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Zeitschriit fiir Zellforschnng, Bd. 41, S. 509--520 (1955). Aus der Neurochirurgischen Klinik der Universit~t Freiburg i. Br. (Direktor: Prof. Dr. T. RIECHERT). DER KOHLENHYDRATGEHALT DER GLIA VON HIRUDO BEI VERSCHIEDENEN FUNKTIONSZUST:4NDEN. Von REINHARD FRIEDE. Mit 3 Textabbildungen. (Eingegangen am 6. Dezember 1956.) Das I~ervensystem der Wirbellosen bietet dem Studium histo- chemisch erfai~barer Kohlenhydrate unter normalen Umstiinden und bei Belastung zwei Vorteile gegenfiber hSher entwickelten Nerven- systemen. Erstens lassen sich hier schon normalerweise reichlieh Gly- kogen und hShere Kohlenhydrate nachweisen, so dab Verschiebungen leichter erkannt werden k5nnen. Im S~iugerhirn hingegen ist es erst SHIMIZUund KUMAMOTO(1952) gelungen, mit der yon ihnen entwickelten Bleitetraacetatmethode regelm~l~ig Glykogen im Hirn histoehemisch zu erfassen und auch Verschiebungen unter verschiedenen Bedingungen darzustellen (s. unten). Mit den bisherigen Methoden waren Versehie- bungen nur bei exzessiven pathologischen Vermehrungen histologisch zug~nglich. Zweitens sind im Nervensystem der WirbeUosen durch den ein- faeheren Bauder Elemente die LokalisationsmSglichkeiten klarer. Die glatte, dendritenffeie Oberfl~iche der Ganglienzellen l~l~t eine leichtere Unterscheidung periganglion~rer Strukturen zu. Die Glia wieder wird durch einzelne Riesengliazellen gestellt, die in ihrer Ausdehnung leiehter iibersehbar und aueh yon den nervSsen Bestandteilen besser zu trennen sind, als bei der immer noch umstrittenen Grenzziehung in der Grund- substanz des hSher entwickelten Nervensystems mSglich ist. Diese Vor- teile erweisen sich auch im Hinblick auf die Lokalisation pathologischer und normaler Kohlenhydrat (KH)- bzw. Glykogenvorkommen im hSher entwickelten tIirn als wertvo]l. Fiir die Untersuchungen wurden Hirudines medicinales gew~hlt. Zur Orientierung sei hier kurz der Bau des I~ervensystems yon Hirudo skizziert. Im einzelnen wird besonders auf die Arbeiten von ITO (1936) sowie Yon HELD (1903), JAKUBSKI (1908), SANCHEZ(1928), DROOGLEVER FORTUYN (1920)U. a. m. verwiesen; eine ~bersicht fiber das Thema finder sich in der umfassenden Arbeit yon SCHARF (1954). Jedes Ganglion yon Hirudo besteht aus zwei durch bindegewebige Kapseln getrennten Anteflen: Innen die Zentralfasermasse (Neuropil), die die zentral- Z. Zenforsch. Bd. 41. 35

Der Kohlenhydratgehalt der Glia von Hirudo bei verschiedenen Funktionszuständen

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Page 1: Der Kohlenhydratgehalt der Glia von Hirudo bei verschiedenen Funktionszuständen

Zeitschriit fiir Zellforschnng, Bd. 41, S. 509--520 (1955).

Aus der Neurochirurgischen Klinik der Universit~t Freiburg i. Br. (Direktor: Prof. Dr. T. RIECHERT).

DER K O H L E N H Y D R A T G E H A L T DER GLIA VON H I R U D O BEI V E R S C H I E D E N E N FUNKTIONSZUST:4NDEN.

Von REINHARD FRIEDE.

Mit 3 Textabbildungen.

(Eingegangen am 6. Dezember 1956.)

Das I~ervensystem der Wirbellosen bietet dem Studium histo- chemisch erfai~barer Kohlenhydrate unter normalen Umstiinden und bei Belastung zwei Vorteile gegenfiber hSher entwickelten Nerven- systemen. Erstens lassen sich hier schon normalerweise reichlieh Gly- kogen und hShere Kohlenhydrate nachweisen, so dab Verschiebungen leichter erkannt werden k5nnen. Im S~iugerhirn hingegen ist es erst SHIMIZU und KUMAMOTO (1952) gelungen, mit der yon ihnen entwickelten Bleitetraacetatmethode regelm~l~ig Glykogen im Hirn histoehemisch zu erfassen und auch Verschiebungen unter verschiedenen Bedingungen darzustellen (s. unten). Mit den bisherigen Methoden waren Versehie- bungen nur bei exzessiven pathologischen Vermehrungen histologisch zug~nglich.

Zweitens sind im Nervensystem der WirbeUosen durch den ein- faeheren B a u d e r Elemente die LokalisationsmSglichkeiten klarer. Die glatte, dendritenffeie Oberfl~iche der Ganglienzellen l~l~t eine leichtere Unterscheidung periganglion~rer Strukturen zu. Die Glia wieder wird durch einzelne Riesengliazellen gestellt, die in ihrer Ausdehnung leiehter iibersehbar und aueh yon den nervSsen Bestandteilen besser zu trennen sind, als bei der immer noch umstrittenen Grenzziehung in der Grund- substanz des hSher entwickelten Nervensystems mSglich ist. Diese Vor- teile erweisen sich auch im Hinblick auf die Lokalisation pathologischer und normaler Kohlenhydrat (KH)- bzw. Glykogenvorkommen im hSher entwickelten tI irn als wertvo]l.

Fiir die Untersuchungen wurden Hirudines medicinales gew~hlt. Zur Orientierung sei hier kurz der Bau des I~ervensystems yon Hirudo skizziert. Im einzelnen wird besonders auf die Arbeiten von ITO (1936) sowie Yon HELD (1903), JAKUBSKI (1908), SANCHEZ (1928), DROOGLEVER FORTUYN (1920)U. a. m. verwiesen; eine ~bersicht fiber das Thema finder sich in der umfassenden Arbeit yon SCHARF (1954).

Jedes Ganglion yon Hirudo besteht aus zwei durch bindegewebige Kapseln getrennten Anteflen: Innen die Zentralfasermasse (Neuropil), die die zentral-

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gerichteten Forts~tze der Ganglienzellen aufnimmt. Au~en, durch eine binde- gewebige Kapsel vom Neuropil getrennt, liegen die birnenfSrmigen, ~tuBerlich dendritenfreien GanglienzellkSrper. Diese periphere Ganglienzellschicht wird yon der /~uBeren Kapsel (Neurilemm) umkleidet. Von dieser streben Membranae propriae nach innen und teilen die Ganglienzellschicht in 6 Zellpakete. Vom Ganglion gehen je zwei Seitennerven nach lateral und je drei Konnektive nach kranio-kaudal ab. Von diesen liegen zwei m/~chtige nebeneinander, dorsal, ein kleines (,,FAIVREscher Nerv") ventral, zwischen den beiden m~chtigeren.

DiG Glia wird durch vier verschiedene Zellarten repr/isentiert, n/imlich :

1. Mediane Sternzellen: Je 2 Riesengliazellen in der Zentralfaser- masse, der inneren Kapsel anliegend. Ihre Forts/~tze und Fibrillen ver- zweigen sich im Neuropil und durchdringen auch die innere Kapsel zur Ganglienzellschicht.

2. Paketsternzellen: 6 kleinere, abet reich verzweigte, plasmareiche Gliazellen, je eine in einem Ganglienzellpaket. Ihre Forts~tze um- spinnen die Ganglienzellen und erffillen die Zwischenr~ume zwischen diesen. Der Golgiapparat und die Mitochondrien sind weit in die Fort- s/itze verbreitet und liegen so auch den Ganglienzellen an.

3. Bipolare Zellen: Je eine, zwischen den Wurzelteilen der Seiten- nerven, in der /iu~eren Kapsel gelegene mittelgro~e Gliazelle, yon der Ganglienzellschicht durch das Bindegewebe der Kapsel getrennt.

4. Konnektivzellen: Je eine Riesengliazelle zentral in einem der zwei groBen Konnektive - - das kleinere dritte enth~lt keine Glia - - , deren Forts~,tze einerseits die Peripherie der Konnektive erreichen, es anderer- seits in seiner L~nge durchdringen.

(Jber das Verhalten der histochemisch nachweisbaren Kohlenhydrate bzw. speziell des Glylcogens im Nervensystem der Wirbellosen liegen nur wenige Untersuchungen vor.

ERHARD (1911) beschreibt Glykogen in der Glia und der umgebenden Bindegewebsmasse der Weinbergschnecke. Der Glykogengehalt nimmt gegen das Ende des Winterschlafes ab, wonach der Glia die Rolle eines Reservestoffiibertr/~gers zukomme.

HAVET (1937) stellt Glykogen in der Glia yon Lumbriculus und Helix fest und schliefJt auf eine Bedeutung der Glia ffir den Kohlenhydrat- stoffwechsel.

B. SCHARRER (1939) findet bei Periplaneta americana Glykogen- granula entlang der Gliaforts~tze; der grSBte Teil des Gesamtglykogen- gehaltes finder sich in der Glia. Eine nutritive Funktion derselben h~lt SCUARRER irides nicht ffir bewiesen, da sich im Glykogengehalt der Ganglien keine Verschiebungen bei Hunger und Operationen zeigten.

Bereits aus dieser Zusammenstellung ist zu ersehen, dab sich den Untersuchern das Problem der Bedeutung der Glia fiir den Kohlen-

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hydratstoffwechsel aufgedr~ngt hat, w~hrend es im ZNS h6herer Tiere, wie wir kfirzlich zeigen konnten , nu r mi t te lbar angegangen werden kann .

Material und Methodik.

])er Untersuchung liegen 25 in Stufenserien geschnittene ausgewachsene Hiru- dines zugrunde; aul3erdem eine ]iickenlose Serie, deren Schnitte nach PAsrsI, McMA~S-HOTCHKmS, ARZAC und FLORES, mit Thionin und Kresylviolett gef~rbt waren. Zur ])arstellung der Kohlenhydrate wurden allgemein die Methoden nach BAUER-FEULGEN, ARZAC und FLORES und McMANuS-HOTCHKISS gebraucht, zu Kontrollen hoehgereinigte ])iastase (Merck).

S~mtliche Tiere wurden lebend in CARNOYS Gemiseh fixiert. Im Augenblick des Einweffens kontrahiert sich das Tier und wird in diesem Zustand durch Scheren- schl~ge, je naeh seiner Gr6Be, in etwa 4 Teile zerlegt, um ein besseres Eindringen der Fixierungsfliissigkeit zu erm6glichen. Bei diesem Vorgehen finder sich die bei Glykogenf~rbungen gewShnliehe Erscheinung der ,,Flueht vor dem Alkohol" im Nervensystem nie, mit Ausnahme geringer Abschnitte an den frefliegenden Schnitt- fl~chen. Offenbar gew~hrt die Chitinhfille und die relativ zentrale Lage des Nerven- systems eine gleichm~13ige ])urehfixierung. ])as Fehlen der ,,Flucht vor dem Alkohol" ist bei der Lokalisation in den subtilen Strukturen yon grol3em Wert. ]}as Tier der lfickenlosen Serie wurde in toto fixiert.

Verschiebungen im KH-Gehalt wurden unter versehiedenen Bedingungen untersucht. Eine Gruppe yon 9 Tieren wurde hochgradig ersch6pft, indem sie gezwnngen wurden, 1/2--1 Std in Wasser yon 36--380 C zu sehwimmen.

Die Tiere werden hierbei sehr erregt, sehwimmen mit schnellen Bewegungen umher und versuchen, das Wasser zu verlassen. Hieran und am Festsitzen werden sie durch AbstoBen gehindert, so dal~ sie st~ndig in Bewegung bleiben. ])ie Tem- peratur wird im Wasserbad laufend kontrolliert, da die Tiere bei einem Ansteigen anf 400 C unter langsamen Krfimmungen zugrunde gehen. Zur Untersuchung kamen nur lebend fixierte Tiere. In ~hnlicher Weise hat CAJAL bei Blutegeln Fibrillenver~nderungen (Zarterwerden der Neurofibrillen) erzeugt.

Eine zweite Gruppe yon Tieren wurde zur Kontrolle unbehandelt fixiert. ])a die Tiere jedoch, wie sich zeigte, in versehiedenem Ern~hrungszustand waren, erwies sich die Gruppe als nicht ganz homogen. Eine weitere Gruppe yon 7 Tieren wurde mit mensehlichem Blur (aus Kalbsd~rmen) geffittert. ])iese Tiere wurden 30 Std nach dem Trinken fixiert, um der Verdauung geniigend Zeit zu lassen. Zwei Tiere waren nicht zum Trinken zu bewegen und fallen so an die Kontrollgruppe.

Be]unde.

I m folgenden soll zuerst fiber die normale Topographie der K H ber ichte t werden, wobei wir diese mi t der Topographie pathologischer Glykogenvorkommen im S~ugerhirn vergleichen werden. D a r a n an- schtieItend soll fiber die Verschiebungen bei ersch6pften u n d gefi i t ter ten Tieren ber ichte t werden.

Konnektiv: K H ]assen sich nu r in den zwei m~chtigeren, Gliazellen en tha l t enden K o n n e k t i v e n nachweisen; das drit te, kleinere, das keine Glia enth~lt , ist auch Ktt - f re i . I n Querschni t ten durch die groBen K o n n e k t i v e finder m a n die K H in Fo rm feiner oder gr6berer Granu la zentral angeordnet , die mehr oder weniger deutl ich eine Sternf igur

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formieren, indem zarte Straiten yon Granula gegen die Peripherie vor- streben. N~hert man sich in einer Folge von Sehnitten dem zentralen ZellkSrper, so nimmt die Sternfigur an Deutlichkeit und aueh die Aus- bildung der Forts~tze zu. Wird aber der ZellkSrper selbst erreieht, ver- liert sich der KH-Gehalt zun~chst zentral unter Bildung eines feinen Randsaumes (Abb. 1), sparer vSllig. Die zentralen, den Kern enthalten-

Abb. 1 a u. b. I (onnekt iw' iesengl iazel len. a i m Querschni t t , b im Lhngsschni t t . Die K H lasscn den per inuklehrcn Cytoplasma]c ib frei und f iudcn sich nu r in den per ipheren Forts~itzen

bzw. Cytoplasmaante i len . (F~ rbung nach ARZAC un(]- FLORES.)

den Schnitte sind praktisch immer KH-frei. Besser sind die Verhiiltnisse an L~tngsschnitten zu iiberblicken. Hier sieht man in einem Schnitt, dal] der Zelleib in Kernn~,he KH-frei ist, w~hrend sich seine weithin aus- strahlenden peripheren Forts~tze dicht mit Granula beladen linden. Die dazwischenliegende Nervenfasermasse bleibt KH-frei. Ein solches Bild zeigt, dab der Schwerpunkt der Speicherung absolut auf den peripheren Forts~tzen liegt.

Diese Erscheinung bezieht sich nicht nur auf die KH-Speicherung. Bei Farbung nach PASINI linden sich in derselben Anordnung wesentlich dichter gelagerte, leuchtend rote Granula, wahrscheinlich yon Eiwei~-

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charakter. ~hnlich beschrieb auch SC~ARR~R Glykogen und Protein. granula in gleicher Anordnung in der Glia yon Insekten entlang den Forts~tzen. Bei der Darstellung der Acetalphosphatide, die nach SCHAR~ geradezu eine selektive Methode zur FRrbung der Glia bei Hirudo ist, f~llt die Plasmalreaktion sowohl in den Fasern als auch im Parikaryon positiv aus.

Prinzipiell dasselbe Verhalten, wenn auch mit gewissen Unterschie- den, zeigt sich bei den anderen drei Gliaarten yon Hirudo: in der Regel ist der Zellk6rper bei den Spezialfi~rbungen ohne Gegenf~rbung nur mit Miihe zu finden, da er praktisch immer KH-frei bleibt. Im KSrper der bipolaren Zellen lassen sich keine K H nachweisen; die Beurteilung der Forts~tze bzw. auch der Randzonen ist wegen der engen Verbindung zum bindegewebigen Neurilemm schwer mSglich. Bei den Paketstern- zellen fallen die durch ihren intensiven KH-Gehalt dargestellten Fort- s~itze ins Auge, w~hrend der KH-arme oder -freie ZellkSrper oft kaum zu entdecken ist. Der Gehalt der medianen Sternzellen an K H ist hin- gegen an sich gering, doch bleibt der Zellk6rper selbst absolut frei.

])iese Beobachtungen, die dank der Besonderheiten der l~iesengliazellen in dieser Klarheit mSglieh sind, bringen eine Itilfe zum Verstandnis normaler und pathologiseher KH-Vorkommen im S~ugerhirn. Beim Menschen wurde Glykogen bei den verschiedensten Grunderkrankungen als frei im Gewebe liegend besehrieben [DEvAVx (1907), BEST (1907), ALZH~.I~ER (1910), CASAMAJOR (1913), WESTPHAL und SIOLI (1921), I~IMMELSTIEL (1933)]. Erst Mii~zER (1928) gibt an, dal3 sieh dieses scheinbar ffei im Gewebe liegende Glykogen oft durch seine reihenf5rmige Anordnung als zu einem Plasmafortsatz geh5rig erweise. Um experimentelle Hirn- verletzungen fanden ~_r in Friihstadien Glykogen frei im Gewebe, in Sp~tstadien mehr gegen die Zellk6rper der proliferierenden Gliazellen hin konzentriert [FRIEDE (1954)]. Aueh im normalen Saugerhirn findet sich Glykogen in Gliazellen und ihren Forts~tzen und unregelm~13ig im Neuropil verteilt [SHI~IZU (1952), KVMA- MOTO und Mitarbeiter (1952)].

Die Beobachtung bei Hirudo, dal3 die KH-Speicherung ihren Sehwerpunkt in den Fortsatzen aufweist, kommentiert die Auffassung, dab das anseheinend frei im Gewebe liegende Glykogen dem peripheren Gliaretikulum angehSrt, wie wir das schon friiher aus pathologischen Befunden schliel3en konnten. Im hSher- entwiekelten Cortex muB es bei dieser Lagerung aIs frei im Gewebe liegend erseheinen.

Ganglion. Im Ganglion hebt sich die ~uBere Ganglienzellschieht durch ihren hohen KH-Gehalt deutlich vom Neuropil ab. Bei n~herer Betrachtung zeigt sich jedoch, da~ die Ganglienzellen selbst praktisch immer KH-frei bleiben, w~hrend die sie umgebende gli6se Hiille und die gli5sen Fasermassen zwischen den Zellen intensiv gef~rbt sind. Wie schon erw~hnt, lassen sich im Gegensatz zu den deutlich angef~rbten Forts~tzen die K6rper der Paketsternzellen nur sehr schwer ausmachen, da sie KH-arm sind. Im McMA~vs-Pr~parat erscheint der KH-Gehalt gegen die ~uBere bindegewebige Hiille hin zu einer st~rkeren Granu- lierung verdichtet.

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Bei einer za r te ren Anf~rbung der gli6sen Kapseln , wie man sie bei F~ rbung nach BAVER-F]~uLGEN sieht, kann der E ind ruck ents tehen, als handle es sich u m diffus K H - h a l t i g e Ganglienzellen. Die zar te An- f~rbung der t ieferen Schichten, die sich schwerer abgrenzen l~Bt, schim- mer t in d iesem Fa l le durch den Zel lkSrper hindurch. Bei genauerem Stud ium, noch deut l icher aber bei den in tens iveren Fi~rbungen nach McMA~us und besonders ARZAC und FLORES f inden sich die Ganglien- zellen p rak t i s ch immer KH-f re i . Die K H - U m k l e i d u n g ist im al lgemeinen fiber alle Abschn i t t e der Zelloberfl~che gleichfSrmig. Sel ten waren die K H u m den Spi tzenfor t sa tz s t a rke r angereicher t . I n derselben peri- zelluli~ren Anordnung f inden sich nach SCHAR]~ auch die Aceta lphos- pha t ide .

Das Neuropil selbst is t sehr K H - a r m ; bei F~rbung nach McMA~us und BAUER-FEuLGEN lassen sich k a u m K H erkennen. Bei F~rbung nach ARZAC und FLORES zeigt sich eine zar te Granul ierung, die an der Grenze des Neuropi l s in einer unregelm~Big geformten, aber scharfen Randzone abschneidet . H ie r geht dieses in die Konnek t ivs t r~nge fiber und wird oft durch eine bindegewebige Durchf lech tung ge t rennt . Gegenfiber dieser fe ins ten Granul ie rung l~Bt der Zelleib der medianen Sternzel len nie K H erkennen.

Eine Dars te l lung der Trophospongien, die m a n nach dem in tens iven Gehal t der gliSsen Hfil len h~t te e rwar ten kSnnen, war k a u m zu be- obach ten ; v ie lmehr k a m e n die Trophospongien bei den Spezialf~rbungen fas t nie zur Dars te l lung. N u r in Einzelf~llen konn te ein zartes, K H - hal t iges Re t iku lum, yon den per ipheren S t ruk tu r e n ins Ganglienzell- p l a s m a vordr ingend, beobach te t werden. Eine Bevorzugung erschSpfter Tiere (s. unten) l and sich nieht .

Die Beobachtungen fiber das Verhalten der KH zu den Ganglienzellen k6nnen auch fiir die/)eutung der Befunde am S~tuger wertvoll sein. Wegen der reichlich abzweigenden Dendriten ist bier die Oberfl~che der Ganglienzelle nicht in gleicher Weise iibersehbar. Dadurch werden aber sehr oft KH-haltige Ganglienzellen vor- get~uscht, wo sich bei genauer Untersuchung mit verschiedenen Methoden KH- umkleidete Ganglienzel]en linden. Je sch~trfer eine Methode das Substrat anf~rbt, um so leichter ist die Lokalisation. So linden SHIMIZC, KUMAMOTO und Mitarbeiter bei wohl entwickeltem Neuropil das Glykogen perizellul~r um die Ganglienzellen angeordnet, hingegen in Regionen mit dichtgelagerten Zellen und wenig ent- wickeltem Neuropil Glykogen innerhalb der Ganglienzellen. Die bisher kaum bekannte perizellul/ire Anordnung haben wir gleichzeitig und unabh~ngig yon diesen Untersuchungen bei nach AlCZAc-FLORES gef~rbten Pr~paraten beschrieben [~RIEDE (1953)]. Laufende Untersuchungen an pathologischem Material haben bisher ergeben, dal~ dieser Befund auch beim Menschen sehr h~ufig ist. Auf- fallend ist, dal] wir bei Hirudo bisher nur die perizellul/~re KH-Anreicherung gesehen haben, nie die intrazellul~re.

Bindegewebe. I n der das Gangl ion umgebenden Bindegewebshii l le und den angrenzenden Pa r t i en f inden sich ebenfalls reichlich K H , wobei die In tens i t / i t der Speicherung gegen die Umgebung hin al lm~hlieh

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abnimmt. Die K H zeigen sich hier sowohl extra- als auch intracelluliir. In dem oft bestehenden Schrumpfraum zwischen Neurilemm und

Abb. 2 a u. b. Anre i che rung yon K H in den per igangl ion~ren gliSsen Htillen und im Gliaret i- k u l u m , a Ft~rbung n a c h McMANus-ttOTCHKmS, b naeh ARZAe u n d FLORES, Die Gangl ien-

zellen selbst bleiben KH- f r e i . (VergrSl~erung 420fach.)

Ganglienzellpaketen linden sich keine ffeien KH, wohl aber, wie er- w~hnt, sehr reichlich in den periphersten Teilen des Gliaretikulums.

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Ganz iihnliche KH- bzw. Glykogenanreicherungen kann man in den Meningen des embryonalen Riickenmarkes yon Wirbeltieren sehen. Itier kann die Anreiche- rung besonders dort deutlich sein, wo die glykogenhaltigen Ependymforts~tze des dorsalen Ependymkeiles (RETZIUS) an die Meningen bzw. die Membrana meningea grenzen. StIIMIZU und KUMAMOTO finden bei normalen S~ugern (aufler bei Meer- schweinchen) Glykogen in den ~ul3eren mesothelialen Zellen der Arachnoidea, doch erinnert diese Lokalisation nicht so unmittelbar an die VerhMtnisse bei Hirudo wie die Anordnung des Glykogens um das embryonale Riickenmark.

Die hier zum Ausdruck kommende ,,Induktion" des benachbarten Binde- gewebes ist interessant, well sie einen Einflul3 des Nervengewebes (oder der an- grenzenden Glia ?) auf das benachbarte Bindegewebe zeigt. Vielleicht findet sich so auch eine funktionelle Deutung ffir das Vorkommen yon Glykogen in Gef/~13- endothelien und auch das perivaskul~re Auftreten, wie es unter normalen und pathologischen Bedingungen zu finden ist.

Die beschr iebenen Befunde geben die normale Anordnung der histo- chemisch erfaBbaren K H im Nervensys t em yon Hirudo an. Sie zeigen, dab sich t ro tz des vSllig anderen Bauplanes der Nervensys teme in der Aff ini t~t der K H zu gewissen Gewebs- bzw. Zel lantei len wei tgehende Analogien l inden.

Ersch6p/ungsversuche (s. S. 511). Eine Ubers ich t fiber die Versuchs- ergebnisse zeigt eine deut l iche Verschiebung des K H - G e h a l t e s in den Konnekt ivgl iaze l len , dagegen keine wesentl iche im Bereich der Ganglien. U m das Mater ia l q u a n t i t a t i v erfassen zu kSnnen, wurde der K H - G e h a l t der Konnek t ivze l l en un te r t e i l t in: kein Gehalt , mdifliger Gehal t (ver- s t reu te Granu la in der Zelle) und reichlicher Gehalt , wenn die Fortsi~tze reichlich K H en tha l t en und die Sternf igur zeigen. Ffir die Versi lberung nach ARZAC und FLORES erwies sich die Aufste l lung einer d r i t t en Gruppe als no twendig : Spuren; hierbei lieBen sich nur feinste K6rnchen bei st/~rkerer VergrSl~erung erkennen. Granu la yon dieser Fe inhe i t lieBen sich bei Fi~rbung nach BAUER-FEuLGEN nicht erkennen. Nach dieser Klass i f ika t ion wurde das Un te r suchungsmate r i a l aufgeschlfisselt . Gleich- zeit ig wurde auf den K H - G e h a l t der Musku la tu r geachte t .

Die Durchschn i t t swer te ffir die drei beschr iebenen Gruppen sind in der Abb. 3 zusammenges te l l t . Zur Auswer tung kamen die Fi~rbungen nach BAUER-FEULGEN und A~zAc und FLORES. Bei le tz te re r F a r b u n g wird in der Gruppe , ,Spuren" ein Ante i l erfai~t, der weit fiber das nach BAUER-FEULGEN Dars te l lba re hinausgeht . I n der Tabel le ist d a r u m die Gruppe , ,Spuren" den nega t iven Befunden beigeffigt, womit eine weit- gehende Ubere ins t immung der Ergebnisse mi t den beiden Methoden er re icht wird.

Die Gruppe der erschSpften Tiere zeigt in weniger als 10% K H - Gehal t in der Konnek t ivg l ia , wobei die einzelnen Tiere verh~ltnism~I3ig gleichfSrmige Befunde bieten. Die Musku la tu r en th~l t in der Regel nur sp~rl ich und ve r s t r eu t Glykogen.

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Bei den ,,normalen" Kontrolltieren finder sich im Durchschnitt (ohne Einbeziehung der ,,Spuren") bereits in etwa 50% KH-Gehalt. Das Material erwies sich jedoch als inhomogen; so zeigten zwei Tiere (Tier 3 und 16) keinen Ktt-Gehalt in der Glia und die Muskulatur lieB gleichfalls KH vermissen. Es diirfte sich um hochgradig aus- gehungerte Tiere gehandelt haben. Der Darm war bei allen Normal- tieren leer.

Bei den gefiitterten Tieren schlieBlich liegt bei fiber 70 % Ktt-Gehalt vor; auch der KH-Gehalt der Muskulatur ist extrem hoch. Die zwei

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A b b . 3. V e r s c h i e b u n g e n des K t t - G e h a l t e s i n d e n K o n n e k t i v g l i a z e l l e n be i e r s c h 6 p f t e n , n o r m a l e n l m 4 g e f i i t t e r t e n T i e r en . r Re ic l f l i cher , m m~l~iger , k k e i n K t t - G e h a l t . A u f d e r O r d i n a t e s i n d d ie P r o z e n t s ~ t z e a n g e g e b e n . D ie weii~en A n g a b e n b e z i e h e n s i ch a u f F ~ r b u n g n a e h BAUER-FEULGEN, die s c h w a r z e n a u f so lehe n a e h ARZAC u n d FLORES; h i e r b e i umf a l~ t

d e r s e h r a f f i e r t e A n t e i l d ie G r u p p e , , S p u r e n " . E r k l t t r u n g i m T e x t .

Tiere, die nicht getrunken hatten, fielen nach ihrem Gehalt unter die Normaltiere.

W~hrend sich somit in den Konnekt ivze l len ganz eindeutige Verschie- bungen ergeben, findet sieh innerhalb der Ganglien ein relativ konstanter KH-Gehalt. Sowohl bei den ersch6pften als auch bei den geffitterten Tieren linden sich die K H in der oben beschriebenen Anordnung. Ihre Menge mag bei den gefiitterten Tieren etwas grSl~er sein, jedoch lassen sich keine signifikanten Untersehiede objektiv effassen.

Sm~mu und Mitarbeiter (1952) haben mit Hilfe der neuen Bleitetraacetat- methode bereits die Verschiebungen des normalen Glykogengehaltes unter experi- mentellen Bedingungen mehrfach untersucht, so dab uns auch in dieser Hinsicht VergleichsmSglichkeiten zum S~uger vorliegen. Interessanterweise wird hier be- obachtet, dab im Hungerzustand (KvMAMOTO 1953) und w~hrend der Insulin- hypoglyk~mie (SnzMmv und I•ouE 1952) das G]ykogen im Neuropil schwinde% w~hrend es in den Ganglienzellen gleichbleibt oder sogar leicht zunimmt. Belm ttistaminschock hingegen schwlndet es sowohl im Neuropil als auch in den Ganglien- zellen (SHIMIZV und HANDA 1952).

Diese interessanten Befunde zeigen eine auffallende Parallele zu unseren Feststellungen (s. oben).

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Natur der dargestellten Sto//e. Nach dem Ausfal l der Dias taseproben hande l t es sich bei den im Vorangehenden un te r such ten Stoffen nur zum Tell um Glykogen. Ein anderer Teil der Subs tanzen schwindet bei Dias t a sebehand lung nicht. Hie r dfirfte es sich nach dem Ver- ha l t en der Stoffe um Muco- oder Glykopro te ide hande ln (Niiheres zur Unte r sche idung s. bei GEDIGK 1953). Al lgemein ist festzustel len, dab die F ~ r b b a r k e i t mi t den einzelnen Methoden n icht un te r allen Um- s t i inden para l le lgehen muB. So f~rben sich die K H der Ganglien nach McMA~us am besten, fast ebensogut mi t ARZAC und FLORES, nur za r t nach BAUER-FEvLGE~. Hingegen sind die in den Konnek t ivze l l en bef indl ichen K H mi t der Methode yon ARZAC und FLORES am sch~rfsten zu erfassen und auch sehr deu t l ich nach BAUER-FEULGEN dars te l lbar .

Offenbar hande l t es sich bei den beschr iebenen Verschiebungen um para l le l laufende ~ n d e r u n g e n im Gehal t mehrerer hSherer K H . Diesen Verschiebungen scheinen aber noch viel a l lgemeinere des Stoffwechsels zugrunde zu liegen, da sich nach or ient ierenden Unte r suchungen auch ~hnliche Verschiebungen bei den oben beschriebenen, nach PASINI dar- s te l lbaren Granu la - - wahrscheinl ich yon EiweiBcharakter - - zu f inden scheinen.

Diskussion.

Ffir die Konnek t ivg l iaze l l en erg ib t sich somit eine eindeut ige Be- te i l igung am KH-Stof fwechse l . Diese Fes t s te l lung b ie te t - - soweit wir die L i t e r a tu r f iberbl icken - - eine ers tmal ige exper imente l le Fund ie rung der Bedeu tung der Glia fiir den KH-Stoffwechse l . Da wei terhin die K o n n e k t i v e die Gangl ien mi t e inander verbinden, ist p rak t i sch aus- geschlossen, dab der Er regungsgrad yon K o n n e k t i v und Gangl ion ver- schieden sein sollte. W e n n nun der K H - B e s t a n d der Glia des Ganglions p rak t i sch gleichbleibt , obwohl die Musku la tu r an Glykogen v e r a r m t und der K H - G e h a l t der Konnek t ivze l l en ve rb rauch t wird, so zeigt dies offenbar, dab sich hier eine h6chst ak t ive Gegenregula t ion abspiel t . Denn es ist unwahrscheinl ich, dab die den Gangl ien angelager ten, KH- re i chs t en Gliafasern bzw. Gl iakapseln am al lgemeinen Stoffwechsel vSllig unbe- te i l ig t sind. Es deu te t sich also in den Befunden ein funkt ionel ler Unter - schied zwischen der Glia der S t range und der der Ganglien an. Die Bere i t s te l lung der K H ffir den Bedar f der Ganglienzel len scheint un t e r a l len Umst~nden gew~hrleis tet zu werden. ~hn l i ch dar f m a n wohl auch die oben beschriebene periganglion~re Glykogenanre icherung be im Siiuger auffassen.

I)a diese periganglion~r angereicherten KI"I offenbar zum Verbrauch in der bzw. fiir die Ganglienzelle bestimmt sind, wiirden wir auch die intracellularen KH-Vorkommen der Ganglienzellen als aus den periganglion~ren Strukturen her- stammend auffassen. Die im Grunde paradoxe Konstanz oder Vermehrung, die SmMIZV (1952) bei Schockzust~nden findet, erkl~rt sich vielleicht durch die

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Kohlenhydratgehalt der Glia yon Hirudo. 519

Unf~higkei% der erschSpften Ganglienzelle, die KH geniigend zu verwerten, zumal die Abbaugeschwindigkeit des Glykogens unter der der phosphorylierten Verbln- dungen liegt.

Unsere Befunde tragen auch zur Frage der funktionellen Wertigkeit der K H bei. Die beschriebenen Verschiebungen sind offenbar als regu- lative, keinesfalls als degenerative aufzufassen.

Wichtig ist auch die aus dem Vergleieh der Befunde hervorgehende Tatsache, dab die Tendenz zur Speicherung nicht der Entwicklung der Glia parallel geht, sondern ihr eher reziprok ist. BAIRATI und Mit- arbeiter (1952) beschreiben eine Relation, wonach um so mehr K H in der Grundsubstanz nachzuweisen sind, je geringer die fibrillate Glia ent- wickelt ist. Die Neigung zur Anh~ufung yon ,,Vorratsstoffen" ist um so grS~er, je weniger die Glia entwickelt ist, je tr~ger der Stoffwechsel und je gr56er die Distanz zwischen Nahrbasis und Parenchym ist. ] )arum nimmt die Tendenz zur Ablagerung yon K I t in der aufsteigenden Tierreihe im allgemeinen ab, w~hrend die relative Menge der Glia (je Ganglienzelle) zunimmt (FRIED]~ 1954). Mit der Aktivierung des Stoff- wechsels geht die Ablagerung yon Reserven zuriick. Diese reziproke Verschiebung verleitet leicht zu Trugschliissen.

Die besprochenen Analogien zwischen der Glia yon Hirudo und der des S~ugers sind so weitreichend, dal~ es berechtigt erscheint, auch die funktionellen Ergebnisse der Versuche zu verallgemeinern, zumal wit kfirzlich auch aus experimentellen Befunden am Meerschweinchen auf eine Bedeutung der Glia ffir den KH-Stoffwechsel schlieBen konnten.

Zusammen/assung.

1. Ein deutlicher KH-Geha l t liii~t sich in den Konnektiv-Riesen- gliazellen und den die Ganglienzellen umspinnenden Paketsternzellen gliSser Natur yon Hirudo medicinalis nachweisen.

2. Das Hauptgewicht der KH-Speicherung liegt fiberall in den peri- pheren gliSsen Forts~tzen, w~hrend das perinkule~re Cytoplasma frei- bleibt.

3. Die die Ganglienzellen umgebenden gliSsen Kapseln enthalten reiehlich K H , wi~hrend die Ganglienzellen selbst KH-ffei sind. K H - haltige, in die Ganglienzellen vordringende Trophospongien sind nur selten zu beobachten. Das Neuropil ist ausgesproehen KH-arm.

4. Das die Ganglien umgebende Bindegewebe zeigt reichlich KH- Speicherung.

5. Histoehemisch handelt es sieh bei den K H zum Teil um Glykogen, zum anderen Tell um Muco- und Glykoproteide.

6. Bei durch Schwimmen in Wasser yon 35--38 ~ erschSpften Tieren f~llt der KH-Geha l t in den Konnektivgliazellen stark ab, bei mit Blut geffitterten Tieren steigt er deutlich an.

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5 2 0 REINHARD FRIEDE: Kohlenhydratgehal t der Glia von Hirudo.

7. I m G e g e n s a t z zu d e m V e r h a l t e n d e r K o n n e k t i v z e l l e n s c h w a n k t

d e r K H - G e h a l t d e r P a k e t s t e r n z e l l e n in d e n G a n g l i e n k a u m . H i e r a u s

k a n n a u f f u n k t i o n e l l e D i f f e r e n z e n z w i s c h e n K o n n e k t i v u n d G a n g l i o n

g e s c h l o s s e n w e r d e n .

8. D ie B e d e u t u n g d e r Gl ia f t i r d e n K H - S t o f f w e c h s e l w i r d d i s k u t i e r t .

D u r c h V e r g l e i c h m i t d e n b e i m Si iuger n a c h w e i s b a r e n K H - V o r k o m m e n

e r g e b e n s ich a u f s c h l u B r e i c h e A n a l o g i e n .

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Dr. REIN~ARD FRIEDE, Freiburg i. Br., Neurochirurg. Klinik der Universit~t.