64
Arbeitskreis Wertanalyse und Value Management Der Erfolg hat Methode: Wertanalyse und Value Management - Projektbeispiele Hamburger Bezirksverein e.V.

Der Erfolg hat Methode: Wertanalyse und Value Management

  • Upload
    lamdang

  • View
    218

  • Download
    0

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: Der Erfolg hat Methode: Wertanalyse und Value Management

Arbeitskreis Wertanalyse und Value Management

Der Erfolg hat Methode: Wertanalyse und Value Management - Projektbeispiele

Hamburger Bezirksverein e.V.

Page 2: Der Erfolg hat Methode: Wertanalyse und Value Management

Vorwort Technische und technologische Lösungen sind der Erfolgsfaktor, den unsere

heimischen Unternehmen sowohl im Export als auch bei der Inlandsproduktion im

internationalen Vergleich Wettbewerbsvorteile verschafft.

Die Kompetenzen unserer Ingenieure und die Fähigkeit, für die Aufgaben

kontinuierlich nach Lösungen zu suchen und mit Begeisterung daran zu arbeiten,

stellt dabei eine unverzichtbare Basis dar.

Jetzt ist die technische oder technologische Funktionalität nur eine Seite der

Medaille. Was nützt die beste Technik, wenn im gesamten Prozess des

Materialstromes einer Fertigung oder bei dem Einsatz der Roh- und Hilfsstoffe oder

der notwendigen Leistungen der Menschen in diesem Prozess nicht alles optimal

aufeinander abgestimmt ist.

Der Einkaufsleiter eines namhaften Hamburger Unternehmens sagte mir einmal

sinngemäß:

Was nützt mir die beste Technik, wenn meine Prozesse nicht in Ordnung sind. Dort

wird viel mehr vernichtet, als ich es durch Verhandlungserfolge bei meinen

Lieferanten erwirtschaften kann. Sind meine Prozesse nicht optimal aufgestellt, kann

das die Existenz des Unternehmens in Frage stellen.

Mit dieser Aussage wird deutlich, dass für Ingenieure und Unternehmer neben der

Technik noch ein weiterer Faktor von besonderer Bedeutung ist:

Wertanalyse und Value Management!

Was sich zunächst so anhört wie eines der vielen unnötigen Begriffe aus den

Managerveröffentlichungen wichtig erscheinender Magazine hat einen substanziellen

Hintergrund mit langjähriger Entwicklung.

Die Methode der Wertanalyse wurde schon in den 40iger Jahren bei General Electric

entwickelt. In einer kritischen Wert- (engl. Value) oder Nutzenbetrachtung wurden

vom Kunden geforderte Produktfunktionen den Gesamtproduktkosten und einer

Gesamtprozesskostenbetrachtung gegenübergestellt.

Page 3: Der Erfolg hat Methode: Wertanalyse und Value Management

Heute sind unter dem Begriff „Wertanalyse“ verschiedene Einzelmethoden

gebündelt. Ziele sind u.a. Produktoptimierung, Kostensenkung,

Qualitätsverbesserung und der effiziente Einsatz der Mitarbeiter.

Der zentrale Maßstab aller Entscheidungen bei einer Wertanalyse ist der „Wert“, also

was erhalte ich mit welchem Aufwand.

Sie sehen, Ingenieurkunst hört nicht bei der Entwicklung erfolgreicher Technik auf,

sondern betrachtet auch rein wirtschaftliche Kriterien über den Nutzen der Technik.

Der Arbeitskreis Wertanalyse und Value Management des VDI Bezirksverein

Hamburg beschäftigt sich schon sehr lange und intensiv mit diesem wichtigen

Thema.

Die marktgerechte Gestaltung und Kostensenkung von Produkten und

Dienstleistungen ist heute mehr oder weniger selbstverständliches Handeln von

Firmen und Branchen aller Art, unabhängig ob Industrie, Handwerk, Mittelstand oder

Handel. Dies gilt auch zunehmend für Behörden.

Mit dem Erfahrungsaustausch des VDI Arbeitskreises auf dem Gebiet der

Wertanalyse werden den beteiligten Unternehmen und Teilnehmern eine wichtige

Drehscheibe und ein Managementwerkzeug an die Hand gegeben.

Die Ergebnisse von Wertanalyse und Value Management tragen zum

Unternehmenserfolg bei und sind damit auch ein wichtiger Beitrag zur Standort- und

Arbeitsplatzsicherung für die Metropolregion Hamburg.

Hierfür gilt mein Dank den Verfassern dieser Broschüre, Frau Kubin für die

redaktionelle Überarbeitung, den Teilnehmern und Gestaltern des Arbeitskreises und

insbesondere dem Arbeitskreisleiter Herrn Schernikau.

Dipl.-Ing. Peter Dibowski

Vorsitzender des

VDI Hamburger Bezirksverein e.V.

Page 4: Der Erfolg hat Methode: Wertanalyse und Value Management

Zum Thema Dipl.-Ing. B. Schernikau, Leiter des VDI-Arbeitskreises Wertanalyse und Value Management, Hamburg; Wir leben in einer Zeit fortschreitender Globalisierung. Der Wettbewerb nimmt

ständig zu. Unternehmen müssen immer bessere Produkte und besseren Service

binnen immer kürzerer Zeitspannen anbieten. Das bedeutet

• Kundenwünsche optimal zu erfüllen

• Etwas anzubieten, das noch über die Kundenwünsche hinausgeht

• Einwandfreie Funktionalität

• Gute Qualität

• Hohe Zuverlässigkeit

• Niedriger Preis

• Kurze Reaktionszeiten.

Zusätzlich müssen die eigenen Kosten so gering wie möglich gehalten werden.

Unternehmen, die diese Herausforderungen am besten meistern, sind die Gewinner.

Zur Erreichung ständiger Verbesserungen, aber auch zur Neugestaltung von

Produkten und Prozessen ist der Einsatz von Wertanalyse und Value Management

von großem Nutzen.

Value Management dient der Steigerung von Werten. Es kann sich dabei um

Imageverbesserung, Verbesserung der Unternehmenskultur, Mitarbeiterförderung,

Serviceverbesserung, Produktoptimierung oder Neuentwicklung handeln. Zur

Erreichung der Ziele werden die jeweils zweckmäßigsten Methoden eingesetzt.

Wertanalyse kommt zur Anwendung, um bestehende oder sich abzeichnende

Probleme zu lösen. Beispiele solcher Probleme können sein:

• Kunden sind unzufrieden

• Prozesse sind zu aufwändig

• Produkt funktioniert nicht sicher

Page 5: Der Erfolg hat Methode: Wertanalyse und Value Management

• Zuverlässigkeit des Produktes ist zu gering

• Kosten sind zu hoch

Aber auch:

• Die Entwicklung eines neuen Produktes stellt das Unternehmen vor viele

nachhaltig zu lösende Aufgaben.

Die Erfolgsfaktoren der Wertanalyse und des Value Managements sind:

Kundenorientierung

Bündelung der Kräfte des Unternehmens durch Projektarbeit mit

interdisziplinär zusammengestellten Teams (aus allen Fachbereichen, die für

die Bearbeitung erforderlich sind).

Berücksichtigung des Faktors Mensch – bewusster Umgang mit den

unterschiedlichen Verhaltensweisen der Teilnehmer.

Konsequentes, funktionenorientiertes Arbeiten.

Nutzung von Kreativitätstechniken.

Einsatz geeigneter Methoden.

Einbeziehung aller relevanten Kosten.

Bearbeitung der Themen in klar strukturierten Projekten.

Verantwortung auch für die Realisierung.

Bedeutende Hamburger Firmen zeigen anhand von Beispielen, wie durch den

Einsatz der Wertanalyse und des Value Managements nachhaltige Verbesserungen

erreichbar sind.

Die Autoren der Beiträge geben einen Einblick in unterschiedliche

Anwendungsmöglichkeiten, die jeweilige Vorgehensweise und die erzielten

Ergebnisse.

Im VDI-Arbeitskreis Wertanalyse und Value Management wird über Projektarbeit,

den Einsatz von Methoden und die Zusammenarbeit in interdisziplinären Teams

berichtet. Experten bringen hierzu ihre Erfahrungen ein. Aus praxisorientierten

Übungen und aus Diskussionen können die Teilnehmer des Arbeitskreises

Erfahrungen sammeln und Erkenntnisse für ihre tägliche Arbeit gewinnen und so

zum Erfolg ihres Unternehmens beitragen.

Page 6: Der Erfolg hat Methode: Wertanalyse und Value Management

Inhalt

Seite

M. Staub, Airbus GmbH

Wertanalyse am Landeklappen-Träger 4 für den Airbus A330/A340 und A340-500/A340-600

1

H. Wildling, Beiersdorf AG.

Einsatz eines Biofilters zur Reinigung geruchsbelasteter Prozessabluft

13

S. Gärtner, Daimler AG

Projektschritte für ein sicheres Erreichen vorgegebener Zielkosten

16

H. Holst, Eppendorf Instrumente GmbH

Projektablauf einer Ersatzinvestition für eine Maschine zur Produktion von Micro- und Gelloader

22

Dr. F. v. der Hagen, Lufthansa Technik AG.

Analyse und Optimierung von Logistikprozessen am Beispiel von VIP-Completions bei der Lufthansa Technik AG Hamburg

30

S. Hennig, Still GmbH

Erfolgreiche Produktklinik an einem Gabelstapler

40

B. Schernikau, Airbus GmbH

Wertanalyse mit Lieferanten

50

Page 7: Der Erfolg hat Methode: Wertanalyse und Value Management
Page 8: Der Erfolg hat Methode: Wertanalyse und Value Management

1

Wertanalyse am Landeklappenträger 4 für die Airbus Muster A330/A340 und A340-500/A340-600

Dipl. Ing. M. Staub, Airbus Deutschland GmbH, Hamburg

1. Einleitung

Die Luftfahrtindustrie sowie die Fluggesellschaften befinden sich in einem harten

Konkurrenzkampf in sich immer schneller ändernden Märkten. Fluggesellschaften

müssen Ihre Passagiere mit flexiblen Dienstleistungen zu attraktiven Preisen an ihre

Produkte binden, und die Flugzeughersteller müssen sehr zuverlässige Produkte zu

möglichst niedrigen Preisen bei gleichzeitig niedrigen Betriebskosten anbieten.

Daher nimmt die Herstellkostenreduzierung eine immer wichtigere Rolle im

Flugzeugentwurf und in der Produktion ein.

Um diesen sich teilweise auf den ersten Blick widersprechenden Anforderungen

gerecht zu werden, ist es notwendig, ganzheitliche Methoden, wie die

Funktionsanalyse oder die Wertanalyse, einzusetzen.

Seit Anfang der achtziger Jahre werden mit Hilfe der Wertanalyse Produktionskosten

gesenkt.

Im Rahmen der Wertanalyse im Jahr 2002 ging es um die Kostensenkung im

Landeklappenträger 4 im Airbus Long Range A330/A340 Programm.

Nachfolgend ist die Hochauftriebs-Prozesskette bei Airbus in Bremen dargestellt.

(Die Wertschöpfungskette ist in Bild 2 dargestellt.)

Page 9: Der Erfolg hat Methode: Wertanalyse und Value Management

2

Bild 2: Schematische Darstellung der Prozesskette Hochauftrieb

2. Grundschritt 1: Projekt vorbereiten

2.1 Moderator benennen

Moderator war das Ingenieurbüro Graf, welches in Absprache mit dem Airbus-Werk

in Varel die Leitung und Durchführung der Wertanalyse übernehmen sollte.

2.2 Auftrag übernehmen, Grobziel mit Bedingungen festlegen

Zielsetzung:

- Kostensenkung um ca. 30%

- Gewichtsreduzierung um ca. 30%

- Möglichst gleiche Teile für alle aktuellen Versionen der Long Range

Flugzeugfamilie

Page 10: Der Erfolg hat Methode: Wertanalyse und Value Management

3

- Berücksichtigung aller bis dahin bekannten Anforderungen für eine

Flugzeugversion mit erhöhtem Abfluggewicht

2.3 Untersuchungsrahmen abgrenzen

Der Untersuchungsrahmen war der Träger als ganze Einheit inklusive der

Anschlussbuchsen und der sogenannten H-Lenker.

Die Schnittstellen zur Landeklappe und zum

Landeklappenwagen sollten nicht verändert werden.

2.4 Projektorganisation festlegen

Die Projektgruppe bestand aus Vertretern der Airbus-Werke, der Konstruktion, der

Statik, sowie aus einem Vertreter der Programmleitung und der Wertanalyse.

2.5 Projektablauf planen

Der geplante Untersuchungszeitraum wurde mit 6 Monaten angesetzt.

Die Einführung in die Serienproduktion war für das Jahr 2004 geplant.

Die Amortisation sollte innerhalb von 2 Jahren erfolgen.

Die Analyse mit den Arbeitsschritten

• Ist / Soll-Analyse

• Alternativenentwicklung

• Alternativenbewertung

• Entscheid / Änderungsantrag

sollte im Zeitraum 06.2002 bis 12.2002 erfolgen.

Es waren ca. 7 bis 10 Sitzungen geplant.

3. Grundschritt 2: Ist-Zustand beschreiben

3.1 Objekt und Umfeldinformationen beschaffen

Der Landklappenträger besteht aus vier Hauptbauteilen

Page 11: Der Erfolg hat Methode: Wertanalyse und Value Management

4

Dem inneren, mittleren und äußeren Träger und einer Titanlasche zwischen dem

mittleren und äußeren Träger. (Siehe Bild 3)

Bild 3: Landeklappenträger 4

Die aktuelle Konstruktion besteht aus drei unterschiedlichen Frästeilen, welche mit

rund 100 Verbindungselementen zusammengebaut werden.

(Siehe Bild 4)

Bild 4: Lösung vor der Wertanalyse

Titanlasche Innerer Träger

Mittlerer Träger

Äußerer Träger

Page 12: Der Erfolg hat Methode: Wertanalyse und Value Management

5

Fertigungsstandorte für die Bauteile sind:

Airbus-Werk Varel für die Zerspanteile (die drei Trägerteile)

Aufspindelarbeiten nach dem Zusammenbau

Airbus-Werk Bremen Elektronenstrahlschweißen

Zusammenbau des Trägers

Systemgrenzen:

Zur Sicherstellung der Austauschbarkeit müssen die Trennstellen des Trägers (und

der H-Lenker) so erhalten bleiben, dass keine Modifikation der Antriebsstange, des

Landeklappenwagens, des Rear Links und der Landeklappe erforderlich sind.

(Siehe Bild 5)

Bild 5: Landeklappen – Landeklappenträger System

Äußere LandeklappeLandeklappenträger

Landeklappenwagen

vorderer H-Lenker

hinterer H-Lenker

Page 13: Der Erfolg hat Methode: Wertanalyse und Value Management

6

3.2 Kosteninformationen beschaffen

Tabelle 1: Fertigungskosten des Landeklappenträgers 4 vor der Wertanalyse

In Tabelle 1 ist exemplarisch eine Kostenaufstellung für das Werk Varel gezeigt.

Die realen Werte stammen aus SAP R3 und sind kalkulierte Werte.

Hier sind diese Werte prozentual dargestellt. Die Darstellung erfolgt hier prozentual;

während man im realen Projekt als Einheit EURO wählt. Auch das Airbus-Werk in

Bremen hat uns hier Daten zur Verfügung gestellt.

3.3 Funktionen ermitteln

Zunächst wurde über die Funktionen des Landeklappenträgers und der H-Lenker

diskutiert. Diese Komponenten werden bei den auf drei Schienen laufenden äußeren

Landeklappen im Airbus A330/A340 Long Range Programm verwendet.

Hauptfunktion:

Durch den Träger, die H-Lenker und deren spezifische Anordnung wird die

Landeklappe an der mittleren Trackstation nur senkrecht zur Landeklappensehne

festgehalten.

Nr. Bezeichnung Stück Ftg.-kosten Mat.-kosten Herstellkostenpro AC pro AC pro AC pro AC

1 Baugr. Träger Track 4 1 87% 13% 10%2 Baugr. Träger Track 4 1 87% 13% 10%3 Mittelträger Track 4 1 55% 45% 12%4 Mittelträger Track 4 1 55% 45% 11%5 Träger Innen 1 59% 41% 7%6 Träger Innen 1 56% 44% 7%7 Träger Aussen 1 65% 35% 6%8 Träger Aussen 1 67% 33% 7%9 Titanplatte 2 54% 46% 3%

10 Baugr. Gabel Aussen 2 100% 0% 1%11 Gabel Aussen 2 100% 0% 4%12 U-Profil 4 69% 31% 8%13 Steg 4 34% 66% 1%14 Gabel Innen 2 80% 20% 2%15 Bundbuchse 4 0% 100% 2%16 Bundbuchse 4 0% 100% 2%17 Bundbuchse 8 0% 100% 3%18 Baugr. Gabel Innen kpl. 2 100% 0% 2%

Summe : 100%

Page 14: Der Erfolg hat Methode: Wertanalyse und Value Management

7

Durchbiegungen des belasteten Flügelkastens werden der Landeklappe nur

senkrecht zur Klappensehne aufgezwungen (Klappe biegeweich), nicht jedoch in

Sehnenrichtung (Klappe biegesteif); insbesondere zutreffend bei ausgefahrenen

Klappenstellungen.

System “Mittlerer Träger“:

Zur Abwendung der Hochkantverbiegung der Klappe sind auch andere

Vorkehrungen oder Systeme denkbar. Jede andere Möglichkeit bedeutet jedoch

umfangreiche Anpassungen der Klappe, der Supportstruktur und des

Antriebssystems. Solche weitgehenden Lösungswege widersprechen der

Zielsetzung zur Sicherstellung der Austauschbarkeit und passen nicht in den

gegebenen Rahmen “Budget, Kapazität und Termine“.

3.4 Lösungsbedingende Vorgaben ermitteln

Wertanalyseergebnisse, die Systemänderungen beinhalten, werden nicht verfolgt.

Die Funktionen der Gelenke zwischen H-Lenkern und mittlerem Träger wurden

hinterfragt.

Der einfache Wegfall eines solchen Gelenkes ist nicht möglich, da dieses eine neue

Auslegungsphilosophie bedeutet und damit eine neue Zulassung erforderlich würde.

3.5 Kosten den Funktionen zuordnen

Hier wurde bewusst auf die vollständige Systematik der Wertanalyse verzichtet, da

schnell klar wurde, dass größere Systemänderungen jeden Investitionsrahmen

sprengen würden.

Page 15: Der Erfolg hat Methode: Wertanalyse und Value Management

8

4. Grundschritt 3: Soll-Zustand beschreiben

4.1 Informationen auswerten

Hier gab es lebhafte Diskussionen um eine ganz generelle Auslegungsfrage im

Flugzeugbau.

Lasttragende Bolzenverbindungen und andere Bauteile können auf ein

Flugzeugleben dimensioniert werden, oder man toleriert einen Schaden, wenn man

sicher ist, diesen Fehler rechtzeitig erkennen zu können und dieser nicht zu einem

Versagen anderer Strukturen führt.

Der vordere Anschluss der Landeklappe über den vorderen H-Lenker bis hin zum

Wagenanschluss muss 2-pfadig d.h. „Damage Tolerant“ ausgelegt werden.

Der hintere Anschluss der Landeklappe über den hinteren H-Lenker bis zum Rear

Link muss ebenfalls 2-pfadig ausgelegt werden.

Der hintere Teil des Landeklappenträgers muss ebenfalls „Damage Tolerant“

ausgelegt werden, da ein Versagen das System unkontrollierbar werden lässt.

Anschlussaugen werden entsprechend den Behördenanforderungen zweipfadig

ausgelegt (sofern nicht weitere Anschlüsse ein Versagen kompensieren können).

Abweichend einpfadig ausgelegte Anschlüsse benötigen in jedem Fall eine

Inspektion während des Flugzeuglebens (Mid Life Inspection).

Man versprach sich weiteres Kostensenkungspotential, wenn eine flexiblere

Auslegung machbar wäre.

Hier zeigt sich, wie sinnvoll eine periodisch durchgeführte Wertanalyse sein kann, da

man immer wieder überprüft, ob Vorschriften noch aktuell sind oder man den

aktuellen Stand der Technik berücksichtigen kann.

Page 16: Der Erfolg hat Methode: Wertanalyse und Value Management

9

5. Grundschritt 4: Lösungsideen entwickeln

5.1 Vorhandene Ideen sammeln Ausgehend von den diskutierten Rahmenbedingungen und den beschriebenen

Aufgaben / Funktionen wurden Ideen für alternative Lösungen gesammelt: 1. Landeklappenträger - Breite für 220 mm Platten auslegen; als ein einteiliges

Integralteil gestaltet.

2. Landeklappenträger aus Schmiedeteil, in X-Richtung geschmiedet, ein

Mittelsteg, gegebenenfalls Fachwerk.

3. Landeklappenträger aus Schmiedeteil, in Z-Richtung geschmiedet, zwei Stege,

kleiner separater Beschlag für Outboardanschluss vorderer H-Lenker.

4. Vorderen H-Lenker einseitig anschließen (! Ausfall Antrieb 5).

5. Inboardhälfte Antriebsgabel, separater Beschlag (kleinere Plattendicke).

6. Antriebsstange mit Gabelkopf ausgebildet (kleinere Plattendicke).

7. Landeklappenträger mit Mittelsteg als Integralteil.

8. Kurzer Außenträger, nur im Bereich vorderer H-Lenker.

9. Titanplatte, Außenkontur wasserstrahlgeschnitten.

10. Zahnscheiben, wasserstrahlgeschnitten.

11. Landeklappenträger - Gabel für Rear Link einpfadig ausgelegt.

12. Karbonbuchsen durch unbeschichtete Buchsen abweichender Härte ersetzen.

13. Überlappende Schachtelung des Trägers in der Fräsplatte.

14. Träger in Differenzialbauweise, vorn und hinten je ein kleiner Beschlag,

dazwischen eine Stange.

15. Träger als Alu-Gussteil.

16. Anschluss Antriebsstange, Ersatz Shur Lok-Mutter durch Halm-Mutter.

17. Zahnscheibe Wagenauge, Sicherung durch einen Schraubbolzen.

Page 17: Der Erfolg hat Methode: Wertanalyse und Value Management

10

Nach einer ersten Durchsicht sollten mit Ausnahme der Idee 13 alle weiteren Ideen

weiterverfolgt werden.

5.2 Neue Ideen entwickeln

Lösungswege: In der anschließenden Diskussion wurde aus der Summe der Ideen eine erste

Lösungsrichtung formuliert:

Der Mittelträger mit dem Innenträger wird zu einem Integralteil zusammengefasst.

Die Plattendicke beträgt dabei ca. 190 mm. Eine Titanplatte und ein kurzer

Außenträger (Idee Nr. 8) mit Hi Lok werden angesetzt. Rear Link-Gabel werden

einpfadig, mit einem Mittelsteg versteift.

Das Kostensenkungsziel von 30% pro Flugzeug ist den Erkenntnissen des

bisherigen Wertanalyseverlaufes erreichbar und mit einem vertretbaren Aufwand an

NRC (Non Recurring Cost) realisierbar.

Der Landeklappenträger TR4 enthält Bauteile zweier größerer Bauteilfamilien, für die

z.B. das Wasserstrahlschneiden von Endkonturen mit einem erheblichen

Kostensenkungspotenzial geprüft werden konnte.

Im Team wurde entschieden, hier eine separate Untersuchung zu initiieren.

6. Grundschritt 5: Lösungen festlegen

6.1 – 6.5 Lösungen bewerten und weiter ausarbeiten Aus dem Umfang der vorliegenden Lösungsideen wurden folgende alternative Lösungen gesehen:

1. Die Mittelträger und die Innenträger werden zu einem Integralteil mit einem Mittelsteg zusammengefasst und aus einer 190 mm Platte hergestellt. Der kurze

Page 18: Der Erfolg hat Methode: Wertanalyse und Value Management

11

Außenträger (Idee Nr. 8) wird zusammen mit der Titanplatte (2.Lastpfad) mit Hi Lok angesetzt. Die Rear Link-Gabel wird einpfadig ausgelegt.

2. Der Mittelträger mit dem Innenträger wird zu einem Integralteil mit zwei Mittelstegen zusammengefasst.

3. Wie 1., Integralteil aus Gesenkschmiedeteil hergestellt. 4. Wie 1., sowie Entfall des äußeren Lagers für den Bolzen des vorderen H-Lenkers.

Es wurde entschieden, dass Lösung 4.) weiterentwickelt wird. Die Umrisskonturen der hinteren Titanlaschen werden durch einen Wasserstrahlschnitt fertiggestellt. Die Lagerbohrung wird durch den Wasserstrahlschnitt vorgefertigt, und nur die zu fügende Fläche einer Lasche wird plangefräst. Alle notwendigen Vorgaben zur Sicherstellung dieser Fertigungsverfahren werden in die Bauunterlagen eingebracht. Durch diese Vereinfachung der Fertigungsschritte konnten weitere Einsparungen erzielt werden.

6.6 Lösungen bewerten

Die neue Lösung zeichnet sich durch folgende Merkmale aus:

Der Hauptkörper des Trägers besteht aus einem integralen Frästeil, und ist für alle

„alten“ und aktuellen, sowie zukünftige Versionen der A330/A340 Familie baugleich.

Die Anpassungen werden über einen separat angenieteten Beschlag sichergestellt.

Dadurch konnte eine beachtliche Zahl von Verbindungselementen entfallen und man

erspart sich einen aufwendigen Zusammenbau.

Außerdem konnten so auch die Bolzenverbindungen im Prinzip erhalten bleiben, was

ebenfalls Kosteneinsparungen mit sich brachte. (siehe Bild 6)

Bild 6: Neuer Landeklappenträger mit separatem Beschlag

Page 19: Der Erfolg hat Methode: Wertanalyse und Value Management

12

Analog zu Tabelle 1 sind die Kalkulationen für NRC und Delta RC Kosten erstellt

worden.

So konnte dann die Wirtschaftlichkeitsrechnung erstellt werden.

Es bleibt festzustellen, dass der Aufwand für die Teamarbeit und die begleitenden

Arbeiten nur einen sehr geringen Anteil an den Gesamtkosten darstellt.

In diesen Fall sind ca. 13% der gesamten NRC Kosten für die Teamarbeit

aufgewendet worden.

Da die Wirtschaftlichkeit der Maßnahme gegeben war, wurde anschließend mit der

Realisierung begonnen.

In Abstimmung mit der Programmleitung und den Fachbereichen wurde ein

Projektplan erstellt, um eine termingerechte Einführung sicherzustellen.

Während man für die Wertanalyse im Team ca. 10 Teamsitzungen in 6 Monaten für

die Durchführung der eigentlichen “Analyse-Phase“ benötigte, sind für die Einführung

in die Fertigung gut 1,5 Jahre einzuplanen.

7. Zusammenfassung In diesem Bericht sollte eine Wertanalyse bei Airbus schematisch dargestellt werden.

Die angestrebten Ziele der Wertanalyse wurden im vorliegenden Fall voll erreicht.

Das Ergebnis: Kostensenkung von ca. 30% bei gleichzeitiger Gewichtsreduzierung.

Weiterhin ist der zentrale Landeklappenträger kommunal für alle alten und neuen

Versionen innerhalb der jeweiligen Version der Long Range Familien. (A330/A340 Basis und A340-500/-600)

Bild 7: Erster „real“ gefräster Landeklappenträger 4 (kommunales Frästeil ohne Beschlag)

Page 20: Der Erfolg hat Methode: Wertanalyse und Value Management

Produktion Hamburg, Herstellung Chemische Grundstoffe, Werk 2

13

Einsatz eines Biofilters zur Reinigung geruchsbelasteter Prozessabluft Dipl.-Ing. H. Wildling, Beiersdorf AG, Hamburg Kurzfassung

In diesem Beitrag wird der erfolgreiche Pilotversuch einer Biofilteranlage zur

Senkung der Geruchsbelästigung geschildert.

1. Was war das Problem?

In unserer Emulgatorherstellung verarbeiten wir Wollwachs, um die gewünschten

Wollwachsalkohole (Eucerit®) zu gewinnen. Die nach Schaf riechende, fetthaltige

und geruchsbelastete Abluft aus dieser Herstellung wurde ungereinigt in die

Atmosphäre emittiert. Dieser Tatbestand führte immer wieder zu

Geruchsbelästigungen im angrenzenden Wohngebiet und zu Beschwerden der

Anwohner.

2. Was unternahmen wir dagegen?

Die nachstehenden Aktivitäten wurden abgearbeitet:

o Geruchsmessungen wurden durchgeführt, diese ergaben ca. 22000 - 25000

Geruchseinheiten (GE) in der Rohluft.

o Parallel dazu wurden verschiedene Filtrations- und Reinigungsverfahren auf

Funktionstüchtigkeit, Wirksamkeit, Umweltverträglichkeit und Wirtschaftlichkeit

untersucht. Ziel war, die Geruchsbelastung auf ca. 2200 – 2500 GE zu

reduzieren.

o Von allen untersuchten Verfahren versprach das Biofilter die meisten Vorteile,

es gab leider wenig Erfahrung und kaum Referenzen, deshalb entschlossen

wir uns zu einem Pilotversuch.

o Die Versuchsanlage wurde installiert und ca. ein Jahr im Teilstrom betrieben.

Die Ergebnisse waren äußerst zufrieden stellend.

o Die Großanlage wurde 1989 projektiert, 1990 umgesetzt und in Betrieb

genommen.

Page 21: Der Erfolg hat Methode: Wertanalyse und Value Management

Produktion Hamburg, Herstellung Chemische Grundstoffe, Werk 2

14

3. Biofilteranlage Werk 2

Bild 2 Biofilter Foto 1

Aufnahme von in Wasser gelöstenStoffen

Organischer Schad-stoff = C-Verbindung

+Sauerstoff (O2)

Oxidation zuCO2 und H2O

AufbauzelleigenerSubstanz

Abgabe vonCO2 und H2O

Vermehrung der Zelle(es entsteht Biomasse)Zelle

Stoffwechselprozess in einer Mikroorganismuszelle

Aufnahme von in Wasser gelöstenStoffen

Organischer Schad-stoff = C-Verbindung

+Sauerstoff (O2)

Oxidation zuCO2 und H2O

AufbauzelleigenerSubstanz

Abgabe vonCO2 und H2O

Vermehrung der Zelle(es entsteht Biomasse)Zelle

Stoffwechselprozess in einer MikroorganismuszelleMikroorganismen

Sorption

Rei

ngas

CO2+H2O

W a s s e r p h a s eBiofilm

Roh

gas }

Filtermaterial-partikel

Biofilm

Abbau

Mikroorganismen

Sorption

Rei

ngas

CO2+H2O

W a s s e r p h a s eBiofilm

Roh

gas }

Filtermaterial-partikel

Biofilm

Abbau

Mikroorganismen

Sorption

Rei

ngas

CO2+H2O

W a s s e r p h a s eBiofilm

Roh

gas }

Filtermaterial-partikelFiltermaterial-partikel

Biofilm

Abbau

Bild 1 Biofilter Prinzipskizze

Page 22: Der Erfolg hat Methode: Wertanalyse und Value Management

Produktion Hamburg, Herstellung Chemische Grundstoffe, Werk 2

15

4. Was hat es gebracht?

o Inzwischen blicken wir auf eine langjährige Erfahrung zurück und stellen fest,

dass die Ergebnisse des Pilotversuches von der Großanlage weit übertroffen

wurden.

o Die Anlage baut die mit etwa 25000 GE belastete Rohluft auf eine

Restbelastung von ca. 400 GE ab, d. h. es ist praktisch nur noch der reine

Betteigengeruch feststellbar (Torf, Heidekraut, etc.).

o Diese Anlage ist Sommer wie Winter äußerst wartungsarm und problemlos zu

betreiben, alle 2 … 3 Jahre „Nachstopfen“ von Filtermaterial infolge partieller

Bettabsenkung, kompletter Bettaustausch ca. alle 6 – 7 Jahre.

o Die Instandhaltungskosten der Biofilteranlage belaufen sich auf ca. 2,3 % p. a.

vom Anschaffungswert.

5. Fazit

o Unser Problem wurde mit Hilfe einer Biofilteranlage termingerecht, zu den

kalkulierten Kosten, sehr wirkungsvoll, sicher und umweltfreundlich gelöst.

o Es gibt seitdem keinerlei Beschwerden mehr von den Anwohnern, somit

wurde das angestrebte Projektziel eindeutig erreicht.

Bild 3 Biofilter Foto 2

Page 23: Der Erfolg hat Methode: Wertanalyse und Value Management
Page 24: Der Erfolg hat Methode: Wertanalyse und Value Management

16

Projektschritte für ein sicheres Erreichen vorgegebener Zielkosten Wertanalyse im Mercedes-Benz Werk Hamburg Dipl.-Ing. Stephan Gärtner, Daimler AG Kurzfassung

Die Wertanalyse ist ein geeignetes Mittel, um die Zielkosten bei einem

Fahrzeugprojekt zu erreichen und einen Lieferantenunterstützungsprozess (LUP) zu

beginnen.

Die folgenden Darstellungen zeigen Schritte in einem Wertanalyseprojekt, welches in

der Entwicklungsphase begonnen worden ist. Es wurde eine Baugruppe aus einem

PKW-Projekt gewählt, welche vor ca. einem Jahr in die Serie eingeflossen ist.

Innerhalb von 4 Projektsitzungen wurden Lösungen erarbeitet, und nach 6 Monaten

wurde ein erster Zwischenstand präsentiert.

Bild 1: Verschiedene Phasen für den Einsatz von Wertanalyse

Page 25: Der Erfolg hat Methode: Wertanalyse und Value Management

17

Wertanalyseprojekt „Betätigungseinheit“

Ist-Aufnahme Anhand der ersten Vorkostenplanung werden die Herstellkosten des neuen

Produktes ermittelt und mit dem vorgegebenen Gesamtzielwert verglichen. Weicht

der errechnete Wert von dem Zielwert ab, muss eine Optimierung des Bauteils und

seiner Untergruppen erfolgen. Dazu werden die Einzelkosten der Baugruppe ermittelt

und in einem Paretodiagramm dargestellt.

Bild 2: Paretodiagramm

Das Paretodiagramm soll helfen, Wichtiges vom Unwichtigen zu trennen. Aus

mehreren Kostenbausteinen werden diejenigen herausgefiltert, die den größten

Einfluss auf die Gesamtkosten haben.

These: 20% der Bauteile beeinflussen 80% der Kosten.

Ermittlung der Zielkosten für einzelne Bauteile / -Gruppen Sind die wertigen Bauteile bestimmt, werden im Anschluss die Zielkosten für die

jeweilige Baugruppe oder für einzelne Bauteile ermittelt.

Ansatzpunkt ist der bestehende Einkaufswert für die Baugruppe/-Teil aus der

laufenden Serie. Bei dem neuen Konzept sollen einige Bauteile aus der laufenden

Page 26: Der Erfolg hat Methode: Wertanalyse und Value Management

18

Serie weiter verwendet werden, sodass ein erster Kostensenkungsbaustein

gefunden ist (Mengeneffekt).

Im neuen Fahrzeug kann der Betätigungshebel nicht verwendet werden, deshalb

muss dieser aus der Kostenaufstellung herausgenommen und der neue Hebel

kostenmäßig hinzugerechnet werden.

Als letzter Kostenbaustein für die Zielkostenfindung wird der zu erwartende

Mengeneffekt in der Montage und Fertigung bewertet. Da das neue Bauteil

zusätzlich zu einer vorhandenen Baugruppe gefertigt wird, werden sich auch die

Umlagen für Werkzeuge/Vorrichtungen und Anlagen kostenmindernd auswirken.

Bild 3: Zielkosten

Mit diesem Zielwert wird nun der vorher ausgewählte Lieferant konfrontiert und mit

seinem Angebotswert verglichen. In der Regel liegt der Wert höher, und es muss nun

das Bauteil genauer untersucht werden, d.h. es muss zusammen mit dem

Lieferanten eine Wertanalyse erfolgen. Hierfür werden Teams zusammengestellt, die

sich zu regelmäßigen Projektgesprächen treffen.

Je nach Umfang und Größe des Projektes werden entsprechende Experten

eingeladen.

Page 27: Der Erfolg hat Methode: Wertanalyse und Value Management

19

Organisation und Methoden

Bild 3: Teamzusammenstellung

Um den Erfolg des Projektes zu gewährleisten, müssen beim ersten Projektgespräch

Vereinbarungen bzgl. Geheimhaltung, Verteilung der erzielten Einsparungen und

Patentfragen getroffen werden, dazu gehört auch die Offenlegung der Kalkulation

seitens des Lieferanten. Zusätzlich ist natürlich auch die Rolle des Moderators und

der Protokollführung abzustimmen. Sind diese Punkte alle geklärt, kann das Projekt

beginnen.

Um Ideen zu finden und zu sammeln, haben sich bei uns folgende Methoden als

recht effektiv herausgestellt, da sich bei diesen der Zeitaufwand in Grenzen hält:

• Brainstorming

• Morphologischer Kasten

• 6-3-5 Methode

• Patentrecherche

• Benchmark

Page 28: Der Erfolg hat Methode: Wertanalyse und Value Management

20

Sind einige Ideen gefunden und diskutiert worden, müssen diese bewertet und

untereinander verglichen werden, sowohl technisch als auch kostenmäßig.

Dabei kommt die Vorgehensweise nach VDI 2225 zur Anwendung, die mit einfachen

Mitteln ein gutes und präsentationsfähiges Tool anbietet. In einer Matrix werden alle

Ideen eingetragen, beschrieben und mit einer Skizze ergänzt.

Die anschließenden Bewertungen werden gemeinsam im Projektteam durchgeführt,

wobei die jeweiligen Kostenermittlungen im Vorwege erfolgen und nur noch die

Gesamtkosten der gefundenen Lösung in die Datei eingetragen werden müssen.

Mit dieser Vorgehensweise werden sowohl die technischen als auch die

kostenseitigen Entscheidungspunkte der Varianten miteinander verglichen, um somit

die beste Lösung herauszufinden.

Bild 4: Bewertungsmatrix

Page 29: Der Erfolg hat Methode: Wertanalyse und Value Management

21

Managementinformation Die Arbeitsergebnisse werden dokumentiert durch die Darstellung der geeigneten

Lösungsansätze und durch die Ermittlung des Kostenstandes. Zusätzlich werden die

Chancen und Risiken bewertet und als Ausblick mit aufgeführt.

Bild 5: Präsentation Zwischenstand

Fazit

• Wertanalyse ist ein fester Bestandteil der Entwicklungsarbeit

• Die Wertanalyse ist sehr gut geeignet, ein Kostenverständnis der Entwickler

zu erreichen

• Förderung der Teamarbeit

• Hoher Kontrollaufwand

• Zulieferer sind aktiv mit eingebunden, wobei vorher die Rahmenbedingungen

geklärt wurden.

Page 30: Der Erfolg hat Methode: Wertanalyse und Value Management

22

Projektablauf einer Ersatzinvestition für eine Maschine zur

Produktion von Micro-/Gelloader Dipl.-Ing. Helmut Holst, Eppendorf Instrumente GmbH Kurzfassung An diesem Projekt soll aufgezeigt werden, wie durch gute Teamarbeit, straffe Projektführung und realistische Zielsetzung die Entscheidungsträger überzeugt werden können und damit Projekte zum Erfolg geführt werden. Neunzehn Jahre wurden auf einer Produktionsmaschine zwei Produkte hergestellt, bei der aufgrund des Alters der Maschine, die Ersatzteilversorgung sehr schwierig bis unmöglich war. Die Wartungsaufwendungen waren sehr hoch, die Maschine stand kurz vor dem Kollaps. Das Produkt hätte in diesem Fall nicht mehr gefertigt werden können. Der Projektauftrag lautete: Ersatzbeschaffung der Maschine bei gleichen Herstellkosten. Die von der Projektgruppe definierten Ziele waren:

• Herstellkosten (Heko) Reduzierung um ca. 25 %. • Ausschuss < 10%, • Mitarbeiterbindung 60%, • Maschinenverfügbarkeit > 90%, • Instandhaltungs-/Wartungskosten < 1%,

Als Ergebnis wurden erreicht:

• Heko Reduzierung 35%, break even nach ca. 1,8 Jahren • Ausschuss < 10% Ist Ende 2006 4,6% • Mitarbeiterbindung 60% Ist Ende 2006 50% • Maschinenverfügbarkeit > 90% Ist Ende 2006 92% • Instandhaltungs-/Wartungskosten < 1% kann noch nicht bewertet werden

Page 31: Der Erfolg hat Methode: Wertanalyse und Value Management

23

Produktionssituation in der Historie

GELoader Diese Pipettenspitze erleichtert das Auftragen von Proben auf Polyacrylamid-Gele zur DNA-Sequenzierung. Der GELoader Tip hat eine 15 mm lange Spitze mit einem definierten Durchmesser von weniger als 0,3 mm.

Microloader Pipettentip zum rückseitigen Füllen von Mikroinjektionskapillaren. Ideal auch zum Zurückgewinnen überschüssiger Lösung aus der Kapillare

19 Jahre produzierte diese Maschine im 1-Schichtbetrieb die Geloader-/Microloader-spitzen. Nach 19 Jahren Produktionsbetrieb war der Wartungsaufwand sehr hoch, die Ersatzteilbeschaffung schwierig, der Ausschuss hoch. Die Maschine drohte zu kollabieren mit der Konsequenz der Produkteinstellung. Im Jahr 2002 wurde ein Projekt mit dem Ziel gestartet, die Maschine zu ersetzen. Die Umsetzung des Projektes erwies sich als nicht wirtschaftlich, weshalb darauf verzichtet wurde.

Baujahr der alten Maschine 1987

Page 32: Der Erfolg hat Methode: Wertanalyse und Value Management

24

Projektauftrag mit Projektziel Im Mai 2005 wurde durch die Abteilungsleitung beim Projektmanagement Produktion das Projekt „Ersatzbeschaffung der Produktionsmaschine“ in Auftrag gegeben. Das Projektziel war die Sicherstellung der Produktion für diese 2 Produkte bei gleichen Herstellkosten (Heko). Projektablauf Der Projektmanager Produktion stellte das Projektteam aus den Bereichen Disposition/Arbeitsplanung, Systembetreuung, Qualitätssicherung und Einkauf zusammen. Mit dem Projektteam wurden die folgenden Arbeitspakete festgelegt: 1. Ist-Analyse 2. Projektziele detailliert festlegen 3. Soll-Beschreibung der Maschine 4. Erstellung Pflichtenheft 5. Angebote mit Maschinenkonzepten einholen 6. Entscheidung vorbereiten mit Bewertung der Angebote Ist-Analyse In der Ist-Analyse wurden folgende Fakten ermittelt: • Ca. 35% - 40 % Ausschuss • Mitarbeiterbindung 100% • Maschinenverfügbarkeit ca. 70% • Instandhaltungs-/Wartungskosten 11% der Lieferleistung Aus der Ist-Analyse wurden die Projektziele detailliert festgelegt: • Ausschuss < 10% • Mitarbeiterbindung 60% • Maschinenverfügbarkeit > 90% • Instandhaltungs-/Wartungskosten < 1% • Heko Reduzierung um ca. 25 %

Page 33: Der Erfolg hat Methode: Wertanalyse und Value Management

25

Soll-Beschreibung der Maschine

• Leistungsdaten: Durchsatz/h, Maschinenverfügbarkeit, Ausschuss, Mitarbeiterbindung, etc. • Maschinenausführung: Verschmutzung, Lärm, Material-Vorlage/Entnahme Rüstaufwand, Verschleißteile, Steuerung, etc. • Qualitätsanforderung: Prüfanforderungen für das Produkt, Lebensdauer • Preisvorgabe Bearbeitung der weiteren Projektschritte

• Voruntersuchungen zur Ermittlung von Prozessparametern • Erstellen des Pflichtenheftes • Angebote einholen • Angebote bewerten • Entscheidung vorbereiten Entscheidung vorbereiten

• Angebot von drei Anbietern aus Schleswig-Holstein, Thüringen, Hamburg • Auswertung der Angebote • Empfehlung an Entscheidungsträger GF der Eppendorf Instrumente GmbH

Page 34: Der Erfolg hat Methode: Wertanalyse und Value Management

26

Entscheidung

• Die Geschäftsführung folgte der Empfehlung durch die Projektgruppe • Entscheidung für den Anbieter aus Thüringen (Anbieter 2) Begründung: 1. Gutes Konzept 2. Nahe an der Preisvorgabe 3. Kurzfristiger Liefertermin Vorbereitung über Auftragserteilung • Erstellung des Vertrages durch das Einkaufsmanagement. • Überarbeitung des Pflichtenheftes durch das Projektmanagement. • Auslösen der Bestellung

Angebote Maschine

80%

71%

100%

0%

20%

40%

60%

80%

100%

120%

Anbieter 1 Anbieter 2 Anbieter 3

Page 35: Der Erfolg hat Methode: Wertanalyse und Value Management

27

Auftragsüberwachung • Freigaben der Konstruktionsabschnitte • Freigaben der Zahlungen • Bauaufsicht Abnahme im Werk des Auftragnehmers nach Abnahmespezifikation gemäß

Pflichtenheft Leistungsdaten Maschinenausführung Qualitätsanforderungen Aufstellung im Haus Eppendorf • Installation und Inbetriebnahme der Sondermaschine • Probelauf der Maschine über eine Woche • Erstmusterfreigabe der beiden Produkte • Freigabe zur Serienfertigung Die Neue Maschine • Produktionstestbetrieb über 3 Monate • Überprüfung der Leistungsdaten auf

Langzeitstabilität Fehlerkatalog Durchsatz Gutstück Ausschuss Maschine/gesamt Maschinenverfügbarkeit etc.

Page 36: Der Erfolg hat Methode: Wertanalyse und Value Management

28

Ergebnis • Leistungsdaten der Maschine wurden im vollen Umfang erfüllt. Ausschuss < 10% Ist Ende 2006 4,6% Mitarbeiterbindung 60% Ist Ende 2006 50% Maschinenverfügbarkeit > 90% Ist Ende 2006 92% Instandhaltungs-/Wartungskosten < 1% kann noch nicht bewertet werden • Zusätzliche Features der Maschine Parameter einstellbar wie: Temperatur, Ziehlänge/ -Geschwindigkeit, Schneidlänge. Neue Produktvarianten sind nun möglich. • Kosten Heko Reduzierung 35% break even nach ca. 1,8 Jahren

Liefermenge/Ausschuß gesamt

9,4%

12,1%

8,7%

5,0%4,3%

0

10

20

30

40

50

60

Aug Sep Okt Nov Dez

Satz

/Tag

0,0%

5,0%

10,0%

15,0%

Aus

schu

ß ge

sam

t

LiefermengeAusschuß gesamt

Soll: 5%

Durchsatz/Ausbringung Gut-Stück 2006

995

861

941966

1.004

690

818

94,8%94,1%

95,0%

96,7%

98,9%

87,2%

88,7%

600

650

700

750

800

850

900

950

1.000

1.050

1.100

1.150

1.200

Juni Juli Aug Sep Okt Nov Dez

Dur

chsa

tz/h

80,0%81,0%82,0%83,0%84,0%85,0%86,0%87,0%88,0%89,0%90,0%91,0%92,0%93,0%94,0%95,0%96,0%97,0%98,0%99,0%100,0%

Aus

brin

gung

Gut

Stü

ck

Durchsatz/h St/hAusbringung Gut-Stück [%]

Soll: 1000 St/h

Soll: 95 %

Fehler/Tag

10,6

12,8

9,4

7,0

6,0

7,0

3,1

0,5

2,4

0,8

1,3

0,70,9

0,30,0

2,0

4,0

6,0

8,0

10,0

12,0

14,0

Juni Juli Aug Sep Okt Nov Dez

Anza

hl F

ehle

r/Tag

0,0

0,5

1,0

1,5

2,0

2,5

3,0

3,5

4,0

4,5

5,0

Fehl

erbe

hebu

ng/T

ag [h

]

Anzahl FehlerFehlerbehebung [Std]

Soll: 1,5 Fehler/Tag

Fehlerverteilung Mittelwert pro Monat

Station 7 (Folgefehler)3% Station 11 nicht erkannt

6%

Palettenstau4%

Station 11 erkannt35%

Linearfördererstau30%

Wechsel O-Ringe2%

Palette nicht leer, gemerkt15%

Kein Druckluft1%Station 10 X-Achse nicht in Pos

2% Palette nicht leer, nicht gemerkt2%

Fehler pro Tag/Monat8,0

Page 37: Der Erfolg hat Methode: Wertanalyse und Value Management

29

Kostenstruktur

100%

55%

8,5%

0%

20%

40%

60%

80%

100%

120%

Gesamtkosten Ersparnis 1.Jahr Projektkosten

Eingesetzte Methoden • Elemente aus dem WA-Arbeitsplan • Kreaktivitätstechniken • Prozess-FMEA • Standard Projekt Ablauf Eppendorf Projektrückblick • Was war gut:

• Die Teamarbeit intern/extern • Die Auswahl des Sondermaschinenbauers aus Thüringen • Die Einhaltung der Ziele • Die Dokumentation der Leistungsdaten

• Was kann man besser machen:

• Bauaufsicht in kürzeren Abständen • Lieferterminverzögerung von ca. 8 Wochen vermeiden • Umsetzung der Einsparung benötigt mehr Zeit • Beseitigung der Kinderkrankheiten, Optimierung

der Maschine benötigt mehr Zeit.

Page 38: Der Erfolg hat Methode: Wertanalyse und Value Management

30

Analyse und Optimierung von Logistikprozessen am Beispiel von VIP-Completions bei der Lufthansa Technik AG Hamburg Prozess- und Systemoptimierung in heterogenen IT-Landschaften

Dr.-Ing. F. v. der Hagen, Lufthansa Technik AG, Hamburg; Kurzfassung Neben einer gezielten Verbesserung bestehender Produkte durch Wertanalysen

bieten auch in einem Unternehmen etablierte Prozesse erhebliche Optimierungs-

potenziale zur Kostensenkung. Am Beispiel von Logistikprozessen in der

kundenindividuellen Innenausstattung von Passagierflugzeugen wird gezeigt, wie

eine solche Prozessoptimierung auch bei ungünstigen Ausgangsbedingungen

erfolgreich durchgeführt werden kann.

1. Prozessverbesserungen im Spannungsfeld zwischen Massen- und Einzelfertigung Neben den materiellen Produkten eines Unternehmens stellen zunehmend so

genannte „Intangible Assets“ wie beispielsweise Prozesskompetenz, Patente oder

auch Markenrechte die Grundlage der Wettbewerbsfähigkeit eines Unternehmens

dar. Gerade das weite Feld der Prozesse innerhalb eines Unternehmens und über

die Unternehmensgrenzen hinaus bietet mit seinen dahinter liegenden

unternehmensinternen und –übergreifenden Wertschöpfungsketten erhebliche

Einsparpotenziale. Die Optimierung der für die Entwicklung und Fertigung von

Produkten eingesetzten Prozesse ist wiederum eng mit der Produktoptimierung

verbunden.

Viele Unternehmen betreiben parallel zu einem auf hohen Durchsatz hin optimierten

„Massengeschäft“ auch ein mehr oder minder umfangreiches „Sondergeschäft“, das

sich durch hohe Individualität der Produkte und geringe Stückzahlen auszeichnet.

Die damit verbundenen Aufgabenstellungen sind beispielsweise auch im

Sondermaschinen- und Anlagenbau anzutreffen. Hier steht ein Großteil der

benötigten Detailspezifikationen zu Beginn eines Projektes noch nicht zur Verfügung,

sondern wird erst im Projektverlauf definiert.

Page 39: Der Erfolg hat Methode: Wertanalyse und Value Management

31

Daher können die üblichen Methoden aus der Massenfertigung in diesen auf

Einzelfertigung spezialisierten Unternehmensbereichen nicht in vollem Umfang

angewandt werden.

Bild 1: Einordnung von Produkt- und Prozessoptimierung

In einem solchen Umfeld treten daher eine Reihe charakteristischer Optimierungs-

potenziale auf. Dazu gehören beispielsweise stark heterogene Planungs-,

Entwicklungs- und Produktionsabläufe und zahlreiche einzelne IT-Insellösungen.

Diese sind oft nur peripher an die zentralen Enterprise Ressource Planning (ERP)-

und Product Life Cycle Management (PLCM)-Systeme des Unternehmens

angegliedert. Gezielte und nachhaltige Prozessverbesserungen erweisen sich in

diesem Umfeld aus organisatorischen und systemtechnischen Gründen als

besonders schwierig.

Im Folgenden soll daher am Beispiel von Logistikprozessen erläutert werden, wie

eine derartige Optimierung von Geschäftsprozessen auch unter ungünstigen Rand-

bedingungen erfolgen kann.

2. Optimierungspotenziale von Prozessen am Beispiel Logistik Innerhalb der Prozesse eines Unternehmensbereichs nimmt der Logistikprozess

durch seine Komplexität eine herausragende Stellung ein. Im Sondermaschinen- und

Prototypenbau zeigt sich typischerweise eine konstante Optimierung der

Fertigungsunterlagen in laufenden Projekten bei gleichzeitigem Bedarf nach einer

pünktlichen Bereitstellung der benötigten, sehr individuellen Materialien für die

Produktion. Ein häufiger Grund für Defizite im Materialbereitstellungsprozess von

Geschäftsbereichen, die innerhalb ihres Unternehmens eine Sonderstellung

einnehmen, ist das Fehlen eines abteilungsübergreifenden Gesamtprozesses und

Page 40: Der Erfolg hat Methode: Wertanalyse und Value Management

32

dessen Unterstützung durch eine durchgängige IT-Plattform. Dies führt zu einem

lückenhaften Informationsaustausch zwischen den Beteiligten und somit zu

merklichen Intransparenzen im Prozess. Auf diese Weise können Informations-

schiefstände zwischen den inselartig aufgebauten IT-Systemen entstehen. Diese

werden dadurch erkennbar, dass beispielsweise an einer Stelle ein Material bereit

mit einem aktuellen Bedarfstermin geführt wird, während in einem anderen System

noch ein anderes, veraltetes Bedarfsdatum verzeichnet ist, welches noch nicht

aktualisiert wurde. Fehlteile werden hierbei erst bei Produktionsbeginn erkannt und

bedingen kurzfristige und umfangreiche Umplanungen in der Fertigungssteuerung.

Auf der anderen Seite kann es immer wieder zu Restbeständen an nicht

verbrauchtem Material kommen, wenn etwa ein bereits gestarteter Einkaufsprozess

nicht angepasst wird, obwohl das Material, beispielsweise aufgrund einer Änderung

im Design, schon gar nicht mehr benötigt wird. Die Folge sind Unsicherheiten im

Management der Materialbereitstellung, die zu einer eher konservativen Mengen-

und Terminplanung und damit zu unnötigen und kostenintensiven Eilbestellungen

und hohen Lagerbeständen führen. Im Gesamtbild sind derartig gestaltete Logistik-

prozesse stark abhängig von den individuellen Kenntnissen einzelner Mitarbeiter

über die benötigten Material- und Informationsflüsse und deren persönlichem Wissen

um die Zusammenhänge innerhalb der gesamten Prozesskette. Eine eingehende

Analyse der Logistikprozesse ergibt daher häufig die beschriebenen

Einsparpotenziale bei Umplanungsaufwänden infolge von Fehlteilen, kostspieligen

Eilbestellungen, Überschussbeständen und dem generellen Betreuungsaufwand aller

Prozesse und IT-Systeme.

3. Herangehensweise zur Optimierung von Prozessen Wie gezeigt werden konnte, verbergen sich in einem nicht optimierten Materialbereit-

stellungsprozess oftmals erhebliche Einsparpotenziale, so dass eine Verbesserung

der zugrunde liegenden Abläufe und Systeme mit hoher Wahrscheinlichkeit

lohnenswert ist.

Um die bestehenden, abteilungsweise individuellen Teillösungen ersetzen zu

können, ist zunächst ein übergreifender Gesamtprozess zu gestalten, der alle

Prozesseigner an einen Tisch bringt. Dabei sollen zugleich sämtliche bestehenden

Page 41: Der Erfolg hat Methode: Wertanalyse und Value Management

33

organisatorischen und systemtechnischen Hemmnisse aufgebrochen werden, die

einer optimalen Lösung entgegenstehen.

Prinzipiell sollte hier nach dem Grundsatz verfahren werden, dass sowohl die

Organisation als auch die eingesetzten IT-Werkzeuge dem von allen Beteiligten als

optimal angesehenen Prozess zu folgen haben, nicht aber umgekehrt.

Bild 2: Phasen, Maßnahmen und Beteiligte der Prozessoptimierung

Nachhaltig wirksame Ergebnisse können auch nicht einfach zugekauft werden, sondern lassen sich nur durch die im eigenen Unternehmen vorhandenen Know-How-Träger erarbeiten. Um die Wirksamkeit von Prozessverbesserungen überhaupt sinnvoll beurteilen zu können, ist zudem eine quantitative Erfassung der alten und neuen Abläufe erforderlich. Hierzu kann neben Kennzahlen auch der Einsatz der Prozesskostenrechnung hilfreich sein. Da, wie bereits beschrieben, die zu optimierenden Prozesse aber teilweise sehr intransparent sein können, ist der Aufwand für die quantitative Ermittlung des Ist-Standes oft recht hoch.

Bei einer Prozessoptimierung greifen sowohl die kapazitive Einbindung der

Kompetenzträger aller beteiligten Organisationseinheiten als auch die Umsetzung

organisatorischer Veränderungen und die Einführung neuer IT-Systeme im laufenden

Betrieb stark in das operative Geschäft des betroffenen Unternehmens ein. Daher

erweist sich insbesondere das konsequente Commitment aller Führungskräfte zum

Projekt und ein umfassendes Change Management zur Information aller Mitarbeiter

als Schlüssel für die erfolgreiche Umsetzung eines Optimierungsvorhabens. Auf der

Systemseite stellt sich gerade die Integration von Insellösungen oft als sehr

schwierig heraus und wird daher in vielen Unternehmen selten folgerichtig genug in

Page 42: Der Erfolg hat Methode: Wertanalyse und Value Management

34

Angriff genommen. Heutige ERP- und PLCM-Systeme weisen jedoch eine

ausreichende Flexibilität auf, um auch in einem bereits fest etablierten Umfeld der

Massenfertigung noch nachträglich auf die Einzelfertigung angepasste, individuelle

Sonderlösungen innerhalb des Systems mit abbilden zu können. Im Folgenden

sollen die gezeigten Punkte am Beispiel des Materialbereitstellungsprozesses in der

kundenindividuellen Flugzeugausstattung bei der Lufthansa Technik AG in Hamburg

erläutert werden.

4. Individueller VIP-Innenausbau von Flugzeugen bei der Lufthansa Technik AG Die Lufthansa Technik AG (LHT) gehört als eine Tochtergesellschaft der Deutschen

Lufthansa AG zu den größten zivilen Anbietern luftfahrttechnischer Dienstleistungen

und hat sich neben der dem klassischen MRO-Geschäft (Maintenance, Repair and

Overhaul) auch auf die kundenindividuelle Ausstattung großer Privat-, Geschäfts-

und Regierungsflugzeuge spezialisiert.

Bild 3: Die Geschäftsfelder der Lufthansa Technik AG

Dabei werden im Completion Center am Standort Hamburg zunächst entweder neue

(sog. „Green Aircraft“), oder gebrauchte (z.B. von Fluggesellschaften übernommene)

Flugzeuge bereitgestellt. Diese werden dann durch individuell nach Kundenwunsch

angefertigte Möbel, Unterhaltungselektronik, Sitze, Wasser-/Klimasysteme usw.

ausgebaut. Die bereits ausgestatteten Flugzeugmuster reichen vom kleinen

Corporate Jet (z.B. Bombardier Challenger 850), über Narrowbody-Muster (z.B.

A318/319, BBJ, BBJ2) bis hin zu großen Widebody-Mustern (z.B. A310, A330/A340,

B777, B747).

Sowohl in dem für die Anfertigung von Ausstattungsteilen zuständigen Herstellbetrieb

(gem. EASA 21G), als auch in dem mit deren Einbau befassten

Instandhaltungsbetrieb (gem. EASA 145) gilt es, umfangreiche Prozesse aus

Page 43: Der Erfolg hat Methode: Wertanalyse und Value Management

35

Spezifikation, Design, Planung, Projektierung, Konstruktion, Entwicklung,

Beschaffung, Logistik, Fertigung, Montage und Zulassung zu koordinieren.

Bild 4: Kundenindividueller Flugzeuginnenausbau bei der Lufthansa Technik AG

Die Herausforderung einer erfolgreichen Abwicklung solcher Completion-Liegezeiten

liegt insbesondere darin, die klassischen Projektziele (Qualität, Kosten und Zeit) mit

höchst individuellen Kundenwünschen, dem technisch Machbaren und den

Anforderungen einer Zulassung nach geltendem Luftfahrtrecht in Übereinstimmung

zu bringen.

5. Optimierung der Materialbereitstellung im VIP-Kabinenausbau Um Wettbewerbsvorteile erfolgreich realisieren zu können, werden im Completion

Center der LHT Prozesse konsequent und kontinuierlich verbessert. Für das auf die

Optimierung des Materialbereitstellungsprozesses ausgerichtete Projekt SCOPE

(Systematic Completion Order Process Enhancement) wurde ein abteilungs-

übergreifendes Projektteam von 25 Mitarbeitern aus allen beteiligten Bereichen

zusammengestellt und durch externe Berater ergänzt. Als Ausgangssituation zeigte

der Materialbereitstellungsprozess des Completion Centers die bereits

Page 44: Der Erfolg hat Methode: Wertanalyse und Value Management

36

charakterisierten heterogenen Prozesse und proprietären Insellösungen in der IT-

Landschaft zusammen mit den damit einhergehenden Optimierungspotenzialen.

Auf Konzernebene waren das ERP-System SAP R/3 und das PLCM-System

eMATRIX bereits fest als führende Systeme etabliert.

In der vorbereitenden Analysephase wurden neben der Ermittlung der

Schlüsselkennzahlen des Materialbereitstellungsprozesses auch ausgewählte

Kernprozesse einer modifizierten Prozesskostenrechnung unterworfen, um die

erzielbaren Verbesserungen abschließend quantifizieren zu können. Die eingehende

Analyse der zugrunde liegenden Abläufe zeigte die weitgehende Trennung der

Produktdefinition im Engineering von der Materialbeschaffung im Einkauf auf.

Zugleich waren alle Informationen dazu auf sechs unterschiedliche, nur

unzureichend synchronisierten IT-Insellösungen als Nutzenpotenziale verteilt. Das

Projekt SCOPE sollte daher entsprechend der zuvor dargestellten Schritte die

wertschöpfenden Materialbereitstellungsprozesse verschlanken, alle peripheren IT-

Insellösungen ohne Systembrüche in SAP R/3 übertragen und durch ein

verbessertes Reporting die Prozesstransparenz nachhaltig erhöhen.

Bild 5: Ausgangsituation in der Materialbereitstellung vor der Prozessoptimierung

Bei der Umsetzung dieses Projektvorhabens gelang es innerhalb von 12 Monaten,

die gesetzten Ziele durch eine Optimierung des organisatorischen Zusammenspiels

zwischen Engineering, Fertigungsvorbereitung, Einkauf, Logistik und Produktion bei

der Materialdefinition und –bereitstellung zu erreichen. Darüber hinaus wurden alle

IT-Prozesse auf einer gemeinsamen Plattform integriert. Hierbei wurden zwei

Page 45: Der Erfolg hat Methode: Wertanalyse und Value Management

37

wesentliche Stoßrichtungen verfolgt: Zunächst wurden die bisher parallel und

asynchron verlaufenden Prozesse der projektspezifischen Materialdefinition im

Engineering und der Materialbereitstellung in Einkauf und Logistik durch eine organi-

satorische Veränderung miteinander gekoppelt.

Ein Kernelement der Optimierung des Materialbereitstellungsprozesses war hierbei

die Koppelung der Stücklistenerstellung und des Bestellprozesses in einem

gemeinsamen Prozess. Die Summe aller in den Stücklisten aufgeführten Materialien

stellt hierbei den Materialbedarf eines Projektes dar, während die am

Materialbereitstellungsort (sog. „Bahnhof“) bereitgestellten und die bereits verbauten

Materialien den momentanen Materialbestand darstellen. Als Resultat der

Optimierung wird aus den im Engineering erzeugten Stücklisten für alle Projekte

stets der aktuelle Materialbedarf erkennbar. Dieser wird über eine neu geschaffene

Dispositionsgruppe mit den verfügbaren Beständen und dem Produktionsplan

abgeglichen. Mindermengen werden so unmittelbar durch termingerechte

Umlagerungsanforderungen bzw. Bestellungen ausgeglichen.

Bild 6: Organisatorische Optimierung im Materialbereitstellungsprozess

Daraus ergab sich als zweite Stoßrichtung des Projektes, die unterstützenden IT-

Systeme innerhalb von SAP R/3 auf eine integrierte Lösung hin umzuwandeln. Dabei

kam der Vorteil von SAP R/3 zum Tragen, durch die Entwicklung von nicht im

Standard vorhandener Funktionen, an die Anforderungen des neuen Prozesses,

flexibel anpassen zu können. Durch den Wegfall bisheriger Systemschnittstellen und

die Verfügbarkeit von Informationen in Echtzeit wurde auf der operativen Seite eine

deutlich verbesserte Früherkennung und Korrektur von Abweichungen und

Page 46: Der Erfolg hat Methode: Wertanalyse und Value Management

38

Planungsfehlern und eine lückenlose Verfolgung aller Materialien von der Stückliste

bis zur Produktion möglich. Hierdurch konnte sowohl die Materialverfügbarkeit als

auch die Transparenz des Gesamtprozesses deutlich gesteigert werden. Durch den

zuletzt genannten Punkt wurde wiederum der Aufwand zur Informationsbeschaffung

und zur Nachweisführung über Herkunft, Ziel und Verbleib aller Materialien

(Traceability) nochmals erheblich gesenkt.

Ein weiteres Resultat der Systemintegration war die Abschaltung proprietärer

Altsysteme und die damit verbundene Aufwandssenkung in der Systembetreuung

und Datensicherung. Auf der strategischen Ebene wurde zudem ein umfangreiches

Reporting vieler Einzelfaktoren, wie z.B. der Liefertermintreue von Lieferanten und

der Materialkostenverteilung innerhalb eines Projektes möglich. Hierdurch können

wertvolle Zusatzinformationen in die Engineering- und Einkaufsprozesse zurück-

geführt werden. Während sich früher die Datenermittlung und –interpretation als sehr

aufwändig erwiesen hatte, können heute Entscheidungen im Management des

Logistikprozesses deutlich einfacher und schneller getroffen werden.

Bild 7: Umsetzung des optimierten Materialbereitstellungsprozesses in SAP R/3

6. Fazit Auch nachträgliche Prozessveränderungen und Systemintegrationen an bereits

etablierten Logistiksystemen sind erfolgreich realisierbar, sofern besonderes

Augenmerk auf die Analyse der bestehenden Prozesse und auf die Integration der

Page 47: Der Erfolg hat Methode: Wertanalyse und Value Management

39

betroffenen Organisationseinheiten gerichtet wird. Der Mehraufwand für diese

frühzeitige Einbindung am Beginn eines Optimierungsprojekts reduziert den später

erforderlichen Implementierungsaufwand ganz erheblich. Als Ergebnis solcher

Projekte können eine Reihe von Kostenfaktoren in der Materialbereitstellung, wie

beispielsweise Mehraufwände infolge von Fehlteilen, Restmaterialkosten oder

Kosten für Eilbestellungen signifikant reduziert werden. Im beschriebenen Beispiel

der kundenindividuellen Innenausstattung von Verkehrsflugzeugen konnte darüber

hinaus durch die durchgängige Verbesserung der Gesamttransparenz auch der

Entscheidungsaufwand im Management und die Nachweisführung über alle

Teilschritte deutlich vereinfacht werden.

[1] Eversheim, W.: Integrierte Produkt- und Prozessgestaltung. In: Eversheim, W.;

Schuh, G. (Hrsg.): Hütte – Taschenbuch für Betriebsingenieure (Betriebshütte).

7. Auflage. Berlin: Springer, 1996.

[2] Gaitanides, M. ; Scholz, R.; Vrohlings, A. ; Raster, M.: Prozessmanagement.

München, Wien: Hanser 1994.

[3] v. der Hagen, F.: Unternehmensübergreifendes Produkt- und

Prozessengineering. In: Reinhart, G.(Hrsg.): Virtuelle Produktion – Prozess-

und Produktsimulation iwb Seminarberichte 54. München: Utz 2000.

[4] Krallmann, H.: Systemanalyse im Unternehmen: Geschäftsprozessoptimierung,

partizipative Vorgehensmodelle, objektorientierte Analyse. 2. Auflage. München,

Wien: Oldenbourg 1996.

[5] Kaplan, R.; Norton D.: Strategy Maps - Converting Intangible Assets Into

Tangible Outcomes. Harvard Business School Press 2004.

[6] Best, E.; Weth, M.: Geschäftsprozesse optimieren Der Praxisleitfaden für

erfolgreiche Reorganisation, Wiesbaden: Gabler 2005.

[7] Benz, J.; Höflinger, M.: Logistikprozesse mit SAP R/3. München: Vieweg 2005.

Page 48: Der Erfolg hat Methode: Wertanalyse und Value Management

40

Erfolgreiche Produktklinik an einem Gabelstapler Dipl.-Ing. Stephan Hennig, STILL GmbH, Hamburg Die Methode der Produktklinik stellt eine Weiterentwicklung der Wertanalyse durch die Einbeziehung und funktionsorientierte Betrachtung von Wettbewerbsgeräten dar. Der Begriff „Produktklinik“ wurde geprägt durch das Transfer-Centrum GmbH & Co. KG in München um Univ.-Prof. Dr. Horst Wildemann und Dr. Ronald Heggmaier (www.TCW.de).Gemeinsam mit der Unternehmensberatung wurden die Stapler der RXY-Familie mittels der Methoden der Produktklinik analysiert und nachhaltig in den Herstellkosten gesenkt. Mit der RXY-Familie wurde erstmals bei STILL ein Baukasten- konzept über die gesamte verfügbare Tragkraftklasse von 1,5to bis 5to eingeführt. Neben den größeren Baugruppenstückzahlen für die Fabrik in Hamburg ergibt sich für den Kunden ein auf die speziellen Einsatz- bedingungen optimaler konfigurierbarer Stapler.

Page 49: Der Erfolg hat Methode: Wertanalyse und Value Management

41

Ausgangssituation Zielsetzung und Problemstellung: Das ursprüngliche Ziel bei der Entwicklung der RX20-Stapler-Familie war eine Herstellkostenreduzierung von 20% gegenüber dem Vorgängermodell R20. Der R20 hat in der Vergangenheit mehrfach Kostenoptimierungs-Projekte durchlaufen und stellte somit auch kostenmäßig eine „ausgereizte“ Konstruktion dar. Demgegenüber war der innovative RX20 mit seinem seitlichen Batterieauszug, bezogen auf das Rahmenkonzept, absolutes Entwicklungs-Neuland. Ca. drei Monate vor der endgültigen Abgabe der Konstruktionsunterlagen und damit ein Jahr vor dem Start der Serienfertigung betrug die HK-Überschreitung noch 2,5%. Dies führte zum Start des im folgenden beschriebenen Projektes. Vorgehensweise / Ansätze zur Kostensenkung Als Werkzeug zur Kostensenkung wurde mit der Unternehmensberatung TCW gemeinsam die Methode der Produktklinik gewählt: 1. Funktionsanalyse 2. Klassische Wertanalyse 3. Anfragen mit Lieferenatenwechsel 4. Cherry-Picking 5. Moderation von Demontagen

Die Produktklinik nutzt unterschiedliche Methoden zur Kostenoptimierung !

1998 20042000 2001 2002 2003

Mock-up

20072005 2006

Entwicklungsphase

1,6-2,0 t 48V

1,6-2,0 t 80V3,5-5,0 t 80V

2,5-3,0 t 80V

2008

0-SerieProduktklinik

1998 20042000 2001 2002 2003

Mock-up

20072005 2006

Entwicklungsphase

1,6-2,0 t 48V

1,6-2,0 t 80V3,5-5,0 t 80V

2,5-3,0 t 80V

2008

0-SerieProduktklinik

Page 50: Der Erfolg hat Methode: Wertanalyse und Value Management

42

Vorgehensweise Definition und Vorbereitung der Produktklinik Prinzip: Auf Basis der Funktionenstruktur des eigenen Produktes wird ein Vergleich mit anderen Produkten durch Demontage und Kosten-/Nutzenbewertung gezogen. Die Kombination der besten Lösungen wird im eigenen Produkt umgesetzt. (Cherry- Picking) Den Demontageworkshops ging eine detaillierte Analyse der Funktionenstruktur des RXY voraus. Es wurden 16 Hauptfunktionen identifiziert, welche anschließend weiter in Unterfunktionen unterteilt wurden. Zunächst war eine Festschreibung der Vorgehensweise wichtig: Welches sind die primär zu betrachtenden Baugruppen, wie groß ist der sinnvolle Demontageumfang hierbei? Anschließend erfolgte die Festlegung der Demontagereihenfolge und die Definition von Bewertungskriterien. Aus der Aufbereitung und Analyse der Kostenstruktur ergab sich: Der Anteil Materialkosten macht über 70% aus. Mehr als 30% der durchschnittlichen Herstellkosten des Kundengerätes machen die HK der Varianten aus. Daraus folgte, diese typischen Varianten unbedingt mit einzubeziehen. Für jede Baugruppe Bildung von interdisziplinären Arbeitsteams aus allen Unternehmensbereichen. Ebenfalls einbezogen wurden Praktiker aus Service und Montage. Insgesamt waren in 12 Spezialistenteams 56 Mitarbeiter (zeitweise) eingebunden. Notwendig war deshalb der Aufbau einer geeigneten Projektstruktur für die Produktklinik RXY. Das Kernteam umfasste 14 Mitarbeiter und berichtete an den Steuerkreis bzw. an die Geschäftsführung.

Kosten Kunden-Stapler

MEK HK voll

100%

Varianten-kosten

Standard-Stapler

MGK FLK FGK

Page 51: Der Erfolg hat Methode: Wertanalyse und Value Management

43

Vorgehensweise Vorbereitung der Produktklinik Im Hinblick auf den geplanten Serienstart und die Markteinführung wurde der Terminplan festgelegt. Es war von vornherein klar, dass nicht alle Maßnahmen zum „start of production“ bereits in die Serienfertigung einfließen können, sondern erst sukzessive. Auswahl von geeigneten Demontageobjekten. Für die Demontage mussten entsprechende Räumlichkeiten mit Werkzeugausstattung und Kran /Hebebühne zur Verfügung gestellt werden. Die erarbeiteten Kostensenkungsideen wurden anschließend bezüglich ihrer wirtschaftlichen und technischen Machbarkeit bewertet und zu Maßnahmenpaketen gebündelt. In Abstimmung mit dem Entwicklungsplan wurden Realisierungstermine festgelegt. Schematisierter Ablauf der Produktklinik:

I. Priorisierung der Demontage-reihenfolge

II. Definition der Bewertungskriterien

IV. Wirtschaftliche und technische Bewertung

V. Bewertung von Lösungsvorschläg

VI. Bildung von Optionen

III. Demontage

OptionenRXY

Option 1 Option 2 Option 3 Option ...

Potenzial

Änderungsaufwand und Kapazitätsbedarf (monetär bewertet)

Umsetzungsdauer

Investitionshöhe und Amortisationsberechnung

Auswirkungen auf weitere Produktlinien

Auswirkungen auf die Organisationseinheiten (Vertrieb, Service, Produktion ...)

...

0 €

10 €

20 €

30 €

40 €

50 €

60 €

0 2 4 6 8 10

Technische Bewertung

Kos

ten

Bew

ertu

ng

Priorisierungskriterium

Änderungskosten der Innovationen

Kostenabweichung zumTarget

Absolute Kostenhöhe derBaugruppe

Produktaufbau (z.B. von Außen nach Innen)

Umsetzungsgeschwindigkeitder Innovation

Potenzialhöhe (vermutet)

Ranking

-

-

3.

1.

-

2.

Nr. Arbeitspaket HK Priorität

10 Varianten 3.300 1,00

8 Elektrik / Elektronik 2.103 2,50

1 Achsen / Antriebe 2.023 2,67

4 Mast / Zylinder 1.356 3,83

3 Fahrerarbeitsplatz 947 4,00

5 Rahmen / Batterietür 648 6,83

6 Gegengewicht 627 7,33

2 Hydraulik 577 7,33

9 Montage 812 8,00

11 Reifen 214 8,50

12 Batteriewechselsystem xxx 9,33

7 Batterie xxx 10,33

Summe 12.608

Page 52: Der Erfolg hat Methode: Wertanalyse und Value Management

44

Vorgehensweise Demontage-Objekte Als Demontageobjekte wurde eine Auswahl geeigneter Wettbewerbsprodukte angemietet. Bei der Identifikation und Festlegung wurde die Frage nach Marktführer und Kostenführer gestellt. Parallel ist besonders das Querdenken zu fördern! Beispiel: Welche Arbeitsmaschinen haben einen vergleichbaren Fahrerarbeitsplatz? Welche Bedienvorgänge sind ähnlich? Die Demontageobjekte: Eigenes Gerät, Wettbewerbsgeräte sowie

branchenfremde Geräte zum „Querdenken“

RX20 16 48V-3 Rad (Prototyp)

Page 53: Der Erfolg hat Methode: Wertanalyse und Value Management

45

Ergebnisse Beispiel: Kostensenkung der Fahrerkabine Die optionale Fahrerkabine des RXY sah vor dem Projekt eine einteilige Tür auf der linken Seite vor. Diese Tür war aufgrund ihrer Größe aufwändig verstärkt. Durch Analyse und Kalkulation der Tür des Kleinbaggers wurde die Idee einer geteilten Tür mit einer B-Säule zwischen dem aufschwingenden und dem festen Teil geboren. Trotz zusätzlicher Teile wurde mit dieser Maß- nahme eine deutliche Kostenreduzierung erreicht. Einher ging die Umsetzung mit einem Lieferantenwechsel.

Vor der Kostensenkung: Einteilige Tür ohne B-Säule . . .

. . . nach der Kostensenkung: geteilte Tür mit B-Säule

Page 54: Der Erfolg hat Methode: Wertanalyse und Value Management

46

Ergebnisse Beispiel: Optimierung der Batterietür Die seitliche Batterietür konnte durch klassische Wertanalyse um 16% in den Herstellkosten gesenkt werden. Hauptansatzpunkte waren das deutlich vereinfachte Schloss sowie das nun in die Tür integrierte Versteifungsblech.

Ausführung vor der Kostensenkung ... ... danach

Sicht auf die geöffnete Tür:

Sicht auf die geschlossene Tür:

Page 55: Der Erfolg hat Methode: Wertanalyse und Value Management

47

Ergebnisse Beispiel: Kostensenkung Rahmen Die RXY-Stapler-Familie ermöglicht erstmalig in einem Gegengewichtsstapler, ohne Einsatz eines Kranes, die Batterie seitlich aus dem Rahmen herauszuziehen. Oben links ist einer der ersten Rahmenentwürfe dargestellt. Im Laufe des Entwicklungsprojektes konnten die Herstellkosten demgegenüber bereits um 23% gesenkt werden. War eine weitere Kostensenkung überhaupt noch möglich ? Durch weitere Optimierungen und Versuche konnte die Blechdicke von 20 auf 15 mm reduziert werden. Die Verwendung des teureren RAEX- Bleches ist nicht mehr erforderlich, es kommt St-52 zum Einsatz.

Einsparung weitere - 12 %

Umgesetzt im August 2005 für RX20 und RX60

1. Rahmenentwurf Beginn Kostensenkungsprojekt 100% 77%

Page 56: Der Erfolg hat Methode: Wertanalyse und Value Management

48

Erfolgsfaktoren und Hemmnisse Erfolgsfaktoren in den Workshop´s

Unbedingte Unterstützung des Projektes durch die Geschäftsführung in allen Phasen (!!)

Überzeugung aller Mitarbeiter von der Geschäftsführung bis zum Schlosser

Teamgeist Ideen, Brainstorming Teamzusammensetzung aus allen

Bereichen des Unternehmens Funktionsanalyse ist Grundlage für einen

sinnvollen Vergleich aller Benchmark-Objekte

Exakte Dokumentation Erfolgsfaktoren in der Umsetzungsphase

Konsequente Vorgehensweise Umzusetzende Maßnahmen sind aus wirtschaftlichen Gesichtspunkten

festzulegen (80/20-Regel) Umsetzungsteams geeignet zusammensetzen Exakten Umsetzungsplan erstellen mit klaren fixierten Commitments Auch bei der Umsetzung den Focus auf neuen Ideen haben und diese dann

stringent umsetzen In der Umsetzungsphase „Druck auf dem Kessel“ lassen Maßnahmen und erzielte Kostenreduzierungen exakt controllen

Hemmnisse

Aufwand/Nutzenverhältnis war vielen Mitarbeitern unklar Spezialistentum erforderte hohe Anzahl von zu gewinnenden Mitarbeitern Störgrößen wie Tagesgeschäft wurde immer wieder als Grund für Nicht-

Aktivität angeführt Machtgehabe von Bereichsleitern/Abteilungsleitern hat teilweise zu

erheblichen Reibungsverlusten geführt

Page 57: Der Erfolg hat Methode: Wertanalyse und Value Management

49

Umsetzungsphase Effekte aus der Produktklinik

Nach Abschluss der Demontageworkshop´s ergaben sich weitere Veränderungen des Potenzials. Nicht machbare Maßnahmen führten zu Reduzierungen, aus der Analyse der Ideen ergaben sich aber auch neue Maßnahmen. Zielsetzung und Ergebnis des Projektes

Das ursprüngliche Ziel für die Produktklinik und Wertanalyse betrug 12 %. Bei dieser Zielsetzung wurde die Frage unterschiedlicher Verbauraten der Varianten im Kundengerät nicht betrachtet. Das erarbeitete Gesamtpotenzial betrug in Summe 18%. Als tatsächlich in der Serie umgesetzte Einsparung wurden 13,3% erreicht. Der resultierende Umsetzungsgrad beträgt somit 74%. Neben der Kostensenkung des Standardgerätes wurden auch alle gängigen Varianten mit einbezogen.

max

. Pot

enzial

Stan

d 09

/05

neue

s Pot

enzial

Umse

tzba

r bis 0

8/06

Umric

hter

-Pot

enzial

neue

s Zi

el 2

007

Po

ten

zial

Page 58: Der Erfolg hat Methode: Wertanalyse und Value Management

50

Wertanalyse mit Lieferanten Wertanalyse- Projekt von Airbus an der Heckspitze des Airbus A300-600 Dipl.-Ing. B. Schernikau, Hamburg Kurzfassung Im folgenden Beispiel soll gezeigt werden, wie Wertanalyse auch bei Lieferanten er-

folgreich betrieben werden kann.

Ziel des Wertanalyse-Projektes war eine zwanzigprozentige Kostensenkung bei der

Subsection 1 der Heckspitze des Airbus A300-600 / A310. Das WA-Projekt wurde

vor mehreren Jahren gemeinsam mit den Spezialisten der Firmen Airbus und Capro-

ni (ansässig in Vizzola, Norditalien, in der Nähe Mailands) durchgeführt.

Endergebnis war eine Kostensenkung von 26%. Das erarbeitete Konstruktionskon-

zept konnte für die Erstkonstruktion der A320-Familie übernommen werden.

1. Das Wertanalyse-Objekt Die Heckspitze des Airbus nimmt das APU (Hilfstriebwerk), die dazugehörige Lösch-

einrichtung, den Luftzulauf, das Abgasrohr mit Schalldämpfer und ein Stück der

Heißluftleitung auf.

Als Wertanalyse-Objekt wurde der vordere Teil der Heckspitze, die Subsection 1

ausgewählt.

Bild 1: Wertanalyse-Objekt Airbus Tailcone

Page 59: Der Erfolg hat Methode: Wertanalyse und Value Management

51

2. Projektvorbereitung Projektauslöser waren die bevorstehende Fremdvergabe der Fertigung an Firma

Caproni / Alenia und Hinweise der Konstruktion auf Optimierungspotenzial. Außer-

dem war mit der Erstkonstruktion der A320-Familie begonnen worden. Damit be-

stand die Möglichkeit, die für die A300-600 gefundenen neuen Lösungen direkt zu

übertragen.

Dies führte zum Projektauftrag mit folgender Zielsetzung: 20% Kostenreduzierung,

Amortisation der nicht wiederkehrenden Kosten nach spätestens einem Jahr und

Optimierung der Konstruktion für die A320-Familie.

Vor Beginn des Wertanalyse-Projektes war es erforderlich, sich mit Caproni / Alenia

über folgende Punkte zu einigen:

• Gemeinsame Zieldefinition

• Aufteilung der Kostensenkung und der nicht wiederkehrenden Kosten

• Terminlicher Rahmen

• Festlegung der Vorgehensweise

• Regelung bezüglich möglicher Patente

3. Projektdurchführung

Beim Wertanalyseprojekt wurde wie folgt vorgegangen:

1. Zielsetzung, Projektplanung

2. Vertragsgestaltung mit Fa. Caproni

3. Teambildung

4. Schulung der Teammitglieder

5. Ist-Analyse inklusive Schwachstellenanalyse

6. Beschreibung des Soll-Zustandes

7. Ideenfindung und Ausarbeitung

8. Absicherung neuer Lösungen

9. Einführung in die A300-600 / A310 und Übernahme in die A320-

Erstkonstruktion

Page 60: Der Erfolg hat Methode: Wertanalyse und Value Management

52

Es wurde ein Team aus Mitarbeitern folgender Fachbereiche gebildet:

Airbus:

Konstruktion

Statik

Produktionsprozesse

Subcontracting

Wertanalyse

Caproni:

Fertigungsplanung

Montageplanung

Bild 2: Das Wertanalyse-Team vor einem historischen Firmengebäude in Italien

Die Teamarbeit wurde am Ort der Fertigung bei Caproni durchgeführt. In Abständen

von vier bis sechs Wochen fanden drei Treffen von jeweils einer Woche statt. Das

Team arbeitete während der wöchentlichen Treffen ganztägig zusammen.

Begonnen wurde mit einer halbtägigen Schulung der Teammitglieder mit den Inhal-

ten Wertanalyse-Vorgehensweise, Funktionenanalyse, Kreativitätstechniken, Wirt-

schaftlichkeitsrechnung und Bewertungsmethoden.

Page 61: Der Erfolg hat Methode: Wertanalyse und Value Management

53

Nachdem allen die Vorgehensweise und die wichtigsten Methoden bekannt waren,

konnte mit der Projektarbeit begonnen werden.

Die Zeit zwischen den Treffen nutzten die Fachbereiche, um Details auszuarbeiten,

Skizzen zu erstellen, die Statik zu prüfen, Angebote einzuholen und neue Ferti-

gungsabläufe zu kalkulieren.

Im Laufe der Wertanalyse-Projektarbeit kamen folgende Methoden zum Einsatz:

• Schwachstellenanalyse

• Konkurrenzanalyse

• Funktionenanalyse

• Brainstorming

• FMEA

• Nutzwert-Analyse

• Amortisationsrechnung

• Modellbau zur Sicherstellung der Montierbarkeit

• Risikominimierung (Tests)

• Projektmanagement

Bedingt durch die im Vertrag erzielten Klärungen hinsichtlich der Vorgehensweise

und der Aufteilung der Einsparung und der einmaligen Kosten, fand die Teamarbeit

in einer völlig offenen Atmosphäre statt. Das Team entwickelte 159 Ideen, von denen

25 Lösungen umgesetzt wurden.

Daraus zwei Beispiele:

1. Neugestaltung des Spantes 92 (Bild 3):

- Änderung der Spantbauweise, Verringerung der Trennstellen

- Reduzierung der Teilezahl

- Neugestaltung des Fensterbeschlages und des “Fail Safe Points“ (Sicher-

heitsbeschlag)

- Vereinheitlichung der Normteile

Page 62: Der Erfolg hat Methode: Wertanalyse und Value Management

54

Bild 3: Spant der Section 1 Bild 4: Anschlussbeschläge

2. Neugestaltung der Anschlussbeschläge und des Umfeldes (Bild 4):

- Alt: Fräsbeschläge aus Titanvollmaterial, diagonal im Raum angeordnet

- Neu: Titanplatten, parallel zur Flugzeuglängsachse verlaufend, wodurch die

Montage wesentlich vereinfacht wurde.

Zusätzlich konnten mehrere Fertigungs- und Montageprozesse verbessert werden. 4. Ergebnisse Es wurde eine Kostensenkung von 26% erreicht; Ziel waren 20%.

Die Nutzenschwelle konnte bereits nach 0,88 Jahren 10,6 Monaten erreicht wer-

den; Ziel war ein Zeitraum von maximal einem Jahr (Bild 5).

Page 63: Der Erfolg hat Methode: Wertanalyse und Value Management

55

Bild 5: Wertanalyse-Projektergebnis Bild 6: Montage der A318, A319 und A321(mit Heckspitze) im Airbuswerk Hamburg

100%vorher

74%nachher

26% Kosten-senkung

17%Einführungs-

kosten *) 6% **)Wertanalyse-

kosten

0%

10%

20%

30%

40%

50%

60%

70%

80%

90%

100%

Produktkosten pro Jahr alle Kosten bezogen auf die IST-Kosten pro Jahr vor der WA

*) bei 60 Flugzeugen pro Jahr

Vorteile für die Kunden

Vereinfachte Montage und Demontage

Einfachere Reparaturmöglichkeiten

Gewichtsreduzierung

**) Kosten der Teammitglieder von Caproni und Reisekosten enthalten

Übertragung aller Ergebnisse auf die

Erstkonstruktion der A320-Familie

Page 64: Der Erfolg hat Methode: Wertanalyse und Value Management

Ansprechpartner zum Thema:

VDI Hamburger Bezirksverein e.V.

Stadtbahnstraße 114

22391 Hamburg

Telefon: 040 / 270 28 07

Internet: www.vdi-hamburg.de

E-Mail: [email protected]

VDI-Arbeitskreis Wertanalyse / Value Management

Leiter des Arbeitskreises:

Dipl.-Ing. Bernd Schernikau

Krögerstraße 15

22145 Hamburg

Telefon: 040 / 678 06 74

E-Mail: [email protected]