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44 Das Weingesetz vom 7. April 1909. Verktindet am 16. April 1909. Wit Wilhelm, yon Gottes Gnaden Deutscher Kaiser, KSnig yon Preussen etc. verordnen im bTamen des Reichs. nach erfolgter Zustimmung des. Bundesrats und des Reichstags, was folgt: §1. Wein ist das durch alkoholisehe Giirung aus dem Safte der frischea Weintraube hergestellte Getrank. § 2. Es ist gestattet, Wein aus Erzeugnissen verschiedener Herkunft oder Jahre herzustellen (Verschnitt). Dessertwein (Stid-, Stisswein) darf jedoch zum Verschneiden von weissem Weine anderer Art nicht ver- wendet werden. §3. Den] aus inl~ndischen Trauben gewonnenen Traubenmost oder Wein, bei Herstellung yon Rotwein auch der vollen Traubenmaische, darf Zucker, auch in reinem Wasser gelSst, zugesetzt werden, um einem natiirlichen Mangel an Zucker, beziehungsweise Alkohol oder einem Ubermafs an Siiure insoweit abzuhelfen, als es der Beschaffenheit des aus Trauben gleicher Art und Herkunft in guten Jahrgangen ohne Zusatz gewonnenen Erzeugnisses entspricht. Der Zusatz an Zucker- wasser darf jedoch in keinem Falle mehr als ein Filnftel der gesamten Fltissigkeit betragen. Die Zuckerung darf nur in der Zeit vom Beginne der Weinlese, his zum 31. Dezember des Jahres vorgenommen werden; sie darf in der Zeit yore 1. Oktober bis 31. Dezember bei ungezuckerten Weinen frtiherer Jahrg~nge nachgeholt werden. Die Zuckerung darf nur innerhalb der am Weinbau beteiligte~ Gebiete des Deutschen Reichs vorgenommen werden. Die Absicht, Traubenmaische, Most oder Wein zu zuckern, ist der zust~ndigen BehOrde anzuzeigen. Auf die Herstellung yon Wein zur Schaumweinbereitung in den Schaumweinfabriken finden die ¥orschriften der Abs. 2, 3 keine An- wendung: In allen F~tllen darf zur Weinbereitung nur technisch reiner nicht f~rbender Rtiben-, Rohr-, Invert- oder Stiirkezucker verwendet werden. §4. Unbeschadet der Vorschriften des § 3 diirfen Stoffe irgendwelcher Art dem Weine bei der Kellerbehandlung nur insoweit zugesetzt

Das weingesetz vom 7. April 1909. Verkündet am 16. April 1909

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Das Weingese tz vom 7. Apri l 1909. Verktindet am 16. Apri l 1909.

W i t W i l h e l m , yon Gottes Gnaden Deutscher Kaiser , KSnig yon Preussen etc.

verordnen im bTamen des Reichs. nach erfolgter Zustimmung des. Bundesrats und des Reichstags, was folgt:

§ 1 .

Wein ist das durch alkoholisehe Giirung aus dem Safte der frischea Weintraube hergestellte Getrank.

§ 2.

Es ist gestattet, Wein aus Erzeugnissen verschiedener Herkunft oder Jahre herzustellen (Verschnitt). Dessertwein (Stid-, Stisswein) darf jedoch zum Verschneiden von weissem Weine anderer Art nicht ver- wendet werden.

§ 3 .

Den] aus inl~ndischen Trauben gewonnenen Traubenmost oder Wein, bei Herstellung yon Rotwein auch der vollen Traubenmaische, darf Zucker, auch in reinem Wasser gelSst, zugesetzt werden, um einem natiirlichen Mangel an Zucker, beziehungsweise Alkohol oder einem Ubermafs an Siiure insoweit abzuhelfen, als es der Beschaffenheit des aus Trauben gleicher Art und Herkunft in guten Jahrgangen ohne Zusatz gewonnenen Erzeugnisses entspricht. Der Zusatz an Zucker- wasser darf jedoch in keinem Falle mehr als ein Filnftel der gesamten Fltissigkeit betragen.

Die Zuckerung darf nur in der Zeit vom Beginne der Weinlese, his zum 31. Dezember des Jahres vorgenommen werden; sie darf in der Zeit yore 1. Oktober bis 31. Dezember bei ungezuckerten Weinen frtiherer Jahrg~nge nachgeholt werden.

Die Zuckerung darf nur innerhalb der am Weinbau beteiligte~ Gebiete des Deutschen Reichs vorgenommen werden.

Die Absicht, Traubenmaische, Most oder Wein zu zuckern, ist der zust~ndigen BehOrde anzuzeigen.

Auf die Herstellung yon Wein zur Schaumweinbereitung in den Schaumweinfabriken finden die ¥orschriften der Abs. 2, 3 keine An- wendung:

In allen F~tllen darf zur Weinberei tung nur technisch reiner nicht f~rbender Rtiben-, Rohr-, Invert- oder Stiirkezucker verwendet werden.

§ 4 .

Unbeschadet der Vorschriften des § 3 diirfen Stoffe irgendwelcher Art dem Weine bei der Kellerbehandlung nur insoweit zugesetzt

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werden, als diese es erfordert. Der Bundesrat ist ermi~chtigt, zu be- stimmen, welche Stoffe verwendet werden dt~rfen~ und Vorschrifteu tiber die Verwendung zu erlassen. Die Kellerbehandlung umfasst die nach Gewinnung der Trauben auf die Herstellung, Erhaltung und Zurichtung des Weines bis zur Abgabe an den Verbraucher gerichtete

T~tigkeit. Versuch% die mit Genehmigung der zust~indigen BehOrde angestellt

werden, unterliegen diesen Beschr~inkungen nicht.

§ 5 . Es ist verboten, gezuckerten Wein unter einer Bezeichnung feil-

zubalten oder zu verkaufen, die auf Reinheit des Weines oder auf be- sondere Sorgfalt bei der Gewinnung der Trauben deutet; auch ist es v.erboten , in der Benennung anzugeben oder anzudeuten~ dass der Wein Wachstum eines bestimmten Weinbergbesitzers sei.

Wer Wein gewerbsmi~[sig in Verkehr bringt~ ist verpflichtet, dem Abnehmer auf Verlangen vor der Ubergabe mitzuteilen, ob der Wein gezuckert ist, und sich beim Erwerbe yon Wein die zur Erteilung dieser Auskunft erforderliche Kenntnis zu sichern.

§ 6 . Im gewerbsm~ifsigen Verkehre mit Wein dt~rfen geographische Be-

zeichnungen nur zur Kennzeichnung der Herkunft verwendet werden. Die Vorschriften des § 16 Abs. 2 des Gesetzes zum Schutze der

Warenbezeichnungen yore 12. Mai 1894 (Reichs-Gesetzbl. SI 441) und des § 1 Abs. 3 des Gesetzes zur BeMtmpfung des unlauteren Wett= bewerbes vom 27. Mai 1896 (Reicbs-Gesetzbl. S. 145)finden auf die Benennung yon Wein keine Anwendung. Gestattet bleibt jedoCh, die :Namen einzelner Gemarkungen oder Weinbergslagen, die mehr als einer Gemarkung angeh(iren, zu benutzen, um gleichartige und gleich- wertige Erzeugnisse benachbarter oder nahegelegener Gemarkungen oder Lagen zu bezeichnen.

§ 7 . Ein Verscbnitt aus Erzeugnissen 'verschiedener Herkunft darf nur

dann nach einem der 'Anteile allein benannt werden, wenn dieser in der Gesamtmenge iiberwiegt und die Art bestimmt; dabei findet die Vor- schrift des § 6 Abs. 2 Satz 2 Anwendung. Die Angabe einer Wein- bergslage ist jed0ch, yon dem Falle des § 6 Abs. 2 Satz 2 abgesehen, nut dann zul~tssig, wenn der aus der betreffenden Lage stammende Anteil nicht gezuckert ist.

)

Es ist verboten, in der Benennung anzugeben oder anzudeuten, dass der Wein Wachstnm eines bestimmten Weinbergsbesitzers sei.

Die Beschr~tnkungen der Bezeichnung treffen nicht den Verschnitt durch Vermischung von Trauben oder Traubenmost mit Trauben oder Traubenmost g!eichen Wertes derselben oder einer benachbarten Ge.

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markung und den Ersatz der Abg~inge, die sich aus der Pflege des im Fasse lagernden Weines ergeben.

§ S . Ein Gemisch yon Weisswein und Rotwein daft. wenn es als Rot-

wein in den Verkehr gebracht wird, nur unter einer die Mischung kennzeichnenden Bezeichnung feilgehalten oder verkauft werden.

§ 9 . Es ist verboten, Wein nachzumachen.

§ lo. Unter das Verbot des § 9 f~.llt nicht die Herstellung yon dem

Weine ~thnlichen Getriinken aus Fruchts~tften. Pflanzens~tften oder Malz- ausziigen.

Der Bundesrat ist ermiichtigh die Verwendung bestimmter Stoffe bei der Herstellung solcher Getr~tnke zu beschr~nken oder zu unter- sagen.

Die im Abs. 1 bezeichneten Getr~tnke dtirfen im Verkehr als Wein nur in solchen Wortverbindungen bezeichnet werden, welche die Stoffe kennzeichnen, aus denen sie hergestellt sind.

§ 1 1 . Auf die Herstellung yon Haustrunk aus Traubenmaische, Trauben-

most, Rtickstiinden der Weinbereitung oder aus getrockneten Wein- beeren finden die Vorschriften des § 2 Satz 2 und der §§ 3, 9 keine Anwendung.

Die ¥orscbriften des § 4 finden auf die Herstellung yon Haustrunk entsprechende Anwendung.

Wer Wein gewerbsmiifsig in Verkebr bringt, ist verpfliehtet, der zust~ndigen BehOrde die Herstellung yon Haustrunk unter Angabe der herzustellenden Menge und der zur Yerarbeitung bestimmten Stoffe anzuzeigen; die Herstellung kann dureh Anordnung der zu- st~ndigen BehSrde beschr~nkt oder unter besondere Aufsicht gestellt werden.

Die als Haustrunk hergestellten Getranke dtirfen nar im eigenen Haushalte des Herstellers verwendet oder ohne besonderes Entgelt an die in seinem Betriebe beschiiftigten Personen zum eigenen ¥erbrauch abgegeben werden. Bei Auii(isung des Haushalts oder Aufgabe des Be- triebs kann die zusti~ndige BehSrde die Veriiusserung des etwa vor- handenen Vorrats yon Haustrunk gestatten.

§ 12. Die Vorschriften der §§ 2, ¢ bis 9 finden auf Traubenmost, die

Vorschriften der §§ 4 bis 9 auf Traubenmaische ±nwendung.

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§ 13.

Getr~nke. die den Vorschriften der §8 2, 3. 4, 9. 10 zuwider hergestellt oder behandelt worden sind, ferner Traubenmaische. die einen naeh den Bestimmungen des § 3 Abs. 1 oder des § 4 nicht zulassigen Zusatz erhalten hat, dtirfen, vorbehaltlich der Bestimmungen des § 15, nieht in den Verkehr gebraeht werden. Dies gilt such fiir ausl~tndiscbe Erzeugnisse, die den Vorschriften des § 3 Abs. 1 und der §§ 4, 9, 10 nicht entsprechen: der Bundesrat ist erm~chtigt, hinsichtlich der Vor- schriften des § 4 und des § 10 Abs. 2 £usnahmen far Getrhnke und Traubenmaische zu'~bewilligen, die den im Ursprungslande geltenden Vorschriften entspreehend hergestellt sind.

§ 14.

Die Einfuhr yon Getr~nken. die nach § 13 vom Yerkehr aus- geschlossen sind. ferner yon Traubenmaische, die einen nach des Be- stimmungen des § 3 Abs. 1 oder des § 4 nicht zulassigen Zusatz erhalten hat. ist verboten.

Der Bundesrat erl~sst die ¥orschriften zur Sicherung der Ein- haltung des Verbots, er ist erm~ehtigt, die Einfuhr von Traubenmaische. Traubenmost oder Wein zu verbieten, die den am Orte der Herstellung geltenden Vorsehriften zuwider hergestellt oder behandelt worden sind.

§ 15. Getr~nke. die nacb § 13 yore Verkehr ausgeschlossen sind, dt~rfen

zur Herstellung yon weinhaltigen Getr~nken. Scbaumwein oder Kognak nicht verwendet werden. Zu anderen Zwecken daft die Verwendung nur mit Genehmigung der zust~ndigen BehSrde erfolgen.

§16.

Der Bundesrat ist ermachtigt, die Verwendung bestimmter Stoffe bei der Herstellung yon weinhaltigen Getr~nken. Schaumwein oder Kognak zu beschr~nken oder zu untersagen, sowie bezOglich der Her- stellung yon Schaumwein und Kognak zu bestimmen, welche Stoffe hierbei Verwendung finden dt~rfen, und Vorschriften aber die Verwendung zu erlassen.

§ 17. Schaumwein. der gewerbsm~fsig verkauft oder feilgehalten wird.

muss eine Bezeichnung tragen, die das Land erkennbar maeht, wo er auf Flsschen gefiillt worden ist: bei Schaumwein. dessen Kohlens~ure- gehalt ganz oder teilweise auf einem Zusatz fertiger Kohlens~ture beruht. muss die Bezeichnung die Herstellungsart ersehen lassen. Dem Schaum- wein ~hnliche Getr~nke mQs~en eine Bezeicbnung tragen, welche erkennen l~isst, welche dem Weine ahnlichen Getr~nke zu ihrer Herstellung ver- wendet worden sind. Die n~heren Vorsehriften trifft der Bundesrat.

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Die vom Bundesrate vorgeschriebenen Bezeichnungen sind auch in die Preislisten und Weinkarten, sowie in die sonstigen, im geschiiftlichen Verkehr fiblichen Angebote mit aufzunehmen . . . . . . .

§ 18.

Trinkbranntwein, dessen Alkohol nicht ausschliesslich aus Wein gewonnen ist, darf im gesch~ftlichen Verkehre nicht als Kognak be- zeichnet werden.

Trinkbranntwein, der neben Kognak Alkohol anderer Art enth~tlt, darf als Kognak-Verschnitt bezeichnet werden, wean mindestens 1/10 des Alkohols aus Wein gewonnen ist.

Kognak und Kognak-Verschni t te mfissen in 100 Raumteilen mindestens 38 Raumteile Alkohol enthalten.

Trinkbranntwein. der in Flaschen oder ahnlichen Gefiissen unter der Bezeichnung Kognak gewerbsmiffsig verkauft oder feilgehalten wird. muss zugleich eine Bezeichnung tragen, welche das Land erkennbar macht, wo er far den Verbrauch fertiggestellt worden ist. Die naheren Vorschriften trifft tier Bundesrat.

Die vom Bundesrate vorgeschriebenen Bezeichnungen sind auch in die Preislisten und Weinkarten, sowie in die sonstigen im gesch~tftlichen Verkehr fiblichen Angebote mit aufzunehmen.

§ 19.

Wer Trauben zur Weinbereitung. Traubenmaische. Traubenmost oder Wein gewerbsmafsig in Verkehr bringt oder gewerbsm~tfsig Wein zu Getr~nken welter verarbei~et, ist verpflichtet, Bficher zu ffihren, aus denen zu ersehen is t :

1. welche Weinbergsfl~tchen er abgeerntet hat. welche Mengen yon Traubenmaische. Traubenmost oder Wein er aus eigenem Ge- w~chse gewonnen oder yon anderen bezogen und welche Mengen er an andere abgegeben oder welche Geschi~fte fiber solche Stoffe er vermittelt hat :

2. welche Mengen yon Zucker oder yon anderen ffir die Keller- behandlung des Weines (§ 4) oder zur Herstellung yon Haustrunk (§ 11) bestimmten Stoffen er bezogen und welchen Gebrauch er yon diesen Stoffen zum Zuckern (§ 3) oder zur Herstellung yon Haustrunk gemacht hat:

3. welche Mengen der im § 10 bezeichneten, dem Weine ~thnlichen Getr~tnke er aus eigenem Gew~tchse gewonnen oder yon anderen bezogen und welche Mengen er an andere abgegeben oder welche Geschiifte fiber solche Stoffe er vermittelt hat.

Die Zeit des Geschiiftsabschlusses. die Namen der Lieferanten und. soweit es sich um Abgabe im Fasse oder in Mengen yon mehr als

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einem Hektoliter im einzelnen Falle handelt, auch der Abnehmer, sind in den Btiehern emzutragen.

Die Bacher sind nebst den auf die einzutragenden Gesehiifte be- ztiglichen Geschaftspapieren bis zum Ablauf yon ftinf Jahren nach der letzten Eintragung aufzubewahren.

Die n~theren Bestimmungen tiber die Einrichtung und die Ffihrung der Bticher trifft der Bundesrat; er bestimmt, in welcher Weise and innerhalb welcher Frist die bei dem Inkrafttreten dieses Gesetzes vor- handenen Best~nde in den Bachern vorzutragen sind.

§ 20. Werden in emem Raume, in den)Wein zum Zwecke des Verkaufs

hergestellt oder gelager~ wird. in Gef~tssen, wie sie zur Herstellung oder Lagerung von Wein verwendet werden, Haustrunk (§ l l ) oder andere Getri~nke als Wein oder Traubenmost verwahrt, so mfissen diese Gef~sse mit einer deutlichen Bezeichnung des Inhalts an einer in die Augen fallenden Stelle versehen sein.

Bei Flaschenlagerung genagt die Bezeichnung der Stapel. Personen, die wegen Verfehlungen gegen dieses Gesetz wiederholt

oder zu einer Gef~ngnisstrafe verurtcilt worden sind. kann die Ver- wahrung anderer Stoffe als Wein oder Traubenmost in solchen R~umen durch die zusti~ndige PolizeibehSrde untersagt werden.

§ 21.

Die Beobachtung tier Vorschriften dieses Gesetzes ist durch die mit der Handhabung der Nahrungsmittelpolizei betrauten BehOrden und Sach- versti~ndigen zu fiberwaehen.

Zur Untersttitzung dieser Beh6rden sind filr alle Teile des Reiches Sachverstiindige im Hauptberufe zu bestellen.

§ 22. Die zust~ndigen Beamten und Sachverst~ndigen (§ 21) sind befugt,

ausserhalb der Nachtzeit und, falls Tatsachen vorliegen, welche an- nehmen lassen, dass zur Nachtzeit gearbeitet wird, auch wi~hrend dieser Zeit, in Ri~ume, in denen Traubenmost, Wein oder dem Weine ahnliche Getranke hergestellt, verarbeitet, feilgehalten oder verpackt werden, und bei gewerbsmafsigem Betrieb auch in die zugehOrigen Lager- und Ge- schiiftsraume, ebenso in die Geschaftsri~ume yon Personen, die gewerbs- m~tfsig Gesch~fte fiber Traubenmaische, Traubenmost, Wein~ Schaum- wein, weinhaltige, dem Weine ahnliche Getranke oder Kognak ver- mitteln, einzutreten, daselbst Besichtigungen vorzunehmen, gesch~ftliche Aufzeichnungen, Frachtbriefe und Btlcher einzusehen, auch nach ihrer Auswahl Proben zum Zwecke der Untersuchung zu fordern oder selbst zu entnehmen. Uber die Probenahme ist eine Empfangsbescheinigung

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zu erteilen. Ein Toil der Probe ist amtlich verschlossen oder versiegelt zurackzulassen. Auf Verlangen ist far die entnommene Probe eine an- gemessene Entsch~digung zu leisten.

Die Nachtzeit umfasst in dem Zeitraume veto 1. April his 30. Sep- tember die Stunden yen 9 Uhr abends bis 4 Uhr morgens und in dem Zeitraume vom 1. 0ktober bis 31. Marz die Stunden yon 9 Uhr abends bis 6 Uhr morgens.

§ 23. Die Inhaber der im § 22 bezeichneten R~ume, sowie die yon ihnen

bestellten Betriebsleiter und Aufsichtspersonen sind verpflichtet, den zu- st~ndigen Beamten und Sachverst~ndigen auf Erfordern diese R~ume zu bezeichnen, sie bei deren Besichtigung zu begleiten oder durch mit dem Betriebe vertraute Personen begleiten zu lassen und ihnen Auskunft aber das Verfahren bei Herstellung der Erzeugnisse, aber den Umfang des Betriebs, aber die zur Verwendung gelangenden Stoffe, insbesondere aueh ~ber deren Menge und Herkunft, zu erteilen sowie die geschaft- lichen Aufzeichnungen, Frachtbriefe und B~icher vorzulegen. Personen, die gewerbsm~fsig Gesch~fte aber Traubenmaische, Traubenmost, Wein, Sehaumwein. weinhaltige oder dem Weine ~hnliche Getranke vermitteln: sind verpflichtet, Auskunft t~ber die yon ihnen vermittelten Gescb~fte zu erteilen, sowie die gesch~ftlichen Aufzeichnungen und Bacher vor- zulegen. Die Erteilung yon Auskunft kann jedoch verweigert werden, soweit derjenige, yon welchem sie verlangt wird, sich selbst oder einem der im § 51 ~Nr. 1 bis 3 der Strafprozessordnung bezeichneten An- gehSrigen die Gefahr strafgerichtlicher Verfolgung zuziehen warde.

§ 2~.

Die Sachverst~ndigen sind, vorbehaltlich der Anzeige yon Gesetz- widrigkeiten, verpflichtet, aber die Einrichtungen und Geseh~ftsverh~It- nisse, welche durch die Aufsicht zu ihrer Kenntnis kommen, Ver- schwiegenheit zu beobachten und sich der Mitteilung und ¥erwertung der Gesch~fts- oder Betriebsgeheimnisse zu enthalten. Sie sind hierauf zu beeidigen.

§ 2~. Der Vollzug des Gesetzes liegt den Landesregierungen ob. Der Bundesrat stellt die zur Sicherung der Einheitlichkeit des.

¥ollzugs erforderlichen Grundsatze, insbesondere far die Bestellung yon geeigneten Saehverst~ndigen und die Gew~hrleistung ihrer Unabh~ngig- keit lest. Er ist ermachtigt, ¥orschriften far die j~hrliche Feststellung der Traubenernte, sowie aber ZeitpunkL Form und Inhalt der naeh § 3 Abs. 4 vorgeschriebenen Anzeige zu erlassen.

Die weiter erforderlichen ¥orschriften zur Sicherung des Vollzugs. werden durch die LandeszentralbehSrden oder die yon diesen erm~chtigter~ LandesbehSrden erlassen. •

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Die LandeszentralbehSrden sind ausserdem erm~tchtigt, im Ein- vernehmen mit dem Reichskanzler die Grenzen der am Weinbau be- teiligten Gebiete zu bestimmen (§ 3 Abs. 3).

Der Reichskanzler hat die Aus[t~hrung des Gesetzes zu tiberwacher~ und insbesondere auf Gleichm~tfsigkeit der Handhabung hinzuwirken.

9 2G. Mit Gafiingnis bis zu sechs Monaten und mit Geldstrafe his zu

dreitausend Murk oder mit einer dieser Strafen wird bestraft:

1. wer vorsiitzlich den Yorschriften des 9 2 Satz 2, des § 3 Abs. 1 bis 3. 5. 6. der 9§ 4. 9. des 9 11 Abs. 4. der§9 13, 15 oder den gemi~ss 9 12 far die Herstellung und Behandlung yon Trauben- most oder Traubenmaische geltenden Vorschriften oder den atif Grund des9 4 Abs. 1 Satz 2. des 9 10 Abs. 2, des§ l l A b s . 2 oder des 9 16 yore Bundesrat erlassenen Vorschriften zuwider- handelt ;

2. wer wissentlich unrichtige Eintragungen in die nach 9 19 zu ftihrenden Bticher macht oder die nach Mafsgabe des 9 23 voa ihm geforderte Auskunft wissentlich unrichtig erteilt, desgleichen wet vors~ttzlich Bacher oder Geschaftspapiere, welche nach 9 19 Abs. 3 aufzubewahren sind, vor Ablauf der dort bestimmten Fr is t vernichtet oder bei Seite schafft:

3~ wet Stoffe, deren ¥erwendung bei der Herstellung, Behandlung oder Verarbeitung von Wein. Schaumwein, weinhaltigen oder wein~hnlichen Getr~nken unzul~ssig ist, zu dieseu Zwecken an- kandigt, feilhi~lt, verkauft oder an sich bringt, desgleichen wer einen diesen Zwecken dienenden Verkauf solcher Stoffe vermittelt.

Stellt sich nach den Umstanden, insbesondere nach dem Umfange der Verfehlungen oder nach der Beschaffenheit der in Betracht kommenden Stoffe, der Fal l als ein schwerer dar, so t r i t t Gef~ngnisstrafe bis zu zwei Jahren ein, neben der auf Geldstrafe his zu zwanzigtausend Mark erkannt werden kann.

Auf die im Abs. 2 vorgesehene Strafe ist auch dann zu erkennen, wenn der T~ter zur Zeit der Tat bereits wegen einer der im Abs. 1 mit Strafe bedrohten Handlungen bestraft ist. Diese Bestimmung finder Anwendung, auch wenn die frtihere Strafe nur teilweise verbasst oder ganz oder teilweise erlassen ist, bleibt jedoch ausgeschlossen, wenn seit der Yerbtlssung oder dem Erlasse der letzten Strafe bis zur Begehung der neuen Straftat drei Jahre verflossen sind.

In den Ffillen des Abs. 1 Nr. 1 wird auch der ¥ersuch bestraft~

9 27. Mit Geldstrafe his zu eintausendfanfhundert Mark oder mit Ge-

f~ngnis bis zu drei Moriaten wird bestraft, wet den ¥orschriften des

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~§ 24 zuwider Verschwiegenheit nicht beobachtet, oder der Mitteilung oder Verwertung yon Gesch~tfts- oder Betriebsgeheimnissen sich nicht enth~lt.

Die Verfolgung tri t t nur auf Antrag des Unternehmers ein.

§ 28.

Mit Geldstrafe bis zu sechshundert Mark oder mit Haft his zu sechs Wochen wird bestraft, wer vorshtzlich oder fahrl~tssig

1. den Vorschriften des 9 5 Abs. 1, des 9 7 Abs. 2. des 9 8. des 9 J0 Abs. 3 oder des 9 18 Abs. 1 zuwiderhandelt:

2. den Vorschriften des 9 6 oder des 9 7 Abs. 1 zuwider bei der Benennung yon Wein eine der Herkuni~ nicht entsprechende geo- graphische Bezeichnung verwendet:

3. Schaumwein oder Kognak gewerbsmiifsig verkauft oder feilh~tlt. ohne dass den Vorschriften des 9 17 und des § 18 Abs. 4. 5 genagt ls~ :

4. ausser den F~tllen des 9 26 Nr. 2 den Vorschriften tiber die nach 9 19 zu fiihrenden Bircher zuwiderhandelt.

9 29.

Der im 9 28 bestimmten Strafe unterhegt ferner

1. wer vors~itzlich die nach Mal'sg~be des 9 5 Abs 2 zu erteilende Auskunft nicht oder unrichtig erteil t :

2. wer vors~ttzlich die nach 9 3 Abs. 4 und nach 9 11 Abs. 3 vor- geschriebenen Anzeigen nicht erstattet oder den auf Grund des 9 11 Abs. 3 erlassenen Anordnung zuwiderhandelt:

3. wet vors~ttzlieh es unterliisst, an Gef~ssen oder Flaschenstapeln die n~ch 9 20 Abs. 1. 2 vorgeschriebenen Bezeichnungen anzubringen, oder einem ~uf Grund des 9 20 Abs. 3 ergangenen Verbote zu- widerhandelt;

4. wer vorsiitzlich den yon den Landeszentralbeh0~'den oder den yon diesen erm~tehtigten LandesbehOrden auf Grund des 9 25 Abs. 3 erlassenen Vorschriften zuwiderhandelt;

5. wer den Vorschriften der 99 2 2 , 2 3 zuwider das Betreten oder die Besichtigung yon Ri~umen, die Begleitung der Beamten oder Saehverst~ndigen bei der Besichtigung tier Rhume, die Vorlegung oder die Durchsieht yon Geschiiftsbtichern oder -papieren, die Ab- gabe oder die Entnahme von Proben verweigert, desgleichen wer die yon ihm geforderte Auskunft nicht oder aus Fahrliissigkeit un- richtig erteilt ;

~. wer eine der im 9 26 Ab. 1 5~r. 1 bezeichneten t tandlungen aus Fahrliissigkeit begeht.

§ 30. Mit Geldstrafe bis zu einhundertfiinfzig Mark oder mit Haft wird

bestraft, wer eine der im § 29 Nr. 1 bis 4 bezeichneten Handlungen aus Fahrl~ssigkeit begeht.

§ 31.

In den F~llen des § 26 Abs. 1 Nr. 1 ist neben der Strafe auf Einziehung der Getranke oder Stoffe zu erkennen, welche den dort bezeichneten Vorschriften zuwider hergestellt, eingefahrt oder in den Verkehr gebracht worden sind, ohne Unterschied, ob sie dem Ver- urteilten gehSren oder nicht: auch kann die Vernichtung ausgesprochen werden. In den Fallen des § 28 Nr. 1, 2, 3 und des § 29 Nr. 6 kann auf Einziehung oder Vernichtung erkannt werden.

In den F~llen des § 26 Abs. 1 Nr. 3 ist neben der Strafe auf Einziehung oder Yernichtung der Stoffe zu erkennen, die zum Zwecke der Begehung einer nach den Vorschriften dieses Gesetzes strafbaren Handlung bereit gehalten werden.

Die Vorschriften des Abs. 1. 2 finden aueh dann Anwendung, wenn die Strafe gemals § 73 des Strafgesetzbuchs auf Grund eines anderen Gesetzes za bestimmen ist.

Ist die Verfolgung oder Verurteilung einer bestimmten Person nicht ausfiihrbar, so kann auf die Einziehung selbstandig erkannt werden.

§ 3~.

Die Vorschriften anderer, die Herstellung and den Vertrieb yon Wein treffender Gesetze, insbesondere des Gesetzes, betreffend den Ver- kehr mit Nahrungsmitteln, Genussmitteln and Gebrauchsgegenstanden, vom 14. Mai 1879 (Reichs-Gesetzbl. S. 145}, des Gesetzes zum Sehutze der Warenbezeichnungen.vom 12. Mai 1894 (Reichs-Gesetzbl. S. 441) and des Gesetzes zur Bekampfung des unlauteren Wettbewerbes vom 27. Mai 1896 (Reichs-Gesetzbl. S. 145) bleiben unbert~hrt, soweit nieht die Vorsehriften dieses Gesetzes entgegenstehen. Die Vorscbriften der 3§. 16, 17 des Gesetzes yore 14. Mai 1879 finden auch bei Strafver- folgungen auf Grand der Vorsehriften dieses Gesetzes Anwendung. Dureh die Landesregierungen kann jedoeh bestimmt werden, dass die auf Grund dieses Gesetzes auferlegten Geldstrafen in erster Linie zur Deckung der Kosten zu verwenden sind, die dureh die Bestellung yon Saehverst~ndigen auf Grand des § 21 dieses Gesetzes entstehen Die ¥erwendung erfolgt in diesem Falle durch die mit dem Vollzuge des Gesetzes betrauten LandeszentralbehSrden, durch welche die etwa ver-

bleibenden I~bersehi~sse auf die naeh § 17 des Gesetzes yore 14. Mai 1879 in Betracht kommenden Kassen zu verteilen sind.

F r e s e n i u s , Zeitschrift f. analyt . Chemie. XLVlIL Jahrgang. 7.u.S. Heft. F

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.~ 33.

Der Bundesrat ist ermfichtigt~ ira Grossherzogtum Luxemburg gewonnene Erzeugnisse des Weinbaues den inlandischen gleichzustellen , falls dort ein diesem Gesetz eutslorechendes Weingesetz erlassen wird.

§ 34.

Dieses Gesetz tritt am 1. September 1909 in Kraft. Mit diesem Zeitpunkte tritt das Gesetz, betreffead dell Verkehr mit

Weiu, weinhaltigen and weintihnlichen Getr.~nken, yore 24. Mai 1901 (Reichs-Gesetzbl. S. 1.75) ~usser Kraf t .

Der Verkchr mit Getr/inken~ d ie b c i d e r Verkiindung dieses Ge- setzes nachweislich bereits herge~tell~ waren, ist jedoch nach den bis- herigen Bestimmungen zu beurteilen.

Urkuudlich u. s. w. Gcgeben u. s. w.