Der Diagnostische Wert der Kombinierten Magenfunktionsprüfung

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  • 9 2 1,2L IN ISCHE WOCHENSCI - IR IFT . I I . JAHRGANG. Nr . 3 16. JANUAR z93~

    gewisse Gr6Benunterschiede am Herzen gefunden, die sie auf die Dauetwi rkung eines best immten Sportes, in diesein Fal le Radfahren, zurf ickff ihrten. Seit 1922 haben HERX- ItEIMER 19 und DEUTSCH und I~AUF 20 ein gr6Beres Tatsachen- mater ia l h ierzu gesaininelt. Es erg ibt sich hieraus, dab ge- wisse Sportar ten, und zwar die Dauerspor tar ten , die Eigen- schaft haben, eine Vergr6Berung des Herzens hervorzurufen. Diese Vergr6Berung ist deut l ich und l iegt augerha lb der Fehlergrenze der r6ntgenologischen Methodik.

    Sie betr~gt ffir diejenige Gruppe yon Sportarten, die nur zu ether ger ingen Vergr6Berung des Herzens ft ihren (Schwer- ath let ik , Mi t te lst reckenlauf , Kurzs t reckenradfahren und t3oxen), nach dein korre lat iven Megver fahren (unter gleich- zeit iger Berf icks icht igung yon I~6rpergr6Be, Gewicht und Brustu infang) im Mittel 0,6 cm, bet den Sportarten, bet denen die E inwi rkung auI die Herzgr6Be starker ist (Rudern, Lang- s t reckenradfahren, Ski langlauf, Marathonlauf) , t in Mittel dagegen 1, 4 cin.

    Bet d iesen le tz tgenannten Spor tar ten kommt es also zu ether gewissen Dissoziat ion in der Entw icMung des Herzens und der t ibr igen Organe, insbesondere der Ske le tmusku latur . Es ist le icht zu verstehen, dab es gerade bet diesen Sport- a r ten zu dieser E rsche inung komint . Die jenigen Ar tender Muskelarbeit , bet denen die Arbe i t nut kurze Zeit dauer t oder yon Pausen unterbrochen wird, er fordern keinen st~ndig wachsenden Sauerstof fverbrauch. Dasjenige Sauerstoffdefizit , das in den Per ioden hat ter Anst rengung ents teht (Kurz- streckenlauf, Spiele), kann in den sofort to lgenden 1Ruhe- per ioden ohne Be lastung ausgegl ichen werden. E ine erheb- l iche Anspannung des Kre is laufsapparates durch hohe Trans- por tanforderungen t r i t t also n icht ein, und das Herz wird sich ihnen Intihelos durch Erh6hung der Frequenz anpassen k6nnen. Der Skeletmuskel dagegen wird gerade bet diesen kurzdauernden Schnel l igkeits le istungen oft bis an die Grenze seiner Leistungsf~higkeit (Hubh6he) beansprucht werden, und es kann so sogar zur Hyper t roph ie kommen.

    Anders bet den Dauer le istungen. Hier ist die Le is tung des Skeletmuskels in der Zeite inheit eine sehr geringe. Der Marathon l~ufer z. B. 1/iuft zwar eine sehr lange Strecke, abet die Hub le i s tungen seiner Be inmuske ln sind, auf die Zeit be- zogen, kleiner als bet jedet anderen Laufstrecke. E ine Be- anspruchung des Skeletmuskels bis an die Grenzen der Hub- h6he f indet hier also n icht statt , und es kann also auch n icht zur Hyper t roph ie ko inmen. In der Tat wird man selten einen Langstreckenl~ufer zu Gesicht bekommen, der fiber ath let ische Musku la tur verff igt.

    Das Herz dieser L~ufer dagegen hat ganz andere Leistun- gen zu vol lbr ingen. Gerade diese Arbe i tsar ten sind es, die die

    gr6Bten O2-Aufnahinen yon etwa 5 1/min etfordern. Hier s ind die Anforderungen an den O~-Transport so groB, dab das M inutenvo lumen bis an die Grenze des M6gl ichen gesteigert werden InuB. Auch das Sch lagvo lumen InuB h iervon beeinf luBt werden. Wenn es auch viel le icht n icht verdoppe l t wird, so kann doch eine gewisse Zunahme als erwiesen angesehen werden. Dami t ist abet die Hub- und Spannungs le is tung des t lerzmuske ls vergr6Bert, und die Vorbed ingungen t fir eine Hyper t roph ie sind gegeben (v. WEIZS/~CKER 21, BOI~NEN- KAMP ~2).

    Diese Auf fassung fiber das Vorhandense in einer Herz- vergr6Berung bet den Dauerspor tar ten ist erst ki irzl ich wieder best~itigt worden. Exper imente l le Untersuchungen yon TH6R- XER 23 an Hunden in neuester Zeit haben gezeigt, dab auf Dauer le is tung t ra in ierende Hunde in ihrein auf die Skelet- Inusku latur bezogenen Herzgewict l t deut l ich zunahmen.

    Aus diesen Untersuchungen erg ibt sich wetter, daB neben der ffir die Herz le istung besonders wicht igen Hyper t roph ie der Herzen auch, wie zu erwarten, eine D i la tat ion vorhanden war. Diese D i la ta t ion entspr icht der Hyper t roph ie und t r i t t gleichzeitig mi t ihr auf. Sie ist eine physiologische Anpassung und n icht als k rankhaf t anzusehen, ein S tandpunkt , der auch yon BRUNS ~4 und SCnENI~ ~5 getei lt wird. Wenn DEUTSCH 2~ demgegenfiber diese D i la ta t ion als pathologisch bezeichnet und von einer , ,Prophylaxe und Therap ie des Spor therzens" spricht, so k6nnen wit ihm hier in n icht zust iminen. Seine Vorstel lung, die D i la tat ion set eine Folge der E rho lung yon der Anst rengungsverk le inerung und das Herz , ,schwinge hier- bet fiber die Ruhegr6Be h inaus" , bes i tz t keine exakte experi- mentel le Grundlage.

    Solange man schwere k6rperl iche Arbeit , mag sie im Sport oder im Beruf vorkommen, als physiologisch ansieht, wird man auch ihre regelm~Bigen Auswi rkungen auf das gesunde Herz als physiologisch ansehen mfissen.

    L i te ra tur : 1 Amer. J. Physiol. 28 (1911). -- 2 j. of Physiol. 56 (1922). -- 3 Pflfigers Arch. 16I (1915). -- 4 Acta reed. scand. (Stockh.) 53, 54 (192o). -- 5 J. of Physiol. 59 (1925). -- * Sport- ~trztetagung 193 ~ und im Druck. -- ~ Physiol. of musc. exercise. London 1923. -- 8 j. of Physiol. 66 (1928 I. -- 9 Presse m6d. x 7, 8 (1921). -- 10 ]3erl. klin. Wschr. 1914. -- 11 Fortschr. lR6ntgenstr. 39 (1929). -- IS Erg. Path. 23 . -- 13 Z. klin. Med. 94 (1922). -- 14 Verh. Kongr. inn. Med. 1931 . -- 15 Arb.physiol. 4 (1931) 9 -- 16 Z. klin. Med. 117 (1931). -- 17 Skand. Arch. Physiol. 22 (19o9). _ is M~nch. reed. Wschr. 19o8. -- 19 Lit. in Bethe-Bergmann- Ell inger-Embden 15, I (193o). -- e0 Herz und Sport. Wien 1924. -- 21 Arch. Min. Med. I33 (192o). -- ~2 Klin. Wschr. 1929. --23 Arb.- physiol. 3 (193~ 9 -- 24 Erg. inn. Med. 34 (1928). -- 25 Sport- /~rztetagung 1925. -- ~6 Arb.physiol. 2 (1929).

    ORIGINALIEN.

    DER D IAGNOSTISCHE WERT DER KOMBIN IERTEN MAGENFUNKTIONSPRUFUNG.

    Won NORBERT HENNING und ERNST BACH.

    Aus der Medizinisehen UniversitXtsklinik Leipzig (Direktor: Professor Dr. MORAWITZ).

    In einer frf iheren Arbei t ~ wurde eine Methode beschr ieben, die eine e ingehendere Analyse der Magensekret ion erln6glieht. Bei der f ibl ichen f rakt ion ier ten Ausheberung f indet immer nur die Prf i fung der zweiten chemischen Phase Berf icksich- t igung, indem stets die E inwi rkung eines chelnisehen Erregers (Coffein, Alkohol, F le i schext rakt usw.) auf die Magendrf isen beobachtet wird. L~iI3t man dieser chemischen Phase eine psychische Reizung vorausgehen, so kommt man dem physio- logischen Vorgang der Magenarbe i t wesent l i ch n/iher. Die yon uns frf iher angegebene Methode besteht darin, dab der Kranke nach der Beobachtung der Nf ichternsekret ion dem Reiz eines Schauger ichts ,ausgesetzt wird.

    Als Schaumahlzeit dienen appetitl ich angerichtete Speisen ver- schieflener Art, wobei die pers/3nliche Neigung des I(ranken ]3erflck-

    sichtigung finder. Der Kranke wird aufgefordert, seine Aufmerk- samkeit auf die dargebotene Speise zu konzentrieren. Der Magen- inhalt wird wie vorher alle lO Minuten m6gliehst vollst~ndig durch die Verweilsonde aspiriert. Nach 3 ~ Minuten entfernt man das Gericht. Darauf erfolgt die EingieBung des Coffeinprobetrunkes.

    Wie bekannt , geht die psychische Sekret ion auf dem Wege GroBhirn-Vagus-Funduszel le vor sieh. ]3el der chemischen Phase f indet eine direkte E inwi rkung der Erreger auf die Funduszel le n icht s tar t (EDKINS, BABKIN). Die chemische Phase der Magensekret ion wird v ie lmehr auf die Funkt ion der Py lo russch le imhaut bezogen, die durch ]3ildung des Secretins auf humora lem Wege an der Drfisenzelle des Fundus angreift .

    Aus diesen Angaben erhellt, dab eine in der oben ge- schi lderten Weise durchgeff ihrte kombin ier te Magenfunkt ions- prf i fung zum ersten Male Gelegenheit bot, die Wechsel- bez iehungen zwischen Fundus-und Ant ru inparenchym zu studieren.

    F f ihrt man die erw/~hnte Untersuchung bet e inem Magen- gesunden aus, so erh~tlt man, abgesehen yon der Nf ichtern-

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    und Nachsekret ion, eine Acidit~tskurve, die sich durch zwei Gipfel auszeichnet. Ft ir den ersten Anst ieg der T i t rat ions- zah len ist die durch Vaguswirkung ausgel6ste Funkt ion der Korpusdr i isen verantwort l i ch zu machen. Die ser Teil der Kurve wird daher durch die Funkt ion der Ant rumdrt i sen n icht be- rt ihrt. Der zweite Anst ieg der Kurve erfolgt durch E inwi rkung des Magensecret ins auf das Fundusparenchym. Zum Zn- s tandekornmen dieser chemischen Phase ist also die Funkt ion beider Sch le imhautabschn i t te , sowohl des Fundus wie des Ant rums, notwendig. Je nach dem Ausfal l beider Phasen der SAuresekretion kann man R(iekschltisse auf die Funkt ion yon Fundus und Ant rumsch le imhaut ziehen.

    In Ir i iheren Untersuchungen wurde gezeigt, dab man mi t Hilfe unserer kombin ie r ten Magenfunkt ionspr i i fung fi inf verschiedene Typen des Sekret ionsablaufes untersche iden kann. Der erste Typus zeichnet sich aus durch eine gute Auspr~gung beider Acidit~tsgipfel. E r ist der Ausdruck der physio logischen Magensekret ion.

    Bei der zweiten Grnppe fehlt der erste Gipfel, eine Er- scheinung, die dadurch hervorgerufen werden kann, dab bei psychischer Hernmung t rotz guter Korpus funkt ion die psychi- sche Reakt ion ausfMlt. Wir haben diesen Reakt ionstyp Junlctionelle Korpusachylie genannt .

    E ine dr i t te Gruppe zeichnet sich durch das Feh len des zweiten Gipfels aus. Dieser Typus mug dann erwartet werden, wenn bei guter Funkt ion der Fundusdrf isen das Ant rumorgan versagt. Man kann die durch diese Kurve aufgedeckte ~?unkt ionsstSrung isolierte Antrumachylie nennen.

    ]3ei einer v ier ten Gruppe erfolgt weder auf den psychischen noch auf den chemischen Reiz eine nachweisbare Salzs~iure- sekretion. Diese anacide Kurve ist n icht eindeutig. Die Ur- sache des Ausbleibens der S~iuresekretion auf beide Reize kann entweder durch eine isolierte Funkt ionss t6rung der Fundusdr i i sen erkl~Lrt werden oder durch einen Funkt ions - ausfal l beider Sch le imhautabschn i t te . Beide M6gl ichkeiten k6nnen nur durch einen biologisehen Sekret ionsnachweis untersch ieden werden.

    AuBer diesen 4 Gruppen, deren Ex is tenz schon a pr ior i angenommen werden konnte, haben die Minischen Unter - suchungen noch eine ftinfte Gruppe zutage gei6rdert. Es hande l t sich um vorwiegend superacide F~lle, deren AciditXts- kurve weder auf den psychischen, noch auf den chemischen Reiz einen Anst ieg zeigt. Bei fast al ien diesen F~tten ist die H6he der Kurve schon durch die Acidit~t des Ni ichtern- inha l tes gekennzeichnet. E in Abfal l der Acidit~LtshShe wird nur durch die Verdt innung mi t dem eingegossenen Probet runk hervorgeruten. Wir haben die Auf fassung ge~uBert, dab in diesen FXllen das Magenparenchym bereits max imal arbe i tet und dab daher eine Acid i t~tsste igerung auf die erw~hnten Reize n icht mehr erfolgen kann. Auf diesen Typus der maxi- malen Dauersekretion soll weiter unten noch e ingegangen werden.

    Die erw~hnte Methode wurde im Laufe eines Jahres an e inem grSBeren kl in ischen Mater ia l angewandt . Die Zahl der untersuchten F~lle betrXgt 2o3. Im Io lgenden soll ver- sucht werden, den d iagnost ischen Wert der Methode an Hand unseres Mater ials zu erl~Lutern. Besonderer Wer t wurde auf eine mSgl ichst genaue morphologische Diagnose gelegt, die in zweifelhaften F~l len dnrch gastroskopische Kontro l len gesichert wurde.

    Es wurden insgesamt 42 Magengesunde untersucht , d. h. Personen, bei denen mi t keiner Methode ein k rankhaf ter Befund am Magen erhoben werden konnte. Unter diesen 42 FMlen f indet sich der Typus I 27mal, der Typus I I I5mal . Die Typen I I I , IV, V fehlen. E ine zweite Krankhe i tsgruppe enth~l t F~lle von Gastr i t iden, und zwar 13 FMle yon akuter und 61 FMle yon chronischer Gastr it is. u den 13 FMlen yon akuter Gastr i t is entfa l len IO auI den Typus I und 3 auf den Typus I I . Ganz anders l iegen die Verh~ltnisse bei dern chron ischen Magenkatar rh . Von diesen 61 Kranken ent- fal len 4 auf den Typus i, 16 auf Typus I I , 3 auf Typus I I I , 24 auf Typus IV und 14 auf Typus V. Um diese Unter - schiede zwischen den akuten und chronischen Gast r i t iden ver- stXndlich zu machen, muB erw~hnt werden, dab die FMle

    R IFT . I I . JAHRGANG. Nr . 3 93

    von akutern Magenkatar rh erst mehrere Tage nach Ablauf der sub jekt iven Beschwerden der Untersuchung zugef i ihrt wurden, zu einer Zeit also, wo wahrschein l ich der norrnale Funkt ions - zustand des Magens schon wieder erre icht war.

    Die nXchste Krankhe i tsgruppe umfagt 87 FXlle yon Ulcus ventr icul i and -duodeni. Die Verte i lung auf die e inzelnen Kurventypen ist folgende : Typus I f indet sich 9mal , Typus I I I7mal , Typus I I I 2mal , Typus IV 3mal und Typus V 56mal . Nachstehende Tabel le zeigt die Verte i lung der einzelnen Typen auf die versehiedenen Magenkrankhe i ten .

    Tabelle 1.

    Kurventypen Krankheiten ~ I~ ..... III IV . . . . . ~- - -V - Sa] ....

    Normal . . . . . . 2 7 15 - - - - ] 4 2 Akute Gastritis . . io 3 -- -- [ 13 Chronische Gastritis 4 16 3 24 14 61 Ulcus ventr . . . . . 2 7 i 2 io 22 Ulcus duod . . . . . 7 IO i i 46 65

    Es ergibt sich demnach, dab bei Magengesunden der Kurventypus Iund I I gefunden wird. Man darf mi th in den Typus I I ebenfal ls noch als , ,normal" auffassen. Wahrsche in - l ich ist das Zustandekommen dieser Kurve so zu erkl~ren, dab die Sehaurnahlze i t bei den betref fenden Kranken ke inen ausre ichenden psychischen Sekret ionsreiz setzt. Unter die- selbe Rnbr ik mtissen auch die F~Llle von akuter Gastr i t is ge- bucht werden, die erst -- wie oben erwXhnt -- mehrere Tage nach Abkl ingen der Krankhe i tssymptome nntersucht worden sind. Offenbar di ir fen auch sie als Magengesunde angesehen werden.

    Ganz anders l iegt die Verte i lung der 61 F~lle yon chroni- scher Gastr it is . Nur der dr i t te Teil entfMlt anf die Kurven- typen Iund I I . Die t iberwiegende Mehrzahl l ieferte kombi - n ierte AciditXtskurven, die Ms patholog isch angesehen werden miissen. Ahnl ich verha l ten sich die 22 F~lle yon Vlcus ventr icul i .

    Das Ulcus duodeni fMlt h ins icht l ich der Nertei Iung auf die versch iedenen I~urventypen aus dem Rahmen der i ibr igen Krankhe i ten heraus. In mehr als 2/8 der Ulcus duodeni - FMle wurde n~ml ich der Typus V gefunden, eine Acidi t~ts- kurve, die wir als Typus der rnaxirnalen Dauersekret ion ge- kennze ichnet haben, l )ber das Zustandekommen dieses Kurventypus lassen sich vorerst nut Ver rnutungen iiuBern. Ver- st~ndl ich w/ire die Auffassung, daB infolge einer Reizung der pylor ischen Region durch das Ulcus oder die Gastr i t is es zu einer vermehr ten Secret inprodukt ion kommt, die ffir die dauernde Fundusdr i i sensekret ion verantwor t l i ch zu machen ist. N icht vonder Hand zu weisen scheint eine Hypothese, die wi t Mirzl ich an anderer Stelle 5 ge~uBert haben.

    Injiziert man Hunden Pylorusextrakte in die Jugularis, so t r i t t eine deutliche Magensekretion ein. "Wrthlt man als Injektionsart die Pfortader, so bleibt die Wirkung aus (ANMoN und L1M). Die betreffenden Autoren nehmen an, dab das wirksame Gastrin yon der Leber zurilckgehalten oder zerst6rt wird. In eigenen experi- mentellen Untersuchungen an Hunden konnten wit feststellen, dab sowohl tier anacide Nfiehternsait, wie der nentralisierte acide Saft der zweiten Phase yon magengesunden Mensehen nach intra- venSser Injektion helm Hunde eine m/iehtige Salzs/~uresekretion bewirkt. Dieser Befund ist mit der Theorie yon :EDKINS kaum in Einklang zu bringen. Der wirksame'Stoff, das Magensecretin, wird nach der Auffassung dieses Autors erst auf den Reiz des chemischen Erregers in der Pylorusschleimhaut gebildet und kann erst naeh Resorption an der ]3elegzelle des Fundusparenehyms angreifen. Nach dem eben erw~hnten Befunde scheint es, als ob der wirksarr.e Stoff im funktionstiichtigen Magen kontinuiertich produziert wiirde. Eine kontinuierliche SalzsAuresekretion, die dann nach EDKINS gefolgert werden miiBte, ist nicht naehweisbar, trotzdem im Laufe des Tages riesige Mengen yon secretinhaltigem Magensaft zur Resorption gelangen. Wir haben daher unter der Voraussetzung, dab dem Secretin i iberhaupt eine Rolle bei der Salzs~ureproduktion zugeschrieben wird, die Folgerung gezogen, dab man einen Regu- lator annehmen mug, der die Secretinzufuhr zu den Funduszellen 6ffnen oder drosseln kann. Es lag nahe, Ms Regulator an die Leber zu denken, urn so mehr, als auch die oben erwlihnten Versuche yon AM~ON und LIM in demselben Sinne zu deuten sind.

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    Wendet man diese Hypothese auf den IZurventyp der max imalen Dauersekret ion an, so mfil3te man folgerichtig den SchluB ziehen, dab zum Zustandekommen dieses Typus ein Versagen der postu l ier ten Leber funkt ion angenommen werden dart. Es wfirde also bei einer abnormen Durchl/ issig- keit der Leber ffir das Secret in die Dauersekret ion des Fundus- abschn i t tes zu vers tehen sein. Der Grund Ifir das Vorherrschen des erwi ihnten Typus bei Ulcus duodeni wird noch zu eruieren sein.

    Der Kurventypus I I I , der durch das Feh len der zweiten Phase bei erha l tener psychischer Sekret ion charakter is ier t ist, ein Befund, den Wir auf den isol ierten Ausfal l der Ant rum- funkt ion gedeutet haben, scheint nach unseren Ergebnissen re lat iv selten vorzukommen. Bedeutsam scheint immerh in , dab wir diese eigenart ige Kurve nur bei schweren organischen Magenkrankhe i ten angetrof fen haben.

    Aus den mi tgete i l ten Befunden ergibt sich, dab der kombi- n ierten Magenfunkt ionspr f i fung ein erhebl icher d iagnost ischer Wef t zukommt. E ine e ingehendere Abgrenzung physio- logischer und pathologischer Ac id i t~tskurven kann durch- geffihrt werden, wobei weniger die absolute H6he der er- re ichten T i t rat ionszahlen, als v iehnehr die Form des Kurven- ver laufes wegweisend ist.

    Zusammen]assung: i. Die kombin ier te Magenfunkt ions- prf i fung wurde bei 203 Kranken und Gesunden durchgeff ihrt .

    2. Es lieBen sich ffir Gesunde und Magenkranke besondere Kurventypen herausarbe i ten.

    3. Auf eine m6gl iche Bedeutung der Leber bei der Salz- s~uresekret ion wird hingewiesen.

    L i te ra tur : 1 AMMON U. LIM, Brit. J. exper. Path. 4, 27 (I923). -- 2 BABKIN, Die Xul3ere Sekretion der Verdauungsdrfisen. Berlin 1928.

    - - a I~DKINS, J. Of Physiol. 34, 133 (19o6). -- 4 HENNING U. BACH, Arch. Verdgskrkh. 49, 155 (1931). -- a HENNING U. BACH, Z. exper. Path. u~ Pharrn. 193i , Nr 146.

    UBER DIE AUSSCHEIDUNG DER HORMONE DES HYPOPHYSENVORDERLAPPENS IM HARN BEI

    ENDOKRINEN ERKRANKUNGEN. Won

    HANS ULRICH HIRSCH-HOFFMANN, Aus der Universit~.ts-Frauenklinik Hamburg Eppendorf

    (Direktor: Prof. Dr. TH. HEYNEMANN).

    Wie schon lange bekannt ist, kreiseI1 im Blute aller Menschen, sowohi Frauen, als auch M/~nner, die Hormone des Hypophysenvorder lappens und werden im Ur in ausgeschieden. Die Konzent ra t ion der Hormone im Harn ist abet unter normalen Verh/~ltnissen derart ig gering, dab sie nur unter Zuh i l fenahme besonderer Methoden biologisch am infant i len Tier nachgewiesen werden k6nnen. In der Schwangerschaft dagegen, auch schon in ih rem ersten Beginn, scheidet der weibl iche Organismus derart ig groBe Mengen der Hypo- physenvorder lappenhormone aus, dab schon 2 ccm Urin, ja h/~ulig schon weft geringere Mengen, genfigen, um alas infant i le Tier typ isch zu beeinf lussen. Auf dieser vermehr ten Aus- scheidung yon Hypophysenvorder lappenhormonen w/~hrend der Schwangerschaft beruht bekannt l i ch die Aschheim- Zondeksche Reakt ion, die heute schon bei der Diagnose der Extrauter ingravid i t~.t , des Chor ionepithel ioms usw. ein schwer entbehr l iches Hi l fsmit te l geworden ist. GroBe Untersuchungs- re ihen der versch iedensten Autoren haben in den letzten Jahren bewiesen, dab die Aschheim-Zondeksche Reakt ion mi t einer nur verschwindend kleinen Prozeatzah l an Feh lern arbei tet .

    Wi t haben uns nun bemfiht , F/~lle auf ihre Hormon- ausscheidung im Harn zu untersuchen, bei denen man mi t Best immthe i t einen k rankhaf ten Vorgang an der Hypophyse selbst, sei es eine Tumorb i ldung oder i rgendeinen anderen ProzeB, angenommen hat , und ferner auch F/~lle, bei denen die kl in ische Diagnose v611ig unsicher gewesen ist, bei denen man aber doch den Verdacht auf eine Hypophysenerkrankung gehabt hat .

    Es hat sich um Kranke der Kliniken NONNE und SCHOTTNULLER gehandelt. Unsere bisher in dieser Richtung angestellten Unter- suchungen haben Ergebnisse gezeitigt, die wert erscheinen, zur Er6rterung gestellt zu werden. Wir haben 2 ccrn Frflhurin -con den betreffenden "Kranken, gleichgflltig, ob weiblichen oder m/inn- lichen Geschlechts, infantilen M~usen injiziert und ioo Stunden nach der ersten Injektion den Ausfall der Reaktion beobachtet. An Hand der untersuchten F~lle wird es am besten rn6glich sein, sich ein Bild yon den erzielten Ergebnissen zu rnachen.

    Fall 1. M. G., weiblich, 38 Jahre. Menses stets regelrnaBig und regelrecht. Vor 3 Jahren Partus ohne Besonderheiten. Seit I Jahr Kopfschrnerzen, besonders beirn Bflcken und k6rperlichen Anstrengungen; terrier Zittern der linken Hand und eigenartige psychische Ver/~nderungen. Diese Beschwerden nehrnen allrn~hlich zu: es komrnt zu heftigstem Tremor, st~rksten Kopfschrnerzen, l~lbelkeit und Erbrechen. Bei der Einlieferung in die Klinik besteht deutlicher Meningisrnus und Stauungspapille. Die R6ntgenunter- suchung des SchAdels zeigt einen suprasell~r gelegenen raurn- besehr/~nkenden Prozel3, der die Sella turcica fast v611ig zerst6rt hat. Klinische Diagnose: Suprasellf~rer Hirntrnnor. Sonstige endokrine St6rungen auBer ganz leichten hypophys/~ren Zeicheh nicht vor- handen (Herabsetzung der spezifisch-dynarnischen Wirkung urn 12%). Die Untersuchung des Urins auf Hypophysenvorderlappen- hormone ergibt einen starken Gehalt an Luteinisierungshormon, es karn also zur Reaktion I I I der Aschheirn-Zondekschei1 Reaktion, und zwar nicht nur Imal, sondern 2rnM an verschiedenen Tagen.

    Fall 2. A.S., weiblich, 32 Jahre. Anarnnese ohne Bedeutung. Seit 11/2 Jahren Krarnpfanf/~lle, die ab und an auftreten. Seit 1/2 Jahr Kopfschrnerzen. Es handelt sich urn eine sehr adip6se Frau. Psyche ohne Besonderheiten. WaR. positiv. Stauungspapille. Klinische Diagnose: Hirntumor trotz negativen R6ntgenbefundes. Man h/~lt einen Hypophysentumor fflr am wahrscheinlichsten. 2 ccrn Frfihurin ergeben, am infantilen Tier gepriift, die HV.-Reaktion I I I der Schwangerschaftsreaktion.

    Fi ir den pos i t iven Ausfal l der Aschhe im-Zondekschen Reakt ion bei e inem Hypophysentumor wie im Fal l 2 l~tBt sich n icht allzu schwer eine Erkl/~rung l inden. Kommt es z. B. im Vorder lappen tier Hypophyse zur B i ldung eines Adenoms, so ist es le icht vorstel lbar, dab die Adenomzel len, ebenso wie die ursprf ingl ichen Elemente, an tier Hormonb i ldung teil- nehmen und so zu einer Uberschwemmung des Organismus mi t Hypophysenvorder lappenhormonen ffihren. Die Frage abet, ob alle Adenome, vom histogenet ischen Standpunkt aus bet rachtet also sowohl die Hauptze l lenadenome, als auch die basophi len, die eosinophi len und schlieBlich auch die ge- mischtzel l igen Adenome, in gleicher Weise zu einer vermehr ten Hormonprodukt ion fi ihren, ist noch v611ig often. Ihre K l~rung kann nur herbeigeft ihrt werden, wenn man das Obdukt ions- pr i iparat des betref fenden Fal les der vorher angeste l l ten biologischen Reakt ion gegenfiberstel len kann. Selbstverst~ind- l ich sind wir bemfiht, dies zu tun, doch sind derart ige Fiille sehr selten, so dab noch eine l~ngere Zeit vergehen wird, bevor hier K larhe i t geschaffen werden kann.

    Weft schwieriger, als bei Fal l 2, bei dem ein Hypophysen- tumor angenommen wird, ist die Erk l~rung des pos i t iven Aus- falls der Aschhe im-Zondekschen Reakt ion bei Fal l I. ]3ei diesem suprasel l~ren H i rn tumor hande l t es sich aller Wahr - scheinl ichkeit nach um eine sog. Hypophysengangsgeschwuls t nach ERDHEIM. Wie bekannt ist, gehen diese Tumoren yon den P la t tenep i the l res ten des Hypophysenganges aus. Es ist aber kaum denkbar , ja, es ist als h6chst unwahrschein l ich an- zusehen, dab die Zellen derart iger Tumoren als Hormon- b i ldner in Frage kommen. 13ei ihnen und ebenso bei anderen H i rn tumoren, also z. B. Gl iomen mi t pos i t iver Reakt ion, lassen sich die Zusammenh~tnge nur so erM~iren, dab die Hypo- physe durch dell auf sie ausgei ibten Druck in einen Reiz- zustand versetzt wird, durch dell es dann zur vermehr ten Produkt ion der Hormone kommt. Wahrsche in l i ch wird es wohl hier sehr auf die Quantit~it des Druckes ankommen und ebenso auf den Grad der Raumbeschr~inkung, denn unter sehr s tarkem Druck stehende Hypophysen werden ja stets atro- phisch.

    Eine weitere Gruppe stel len die F~ille 3 und 4 dar, bei denen am auf fa l lendsten ein sehr s tarker Gewichtsver lust gewesen ist, ffir den i rgendeine kl in ische Grundlage n icht hat gefunden werden k6nnen. Auch bei diesen beiden F~illen haben w i t eine posit ive Schwangerschaf ts reakt ion im Sinne der Reak-