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Master of Arts (MA) Erziehungs- und Bildungswissenschaften
Schwerpunkt: Rehabilitationspädagogik
MASTERARBEIT
Der Förderansatz Applied Behavior Analysis mit Verbal
Behavior für Kinder mit einer Autismus-Spektrum-
Störung in Deutschland
Vorgelegt von
Lotte Elisabeth Schewe
Matrikelnummer: 9455340
4. Fachsemester
Betreuende Gutachterin: Prof. Dr. Gisela Christel Schulze
Zweiter Gutachter: Gerold Jacobs, MA
Oldenburg, den 25. November 2011
2
ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS ABLLS-R Assessment of Basic Learning and Language Skills - Revised
AO Abolishing Operation
ASS Autismus-Spektrum-Störung
ATZ Autismustherapiezentrum
AVT Autismus-spezifische Verhaltenstherapie
BACB Behavior Analyst Certification Board
BCaBA Board Certified assistance Behavior Analyst
BCBA Board Certified Behavior Analyst
BET Bremer Elterntraining
CMO Conditioned Motivating Operation
DGVA Deutsche Gesellschaft für Verhaltensanalyse
DGVT Deutsche Gesellschaft für Verhaltenstherapie
DSM-IV-TR Diagnostic and Statistical Manual of Mental Disorders
DTT Discrete Trial Teaching
EBI Evidenz-basierte Intervention
EIBI Early Intensive Behavior Intervention
EO Establishing Operation
FC Faciliated Communication (gestützte Kommunikation)
GKV Gesetzliche Krankenversicherung
GBA Gemeinsamer Bundesausschuss
IBT Intensive Behavioral Treatment
ICD-10 International Classification of Diseases
IFA Institut für Autismusforschung (Bremen)
ITT Intensive Trial Teaching
MO Motivation Operations
NET Natural Environment Teaching
NLP Natural Language Paradigm
OMT On The Move Training
PECS Picture Exchange Communication System
RDI Relationship Development Intervention
SD Stimulus Diskriminativus
SGB Sozialgesetzbuch
SIG Special Interest Group
SR Reinforcing Stimulus
TE Tiefgreifende Entwicklungsstörung
3
TEACCH Treatment and Education for Autistic and related Communication
handicapped Children
UMO Unconditioned Motivating Operation
VT Verhaltenstherapie
WHO World Health Organisation
4
ABBILDUNGSVERZEICHNIS Abbildung 1: Diagnostikinstrumente (Bölte, 2009e, S. 158) 11
Abbildung 2: Evidenzgrade (Noterdaeme, 2011) 16
Abbildung 3: Das ABC-Modell (Schramm, 2009) 31
Abbildung 4: Das ABC-Modell im Fallbeispiel Jan (Schewe, 2011 modifiziert nach
Schramm, 2009) 40
Abbildung 5: ABLLS-R-Fähigkeit A1 53
Abbildung 7: ABLLS-R Excel-Tabelle Kategorie E 72
Abbildung 8: Geschlechterverteilung 75
Abbildung 9: Alter der Kinder in Jahren beim Erstberatungstermin 76
Abbildung 10: Kategorie A 77
Abbildung 11: Kategorie B 78
Abbildung 12: Kategorie C 79
Abbildung 13: Kategorie D 80
Abbildung 14: Kategorie E 81
Abbildung 15: Kategorie F 82
Abbildung 16: Kategorie G 83
Abbildung 17: Kategorie H 84
Abbildung 18: Kategorie I 85
Abbildung 19: Kategorien A bis I 86
Abbildung 20: Kategorien A bis I einzeln 87
Abbildung 21: Prozentualer Fortschritt A bis I 87
Abbildung 22: Fähigkeiten und Fortschritt J bis Z 88
Abbildung 23: Anzahl eingestufter Kinder (Kategorien J bis Z) 89
Abbildung 24: Kategorien J bis Z 90
Abbildung 25: Prozentualer Fortschritt (A bis I)*Alter 92
Abbildung 26 : Streudiagramm Alter*Fortschritte A bis I 93
Abbildung 27: Einstufung des Korrelationskoeffizienten (Zöfel, 2003, S.151) 93
Abbildung 28: Korrelationstabelle Alter / Fortschritt 94
Abbildung 29: ABLLS-Datenblatt (Partington, 2006) 115
Abbildung 30: Alter in Monaten bei Beratungsbeginn 117
Abbildung 31: Deskriptive Statistik Fähigkeiten A1 bis Z1 117
Abbildung 32: Deskriptive Statistik Fähigkeiten A2 bis Z2 118
Abbildung 33: Deskriptive Statistik der prozentualen Fortschritte A bis Z 119
Abbildung 34: Korrelationen A*Alter 120
Abbildung 35: Korrelationen B*Alter 120
5
Abbildung 36: Korrelationen C*Alter 120
Abbildung 37: Korrelationen D*Alter 121
Abbildung 38: Korrelationen E*Alter 121
Abbildung 39: Korrelationen F*Alter 121
Abbildung 40: Korrelationen G*Alter 122
Abbildung 41: Korrelationen H*Alter 122
Abbildung 42: Korrelationen I*Alter 122
6
INHALTSVERZEICHNIS
1. Einleitung 1
2. Autismus-Spektrum-Störungen (ASS) 3
2.1 Geschichte und Terminologie 3
2.2 Klassifikation nach ICD-10 und DSM-IV-TR 4
2.2.1 Frühkindlicher Autismus (Kanner-Syndrom) 5
2.2.2 Atypischer Autismus 7
2.2.3 Nicht näher bezeichnete tiefgreifende Entwicklungsstörung / Sonstige
tiefgreifende Entwicklungsstörungen 7
2.2.4 Asperger-Syndrom 8
2.3 Ätiologie 8
2.4 Diagnostik 10
2.5 Prävalenz 13
3. Therapeutische Interventionen bei ASS 14
3.1 Evidenzbasierte Intervention 15
3.2 Allgemeine Interventionsrichtlinien 17
4. Applied Behavior Analysis (ABA) und Verbal Behavior (VB) 19
4.1 Der Begriff Verhaltenstherapie 19
4.2 Verhaltenstherapie für Kinder mit ASS 20
4.3 Definition Applied Behavior Analysis (ABA) und Verbal Behavior (VB) 23
4.3.1 Definition Applied Behavior Analysis (ABA) 23
4.3.2 Definition Verbal Behavior (VB) 25
4.4 Funktionale Verhaltensanalyse 29
4.4.1 Das ABC-Modell 30
4.4.1.1 Antecedent (A) 31
4.4.1.1.1 Stimulus Diskriminativus (SD) 32
4.4.1.1.2 Motivating Operation (MO) 32
4.4.1.1.3 Prompt 34
4.4.1.2 Consequence (C) 36
4.4.1.2.1 Verstärkung 36
4.4.1.2.2 Bestrafung und Löschung 37
4.4.2 Fallbeispiel I 38
4.5 Lernformate 40
4.5.1 Discrete Trial Teaching (DTT) 41
4.5.2 Intensiv Trial Teaching (ITT) 41
7
4.5.3 Natural Environment Teaching (NET) 42
4.5.4 On The Move Training (OMT) 42
4.6 Lernmethoden bei ABA/VB 43
4.6.1 Unterrichten von Mands 43
4.6.2 Shaping 44
4.6.3 Chaining 45
4.6.4 Pairing 45
4.6.5 Unterrichtskontrolle 46
4.6.6 Fehlerfreies Lernen 48
4.6.7 Unterrichtsabwechslung 48
4.6.8 Dokumentation 49
4.6.8.1 Assessment of Basic Learning and Language Skills (ABLLS) 50
4.6.8.2.ABLLS-R-Einstufung 50
4.6.9 Fallbeispiel II 54
5. Applied Behavior Analysis und Verbal Behavior (ABA/VB) in Deutschland 57
5.1 Ausbildung 58
5.2 Home-based-intervention 61
5.3 Finanzierung 61
5.4 ABA/VB-Anbieter in Deutschland 64
5.5 Das Institut Knospe-ABA 65
5.5.1 Mitarbeiter/innen 65
5.5.2 Ziel und Philosophie 66
5.5.3 Arbeitsweise 66
5.5.3.1 Kontaktaufnahme 66
5.5.3.2 Erstberatung 67
5.5.3.3 Folgeberatungen 68
6. Empirische Studie 69
6.1 Methodik, Datenauswahl- und Eingabe 70
6.2 Deskriptive Darstellung der Daten 73
6.2.1 Kategorie A: Verstärkereffektivität und Kooperation 77
6.2.2 Kategorie B: Visuelle Leistungsfähigkeit 78
6.2.3 Kategorie C: Rezeptive Fähigkeiten 79
6.2.4 Kategorie D: Motorische Imitationsfähigkeiten 80
6.2.5 Kategorie E: Sprachliche Imitationsfähigkeiten 81
8
6.2.6 Kategorie F: Bedürfnisäußerung 82
6.2.7 Kategorie G: Bennenungsfähigkeiten 83
6.2.8 Kategorie H: Intraverbale Fähigkeiten 84
6.2.9 Kategorie I: Fähigkeiten des spontanen Vokalisierens 85
6.2.10 Kategorien A bis I 86
6.2.11 Kategorien J bis Z 88
6.3 Korrelationsanalyse 90
6.4 Zusammenfassung der Ergebnisse 95
6.4.1 Kritik 97
6.4.2 Ausblick 99
7. Fazit und Ausblick 101
8. Literaturverzeichnis 103
8.1 Internetquellen 111
8.2 Seminarunterlagen 112
9. Anhang 113
9.1 ABLLS-R-Datenblatt 113
9.2 ABLLS-R-Dokumentationsblatt 116
9.3 Deskriptive Statistik: Alter in Monaten 117
9.4 Deskriptive Statistik: Fähigkeiten A1 bis Z1 117
9.5 Deskriptive Statistik: Fähigkeiten A2 bis Z2 118
9.6 Deskriptive Statistik Fortschritte A bis Z 119
9.7 Korrelationen Fortschritt*Alter 120
1
1. Einleitung
Kinder mit einer tiefgreifenden Entwicklungsstörung aus dem autistischen
Spektrum weisen in allen Entwicklungs- und Lebensbereichen unterschiedlich
stark ausgeprägte Defizite auf. Besonders in der alltäglichen sozialen
Kommunikation und Interaktion werden diese deutlich. Bislang gibt es keine
Form der Intervention, die den Anspruch erheben kann, alle Symptome der
Störung zu beseitigen. Die Ausprägung und der Schweregrad der
Kernsymptomatik erfordern daher umfassende und individuell ausgerichtete
Förderpläne, um den Betroffenen eine bestmögliche gesellschaftliche Teilhabe
zu ermöglichen.
Der Förderansatz Applied Behavior Analysis (ABA) zusammen mit Verbal
Behavior (VB) berücksichtigt die Tatsache, dass Kinder mit einer Autismus-
Spektrum-Störung (ASS) viele Verhaltensweisen nicht im Alltag nebenbei
erlernen können, wie es bei neurotypisch entwickelten Kindern der Fall ist. Daher
lernen Kinder mit ASS bei einer ABA/VB-Förderung mithilfe von Motivation und
Verstärkung systematisch vielfältige, alltagsrelevante, insbesondere
kommunikative Fähigkeiten und Verhaltensweisen, die ihre soziale Integration
unterstützen.
Im theoretischen Teil der vorliegenden Masterarbeit wird zunächst der Begriff der
Autismus-Spektrum-Störung geklärt. Außerdem wird ein Überblick über die
Klassifikation nach den Kategorien der Weltgesundheitsorganisation (ICD-10 und
DSM-IV-TR), die Geschichte, die Ätiologie, die Diagnostik und die Prävalenz des
Autismus gegeben.
Es folgt ein kurzer Überblick über gängige Interventionen bei ASS in
Deutschland, bevor der Förderansatz Applied Behavior Analysis mit Verbal
Behavior (ABA/VB) ausführlich dargestellt wird. Hierbei werden die
(lern)theoretischen Hintergründe, die Anwendungsgebiete und die darauf
basierende Methodik erläutert.
Im weiteren Verlauf der Arbeit wird die Situation von ABA/VB-Interventionen in
Deutschland beschrieben und es wird die Arbeitsweise des Instituts Knospe-ABA
vorgestellt, dem derzeit deutschlandweit größten Institut, das eine Förderung
nach dem ABA/VB-Ansatz für Kinder mit ASS anbietet.
2
Der nachfolgende empirische Teil der Arbeit stellt anhand von Daten des Instituts
Knospe-ABA den Verlauf einer ABA/VB-Intervention bei 170 Kindern mit ASS im
ersten Jahr der Förderung deskriptiv dar.
Anschließend wird eine Zusammenfassung der im theoretischen und
empirischen Teil der Arbeit gewonnenen Ergebnisse gegeben und die mögliche
Entwicklung von ABA/VB in Deutschland diskutiert.
Die Ausarbeitungen des theoretischen Teils der Arbeit basieren auf
wissenschaftlichen Standardwerken sowie aktuellen Publikationen und werden
mithilfe eines Fallbeispiels aus meiner persönlichen Erfahrung anschaulich
unterlegt.
Grundlage für die Themenwahl dieser Masterarbeit bietet meine mittlerweile fast
vierjährige Tätigkeit als Tutorin für Kinder mit ASS. Außerdem arbeitete ich in
Südafrika 2005 ein Jahr lang intensiv mit fünf Kindern mit ASS nach dem
klassischen ABA-Ansatz. Seit nunmehr fast drei Jahren arbeite ich, angeleitet
und supervisiert durch das Institut Knospe-ABA, als Tutorin neben dem Studium
mit Kindern nach dem ABA/VB-Ansatz. Durch meine Arbeit in einer kinder- und
jugendpsychiatrischen Praxis und durch den Besuch von wissenschaftlichen
Tagungen, Kongressen und Workshops zum Thema Autismus erhielt ich zudem
die Möglichkeit, mein Wissen über Kinder mit ASS und über verschiedene
Förderansätze zu vertiefen.
3
2. Autismus-Spektrum-Störungen (ASS)
Autismus-Spektrum-Störungen (ASS) werden zu den tiefgreifenden
Entwicklungsstörungen (TE) gezählt. Diese sind primär durch zwei Merkmale
gekennzeichnet:
Kommunikation und Interaktion und
durch ein eingeschränktes, stereotypes, sich wiederholendes Repertoire
(Remschmidt & Kamp-Becker, 2008,
S.135).
Im folgenden Kapitel wird die Terminologie, die Geschichte, die Klassifikation
nach ICD-10 und DSM IV-TR und die Diagnostik erläutert.
2.1 Geschichte und Terminologie
ab und bezeichnet ein auf sich selbst bezogenes
Handeln und Denken (Bleuler, 1911). Der Begriff Autismus wurde 1911 von dem
Schweizer Psychiater Bleuler eingeführt. Er bezeichnete damit eines der
Grundsymptome bei Schizophrenien (Bleuler, 1911). Asperger, ein
österreichischer Kinderarzt, hielt 1938 in Anlehnung an Bleuler einen Vortrag mit
seiner Habilitationsschrift führte Asperger 1944 diese Theorie weiter aus. Hier
erwähnte er erstmalig die Symptomatik dessen, was heute als Asperger-
Syndrom bezeichnet wird (Asperger, 1944). Der austro-amerikanische Kinder-
und Jugendpsychiater Kanner schilderte im Jahr 1943, unabhängig von
Aspergers Ergebnissen, ein Phänomen bei Kindern, da
folgenden
Childhood Autism); -
bezeichnet. Die sich auf Kanner und Asperger beziehende und weiter forschende
Wissenschaft fand seit 1943 eine fast unübersehbare Fülle diagnostischer
Merkmale. Sie schuf etliche neue Syndrombezeichnungen für
Entwicklungsstörungen, die sich durch qualitative Einschränkungen im Bereich
der sozialen Interaktion, der Kommunikation und der Sprache sowie durch
stereotypes und repetitives Verhalten auszeichnen. In der Literatur lassen sich
zahlreiche unterschiedliche Termini finden, wenn über Kinder mit autistischem
4
Verhalten referiert wird. Da das Erscheinungsbild von Autismus ein vielfältiges
Kontinuum von unterschiedlichen Symptomen und Symptomausprägungen
beinhaltet, wird als Oberbegriff, der alle autistischen Ausprägungen
zusammenfasst, vermehrt der Begriff Autismus-Spektrum-Störung (ASS)1
verwendet. Nach Bölte bezeichnet ASS ein
ähnlichen, nicht kategor lte, 2009e, S. 34). und
subsumiert somit angemessen alle Erscheinungsformen von Autismus.
2.2 Klassifikation nach ICD-10 und DSM-IV-TR Zur Operationalisierung von psychischen Störungen werden in der
wissenschaftlichen und klinischen Praxis die zehnte Ausgabe der International
Classification of Diseases (ICD-10) der Weltgesundheitsorganisation (WHO)
sowie die vierte textrevidierte Ausgabe des Diagnostic And Statistic Manual Of
Mental Disorders (DSM-IV-TR) der American Psychiatric Association verwendet
(Zimbardo & Gerrig, 2004).
Im Gegensatz zu der zunehmend inoffiziellen Nutzung des Begriffes ASS in
Klinik und Forschung, wird dieser Begriff in der ICD-10 und im DSM-IV-TR nicht
verwendet. Bölte geht jedoch
höchstwahrscheinlich auch formal eingeführt w lte, 2009e, S. 37).
Sowohl die ICD-10 als auch das DSM-IV-TR werden zurzeit überarbeitet und es
ist anzunehmen, dass der Begriff ASS in der ICD-11 und im DSM-V-TR zu finden
sein wird (Röttgers, 2011).
In der ICD-10 und im DSM-IV-TR stimmen die diagnostischen Kriterien für ASS
jedoch nur eine Untergruppe der TE. Zu den ASS zählen: der frühkindliche
Autismus (ICD-10-Klassifikation: F84.0), das Asperger-Syndrom (F84.5), der
atypische Autismus (F84.1), die nicht näher bezeichnete tiefgreifende
Entwicklungsstörung (F84.9) und sonstige tiefgreifende Entwicklungsstörungen
(F84.8). Bei anderen tiefgreifenden Entwicklungsstörungen wie dem Rett-
Syndrom (F84.3), der anderen desintegrativen Störung des Kindesalters (F84.3)
und der überaktiven Störung mit Intelligenzminderung und
Bewegungsstereotypien (F84.4) werden von ASS abweichende Ursachen
vermutet, obgleich die Symptomatik schweren Formen von Autismus ähnelt.
1 Im Englischen wird der Begriff Autism Spectrum Disorder (ASD) verwendet.
5
Im Folgenden sollen die tiefgreifenden Entwicklungsstörungen, die zur
Subgruppe der ASS gezählt werden, erläutert und ihre individuelle Symptomatik
hervorgehoben werden.
2.2.1 Frühkindlicher Autismus (Kanner-Syndrom) Kanner unterteilte 1943 die Verhaltensweisen von Kindern mit frühkindlichem
Autismus in zwei Kardinalsymptome:
auf die soziale Umwelt, Isolierung von der Umwelt [und]
ängstlich-zwanghaftes Bedürfnis nach Beibehaltung und Gleichhaltung
der Umwelt S. 16).
Die extreme Abkapselung spiegelt sich nach Remschmidt in der Abwesenheit
von kooperativem Spiel, empathischen Fähigkeiten, Blickkontakt und dem Fehlen
von freundschaftlichen Bindungen zu anderen Kindern wider. Zudem fehlt häufig
die normale kindliche Kontaktaufnahme mittels Antwortlächeln und
Antizipationsgesten. Sobald es zu einer Veränderung in der unmittelbaren
Umgebung kommt, wird das ängstlich-zwanghafte Festhalten am Gewohnten
deutlich. Daraus können bei Menschen mit frühkindlichem Autismus leicht Angst-
und Panikzustände resultieren (Remschmidt, 2008). Aus diesen beiden
Kardinalsymptomen ergeben sich zahlreiche Sekundärsymptome. So sind häufig
unterschiedlich schwere Störungen der Sprachentwicklung zu erkennen. Die
Mutismus (völligem Fehlen der aktiven Sprache und des
Sprachverständnisses) bis zu einer gut entwickelten, aber in mancher Hinsicht
ndschuh, 2005, S. 305). Remschmidt zufolge gehören zu
verzögerte Sprachentwicklung, die etwa bei der Hälfte der Kinder zu finden ist,
sowie eine Neigung zu Wortneubildungen und zu Echolalien (echoartiges
S.18). Weitere
S.306), sowie
Probleme wie Phobien, Schlaf- und Essstörungen, Wutausbrüche, (Auto-)
Aggressivität und fehlende Angst vor realen Gefahren. Frühkindlicher Autismus
wird als tiefgreifende Entwicklungsstörung bezeichnet
oder beeinträchtigte Entwicklung definiert ist und sich vor dem dritten Lebensjahr
manifestiert S. 282). Zudem ist sie durch eine gestörte
6
Funktionsfähigkeit in drei Bereichen charakterisiert. Die Beeinträchtigung in
diesen drei Bereichen besteht bei allen Kindern mit frühkindlichem Autismus,
kann jedoch in ihrem Ausprägungsgrad stark variieren. Für die Diagnose des
frühkindlichen Autismus müssen nach ICD-10 mindestens sechs Symptome aus
den folgenden drei Bereichen vorliegen. Die Bereiche sind:
1. Qualitative Auffälligkeiten der gegenseitigen sozialen Interaktion
(mindestens zwei Symptome)
Die Auffälligkeiten zeigen sich durch eine mangelhafte oder nicht vorhandene
Anteilnahme an anderen Personen. Es scheint, als würden Kinder mit
frühkindlichem Autismus in ihrer eigenen Welt leben. Sie zeigen eine
inadäquate Verhaltensanpassungen im sozialen Kontext (...) und einen geringen
(Remschmidt, 2008, S. 28).
Außerdem wird die qualitative Beeinträchtigung wechselseitiger sozialer
Interaktionen aufgrund fehlender oder unpassender sozialer, emotionaler und
kommunikativer Verhaltensweisen deutlich.
2. Qualitative Auffälligkeiten der Kommunikation (und Sprache)
(mindestens ein Symptom)
Diese treten sowohl in der verbalen als auch in der nonverbalen Kommunikation
auf. Bei der nonverbalen Kommunikation sind Gestik, Mimik und der Blickkontakt
stark beeinträchtigt. Außerdem werden mimische und stimmliche Informationen
nicht immer verstanden und es ist häufig eine unangemessene
Sprachanwendung zu beobachten (Bundschuh, 2005).
3. Begrenzte, repetitive und stereotype Verhaltensmuster, Interessen und
Aktivitäten (mindestens ein Symptom)
Das Verhaltensrepertoire von Menschen mit frühkindlichem Autismus zeichnet
sich durch einen hohen Anteil motorischer Stereotypien sowie der monotonen
Beschäftigung mit Gegenständen aus. Es wird vermutet, dass diese Stereotypien
dazu dienen, ein überhöhtes oder zu geringes zentrales Erregungsniveau zu
verändern, welches durch Frustration, Belastung oder zu hohe bzw. zu geringe
Stimulation hervorgerufen werden kann (Bundschuh, 2005).
7
Ergänzend zu den oben genannten Symptomen muss sich für die Diagnose
frühkindlicher Autismus bereits vor dem dritten Lebensjahr eine auffällige und
beeinträchtigte Entwicklung manifestieren. Zudem sollte das klinische
Erscheinungsbild keiner anderen tiefgreifenden Entwicklungsstörung oder einer
anderen psychischen Störung zugeordnet werden können (Bölte, 2009).
bei Jungen
drei- bis vierm (WHO, 2008, S. 282) auftritt.
2.2.2 Atypischer Autismus Beim atypischen Autismus handelt es sich um eine Störung, die sich entweder
erst nach Vollendung des dritten Lebensjahres manifestiert oder bei der die
diagnostischen Kriterien nicht in allen drei erwähnten Bereichen erfüllt werden.
Nach ICD-10 werden demnach zwei Varianten des atypischen Autismus
unterschieden: Autismus mit atypischem Erkrankungsalter und Autismus mit
atypischer Symptologie. Bei Autismus mit atypischem Erkrankungsalter sind alle
diagnostischen Kriterien für den frühkindlichen Autismus inhaltlich erfüllt, jedoch
manifestieren sich diese erst nach dem dritten Lebensjahr. Von Autismus mit
atypischer Symptologie spricht man, wenn typische Auffälligkeiten des
frühkindlichen Autismus vorliegen, sie allerdings nicht dem ganzen Bild dieser
Störung entsprechen. Diese Variante geht häufig auch mit einer deutlichen
Intelligenzminderung einher (Remschmidt, 2008).
2.2.3 Nicht näher bezeichnete tiefgreifende Entwicklungsstörung / Sonstige tiefgreifende Entwicklungsstörung
Diese Diagnosen sind der des atypischen Autismus ähnlich, werden jedoch nur
sozialen Interaktion vorliegen sowie die Kriterien für einen der beiden anderen
Störungsbereiche erf lte, 2009, S. 37). Diese Störungen sind
durch eine zunächst unauffällige altersentsprechende Entwicklung
gekennzeichnet. In einem Alter von mindestens zwei Jahren kommt es dann
innerhalb weniger Monate zum Verlust von Fähigkeiten aus verschiedenen
Bereichen der Entwicklung sowie zu Auffälligkeiten im Bereich der Sozial-,
Kommunikations- und Verhaltensfunktionen. Darauf folgt entweder der ständig
fortschreitende Verlust von Fähigkeiten oder der weitere Erwerb von Fähigkeiten
stagniert. In den meisten Fällen bleibt eine schwere Intelligenzminderung
bestehen.
8
Da es auch beim frühkindlichen Autismus bisweilen nach einer zunächst normal
verlaufenden Entwicklung zu einem Verlust von Fähigkeiten kommen kann, sind
diese beiden Störungen nicht immer klar voneinander abzugrenzen
(Remschmidt, 2008).
2.2.4 Asperger-Syndrom Das Asperger-Syndrom ist grundsätzlich durch die gleichen Merkmale wie der
frühkindliche Autismus gekennzeichnet: Beeinträchtigungen der Kommunikation
und sozialen Interaktion sowie eingeschränktes, stereotypes Verhalten. Jedoch
sind die Betroffenen nicht in ihrer allgemeinen Entwicklung verzögert. Auch die sprachliche sowie die kognitive Entwicklung verlaufen dem Alter entsprechend.
Allerdings sind die Betroffenen üblicherweise motorisch auffällig ungeschickt. In
erster Linie sind Jungen betroffen; das Mehrheitsverhältnis von Jungen zu
Mädchen ist mit acht zu eins noch deutlicher ausgeprägt als beim frühkindlichen
Autismus (Remschmidt, 2008).
2.3 Ätiologie Bei keinem anderen Störungsbild in der kindlichen Entwicklung gab und gibt es
so vielfältige Erklärungsansätze wie bei Autismus. In den siebziger Jahren des
letzten Jahrhunderts publizierte Bettelheim die -
in der er davon ausging, dass Kinder mit Autismus von ihren Müttern zu wenig
emotionale Zuwendung erhielten und sich deshalb sozial zurückzögen
(Bettelheim, 1967). Auch Zusammenhänge zwischen der Mumps-Masern-Röteln-
Impfung und Autismus wurden vermutet, konnten jedoch bald widerlegt werden
(Bölte, 2009c).
Nach heutigem Stand ist A
2005, S. 9). Die Ursachen der ASS konnten bis zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht
endgültig geklärt werden. In den letzten Jahren wurde die Erforschung der
Ursachen jedoch sehr verstärkt
Genetik, der Entwicklungs-
gewonnen werden (Freitag, 2008, S. 24). Die bislang vorliegenden Ergebnisse
assoziierte körperliche Erkrankungen, Hirnschädigungen bzw.
Hirnfunktionsstörungen, biochemische Anomalien, neuropsychologische Defizite
-Becker,
2008,S. 136).
9
Die ASS kann demnach nicht über ein einziges Ursachen-Modell erklärt werden.
Die möglichen Faktoren der ASS zu diskutieren, würde den Rahmen dieser
Arbeit sprengen. Daher sollen nur kurz die oben aufgeführten und zurzeit am
stärksten diskutierten Faktoren beschrieben werden.
Die wichtigste Ursache wird aktuell in der genetischen Belastung gesehen.
Zwillings- und Familienstudien sowie zytogenetische und molekulargenetische
Untersuchungen haben ergeben, dass bei den meisten ASS eine Erblichkeit von
über neunzig Prozent vorliegt. Den Studien zufolge müssten bis zu zwanzig
verschiedene Gene Ursachenträger für Autismus sein. Jedoch ist der Erbgang an
sich weiterhin ungeklärt (Remschmidt, 2008; Remschmidt & Kamp-Becker,
2008).
Weiter wird angenommen, dass bei Menschen mit ASS funktionelle und
strukturelle Störungen des zentralen Nervensystems vorliegen, die aus
genetischen und anderen organischen Prozessen resultieren. So zeig -60%
(Remschmidt, 2008,S. 29). Zudem leiden etwa fünfzehn bis dreißig Prozent der
Menschen mit ASS an Epilepsie.
Zahlreiche Befunde aus biochemischen Untersuchungen weisen auf Anomalien
von Stoffwechselprozessen bei Menschen mit ASS hin. Zudem gibt es einige
Anhaltspunkte, die auf eine Veränderung von Hormonen und Neurotransmittern
als Ursache von Autismus hinweisen. Jedoch sind diese Befunde sehr
uneinheitlich und bislang noch nicht wissenschaftlich bestätigt.
Eine genaue Diagnose und die Erklärung der Ursachen einer
Entwicklungsstörung sind notwendige Voraussetzungen, um Kinder mit ASS
angemessen und erfolgsversprechend fördern zu können (Remschmidt, 2008;
Aarons & Gittens, 2008).
10
2.4 Diagnostik Die Diagnose ASS beruht aufgrund der bislang ungeklärten Ätiologie immer auf
einer Beschreibung des Verhaltens und bedeutet, dass die entsprechenden
diagnostischen Kriterien nach ICD-10 / DSM-IV-TR für ASS formal erfüllt sind.
und
benötigt viel Zeit und in der Regel mehrere Termine (Bölte, 2009d, S. 157). Sie
Untersuchungen mit anschließender Integration und Verdichtung der erhobenen
Personendaten in Gestalt multiaxialer Klassifikationen nach ICD- lte,
2009d, S. 157).
Die große Häufigkeit komorbider Störungen2, besonders bei Kindern mit
frühkindlichem Autismus auf den Achsen I-IV, unterstreicht die Notwendigkeit
einer ausführlichen und umfassenden Diagnostik. Komorbide Störungen aus dem
Bereich der Psychiatrie werden auf Achse I, Entwicklungsstörungen auf Achse II
und III und Störungen aus den Bereichen der Neurologie und Genetik auf Achse
IV angezeigt. Auf Achse V werden die besonderen Belastungen im
psychosozialen Umfeld und auf Achse VI die Gesamtbeeinträchtigung kodiert
(Amorosa, 2010a).
Mindestanforderung ist eine detaillierte mündliche und schriftliche Eltern- und
Bezugspersonenbefragung sowie eine strukturierte klinische
Verhaltensbeobachtung des Kindes, des Jugendlichen oder des Erwachsenen
(Bölte, 2009d).
Es stehen verschiedene Instrumente zur Verfügung, mit deren Hilfe eine
Diagnostik erfolgen kann. Diese sind in der folgenden Tabelle zusammengefasst.
Die am besten evaluierten und in Deutschland am häufigsten verwendeten sind
fett hervorgehoben
2 Freitag zählt genetische Syndrome, epileptische Erkrankungen, Depressionen, Angst-, und
Zwangsstörungen zu den wichtigsten und häufigsten komorbiden Erkrankungen bei ASS (Freitag,
2008).
11
Fragebögen (schriftliche Befragung)
Allgemeine
Fragebögen Fragebogen zur Sozialen Kommunikation (FSK)
Fremdbeurteilungsfragebogen für tiefgreifende
Entwicklungsstörungen (FBB-TES)
Autismus-Fragebogen (AF)
Fragebogen zur Entwicklung von Verhaltensweisen (WSQ)
Dimensionale
Fragebögen Skala zur Erfassung sozialer Reaktivität (SRS)
Checkliste für soziale und kommunikative Störungen
(SCDC)
Fragebögen zur
Selbstbeurteilung Autismus-Spektrum-Quotient (AQ)
Empathie-Quotient (EQ)
Fragebogen zur
Sprache und
Kommunikation
Einschätzungsbogen kindlicher Kommunikationsfähigkeiten
(CCC)
Skalen
Beobachtungsskalen Diagnostische Beobachtungsskala für Autistische Störungen (ADOS)
Autismus-Beurteilungsskala (CARS)
Diagnose-Checkliste für tiefgreifende
Entwicklungsstörungen (DCL-TES)
Erfassung von ASS bei Minderbegabten (SEAS-M)
Förderdiagnostische
Beobachtungsskalen Entwicklungs- und Verhaltensprofil für Kinder (PEP-R)
Entwicklungs- und Verhaltensprofil für Jugendliche und
Erwachsene (AAPEP)
Skalen zu Erfassung
des Asperger-
Syndroms
Marburger Beurteilungsskala für das Asperger-Syndrom
(MBAS)
Asperger-Syndrom-Diagnostik-Interview (ASDI)
Adult Asperger Assessment (AAA)
Interview (mündliche Befragung)
Diagnostisches Interview für Autismus revidiert (ADI-R) Abbildung 1: Diagnostikinstrumente (Bölte, 2009e, S. 158)
12
Zwar kann anhand der oben genannten Fragebögen, Interviews und Skalen die
Diagnose ASS formal gestellt werden, jedoch sollte -
und Erlebensdeterminanten genügend Aufmerksamkeit geschenkt w
(Bölte, 2009f, S. 187); da diese für einen möglichen Therapieverlauf von
Bedeutung sein können.
Eltern bemerken meist bereits in den ersten beiden Lebensjahren die
Auffälligkeiten ihrer Kinder. Auch die Symptomkonstellation zwischen dem 18.
und 24. Lebensmonat ist meist recht typisch. Trotzdem wird die Diagnose in der
klinischen Praxis aufgrund der schwierigen und langwierigen Diagnostik aber
auch aufgrund der Unkenntnis vieler Ärztinnen, Ärzte und Psycholog/innen oft
sehr spät gestellt (Kamp-Becker u. a., 2010). Die Diagnose des frühkindlichen
Autismus wird meist erst ungefähr im sechsten und die Diagnose des Asperger-
Syndroms erst ungefähr im neunten Lebensjahr gestellt (Amorosa, 2010b).
13
2.5 Prävalenz Die Prävalenz für frühkindlichen Autismus liegt zurzeit bei 5 / 10.000 und die
Prävelenz für das Asperger-Syndrom bei 20 -100 / 10.000 (Bölte, 2009b;
Röttgers, 2011). Angaben über das Vorliegen einer ASS sind in den letzten
Jahren stark angestiegen. Dies wird von zahlreichen wissenschaftlichen
Forschungsstudien belegt (Bölte, 2009b; Remschmidt & Kamp-Becker, 2008;
Amorosa, 2010). Jedoch ist die Zunahme nach den verschiedenen
epidemiologischen Studien sehr unterschiedlich. Bölte geht davon aus,
Entwicklung der Prävalenzraten in erster Linie auf einer expliziten und impliziten
Erweiterung des diagnostischen Konzept (Bölte, 2009b, S. 72).
Amorosa geht ebenfalls davon aus me nicht um eine
tatsächliche Veränderung der Prävalenz, sondern um eine veränderte
(Amorosa, 2010b, S. 34). Ihrer Meinung nach könnten
die Gründe hierfür die Veränderung in Richtung einer breiteren Definition von
ASS, eine bessere Fallfindung, ein jüngeres Alter bei der Diagnosestellung, vor
allem aber der höhere Bekanntheitsgrad sowohl in der Allgemeinbevölkerung als
auch in Fachkreisen sein. Mit der aktuell recht hohen Prävalenz handelt es sich 3 . Dies kann
Amorosa zufolge sowohl für die wissenschaftliche Forschung als auch für die
Amorosa,
2010b).
3 Von den fünfziger bis in die neunziger Jahre wurde die Prävalenz mit lediglich 0,41/10.000
angegeben (Bölte, 2009b).
14
3. Therapeutische Interventionen bei ASS
Seit den ersten Beschreibungen von Asperger und Kanner gibt es Bemühungen,
Menschen mit ASS zu fördern. In Deutschland werden insbesondere Kindern
vielfältige Formen therapeutischer Intervention angeboten. Bislang gibt es
allerdings keine Förderung, die die Kernsymptomatik vollständig beheben kann
(Bölte, 2009c; Amorosa, 2010a). Jedoch können mit den geeigneten
Maßnahmen und gezielter therapeutisc
kognitiven und sozial- Baude & Noterdaeme, 2010a, S.
psychosozialen Funktionsniveaus erzie c, S. 225).
Förder
c, S. 225).
Therapeutische Interventionen sind immer prozesshaft und langwierig. Kinder mit
ASS unterscheiden sich massiv hinsichtlich des Schweregrades und der
Ausprägung der Symptomatik. Aus diesem Grund profitiert nicht jede Person von
derselben Intervention4 (Freitag, 2008b).
In der Praxis innerhalb Deutschlands ist zu beobachten, dass Förderungen eher
nach Praktikabilität und örtlichem Angebot durchgeführt werden, als innerhalb
eines geplanten und wissenschaftlich fundierten Gesamt-Förderplans: This
means typically two hours per week non-specific, eclectic intervention is the
maximum offered to families of childr (Keenan,
Dillenburger, Moderato, & Röttgers, 2010, S. 133). Die Orientierung innerhalb der
verschiedenen therapeutischen Ansätze ist schwierig und es schien bis vor
kurzem, als wäre die Auffassung einer geeigneten Autismus-Therapie dem
Wandel der Zeit unterworfen5 (Baude & Noterdaeme, 2010a,b; Remschmidt,
2008; Weiß, 2002). Die zahlreichen Interventionsmöglichkeiten bei ASS werden
je nach Autor/in nach wie vor unterschiedlich klassifiziert und bewertet Wenn
verschiedene Fördermöglichkeiten diskutiert werden, lässt sich jedoch immer
häufiger in der neusten Fachliteratur der Begriff evidenzbasierte Intervention
(EBI) finden (Bölte, 2009c; Freitag, 2008a; Baude & Noterdaeme, 2010a;
Poustka, 2009; Steinhausen, 2010).
4 Im weiteren Verlauf der Arbeit wird nur auf die Förderung von Kindern eingegangen.
Förderprogramme für Jugendliche und Erwachsene werden nicht thematisiert.
5 Mehr zur aktuellen Diskussion in Deutschland in Kapitel 5.
15
3.1 Evidenzbasierte Intervention Evidenz wird im wissenschaftlichen Kontext durch objektive und quantitative
alle
Maßnahmen zusammengefasst, für welche ausreichende datengestützte
Hinweise der Wirksamkeit vor c, S. 221). Bölte geht davon
allgemeinen Absicherung und Rechtfertigung von Maßnahmen in der
sind (Bölte, 2009c, S. 226). Es
existieren vier Evidenzstufen6
a, S. 83) benennen. Das
am häufigsten verwendete System zur Gradierung von Evidenz ist das der
Canadian Task Force of the Periodic Health Examination (Bölte, 2009c), das
sechs Evidenzgrade von Ia (höchste Evidenz) bis IV (niedrigste Evidenz)
definiert. Freitag fasst die vier Stufen wie folgt zusammen:
Es gibt ausreichend Nachweise für die Wirksamkeit aus systematischen
Überblicksarbeiten (Meta-Analysen) über zahlreiche randomisiert-
kontrollierte Studien;
Stufe II
Es gibt Nachweise für die Wirksamkeit aus zumindest einer
randomisierten, kontrollierten Studie;
Stufe III
Es gibt Nachweise für die Wirksamkeit aus methodisch gut konzipierten
Studien ohne randomisierte Gruppenzuweisung;
Stufe IVa
Es gibt Nachweise für die Wirksamkeit aus klinischen Berichten und
Fallbeschreibungen;
Stufe IVb
Meinung respektierter Experten, basierend auf klinischen
2008a, S. 83-84).
Die aktuellste Einteilung der Therapieverfahren hinsichtlich ihrer empirisch
ermittelten Effektivität präsentierte Noterdaeme am 9.April.2011 während der 6 Der Begriff Evidenzstufen und Evidenzgrade wird synonym verwendet.
16
2011 in Bamberg in einem -
Spektrum-Störungen ein Über
zum Vortrag ausgehändigten Zusammenfassung veröffentlicht sie folgende
Übersicht zu Therapieverfahren bei ASS (Noterdaeme, 2011):
Empirisch gut abgesicherte und anerkannt wirksame Verfahren (Evidenzgrad II)
verhaltenstherapeutische Verfahren und
Therapieprogramme, auch im Rahmen von
Frühförderprogrammen, psychoedukative
Programme wie TEACCH7, Medikation der
Begleitsymptome,
Empirisch mäßig abgesicherte Verfahren, aber potenziell wirksam (Evidenzgrad III IV)
Training der sozialen Kompetenz, auch anhand
von Theory-of-Mind-Trainings, Social Stories,
gruppentherapeutische Angebote,
Empirisch nicht abgesicherte, aber potenziell wirksame Verfahren
Ergotherapie, Logopädie, Physiotherapie,
Reittherapie, vor allem, wenn in die
Behandlungseinheiten lerntheoretische
Elemente eingebaut werden,
Zweifelhafte Methoden ohne empirische Absicherung und ohne wissenschaftlich fundierten Hintergrund
Festhaltetherapie, Diäten, Vitamin- und
Mineralstofftherapien, Sekretin, auditives
Integrationstraining, Irlen-Therapie
Abbildung 2: Evidenzgrade (Noterdaeme, 2011)
Ähnliche Einteilungen lassen sich bei zahlreichen weiteren Autor/innen finden
(Bölte, 2009c; Poustka, 2008), wobei es insbesondere bei der Nennung der
empirisch nicht abgesicherten Verfahren Unterschiede gibt. Dies lässt sich auf
die große Fülle an möglichen therapeutischen Interventionen bei ASS
zurückführen. Bölte differenziert bei den empirisch gut abgesicherten und
anerkannt wirksamen Verfahren noch präziser. Seiner Aussage nach erreichen
lediglich drei Konzepte zur Therapie von Menschen mit ASS
Evidenzgradierungen im Bereich von IIa: Applied Behavior Analysis (ABA),
TEACCH und PECS (Bölte, 2009c).
Ospina und Andere veröffentlichten 2008 eine klinisch-systematische Übersicht
aller Wirksamkeitsstudien zu gängigen Therapieverfahren bei ASS. Die 7 Treatment and Education of Autistic and related Communication handicapped Children
17
Metaanalyse ergab eine klare Evidenz (IIa) für verhaltenstherapeutische
Verfahren sowie eine mäßige Evidenz (IV) für TEACCH, PECS und für eine
Medikation der komorbiden Symptomatik (Ospina u. a., 2008).
Seida u. a. veröffentlichten 2009, anknüpfend an die Übersicht von Ospina u. a.
eine Zusammenschau der Arbeiten und konnten die Ergebnisse bestätigen
(Seida u. a., 2009).
Die erste deutsche Studie zu Therapieverfahren bei ASS wurde 2009 am Institut
Health Technology Assessment (HTA), das ein Teil des Institute for Medical
Documentation and Information (DIMDI) darstellt unter der Schirmherrschaft des
Bundesministeriums für Gesundheit veröffentlicht. Auch diese Studie stellte fest,
dass die höchste Evidenz für ABA vorliegt und verhaltensanalytische
Interventionen, basierend auf dem Lovaas-Modell weiterhin als die am besten
empirisch abgesicherten Frühinterventionen angesehen werden können.
(Weinmann, Begemann, Roll, Willich & Greiner, 2009). Weiterhin fand die Studie
heraus, dass durch verhaltensbasierte
Interventionen mit einer Mindestintensität von 20 Stunden pro Woche
Verbesserungen in kognitiven und funktionalen Bereichen (expressive Sprache,
(Weinmann u. a., 2009, S. 2)
können.
Aufgrund von bislang fehlenden Studien bleibt jedoch weiterhin unklar, welche
Rolle die Dauer, die Intensität und die Form der verhaltenstherapeutischen
Intervention, das Alter der Kinder bei Förderungsbeginn und die Art der gestellten
Diagnose spielen (Weinmann u. a., 2009).
3.2 Allgemeine Interventionsrichtlinien In Zusammenhang mit den oben aufgeführten Evidenzgradierungen hat die
Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und
Psychotherapie 2007 grundlegende Leitlinien zur Intervention der Menschen mit
ASS publiziert. Diese Leitlinien der Wissenschaftlichen Medizinischen
Fachgesellschaften sind systematisch entwickelte Hilfen für Ärztinnen und Ärzte
und Therapeut/innen zur Entscheidungsfindung in spezifischen Situationen. Für
Menschen mit ASS ergeben sich folgende Paradigmen:
18
Die Behandlung soll so früh wie möglich beginnen und über einen
längeren Zeitraum durchgeführt werden.
Die Eltern müssen ausführlich über ASS und über die (zusätzlichen)
Entwicklungsdefizite ihres Kindes aufgeklärt und beraten werden.
Im Einzelfall ist eine zusätzliche medikamentöse Behandlung komobider
Symptome hilfreich.
Die effektive Entlastung der Familie und der engen Bezugspersonen sollte
frühzeitig ein bedeutender Bestandteil des Therapieplans sein.
Eine gezielte Therapie soll sich auf die Entwicklung der sozialen
Wahrnehmung, sowie auf soziale Fertigkeiten, die Kommunikation und
die Sprachförderung beziehen.
besonderer Stellenwert zu. (Amorosa, 2007, S. 233)
Zusätzlich führen Baude und Noterdaeme folgende Überlegungen an, die bei
dem Entscheidungsprozess für eine geeignete Therapie hilfreich sein können
(Baude & Noterdaeme, 2010b):
Die Eltern sollen eine Komplianz hinsichtlich der geplanten Maßnahmen
zeigen.
Die Therapieziele sollen konkret sein und in einem überschaubaren
Zeitrahmen erreicht werden können; der Erfolg soll überprüfbar sein.
19
4. Applied Behavior Analysis (ABA) und Verbal Behavior (VB)
Anspruch der vorliegenden Arbeit ist es nicht, alle Interventionsformen für ASS
zu erläutern, zu vergleichen und hinsichtlich ihres Evidenzgrades zu
untersuchen. Dies würde den Umfang einer Masterarbeit weit übersteigen.
Vielmehr soll im Folgenden auf das nach Stufe IIa evidenzbasierte
verhaltenstherapeutische Verfahren Applied Behavior Analysis (ABA) in
Verbindung mit Verbal Behavior (VB) und die Anwendbarkeit für Kinder mit ASS
eingegangen werden. Diese Interventionsmethode entspricht den Leitlinien der
deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und
Psychotherapie.
4.1 Der Begriff Verhaltenstherapie Um das Prinzip von ABA verständlich zu machen, wird zunächst das zugrunde
liegende Konzept der Verhaltenstherapie erläutert. Laut Pschyrembels
Psychologie (Verhaltensforschung und Lerntheorien) basierendes
psychotherapeutisches Verfahren; Verhalten und Erleben werden durch
störungsspezifische und -übergreifende Verfahren konkret und operationalisiert
modifiziert. Nach Störungsdiagnostik und individueller Verhaltens- und
Problemanalyse setzt Verhaltenstherapie an prädisponierenden, auslösenden
und/oder aufrechterhaltenden Störungsbedingungen an. Verhaltenstherapie ist
stark handlungsorientiert, interveniert häufig auch außerhalb von Praxis oder
Klinik, bemüht sich um Transparenz gegenüber Patienten und ein Verständnis
(Pschyrembel, 2007, S. 83).
Der Begriff der Verhaltenstherapie wurde, basierend auf den Erkenntnissen der
behavioristischen Lerntheorien, die sich auf Pawlow und Skinner zurückführen
lassen, in den fünfziger Jahren des letzten Jahrhunderts erstmalig verwendet. Ab
1960 wurde der Begriff von Eysenck verbreitet.
Die Grundsätze der Verhaltenstherapie gehen auf die frühe
Assoziationspsychologie von Ebbinghaus und Müller zurück (Matzies, 2004).
Pawlow griff zu Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts die Überlegungen von
Ebbinghaus und Müller auf und entwickelte daraus die Theorie der Klassischen
-Reaktions-
reagieren instinktiv auf äußere Reize. Diese
instinktiven Reaktionen können mit anderen Reizen verknüpft und so für
Lerneffekte genutzt werden (Gudjons, 2008). Darauf aufbauend stellte Skinner
20
einige Jahre später fest, dass nicht nur Instinkte, sondern auch die Reaktionen
der Umwelt Lerneffekte hervorrufen. Das Individuum wirkt Skinner zufolge aktiv
mit seinem Verhalten auf seine Umwelt ein und erwirkt Reaktionen. Diese
Konsequenzen bestimmen im Weiteren die Häufigkeit des Auftretens eines
Verhaltens. Skinner versuchte, die Auftretenswahrscheinlichkeit bestimmter
Verhaltensweisen zu beeinflussen. Mit Hilfe so genannter Verstärkung oder
(Gudjons, 2008; Zimbardo & Gerrig, 2004). Verhaltenstherapien nutzen so
definierte Lernvorgänge, um sozial erwünschtes Verhalten aufzubauen und
sozial unerwünschtes Verhalten zu verlernen.
verhaltenstherapeutischen Intervention ist die Modifikation des Verhaltens mittels
der Prozesse des Neulernens, Verlernens und Umlernens, da Verhalten als
Ergebnis von Lernprozessen aufgefasst wird (Matzies, 2004, S. 63).
Nach Petermann ist eine verhaltenstherapeutische Behandlung bei einer Vielzahl
von Diagnosen in der klinischen und therapeutischen Praxis indiziert (Petermann,
2006).
4.2 Verhaltenstherapie für Kinder mit ASS Lovaas, ein norwegischer Forscher, war der erste Wissenschaftler, der sich ab
1964 die Prinzipien der verhaltenstherapeutischen Intervention für die Therapie
von Kindern mit ASS zunutze machte. Bis zu seinem Tod im August 2010 war
Lovaas Professor für Psychologie an der Universität von Los Angeles (UCLA)
und arbeitete an der Verbesserung seiner verhaltenstherapeutisch orientierten
Programme für Kinder mit ASS. Unter der Lovaas-Therapie versteht man eine
früh einsetzende, zeitlich intensive Verhaltenstherapie, die alle
Entwicklungsbereiche des Kindes umfasst, und die das von Lovaas entwickelte
Curriculum verfolgt (Früh, 2002).
Lovaas stützte sich bei der Entwicklung dieser Therapie auf Ferster, der
zusammen mit Skinner an der Entwicklung des Modells der operanten
Konditionierung gearbeitet hatte. Lovaas war der erste Wissenschaftler, der die
Ursachen von ASS nicht im emotionalen Bereich suchte, sondern Autismus als
an indicative of an underlying emotional disturbance, but Ferster suggested, that
their problems could instead be viewed as (Lovaas & Smith,
1989, S. 23). Da Kinder mit ASS, so Lovaas, nicht genügend vom
Verstärkerangebot ihrer Umwelt profitieren, müssen diesen Kindern primäre
Verstärker angeboten werden, um ihnen die Lernprozesse zu erleichtern.
21
se Theorie bildet die Grundlage für die
Lovaas-Therapie.
Um Lovaas Interventionsansatz zu verstehen, muss vorab sein Verständnis von
Autismus geklärt werden. Lovaas und Smith beschreiben Autismus als eine
licity of etiologies (Lovaas & Smith,
1989, S. 19). Aus diesem Grund ist es ihrer Meinung nach schwierig, eine
Theorie zur Erklärung von Autismus zu formulieren, die Grundlage für eine
Intervention sein kann. Sie schreiben die bisherigen Schwierigkeiten, die
Ätiologie der autistischen Störungen zu erforschen und effektive
Interventionsmethoden zu entwickeln, hauptsächlich zwei Gründen zu: Zum
Einen führen sie sie auf die große Heterogenität des autistischen Spektrums
zurück; zum Anderen weisen sie auf die Ähnlichkeit von autistischen
hin. Demnach
betrachten sie Autismus als ein hypothetisches Konstrukt, welches die
Forschung und Therapie erleichtern soll (Lovaas & Smith, 1989).
Da das Konstrukt Autismus so wenig greifbar erscheint, teilen sie es in kleine
Einheiten. Arbeitsgrundlage seien demzufolge einzelne, spezifische
Verhaltensweisen des jeweiligen Kindes, die analysiert und einzeln therapiert
werden müssten. Der Therapieplan müsse, so Lovaas und Smith, auf induktivem
Wege individuell, auf der Basis von einzelnen Beobachtungen, auf das Kind
ausgerichtet werden. Im Vergleich zum deduktiven Vorgehen ergebe sich hierbei
ein umfassenderes Bild jedes einzelnen Kindes mit seinen Fähigkeiten und
Problemen. In ihrer Comprehensive Behavioral Theory of Autism gehen die
beiden Forscher von vier Grundsätzen aus:
1. Die behavioristische Lerntheorie kann das Verhalten autistischer Kinder
erklären und ist deshalb als Basis für die verhaltenstherapeutische
Intervention geeignet.
2. Die Auftretenswahrscheinlichkeit einer bestimmten Verhaltensweise hängt
von der Verstärkung sowie von negativen Sanktionen durch die Umwelt
ab.
3. Kinder mit Autismus haben viele verschiedene Schwierigkeiten, die
insgesamt als Entwicklungsverzögerung und nicht als Krankheit zu sehen
sind.
22
4. Kinder mit Autismus zeigen eine Vielzahl von Verhaltensschwierigkeiten,
die jede für sich, Schritt für Schritt, angegangen werden müssen, damit
sich das gesamte Verhalten ändert (Lovaas & Smith, 1989).
Auf der zusammen mit Smith erarbeiteten theoretischen Basis erstellte Lovaas
ein Programm speziell zur Förderung von Kindern mit Autismus und anderen
Entwicklungsverzögerungen. Dieses wurde im Laufe der Jahre sowohl von
Lovaas und seinem Forscher/innenteam als auch von anderen Autor/innen
modifiziert. In dem 1981 veröffentlichten Handbuch für Eltern und Lehrkräfte
(Lovaas, 1981)
werden die elementaren Prinzipien der Lovaas-Therapie, das Vorgehen, sowie
die Basisprogramme dargestellt. Durch den 1993 veröffentlichten
Erfahrungsbericht ,
in dem sie beschreibt wie sie die Prinzipien der Lovaas-Therapie bei ihren zwei
Kindern mit ASS anwendete und sie dadurch von der Diagnose Autismus
(Maurice,
1995). Zahlreiche Forscher/innen beschäftigten sich in den darauffolgenden
Jahren mit der Lovaas-Therapie und seiner Anwendung bei Kindern mit ASS.
1996 veröffentlichte Maurice in Zusammenarbeit mit Green und Luce dann ein
auf den Prinzipien der Lovaas-Therapie basierendes Handbuch mit dem Titel
Luce, 1996). Dieses bietet einen Leitfaden für die Lovaas-Therapie mit vielen
praktischen Tipps für die Anwendung. 1999 wurden die Handbücher von Leaf &
Work in Progress
herausgegeben (Leaf & McEachin, 1999).
2003 erschien eine überarbeitete Neuauflage des ursprünglichen Lovaas-Buches
(Lovaas, 2003). Im Vergleich zum Handbuch von 1981
wurden einige Lehrmethoden und die Inhalte der Einzelprogramme verändert. Im
Vorwort von 2003 wird zudem auf ein ergänzendes Handbuch verwiesen, das
Programme für Fortgeschrittene enthalten und in Kürze erscheinen sollte8.
Die Lovaas-Therapie ist auch unter den Begriffen Early Intensive Behavioral
Intervention (EIBI) oder Intensive Behavioral Treatment (IBT) bekannt. Zudem
wird sie häufig auch unter dem Begriff ABA geführt.
8 Aufgrund seines Todes wurde das Buch bislang jedoch nicht veröffentlicht.
23
4.3 Definition Applied Behavior Analysis (ABA) und Verbal Behavior (VB) Auf Grundlage der oben beschriebenen allgemeinen Prinzipien der
Verhaltenstherapie, insbesondere für Kinder mit ASS, werden nun die Begriffe
Applied Behavior Analysis und Verbal Behavior erläutert. Anschließend werden
die in der ABA/VB-Intervention verwendeten grundlegenden Konzepte und
Methoden aufgeführt.
4.3.1 Definition Applied Behavior Analysis (ABA) Wörtlich ins Deutsche übersetzt bedeutet bedeutet Applied Behavior Analysis
angewandte Verhaltensanalyse . Dieser Begriff ist sehr allgemein und
weit gefasst und bezeichnet die wissenschaftliche Auseinandersetzung mit der
Verhaltensänderung von Menschen und Tieren. ABA ist eine Form der
Verhaltenstherapie, die die Anwendung operanter Lernmethoden beinhaltet, sich
jedoch nicht nur auf diese beschränkt (Matson, 2009; Alberto, 2000; Austin,
2000).
(Weinmann u. a., 2009, S. 27). ABA ist eine analytische und angewandte
Wissenschaft, die von Baer, Wolf und Risley in dem 1986 veröffentlichen Artikel
im Journal of Applied Behavior Analysis durch sieben grundsätzliche
Dimensionen definiert wird.
Nach Baer, Wolf und Risley ist ABA angewandt (applied), verhaltensorientiert
(behavioral), analytisch (analytic), technologisch (tecnological), systematisch
(conceptually systematic), effektiv (effective) und allgemeingültig (generality)
(Baer, Wolf, & Risley, 1968, S. 95). Die folgenden Definitionen der
grundlegenden Charakteristika helfen, ABA als eine Methodologie zu definieren
(Matson, 2009, S. 17).
Diese Elemente werden im nachfolgend im Einzelnen erläutert:
Angewandt (applied)
Eine Förderung nach ABA sollte angewandt sein. Dies bedeutet, dass the
behavior or stimulus addressed was chosen because of its importance to
(Matson, 2009, S.
16). Lehrende um funktionale und sozial bedeutsame
(Bernard-Opitz, 2009, S. 245). Für Kinder mit ASS
bestehen diese vorrangig in der Verbesserung der sozialen Interaktion,
insbesondere der (non)verbalen Kommunikation und des Sozialverhaltens.
24
Verhaltensorientiert (behavioral)
Eine Förderung nach ABA sollte stets auf ein bestimmtes Verhalten bezogen
sein, das verändert werden soll: ndividuals can be
brought to do (Matson, 2009, S. 16). Zudem sollte das spezifische Verhalten
messbar sein,
(Bernard-Opitz,
2009, S. 245).
Analytisch (analytic)
ABA requires a believable demonstration of the events responsible for the
(Matson, 2009, S. 16). Lehrende müssen demnach die Beziehung
zwischen den (Bernard-Opitz,
2007, S. 245) aufzeigen können.
Technologisch (technological)
Es muss von den Lehrenden sichergestellt werden, dass
up a particul
(Baer u. a., 1968, S. 95). Somit soll gewährleistet werden, dass auch andere
Lehrende die gleichen Techniken anwenden können und Forscher/innen
Ergebnisse der Förderung replizieren können.
Systematisch (conceptually systematic)
Da tie the technological
(Baer u.a., 1968, S. 95).
Demnach müssen die eingesetzten Methoden in einer nachvollziehbaren
systematischen Beziehung zu den theoretischen Konzepten stehen.
Effektiv (effective)
Die eingesetzten verhaltenstherapeutischen Maßnahmen bei ABA
enough effects to be of practi (Baer u. a., 1968, S. 96) produzieren.
Das heißt, dass sie das Verhalten des Kindes mit ASS signifikant verbessern
sollten und diese Verhaltensänderungen sich positiv auf das Kind und seine
Umwelt auswirken sollten.
25
Allgemeingültig (generality)
Die durch ABA erzielten Verhaltensveränderungen sollten dauerhaft und auf eine
Vielzahl von Situationen und anderer ähnlicher Verhaltensweisen übertragbar,
ergo generalisierbar, sein (Matson, 2009).
ABA wird als Überbegriff für eine Vielfalt von Methoden verwendet, die ständig
weiterentwickelt und evaluiert werden. ABA an sich ist demnach keine reine
Fördermethode für Kinder mit ASS, sondern findet Anwendung bei
verschiedenen Arten von Entwicklungsstörungen, Lernschwächen und
Beeinträchtigungen. Das, was heutzutage unter einer ABA-basierten Förderung
für Kinder mit ASS verstanden wird, enthält grundlegende Aspekte des
ursprünglich von Lovaas entworfenen Therapiekonzeptes, ist jedoch durch
zahlreiche Forscher/innen überarbeitet worden.
Eine häufig verwendete Methode im Zusammenhang mit ABA ist Verbal Behavior
(VB), die im Folgenden erläutert wird.
4.3.2 Definition Verbal Behavior (VB) Verbal Behavior (VB) 9, zu Deutsch , geht zurück auf das
das 1957 von dem US-amerikanischen Psychologen
Skinner herausgegeben wurde und als eines der bedeutendsten Werke des
Behaviorismus gilt (Skinner, 1957; Barbera & Rasmussen, 2007).
Sein Buch beinhaltet unter anderem eine theoretische Analyse des sprachlichen
Verhaltens aus der Sichtweise der Verhaltensanalyse. Skinners Grundannahme
ist, dass sprachliches Verhalten den gleichen Gesetzmäßigkeiten wie anderes
Verhalten unterliegt. Demnach kann Sprache auch mit den Gesetzmäßigkeiten
von ABA unterrichtet werden. Skinner definiert sprachliches Verhalten nicht nur
als gesprochene Sprache, sondern auch als Zeichensprache, geschriebene und
gedruckte Sprache sowie Gestik (Skinner, 1957). Er beschreibt die Einheiten von
Sprache als verbale Operanten, die
Motivation und steuerbaren Reizen, verbalem Verhalten und
(Schramm & Claypool-Frey, 2009, S. 261).
Skinner geht somit davon aus, dass jedes sprachliche Verhalten individuelle
vorausgehende Bedingungen und Konsequenzen hat. Sollte ein Wort in einem
bestimmten Zusammenhang gelernt werden, bedeutet das nicht, dass die 9 ABA/VB wird häufig unter dem Namen ABA oder AVB geführt (Freitag, 2008).
26
Fähigkeit besteht, das Wort auch auf andere Zusammenhänge zu übertragen10.
Skinner definiert mehrere reine verbale Operanten. Die ersten drei zählt er zu
den elementaren verbalen Operanten. Im Folgenden werden diese aufgeführt
und erläutert:
1. Mand
Die Begriffe Mand und Manding sind von Skinner eingeführte
Neologismen, ableitet, was mit
Forderung oder Bitte übersetzt wird. Er bezeichnet damit die Fähigkeit
nach gewünschten Gegenständen, Aktionen oder Informationen zu
fragen. Demnach hat ein Mand gewöhnlich eine bestimmte Konsequenz
in der Umwelt des Sprechers zur Folge. Ein Beispiel für Manding wäre:
Ich will ein Bonbon haben!gibt ihm ein Bonbon.
2. Tact
Tact oder Tacting wird mit Benennen oder Bezeichnen übersetzt.
Demnach wird ein Tact als die Fähigkeit definiert, Objekte, Handlungen
und Ereignisse verbal zu erkennen (Schramm, 2007). Ein Beispiel hierfür
wäre:
Jan sieht ein Bonbon Bonbon
3. Intraverbal
Dieser verbale Operant bezeichnet die Fähigkeit, Fragen zu beantworten
oder Unterhaltungen zu führen. Beim intraverbalen Verhalten werden
Worte durch andere Worte beherrscht. Ein Beispiel wäre:
ein Bonbon
10 So kann ein Kind, das Keks sagt, weil es hungrig ist, nicht zwangsläufig auch Keks sagen, wenn
es nicht hungrig ist und einen Keks sieht .
27
4. Codic
a. Textual
Der verbale Operant Textual bedeutet soviel wie Textkenntnis. Er
bezeichnet die Fähigkeit, geschriebene Wörter zu lesen.
b. Transcription
Transcritption wird mit Übertragung übersetzt. Dieser verbale Operant
bezeichnet die Fähigkeit, gehörte oder gesehene Wörter zu
schreiben, zu tippen oder mit den Fingern zu buchstabieren.
5. Dublic
a. Echoic
Der verbale Operant Echoic echoartig bezeichnet die
Fähigkeit, etwas zuvor Gehörtes (teilweise) zu wiederholen. Ein
Beispiel wäre: Die Mutter sagt:
b. Mimetic
Mimetic betrifft die Imitation und ist dem verbalen Operant Echoic
sehr ähnlich. Er bezeichnet die Fähigkeit eine zuvor gesehene
motorische Handlung zu imitieren (Skinner, 1957).
Verbale Operanten treten in der alltäglichen Sprache in reiner Form eher selten
auf. Häufiger treten sie in verschiedenen Kombinationen auf. So würde
beispielsweise die Situation, wenn Jan ein Bonbon sieht und seine Mutter
daraufhin fragt, ob er eins haben darf, als Mand-Tact bezeichnet werden. Die
Situation, wenn Jan ein Bonbon sieht, die Mutter ihn fragt was er möchte, und
Jan mit Bonbon als Intraverbal-Mand-Tact bezeichnet werden
(Frost & Bondy, 2006).
Skinners Vermutung, dass (reine und komplexe) verbale Operanten funktionell
unabhängig erworben werden (Skinner, 1957; 2009) konnte mittlerweile durch
zahlreiche Forschungsstudien belegt werden (Schramm & Claypool-Frey, 2009).
Demnach muss jeder einzelne verbale Operant als abhängig von den
Umweltbedingungen und als das Produkt einer bestimmten Situation betrachtet
werden. Die Umweltbedingungen bewirken dabei, ob und wann der Operant
geäußert wird.
28
Die Wissenschaftler Sundberg und Partington und ihr Forscher/innenteam
erkannten erstmals die Möglichkeit, mit den Erkenntnissen der verbalen
Operanten aus Skinners Buch Applied Behavior Analysis für Kinder mit ASS zu
verbessern und zu ergänzen. Sie gehen davon aus, that language is behavior
that is primarily caused by environmental variables such as reinforcement,
motivat (Sundberg & Partington, 1998, S. 98).
Aus diesem Grund sollte Sprache so früh wie möglich mit den Methoden von
ABA erlernt werden, da sonst die Gefahr besteht, dass verschiedene Formen von
sozial unerwünschtem Verhalten die Hauptformen der Kommunikation für Kinder
mit ASS darstellen (Sundberg & Partington, 1998).
Traditionelle ABA-Ansätze differenzieren lediglich zwischen rezeptiver und
expressiver Sprache. Das Kind soll zunächst ein rezeptives Sprachverständnis
entwickeln. Dieses soll dann im Verlauf der Förderung mithilfe der ABA-
Prinzipien zur expressiven Sprache weiterentwickelt werden.
Der Verbal-Behavior-Ansatz hingegen legt den Schwerpunkt zunächst auf die
Förderung der grundlegenden expressiven Sprache und unterrichtet Sprache
nicht nach Form (rezeptiv und expressiv) sondern in all ihren Funktionen, die
anhand der verbalen Operanten definiert werden (Barbera & Rasmussen, 2007).
Verbal Behavior (VB) is based on ABA principles but is focused on the
acquisition of functional language (Matson, 2009, S. 72).
Somit bietet der VB-Ansatz
(Schramm & Claypool-Frey, 2009,
S.260), die sowohl Methoden von ABA als auch Skinners Analyse des
Sprachverhaltens und der Motivationsvorgänge11 verwendet. Durch die
Weiterentwicklung von ABA durch den VB-
(Schramm & Claypool-Frey, 2009, S. 260) stärker gewichtet werden.
Da die Kommunikation und die soziale Interaktion meist die größten Probleme im
alltäglichen Leben der Kinder mit ASS darstellen, ist eine Fokussierung auf den
sprachlichen Bereich als sinnvoll zu erachten (Freeman, 1997). Daher
repräsentiert der VB-Ansatz eine erfolgversprechende Ergänzung, in der
Förderung von Kindern mit ASS.
11 Dieser Begriff wird in Kapitel 4.4.1.1.2 im Zusammenhang mit dem ABC-Modell noch genauer
erläutert.
29
Die Effizienz von ABA in Verbindung mit dem VB-Ansatz konnte durch mehrere
systematische Fallstudien bestätigt werden (Matson, 2009). Diese Fallstudien
weisen aufgrund ihrer Methodik jedoch keine wissenschaftliche
Evidenzgradierung auf.
4.4 Funktionale Verhaltensanalyse Im Folgenden werden die Grundlagen von ABA/VB sowie die spezifischen
eingesetzten Fördermethoden beschrieben12.
Die Verhaltensanalyse ist die grundlegende Methode bei ABA/VB und stellt ein
wichtiges diagnostisches Verfahren in der Förderplanung dar. Sie hilft, Verhalten
zu strukturieren und zu beschreiben, die Entstehung und Aufrechterhaltung von
Problemen zu erfassen und Veränderungsstrategien abzuleiten. Durand zufolge
sind die Hauptfunktionen von Verhaltensweisen folgende:
Wunsch nach Aufmerksamkeit,
Vermeidung von Anforderungen,
Wunsch nach sensorischer Stimulation,
Zwänge und
Zugang zu materieller Verstärkung (Durand, 2003).
ABA/VB ist eine Methode, mit deren Hilfe menschliches Verhalten in Bezug auf
seine Funktionen analysiert werden kann und somit Ansatzpunkte für
Verhaltensänderungen bietet. Es geht folglich nicht um eine objektive Bewertung
des Verhaltens, sondern es wird beobachtet, inwiefern wichtige (Alltags-)
Funktionen ausgeführt werden können. Insbesondere wird der Zusammenhang
zwischen dem Verhalten und den umgebenden Bedingungen analysiert. Beim
ABA/VB-Ansatz wird, anders als bei traditionellen ABA-Ansätzen, insbesondere
auch das verbale Verhalten eines Kindes hinsichtlich formeller und funktioneller
Aspekte analysiert.
tiver therapeutischer und pädagogischer
(Freitag, 2008a, S. 99). Durch eine
12 Im Folgenden wird stets der Begriff ABA/VB verwendet um das gesamte Konzept von ABA/VB
darzustellen. Es ist jedoch darauf hinzuweisen, dass viele Methoden auch beim klassischen ABA,
beim EIBI oder anderen verhaltenstherapeutischen Ansätzen verwendet werden.
30
(Baude & Noterdaeme, 2010a, S.
244) und durch Gespräche mit den Eltern und Bezugspersonen kann eine
umfassende Verhaltensanalyse hinsichtlich der Funktion von Verhalten
durchgeführt werden.
4.4.1 Das ABC-Modell Bei der funktionalen Verhaltensanalyse kommt das ABC-Modell zur
Anwendung13. ABC steht für Antecedent Behavior - Consequence. Antecedent (das Vorhergehende) steht hierbei für alles, was sich in der Umgebung des
Kindes befindet, bevor dieses ein Verhalten zeigt. Behavior (Verhalten) ist
sowohl alles, was das Kind tut, als auch jede messbare Bewegung des Kindes.
Consequence (Konsequenz) ist alles, was einem Verhalten des Kindes
unmittelbar folgt (Verstärkung, Bestrafung, Löschung14) (Schramm, 2007).
Ausgehend vom ABC-Modell werden bei der Analyse des Verhaltens eines
Kindes drei Fragen gestellt:
Was hat das konkrete Verhalten des Kindes ausgelöst oder welche
Situation ging dem konkreten Verhalten des Kindes unmittelbar voraus?
Mit welchem Verhalten reagiert das Kind?
Welche Konsequenz folgt der konkreten Verhaltensweise?
Durch die Aufschlüsselung in diese Komponenten kristallisieren sich Faktoren
heraus, die das Verhalten des Kindes beeinflussen. Werden diese Faktoren
verändert, wird sich auch das Verhalten des Kindes verändern (Schramm, 2007).
Das zugrunde liegende zentrale Konzept ist, dass jedes Verhalten erlernt ist und
dass Verhalten (B) durch vorhergehende Umweltfaktoren (A) und Konsequenzen
(C) determiniert ist. 13 In diesem Zusammenhang wird häufig auch das S-O-R-C-K Modell benannt, welches die
gleichen Aspekte wie das ABC-Modell enthält: Eine bestimmte Person mit spezifischen
biologisch/physiologischen sowie psychosozialen Organismuseigenschaften (O) zeigt ein
bestimmtes Verhalten (Reaktion, R) unter bestimmten situativen Bedingungen (antezendente
Stimuli, S), das durch bestimmte Handlungsfolgen (Consequenes, C) aufrecht erhalten wird, wenn
es regelmäßige und nachvollziehbare Beziehungen zwischen den situativen Bedingungen und dem
Verhalten sowie dem Verhalten und den Konsequenzen gibt (Kontingenz-Kontiguität) (K) (Baude &
Noterdaeme, 2010a; Freitag, 2008).
14 In Kapitel 4.4.1.2 werden diese Begriffe noch näher erläutert.
31
Verhalten wird zunächst systematisch beobachtet; dann werden die
Umweltbedingungen, die mit diesem Verhalten in Zusammenhang stehen
könnten, experimentell verändert. Ziel ist eine Modifikation des zunächst
gezeigten Verhaltens - nicht durch direkte Intervention, sondern mittelbar durch
Stimulation und Motivation, die sich aus den veränderten Umweltbedingungen
ergeben , 2005). Es handelt sich somit um eine Form des operanten
Konditionierens, das jedoch der Initiative der Kinder verstärkt Raum lässt. Das
ABC-Modell, das häufig auch als Vierfach-Kontingenz bezeichnet wird, beinhaltet
verschiedene Faktoren die im folgenden Schaubild dargestellt sind und
anschließend erläutert werden.
Abbildung 3: Das ABC-Modell (Schramm, 2009)
4.4.1.1 Antecedent (A)
bersetzt wird. Beim ABC-Modell, das bei
der funktionalen Verhaltensanalyse bei ABA/VB angewandt wird, zählen zu den
Antezedenzien
der Stimulus Discriminativus (diskriminativer Stimulus; SD),
Motivating Operations (MO), sowie
Prompts (Hilfestellungen).
32
4.4.1.1.1 Stimulus Diskriminativus (SD) Ein Stimulus Diskiminativus (SD), ein diskriminativer Reiz, ist alles, was in der
Vergangenheit kontinuierlich ein spezielles Verhalten hervorgerufen hat. Somit
signalisiert ein SD dem Kind, Bedingung gegeben ist, unter der
eine (Mietzel, 2007, S. 166). Im Rahmen von
ABA/VB ist der SD meist eine Aufforderung oder eine Instruktion. Ein SD
signalisiert somit die Verfügbarkeit einer Konsequenz, hat jedoch keinen Einfluss
auf den Wert der Konsequenz (Schramm, 2007).
4.4.1.1.2 Motivating Operation (MO) Die Motivation eines Kindes ist für ein erfolgreiches Förderprogramm sehr
wichtig. Durch die Fokussierung der ABA-Forschung auf
Verhaltenskonsequenzen wurden Motivationsvorgänge in wissenschaftlicher
Forschung und Praxis jedoch in den letzten zwanzig Jahren vernachlässigt
(Schramm & Claypool-Frey, 2009). Der VB-Ansatz berücksichtigt neben den
nach Skinner definierten verbalen Operanten auch die so genannten Motivating
Operations (MO).
Der Begriff Motivating Operations (MO) Motivationsfaktoren
(Danne, 2009), wurde von Laraway, Snycerski, Michael und Poling 2003
erstmalig definiert und verwendet (Laraway, Snycerski, Michael & Poling, 2003).
MO sind Umgebungsvariablen, die die Wirksamkeit eines Verstärkers
beeinflussen können. Es gibt mehrere Arten von MO; die wichtigsten sind die
Abolishing Operation (AO) und die Establishing Operation (EO).
AO vermindern die Wirksamkeit eines Verstärkers: Dies kann zum Beispiel durch
die (Über)sättigung mit Nahrungsmitteln oder durch einen vorhergegangenen
Überfluss entstehen15. EO erhöhen die Wirksamkeit eines Verstärkers durch
beispielsweise vorherigen Entzug oder Mangel16 (Danne, 2009; Schramm, 2007).
MO beeinflussen folglich (negativ und positiv) den Wert einer Konsequenz.
Wird der Wert einer Konsequenz durch einen EO positiv beeinflusst, demnach
gesteigert, erhöht sich die Wahrscheinlichkeit des Auftretens eines durch den
diskriminativen Stimulus geforderten Verhaltens. Dies wird als evokative Wirkung
15 Wenn ein Kind beispielsweise schon zehn Kekse gegessen hat oder stundenlang mit einem
Auto gespielt hat, vermindert dies den Wert des Kekses und des Autos als Verstärker.
16 Wenn ein Kind beispielsweise schon eine gewisse Zeit lang keine Kekse gegessen hat und
hungrig ist oder seit längerem nicht mehr mit seinem Lieblingsauto gespielt hat, wird dies den
Verstärkungswert des Kekses und des Autos erhöhen.
33
bezeichnet. Wird der Wert einer Konsequenz durch einen AO negativ beeinflusst,
demnach vermindert, verringert sich die Wahrscheinlichkeit des Auftretens eines
durch den SD geforderten Verhaltens. Dies wird als abative Wirkung bezeichnet
(Schramm & Claypool-Frey, 2009).
Bei den MO wird zudem zwischen unkonditionierten (ungelernten, angeborenen)
MO (Unconditioned MO; UMO) und konditionierten (erlernten) MO (Conditioned
MO; CMO) unterschieden. UMO sind Schramm und Claypool-Frey zufolge
Bedürfnisse, wie Essen, Trinken, Schlafen, Bewegung, Sex, Wärme, Kälte, Luft
und Schmerzminderung; demnach alle Bedürfnisse, die mit der
Überlebensnotwendigkeit zu tun haben (Schramm & Claypool-Frey, 2009).
CMO sind ehemals neutrale Reize, die durch Zusammenführung mit einem
anderen MO oder durch Erfahrung zu einem CMO werden. CMO lassen sich in
drei weitere Arten einteilen:
Surrogate CMO (Ersatz-CMO; CMO-S)
o
Wechselbeziehung mit einem UMO oder bereits bestehenden
(Schramm & Claypool-Frey,
2009, S. 261).
Reflexive CMO (CMO-R)
o
ebendiesen Stimulus zusammen mit der möglicherweise
nachfolgenden aversiven Situation zu vermeiden (Danne, 2009,
S. 18).
Transitive CMO (CMO-T)
o Transitive CMO sind MO die von einem neutralen Objekt oder
einer neutralen Aktivität auf ein anderes Objekt oder eine andere
Aktivität übertragen werden. CMO werden vermehrt bei ABA/VB
eingesetzt und auch als Stiumuls-Stimulus-Pairing bezeichnet
(Schramm & Claypool-Frey, 2009). Wie mithilfe von transitiven
CMO ein positiver Beziehungsaufbau gefördert werden kann, wird
in Kapitel 4.5.5 ausführlich erläutert.
34
4.4.1.1.3 Prompt Das dritte Merkmal der Antezedenzien beim ABC-Modell ist das Prompt
(Hilfestellung). Ein Prompt ist definiert als alles, was einem SD hinzugefügt wird,
um dem Kind zu helfen, die Zielreaktion zu zeigen (Schramm, 2007). Nach
Schramm existieren verschiedenen Formen des Prompts, die sich in zwei
Oberkategorien einteilen lassen (physische und verbale Prompts) und an dieser
Stelle kurz aufgeführt werden. Die Prompts sind von der stärksten Hilfestellung
zur schwächsten Hilfestellung aufgelistet (Schramm, 2007):
Physische Prompts
Voll physische Prompts
Die Lehrenden geben dem Kind manuelle Hilfestellung bei der
Ausführung der korrekten Reaktion.
Teilweise physische Prompts
Die Lehrenden geben dem Kind teilweise manuelle Hilfestellung bei der
Ausführung der korrekten Reaktion. Das Kind muss die geforderte
Bewegung jedoch selbstständig beenden.
Imitierende Prompts
Die Lehrenden geben dem Kind eine visuelle Demonstration der
gewünschten Antwort, die das Kind nachahmen kann. Voraussetzung ist,
dass das Kind bereits Bewegungen imitieren kann.
Gestik-Prompts
Hierbei wird dem Kind durch Zeigen oder Hinweisen demonstriert, wohin
es sehen soll oder wie es die richtige Reaktion finden kann.
Positions-Prompts
Das Kind soll ein bestimmtes Objekt unter Anderen auswählen. Um
hierbei die Wahrscheinlichkeit einer korrekten Antwort zu erhöhen, wird
am Kind positioniert.
35
Verbale Prompts
Voll echoartige Prompts
Hierbei sagen die Lehrenden das ganze Wort oder den ganzen Satz vor.
Teilweise echoartige Prompts
Hierbei sagen die Lehrenden das Teil eines Wortes oder eines Satzes
vor, was vom Kind wiederholt werden soll.
Direkte verbale Anweisungsprompts
Hierbei sagen die Lehrenden dem Kind genau das, was sie von ihm
möchten. Zum Beispiel:
Indirekte verbale Anweisungsprompts
Hierbei sagen die Lehrenden dem Kind etwas, worüber das Kind
nachdenken soll. Zum Beispiel: t man, wenn man jemanden trifft, de
Lovaas ergänzt diese Liste noch um zwei weitere Prompt-Arten:
Prompts, die mit einer vorherigen Antwort einhergehen:
Hierbei helfen die Lehrenden, dem Kind die korrekte Antwort zu geben,
indem sie im vorhergehenden Durchgang dem Kind eine Antwort geben,
die das Kind als Hinweis für die nächste Antwort benutzen kann. Zum
Beispiel:
Hilfestellung für emotionale Reaktionen:
Zum Beispiel kann ein Kuss auf die Wange, der das Kind kitzelt, ein
Lächeln hervorrufen. Wenn das Lächeln die korrekte Antwort darstellt,
wird es verstärkt (Lovaas, 1981).
Ein Nachteil von Prompts ist, dass das Kind nicht für eine korrekte Antwort,
sondern für eine korrekte Antwort in der Verbindung mit einer Hilfestellung
verstärkt wird. Um die Gefahr abzuwenden, dass das Kind nach einiger Zeit von
36
der Hilfestellung abhängig wird (Prompt Dependency), müssen die
Hilfestellungen langsam ausgeblendet werden (Prompt Fading). Dies erfolgt
durch eine kontinuierliche Verringerung der Intensität der Hilfestellungen.
Generell sollte stets so viel Hilfestellung wie nötig und so wenig wie möglich
gegeben werden (Schramm, 2007).
4.4.1.2 Consequence (C) Es gibt drei Arten von Konsequenzen: Verstärkung, Bestrafung und Löschung.
Diese werden im folgenden Absatz ausführlich beschrieben.
4.4.1.2.1 Verstärkung Es existieren zwei Formen von Verstärkern. Zum einen die primären, ungelernten
Verstärker wie Nahrung oder Wärme, die eher an biologischen Bedürfnissen
ansetzen, zum anderen die sekundären, gelernten Verstärker wie Lob, Lächeln,
Anerkennung, Aufmerksamkeit, Spiele oder Lieblingspersonen, die in ihrer Natur
eher sozial sind.
Durch das wiederholte Zusammenbringen von primären Verstärkern mit
neutralen Stimuli können neue sekundäre Verstärker entstehen (CMO-T; siehe
Kapitel 4.4.1.1.2) 17.
Positive Verstärkung bedeutet, dass ein positiver Stimulus auf ein erwünschtes
Verhalten folgt und dadurch die Wahrscheinlichkeit steigt, dass dieses Verhalten
in Zukunft vermehrt auftreten wird.
Verhalten tritt auch dann vermehrt auf, wenn dadurch ein unangenehmer
Zustand vermieden werden kann. Dies wird als negative Verstärkung bezeichnet.
Verstärker, ob negativ oder positiv, sind nicht für jedes Kind gleich wirksam.
Daher ist das Finden von effektiven Verstärkern für das jeweilige Kind zu Beginn
der Förderung von elementarer Relevanz (Matzies, 2004).
Primäre Verstärker sollten immer mit sekundären Verstärkern gekoppelt werden,
wobei der Primärverstärker zuerst gegeben werden sollte. Der Verstärker sollte
dem Kind immer direkt (am besten innerhalb einer Sekunde) nach der
erwünschten Antwort gegeben werden, um die Effektivität des Verstärkers zu
erhöhen. Um Sättigung zu vermeiden, sollten die Verstärker variiert und stets nur
in kleinen Mengen dargeboten werden.
Außerdem sollte zwischen kontinuierlicher und intermittierender Verstärkung
differenziert werden. Kontinuierliche Verstärkung bedeutet, dass auf jedes 17 Dies wird in Kapitel 4.7.4 noch ausführlich beschrieben.
37
korrekte Verhalten unmittelbar eine Konsequenz folgt. Sie wird verwendet, um
ein Verhalten zu lehren. Die intermittierende Verstärkung, bei der nur auf jedes
zweite oder dritte korrekte Verhalten eine Konsequenz folgt, wird verwendet, um
ein bereits gezeigtes Verhalten aufrechtzuerhalten.
4.4.1.2.2 Bestrafung und Löschung Bestrafung und Löschung sind Prozesse, die beim Abbau von unerwünschten
Verhaltensweisen eingesetzt werden können. Durch eine umfassende
funktionale Verhaltensanalyse soll herausgefunden werden, welche
Konsequenzen für das Aufrechterhalten der unerwünschten Verhaltensweise
verantwortlich sind. Nach Danne sind dies hauptsächlich (negative und positive)
Aufmerksamkeit (beispielsweise durch Schimpfen mit dem Kind),
Selbststimulation und Flucht vor oder Vermeidung von Aufgaben (Danne, 2009).
Als Bestrafung wird bei ABA/VB alles bezeichnet, was sich nach einem Verhalten
ereignet und die Wahrscheinlichkeit verringert, dass das Verhalten in Zukunft
wieder eintritt (Schramm, 2007).
Bei der Bestrafung wird, wie auch bei der Verstärkung, zwischen positiver und
negativer Bestrafung unterschieden. Positive Bestrafung bedeutet das
Hinzufügen eines aversiven Reizes zur Umwelt. Dies wurde in den anfänglichen
ABA-Programmen zum Beispiel in Form von Wasserspritzern ins Gesicht des
Kindes praktiziert (Lovaas, 1981). In den modernen ABA/VB-Programmen wird
positive Bestrafung so gut wie nicht mehr eingesetzt. Zum Einen aus ethischen
Gründen, zum Anderen aber auch, da der Beziehungsaufbau in den modernen
Ansätzen, besonders bei ABA/VB, eine große Rolle spielt. Durch die Koppelung
von positiver Bestrafung mit der Bezugsperson wird die Bezugsperson selbst zur
positiven Bestrafung und so ist die Grundlage für eine positive Lernsituation nicht
mehr gegeben. Negative Bestrafung bedeutet den unmittelbaren Entzug eines
Verstärkers, sobald unerwünschtes Verhalten gezeigt wird18.
Ein weiteres Konzept zum Abbau von unerwünschtem Verhalten ist das Prinzip
der Löschung (extinction). Löschung bedeutet, ein zuvor verstärktes Verhalten
nicht mehr zu verstärken und so die Wahrscheinlichkeit zu verringern, dass das
Verhalten erneut auftritt. Ein Verhalten, das zuvor verstärkt wurde und dann
gelöscht werden soll, wird mit großer Wahrscheinlichkeit zunächst häufiger
18 Ein Beispiel hierfür wäre das Time-Out: Dem Kind wird für eine kurze Zeit der Verstärker
Aufmerksamkeit entzogen.
38
auftreten. Das Kind wird meist andere unerwünschten Verhaltensweisen zeigen,
um die Verstärkung zu erlangen. Dies wird von Schramm als Löschungstrotz
bezeichnet (Schramm, 2007). Löschungstrotz bedeutet, dass unerwünschtes
Verhalten bei Einsatz der Löschprozedur erst häufiger und teils auch intensiver
auftritt und dann erst abnimmt. In den meisten Fällen ist es ratsam, durch
Verstärkung neue Verhaltensweisen aufzubauen, um dem Kind so eine
erwünschte, angemessene Verhaltensalternative zu bieten.
4.4.2 Fallbeispiel I Da die Verhaltensanalyse die Basis für eine erfolgreiche ABA/VB Intervention
bietet, soll im Folgenden ein Praxisbeispiel zur Verdeutlichung gegeben
werden19.
Jan, ein fünfjähriger, nonverbaler Junge mit der Diagnose frühkindlicher Autismus zeigt immer wieder unerwünschtes Verhalten in Form von plötzlichem lauten, scheinbar grundlosen Schreien und Weinen (B=behavior). Mithilfe der Eltern und eines Verhaltensanalytikers wird eine Verhaltensanalyse in der natürlichen Umgebung des Kindes durchgeführt. Zunächst wird die Frage geklärt, was das konkrete Verhalten von Jan auslöst, beziehungsweise welche Situation dem konkreten Verhalten Jans unmittelbar vorausging. Nach einem ausführlichen Interview mit den Eltern und einer längeren Beobachtung von Jan stellt sich heraus, dass Jan nur dann plötzlich laut schreit und weint, wenn er sich in einem Raum befindet, in dem es Nahrungsmittel gibt (Küche, Esszimmer, Supermarkt, Tankstelle) (A=antecedent). Weiter wird analysiert, welche Konsequenzen dem Verhalten von Jan folgen. Es stellt sich heraus, dass die Eltern, wenn Jan anfängt zu schreien oder zu weinen, unmittelbar zu ihm gehen und ihm Lebensmittel zum Essen in die Hand geben (meist Kleinigkeiten in Form von Obst, Schokolade oder Gummibärchen) (C=consequence), da ihnen vor allem in der Öffentlichkeit die negative Aufmerksamkeit ihrer Umgebung unangenehm ist. Aber auch zu Hause empfinden sie den Lärm, den Jan in solchen Situationen produziert, unerträglich. Wenn Jan etwas zu essen bekommt hört er sofort auf, zu weinen und zu schreien. Diese Konsequenz stellt für Jan demnach eine positive Verstärkung dar. Jan hat also in der Vergangenheit gelernt, dass die uner
19 Das Beispiel entnehme ich meiner Tätigkeit als Tutorin.
39
positiv verstärkt wird. Um diese Verhaltensweise zu löschen, also die Wahrscheinlichkeit zu verringern, dass dieses Verhalten in Zukunft weiter auftritt, müssen die Eltern die Verstärkung des unerwünschten Verhaltens aufgeben. Demnach müssen sie in Zukunft jegliches Schreien und Weinen von Jan in den oben beschriebenen Situationen ignorieren und ihn weder mit Aufmerksamkeit noch mit Essen verstärken. Im weiteren Verlauf zeigte Jan bald erheblichen Löschungstrotz in Form von noch lauterem und längeren Weinen und Schreien. Er begann auch, Gegenstände umzustoßen und zu werfen. Die Eltern mussten lernen, diese unerwünschten Verhaltensweisen eine Zeitlang auszuhalten und nicht mehr zu verstärken. Zudem wurde dafür gesorgt, dass Jan in der Zeit, in der er die unerwünschten Verhaltensweisen zeigte, jeglicher Zugang zu Verstärkung entzogen wurde. Dies geschah durch negative Bestrafung. Beispielsweise nahmen die Eltern Jan ein Spielzeug, welches er während der unerwünschten Verhaltensweisen in der Hand hielt weg, oder verließen den Raum (Entzug von Aufmerksamkeit). Dies war im häuslichen Umfeld auch dank Tutor/innen und der engangierten Geschwister realisierbar. In außerhäuslichen Situationen, beispielsweise im Supermarkt, erforderte es von den Eltern viel Durchhaltevermögen. Hier wurde jedoch trotzdem stets sehr darauf geachtet, dass Jan für sein unerwünschtes Verhalten in keinem Fall verstärkt wurde. .
40
Das oben aufgeführte ABC-Modell (Abbildung 3) soll in der folgenden Abbildung
4 nun auf das vorgestellte Fallbeispiel angewandt werden:
Abbildung 4: Das ABC-Modell im Fallbeispiel Jan (Schewe, 2011 modifiziert nach
Schramm, 2009)
Damit Jan Verhaltensweisen aufbauen kann, mit denen er in Zukunft sein
Bedürfnis nach Essen auf angemessene Art und Weise signalisieren kann, sind
vielfältige Methoden nötig. Diese werden in den folgenden Kapiteln 4.5 und 4.6
erläutert. Im Anschluss daran wird das Fallbeispiel wieder aufgegriffen.
4.5 Lernformate Bei ABA/VB gibt es verschiedene Lernformat