 : 4 3 Jahre, ~. Mit 12 Jahren Anfglle, im 18. Lebensjahr begann eine rasch progressive isolierte Zungenatrophie, die zu v611igem Verlust des Sprechens fglhrte. Neurologisch: Leichte doppelseitige P y ; a m i d e n z e i c h e n , sehr deutliche extrapyramidale StSrungen. Starre Mimik, verlangsamte Bewegungen. Kein Rigor. Speichelflug. Verstgndigt sich mt~hsam durch Schreiben. Grade, vorwiegend tonische Anf~Ile. Nleine AnfXlle Mirzer dauernd.

Fal l 6 : 3 7 Jahre, ~. Mit IO Jahrea erster Anfall, seit 17 Jahren regelmgBige Anfglle. Neurologisch: o. B. Seelisch: Ausgesprochene