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Albrecht v. Graefes Arch. klin. exp. Ophthal. 185, 189--205 (1972) by Springer-Verlag 1972 Der EinfluB yon Konservierung durch Lufttrockung auf die Feinstruktur von Schweinehornhautlamellen Ch. Rem6, F. O. Mueller und P. Bannasch Universit~ts-Augenklinik (Direktor: Prof. Dr. W. Leydhecker) und Pathologisehes Institut dot Universitgt Wiirzburg (Direktor: Prof. Dr. H.-W. Altmann) Eingegangen am 7. April 1972 The Influence of Preservation by Dehydration on the Fine Structure of Pig-Corneae Summary. Fresh and at roomtemperature dehydrated pig--corneae, preserved for lamellar keratoplasty, were examined by light--and electronmieroscopy. Morphological features of fresh tissue were compared with tissue before and after rehydration. The responsible connective tissue for the survival and clarity of the lamellar transplant could be demonstrated, whereas the finer structures of cells after dehydration could not be detected. The importance of a careful preoperative rehydration of the tissue for the protection of the collagen was emphasized. Zusammen]assung. Es wurden native und far die lamell~re Keratoplastik dureh Lufttroeknung konservierte Schweinehornhautlamellen licht- und elektronenmikro- skopisch untersucht. Dem lebensfrisehen Gewebe wurden morphologisehe Verande- rungen nach Trocknung und t~ehydrierung gegeniibergestellt. Die fiir lamellgre Transplantate wesentliche Erhaltung des St/itzger/is~es konnte nachgewiesen werden, wogegen cellul~re Feinstrukturen nach Lufttroeknung nieht mehr naeh- weisbar waren. Auf die Bedeutung einer das Stfitzgeriist schonenden, pr/s Rehydrierung wurde hingewiesen. Einleitung Versuche zur Ubertragung yon konserviertem Spendermaterial wer- den in der Itornhautehirurgie seit mehr als 100 Jahren unternommen (Literatur bei Mueller et al., 1972). Es besteht bis heute noeh keine ein- heitliche Meinung darfiber, welche der morphologischen und bioche- mischen Funktionen von Spender- und Empf/ingerhornhaut fiir das Gelingen einer Transplantation die wiehtigste Rolle spielen (Elliot, 1971). Wesentliehe Teilfaktoren sind jedoch bekannt. Bei der durchgreifenden, alle Gewebsschichten umfassenden Trans- plantation mtissen andere Anforderungen an das konservierte Material gestellt werden als bei der lamell/~ren, nur die oberfl~ehliehen Itornhaut- schichten betreffenden Keratoplastik. W/ihrend das konservierte durch-

Der Einfluß von Konservierung durch Lufttrockung auf die Feinstruktur von Schweinehornhautlamellen

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Page 1: Der Einfluß von Konservierung durch Lufttrockung auf die Feinstruktur von Schweinehornhautlamellen

Albrecht v. Graefes Arch. klin. exp. Ophthal. 185, 189--205 (1972) �9 by Springer-Verlag 1972

Der EinfluB yon Konservierung durch Lufttrockung auf die Feinstruktur von Schweinehornhautlamellen

Ch. Rem6, F. O. Mueller und P. Bannasch

Universit~ts-Augenklinik (Direktor: Prof. Dr. W. Leydhecker) und Pathologisehes Institut dot Universitgt Wiirzburg

(Direktor: Prof. Dr. H.-W. Altmann)

Eingegangen am 7. April 1972

The Inf luence of P rese rva t ion b y D e h y d r a t i o n on the F ine S t ruc ture of Pig-Corneae

Summary. Fresh and at roomtemperature dehydrated pig--corneae, preserved for lamellar keratoplasty, were examined by light--and electronmieroscopy. Morphological features of fresh tissue were compared with tissue before and after rehydration. The responsible connective tissue for the survival and clarity of the lamellar transplant could be demonstrated, whereas the finer structures of cells after dehydration could not be detected. The importance of a careful preoperative rehydration of the tissue for the protection of the collagen was emphasized.

Zusammen]assung. Es wurden native und far die lamell~re Keratoplastik dureh Lufttroeknung konservierte Schweinehornhautlamellen licht- und elektronenmikro- skopisch untersucht. Dem lebensfrisehen Gewebe wurden morphologisehe Verande- rungen nach Trocknung und t~ehydrierung gegeniibergestellt. Die fiir lamellgre Transplantate wesentliche Erhaltung des St/itzger/is~es konnte nachgewiesen werden, wogegen cellul~re Feinstrukturen nach Lufttroeknung nieht mehr naeh- weisbar waren. Auf die Bedeutung einer das Stfitzgeriist schonenden, pr/s Rehydrierung wurde hingewiesen.

Einleitung Versuche zur Ube r t r agung yon konse rv ie r t em Spenderma te r i a l wer-

den in der I t o rnhau teh i ru rg i e seit mehr als 100 J a h r e n u n t e r n o m m e n (Li te ra tur bei Mueller et al., 1972). Es bes teh t bis heute noeh keine ein- hei t l iche Meinung darfiber, welche der morphologischen und bioche- mischen F u n k t i o n e n von Spender- und Empf / ingerhornhau t fiir das Gelingen einer T ransp l an t a t i on die wieht igste Rolle spielen (Elliot, 1971). Wesent l iehe Tei l faktoren sind jedoch bekannt .

Bei der durchgreifenden, alle Gewebsschichten umfassenden Trans- p l a n t a t i o n mtissen andere Anforderungen an das konserv ie r te Mater ia l ges te l l t werden als bei der lamell/~ren, nur die oberfl~ehliehen I t o r n h a u t - schichten bet ref fenden Kera top l a s t i k . W/ ihrend das konservier te durch-

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190 Ch. Rem6 et al. : Lufttroeknung mad I-Iorrdlautlamellen

greifende T r a n s p l a n t a t funktionsf/~hige Endothe lze l len en tha l t en mul~, steh* ffir ein ]amellares T r a n s p l a n t a t die S t r u k t u r e r h a l t u n g des Gewebes im Vorde rg rund (Pay ran et al., 1958 ; Dohlmann , 1960).

Die vor l iegende A r b e i t befal~t sich mi t der F e i n s t r u k t u r na t ive r und konserv ie r te r Schweinehornhaut lamel len . Es sollte un te r such t werden, wie sieh b e s t i m m t e Baue lemente der Cornea un te r Luf t t rocknung und Rehyd r i e rung ve rha l t en und ob das auf diese Weise konserv ie r te Gewebe ffir lamell~re T ransp ]an t a t e geeignet is~.

H ie rbe i wurde zur Konse rv ie rung die einfache Aus t rocknung in Luf t bei Z i m m e r t e m p e r a t u r ve rwende t (Mueller et al., 1972).

Material und Methode Von 1/2j~hrigen Haussehweinen wurden unmittelb~r nuch der TStung durch

elektrischen Strom die Augen enucleiert und anschlie~end ~us dem axialen Tell der Hornhaut mit deln Keratom naeh Castroviejo oberfl~chliehe Lamellen yon 0,5 mm Dicke entnommen. Diese warden mit der R~sierklinge in jeweils drei Streifen yon 0,4 cm L~nge und 0,2 cm Breite geschnitten (Streifen A, ]3, C). Streffen A wurde sofort fiir liehtmikroskopische und elektronenmikroskopische Pr~loaration fixiert, Streifen B und C bei Zimmertempera~ur und Luftfeuch#igkeit 48 Std lung getrock- net. Hiernach wurde Streifen C mit t~ingerlSsung betropf~, his makroskopisch eine der nutiven I-Iornhaut ann~hernd ~hnliehe Durchsichtigkeit und Konsistenz er- reicht waren.

]~/ir ]ichtmikroskopische Untersuchungen wurde yon Streifen A, B und C Material in GIutaraIdehyd fixier~, ii/~ eingebettet und 3--4 dick geschnitten. Folgende F~rbungen wurden verwendet: H~matoxylin-Eosin, Di-PAS, GSmSri, Toluidin, Alcianblau und van Gieson. Fiir elektronen- mikroskopische Untersuchungen wurde das Material 1--2 Std in Osmiumtetroxyd (Phosphatpuffer ]oH ~ 7,3) fixiert. Ein Tell der Gewebsproben wurde - - yon der Sclmittfl~che aus gesehen - - flach eingebettet, ein anderer hochkant. Die Schnitte wurden mi~ dem Ultramikrotom n~eh ~eichert angefertigt, mit Uranylacet~t, Blei- hydroxyd, Bleicitrat oder mit Uranylacetat und Bleicitrat nachkontrastiert und im Siemens Elmiskop I unter einer Strahlspalmung yon 60 kV betrachtet.

Lichtmikroskopische Befunde

1. Native Hornhautlamellen ( A )

Die frisch f ix ier te Cornea zeigt ein 5 - - 7 f a c h gesehichtetes Ep i the l mi t Basalzel len, in te rmedi~rer Zone und oberfli~chlichen Zellen (Abb. 1 ~). Zellgrenzen, ein kri~ftiger Glykogengeha l t besonders in den basa len Ante i len der Ze l lpopula t ion sowie die PAS-pos i t i ve und in Silber- f~rbungen posi t ive M e m b r a n a p ropr i a des Epi the l s s ind deut] ich erkenn-

Abb. 1 a--c. Native (a), getrocknete (b) und rehydrierte (c) Schweinecorne~. u Nor- male Hornhaut mit 5--Tfach geschichtetem Epithel und deutlicher Basalmembran. b Geschrumpfte Epithelzellkerne, deutliehe Basalmembran, zusammengerfickte Koll~genfaserbiindel. c Aufgelockertes Epithel und Stroma, deutliche Basal-

membran. GSmSri, liehtmikroskopisch. 375 •

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Abb. l a - - c

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192 Ch. Rein6 et al. : Lufttrocknung und Itornhautlamellen

bar. Die Bowmansehe Sehicht des Stroma dagegen 1/~$t sich in I tE- F/~rbungen, Di-PAS and Silberf/~rbungen sowie van Gieson, Toluidin- und Aleianblauf~rbungen nieht darstellen. Das Stroma selbst weist parallel verlaufende Faserbiindel des Ko]lagengertistes und lang- gestreekte Fibroeyten auf.

2. Getrocknete Hornhautlamellen (B)

Die Sehichtung des Epithels b]eibt in der getroekneten Cornea weit- gehend erhalten. Die einzelnen Zellen sind jedoch durehweg stark geschrumpft, oft auffa]lend sehr/~ggestellt (Abb. l b). Ihre Kerne sind pyknotiseh. FleckfSrmige eytoplasmatische Glykogendepots bleiben ins- besondere in den basalen Epithelien regelm/s nachweisbar. Die Zell- grenzen werden bei keiner der in Absehnitt 1 genannten F~rbtmgen dar- gestellt. Die Membrana propria weist weiterhin eine kr/~ftige Anf~rbung bei Versilberung und in Di-PAS-Schnitten auf. Im Stroma erseheinen die Kollagenfaserbfindel dichter zusammengeriiekt. Sie lassen sich mit Sflber kr/s impr~gnieren. Entspreehend dem Epithel sind auch im Stroma Zellen und Kerne gleichm/~$ig geschrumpft.

3. Rehydrierte Hornhautlamellen (C)

Ein Tell der Sehrumpfung kann offenbar durch Rehydrierung wieder ausgeglichen werden. Epithelzellen and Kerne nehmen an Volumen zu, Zellgrenzen lassen sich, wenn auch nur sehemenhaft, wieder nachweisen (Abb. 1 e). Die Membrana propria des Epithels t r i t t weiterhin deutlich hervor. Die Grundsubstanz des Stroma erscheint ungleichm/~$ig ge- quo]len. Die Kollagenfaserbiindel sind dadurch auseinandergedr/~ngt, gelegentlieh sind sie in ihrem Verlauf unterbroehen. Die Fibroeyten bleiben gesehrumpft. Aueh in der rehydrierten I tornhaut ist reichlieh Glykogen in den tieferen Epithelzellsehichten erkennbar. Weiter differen- zierende histoehemisehe Analysen einzelner Gewebsabsehnitte lagen nieht im Rahmen dieser Untersuehungen (vgl. dazu Ashton, 1960; Stoeker, 1961 ; Ehlers, 1970a, b).

Elektronenmikroskopisehe Befunde

1. Native Hornhautlamellen (A )

Entsprechend den ]ichtmikroskopischen Befunden lassen sich in der frisch fixierten Schweineeornea naeh der/~ul~eren Gestalt drei Zellformen

Abb. 2a u. b. Ausschnitte yon glykogenarmer (~) und relativ glykogenreieher (b) normaler Epithelzelle der nativen Schweinecornea. Glykogenpartikel (9). Deutlieh hervortretende Zell- and Kernmembranen. l~eichtum des Cytoplasmas an Tono-

filamenten. Zellkern (N). Bleihydroxyd, elektronenmikroskopiseh: 22000•

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A b b . 2 a u. b

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194 Oh. Rem6 et al. : Lufttrocknung und Homhautlamellen

tmterscheiden, die in Lagen angeordnet sind: die kubischen, basalen Zellen, die rhomboiden der Zwischenzone und die zur Epitheloberfl/~che hin zunehmend flacher werdenden Zellen. Mit Ausnahme des zum Tell sehr untersehiedliehen plasmatischen Glykogengehaltes st immen alle Epithelzellen in ihrer Feinstruktur weitgehend iiberein (Abb. 2a u. b). Der Reichtum des Cytoplasma an Tonofibrillen ist auffallend gegenfiber einem spgrliehen Gehalt an Organellen. Die Kernhiille, bestehend aus 2 Membranen mit mehr oder weniger tiefen, schlauehfSrmigen Ein- buehtungen, umfg3t ein feingranulgres Karyoplasma und davon un- seharf abgegrenzte Nueleolen. Mitoehondrien linden sich bevorzugt in Kernnghe oder in der Zellperipherie. Der paranuelegre Golgikomplex besteht aus 4 - -6 flachen Zisternen, einigen gro•en Vaeuolen und zahl- reiehen kleinen Vesikeln. Neben einem sp/irliehen, rauhen endoplasma- tisehen Retieulum zeigen sieh im Cytoplasma diffns verteilte oder in Aggregaten zusammenliegende Glykogenpartikel yon 133--233Ang- strSm im Durchmesser. Benaehbarte Epithelzellen sind in typischer Weise miteinander verzahnt, ihre Membranen sind mit zahlreiehen Desmosomen versehen. Die Membrana propria des Epithels lgl3t deutlich eine Zweischichtung erkennen, die aus einem dunkleren, osmiophflen und epithelfernen sowie einem helleren, epithelnahen Antefl besteht (Abb. 3a). In der Bowmansehen Sehieht des Stroma liegen kurze, kreuz und quer verlaufende Kollagenfibrillen, die fhe13end in die aus parallel verlaufenden Kollagenfibrillen bestehenden Stromalamellen fibergehen. Die Fibrfllen lassen eine deutliehe Querstreifung erkennen. In den quer- getroffenen Faserbfindeln werden zwischen den Fibrillen feine Filamente siehtbar (Andres, 1967; Smith et al., !969). Den fiberwiegenden Anteil aller Zellen im Stroma bilden die Fibroeyten (Abb. 4a). Flach und lang- gestreekt hegen sie zwisehen den Stromalamellen und sind fiber ffihler- artige Forts/~tze miteinander verbunden (Teng, 1962; Jakus, 1962; Smith et al., 1969). Mit ihrer Breitseite liegen sie sagittal zur Hornhaut- oberfl/tche. Ihre Cytomembran zeigt tiefe, sehlauchfSrmige Einstfilpungen oder kleine, zottenartige VorwSlbungen. Der Kern ist wellenfSrmig ein- gebuehtet. I m Cytoplasma finden sieh ls Mitoehondrien. Aul3er- dem weist es zahlreiche freie Ribosomen (Durehmesser yon 133--200 Ang- strSm) und ein deutliehes, rauhes endoplasmatisches l~etieulum, 5fter

Abb. 3a--c. Ausschnitt yon basaler Cornea-Epithelzelle, Basalmembran und Bowmanscher Schicht in nativem (a), getrocknetem (b) und rehydriertem (c) Zu- stand, a Deutlich hervortretende Zellmembran, lockere Struktur des Kollagens in der Bowmanschen Schicht. b Verdichtung aller Gewebskomponenten, Verschmg- lerung der Basalmembran. Zellmembran nur angedeutet, c Angleichung an den nativen Zustand nach Rehydrierung. Zahlreiche Glykogengranula (~) im Cyto-

plasma der Epithelzelle. Bleihydroxyd, elektronenmikroskopisch: 46 000 •

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Abb. 3 a---c

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Abb. 4 a - - e

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mit erweiterten Zisternen, auf. In Kernn~he liegt ein kr~tftig ausgebfl- deter Golgikomplex. Hin und wieder finder man im Cytoplasma feines, filamentSses Material, gelegentlieh Centriolen.

2. Getrocknete Hornhautlamellen (B )

Die Epithelzellen der getroekneten Cornea sind deutlieh verkleinert (Abb. 5). Sie sind jedoeh regelreeht geschiehtet und lassen im Cytoplasma noch reiehlieh Tonofibrillen erkennen. Zell- und Kernmembranen stellen sich dagegen meist nicht dar, nur gelegentlich sind sie fiber kurze Ab- schnitte hin siehtbar. Trotzdem 1/~$t sieh anhand der vielfaeh erweiterten und hierdnrch deutlieh sichtbaren Intercellularspa]ten der gewundene Verlauf der Ze]lgrenzen meist gut verfo]gen. Desmosomen sind allenfalls andeutungsweise zu erkennen. Die Grenze zwisehen Kern und Cyto- plasma wird dureh eine deutlieh erweiterte perinueleare Zisterne mar- kiert. Das Cytoplasma ist auffallend dieht, Zellorganellen sind nicht sieher zu identifizieren. Die Glykogenpartikel sind vorwiegend in para- nucle/~ren oder peripheren Zellregionen anzutreffen. Die Membrana pro- pria des Epithels ist verschm~lert und erscheint - - vor ahem in ihrer osmiophilen/~uSeren Schieht - - verdiehtet (Abb. 3 b). Sie beh~tlt jedoch ihre ursprfingliche Position und ihre Kont inui t i t bei. Das Fibrillennetz der Bowmansehen Sehieht und sein flieBender Ubergang ins Stroma- kollagen bleiben gewahrt. Die Fibroeyten sind dentlich geschrumpft (Abb. 4b). I m vers t i rk t elektronendiehten Cytoplasma erseheinen Spalt- r/~ume und Einbuehtungen. gibosomen sind oft noeh in groger Zahl zu linden. Sie zeigen meist - - entspreehend ihrer bevorzugten intravitalen Lagerung an den Membranen des Et~ - - eine reihenf5rmige Anordnung. Cyto- und Kernmembranen sowie Membranen yon Organellen sind nieht sieher erkennbar. Das Karyoplasma ist mehr oder weniger homogen verdiehtet. Uberwiegend ist der Kontak t zwischen Zellen und angren- zenden Kollagenfibrillen erhalten, ste]lenweise sind sic jedoch dutch Spaltr/~ume voneinander getrennt. I m Stroma ist die Faserarchitektur gewahrt, die einzelnen Fibrillen heben sich deutlieh ab, wobei sic dichter beieinander liegen. Ihre Querstreifung bleibt erkennbar. Die Distanzen

Abb. 4a--c. Fibrocyten aus n~tiver (a), getrockneter (b) und rehydrierter (c) Schweinecornea. a Ausschnitt yon normalera Fibrocyten, Zellkern (N), b Ausschni~t yon getrocknetem, stark geschrumpften Fibrocyten. Strukturdefekte zwischen Zelle und umgebendem Kollagen(Ko) sowie innerhalb des Cytoplasmas(t). Ergastoplasma- lamellen (EItG) mi~ anhaftenden Ribosomen zum Tell noch gut erkennbar. Ver- dichtung des Kollagens (Ko). Nur gering aufgelockerter rehydrierter Fibrocyt mi~ mehreren intracytoplasmatischen Strukturdefekten (~). Bleicitrat, elektronen-

mikroskopisch: 20000 X

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Abb. 5

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zwischen den einzelnen Querstreifen nehmen bei getrockneten und re- hydrierten Hornhautlamellen geringffigig ab, wie an anderer Stelle im einzelnen dargelegt wird (Rein6 und 1%oss, in Vorbereitung, 1972).

3. Reh ydrierte H ornhautlamellen ( C )

Das Epithel in rehydriertem Material bewahrt regelrechten Schichten- bau und lgl~t nach wie vor deutliche Tonofibril]en sowie paranucle~res und in der Zellperipherie befindliehes Glykogen erkennen (Abb. 6 und 7). Zellorganellen sind aueh in diesem Zustand nicht auszumachen. Die nach der Trocknung aufgetretene Erweiterung der Intereellularspalten und der perinucle~ren Zisternen bleiben bestehen. Das gleiche gilt fiir die meisten Strukturver~nderungen, welche die Fibroey~en des Stroma dutch Trocknung erfahren. Teflweise ist ihre Sehrumpfung jedoch reversibel: Kern- und Cytoplasma nehmen wieder gering an Volumen zu und werden etwas transparenter (Abb. 4e). Cyto- und Kernmembranen sind nach Rehydrierung im Epithel stellenweise wieder erkennbar. Sie zeigen dann den typischen, geschli~ngelten Verlauf, sind jedoeh weniger osmiophil als die Membranen der frisehen Cornea. Die Desmosomen sind naeh ge- hydrierung in der Regel wieder gut zu sehen, doch zeigen sie meist eine verwaschene Struktur (Abb. 6, Einsatz). Beide Lagen der epithelialen Membrana propria erscheinen etwas aufgelockert (Abb. 3e). Auch der netzartige B a u d e r Bowmanschen Sehicht ist weniger dicht. Im Stroma sind die Fibri]len auseinandergedrg~ngt, sie verlaufen j edoch in geordneten Biindeln. Ihre Querstreifung ist nach wie vor deutlich. Die bei frisehem Material nachweisbaren, zwisehen Fibrillenquerschnitten ]iegenden feinen Filamente, die bei getroekneten ttornh~uten nicht sichtbar sind, treten jetzt wieder hervor.

Besprechung der Befunde

Bei Beurteilung und Vergleieh der versehiedenen Gewebsproben mfissen pr~parationsbedingte Artefakte in Betracht gezogen werden. Es vergingen bis zur elektronenmikroskopischen Fixierung des Kontrollmate- rials durehschnittlich 15 rain, nachdem die Hornhaut]amellen mit dem Keratom gewonnen und ansehlie~end mit der Rasierklinge zugesehnitten

Abb. 5. Ausschnitt yon ch'ei aneinandergrenzenden Epithelzellen der luftgetrock- neten Schweinecornea. Zellmembranen und Cytoplusmaorganellen nicht erkennbar. Zellgrenzen durch teilweise dilatierte Intercellularspalten unvollst~ndig markiert (~). Perinucle~re Zisterne stellenweise noch sichtbar ($). Karyoplasma (N) grobkSrnig strukturiert. Verwaschene Textur der Tonofilamente des Grundplasma. Zahlreiche Aggregate yon Glykogenpartikeln (G). Bleihydroxyd, elektronenmikroskopisch:

25000 X

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Abb. 6

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waren, so dab supravitale Vers der Feinstruktur nicht auszu- schliegen sind. Da die Cornea jedoch ein gef/iBloses, bradytrophes Ge- webe darstellt und ihre Zellen verh~iltnism~Big arm an Organellen sind, ist nich~ mit grundlegenden Umwandlungen des Zellbildes zu rechnen. Die Gewebsproben der Streifen A, ]3 und C wurden unter gleichen Bedin- gungen pr/~pariert und betrachtet, daher erscheint uns ein Vergleich der Gewebe untereinander vertretbar.

Die native Schweinehornhaut weist in ihrer Feinstruktur keine grund- siitzlichen Unterschiede gegenfiber der Cornea anderer Tierspecies und des Menschen auf. In ~Ibereinstimmung mit Ehlers (1970 a, 1970b) fanden wir, dab lichtmikroskopisch die Bowmansche Schicht beim Schweh~ in keiner der bei uns verwendeten F~rbungen nachweisbar war. Sie sol1 nach Ehlers nur beim Menschen, einigen Affenarten, dem Blauwal und Seehund existieren. Diese Aussage mu$ jedoch in Frage gestellt werden, da wir elektronenoptisch an der nativen Schweinehornhaut stets eine deutlich ausgebildete Bowmansche Schieht nachweisen konnten. Worauf ihre mangelnde lichtmikroskopische Darstellbarkeit beruht, muB in weiteren Untersuchungen gekl/irt werden.

Elektronenmikroskopische Studien an konservierten Hornhiiuten wur- den yon Sehaeffer (1963) und van Horn et al. (1970) durchgeffihrt. Sehaeffer untersuchte 1VIenschenaugen, die w/ihrend unterschiedlicher Zeitr/iume bei d- 4 ~ C in einer feuchten Kammer konserviert waren. Mit zunehmender Auf- bewahrungszeit der Bulbi finder Schaeffer neben einer Mitochondrien- schwellung eine verminderte bis aufgehobene Darstellbarkeit derKernmem- bran. Letztgenannten Befund konnten wir an unserem getrockneten und rehydrierten Material ebenfalls erheben. AuBerdem s~ellten wir eine gleichsinnige Ver/inderung der Plasmamembran und der Desmosomen lest. Van Horn et al. untersuchten tiefgefrorene menschliche Hornhiiute nach vorheriger Aufbewahrung des ganzen Auges bei ~-4~ elek~ronen- mikroskopisch nnd pr/iften die ~lberlebensrate der cellulgren Elemente autoradiographisch. Xhnlich wie wir an getrocknetem Material fanden die Autoren an tiefgefrorenem und aufgetautem Gewebe bei Epithel- zellen und Fibrocyten eine mangelnde Darstellbarkeit yon Plasma- und Kernmembran, Tonofibrillen und Zellorganellen. Ein wesentlieher Unter- schied zu unseren Beobachtungen an getrockneten Hornhs besteht

Abb. 6. Ausschnitt yon rehydrierter Epithelzelle der luftgetrockneten Cornea. Zell- und Kernmembran an manchen Stellen wieder andeutungsweise erkennbar (~). Tonofilamente dem nativen Zustand angen~hert. Ansgedehnte Glykogenaggregate (G), Zellkern (N), Nucleolus (NL). Bleihydroxyd, elektronenmikroskopisch: 28000• Einsatz: 2 deutlich hervortretende Desmosomen (0) aus rehydriertem

Epithel der Cornea. Bleihydroxyd, elektronenmikroskopisch: 60000 •

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202 Ch. Rem~ e t a l . :

Abb. 7

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Luf%roeknung und Hornhautlamellen 203

aber darin, dab diese Veranderung nach Inkubation in Kei-lVfedium wieder weitgehend reversibel ist. Damit ist nach autoradiographischen Untersuehungen aueh eine partielle Rfiekgewirmung der Zellfunktion verbunden: Die Epithe]zellen und Fibroeyten inkorporieren H3-Uridin, wenn auch in geringerem Umfang als in nativem Zustand (van Horn eta]., 1970). Die geringe Reversibilit/~t der durch Trocknung bedingten fein- struktnrellen Zellvergnderungen weist darsuf hin, dab bei diesem Kon- servierungsverfahren kaum mit einer l%eaktiviernng der Zellfunktion zu rechnen ist. Eindeutige Aussagen hierfiber m/issen allerdings weiteren Untersuchungen vorbehalten bleiben.

Ffir die Brauchbarkeit konservierter Hornh/~ute zur Transplantation ist die Ang]eichung des konservierten Materials an den nativen Zustand yon entseheidender Bedeutung. Das gilt ebenso fiir dnrehgreifende wie f~r lamell/~re Transp]antate. W~hrend abet im ersten Fall eine weit- gehende Erha]tung der cellnl/~ren Feinstruktur und Funktion erforderlieh ist, genfigt bei den lamell~ren Transplantaten die Erhaltung des Stfitz- gerfistes. Sie ist bei luftgetrocknetem Material gews wenn das Stfitzgerfist w~hrend der Rehydrierung weder dureh zu sehnelles oder fiberm/~BigesW/issern, noeh dureh starke Verschiebungen des pH-Wertes (vgl. Ehlers, 1966) gef~hrdet wird.

DaB die Erhaltung dieses St/itzgerfistes wiehtig ist, zeigen Unter- suehungen yon Dohlmann (1960), Smelser et al. (1965) und Polaek et al. (1969), aus denen hervorgeht, dab naeh Transplantation konservierten Gewebes die Bowmansehe Sehicht und das Kollagen erst innerhalb sehr langer Zeitr/iume dureh Wirtsgewebe ersetzt werden. Dagegen kommt es verhs sehnell zu einer Einwanderung yon Keratoeyten, die schon naeh 14 Tagen beginnt. Epithelien sollen sogar noeh sehneller ersetzt werden. Ganz anders liegen die Verh/~ltnisse bei frisch transplan- tiertem Gewebe: Hier bleiben zahlreiehe Zellen des Spenders erhalten (Polack et al., 1962; Hanna u. Irwin, 1962).

AbsehlieBend ist als wesentliehes Resultat der vorliegenden Unter- suehungen festzustellen, dab die Feinstruktur der Hornhaut naeh Luft- trocknung so welt erhalten bleibt, dab dieses Verfahren die Voraus- setzungen ffir lamell~re Transplantationen erffillt.

Frau E. Dell und Frau A. Issing d~nken wir fiir hervorragende teehnische Assistenz.

Abb. 7. Zellkern ~us Epithelzelle nach Rehydrierung der luftgetroekneten Cornea, Kernmembran stellenweise wieder andeutungsweise erkennbar (~), dichte Glyko- genaggregate (G) in zahlreichen, schlauehf6rmigen Einbuchtungen der Kernhfillv. Tonofilamente im Cytoplasma gut erkennbar. Bleihydroxyd, elektronenmikro-

skopisch: 27000 •

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204: Ch. gem6 et al . :

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Dr. Ch. Rem6 Univ.-Klinik ffir Augenkranke Kopfklinikum D-8700 Wiirzburg Josef-Schneider- StraBe 11 Deutschland