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342 BAUR: Der gegenw~rtige Stand der langfristigen Wettervorhersage. implantierten Herzanlage wieder eine Masse Ento- mesodermzel]en, also ebenfalls darmbildendes Ma- terial, wieder eingefiihrt. Es bestehen somit fiir die Darmentwicklung 3 M6gtichkeiten: I. Der Organismus verwendet das implantierte Dotter- material, wie wenn es sein eigenesw~re, und bildet zusammen mit seinem Restmaterial einen ein- heitlichen, normalen Darm. 2. Der Organismus bildet mit seinem Dottermaterial einen eigenen ])arm, das gleiche rut die implantierte Zellmasse, deren Darmstfick an einem oder an beiden Enden blind sein mfiBte. 3- Implantat und Eigenmaterial bilden gemeinsam einen einheitlichen Darm. Da wir aus den Untersuchungen SP~MA?C~S wissen, dag jedem Darmstfiek bet seiner Entwick- tung eine Tendenz zu ether ganz bestimmten Eigen- krtimmung zukommt, so ist eine mehr oder weniger starke Veriinderung des Darmsitus in diesem Falle mit Sicherheit zu erwarten. Wie Fig. 5 zeigt, kommt die dritte M6glichkeit, die des Kompromisses, zurAn- wendung. Implantat und Wirtstier bilden gemein- sam miteinander ein einheitliches, durchg~ngiges Darmrohr, es kann sogar zu Anastomosen zwischen Darmschlingen kommen. Hierbei ist jedoch nicht mehr zu bestimmen, welcher Darmteil aus dem Material des Wirtstieres und welcher aus Implan- tatzetlen geformt wurde. Aller Wahrscheinlichkeit nach ist wohl der mit dem implantierten Herzen verbundene Darm gleichfalls ans implantiertem Material entstanden. Wie sehr die Eigenkrtimmung den einzelnen Darmschlingen innewohnt, kann man noch an der begonnenen SpirMenbildung an der rechten unteren Bauchseite des Wirtstieres er- kennen, die wahrscheinlich aus dessen Eigen- material gebildet wurde. Die mikroskopische Untersuchung best~tigt diesen unter der binoku- taren Lupe, gemachten Befund beim Studium ifingerer Stadien aufs Sch6nste, besonders am Kopf, wo wir zur gildung der Mundh6hle manch- real typisehes Darmepithel verwendet sehen. wiDie Natur- ssenschaften Tr Fig. 5. SechsWochen alte Unkenlarve mit implantiertem Herzen und ver~ndertem Darmsitus (Bauchansicht). h = Wirtsherz, Tr = transplantiertes Herz. Wie der Organismus es ferner fertig bekommt, die hinteren Parfien des Sch~dels, trotzdem das im Kopf befindliche Herz seine gesamte Um- gebung beseitigt hat, doch noch wetter zu ent- wickeln, als w~re nichts geschehen, wie das seitlich eingepflanzte Herz wohl dutch Zug der Darm- schlingen doch noch nach der Mitre hin ver- lagert wird, das sind alles Regulationsvorg~nge yon einer unendlichen, kaum faBbaren KomplL zierthei±. Der gegenw~irtige Stand der langfristigen Wettervorhersage~). Yon FRANZ ]~AUR, St. ]31asien. Die groBe Bedeutung der langfristigen Wetter- vorhersage ftir viele andere Wissensgebiete, ganz ~)esonders aber ~fir die gesamte Volkswirtschaft ist so Mlgemein anerkannt, dab es sich erfibrigt, ,dar~ber noch weitere Worte zu verlieren. Die groBe Frage ist jedoeh, ob es nicht fiberhaupt verfrfiht ist, an die L6sung dieser wichfigen Aufgabe heran- :zutreten, heute, wo wir noch nicht einmat ffir einen "Tag das Wetter mit Bestimmtheit voraussagen ?k6nnen. Tats~chlich gibt es wohl auch heute noch ,einige F-achgenossen, die der Meinung sind, dab an eine brauchbare langfristige Wettervorhersage ~icht zu denken ist, solange der t~glichen Wetter- 1) Gekiirzte Wiedergabe eines auf Veranlassung der ,,Deutschen Landwirtschaftsgesellschaft" im Februar 1924 allf der ,,GroBen Landwirtschaftswoche" in Ber- lin gehMtenen Vortrages. vorhersage noch die gegenw~rtigen M~ngel an- haften. Diese Anschauung ist aber nur bedingt richtig. Sie ist insofern zutreffend, Ms es ganz natfirtich ist, dab der wahrscheinliche Fehler der Vorherbesfimmung irgendeines Ereignisses um so !deiner ist, je n~her der Punkt, von dem wir ausgehen, dem Ziele ist. Wenn wir nicht mit Be- sfimmtheit sagen k6nnen, wie das VVetter an einem gegebenen Orte morgen sein wird, dann ist selbst- verst~ndlich die Sicherheit einer Vorhersage des Wetters an diesem Orte fiir einen bestimmten Tag der n~chsten Woche noch geringer. Es kann sich daher bei der langfristigen Wettervorhersage nicht um eine Voraussage ffir jeden Tag eines gr6Beren Zeitraumes handeln. Derarfige Prognosen mtissen wit jenen gewissenlosen Katendermachern fiber- lassen, die unbekfimmert um das Eintreffen ihrer

Der gegenwärtige Stand der langfristigen Wettervorhersage

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Page 1: Der gegenwärtige Stand der langfristigen Wettervorhersage

342 BAUR: Der gegenw~rtige Stand der langfristigen Wettervorhersage.

implant ier ten Herzanlage wieder eine Masse Ento- mesodermzel]en, also ebenfalls darmbildendes Ma- terial, wieder eingefiihrt. Es bestehen somit fiir die Darmentwicklung 3 M6gtichkeiten: I. Der Organismus verwendet das implantierte Dotter- material, wie wenn es sein eigenesw~re, und bildet zusammen mit seinem Restmaterial einen ein- heitlichen, normalen Darm. 2. Der Organismus bildet mit seinem Dottermaterial einen eigenen ])arm, das gleiche rut die implantierte Zellmasse, deren Darmstfick an einem oder an beiden Enden blind sein mfiBte. 3- Implan ta t und Eigenmaterial bilden gemeinsam einen einheitlichen Darm.

Da wir aus den Untersuchungen SP~MA?C~S wissen, dag jedem Darmstfiek bet seiner Entwick- tung eine Tendenz zu ether ganz best immten Eigen- krt immung zukommt, so ist eine mehr oder weniger starke Veriinderung des Darmsitus in diesem Falle mi t Sicherheit zu erwarten. Wie Fig. 5 zeigt, kommt die dritte M6glichkeit, die des Kompromisses, zurAn- wendung. Implan ta t und Wirtstier bilden gemein- sam miteinander ein einheitliches, durchg~ngiges Darmrohr, es kann sogar zu Anastomosen zwischen Darmschlingen kommen. Hierbei ist jedoch nicht mehr zu bestimmen, welcher Darmteil aus dem Material des Wirtstieres und welcher aus Implan- tatzetlen geformt wurde. Aller Wahrscheinlichkeit nach ist wohl der mi t dem implantierten Herzen verbundene Darm gleichfalls ans implantiertem Material entstanden. Wie sehr die Eigenkrtimmung den einzelnen Darmschlingen innewohnt, kann man noch an der begonnenen SpirMenbildung an der rechten unteren Bauchseite des Wirtstieres er- kennen, die wahrscheinlich aus dessen Eigen- material gebildet wurde. Die mikroskopische Untersuchung best~tigt diesen unter der binoku- taren Lupe, gemachten Befund beim Studium ifingerer Stadien aufs Sch6nste, besonders am Kopf, wo wir zur g i ldung der Mundh6hle manch- real typisehes Darmepithel verwendet sehen.

wiDie Natur- ssenschaften

Tr

Fig. 5. SechsWochen alte Unkenlarve mit implantiertem Herzen und ver~ndertem Darmsitus (Bauchansicht).

h = Wirtsherz, Tr = transplantiertes Herz.

Wie der Organismus es ferner fertig bekommt, die hinteren Parfien des Sch~dels, trotzdem das im Kopf befindliche Herz seine gesamte Um- gebung beseitigt hat, doch noch wetter zu ent- wickeln, als w~re nichts geschehen, wie das seitlich eingepflanzte Herz wohl dutch Zug der Darm- schlingen doch noch nach der Mitre hin ver- lagert wird, das sind alles Regulationsvorg~nge yon einer unendlichen, kaum faBbaren KomplL zierthei±.

Der gegenw~irtige Stand der langfristigen Wettervorhersage~). Y o n FRANZ ]~AUR, St. ]31asien.

Die groBe Bedeutung der langfristigen Wetter- vorhersage ftir viele andere Wissensgebiete, ganz ~)esonders aber ~fir die gesamte Volkswirtschaft i s t so Mlgemein anerkannt, dab es sich erfibrigt, ,dar~ber noch weitere Worte zu verlieren. Die groBe Frage ist jedoeh, ob es nicht fiberhaupt verfrfiht ist, an die L6sung dieser wichfigen Aufgabe heran- :zutreten, heute, wo wir noch nicht einmat ffir einen "Tag das Wetter mit Bestimmtheit voraussagen ?k6nnen. Tats~chlich gibt es wohl auch heute noch ,einige F-achgenossen, die der Meinung sind, dab a n eine brauchbare langfristige Wettervorhersage ~icht zu denken ist, solange der t~glichen Wetter-

1) Gekiirzte Wiedergabe eines auf Veranlassung der ,,Deutschen Landwirtschaftsgesellschaft" im Februar 1924 allf der ,,GroBen Landwirtschaftswoche" in Ber- lin gehMtenen Vortrages.

vorhersage noch die gegenw~rtigen M~ngel an- haften. Diese Anschauung ist aber nur bedingt richtig. Sie ist insofern zutreffend, Ms es ganz natfirtich ist, dab der wahrscheinliche Fehler der Vorherbesfimmung irgendeines Ereignisses um so !deiner ist, je n~her der Punkt, von dem wir ausgehen, dem Ziele ist. Wenn wir nicht mit Be- sfimmtheit sagen k6nnen, wie das VVetter an einem gegebenen Orte morgen sein wird, dann ist selbst- verst~ndlich die Sicherheit einer Vorhersage des Wetters an diesem Orte fiir einen bestimmten Tag der n~chsten Woche noch geringer. Es kann sich daher bei der langfristigen Wettervorhersage nicht um eine Voraussage ffir jeden Tag eines gr6Beren Zeitraumes handeln. Derarfige Prognosen mtissen wit jenen gewissenlosen Katendermachern fiber- lassen, die unbekfimmert um das Eintreffen ihrer

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BAUR: Der gegenwi~rtige Stand der langfristigen "Wettervorhersage. 343

Vorhersagen nur die Ausnfitzung der Kritiklosig- keit weiter Volkskreise zur eigenen Bereicherung im Auge haben. Sehen wir aber die Au]gabestellung der langfristigen Wettervorhersage darin, zu be- stimmen, wie der Witterungscharalcter eines l~.n- geren Zeitraumes sein wird, ob z. ]3. der n~chste Sommer kfihl und nab oder heiB und trocken sein wird, dann ist die Schlut3folgerung yon dem gegenw~rtigen Stand der t~iglichen Wettervoraus- sage auf die Aussiehten der langfristigen Vorhersage in dem oben angegebenen Sinne nicht mehr richtig.

Das Wetter ist ein Komplex yon zahllosen Einzelvorg~ngen. Jeder derselben verl~iuft nach ganz bestimmten physikalischen Gesetzen und ist daher auch, soweit der Anfangszustand bekannt ist, ffir sich allein berechenbar. Abet bei einem Tell der Vorgiinge liegt die Erfassung des Anfangs- zustandes unterhalb der jeweils erreichten Ge- nauigkeitsstufe der wissenschafttichen Erkenntnis. Diese Unsicherheit wird durch die gegenseitige Wechselwirkung auch auf die an sich der Beobach- tung und Berechnung zug~nglichen Vorg~inge fibertragen, so dab sich ffir das fiberaus mannig- faltige Endergebnis aller Vorg~inge, das einzelne ,,Individuum", das Wetter eines ganz bestimmten Tages und bestimmten Ortes, nur Regeln, aber nicht Gesetze aufstellen Iassen. xvVir haben es bei denWitterungserscheinungen mit demselben Gegen- satz zwischen Kollektiv und Einzelindividuum zu tun wie in anderen Zweigen der Natul~vissenschaf- ten, insbesondere auf dem Gebiete der Biologie. Die Bedeutung dieses Gegensatzes fiir die M6g- tichkeit der Vorhersage eines Naturvorganges hat A. SCHMAtISS durch ein anschauliches Beispiel gekennzeichnet. Denken wir uns einen Flieger, der ein Bfindel Flugbl~tter abwirft. Wir k6nnen alsdann aus der Geschwindigkeit und H6he des Flugzeuges, aus der Windgeschwindigkeit, der Dichte der Luft und dem Gewicht und der Gr613e der einzelnen Flugbl~tter berechnen, we der mittlere Landungsort aller Flugbl~tter sein wird, wir werden ffir das Kollektiv, d. h. ffir alle Flugbl~tter im Mittel eine gute Voraussage ihres Landungs- ortes machen, wir k6nnen aber nicht berechnen, wohin das einzeln~ t31att ,,zufiillig" hingetrieben wird. )khnlich ist es mit dem Wetter: Wir werden, sobald einmal das physikalische Ineinandergreifen aller das Wetter bedingenden Vorg~nge bekannt und auI MaB und Zahl zurfickgeffihrt ist, den Witterungscharakter eines gr6Beren Zeitraumes in einem gr6Beren Gebiete vorausberechnen k6nnen; denn bier hande!t es sieh urn. einen Kollektiv- zustand. Wenn wir aber das Wetter ~fir den engen Bereich eines bestimmten Ortes und einer kurzen Zeitspanne vorheI:sagen wollen, so ergeben sicb aus den den Einzelzustand beeinflussenden feinen Vorg~ingen, die unter der augenblicklichen Genauig- keitsstufe der Erkenntnis liegen, mit Notwendig- keit manche Fehlprognosen. Die Genauigkeits- stufe verbessert sieh natfirlich mit der Zeit, sie wird abet wohl niemals absolute Vollendung er- reichen.

Diese Gedankeng~nge fiber die M6flichkeit einer langfristigen Wettervorhersage ffihren zugleich zu der Erkenntnis, dab nicht die Untersuchung kleiner und kleinster Einzelerscheinungen zum Ziele ffihren kann, sondern dab die Er]omchung der gesamten atmosphgrischen Zirkulation und ihrer StSrungen die notwendige Grundlage einer aussichts- reichen Witterungsvorhersage ]i~r lgngere Zeitrgume ist. Vc'ir wissen heute, dab durch die verschieden- artige ]3estrahlung des ~quators und der beiden polaren Zonen der Erde durch die Sonne (infolge der schr~igen Stellung der Erdachse zur Ebene der Erdbahn) eine Zirkulation der Luff hervorgerufen wird, derart, dab die kalte Luft der Pole an der Erdoberfl~che gegen den Acluator , die am )kquator aufsteigende warme Luft aber in den h6heren Schichten der Atmosphere polwiirts strebt. Der Luftaustausch zwischen Pol und J~quator ist abet kein geschlossener t(reislauf, sondern wird durch die Erdumdrehung vefiindert. Durch diese werden die Luftstr6mungen abgelenkt, so dab die veto Aquator gegen die Pole abfiiel3ende Luft, der Antipassat, in einer geographischen ]3reite yon 2o--40 o auf beiden Halbkugeln in eine west6stliche Str6mung fibergeht, daher sich staut und die be- kannten subtropischen ,,Hochdruckgfirtet" ver- ursacht. In dieselx steigt die Luft ab und ftiel3t dann als Passat llings der Erdoberfliiche wieder zum J~quator zurfick. Ein geschlossenes Zirku- lationssystem besteht also nur zwischen den Hoch- druckgfirteln und dem J~quator. In den gemSfligten Breiten treten an Stelle der fortdauernden (kon- tinuierlichen) Str6mungen, wie es die Passate und Antipassate sind, unterbrochene (diskontinuierliche) AustauschvorgSnge zwischen der warmen vom Hochdruckgfirtel kommenden Str6mung und der veto Pole aus vorstoBenden kalten Luft. Diese grenzt sich dabei gegen die warme Luft im allg¢- meinen in einer scharfen Unstetigkeitsfl~che ab, welchc die Erdoberfl~iche in einer Linie schneider, ffir die der Norweger V. BJERKNES die treffende ]3ezeiclxnung ,,Polarfront" geprlig~ hat.

Die Erforschung der h6heren Luftschichten hat ergeben, dab die W~irme der unteren Luft- schichten nahe dem )iquator durch die K~ilte der hohen Schichten ausgeglichen wird, umgekehrt sind fiber den kalten Polen die hohen Luf~chichten verh~ltnism~lBig warm. In einer Reihe von Arbeiten hat der jetzige Direktor des PreuBischen Meteoro- logischen Instituts, H, v. FICK:ER, und sp~iter A. SC~MAUSS nachge~4esen, dab der kalte Luftring um die Aquatorebene ffir die hohen Luftschichten ebenso ein Ausgangsgebiet yon K~iltevorst613en (mit entsprechenden Druckanstiegen) in die ge- ma~igten Breiten ist, wie dies ffir die unteren Luftschichten die Anh~iu~ung kalter Luft am Pol ist. Daher gibt es auch in den oberen LuftschichteP,, wie ich in einer neueren Arbeit 1) gezeigt habe, eine Trennungsfl~iche zwischen kalter und warmer Luff, Der Polarfront am Erdboden entspricht d i e , q u a .

1) F. ]3AUR, Annaten der Hydregraphie und ma- ritimen Mete0rologie ~2, 284, 1923.

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torial]ront in der .H6he. Die Vprst613e -- oder wie man auch sagen kann, , ,das Austropfen" -- aus der Polarfront und aus. der Xquatorialfront erfolgen h~ufig rhythm@ch, ~hntigh wie z. ]3. in dem Abtropfen yon Wasser aus einem picht gallz verschlossenen Hahn ein Rhythmus zu beobachten ist. Der re gelm~Bige Wechsel kal ter und warmer Lufts t r6mungen ha t natfirlich periodische Schwan, kungen des Luftdruekes zur Folge. Es handel t sich abet nicht um eine einzige Periode, sondern das System der Polarfront, d. h. des an diese grenzenden und auf der Erde aufliegenden. Kal t - luftk6rpers, is t offenbar mehrerer nnd zwar wieder anderer Schwil lgungen f~ikig als das System der Aquatorialfront, das seine rse~ts auch wieder meh- rere Schwingungen ausffihren kann. Diese kurzen period ischen Luftdruckschwankungen ha t der italienische Geophysiker FRANCESCO "y'ERCELLI eingehender untersuch±. Er gelangte dazu, durch die Zergliederung einer gegebenen Luf tdruckkurve e ines bes t immten Ortes in ihre einzelnen peri- odischenWellenzfige und dutch E~trapgla t ion dieser Wellenzfige fiber den letzten Be9baghtungstag hinaus dell zukfinftigen V erlauf der "Barometer- kurve an diesem Orte best immen zu k6nnen. Auf diese Weise wird yon der Wetterdiensts tel le des geophysikalischell Ins t i tu ts zu Triest die voraus- sichtlfche Druckkurve auf eine Woche im voraus ermi t te l t und ver6ffentlicht~ Dutch Anwendung des gleicher~ Verfahrens auI die einzelnen Druck- kurven einer angemessellen Zahl yon geeignet ausgew~hlten Sta~dolaen ist es auch m6glich, dae allgemeine Schema der zulci~n/tigen LuJtdruck- veri~nderungen ]iir ein, grSfleres Gebiet au] meh.rere Tage im voraus ZU entwerfell. Bei dem bekanl l ten engen Zusammellhang zwischen Lnftdruckverte i - lung und Wet te r ist dieses Forsehungsergebnis VE~, CEI.LIS zweifellos ro l l 13edeutung ttir die lallg- fristige Wettervorhersage im engeren Sinne (wor- unter ieh die Wettervorhersage fiir ein bis zwei Wochen im Gegensatz zur Witterungsvorhersage ffir Monate, Jahreszeiten ulld Jahre verstehe).

Die prakt ische Anwendungsm6g!ichkeit der Vercellisehen Methode wird abet dutch die Tat- s ache herabgemindert , dag .p f fenbar infolge vgn St6rullgen der allgemeinen atmosph~rischen Zirku- la t ion im grogen die kurzen Luftdruckperioden zuweilen mehr oder millder pl6tzlich abbrechen oder auf einen gan,z anderen Wef t umspringen. So Werden wit immer .wider , , wenn wir uns mi t dem Problem der langfristigen Wettervorhersage besch~ftigen, auf die Notwendigkei t hinge wiesell, jene groflcn .StSrungen in ihrem Ents tehen nnd in ihrer Wirkung zu erfassen. Die groBen StSrungen der allgemeinell atmosphArischen Zirkulation be- stehen darin, dab die erw~hnten Hochdruckgfirtel nicht nur im Laufe der Jahreszeiten sich verlagern, sondern auch yon Jahr zu Jahr eine versehiedene Lage und wechselnde Intensi t~t aufweisen, dab die grol3¢n, best/i~ldigen Lufts tr6mungen, die Passa te und Ant ipassate und die all j~hrhch in bes t immter Ja'h~eszeit wiederkehrenden 3/ionsun-

wind e, in ihrer St~irke, letztere auch im Zei tpunkt ihres Einsetzens, erheblichen Schwankungen unter- worfen s ind, dab ferner die beiden Polarfronten und Aquatorialfronten auBer den bereits be- sprochgne n verh~ltnism~Big kleinen Vorst6Ben s ivh ill breiter Ausdehnung ~quat0rw~rts oder pol- w~irts verschieben. Dadurch werden die in der ge- m~Bigten Zone an sich allomalen, aber gerade da tum ftir die Landwir tschaf t und \¥asserwir t- schMt hochwichtigen konstanten Vi/etterlagen wie wochenlaflge Trockenheit, K~lteperioden, Regen- perioden usw. verursacht, die den Rhythmus des normalen Wetterwechsels unterbrechen,

Die ersten Versuche, Beziehungen zwischen den groBen St6rungen der atmosph~rischen Zirku- lat ion und zeitlich. ]olgendo* Witterungsanomalien einzelner Gebiete fes±zustellen, reichen etwa ein Vier tel jahrhundert welt zuriick. E~ne der am frfil~esten erkannter~ Beziehu.nge n war der yon. MEINARDUS aufgedeckte Zusammenhang zwischen der StArke der atmosph~rischen Zirkntati0n tibe5 dem Golistrom (ausgedrfickt durch das dor t herrsd~ende siid-nSrdliche Luftdruckgef~lle) in den Monaten September bis Januar and der Tem- pera tur Mitteteuropas in den darauffolgenden Monaten Mfi.rz und April. Seitdem sind viele Korretat ionen zwischen zeitl~ch sieh iolge.nden Zust~nden entfernter Stellen der Erdatmosph~re gefunden worden. Es seien davon hier nut die wichtigsten erw~hnt. Der hoI1~.ndisghe 5{gteorologe G4LL~ stetlte lest, dab ill 87% der F~lle die Ab- weichung der Winter ternperatur Ostdeutschlal3ds yon der normalen mit der Abweichung der St~irk9 des Nordostpassats im Atlantischen Ozean im vorallgegangenen Sommer t ibereinstimmt. ELIOT land bemerkenswerte Beziehungen zwischen dem Luf tdruck fiber dem sfidlichen Indischen Ozean sowie fiber Argelltinien im M~rz bis Mai. und der S t ~ k e - d e s indischen Monsunregens im Sommer, OK ADA 1) endlich land in j i ingster Zeit eine enge Beziehung zwischen der August tempera tur .in Nordjapan und de.m .Luf tdruck in Siid amerika in den vorangegangenell Monaten M~rz bis Mai. Diese letztere Entd eekung ist fiir Japan vo n, groBer Wichtigkeit , da gerade die August tempera tur itir den Ausfall der Reisernte in Nord japan ;und damit ffir. die gesamte japanische Volksern~hrung von ausschlaggebender Bedeutung ist,

Wir sehen also, dab sjch tats~ichlich Beziehun- gen de r Witterungsvorg~inge on einer Erdstelte mi t sparer folgenden an einer anderen Stelle auf- find'en lassen und dab sich dara.us in einigen FXllen prakt isch bedeutungsvolle Voraussagen .des all- gemeinen Wit terungscharakters bes t immter Mo- hate oder Jahreszeiten ableiten lassen. Abet alle bisherigen Untersuchungen dieser A2t lieferten ebell doeh nur Einzelergebnisse, die llur Itir gewisse Gebiete und Zeiten geltell und die untereinallder nut wenig oder gar. nicht in Verbindung stehen. Auch sie kleben immer lloch an Teiivorgangen

~) Vgl. auch K. KNocI% Die Naturwissenschaften 46, 993. I922.

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Heft~:£ ] V. UBISC~I: Stimmen die Ergebnisse der 2-5, 4

s t a t t die gesamte atmosph~rische Zirkulation als Ganzes ins Auge zu fassen, Freitich erfordert die Erforschung der Ver~nderungen des Luftkreis , laufes auf der ganzen Erde und ihrer Auswirkungen eine Arbeit, die die Grenzen der Leistungsf~higkeit, die dem einzelnen gezogen sind, bei weitem fiber-. steigt. ¥oraussichtl ich mfiBte .dabei das gauze meteorologische Beobachtungsmaterial , das auf die yon den Menschen geschaffene Zeiteinteilung abgestell~c i st, erst umgearbei te t werden; denn die Natur kehr t sich natfirlich nicht an die Monate, wie sie d i e .Menschen festgesetzt haben.

Auf e inem anderen Wege babe icl~ den Versuch gemacht, zu dem Verst~ndnis des Wesens der grogen Wit terungs~nderungen-vorzudringen, in- dem ich untersuchte, ob nicht den Unterschieden der \¥i t terungserscheinungen yon Jahr zu Jahr gesetzm~gige, periodische Sch:wankungen zugrunde tiegen. Dieser Gedanke ist an sich nicht neu. Im vorige n Jahrhunder t wurde eine Unzahl yon Unter- suchungen fiber Witterungsperioden angestellt. Sie sind aber fast ahe auf falschen oder doch mindestens viel zu groben Met hoden aufgebaut, so dab den Ergebnissen zumeist keine ]3edeutung zukommt. Das geht schon daraus hervor, dab eine Zusammenste! !ung aller angeblicb ,,bewiesenen" Perioden ein Nebeneinanderbestehen yon 3-, 4-, 5-, 6-, 7-, 8-, 9-, IO-, I I - , I2-, I5-, I7-, t8j~hrJgen und noch vielen anderen me hrj~hrigen Perioden liefert. !ch b a b e meinen Untersuchungen fiber mehrj~hrige periodische Schwankungen der Wit te- rung eine bisher in der Metegrologie noch nicht verwendete, yon dem englischen Astronomen A. SCHUSTER entwickel te Methode, d i e sog. Per# odogramm-Analysis, zugrunde gelegt. Zwar ent- behrt auch dieses Verfahren, solange man es nut auf das Be0bachtungsmaterial einzelner Ge- biete und re!at iv kurzer Zeitr~ume beschr~nkt, der strengen Beweiskraft. Doch l~Bt die Ausdeh- nung die ser Untersuchungsart auf die zeitlichen Schwankungen ~!er meteorologischen Elemente an verschie.denen geeignet ausgew~htten Orten der Erdobe~l~che und in verschiedenen Zeitr~umen und di e Be achtung des dabei auftretenden Verhal- tens der Phasen "ScMfisse auf die Echthei t der gefundenen Perioden zu. Aus einer gr6Beren, soeben abgesehlossenen Arbei t fiber , ,~ritterungs-

Aalforschung mit Wegeners Theorie usw, 345

perioden", die voraussichtlich noch in diesem Jahre in einem 3. Hefte der , ,Mitteilungen der Wetter- und Sonnenwarte S t . Blasien" ver6ffenflicht werden wird, ergibt sich, dab einige Perioden sich fiber ctie ganze Erde verfolgen lassen, und zwar nicht nur in einem zuf~llig gerade herausgegriffene~ Zeitraum, sondern auch in verschiedenen Zeit- r~umen, so dab wohl kaum mehr daran zu zweifelrt ist, dab die grogen Witterungs~tnderungen min- destens teilweise durch periodische Schwankungen bedingt sind. Die mehrj~ihrigen periodische.n Schwankungen der Wetterelemente sind natfirlich ganz anderer Ar t als die kurzperiodischen Wellen- bewegungen an der Polar- und J~quatorialfront. D~ese sind wahrseheinlich freie Wellen, die durch irgendwelche Impulse hervorgerufen werden und deren Schwingungsdauer mi t den physikatische~ Konstanten des Polarlul tsystems und des Jkqua- torialsystems zusammenh~ngen. Vielj~hrige Peri- oden abet k6nnen nur erzwungene, d. h. letzten Endes auf die Einwirkung dauerniger (~uflerer Keg]re zurfickzufiihrende Schwingungen sein. Es ist aber m6glich, dab sie sich in ~ihnlicher Weise fiir die Voraussage des Witterungscharakters gan- zer Jahreszeiten und Jahre werden verwenden lassen, wie die Vercellischen Schwingungen ffir die Voraussage der Luftdruckvertei tung der n~ch- sten Tage.

~berbt icken wir nochmals den gegenw~rtiger~ Stand des Problems der langfristigen Wet ter - vorhersage, so erkennen wit, dab es zur Zeit noch. nicht m6glich ist, regelm~flige Wetter- oder Wi t te - rungsvorhersagen fiir l~ngere Zeitr~ume zu geben. Immerhin ist aber das Sehwerste auf dem Wege. zu diesem Ziele, n~mlich der An]ang, gemacht. Es ist ein Anfang, wefm wir heute wenigstens in, manchen F~illen in der Lage sifld, aus den kurz- periodischen Schwingungen der Atmosph~ire auf die Luftdruckvertei lung der n~chsten Tage zu schlieBen, es ist ein Anfang, dab Beziehungen. zwischen aufeinanderfolgenden Witterungszust~in- den wenigstens Ifir einige Gebiete der Erde lest, ge!egt sind, und die Feststellung, dab die \ ¥e t t e r - elemente zeifliche'n, gesetzm~Bigen Schja~ankunger~ unterworfen sind, ist ein Anfang ffir neue, der lang- fristigen Witterungsvoraussage dienliche Erkennt - nisse.

Stimmen die Ergebnisse der Aalforschung mit Wegeners Theorie der Kontinentalverschiebungen fiberein ?

Von LEOPOLD V. UBISCH, Wfirzburg.

ALFRED W E G E N E R 1) hat die Theorie aufgestellt, dab die Kontinente als gewal t ige Schollen, auf flem schwereren Sima schwimmen. Zwischen den Schollen wfirde das Sima zu tage treten, wenn d iese Lficken nicht durch die Ozeane aU§geffiltt w~ren. Der Tiefseeboden "w]rd Mso gebildet yon dem mit

1) .W~GENER, "Die Entstehung der lKontinente'und Ozeane. 3. Aufk Braunschweig: V.ieweg 1922.

einer.dfinnen Erstarrungskruste fiberzogenen Sima selbst.

Die Ver~nderungen in der Verteilung yon Kontir/enfen und Ozeanen, die im Laufe der Erd- geschichte zweifellos st at tgefunden haben, erkl~rt WE~ENER dementsprechend nicht, wie man bisher annahm, mi t gewaltigen Hebungen und Senkungen einzelner Teile der ErdoberflXche, also durcb