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Arbeitskreis Wertanalyse und Value Management
Der Erfolg hat Methode: Wertanalyse und Value Management - Projektbeispiele
Hamburger Bezirksverein e.V.
Vorwort Technische und technologische Lösungen sind der Erfolgsfaktor, den unsere
heimischen Unternehmen sowohl im Export als auch bei der Inlandsproduktion im
internationalen Vergleich Wettbewerbsvorteile verschafft.
Die Kompetenzen unserer Ingenieure und die Fähigkeit, für die Aufgaben
kontinuierlich nach Lösungen zu suchen und mit Begeisterung daran zu arbeiten,
stellt dabei eine unverzichtbare Basis dar.
Jetzt ist die technische oder technologische Funktionalität nur eine Seite der
Medaille. Was nützt die beste Technik, wenn im gesamten Prozess des
Materialstromes einer Fertigung oder bei dem Einsatz der Roh- und Hilfsstoffe oder
der notwendigen Leistungen der Menschen in diesem Prozess nicht alles optimal
aufeinander abgestimmt ist.
Der Einkaufsleiter eines namhaften Hamburger Unternehmens sagte mir einmal
sinngemäß:
Was nützt mir die beste Technik, wenn meine Prozesse nicht in Ordnung sind. Dort
wird viel mehr vernichtet, als ich es durch Verhandlungserfolge bei meinen
Lieferanten erwirtschaften kann. Sind meine Prozesse nicht optimal aufgestellt, kann
das die Existenz des Unternehmens in Frage stellen.
Mit dieser Aussage wird deutlich, dass für Ingenieure und Unternehmer neben der
Technik noch ein weiterer Faktor von besonderer Bedeutung ist:
Wertanalyse und Value Management!
Was sich zunächst so anhört wie eines der vielen unnötigen Begriffe aus den
Managerveröffentlichungen wichtig erscheinender Magazine hat einen substanziellen
Hintergrund mit langjähriger Entwicklung.
Die Methode der Wertanalyse wurde schon in den 40iger Jahren bei General Electric
entwickelt. In einer kritischen Wert- (engl. Value) oder Nutzenbetrachtung wurden
vom Kunden geforderte Produktfunktionen den Gesamtproduktkosten und einer
Gesamtprozesskostenbetrachtung gegenübergestellt.
Heute sind unter dem Begriff „Wertanalyse“ verschiedene Einzelmethoden
gebündelt. Ziele sind u.a. Produktoptimierung, Kostensenkung,
Qualitätsverbesserung und der effiziente Einsatz der Mitarbeiter.
Der zentrale Maßstab aller Entscheidungen bei einer Wertanalyse ist der „Wert“, also
was erhalte ich mit welchem Aufwand.
Sie sehen, Ingenieurkunst hört nicht bei der Entwicklung erfolgreicher Technik auf,
sondern betrachtet auch rein wirtschaftliche Kriterien über den Nutzen der Technik.
Der Arbeitskreis Wertanalyse und Value Management des VDI Bezirksverein
Hamburg beschäftigt sich schon sehr lange und intensiv mit diesem wichtigen
Thema.
Die marktgerechte Gestaltung und Kostensenkung von Produkten und
Dienstleistungen ist heute mehr oder weniger selbstverständliches Handeln von
Firmen und Branchen aller Art, unabhängig ob Industrie, Handwerk, Mittelstand oder
Handel. Dies gilt auch zunehmend für Behörden.
Mit dem Erfahrungsaustausch des VDI Arbeitskreises auf dem Gebiet der
Wertanalyse werden den beteiligten Unternehmen und Teilnehmern eine wichtige
Drehscheibe und ein Managementwerkzeug an die Hand gegeben.
Die Ergebnisse von Wertanalyse und Value Management tragen zum
Unternehmenserfolg bei und sind damit auch ein wichtiger Beitrag zur Standort- und
Arbeitsplatzsicherung für die Metropolregion Hamburg.
Hierfür gilt mein Dank den Verfassern dieser Broschüre, Frau Kubin für die
redaktionelle Überarbeitung, den Teilnehmern und Gestaltern des Arbeitskreises und
insbesondere dem Arbeitskreisleiter Herrn Schernikau.
Dipl.-Ing. Peter Dibowski
Vorsitzender des
VDI Hamburger Bezirksverein e.V.
Zum Thema Dipl.-Ing. B. Schernikau, Leiter des VDI-Arbeitskreises Wertanalyse und Value Management, Hamburg; Wir leben in einer Zeit fortschreitender Globalisierung. Der Wettbewerb nimmt
ständig zu. Unternehmen müssen immer bessere Produkte und besseren Service
binnen immer kürzerer Zeitspannen anbieten. Das bedeutet
• Kundenwünsche optimal zu erfüllen
• Etwas anzubieten, das noch über die Kundenwünsche hinausgeht
• Einwandfreie Funktionalität
• Gute Qualität
• Hohe Zuverlässigkeit
• Niedriger Preis
• Kurze Reaktionszeiten.
Zusätzlich müssen die eigenen Kosten so gering wie möglich gehalten werden.
Unternehmen, die diese Herausforderungen am besten meistern, sind die Gewinner.
Zur Erreichung ständiger Verbesserungen, aber auch zur Neugestaltung von
Produkten und Prozessen ist der Einsatz von Wertanalyse und Value Management
von großem Nutzen.
Value Management dient der Steigerung von Werten. Es kann sich dabei um
Imageverbesserung, Verbesserung der Unternehmenskultur, Mitarbeiterförderung,
Serviceverbesserung, Produktoptimierung oder Neuentwicklung handeln. Zur
Erreichung der Ziele werden die jeweils zweckmäßigsten Methoden eingesetzt.
Wertanalyse kommt zur Anwendung, um bestehende oder sich abzeichnende
Probleme zu lösen. Beispiele solcher Probleme können sein:
• Kunden sind unzufrieden
• Prozesse sind zu aufwändig
• Produkt funktioniert nicht sicher
• Zuverlässigkeit des Produktes ist zu gering
• Kosten sind zu hoch
Aber auch:
• Die Entwicklung eines neuen Produktes stellt das Unternehmen vor viele
nachhaltig zu lösende Aufgaben.
Die Erfolgsfaktoren der Wertanalyse und des Value Managements sind:
Kundenorientierung
Bündelung der Kräfte des Unternehmens durch Projektarbeit mit
interdisziplinär zusammengestellten Teams (aus allen Fachbereichen, die für
die Bearbeitung erforderlich sind).
Berücksichtigung des Faktors Mensch – bewusster Umgang mit den
unterschiedlichen Verhaltensweisen der Teilnehmer.
Konsequentes, funktionenorientiertes Arbeiten.
Nutzung von Kreativitätstechniken.
Einsatz geeigneter Methoden.
Einbeziehung aller relevanten Kosten.
Bearbeitung der Themen in klar strukturierten Projekten.
Verantwortung auch für die Realisierung.
Bedeutende Hamburger Firmen zeigen anhand von Beispielen, wie durch den
Einsatz der Wertanalyse und des Value Managements nachhaltige Verbesserungen
erreichbar sind.
Die Autoren der Beiträge geben einen Einblick in unterschiedliche
Anwendungsmöglichkeiten, die jeweilige Vorgehensweise und die erzielten
Ergebnisse.
Im VDI-Arbeitskreis Wertanalyse und Value Management wird über Projektarbeit,
den Einsatz von Methoden und die Zusammenarbeit in interdisziplinären Teams
berichtet. Experten bringen hierzu ihre Erfahrungen ein. Aus praxisorientierten
Übungen und aus Diskussionen können die Teilnehmer des Arbeitskreises
Erfahrungen sammeln und Erkenntnisse für ihre tägliche Arbeit gewinnen und so
zum Erfolg ihres Unternehmens beitragen.
Inhalt
Seite
M. Staub, Airbus GmbH
Wertanalyse am Landeklappen-Träger 4 für den Airbus A330/A340 und A340-500/A340-600
1
H. Wildling, Beiersdorf AG.
Einsatz eines Biofilters zur Reinigung geruchsbelasteter Prozessabluft
13
S. Gärtner, Daimler AG
Projektschritte für ein sicheres Erreichen vorgegebener Zielkosten
16
H. Holst, Eppendorf Instrumente GmbH
Projektablauf einer Ersatzinvestition für eine Maschine zur Produktion von Micro- und Gelloader
22
Dr. F. v. der Hagen, Lufthansa Technik AG.
Analyse und Optimierung von Logistikprozessen am Beispiel von VIP-Completions bei der Lufthansa Technik AG Hamburg
30
S. Hennig, Still GmbH
Erfolgreiche Produktklinik an einem Gabelstapler
40
B. Schernikau, Airbus GmbH
Wertanalyse mit Lieferanten
50
1
Wertanalyse am Landeklappenträger 4 für die Airbus Muster A330/A340 und A340-500/A340-600
Dipl. Ing. M. Staub, Airbus Deutschland GmbH, Hamburg
1. Einleitung
Die Luftfahrtindustrie sowie die Fluggesellschaften befinden sich in einem harten
Konkurrenzkampf in sich immer schneller ändernden Märkten. Fluggesellschaften
müssen Ihre Passagiere mit flexiblen Dienstleistungen zu attraktiven Preisen an ihre
Produkte binden, und die Flugzeughersteller müssen sehr zuverlässige Produkte zu
möglichst niedrigen Preisen bei gleichzeitig niedrigen Betriebskosten anbieten.
Daher nimmt die Herstellkostenreduzierung eine immer wichtigere Rolle im
Flugzeugentwurf und in der Produktion ein.
Um diesen sich teilweise auf den ersten Blick widersprechenden Anforderungen
gerecht zu werden, ist es notwendig, ganzheitliche Methoden, wie die
Funktionsanalyse oder die Wertanalyse, einzusetzen.
Seit Anfang der achtziger Jahre werden mit Hilfe der Wertanalyse Produktionskosten
gesenkt.
Im Rahmen der Wertanalyse im Jahr 2002 ging es um die Kostensenkung im
Landeklappenträger 4 im Airbus Long Range A330/A340 Programm.
Nachfolgend ist die Hochauftriebs-Prozesskette bei Airbus in Bremen dargestellt.
(Die Wertschöpfungskette ist in Bild 2 dargestellt.)
2
Bild 2: Schematische Darstellung der Prozesskette Hochauftrieb
2. Grundschritt 1: Projekt vorbereiten
2.1 Moderator benennen
Moderator war das Ingenieurbüro Graf, welches in Absprache mit dem Airbus-Werk
in Varel die Leitung und Durchführung der Wertanalyse übernehmen sollte.
2.2 Auftrag übernehmen, Grobziel mit Bedingungen festlegen
Zielsetzung:
- Kostensenkung um ca. 30%
- Gewichtsreduzierung um ca. 30%
- Möglichst gleiche Teile für alle aktuellen Versionen der Long Range
Flugzeugfamilie
3
- Berücksichtigung aller bis dahin bekannten Anforderungen für eine
Flugzeugversion mit erhöhtem Abfluggewicht
2.3 Untersuchungsrahmen abgrenzen
Der Untersuchungsrahmen war der Träger als ganze Einheit inklusive der
Anschlussbuchsen und der sogenannten H-Lenker.
Die Schnittstellen zur Landeklappe und zum
Landeklappenwagen sollten nicht verändert werden.
2.4 Projektorganisation festlegen
Die Projektgruppe bestand aus Vertretern der Airbus-Werke, der Konstruktion, der
Statik, sowie aus einem Vertreter der Programmleitung und der Wertanalyse.
2.5 Projektablauf planen
Der geplante Untersuchungszeitraum wurde mit 6 Monaten angesetzt.
Die Einführung in die Serienproduktion war für das Jahr 2004 geplant.
Die Amortisation sollte innerhalb von 2 Jahren erfolgen.
Die Analyse mit den Arbeitsschritten
• Ist / Soll-Analyse
• Alternativenentwicklung
• Alternativenbewertung
• Entscheid / Änderungsantrag
sollte im Zeitraum 06.2002 bis 12.2002 erfolgen.
Es waren ca. 7 bis 10 Sitzungen geplant.
3. Grundschritt 2: Ist-Zustand beschreiben
3.1 Objekt und Umfeldinformationen beschaffen
Der Landklappenträger besteht aus vier Hauptbauteilen
4
Dem inneren, mittleren und äußeren Träger und einer Titanlasche zwischen dem
mittleren und äußeren Träger. (Siehe Bild 3)
Bild 3: Landeklappenträger 4
Die aktuelle Konstruktion besteht aus drei unterschiedlichen Frästeilen, welche mit
rund 100 Verbindungselementen zusammengebaut werden.
(Siehe Bild 4)
Bild 4: Lösung vor der Wertanalyse
Titanlasche Innerer Träger
Mittlerer Träger
Äußerer Träger
5
Fertigungsstandorte für die Bauteile sind:
Airbus-Werk Varel für die Zerspanteile (die drei Trägerteile)
Aufspindelarbeiten nach dem Zusammenbau
Airbus-Werk Bremen Elektronenstrahlschweißen
Zusammenbau des Trägers
Systemgrenzen:
Zur Sicherstellung der Austauschbarkeit müssen die Trennstellen des Trägers (und
der H-Lenker) so erhalten bleiben, dass keine Modifikation der Antriebsstange, des
Landeklappenwagens, des Rear Links und der Landeklappe erforderlich sind.
(Siehe Bild 5)
Bild 5: Landeklappen – Landeklappenträger System
Äußere LandeklappeLandeklappenträger
Landeklappenwagen
vorderer H-Lenker
hinterer H-Lenker
6
3.2 Kosteninformationen beschaffen
Tabelle 1: Fertigungskosten des Landeklappenträgers 4 vor der Wertanalyse
In Tabelle 1 ist exemplarisch eine Kostenaufstellung für das Werk Varel gezeigt.
Die realen Werte stammen aus SAP R3 und sind kalkulierte Werte.
Hier sind diese Werte prozentual dargestellt. Die Darstellung erfolgt hier prozentual;
während man im realen Projekt als Einheit EURO wählt. Auch das Airbus-Werk in
Bremen hat uns hier Daten zur Verfügung gestellt.
3.3 Funktionen ermitteln
Zunächst wurde über die Funktionen des Landeklappenträgers und der H-Lenker
diskutiert. Diese Komponenten werden bei den auf drei Schienen laufenden äußeren
Landeklappen im Airbus A330/A340 Long Range Programm verwendet.
Hauptfunktion:
Durch den Träger, die H-Lenker und deren spezifische Anordnung wird die
Landeklappe an der mittleren Trackstation nur senkrecht zur Landeklappensehne
festgehalten.
Nr. Bezeichnung Stück Ftg.-kosten Mat.-kosten Herstellkostenpro AC pro AC pro AC pro AC
1 Baugr. Träger Track 4 1 87% 13% 10%2 Baugr. Träger Track 4 1 87% 13% 10%3 Mittelträger Track 4 1 55% 45% 12%4 Mittelträger Track 4 1 55% 45% 11%5 Träger Innen 1 59% 41% 7%6 Träger Innen 1 56% 44% 7%7 Träger Aussen 1 65% 35% 6%8 Träger Aussen 1 67% 33% 7%9 Titanplatte 2 54% 46% 3%
10 Baugr. Gabel Aussen 2 100% 0% 1%11 Gabel Aussen 2 100% 0% 4%12 U-Profil 4 69% 31% 8%13 Steg 4 34% 66% 1%14 Gabel Innen 2 80% 20% 2%15 Bundbuchse 4 0% 100% 2%16 Bundbuchse 4 0% 100% 2%17 Bundbuchse 8 0% 100% 3%18 Baugr. Gabel Innen kpl. 2 100% 0% 2%
Summe : 100%
7
Durchbiegungen des belasteten Flügelkastens werden der Landeklappe nur
senkrecht zur Klappensehne aufgezwungen (Klappe biegeweich), nicht jedoch in
Sehnenrichtung (Klappe biegesteif); insbesondere zutreffend bei ausgefahrenen
Klappenstellungen.
System “Mittlerer Träger“:
Zur Abwendung der Hochkantverbiegung der Klappe sind auch andere
Vorkehrungen oder Systeme denkbar. Jede andere Möglichkeit bedeutet jedoch
umfangreiche Anpassungen der Klappe, der Supportstruktur und des
Antriebssystems. Solche weitgehenden Lösungswege widersprechen der
Zielsetzung zur Sicherstellung der Austauschbarkeit und passen nicht in den
gegebenen Rahmen “Budget, Kapazität und Termine“.
3.4 Lösungsbedingende Vorgaben ermitteln
Wertanalyseergebnisse, die Systemänderungen beinhalten, werden nicht verfolgt.
Die Funktionen der Gelenke zwischen H-Lenkern und mittlerem Träger wurden
hinterfragt.
Der einfache Wegfall eines solchen Gelenkes ist nicht möglich, da dieses eine neue
Auslegungsphilosophie bedeutet und damit eine neue Zulassung erforderlich würde.
3.5 Kosten den Funktionen zuordnen
Hier wurde bewusst auf die vollständige Systematik der Wertanalyse verzichtet, da
schnell klar wurde, dass größere Systemänderungen jeden Investitionsrahmen
sprengen würden.
8
4. Grundschritt 3: Soll-Zustand beschreiben
4.1 Informationen auswerten
Hier gab es lebhafte Diskussionen um eine ganz generelle Auslegungsfrage im
Flugzeugbau.
Lasttragende Bolzenverbindungen und andere Bauteile können auf ein
Flugzeugleben dimensioniert werden, oder man toleriert einen Schaden, wenn man
sicher ist, diesen Fehler rechtzeitig erkennen zu können und dieser nicht zu einem
Versagen anderer Strukturen führt.
Der vordere Anschluss der Landeklappe über den vorderen H-Lenker bis hin zum
Wagenanschluss muss 2-pfadig d.h. „Damage Tolerant“ ausgelegt werden.
Der hintere Anschluss der Landeklappe über den hinteren H-Lenker bis zum Rear
Link muss ebenfalls 2-pfadig ausgelegt werden.
Der hintere Teil des Landeklappenträgers muss ebenfalls „Damage Tolerant“
ausgelegt werden, da ein Versagen das System unkontrollierbar werden lässt.
Anschlussaugen werden entsprechend den Behördenanforderungen zweipfadig
ausgelegt (sofern nicht weitere Anschlüsse ein Versagen kompensieren können).
Abweichend einpfadig ausgelegte Anschlüsse benötigen in jedem Fall eine
Inspektion während des Flugzeuglebens (Mid Life Inspection).
Man versprach sich weiteres Kostensenkungspotential, wenn eine flexiblere
Auslegung machbar wäre.
Hier zeigt sich, wie sinnvoll eine periodisch durchgeführte Wertanalyse sein kann, da
man immer wieder überprüft, ob Vorschriften noch aktuell sind oder man den
aktuellen Stand der Technik berücksichtigen kann.
9
5. Grundschritt 4: Lösungsideen entwickeln
5.1 Vorhandene Ideen sammeln Ausgehend von den diskutierten Rahmenbedingungen und den beschriebenen
Aufgaben / Funktionen wurden Ideen für alternative Lösungen gesammelt: 1. Landeklappenträger - Breite für 220 mm Platten auslegen; als ein einteiliges
Integralteil gestaltet.
2. Landeklappenträger aus Schmiedeteil, in X-Richtung geschmiedet, ein
Mittelsteg, gegebenenfalls Fachwerk.
3. Landeklappenträger aus Schmiedeteil, in Z-Richtung geschmiedet, zwei Stege,
kleiner separater Beschlag für Outboardanschluss vorderer H-Lenker.
4. Vorderen H-Lenker einseitig anschließen (! Ausfall Antrieb 5).
5. Inboardhälfte Antriebsgabel, separater Beschlag (kleinere Plattendicke).
6. Antriebsstange mit Gabelkopf ausgebildet (kleinere Plattendicke).
7. Landeklappenträger mit Mittelsteg als Integralteil.
8. Kurzer Außenträger, nur im Bereich vorderer H-Lenker.
9. Titanplatte, Außenkontur wasserstrahlgeschnitten.
10. Zahnscheiben, wasserstrahlgeschnitten.
11. Landeklappenträger - Gabel für Rear Link einpfadig ausgelegt.
12. Karbonbuchsen durch unbeschichtete Buchsen abweichender Härte ersetzen.
13. Überlappende Schachtelung des Trägers in der Fräsplatte.
14. Träger in Differenzialbauweise, vorn und hinten je ein kleiner Beschlag,
dazwischen eine Stange.
15. Träger als Alu-Gussteil.
16. Anschluss Antriebsstange, Ersatz Shur Lok-Mutter durch Halm-Mutter.
17. Zahnscheibe Wagenauge, Sicherung durch einen Schraubbolzen.
10
Nach einer ersten Durchsicht sollten mit Ausnahme der Idee 13 alle weiteren Ideen
weiterverfolgt werden.
5.2 Neue Ideen entwickeln
Lösungswege: In der anschließenden Diskussion wurde aus der Summe der Ideen eine erste
Lösungsrichtung formuliert:
Der Mittelträger mit dem Innenträger wird zu einem Integralteil zusammengefasst.
Die Plattendicke beträgt dabei ca. 190 mm. Eine Titanplatte und ein kurzer
Außenträger (Idee Nr. 8) mit Hi Lok werden angesetzt. Rear Link-Gabel werden
einpfadig, mit einem Mittelsteg versteift.
Das Kostensenkungsziel von 30% pro Flugzeug ist den Erkenntnissen des
bisherigen Wertanalyseverlaufes erreichbar und mit einem vertretbaren Aufwand an
NRC (Non Recurring Cost) realisierbar.
Der Landeklappenträger TR4 enthält Bauteile zweier größerer Bauteilfamilien, für die
z.B. das Wasserstrahlschneiden von Endkonturen mit einem erheblichen
Kostensenkungspotenzial geprüft werden konnte.
Im Team wurde entschieden, hier eine separate Untersuchung zu initiieren.
6. Grundschritt 5: Lösungen festlegen
6.1 – 6.5 Lösungen bewerten und weiter ausarbeiten Aus dem Umfang der vorliegenden Lösungsideen wurden folgende alternative Lösungen gesehen:
1. Die Mittelträger und die Innenträger werden zu einem Integralteil mit einem Mittelsteg zusammengefasst und aus einer 190 mm Platte hergestellt. Der kurze
11
Außenträger (Idee Nr. 8) wird zusammen mit der Titanplatte (2.Lastpfad) mit Hi Lok angesetzt. Die Rear Link-Gabel wird einpfadig ausgelegt.
2. Der Mittelträger mit dem Innenträger wird zu einem Integralteil mit zwei Mittelstegen zusammengefasst.
3. Wie 1., Integralteil aus Gesenkschmiedeteil hergestellt. 4. Wie 1., sowie Entfall des äußeren Lagers für den Bolzen des vorderen H-Lenkers.
Es wurde entschieden, dass Lösung 4.) weiterentwickelt wird. Die Umrisskonturen der hinteren Titanlaschen werden durch einen Wasserstrahlschnitt fertiggestellt. Die Lagerbohrung wird durch den Wasserstrahlschnitt vorgefertigt, und nur die zu fügende Fläche einer Lasche wird plangefräst. Alle notwendigen Vorgaben zur Sicherstellung dieser Fertigungsverfahren werden in die Bauunterlagen eingebracht. Durch diese Vereinfachung der Fertigungsschritte konnten weitere Einsparungen erzielt werden.
6.6 Lösungen bewerten
Die neue Lösung zeichnet sich durch folgende Merkmale aus:
Der Hauptkörper des Trägers besteht aus einem integralen Frästeil, und ist für alle
„alten“ und aktuellen, sowie zukünftige Versionen der A330/A340 Familie baugleich.
Die Anpassungen werden über einen separat angenieteten Beschlag sichergestellt.
Dadurch konnte eine beachtliche Zahl von Verbindungselementen entfallen und man
erspart sich einen aufwendigen Zusammenbau.
Außerdem konnten so auch die Bolzenverbindungen im Prinzip erhalten bleiben, was
ebenfalls Kosteneinsparungen mit sich brachte. (siehe Bild 6)
Bild 6: Neuer Landeklappenträger mit separatem Beschlag
12
Analog zu Tabelle 1 sind die Kalkulationen für NRC und Delta RC Kosten erstellt
worden.
So konnte dann die Wirtschaftlichkeitsrechnung erstellt werden.
Es bleibt festzustellen, dass der Aufwand für die Teamarbeit und die begleitenden
Arbeiten nur einen sehr geringen Anteil an den Gesamtkosten darstellt.
In diesen Fall sind ca. 13% der gesamten NRC Kosten für die Teamarbeit
aufgewendet worden.
Da die Wirtschaftlichkeit der Maßnahme gegeben war, wurde anschließend mit der
Realisierung begonnen.
In Abstimmung mit der Programmleitung und den Fachbereichen wurde ein
Projektplan erstellt, um eine termingerechte Einführung sicherzustellen.
Während man für die Wertanalyse im Team ca. 10 Teamsitzungen in 6 Monaten für
die Durchführung der eigentlichen “Analyse-Phase“ benötigte, sind für die Einführung
in die Fertigung gut 1,5 Jahre einzuplanen.
7. Zusammenfassung In diesem Bericht sollte eine Wertanalyse bei Airbus schematisch dargestellt werden.
Die angestrebten Ziele der Wertanalyse wurden im vorliegenden Fall voll erreicht.
Das Ergebnis: Kostensenkung von ca. 30% bei gleichzeitiger Gewichtsreduzierung.
Weiterhin ist der zentrale Landeklappenträger kommunal für alle alten und neuen
Versionen innerhalb der jeweiligen Version der Long Range Familien. (A330/A340 Basis und A340-500/-600)
Bild 7: Erster „real“ gefräster Landeklappenträger 4 (kommunales Frästeil ohne Beschlag)
Produktion Hamburg, Herstellung Chemische Grundstoffe, Werk 2
13
Einsatz eines Biofilters zur Reinigung geruchsbelasteter Prozessabluft Dipl.-Ing. H. Wildling, Beiersdorf AG, Hamburg Kurzfassung
In diesem Beitrag wird der erfolgreiche Pilotversuch einer Biofilteranlage zur
Senkung der Geruchsbelästigung geschildert.
1. Was war das Problem?
In unserer Emulgatorherstellung verarbeiten wir Wollwachs, um die gewünschten
Wollwachsalkohole (Eucerit®) zu gewinnen. Die nach Schaf riechende, fetthaltige
und geruchsbelastete Abluft aus dieser Herstellung wurde ungereinigt in die
Atmosphäre emittiert. Dieser Tatbestand führte immer wieder zu
Geruchsbelästigungen im angrenzenden Wohngebiet und zu Beschwerden der
Anwohner.
2. Was unternahmen wir dagegen?
Die nachstehenden Aktivitäten wurden abgearbeitet:
o Geruchsmessungen wurden durchgeführt, diese ergaben ca. 22000 - 25000
Geruchseinheiten (GE) in der Rohluft.
o Parallel dazu wurden verschiedene Filtrations- und Reinigungsverfahren auf
Funktionstüchtigkeit, Wirksamkeit, Umweltverträglichkeit und Wirtschaftlichkeit
untersucht. Ziel war, die Geruchsbelastung auf ca. 2200 – 2500 GE zu
reduzieren.
o Von allen untersuchten Verfahren versprach das Biofilter die meisten Vorteile,
es gab leider wenig Erfahrung und kaum Referenzen, deshalb entschlossen
wir uns zu einem Pilotversuch.
o Die Versuchsanlage wurde installiert und ca. ein Jahr im Teilstrom betrieben.
Die Ergebnisse waren äußerst zufrieden stellend.
o Die Großanlage wurde 1989 projektiert, 1990 umgesetzt und in Betrieb
genommen.
Produktion Hamburg, Herstellung Chemische Grundstoffe, Werk 2
14
3. Biofilteranlage Werk 2
Bild 2 Biofilter Foto 1
Aufnahme von in Wasser gelöstenStoffen
Organischer Schad-stoff = C-Verbindung
+Sauerstoff (O2)
Oxidation zuCO2 und H2O
AufbauzelleigenerSubstanz
Abgabe vonCO2 und H2O
Vermehrung der Zelle(es entsteht Biomasse)Zelle
Stoffwechselprozess in einer Mikroorganismuszelle
Aufnahme von in Wasser gelöstenStoffen
Organischer Schad-stoff = C-Verbindung
+Sauerstoff (O2)
Oxidation zuCO2 und H2O
AufbauzelleigenerSubstanz
Abgabe vonCO2 und H2O
Vermehrung der Zelle(es entsteht Biomasse)Zelle
Stoffwechselprozess in einer MikroorganismuszelleMikroorganismen
Sorption
Rei
ngas
CO2+H2O
W a s s e r p h a s eBiofilm
Roh
gas }
Filtermaterial-partikel
Biofilm
Abbau
Mikroorganismen
Sorption
Rei
ngas
CO2+H2O
W a s s e r p h a s eBiofilm
Roh
gas }
Filtermaterial-partikel
Biofilm
Abbau
Mikroorganismen
Sorption
Rei
ngas
CO2+H2O
W a s s e r p h a s eBiofilm
Roh
gas }
Filtermaterial-partikelFiltermaterial-partikel
Biofilm
Abbau
Bild 1 Biofilter Prinzipskizze
Produktion Hamburg, Herstellung Chemische Grundstoffe, Werk 2
15
4. Was hat es gebracht?
o Inzwischen blicken wir auf eine langjährige Erfahrung zurück und stellen fest,
dass die Ergebnisse des Pilotversuches von der Großanlage weit übertroffen
wurden.
o Die Anlage baut die mit etwa 25000 GE belastete Rohluft auf eine
Restbelastung von ca. 400 GE ab, d. h. es ist praktisch nur noch der reine
Betteigengeruch feststellbar (Torf, Heidekraut, etc.).
o Diese Anlage ist Sommer wie Winter äußerst wartungsarm und problemlos zu
betreiben, alle 2 … 3 Jahre „Nachstopfen“ von Filtermaterial infolge partieller
Bettabsenkung, kompletter Bettaustausch ca. alle 6 – 7 Jahre.
o Die Instandhaltungskosten der Biofilteranlage belaufen sich auf ca. 2,3 % p. a.
vom Anschaffungswert.
5. Fazit
o Unser Problem wurde mit Hilfe einer Biofilteranlage termingerecht, zu den
kalkulierten Kosten, sehr wirkungsvoll, sicher und umweltfreundlich gelöst.
o Es gibt seitdem keinerlei Beschwerden mehr von den Anwohnern, somit
wurde das angestrebte Projektziel eindeutig erreicht.
Bild 3 Biofilter Foto 2
16
Projektschritte für ein sicheres Erreichen vorgegebener Zielkosten Wertanalyse im Mercedes-Benz Werk Hamburg Dipl.-Ing. Stephan Gärtner, Daimler AG Kurzfassung
Die Wertanalyse ist ein geeignetes Mittel, um die Zielkosten bei einem
Fahrzeugprojekt zu erreichen und einen Lieferantenunterstützungsprozess (LUP) zu
beginnen.
Die folgenden Darstellungen zeigen Schritte in einem Wertanalyseprojekt, welches in
der Entwicklungsphase begonnen worden ist. Es wurde eine Baugruppe aus einem
PKW-Projekt gewählt, welche vor ca. einem Jahr in die Serie eingeflossen ist.
Innerhalb von 4 Projektsitzungen wurden Lösungen erarbeitet, und nach 6 Monaten
wurde ein erster Zwischenstand präsentiert.
Bild 1: Verschiedene Phasen für den Einsatz von Wertanalyse
17
Wertanalyseprojekt „Betätigungseinheit“
Ist-Aufnahme Anhand der ersten Vorkostenplanung werden die Herstellkosten des neuen
Produktes ermittelt und mit dem vorgegebenen Gesamtzielwert verglichen. Weicht
der errechnete Wert von dem Zielwert ab, muss eine Optimierung des Bauteils und
seiner Untergruppen erfolgen. Dazu werden die Einzelkosten der Baugruppe ermittelt
und in einem Paretodiagramm dargestellt.
Bild 2: Paretodiagramm
Das Paretodiagramm soll helfen, Wichtiges vom Unwichtigen zu trennen. Aus
mehreren Kostenbausteinen werden diejenigen herausgefiltert, die den größten
Einfluss auf die Gesamtkosten haben.
These: 20% der Bauteile beeinflussen 80% der Kosten.
Ermittlung der Zielkosten für einzelne Bauteile / -Gruppen Sind die wertigen Bauteile bestimmt, werden im Anschluss die Zielkosten für die
jeweilige Baugruppe oder für einzelne Bauteile ermittelt.
Ansatzpunkt ist der bestehende Einkaufswert für die Baugruppe/-Teil aus der
laufenden Serie. Bei dem neuen Konzept sollen einige Bauteile aus der laufenden
18
Serie weiter verwendet werden, sodass ein erster Kostensenkungsbaustein
gefunden ist (Mengeneffekt).
Im neuen Fahrzeug kann der Betätigungshebel nicht verwendet werden, deshalb
muss dieser aus der Kostenaufstellung herausgenommen und der neue Hebel
kostenmäßig hinzugerechnet werden.
Als letzter Kostenbaustein für die Zielkostenfindung wird der zu erwartende
Mengeneffekt in der Montage und Fertigung bewertet. Da das neue Bauteil
zusätzlich zu einer vorhandenen Baugruppe gefertigt wird, werden sich auch die
Umlagen für Werkzeuge/Vorrichtungen und Anlagen kostenmindernd auswirken.
Bild 3: Zielkosten
Mit diesem Zielwert wird nun der vorher ausgewählte Lieferant konfrontiert und mit
seinem Angebotswert verglichen. In der Regel liegt der Wert höher, und es muss nun
das Bauteil genauer untersucht werden, d.h. es muss zusammen mit dem
Lieferanten eine Wertanalyse erfolgen. Hierfür werden Teams zusammengestellt, die
sich zu regelmäßigen Projektgesprächen treffen.
Je nach Umfang und Größe des Projektes werden entsprechende Experten
eingeladen.
19
Organisation und Methoden
Bild 3: Teamzusammenstellung
Um den Erfolg des Projektes zu gewährleisten, müssen beim ersten Projektgespräch
Vereinbarungen bzgl. Geheimhaltung, Verteilung der erzielten Einsparungen und
Patentfragen getroffen werden, dazu gehört auch die Offenlegung der Kalkulation
seitens des Lieferanten. Zusätzlich ist natürlich auch die Rolle des Moderators und
der Protokollführung abzustimmen. Sind diese Punkte alle geklärt, kann das Projekt
beginnen.
Um Ideen zu finden und zu sammeln, haben sich bei uns folgende Methoden als
recht effektiv herausgestellt, da sich bei diesen der Zeitaufwand in Grenzen hält:
• Brainstorming
• Morphologischer Kasten
• 6-3-5 Methode
• Patentrecherche
• Benchmark
20
Sind einige Ideen gefunden und diskutiert worden, müssen diese bewertet und
untereinander verglichen werden, sowohl technisch als auch kostenmäßig.
Dabei kommt die Vorgehensweise nach VDI 2225 zur Anwendung, die mit einfachen
Mitteln ein gutes und präsentationsfähiges Tool anbietet. In einer Matrix werden alle
Ideen eingetragen, beschrieben und mit einer Skizze ergänzt.
Die anschließenden Bewertungen werden gemeinsam im Projektteam durchgeführt,
wobei die jeweiligen Kostenermittlungen im Vorwege erfolgen und nur noch die
Gesamtkosten der gefundenen Lösung in die Datei eingetragen werden müssen.
Mit dieser Vorgehensweise werden sowohl die technischen als auch die
kostenseitigen Entscheidungspunkte der Varianten miteinander verglichen, um somit
die beste Lösung herauszufinden.
Bild 4: Bewertungsmatrix
21
Managementinformation Die Arbeitsergebnisse werden dokumentiert durch die Darstellung der geeigneten
Lösungsansätze und durch die Ermittlung des Kostenstandes. Zusätzlich werden die
Chancen und Risiken bewertet und als Ausblick mit aufgeführt.
Bild 5: Präsentation Zwischenstand
Fazit
• Wertanalyse ist ein fester Bestandteil der Entwicklungsarbeit
• Die Wertanalyse ist sehr gut geeignet, ein Kostenverständnis der Entwickler
zu erreichen
• Förderung der Teamarbeit
• Hoher Kontrollaufwand
• Zulieferer sind aktiv mit eingebunden, wobei vorher die Rahmenbedingungen
geklärt wurden.
22
Projektablauf einer Ersatzinvestition für eine Maschine zur
Produktion von Micro-/Gelloader Dipl.-Ing. Helmut Holst, Eppendorf Instrumente GmbH Kurzfassung An diesem Projekt soll aufgezeigt werden, wie durch gute Teamarbeit, straffe Projektführung und realistische Zielsetzung die Entscheidungsträger überzeugt werden können und damit Projekte zum Erfolg geführt werden. Neunzehn Jahre wurden auf einer Produktionsmaschine zwei Produkte hergestellt, bei der aufgrund des Alters der Maschine, die Ersatzteilversorgung sehr schwierig bis unmöglich war. Die Wartungsaufwendungen waren sehr hoch, die Maschine stand kurz vor dem Kollaps. Das Produkt hätte in diesem Fall nicht mehr gefertigt werden können. Der Projektauftrag lautete: Ersatzbeschaffung der Maschine bei gleichen Herstellkosten. Die von der Projektgruppe definierten Ziele waren:
• Herstellkosten (Heko) Reduzierung um ca. 25 %. • Ausschuss < 10%, • Mitarbeiterbindung 60%, • Maschinenverfügbarkeit > 90%, • Instandhaltungs-/Wartungskosten < 1%,
Als Ergebnis wurden erreicht:
• Heko Reduzierung 35%, break even nach ca. 1,8 Jahren • Ausschuss < 10% Ist Ende 2006 4,6% • Mitarbeiterbindung 60% Ist Ende 2006 50% • Maschinenverfügbarkeit > 90% Ist Ende 2006 92% • Instandhaltungs-/Wartungskosten < 1% kann noch nicht bewertet werden
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Produktionssituation in der Historie
GELoader Diese Pipettenspitze erleichtert das Auftragen von Proben auf Polyacrylamid-Gele zur DNA-Sequenzierung. Der GELoader Tip hat eine 15 mm lange Spitze mit einem definierten Durchmesser von weniger als 0,3 mm.
Microloader Pipettentip zum rückseitigen Füllen von Mikroinjektionskapillaren. Ideal auch zum Zurückgewinnen überschüssiger Lösung aus der Kapillare
19 Jahre produzierte diese Maschine im 1-Schichtbetrieb die Geloader-/Microloader-spitzen. Nach 19 Jahren Produktionsbetrieb war der Wartungsaufwand sehr hoch, die Ersatzteilbeschaffung schwierig, der Ausschuss hoch. Die Maschine drohte zu kollabieren mit der Konsequenz der Produkteinstellung. Im Jahr 2002 wurde ein Projekt mit dem Ziel gestartet, die Maschine zu ersetzen. Die Umsetzung des Projektes erwies sich als nicht wirtschaftlich, weshalb darauf verzichtet wurde.
Baujahr der alten Maschine 1987
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Projektauftrag mit Projektziel Im Mai 2005 wurde durch die Abteilungsleitung beim Projektmanagement Produktion das Projekt „Ersatzbeschaffung der Produktionsmaschine“ in Auftrag gegeben. Das Projektziel war die Sicherstellung der Produktion für diese 2 Produkte bei gleichen Herstellkosten (Heko). Projektablauf Der Projektmanager Produktion stellte das Projektteam aus den Bereichen Disposition/Arbeitsplanung, Systembetreuung, Qualitätssicherung und Einkauf zusammen. Mit dem Projektteam wurden die folgenden Arbeitspakete festgelegt: 1. Ist-Analyse 2. Projektziele detailliert festlegen 3. Soll-Beschreibung der Maschine 4. Erstellung Pflichtenheft 5. Angebote mit Maschinenkonzepten einholen 6. Entscheidung vorbereiten mit Bewertung der Angebote Ist-Analyse In der Ist-Analyse wurden folgende Fakten ermittelt: • Ca. 35% - 40 % Ausschuss • Mitarbeiterbindung 100% • Maschinenverfügbarkeit ca. 70% • Instandhaltungs-/Wartungskosten 11% der Lieferleistung Aus der Ist-Analyse wurden die Projektziele detailliert festgelegt: • Ausschuss < 10% • Mitarbeiterbindung 60% • Maschinenverfügbarkeit > 90% • Instandhaltungs-/Wartungskosten < 1% • Heko Reduzierung um ca. 25 %
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Soll-Beschreibung der Maschine
• Leistungsdaten: Durchsatz/h, Maschinenverfügbarkeit, Ausschuss, Mitarbeiterbindung, etc. • Maschinenausführung: Verschmutzung, Lärm, Material-Vorlage/Entnahme Rüstaufwand, Verschleißteile, Steuerung, etc. • Qualitätsanforderung: Prüfanforderungen für das Produkt, Lebensdauer • Preisvorgabe Bearbeitung der weiteren Projektschritte
• Voruntersuchungen zur Ermittlung von Prozessparametern • Erstellen des Pflichtenheftes • Angebote einholen • Angebote bewerten • Entscheidung vorbereiten Entscheidung vorbereiten
• Angebot von drei Anbietern aus Schleswig-Holstein, Thüringen, Hamburg • Auswertung der Angebote • Empfehlung an Entscheidungsträger GF der Eppendorf Instrumente GmbH
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Entscheidung
• Die Geschäftsführung folgte der Empfehlung durch die Projektgruppe • Entscheidung für den Anbieter aus Thüringen (Anbieter 2) Begründung: 1. Gutes Konzept 2. Nahe an der Preisvorgabe 3. Kurzfristiger Liefertermin Vorbereitung über Auftragserteilung • Erstellung des Vertrages durch das Einkaufsmanagement. • Überarbeitung des Pflichtenheftes durch das Projektmanagement. • Auslösen der Bestellung
Angebote Maschine
80%
71%
100%
0%
20%
40%
60%
80%
100%
120%
Anbieter 1 Anbieter 2 Anbieter 3
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Auftragsüberwachung • Freigaben der Konstruktionsabschnitte • Freigaben der Zahlungen • Bauaufsicht Abnahme im Werk des Auftragnehmers nach Abnahmespezifikation gemäß
Pflichtenheft Leistungsdaten Maschinenausführung Qualitätsanforderungen Aufstellung im Haus Eppendorf • Installation und Inbetriebnahme der Sondermaschine • Probelauf der Maschine über eine Woche • Erstmusterfreigabe der beiden Produkte • Freigabe zur Serienfertigung Die Neue Maschine • Produktionstestbetrieb über 3 Monate • Überprüfung der Leistungsdaten auf
Langzeitstabilität Fehlerkatalog Durchsatz Gutstück Ausschuss Maschine/gesamt Maschinenverfügbarkeit etc.
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Ergebnis • Leistungsdaten der Maschine wurden im vollen Umfang erfüllt. Ausschuss < 10% Ist Ende 2006 4,6% Mitarbeiterbindung 60% Ist Ende 2006 50% Maschinenverfügbarkeit > 90% Ist Ende 2006 92% Instandhaltungs-/Wartungskosten < 1% kann noch nicht bewertet werden • Zusätzliche Features der Maschine Parameter einstellbar wie: Temperatur, Ziehlänge/ -Geschwindigkeit, Schneidlänge. Neue Produktvarianten sind nun möglich. • Kosten Heko Reduzierung 35% break even nach ca. 1,8 Jahren
Liefermenge/Ausschuß gesamt
9,4%
12,1%
8,7%
5,0%4,3%
0
10
20
30
40
50
60
Aug Sep Okt Nov Dez
Satz
/Tag
0,0%
5,0%
10,0%
15,0%
Aus
schu
ß ge
sam
t
LiefermengeAusschuß gesamt
Soll: 5%
Durchsatz/Ausbringung Gut-Stück 2006
995
861
941966
1.004
690
818
94,8%94,1%
95,0%
96,7%
98,9%
87,2%
88,7%
600
650
700
750
800
850
900
950
1.000
1.050
1.100
1.150
1.200
Juni Juli Aug Sep Okt Nov Dez
Dur
chsa
tz/h
80,0%81,0%82,0%83,0%84,0%85,0%86,0%87,0%88,0%89,0%90,0%91,0%92,0%93,0%94,0%95,0%96,0%97,0%98,0%99,0%100,0%
Aus
brin
gung
Gut
Stü
ck
Durchsatz/h St/hAusbringung Gut-Stück [%]
Soll: 1000 St/h
Soll: 95 %
Fehler/Tag
10,6
12,8
9,4
7,0
6,0
7,0
3,1
0,5
2,4
0,8
1,3
0,70,9
0,30,0
2,0
4,0
6,0
8,0
10,0
12,0
14,0
Juni Juli Aug Sep Okt Nov Dez
Anza
hl F
ehle
r/Tag
0,0
0,5
1,0
1,5
2,0
2,5
3,0
3,5
4,0
4,5
5,0
Fehl
erbe
hebu
ng/T
ag [h
]
Anzahl FehlerFehlerbehebung [Std]
Soll: 1,5 Fehler/Tag
Fehlerverteilung Mittelwert pro Monat
Station 7 (Folgefehler)3% Station 11 nicht erkannt
6%
Palettenstau4%
Station 11 erkannt35%
Linearfördererstau30%
Wechsel O-Ringe2%
Palette nicht leer, gemerkt15%
Kein Druckluft1%Station 10 X-Achse nicht in Pos
2% Palette nicht leer, nicht gemerkt2%
Fehler pro Tag/Monat8,0
29
Kostenstruktur
100%
55%
8,5%
0%
20%
40%
60%
80%
100%
120%
Gesamtkosten Ersparnis 1.Jahr Projektkosten
Eingesetzte Methoden • Elemente aus dem WA-Arbeitsplan • Kreaktivitätstechniken • Prozess-FMEA • Standard Projekt Ablauf Eppendorf Projektrückblick • Was war gut:
• Die Teamarbeit intern/extern • Die Auswahl des Sondermaschinenbauers aus Thüringen • Die Einhaltung der Ziele • Die Dokumentation der Leistungsdaten
• Was kann man besser machen:
• Bauaufsicht in kürzeren Abständen • Lieferterminverzögerung von ca. 8 Wochen vermeiden • Umsetzung der Einsparung benötigt mehr Zeit • Beseitigung der Kinderkrankheiten, Optimierung
der Maschine benötigt mehr Zeit.
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Analyse und Optimierung von Logistikprozessen am Beispiel von VIP-Completions bei der Lufthansa Technik AG Hamburg Prozess- und Systemoptimierung in heterogenen IT-Landschaften
Dr.-Ing. F. v. der Hagen, Lufthansa Technik AG, Hamburg; Kurzfassung Neben einer gezielten Verbesserung bestehender Produkte durch Wertanalysen
bieten auch in einem Unternehmen etablierte Prozesse erhebliche Optimierungs-
potenziale zur Kostensenkung. Am Beispiel von Logistikprozessen in der
kundenindividuellen Innenausstattung von Passagierflugzeugen wird gezeigt, wie
eine solche Prozessoptimierung auch bei ungünstigen Ausgangsbedingungen
erfolgreich durchgeführt werden kann.
1. Prozessverbesserungen im Spannungsfeld zwischen Massen- und Einzelfertigung Neben den materiellen Produkten eines Unternehmens stellen zunehmend so
genannte „Intangible Assets“ wie beispielsweise Prozesskompetenz, Patente oder
auch Markenrechte die Grundlage der Wettbewerbsfähigkeit eines Unternehmens
dar. Gerade das weite Feld der Prozesse innerhalb eines Unternehmens und über
die Unternehmensgrenzen hinaus bietet mit seinen dahinter liegenden
unternehmensinternen und –übergreifenden Wertschöpfungsketten erhebliche
Einsparpotenziale. Die Optimierung der für die Entwicklung und Fertigung von
Produkten eingesetzten Prozesse ist wiederum eng mit der Produktoptimierung
verbunden.
Viele Unternehmen betreiben parallel zu einem auf hohen Durchsatz hin optimierten
„Massengeschäft“ auch ein mehr oder minder umfangreiches „Sondergeschäft“, das
sich durch hohe Individualität der Produkte und geringe Stückzahlen auszeichnet.
Die damit verbundenen Aufgabenstellungen sind beispielsweise auch im
Sondermaschinen- und Anlagenbau anzutreffen. Hier steht ein Großteil der
benötigten Detailspezifikationen zu Beginn eines Projektes noch nicht zur Verfügung,
sondern wird erst im Projektverlauf definiert.
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Daher können die üblichen Methoden aus der Massenfertigung in diesen auf
Einzelfertigung spezialisierten Unternehmensbereichen nicht in vollem Umfang
angewandt werden.
Bild 1: Einordnung von Produkt- und Prozessoptimierung
In einem solchen Umfeld treten daher eine Reihe charakteristischer Optimierungs-
potenziale auf. Dazu gehören beispielsweise stark heterogene Planungs-,
Entwicklungs- und Produktionsabläufe und zahlreiche einzelne IT-Insellösungen.
Diese sind oft nur peripher an die zentralen Enterprise Ressource Planning (ERP)-
und Product Life Cycle Management (PLCM)-Systeme des Unternehmens
angegliedert. Gezielte und nachhaltige Prozessverbesserungen erweisen sich in
diesem Umfeld aus organisatorischen und systemtechnischen Gründen als
besonders schwierig.
Im Folgenden soll daher am Beispiel von Logistikprozessen erläutert werden, wie
eine derartige Optimierung von Geschäftsprozessen auch unter ungünstigen Rand-
bedingungen erfolgen kann.
2. Optimierungspotenziale von Prozessen am Beispiel Logistik Innerhalb der Prozesse eines Unternehmensbereichs nimmt der Logistikprozess
durch seine Komplexität eine herausragende Stellung ein. Im Sondermaschinen- und
Prototypenbau zeigt sich typischerweise eine konstante Optimierung der
Fertigungsunterlagen in laufenden Projekten bei gleichzeitigem Bedarf nach einer
pünktlichen Bereitstellung der benötigten, sehr individuellen Materialien für die
Produktion. Ein häufiger Grund für Defizite im Materialbereitstellungsprozess von
Geschäftsbereichen, die innerhalb ihres Unternehmens eine Sonderstellung
einnehmen, ist das Fehlen eines abteilungsübergreifenden Gesamtprozesses und
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dessen Unterstützung durch eine durchgängige IT-Plattform. Dies führt zu einem
lückenhaften Informationsaustausch zwischen den Beteiligten und somit zu
merklichen Intransparenzen im Prozess. Auf diese Weise können Informations-
schiefstände zwischen den inselartig aufgebauten IT-Systemen entstehen. Diese
werden dadurch erkennbar, dass beispielsweise an einer Stelle ein Material bereit
mit einem aktuellen Bedarfstermin geführt wird, während in einem anderen System
noch ein anderes, veraltetes Bedarfsdatum verzeichnet ist, welches noch nicht
aktualisiert wurde. Fehlteile werden hierbei erst bei Produktionsbeginn erkannt und
bedingen kurzfristige und umfangreiche Umplanungen in der Fertigungssteuerung.
Auf der anderen Seite kann es immer wieder zu Restbeständen an nicht
verbrauchtem Material kommen, wenn etwa ein bereits gestarteter Einkaufsprozess
nicht angepasst wird, obwohl das Material, beispielsweise aufgrund einer Änderung
im Design, schon gar nicht mehr benötigt wird. Die Folge sind Unsicherheiten im
Management der Materialbereitstellung, die zu einer eher konservativen Mengen-
und Terminplanung und damit zu unnötigen und kostenintensiven Eilbestellungen
und hohen Lagerbeständen führen. Im Gesamtbild sind derartig gestaltete Logistik-
prozesse stark abhängig von den individuellen Kenntnissen einzelner Mitarbeiter
über die benötigten Material- und Informationsflüsse und deren persönlichem Wissen
um die Zusammenhänge innerhalb der gesamten Prozesskette. Eine eingehende
Analyse der Logistikprozesse ergibt daher häufig die beschriebenen
Einsparpotenziale bei Umplanungsaufwänden infolge von Fehlteilen, kostspieligen
Eilbestellungen, Überschussbeständen und dem generellen Betreuungsaufwand aller
Prozesse und IT-Systeme.
3. Herangehensweise zur Optimierung von Prozessen Wie gezeigt werden konnte, verbergen sich in einem nicht optimierten Materialbereit-
stellungsprozess oftmals erhebliche Einsparpotenziale, so dass eine Verbesserung
der zugrunde liegenden Abläufe und Systeme mit hoher Wahrscheinlichkeit
lohnenswert ist.
Um die bestehenden, abteilungsweise individuellen Teillösungen ersetzen zu
können, ist zunächst ein übergreifender Gesamtprozess zu gestalten, der alle
Prozesseigner an einen Tisch bringt. Dabei sollen zugleich sämtliche bestehenden
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organisatorischen und systemtechnischen Hemmnisse aufgebrochen werden, die
einer optimalen Lösung entgegenstehen.
Prinzipiell sollte hier nach dem Grundsatz verfahren werden, dass sowohl die
Organisation als auch die eingesetzten IT-Werkzeuge dem von allen Beteiligten als
optimal angesehenen Prozess zu folgen haben, nicht aber umgekehrt.
Bild 2: Phasen, Maßnahmen und Beteiligte der Prozessoptimierung
Nachhaltig wirksame Ergebnisse können auch nicht einfach zugekauft werden, sondern lassen sich nur durch die im eigenen Unternehmen vorhandenen Know-How-Träger erarbeiten. Um die Wirksamkeit von Prozessverbesserungen überhaupt sinnvoll beurteilen zu können, ist zudem eine quantitative Erfassung der alten und neuen Abläufe erforderlich. Hierzu kann neben Kennzahlen auch der Einsatz der Prozesskostenrechnung hilfreich sein. Da, wie bereits beschrieben, die zu optimierenden Prozesse aber teilweise sehr intransparent sein können, ist der Aufwand für die quantitative Ermittlung des Ist-Standes oft recht hoch.
Bei einer Prozessoptimierung greifen sowohl die kapazitive Einbindung der
Kompetenzträger aller beteiligten Organisationseinheiten als auch die Umsetzung
organisatorischer Veränderungen und die Einführung neuer IT-Systeme im laufenden
Betrieb stark in das operative Geschäft des betroffenen Unternehmens ein. Daher
erweist sich insbesondere das konsequente Commitment aller Führungskräfte zum
Projekt und ein umfassendes Change Management zur Information aller Mitarbeiter
als Schlüssel für die erfolgreiche Umsetzung eines Optimierungsvorhabens. Auf der
Systemseite stellt sich gerade die Integration von Insellösungen oft als sehr
schwierig heraus und wird daher in vielen Unternehmen selten folgerichtig genug in
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Angriff genommen. Heutige ERP- und PLCM-Systeme weisen jedoch eine
ausreichende Flexibilität auf, um auch in einem bereits fest etablierten Umfeld der
Massenfertigung noch nachträglich auf die Einzelfertigung angepasste, individuelle
Sonderlösungen innerhalb des Systems mit abbilden zu können. Im Folgenden
sollen die gezeigten Punkte am Beispiel des Materialbereitstellungsprozesses in der
kundenindividuellen Flugzeugausstattung bei der Lufthansa Technik AG in Hamburg
erläutert werden.
4. Individueller VIP-Innenausbau von Flugzeugen bei der Lufthansa Technik AG Die Lufthansa Technik AG (LHT) gehört als eine Tochtergesellschaft der Deutschen
Lufthansa AG zu den größten zivilen Anbietern luftfahrttechnischer Dienstleistungen
und hat sich neben der dem klassischen MRO-Geschäft (Maintenance, Repair and
Overhaul) auch auf die kundenindividuelle Ausstattung großer Privat-, Geschäfts-
und Regierungsflugzeuge spezialisiert.
Bild 3: Die Geschäftsfelder der Lufthansa Technik AG
Dabei werden im Completion Center am Standort Hamburg zunächst entweder neue
(sog. „Green Aircraft“), oder gebrauchte (z.B. von Fluggesellschaften übernommene)
Flugzeuge bereitgestellt. Diese werden dann durch individuell nach Kundenwunsch
angefertigte Möbel, Unterhaltungselektronik, Sitze, Wasser-/Klimasysteme usw.
ausgebaut. Die bereits ausgestatteten Flugzeugmuster reichen vom kleinen
Corporate Jet (z.B. Bombardier Challenger 850), über Narrowbody-Muster (z.B.
A318/319, BBJ, BBJ2) bis hin zu großen Widebody-Mustern (z.B. A310, A330/A340,
B777, B747).
Sowohl in dem für die Anfertigung von Ausstattungsteilen zuständigen Herstellbetrieb
(gem. EASA 21G), als auch in dem mit deren Einbau befassten
Instandhaltungsbetrieb (gem. EASA 145) gilt es, umfangreiche Prozesse aus
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Spezifikation, Design, Planung, Projektierung, Konstruktion, Entwicklung,
Beschaffung, Logistik, Fertigung, Montage und Zulassung zu koordinieren.
Bild 4: Kundenindividueller Flugzeuginnenausbau bei der Lufthansa Technik AG
Die Herausforderung einer erfolgreichen Abwicklung solcher Completion-Liegezeiten
liegt insbesondere darin, die klassischen Projektziele (Qualität, Kosten und Zeit) mit
höchst individuellen Kundenwünschen, dem technisch Machbaren und den
Anforderungen einer Zulassung nach geltendem Luftfahrtrecht in Übereinstimmung
zu bringen.
5. Optimierung der Materialbereitstellung im VIP-Kabinenausbau Um Wettbewerbsvorteile erfolgreich realisieren zu können, werden im Completion
Center der LHT Prozesse konsequent und kontinuierlich verbessert. Für das auf die
Optimierung des Materialbereitstellungsprozesses ausgerichtete Projekt SCOPE
(Systematic Completion Order Process Enhancement) wurde ein abteilungs-
übergreifendes Projektteam von 25 Mitarbeitern aus allen beteiligten Bereichen
zusammengestellt und durch externe Berater ergänzt. Als Ausgangssituation zeigte
der Materialbereitstellungsprozess des Completion Centers die bereits
36
charakterisierten heterogenen Prozesse und proprietären Insellösungen in der IT-
Landschaft zusammen mit den damit einhergehenden Optimierungspotenzialen.
Auf Konzernebene waren das ERP-System SAP R/3 und das PLCM-System
eMATRIX bereits fest als führende Systeme etabliert.
In der vorbereitenden Analysephase wurden neben der Ermittlung der
Schlüsselkennzahlen des Materialbereitstellungsprozesses auch ausgewählte
Kernprozesse einer modifizierten Prozesskostenrechnung unterworfen, um die
erzielbaren Verbesserungen abschließend quantifizieren zu können. Die eingehende
Analyse der zugrunde liegenden Abläufe zeigte die weitgehende Trennung der
Produktdefinition im Engineering von der Materialbeschaffung im Einkauf auf.
Zugleich waren alle Informationen dazu auf sechs unterschiedliche, nur
unzureichend synchronisierten IT-Insellösungen als Nutzenpotenziale verteilt. Das
Projekt SCOPE sollte daher entsprechend der zuvor dargestellten Schritte die
wertschöpfenden Materialbereitstellungsprozesse verschlanken, alle peripheren IT-
Insellösungen ohne Systembrüche in SAP R/3 übertragen und durch ein
verbessertes Reporting die Prozesstransparenz nachhaltig erhöhen.
Bild 5: Ausgangsituation in der Materialbereitstellung vor der Prozessoptimierung
Bei der Umsetzung dieses Projektvorhabens gelang es innerhalb von 12 Monaten,
die gesetzten Ziele durch eine Optimierung des organisatorischen Zusammenspiels
zwischen Engineering, Fertigungsvorbereitung, Einkauf, Logistik und Produktion bei
der Materialdefinition und –bereitstellung zu erreichen. Darüber hinaus wurden alle
IT-Prozesse auf einer gemeinsamen Plattform integriert. Hierbei wurden zwei
37
wesentliche Stoßrichtungen verfolgt: Zunächst wurden die bisher parallel und
asynchron verlaufenden Prozesse der projektspezifischen Materialdefinition im
Engineering und der Materialbereitstellung in Einkauf und Logistik durch eine organi-
satorische Veränderung miteinander gekoppelt.
Ein Kernelement der Optimierung des Materialbereitstellungsprozesses war hierbei
die Koppelung der Stücklistenerstellung und des Bestellprozesses in einem
gemeinsamen Prozess. Die Summe aller in den Stücklisten aufgeführten Materialien
stellt hierbei den Materialbedarf eines Projektes dar, während die am
Materialbereitstellungsort (sog. „Bahnhof“) bereitgestellten und die bereits verbauten
Materialien den momentanen Materialbestand darstellen. Als Resultat der
Optimierung wird aus den im Engineering erzeugten Stücklisten für alle Projekte
stets der aktuelle Materialbedarf erkennbar. Dieser wird über eine neu geschaffene
Dispositionsgruppe mit den verfügbaren Beständen und dem Produktionsplan
abgeglichen. Mindermengen werden so unmittelbar durch termingerechte
Umlagerungsanforderungen bzw. Bestellungen ausgeglichen.
Bild 6: Organisatorische Optimierung im Materialbereitstellungsprozess
Daraus ergab sich als zweite Stoßrichtung des Projektes, die unterstützenden IT-
Systeme innerhalb von SAP R/3 auf eine integrierte Lösung hin umzuwandeln. Dabei
kam der Vorteil von SAP R/3 zum Tragen, durch die Entwicklung von nicht im
Standard vorhandener Funktionen, an die Anforderungen des neuen Prozesses,
flexibel anpassen zu können. Durch den Wegfall bisheriger Systemschnittstellen und
die Verfügbarkeit von Informationen in Echtzeit wurde auf der operativen Seite eine
deutlich verbesserte Früherkennung und Korrektur von Abweichungen und
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Planungsfehlern und eine lückenlose Verfolgung aller Materialien von der Stückliste
bis zur Produktion möglich. Hierdurch konnte sowohl die Materialverfügbarkeit als
auch die Transparenz des Gesamtprozesses deutlich gesteigert werden. Durch den
zuletzt genannten Punkt wurde wiederum der Aufwand zur Informationsbeschaffung
und zur Nachweisführung über Herkunft, Ziel und Verbleib aller Materialien
(Traceability) nochmals erheblich gesenkt.
Ein weiteres Resultat der Systemintegration war die Abschaltung proprietärer
Altsysteme und die damit verbundene Aufwandssenkung in der Systembetreuung
und Datensicherung. Auf der strategischen Ebene wurde zudem ein umfangreiches
Reporting vieler Einzelfaktoren, wie z.B. der Liefertermintreue von Lieferanten und
der Materialkostenverteilung innerhalb eines Projektes möglich. Hierdurch können
wertvolle Zusatzinformationen in die Engineering- und Einkaufsprozesse zurück-
geführt werden. Während sich früher die Datenermittlung und –interpretation als sehr
aufwändig erwiesen hatte, können heute Entscheidungen im Management des
Logistikprozesses deutlich einfacher und schneller getroffen werden.
Bild 7: Umsetzung des optimierten Materialbereitstellungsprozesses in SAP R/3
6. Fazit Auch nachträgliche Prozessveränderungen und Systemintegrationen an bereits
etablierten Logistiksystemen sind erfolgreich realisierbar, sofern besonderes
Augenmerk auf die Analyse der bestehenden Prozesse und auf die Integration der
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betroffenen Organisationseinheiten gerichtet wird. Der Mehraufwand für diese
frühzeitige Einbindung am Beginn eines Optimierungsprojekts reduziert den später
erforderlichen Implementierungsaufwand ganz erheblich. Als Ergebnis solcher
Projekte können eine Reihe von Kostenfaktoren in der Materialbereitstellung, wie
beispielsweise Mehraufwände infolge von Fehlteilen, Restmaterialkosten oder
Kosten für Eilbestellungen signifikant reduziert werden. Im beschriebenen Beispiel
der kundenindividuellen Innenausstattung von Verkehrsflugzeugen konnte darüber
hinaus durch die durchgängige Verbesserung der Gesamttransparenz auch der
Entscheidungsaufwand im Management und die Nachweisführung über alle
Teilschritte deutlich vereinfacht werden.
[1] Eversheim, W.: Integrierte Produkt- und Prozessgestaltung. In: Eversheim, W.;
Schuh, G. (Hrsg.): Hütte – Taschenbuch für Betriebsingenieure (Betriebshütte).
7. Auflage. Berlin: Springer, 1996.
[2] Gaitanides, M. ; Scholz, R.; Vrohlings, A. ; Raster, M.: Prozessmanagement.
München, Wien: Hanser 1994.
[3] v. der Hagen, F.: Unternehmensübergreifendes Produkt- und
Prozessengineering. In: Reinhart, G.(Hrsg.): Virtuelle Produktion – Prozess-
und Produktsimulation iwb Seminarberichte 54. München: Utz 2000.
[4] Krallmann, H.: Systemanalyse im Unternehmen: Geschäftsprozessoptimierung,
partizipative Vorgehensmodelle, objektorientierte Analyse. 2. Auflage. München,
Wien: Oldenbourg 1996.
[5] Kaplan, R.; Norton D.: Strategy Maps - Converting Intangible Assets Into
Tangible Outcomes. Harvard Business School Press 2004.
[6] Best, E.; Weth, M.: Geschäftsprozesse optimieren Der Praxisleitfaden für
erfolgreiche Reorganisation, Wiesbaden: Gabler 2005.
[7] Benz, J.; Höflinger, M.: Logistikprozesse mit SAP R/3. München: Vieweg 2005.
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Erfolgreiche Produktklinik an einem Gabelstapler Dipl.-Ing. Stephan Hennig, STILL GmbH, Hamburg Die Methode der Produktklinik stellt eine Weiterentwicklung der Wertanalyse durch die Einbeziehung und funktionsorientierte Betrachtung von Wettbewerbsgeräten dar. Der Begriff „Produktklinik“ wurde geprägt durch das Transfer-Centrum GmbH & Co. KG in München um Univ.-Prof. Dr. Horst Wildemann und Dr. Ronald Heggmaier (www.TCW.de).Gemeinsam mit der Unternehmensberatung wurden die Stapler der RXY-Familie mittels der Methoden der Produktklinik analysiert und nachhaltig in den Herstellkosten gesenkt. Mit der RXY-Familie wurde erstmals bei STILL ein Baukasten- konzept über die gesamte verfügbare Tragkraftklasse von 1,5to bis 5to eingeführt. Neben den größeren Baugruppenstückzahlen für die Fabrik in Hamburg ergibt sich für den Kunden ein auf die speziellen Einsatz- bedingungen optimaler konfigurierbarer Stapler.
41
Ausgangssituation Zielsetzung und Problemstellung: Das ursprüngliche Ziel bei der Entwicklung der RX20-Stapler-Familie war eine Herstellkostenreduzierung von 20% gegenüber dem Vorgängermodell R20. Der R20 hat in der Vergangenheit mehrfach Kostenoptimierungs-Projekte durchlaufen und stellte somit auch kostenmäßig eine „ausgereizte“ Konstruktion dar. Demgegenüber war der innovative RX20 mit seinem seitlichen Batterieauszug, bezogen auf das Rahmenkonzept, absolutes Entwicklungs-Neuland. Ca. drei Monate vor der endgültigen Abgabe der Konstruktionsunterlagen und damit ein Jahr vor dem Start der Serienfertigung betrug die HK-Überschreitung noch 2,5%. Dies führte zum Start des im folgenden beschriebenen Projektes. Vorgehensweise / Ansätze zur Kostensenkung Als Werkzeug zur Kostensenkung wurde mit der Unternehmensberatung TCW gemeinsam die Methode der Produktklinik gewählt: 1. Funktionsanalyse 2. Klassische Wertanalyse 3. Anfragen mit Lieferenatenwechsel 4. Cherry-Picking 5. Moderation von Demontagen
Die Produktklinik nutzt unterschiedliche Methoden zur Kostenoptimierung !
1998 20042000 2001 2002 2003
Mock-up
20072005 2006
Entwicklungsphase
1,6-2,0 t 48V
1,6-2,0 t 80V3,5-5,0 t 80V
2,5-3,0 t 80V
2008
0-SerieProduktklinik
1998 20042000 2001 2002 2003
Mock-up
20072005 2006
Entwicklungsphase
1,6-2,0 t 48V
1,6-2,0 t 80V3,5-5,0 t 80V
2,5-3,0 t 80V
2008
0-SerieProduktklinik
42
Vorgehensweise Definition und Vorbereitung der Produktklinik Prinzip: Auf Basis der Funktionenstruktur des eigenen Produktes wird ein Vergleich mit anderen Produkten durch Demontage und Kosten-/Nutzenbewertung gezogen. Die Kombination der besten Lösungen wird im eigenen Produkt umgesetzt. (Cherry- Picking) Den Demontageworkshops ging eine detaillierte Analyse der Funktionenstruktur des RXY voraus. Es wurden 16 Hauptfunktionen identifiziert, welche anschließend weiter in Unterfunktionen unterteilt wurden. Zunächst war eine Festschreibung der Vorgehensweise wichtig: Welches sind die primär zu betrachtenden Baugruppen, wie groß ist der sinnvolle Demontageumfang hierbei? Anschließend erfolgte die Festlegung der Demontagereihenfolge und die Definition von Bewertungskriterien. Aus der Aufbereitung und Analyse der Kostenstruktur ergab sich: Der Anteil Materialkosten macht über 70% aus. Mehr als 30% der durchschnittlichen Herstellkosten des Kundengerätes machen die HK der Varianten aus. Daraus folgte, diese typischen Varianten unbedingt mit einzubeziehen. Für jede Baugruppe Bildung von interdisziplinären Arbeitsteams aus allen Unternehmensbereichen. Ebenfalls einbezogen wurden Praktiker aus Service und Montage. Insgesamt waren in 12 Spezialistenteams 56 Mitarbeiter (zeitweise) eingebunden. Notwendig war deshalb der Aufbau einer geeigneten Projektstruktur für die Produktklinik RXY. Das Kernteam umfasste 14 Mitarbeiter und berichtete an den Steuerkreis bzw. an die Geschäftsführung.
Kosten Kunden-Stapler
MEK HK voll
100%
Varianten-kosten
Standard-Stapler
MGK FLK FGK
43
Vorgehensweise Vorbereitung der Produktklinik Im Hinblick auf den geplanten Serienstart und die Markteinführung wurde der Terminplan festgelegt. Es war von vornherein klar, dass nicht alle Maßnahmen zum „start of production“ bereits in die Serienfertigung einfließen können, sondern erst sukzessive. Auswahl von geeigneten Demontageobjekten. Für die Demontage mussten entsprechende Räumlichkeiten mit Werkzeugausstattung und Kran /Hebebühne zur Verfügung gestellt werden. Die erarbeiteten Kostensenkungsideen wurden anschließend bezüglich ihrer wirtschaftlichen und technischen Machbarkeit bewertet und zu Maßnahmenpaketen gebündelt. In Abstimmung mit dem Entwicklungsplan wurden Realisierungstermine festgelegt. Schematisierter Ablauf der Produktklinik:
I. Priorisierung der Demontage-reihenfolge
II. Definition der Bewertungskriterien
IV. Wirtschaftliche und technische Bewertung
V. Bewertung von Lösungsvorschläg
VI. Bildung von Optionen
III. Demontage
OptionenRXY
Option 1 Option 2 Option 3 Option ...
Potenzial
Änderungsaufwand und Kapazitätsbedarf (monetär bewertet)
Umsetzungsdauer
Investitionshöhe und Amortisationsberechnung
Auswirkungen auf weitere Produktlinien
Auswirkungen auf die Organisationseinheiten (Vertrieb, Service, Produktion ...)
...
0 €
10 €
20 €
30 €
40 €
50 €
60 €
0 2 4 6 8 10
Technische Bewertung
Kos
ten
Bew
ertu
ng
Priorisierungskriterium
Änderungskosten der Innovationen
Kostenabweichung zumTarget
Absolute Kostenhöhe derBaugruppe
Produktaufbau (z.B. von Außen nach Innen)
Umsetzungsgeschwindigkeitder Innovation
Potenzialhöhe (vermutet)
Ranking
-
-
3.
1.
-
2.
Nr. Arbeitspaket HK Priorität
10 Varianten 3.300 1,00
8 Elektrik / Elektronik 2.103 2,50
1 Achsen / Antriebe 2.023 2,67
4 Mast / Zylinder 1.356 3,83
3 Fahrerarbeitsplatz 947 4,00
5 Rahmen / Batterietür 648 6,83
6 Gegengewicht 627 7,33
2 Hydraulik 577 7,33
9 Montage 812 8,00
11 Reifen 214 8,50
12 Batteriewechselsystem xxx 9,33
7 Batterie xxx 10,33
Summe 12.608
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Vorgehensweise Demontage-Objekte Als Demontageobjekte wurde eine Auswahl geeigneter Wettbewerbsprodukte angemietet. Bei der Identifikation und Festlegung wurde die Frage nach Marktführer und Kostenführer gestellt. Parallel ist besonders das Querdenken zu fördern! Beispiel: Welche Arbeitsmaschinen haben einen vergleichbaren Fahrerarbeitsplatz? Welche Bedienvorgänge sind ähnlich? Die Demontageobjekte: Eigenes Gerät, Wettbewerbsgeräte sowie
branchenfremde Geräte zum „Querdenken“
RX20 16 48V-3 Rad (Prototyp)
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Ergebnisse Beispiel: Kostensenkung der Fahrerkabine Die optionale Fahrerkabine des RXY sah vor dem Projekt eine einteilige Tür auf der linken Seite vor. Diese Tür war aufgrund ihrer Größe aufwändig verstärkt. Durch Analyse und Kalkulation der Tür des Kleinbaggers wurde die Idee einer geteilten Tür mit einer B-Säule zwischen dem aufschwingenden und dem festen Teil geboren. Trotz zusätzlicher Teile wurde mit dieser Maß- nahme eine deutliche Kostenreduzierung erreicht. Einher ging die Umsetzung mit einem Lieferantenwechsel.
Vor der Kostensenkung: Einteilige Tür ohne B-Säule . . .
. . . nach der Kostensenkung: geteilte Tür mit B-Säule
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Ergebnisse Beispiel: Optimierung der Batterietür Die seitliche Batterietür konnte durch klassische Wertanalyse um 16% in den Herstellkosten gesenkt werden. Hauptansatzpunkte waren das deutlich vereinfachte Schloss sowie das nun in die Tür integrierte Versteifungsblech.
Ausführung vor der Kostensenkung ... ... danach
Sicht auf die geöffnete Tür:
Sicht auf die geschlossene Tür:
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Ergebnisse Beispiel: Kostensenkung Rahmen Die RXY-Stapler-Familie ermöglicht erstmalig in einem Gegengewichtsstapler, ohne Einsatz eines Kranes, die Batterie seitlich aus dem Rahmen herauszuziehen. Oben links ist einer der ersten Rahmenentwürfe dargestellt. Im Laufe des Entwicklungsprojektes konnten die Herstellkosten demgegenüber bereits um 23% gesenkt werden. War eine weitere Kostensenkung überhaupt noch möglich ? Durch weitere Optimierungen und Versuche konnte die Blechdicke von 20 auf 15 mm reduziert werden. Die Verwendung des teureren RAEX- Bleches ist nicht mehr erforderlich, es kommt St-52 zum Einsatz.
Einsparung weitere - 12 %
Umgesetzt im August 2005 für RX20 und RX60
1. Rahmenentwurf Beginn Kostensenkungsprojekt 100% 77%
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Erfolgsfaktoren und Hemmnisse Erfolgsfaktoren in den Workshop´s
Unbedingte Unterstützung des Projektes durch die Geschäftsführung in allen Phasen (!!)
Überzeugung aller Mitarbeiter von der Geschäftsführung bis zum Schlosser
Teamgeist Ideen, Brainstorming Teamzusammensetzung aus allen
Bereichen des Unternehmens Funktionsanalyse ist Grundlage für einen
sinnvollen Vergleich aller Benchmark-Objekte
Exakte Dokumentation Erfolgsfaktoren in der Umsetzungsphase
Konsequente Vorgehensweise Umzusetzende Maßnahmen sind aus wirtschaftlichen Gesichtspunkten
festzulegen (80/20-Regel) Umsetzungsteams geeignet zusammensetzen Exakten Umsetzungsplan erstellen mit klaren fixierten Commitments Auch bei der Umsetzung den Focus auf neuen Ideen haben und diese dann
stringent umsetzen In der Umsetzungsphase „Druck auf dem Kessel“ lassen Maßnahmen und erzielte Kostenreduzierungen exakt controllen
Hemmnisse
Aufwand/Nutzenverhältnis war vielen Mitarbeitern unklar Spezialistentum erforderte hohe Anzahl von zu gewinnenden Mitarbeitern Störgrößen wie Tagesgeschäft wurde immer wieder als Grund für Nicht-
Aktivität angeführt Machtgehabe von Bereichsleitern/Abteilungsleitern hat teilweise zu
erheblichen Reibungsverlusten geführt
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Umsetzungsphase Effekte aus der Produktklinik
Nach Abschluss der Demontageworkshop´s ergaben sich weitere Veränderungen des Potenzials. Nicht machbare Maßnahmen führten zu Reduzierungen, aus der Analyse der Ideen ergaben sich aber auch neue Maßnahmen. Zielsetzung und Ergebnis des Projektes
Das ursprüngliche Ziel für die Produktklinik und Wertanalyse betrug 12 %. Bei dieser Zielsetzung wurde die Frage unterschiedlicher Verbauraten der Varianten im Kundengerät nicht betrachtet. Das erarbeitete Gesamtpotenzial betrug in Summe 18%. Als tatsächlich in der Serie umgesetzte Einsparung wurden 13,3% erreicht. Der resultierende Umsetzungsgrad beträgt somit 74%. Neben der Kostensenkung des Standardgerätes wurden auch alle gängigen Varianten mit einbezogen.
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50
Wertanalyse mit Lieferanten Wertanalyse- Projekt von Airbus an der Heckspitze des Airbus A300-600 Dipl.-Ing. B. Schernikau, Hamburg Kurzfassung Im folgenden Beispiel soll gezeigt werden, wie Wertanalyse auch bei Lieferanten er-
folgreich betrieben werden kann.
Ziel des Wertanalyse-Projektes war eine zwanzigprozentige Kostensenkung bei der
Subsection 1 der Heckspitze des Airbus A300-600 / A310. Das WA-Projekt wurde
vor mehreren Jahren gemeinsam mit den Spezialisten der Firmen Airbus und Capro-
ni (ansässig in Vizzola, Norditalien, in der Nähe Mailands) durchgeführt.
Endergebnis war eine Kostensenkung von 26%. Das erarbeitete Konstruktionskon-
zept konnte für die Erstkonstruktion der A320-Familie übernommen werden.
1. Das Wertanalyse-Objekt Die Heckspitze des Airbus nimmt das APU (Hilfstriebwerk), die dazugehörige Lösch-
einrichtung, den Luftzulauf, das Abgasrohr mit Schalldämpfer und ein Stück der
Heißluftleitung auf.
Als Wertanalyse-Objekt wurde der vordere Teil der Heckspitze, die Subsection 1
ausgewählt.
Bild 1: Wertanalyse-Objekt Airbus Tailcone
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2. Projektvorbereitung Projektauslöser waren die bevorstehende Fremdvergabe der Fertigung an Firma
Caproni / Alenia und Hinweise der Konstruktion auf Optimierungspotenzial. Außer-
dem war mit der Erstkonstruktion der A320-Familie begonnen worden. Damit be-
stand die Möglichkeit, die für die A300-600 gefundenen neuen Lösungen direkt zu
übertragen.
Dies führte zum Projektauftrag mit folgender Zielsetzung: 20% Kostenreduzierung,
Amortisation der nicht wiederkehrenden Kosten nach spätestens einem Jahr und
Optimierung der Konstruktion für die A320-Familie.
Vor Beginn des Wertanalyse-Projektes war es erforderlich, sich mit Caproni / Alenia
über folgende Punkte zu einigen:
• Gemeinsame Zieldefinition
• Aufteilung der Kostensenkung und der nicht wiederkehrenden Kosten
• Terminlicher Rahmen
• Festlegung der Vorgehensweise
• Regelung bezüglich möglicher Patente
3. Projektdurchführung
Beim Wertanalyseprojekt wurde wie folgt vorgegangen:
1. Zielsetzung, Projektplanung
2. Vertragsgestaltung mit Fa. Caproni
3. Teambildung
4. Schulung der Teammitglieder
5. Ist-Analyse inklusive Schwachstellenanalyse
6. Beschreibung des Soll-Zustandes
7. Ideenfindung und Ausarbeitung
8. Absicherung neuer Lösungen
9. Einführung in die A300-600 / A310 und Übernahme in die A320-
Erstkonstruktion
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Es wurde ein Team aus Mitarbeitern folgender Fachbereiche gebildet:
Airbus:
Konstruktion
Statik
Produktionsprozesse
Subcontracting
Wertanalyse
Caproni:
Fertigungsplanung
Montageplanung
Bild 2: Das Wertanalyse-Team vor einem historischen Firmengebäude in Italien
Die Teamarbeit wurde am Ort der Fertigung bei Caproni durchgeführt. In Abständen
von vier bis sechs Wochen fanden drei Treffen von jeweils einer Woche statt. Das
Team arbeitete während der wöchentlichen Treffen ganztägig zusammen.
Begonnen wurde mit einer halbtägigen Schulung der Teammitglieder mit den Inhal-
ten Wertanalyse-Vorgehensweise, Funktionenanalyse, Kreativitätstechniken, Wirt-
schaftlichkeitsrechnung und Bewertungsmethoden.
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Nachdem allen die Vorgehensweise und die wichtigsten Methoden bekannt waren,
konnte mit der Projektarbeit begonnen werden.
Die Zeit zwischen den Treffen nutzten die Fachbereiche, um Details auszuarbeiten,
Skizzen zu erstellen, die Statik zu prüfen, Angebote einzuholen und neue Ferti-
gungsabläufe zu kalkulieren.
Im Laufe der Wertanalyse-Projektarbeit kamen folgende Methoden zum Einsatz:
• Schwachstellenanalyse
• Konkurrenzanalyse
• Funktionenanalyse
• Brainstorming
• FMEA
• Nutzwert-Analyse
• Amortisationsrechnung
• Modellbau zur Sicherstellung der Montierbarkeit
• Risikominimierung (Tests)
• Projektmanagement
Bedingt durch die im Vertrag erzielten Klärungen hinsichtlich der Vorgehensweise
und der Aufteilung der Einsparung und der einmaligen Kosten, fand die Teamarbeit
in einer völlig offenen Atmosphäre statt. Das Team entwickelte 159 Ideen, von denen
25 Lösungen umgesetzt wurden.
Daraus zwei Beispiele:
1. Neugestaltung des Spantes 92 (Bild 3):
- Änderung der Spantbauweise, Verringerung der Trennstellen
- Reduzierung der Teilezahl
- Neugestaltung des Fensterbeschlages und des “Fail Safe Points“ (Sicher-
heitsbeschlag)
- Vereinheitlichung der Normteile
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Bild 3: Spant der Section 1 Bild 4: Anschlussbeschläge
2. Neugestaltung der Anschlussbeschläge und des Umfeldes (Bild 4):
- Alt: Fräsbeschläge aus Titanvollmaterial, diagonal im Raum angeordnet
- Neu: Titanplatten, parallel zur Flugzeuglängsachse verlaufend, wodurch die
Montage wesentlich vereinfacht wurde.
Zusätzlich konnten mehrere Fertigungs- und Montageprozesse verbessert werden. 4. Ergebnisse Es wurde eine Kostensenkung von 26% erreicht; Ziel waren 20%.
Die Nutzenschwelle konnte bereits nach 0,88 Jahren 10,6 Monaten erreicht wer-
den; Ziel war ein Zeitraum von maximal einem Jahr (Bild 5).
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Bild 5: Wertanalyse-Projektergebnis Bild 6: Montage der A318, A319 und A321(mit Heckspitze) im Airbuswerk Hamburg
100%vorher
74%nachher
26% Kosten-senkung
17%Einführungs-
kosten *) 6% **)Wertanalyse-
kosten
0%
10%
20%
30%
40%
50%
60%
70%
80%
90%
100%
Produktkosten pro Jahr alle Kosten bezogen auf die IST-Kosten pro Jahr vor der WA
*) bei 60 Flugzeugen pro Jahr
Vorteile für die Kunden
Vereinfachte Montage und Demontage
Einfachere Reparaturmöglichkeiten
Gewichtsreduzierung
**) Kosten der Teammitglieder von Caproni und Reisekosten enthalten
Übertragung aller Ergebnisse auf die
Erstkonstruktion der A320-Familie
Ansprechpartner zum Thema:
VDI Hamburger Bezirksverein e.V.
Stadtbahnstraße 114
22391 Hamburg
Telefon: 040 / 270 28 07
Internet: www.vdi-hamburg.de
E-Mail: [email protected]
VDI-Arbeitskreis Wertanalyse / Value Management
Leiter des Arbeitskreises:
Dipl.-Ing. Bernd Schernikau
Krögerstraße 15
22145 Hamburg
Telefon: 040 / 678 06 74
E-Mail: [email protected]