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286 Kongress 27. Jahrgang_6_2015 Welt-Thrombose-Tag 2015 Aktionsbündnis Thrombose zu drängenden Fragen der Versorgungssicherheit in Deutschland Am 13. Oktober 2015, dem Welt-Thrombose-Tag, veranstaltete das Aktionsbündnis Thrombose in Berlin das Fachsymposium „Risiko Thrombose: Perspektiven für eine bessere Patientenversorgung in Deutschland“. Vor dem Hintergrund aktueller Leitlinien diskutierten die führenden Gefäßspezialisten gemeinsam mit Gesundheitspolitikern und Kostenträgern, wie die Patientenversorgung in Deutschland verbessert werden kann. Die Veranstaltung stand unter der Schirmherrschaft von Gesundheitsminister Hermann Gröhe. Jedes Jahr sterben in Deutschland mehr Menschen an Venenthrombose und Lungenembolie als durch Ver- kehrsunfälle, AIDS, Prostata- und Brustkrebs zusammen. Aktuelle Schätzungen gehen von 40.000 bis 100.000 Todesfällen aus. Die Lungen- embolie (LE) ist die dritthäufigste Todesursache bei Herzkreislaufer- krankungen. Trotzdem werde sie in der Bevölkerung und bei Ärzten unterschätzt, betonte Prof. Rupert Bauersachs (Darmstadt), wissenschaftlicher Leiter des Aktionsbündnisses Thrombose, dem die Deut- sche Gesellschaft für Angiologie (DGA), die Deutschen Gesellschaft für Phlebologie (DGP), die Gesellschaft für Thrombose- und Hämostaseforschung (GTH), die Deutsche Gefäßliga sowie Partner aus der Industrie angehören. Einer Untersuchung zufolge ist die „Awareness“ für die Venenthrombose und LE im Vergleich zu anderen Krank- heiten wie Schlaganfall oder Herzinfarkt geringer ausge- prägt (1). Ein Anliegen der Initiative sei es daher, das öffentliche Bewusstsein zu stärken und die Implementie- rung bestehender Erkenntnisse voranzubringen, sagte Prof. Edelgard Lindhoff-Last, Frank- furt am Main. S2k-Leitlinie zur Diagnostik und Therapie der Venenthrom- bose und der Lungenembolie Denn die wissenschaftliche Daten- lage zur Vorbeugung, Diagnose und Behandlung von Thrombose und LE sei bereits gut, erklärte Prof. Stavros Konstantinides, Mainz. Der Redner verwies in diesem Zusammenhang auf die ESC-Guidelines von 2014 zum Management der aku- ten Lungenembolie (2, 3), die die diagnostischen Metho- den in Abhängigkeit der klinischen Stabilität des Patien- ten und der damit verbundenen Dringlichkeit zu einem Algorithmus verbinden. 2015 hat die DGA zusammen mit 15 Fachgesellschaften die interdisziplinäre S2k-Leitlinie zur Diagnostik und The- rapie der Venenthrombose und der Lungenembolie aktu- alisiert. Die im Kommissionsentwurf vorliegende Leitlinie wird voraussichtlich dieses Jahres erscheinen. Auch dieser Entwurf sieht eine Risikostratifizierung von Thrombose Abb. 1: Prof. Rupert Bauersachs Abb. 2: Prof. Eberhard Rabe. Abb. 3: Referenten des Fachsymposiums zum Welt-Throm- bose-Tag 2015 in Berlin. LOGO: © 2015 THE INTERNATIONAL SOCIETY ON THROMBOSIS AND HAEMOSTASIS, INC. ALL RIGHTS RESERVED. ABB. 1-3: © YEHUDA SWED / PK BZW. FACHSYMPOSIUM ZUM WTT 2015 / DGA

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Kongress

27. Jahrgang_6_2015

Welt-Thrombose-Tag 2015

Aktionsbündnis Thrombose zu drängenden Fragen der Versorgungssicherheit in DeutschlandAm 13. Oktober 2015, dem Welt-Thrombose-Tag, veranstaltete das Aktionsbündnis Thrombose in Berlin das Fachsymposium „Risiko Thrombose: Perspektiven für eine bessere Patientenversorgung in Deutschland“. Vor dem Hintergrund aktueller Leitlinien diskutierten die führenden Gefäßspezialisten gemeinsam mit Gesundheitspolitikern und Kostenträgern, wie die Patientenversorgung in Deutschland verbessert werden kann. Die Veranstaltung stand unter der Schirmherrschaft von Gesundheitsminister Hermann Gröhe.

▲ Jedes Jahr sterben in Deutschland mehr Menschen an Venenthrombose und Lungenembolie als durch Ver-kehrsunfälle, AIDS, Prostata- und Brustkrebs zusammen. Aktuelle Schätzungen gehen von 40.000 bis 100.000 Todesfällen aus. Die Lungen-embolie (LE) ist die dritthäufigste Todesursache bei Herzkreislaufer-krankungen. Trotzdem werde sie in der Bevölkerung und bei Ärzten unterschätzt, betonte Prof. Rupert Bauersachs (Darmstadt), wissenschaftlicher Leiter des Aktionsbündnisses Thrombose, dem die Deut-sche Gesellschaft für Angiologie (DGA), die Deutschen Gesellschaft für Phlebologie (DGP), die Gesellschaft für Thrombose- und Hämostaseforschung (GTH), die Deutsche Gefäßliga sowie Partner aus der Industrie angehören.Einer Untersuchung zufolge ist die „Awareness“ für die Venenthrombose und LE im Vergleich zu anderen Krank-heiten wie Schlaganfall oder Herzinfarkt geringer ausge-prägt (1). Ein Anliegen der Initiative sei es daher, das öffentliche Bewusstsein zu stärken und die Implementie-rung bestehender Erkenntnisse voranzubringen, sagte

Prof. Edelgard Lindhoff-Last, Frank-furt am Main.

S2k-Leitlinie zur Diagnostik und Therapie der Venenthrom-bose und der Lungenembolie

Denn die wissenschaftliche Daten-lage zur Vorbeugung, Diagnose und Behandlung von Thrombose und LE

sei bereits gut, erklärte Prof. Stavros Konstantinides, Mainz. Der Redner verwies in diesem Zusammenhang auf die ESC-Guidelines von 2014 zum Management der aku-ten Lungenembolie (2, 3), die die diagnostischen Metho-den in Abhängigkeit der klinischen Stabilität des Patien-ten und der damit verbundenen Dringlichkeit zu einem Algorithmus verbinden. 2015 hat die DGA zusammen mit 15 Fachgesellschaften die interdisziplinäre S2k-Leitlinie zur Diagnostik und The-rapie der Venenthrombose und der Lungenembolie aktu-alisiert. Die im Kommissionsentwurf vorliegende Leitlinie wird voraussichtlich dieses Jahres erscheinen. Auch dieser Entwurf sieht eine Risikostratifizierung von Thrombose

Abb. 1: Prof. Rupert Bauersachs Abb. 2: Prof. Eberhard Rabe.Abb. 3: Referenten des Fachsymposiums zum Welt-Throm-bose-Tag 2015 in Berlin.

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und Lungenembolie vor. Das bedeutet: Die erste Diagnose durch den Hausarzt erfolgt über die Erhebung der klini-schen Wahrscheinlichkeit und den D-Dimer-Test. Wenn die klinische Wahrscheinlichkeit niedrig und der D-Dimer-Test, der altersabhängig zu befunden ist, negativ sind, ist eine Thrombose weitgehend ausgeschlossen. Andernfalls müssen Patienten an einen Spezialisten verwiesen werden, der anhand eines kompletten Ultraschalls des Beins eine Thrombose diagnostizieren kann. Für die Behandlung der Thrombose und LE stehen zusätzlich zur konventionellen Therapie mit Heparin und Vitamin-K-Antagonisten auch die sogenannten direkten oder neuen Antikoagulanzien (DOAC/NOAC) zur Verfügung. Bei Tumoren und Schwan-gerschaften bleiben niedermolekulare Heparine die erste Wahl.

Perspektiven für eine nachhaltige Patienten versorgung verbessern

Trotz aller Erfolge seien mit Blick auf die Versorgungsrealität

Daten zu Epidemiologie von Thrombose und

LE und Ver-

sorgungswegen in Deutschland nur unzureichend bekannt, konstatierte Prof. Eberhard Rabe, Bonn. Viele Daten beruhten nur auf der Hochrechnung einer Sammelstatis-tik. Gemeinsam mit Kostenträgern, ambulanten und sta-tionären Versorgern (Kassenärztliche Vereinigungen (KV), Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG)) und mit politi-scher Unterstützung müsse die Versorgungsforschung angestoßen werden, um eine bessere, effizientere und sicherere Versorgung der Patienten zu ermöglichen. PD Dr. Christoph Kalka, Brühl, erhofft sich vor allem eine engere kooperative Verzahnung der einzelnen Sektoren und damit die Chance auf eine individuellere Betreuung des einzelnen Patienten.Ziel all dieser Anstrengungen sei es, das Leid der betrof-fenen Patienten durch das postthrombotische Syndrom, die pulmonale Hypertonie oder durch Blutungskomplika-tionen zu vermindern, die Sterblichkeit zu senken und die Patientenversorgung effizient zu strukturieren, so eine der Kernaussagen des Aktionsbündnisses. Bettina Baierl

Literatur1. Wendelboe AM et al. J Thromb Haemost 2015;13(8): 1365-71.2. Konstantinides S et al. European Heart Journal 2014;35:3033-69.3. Konstantinides S. et al. Kardiologe 2015;9:289-2944. S2k-Leitlinie zur Diagnostik und Therapie der Venenthrombose und der Lungenembolie 2015, Reg.-Nr. 065 - 002

Quelle: Pressekonferenz „Risiko Thrombose: Perspektiven für eine bessere Patientenversorgung in Deutschland“ am 13.10.2015 in Berlin, Veranstalter: Aktionsbündnis Throm-bose.FO

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Abb. 4: Schematische Darstellung einer Thrombose.