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PARTNERSCHAFT VON RECHTSANWÄLTEN MBB SITZ: DÜSSELDORF· AG ESSEN PR 1597 Friederike Spaniol Versicherungspraxis, April 2014 Managerhaftung Der Grundsatz der Gesamtverant- wortung des Vorstands – Haften alle immer gemeinsam? 1. EINLEITUNG Vorstandsmitglieder sind hohen Haftungsrisiken wegen vermeintlicher Verletzung ihrer Vorstandspflichten ausgesetzt. Die möglichen Forderungen übersteigen regelmäßig das Privatvermögen der Vorstandsmitglieder. Das Haftungsrisiko eines jeden Vorstandsmitglieds richtet sich nicht ausschließlich nach seiner Ressortzuständigkeit. Die Haftung geht nach dem Grundsatz der Gesamtverant- wortung weit darüber hinaus. Mit den Anforderungen an Vorstandsmitglieder im Hinblick auf die Gesamtverantwor- tung des Vorstands und die einzelnen Ressortzuständigkeiten beschäftigt sich der nach- folgende Beitrag. 2. DER GRUNDSATZ DER GESAMTVERANTWORTUNG Der Grundsatz der Gesamtverantwortung besagt, dass jedes Vorstandsmitglied die Pflicht für die Geschäftsleitung im Ganzen trägt und dass dieser Allzuständigkeit eine umfassende Verantwortung für die Belange der Gesellschaft gegenübersteht 1 . 1 BGH NJW 2001, 969, 971; BGH NJW 1997, 130, 132; BGH NJW 1990, 2560, 2564.

Der Grundsatz der Gesamtverantwortung des Vorstands · 2 - Daraus folgen eine allgemeine Aufsichtspflicht für jedes Vorstandsmitglied gegenüber der Gesellschaft und gegenüber seinen

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PARTNERSCHAFT VON RECHTSANWÄLTEN MBB

SITZ: DÜSSELDORF· AG ESSEN PR 1597

Friederike Spaniol Versicherungspraxis, April 2014

Managerhaftung

Der Grundsatz der Gesamtverant-

wortung des Vorstands –

Haften alle immer gemeinsam?

1. EINLEITUNG

Vorstandsmitglieder sind hohen Haftungsrisiken wegen vermeintlicher Verletzung ihrer

Vorstandspflichten ausgesetzt. Die möglichen Forderungen übersteigen regelmäßig das

Privatvermögen der Vorstandsmitglieder.

Das Haftungsrisiko eines jeden Vorstandsmitglieds richtet sich nicht ausschließlich nach

seiner Ressortzuständigkeit. Die Haftung geht nach dem Grundsatz der Gesamtverant-

wortung weit darüber hinaus.

Mit den Anforderungen an Vorstandsmitglieder im Hinblick auf die Gesamtverantwor-

tung des Vorstands und die einzelnen Ressortzuständigkeiten beschäftigt sich der nach-

folgende Beitrag.

2. DER GRUNDSATZ DER GESAMTVERANTWORTUNG

Der Grundsatz der Gesamtverantwortung besagt, dass jedes Vorstandsmitglied die

Pflicht für die Geschäftsleitung im Ganzen trägt und dass dieser Allzuständigkeit eine

umfassende Verantwortung für die Belange der Gesellschaft gegenübersteht1.

1 BGH NJW 2001, 969, 971; BGH NJW 1997, 130, 132; BGH NJW 1990, 2560, 2564.

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Daraus folgen eine allgemeine Aufsichtspflicht für jedes Vorstandsmitglied gegenüber

der Gesellschaft und gegenüber seinen Vorstandskollegen2.

Dieser Grundsatz der umfassenden Gesamtzuständigkeit kann eingeschränkt werden

durch eine vorstandsinternen Geschäftsverteilung in Ressorts. Eine vorstandsinterne

Zuständigkeitsregelung durch Schaffung verschiedener Ressorts verändert die konkrete

Pflichtenstellung der Vorstandsmitglieder. Durch die Aufteilung der Geschäfte in die je-

weiligen Ressorts werden die Pflichten der einzelnen Vorstandsmitglieder zweigeteilt:

Die Vorstandsmitglieder übernehmen die volle Handlungsverantwortung für die ihnen

zugewiesenen Ressorts. Gleichzeitig bleibt das jeweilige Vorstandsmitglied hinsichtlich

der Ressorts der anderen Vorstandsmitglieder aber kontroll- und überwachungspflich-

tig.

Einer bloßen „faktische Geschäftsverteilung“ ohne Grundlage in der Satzung oder der

Geschäftsordnung des Vorstands kommt jedoch keine haftungsbeschränkende Wirkung

für die ressortfremden Vorstandsmitglieder zu. Die Aufteilung muss für ihre haftungs-

rechtliche Wirksamkeit bestimmte formale Mindestanforderungen erfüllen. Vorausset-

zung für eine zulässige Aufteilung in Ressorts ist eine klare schriftliche Regelung der vor-

standsinternen Zuständigkeitsverteilung in der Geschäftsordnung des Vorstands, in ei-

ner Satzung oder durch einen förmlichen Vorstandsbeschluss3. Die einzelnen Ressorts

müssen zudem dergestalt aufgeteilt werden, dass sie trennscharf voneinander abgrenz-

bar sind.

Die Gesamtverantwortung der Vorstandsmitglieder ist demnach zwingend. Ein Vor-

standsmitglied kann sich der Gesamtverantwortung für jegliche Handlungen und Ent-

scheidungen des Vorstandes nicht durch Delegation entziehen. Die Eigenverantwort-

lichkeit des Vorstandsmitglieds lässt sich nicht vollständig durch vorstandsinterne Zu-

ständigkeitsregelungen (horizontale Delegation) oder Übertragung von Aufgaben an

Mitarbeiter oder Externe (vertikale Delegation) auslöschen4. Das Vorstandsmitglied be-

hält aufgrund seiner Aufsichtspflicht immer eine Restverantwortung gegenüber der Ge-

sellschaft und bleibt trotz Delegation weiterhin haftbar.

2 Hüffer, Kommentar zum AktG, 10. Auflage 2012, § 77 Rn. 15.

3 OLG Koblenz NZG 1988, 953; BFH ZIP 1984, 1345.

4 BGH NJW 2001, 969, 971; BGH NJW 1997, 130, 132.

- 3 -

3. VERANTWORTUNG DES EINZELNEN VORSTANDSMITGLIEDS

Die Verantwortlichkeit des einzelnen Vorstandsmitglieds ist demnach davon abhängig,

wessen Zuständigkeitsbereich die jeweilige Handlung oder Entscheidung angehört. Die

konkrete Pflichtenstellung des einzelnen Vorstandmitglieds richtet sich danach, ob die

Handlung

in die Zuständigkeit des eigenen Ressorts,

in die Zuständigkeit des Gesamtvorstands oder

in die Zuständigkeit des Ressorts eines anderen Vorstandsmitglieds fällt.

3.1 Für das eigene Ressort

Eine unmittelbare Verantwortung trifft jedes Vorstandsmitglied auch innerhalb seines

Ressorts. Mit der internen Geschäftsverteilung delegiert der Vorstand die Wahrneh-

mung der ressortspezifischen Aufgaben des Gesamtvorstands wie Finanzen, Personal

oder Recht an ein einzelnes Vorstandsmitglied. Das einzelne Vorstandsmitglied trägt

daraufhin für sein eigenes Ressort die volle Handlungsverantwortung. Diese Handlungs-

verantwortung teilt sich in Aufsichts-, Organisations- und Berichtspflichten auf.

3.1.1 Aufsichtspflichten

Das ressortverantwortliche Vorstandsmitglied nimmt die Aufgaben des eigenen Res-

sorts in der Regel nicht selbst wahr, sondern delegiert diese an nachgeordnete Mitar-

beiter. Die Handlungsverantwortung des ressortverantwortlichen Vorstandsmitglieds

besteht daher hauptsächlich aus der Aufsichtspflicht gegenüber den nachgeordneten

Mitarbeitern.

Die Aufsichtspflicht des ressortverantwortlichen Vorstandsmitglieds umfasst

die sorgfältige Auswahl des Mitarbeiters im Hinblick auf seine fachliche Qualifi-

kation und persönliche Verlässlichkeit,

die Einweisung des Mitarbeiters durch Einarbeitung und Fortbildung,

die Überwachung des Mitarbeiters durch regelmäßiges Einfordern von Bericht-

erstattung und besonderer Aufklärung bei Unregelmäßigkeiten.

3.1.2 Organisationspflichten

Daneben muss das ressortverantwortliche Vorstandsmitglied den organisatorischen Ab-

lauf des Betriebes sicherstellen, ausreichende personelle und sachliche Ressourcen zur

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Verfügung stellen sowie bei Unregelmäßigkeiten rechtzeitig eingreifen. Das ressortver-

antwortliche Vorstandsmitglied muss beispielsweise auch innerhalb seines Ressorts eine

genaue Zuständigkeitsverteilung vornehmen und bei Unregelmäßigkeiten konkrete An-

ordnungen im Einzelfall aussprechen.

3.1.3 Berichtspflichten

Gegenüber den anderen Vorstandsmitgliedern triff das ressortverantwortliche Vor-

standsmitglied zudem eine Berichts- und Informationspflicht hinsichtlich der wesentli-

chen Vorgänge in dem eigenen Ressort. Das Vorstandsmitglied erstattet diese Berichte

über sein Ressort regelmäßig im Rahmen der Vorstandssitzungen.

3.2 Für Entscheidungen und Handlungen des Gesamtvorstands

Der Aufteilung der Zuständigkeiten des Gesamtvorstands in verschiedene Ressorts sind

Grenzen gesetzt. Nicht alle Organisations- und Aufgabenbereiche des Vorstands dürfen

delegiert und einem bestimmten Ressort zugeordnet werden. Ein Kernbereich der Vor-

standstätigkeit müssen vom Gesamtvorstand wahrgenommen werden und sind nicht

delegierbar. Zu dem nicht delegierbaren Kernbereich der Vorstandstätigkeit gehören

insbesondere die Unternehmensleitung im Sinne des § 76 Absatz 1 AktG sowie die dem

Gesamtvorstand von Gesetzes wegen übertragenen zwingende Zuständigkeiten. Die

Aufgaben der Unternehmensleitung umfassen die Unternehmensplanung und -

kontrolle, die Festlegung der Unternehmensstrategie, wesentliche Organisationsent-

scheidungen wie Erwerb und Veräußerung von Unternehmensteilen oder größere Fi-

nanzierungsgeschäfte sowie die Auswahl und Überwachung der obersten, dem Vor-

stand unmittelbar nachgeordneten Personalebene. Die dem Gesamtvorstand von Ge-

setzes wegen obliegenden Aufgaben beinhalten beispielsweise die Berichterstattung an

den Aufsichtsrat gem. § 90 AktG, die Buchführung gem. § 91 Absatz 1 AktG oder die

Verlustanzeige und der Insolvenzantrag gem. § 92 AktG.

Für die Erfüllung der nicht delegierbaren Pflichten des Gesamtvorstandes sind alle Vor-

standsmitglieder gemeinsam verantwortlich. Jedes Vorstandsmitglied hat aufgrund sei-

ner unmittelbaren Handlungspflicht dafür Sorge zu tragen, dass die nicht delegierbaren

Vorstandspflichten ordnungsgemäß erfüllt werden.

3.3 Kontroll- und Überwachungspflichten

Für das Ressort anderer Vorstandsmitglieder trifft das einzelne Vorstandsmitglied keine

Handlungspflicht, sondern eine Kontroll- und Überwachungspflicht. Die ressortfremden

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Vorstandsmitglieder sind verpflichtet, den Gang der Geschäfte in den fremden Ressorts

zu beobachten5. Vorstandsmitglieder haften für Fehler in fremden Ressorts im Falle ei-

ner Verletzung ihrer Kontroll- und Überwachungspflichten. Vorstandsmitglieder haften

nicht für fremdes Verschulden des ressortverantwortlichen Vorstandsmitglieds6. Die

Kontroll- und Überwachungspflicht für fremde Ressortmitglieder beinhaltet in erster

Linie aus einer Informationspflicht, welche sich bei Unregelmäßigkeiten innerhalb des

fremden Ressort zu einer Überwachungs- bis hin zu einer Handlungspflicht in Krisenzei-

ten steigern kann:

3.3.1 Grundsatz: Informationspflicht

Die Kontroll- und Überwachungspflicht der ressortfremden Vorstandsmitglieder umfasst

grundsätzlich eine Informationspflicht. Spiegelbildlich zu der Berichtspflicht des ressort-

verantwortlichen Vorstandsmitglieds sind die ressortfremden Vorstandsmitglieder dazu

verpflichtet, sich über die Vorgänge in dem fremden Ressort zu informieren. Das ge-

naue Ausmaß der Informationspflicht ist von verschiedenen Faktoren wie Bedeutung

des Ressorts, Art, Größe und Organisation des Unternehmens sowie der Erfahrung des

ressortverantwortlichen Vorstandsmitglieds abhängig. Grundsätzlich dürfte es in der

Praxis ausreichen, dass die Vorstandsmitglieder in den Vorstandssitzungen über die we-

sentlichen Vorgänge in ihrem Ressort berichten, die ressortfremden Vorstandsmitglie-

der diese Informationen entgegennehmen und bei Unklarheiten Rückfragen stellen. Es

besteht keine generelle Misstrauenspflicht gegenüber den Vorstandskollegen7. Sind den

Berichten des ressortverantwortlichen Vorstandsmitglieds keine Unregelmäßigkeiten zu

entnehmen, dürfen die ressortfremden Vorstandsmitglieder auf einen ordnungsgemä-

ßen Lauf der Geschäfte vertrauen8.

3.3.2 Gesteigerte Überwachungspflichten bei Unregelmäßigkeiten

Die Pflichten der ressortfremden Vorstandsmitglieder erweitern sich jedoch, wenn An-

haltspunkte für Unregelmäßigkeiten in dem fremden Ressort vorliegen. Die ressort-

fremden Vorstandsmitglieder sind bei Hinweisen auf Fehlentwicklungen oder Unregel-

5 Hüffer, Kommentar zum AktG, 10. Auflage 2012, § 77 Rn. 15.

6 Schmidt-Husson, in: Hauschka, Corporate Compliance, 1. Auflage 2007, § 7 Rn. 9.

7 Hüffer, Kommentar zum AktG, 10. Auflage 2012, § 93 Rn. 13a.

8 BGH NJW 2000, 2364, 2366.

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mäßigkeiten verpflichtet, diesen Hinweisen nachzugehen und bei Bestätigung des Ver-

dachts einzuschreiten9. Liegen Anhaltspunkte dafür vor, dass ein Vorstandskollege sein

Ressort pflichtwidrig führt, sind die anderen Vorstandsmitglieder dazu angehalten, sich

durch Befragen der Mitarbeiter oder stichprobenartige Kontrollen Gewissheit zu ver-

schaffen und den etwaigen Missstand durch geeignete Maßnahmen zu beseitigen10.

3.3.3 Finanzielle Krisen

Insbesondere in finanziellen Krisenzeiten nimmt die Rechtsprechung eine gesteigerte

Überwachungspflicht durch intensivere Aufsichtsmaßnahmen gegenüber den Vor-

standskollegen an11. Ist die Erfüllung laufender Verbindlichkeiten nicht mehr gewähr-

leistet, sind Unregelmäßigkeiten bei der Zahlung von Sozialversicherungsabgaben und

Steuerschulden zu befürchten. Die von der Rechtsprechung geforderten intensiven Auf-

sichtsmaßnahmen in Krisenzeiten haben faktisch eine Aufhebung der Ressortgrenzen

zur Folge und es gilt faktisch der Grundsatz der Gesamtverantwortung. Die Kontroll-

und Überwachungspflichten der ressortfremden Vorstandskollegen kehren sich in fi-

nanziellen Krisenzeiten damit in volle Handlungsverantwortung um. Alle Vorstandsmit-

glieder und nicht nur der Finanzvorstand tragen damit die Verantwortung dafür, dass

die Verbindlichkeiten der Gesellschaft erfüllt werden. Eine Verletzung der allen Vor-

standsmitgliedern obliegenden Handlungspflichten kann nicht nur eine zivilrechtliche,

sondern auch eine strafrechtliche Haftung zur Folge haben.

Sichtbar wird die Gesamtverantwortung des Vorstands in Krisenzeiten in § 15a InsO.

Danach ist der Vorstand verpflichtet, bei Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung der

Gesellschaft unverzüglich, spätestens aber nach drei Wochen den Insolvenzantrag zu

stellen. Diese Verpflichtung trifft jedes einzelne Vorstandsmitglied. Aufgrund der Ge-

samtverantwortung bedeutet die Verpflichtung zur Stellung des Insolvenzantrags, dass

jedes Vorstandsmitglied sich in Krisenzeiten aktiv über die finanzielle Lage der Gesell-

schaft von sich aus informieren muss, um durch rechtzeitige Stellung des Insolvenzan-

trags eine persönliche zivil- und strafrechtliche Haftung zu vermeiden. Eine interne Res-

sortaufteilung ist hinfällig.

9 BGH NJW 1997, 130, 132; BGH NJW 1986, 54, 55; BGH NJW-RR 1986, 1293, 1294.

10 BGH NJW.1986, 1293, 1294.

11 BGH DStR 2001, 632, 633.

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Eine für das einzelne Vorstandsmitglied kaum zu überwindende Hürde ist es, die (finan-

zielle) Krise der Gesellschaft rechtzeitig und damit seine erweitere Pflichtenstellung zu

erkennen. Die Beurteilung der Haftung des Vorstandsmitglieds erfolgt aus einer ex-post-

Betrachtung. Durch eine nachträgliche Analyse sämtlicher Geschäftsunterlagen und Be-

fragung der verantwortlichen Führungspersonen erscheint die Krise des Unternehmens

aus einer ex-post-Betrachtung fast immer offensichtlich. Aus der für die Bewertung der

Pflichten maßgeblichen ex-ante-Sicht der Vorstandsmitglieder ist eine Krise jedoch

schwer vorhersehbar, zumal es sich bei dem Begriff der „Krise“ nicht um einen trenn-

scharfen Begriff handelt.

4. FAZIT

Aus dem Grundsatz der Gesamtverantwortung folgt eine umfassende Haftung der ein-

zelnen Vorstandsmitglieder. Auch durch Delegation einzelner Pflichten und Aufteilung

der Zuständigkeiten in Ressorts kann keine vollständige Haftungsentlastung erzielt wer-

den. Eine Haftung für eigenes Verschulden wegen Verletzung der Kontroll- und Über-

wachungspflichten fremder Ressorts bleibt trotz Delegation der Handlungspflichten be-

stehen.

Eine wie in Ziffer 4.2.1 des Corporate Governance Index empfohlene schriftliche und

klare Aufteilung der Zuständigkeiten ist auch unter Haftungsgesichtspunkten unum-

gänglich. Jedem einzelnen Vorstandsmitglied muss klar ersichtlich sein, welche Zustän-

digkeiten der Gesamtvorstand und welche Zuständigkeiten einzelne Vorstandsmitglie-

der innehaben. Nur so kann jedes Vorstandsmitglied seine Pflichten einschätzen und

seine Haftungsrisiken minimieren.

Daneben ist jedes Vorstandsmitglied gehalten, sich über die Geschäfte in fremden Res-

sorts zu informieren und Anhaltspunkten für Unregelmäßigkeiten rechtzeitig und gründ-

lich nachzugehen. Nur wer auch im Hinblick auf fremde Ressorts achtsam bleibt, kann

seinen Kontroll- und Überwachungspflichten genügen und eine Haftung vermeiden.

Besondere Achtsamkeit ist in Krisenzeiten des Unternehmens von jedem Vorstandsmit-

glied gefordert. In Krisenzeiten ist die interne Geschäftsaufteilung in Ressorts nach der

Rechtsprechung faktisch hinfällig. Jedes Vorstandsmitglied trägt (wieder) die volle Hand-

lungsverantwortung und kann sich nicht auf seine Unzuständigkeit berufen. Dement-

sprechend sollte jedes Vorstandsmitglied in Krisenzeiten die Erfüllung der bestehenden

Verbindlichkeiten wie Sozialabgaben oder Steuerschulden durch die Gesellschaft selb-

ständig sorgfältig prüfen.

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Vorgenannte Haftungsrisiken können die Unternehmen für ihre Vorstandsmitglieder

durch eine D&O-Versicherung größtenteils abwenden. Der Abschluss einer privaten

D&O-Versicherung ermöglicht den Vorstandsmitgliedern darüber hinaus, das Selbstbe-

haltsrisiko nach § 93 Absatz 3 Satz 2 AktG zu minimieren.

Friederike Spaniol Rechtsanwältin Wilhelm Rechtsanwälte Partnerschaft von Rechtsanwälten mbB Reichsstraße 43 40217 Düsseldorf Telefon: + 49 (0)211 687746 - 19 Telefax: + 49 (0)211 687746 - 20 www.wilhelm-rae.de [email protected]