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392 H. WVLLSTEIN und S. Znm~: 20. tL WULLST~I~ nnd S. ZEHM-Wiirzburg : Der VersehluB des Ductus thoracieus bei der Exstirpation eareinomatiiser Lymphknotenmetastasen, insbesondere naeh vorausgegangener Bestrahlung (Mit 4 Textabbfldungen) Trotz der grol3en Anstrengungen, die Ursachen des Krebses prin- zipiell zu erkennen und ihn kausal zu behandeln, sind wir bisher nur auf den traditionellen Wegen der Behandlung, Operation und Bestrahlung oder in ihrer Kombination schrittweise vorw~trts gekommen. Die Operationstechnik ist zu einem I{Shepunkt gelangt, seitdem sie den Prim~rtumor zusammen mit dem zugehSrigen Lymphabflul~gebiet weit- umfassend reseziert (Neck Dissection) und mi~ ttilfe plastiseher Methoden auch sehr groBe Defekte zu heilen vermag. Der Radiologie sind durch die kfinstlichen Isotopen- und die ttartstrahlmethoden neue M6glichkeiten gegeben worden, viel h6here Dosen in viel gr61~erer Tiefe zu appHzieren als zuvor. Jede dieser Formen der Behandiung hat ihre Vortefle und ihre Nachteile, ihre Erfolge nnd ihre Mil~erfolge, die an dieser Stelle nicht diskutiert werden sollen. Ohne Zweffe] ist die Bestrahlung in] Gebiete der Rhino-Laryngologie die weniger verstfimmelnde Form der Behandiung. Die operative Resektion des Tumors einsehliel31ich des weiteren Lymph- abfluBgebietes ist dagegen wohl diejenige, die eher vor dem l~ezidiv, zumindest vor dem 5rtlichen l~ezidiv, aber aueh vor der 8piiteren Fern- metastasierung schfitzt~. Die gr613ere Wirksamkeit der Strahlentherapie in der Tiefe und die bei weitem h6here Dosieruag, die wit heute appli- zieren kSnnen, erlauben es jedoch, den Versueh einer ,,Heilung" mit der Strahlentherapie auch bei solchen Carcinomen zu maehen, die tats~ehlich noch gut operationsf~hig sind. Leider gibt es his heute keine Methode, am die Strahlensensibilit~t eines Carcinoms aus der Biopsie voraus- zusagen. Die Strahlentherapie mul3 also immer ein Versuch bleiben. Ob sie beim einzelnen Patienten wirklich zum Erfolge ftihrt, li~I3t sich erst nach der Applikation der vollen Dosis und einer kurzen Wartezeit yon 4--6 Wochen klinisch beurteilen, abgesehen yon solchen Patienten, bei denen ihr vollkommenes Versagen am fortschreitenden Wachstum des Tumors sehon im Anfange der Bestrahlung zu erkennen ist. Die Schlul~- folgerung aus diesen ~berlegungea ist, dal3 wit in der Lage sein mfissen, die ganze Strahlendosis, die wir heute ffir notwendig halten -- d.h. ca. 6000 r --, auf den Tumor zu applizieren und trotzdem nach einer solehen intensiven Bestrahlung innerhalb der ersten 6--8 Wochen noch ohne St6rung der Wundheilnng das Carcinom in der typisehen, ~us- gedehnten Weise zu operieren. Diesen Weg verfolgen wir jetzt systema- tiseh seit 3 Juhren. Die Fragestenung, die wit bier erSrtern wollen, sieht vor, wie einer- seits die lymphogene Metastasierung yon der I-Ialsregion in das Mediasti- hum verhindert and andererseits ein ChylusabfluB auch bei radikalem Operationsvorgehen vermieden werden kann.

Der Verschluß des Ductus thoracicus bei der Exstirpation carcinomatöser Lymphknotenmetastasen, insbesondere nach vorausgegangener Bestrahlung

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Page 1: Der Verschluß des Ductus thoracicus bei der Exstirpation carcinomatöser Lymphknotenmetastasen, insbesondere nach vorausgegangener Bestrahlung

392 H. WVLLSTEIN und S. Znm~:

20. tL WULLST~I~ nnd S. ZEHM-Wiirzburg : Der VersehluB des Ductus thoracieus bei der Exstirpation eareinomatiiser Lymphknotenmetastasen, insbesondere naeh vorausgegangener Bestrahlung (Mit 4 Textabbfldungen)

Trotz der grol3en Anstrengungen, die Ursachen des Krebses prin- zipiell zu erkennen und ihn kausal zu behandeln, sind wir bisher nur auf den traditionellen Wegen der Behandlung, Operation und Bestrahlung oder in ihrer Kombination schrittweise vorw~trts gekommen. Die Operationstechnik ist zu einem I{Shepunkt gelangt, seitdem sie den Prim~rtumor zusammen mit dem zugehSrigen Lymphabflul~gebiet weit- umfassend reseziert (Neck Dissection) und mi~ ttilfe plastiseher Methoden auch sehr groBe Defekte zu heilen vermag. Der Radiologie sind durch die kfinstlichen Isotopen- und die t tartstrahlmethoden neue M6glichkeiten gegeben worden, viel h6here Dosen in viel gr61~erer Tiefe zu appHzieren als zuvor. Jede dieser Formen der Behandiung hat ihre Vortefle und ihre Nachteile, ihre Erfolge nnd ihre Mil~erfolge, die an dieser Stelle nicht diskutiert werden sollen. Ohne Zweffe] ist die Bestrahlung in] Gebiete der Rhino-Laryngologie die weniger verstfimmelnde Form der Behandiung. Die operative Resektion des Tumors einsehliel31ich des weiteren Lymph- abfluBgebietes ist dagegen wohl diejenige, die eher vor dem l~ezidiv, zumindest vor dem 5rtlichen l~ezidiv, aber aueh vor der 8piiteren Fern- metastasierung schfitzt~. Die gr613ere Wirksamkeit der Strahlentherapie in der Tiefe und die bei weitem h6here Dosieruag, die wit heute appli- zieren kSnnen, erlauben es jedoch, den Versueh einer ,,Heilung" mit der Strahlentherapie auch bei solchen Carcinomen zu maehen, die tats~ehlich noch gut operationsf~hig sind. Leider gibt es his heute keine Methode, am die Strahlensensibilit~t eines Carcinoms aus der Biopsie voraus- zusagen. Die Strahlentherapie mul3 also immer ein Versuch bleiben. Ob sie beim einzelnen Patienten wirklich zum Erfolge ftihrt, li~I3t sich erst nach der Applikation der vollen Dosis und einer kurzen Wartezeit yon 4--6 Wochen klinisch beurteilen, abgesehen yon solchen Patienten, bei denen ihr vollkommenes Versagen am fortschreitenden Wachstum des Tumors sehon im Anfange der Bestrahlung zu erkennen ist. Die Schlul~- folgerung aus diesen ~berlegungea ist, dal3 wit in der Lage sein mfissen, die ganze Strahlendosis, die wir heute ffir notwendig halten -- d .h . ca. 6000 r -- , auf den Tumor zu applizieren und trotzdem nach einer solehen intensiven Bestrahlung innerhalb der ersten 6--8 Wochen noch ohne St6rung der Wundheilnng das Carcinom in der typisehen, ~us- gedehnten Weise zu operieren. Diesen Weg verfolgen wir jetzt systema- tiseh seit 3 Juhren.

Die Fragestenung, die wit bier erSrtern wollen, sieht vor, wie einer- seits die lymphogene Metastasierung yon der I-Ialsregion in das Mediasti- hum verhindert and andererseits ein ChylusabfluB auch bei radikalem Operationsvorgehen vermieden werden kann.

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Der VerschiuB des Ductus thoracicus 393

Das Prinzip der Operation erfordert die Resektion des ganzen 5rt- lichen LymphabfluBgebietes einschlieBlieh der erkrankten und tier nicht erkrankten Lymphknoten sowie tier Lymphbahnen yon der Sch/~delbasis bis zur Thoraxapertur. Dort an der ttalsbasis sind wit abet oft nieht konsequent genug in un- serem Prinzip, indem wir uns davor scheuen, die Ket te der tiefen Lymph- knoten bis in dan Zusam- menflu$ der Vena jugula- ris interna und der Vena subelavia und his zum Verschwinden dieser Lymphbahnen hinter der Vena branchiocephalica zu verfolgen. Die eigenen Beobachtungen haben uns jedoeh gelehrt, dab sieh die Kette dieser kleinen oder grSBeren careinomatSsen Lymph- knotenmetastasen konti- nuierlich in das obere Mediastinum fortsetzen kann. Meist sind also die spi~teren mediastinalen Lymphknotenmetastasen bei Carcinomen ans dem Gebiete der Rhino-La- ryngologie, die nach aus- gedehnter 5rtlieher 0pe-

~7% 35% 3% Abb. 1. Schema. Oben: Darstellung des Ductus thoracicus uud des Truncus lymlohaceus dexter in Beziehung zu den Lymph- abfluBbahnen. Unten: Varianten der Einmfindungen des Ductus thoracicus in die Yena jugularis interna, den Angulus venosus,

die Vena sub. elavia (nach IDA~OV)

ration sp/~ter erst in Erscheinung treten, niehts anderes als die 5rtlich fort- gesetzte Metastasierung nach unvollst/~ndiger Operation der ca udalen Lymphknoten am Halse, wail wit die vielfachen Zusammenh/~nge fiber die Anastomosen der LymphabfluBbahnen des Kopfes und Halses mit denen des Armes und der Ductus lymphacei thoracici nicht ausreiehend berficksichtigt batten.

Die SchluBfolgerung muB sein, dab wir bei jeder Operation die Ket te dieser Lymphknoten mit den zahlreichen Anastomosen zu den fibrigen Trunci ausr~umen, bis sie caudal yore Venendreieck unzug/~ngig wird. Diesc Ausr/~umung mu$ aneh dann noch mSglich sein, wenn eine volle Dosis an Tiefentherapie mit dem Uartstrahlgerat, also vorwiegend Telekobalttherapie, vorausgegangen ist. Um dieses Ziel zu erreiehen, ist

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links immer die Unterbindung des Duetus thoracieus notwendig und aueh rechts daffir zu sorgen, dal~ kein Chylusabflul~ fiber die Anastomosen yon links naeh rechts zum Truneus thoracicus internus oder den Truneus bronehomediastinalis (Daetus lymphaceus dexter) auf~reten kann.

Der Duetus thoracicus besitzt, abgesehen vonder notwendigen Klappe an der Einmfindung in den Venenwinkel, aueh im Mfindungsbogen in

geh/~ufter Zahl Klappen,

Abb. 2. Schema: Die LymphabfluBbahnen im rechten Hals und ihre Yer$istelungen in den reassert Abflufiweg

die jede retrograde Str6- mung sieher lange Zeit verhindern. Die entsehei- dende Rolle ffir die me- diastinale Metastasierung spielt wahrseheinlieh auf beiden Seiten der Truneus bronehomediastinalis auf Grund der Anastomosen, die er auf beiden Seiten sowohl mit dem Truncus jugularis als dem Lymph- abfluB aus den ttalsein- geweiden wie aueh yon den Lymphonodi cervi- cales superfieiales fiber den Truncus subclavius hat. Der letztere ist ffir den t~hino-Laryngologen deswegen yon Bedeu- tung, weft er die Zuflfisse aus dem seitlichen ttals- dreieck und yore Naeken aufnimmt, also aus einem Gebiete, in dem es eben- falls zu Lymphknoten-

metastasen bei malignen Geschwfilsten im Kopf- und Halsbereich kommen kann, besonders, wenn durch Blockierung oder operative Aus- r~.umung der Weg zu den tiefen ]-Ialslymphknoten verlegt ist. Die Varian- ten der Anastomosen in der Regio sternoeleidomastoidea zwisehen dem Truncus jugularis, dem Truneus subelavius und dem Truneus broncho- mediastinaHs sind groin, ebenso die ihrer Einmiindung entweder fiber den Duetus thoraeicus oder isoliert ffir sich direkt in den Venem~nkel (Abb. 1). Die Gefahr der Chylusfistel wird dadurch so groG, weft der Duetus thora- cicus sehr hi~ufig nieht als einheitlieher Stamm, sondern wie durch ein Delta in die Venen einmfindet. Untersuchungen yon IDANOV ergaben

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darfiber folgendes : Unter 10O Prs miindete der Ductus thoracicus in i8~ mit 2 ~sten, in 15~ mit 3 und 4 ~sten, in seltenen F~llen sogar mit zahlreichen Ver~stelungen in den venSsen Abflu~weg. Diese Mfindungen ffihren in 470/0 in die Vena jugu]aris interna, in 35,40/0 in den Angulus venosus, in 9,2~ in die Vena subc]avia oder die Vena braehiocephalica. Auch auf der rechten Seite finder sich in 4/5 der Fi~lle eine multiple Mfindung der Trunci (Abb. 2).

Ffir die Umleitung des Chylusabflusses yon links naeh rechts spielen sicher die Anastomosen der Trunci thoracici interni die tIauptrolle, ffir die ]ymphogene Metastasierung yon einer Seite zur anderen dagegen wohl die Verbindungen fiber die Lymphonodi suprasternales im Jugulum und die Anastomosen zwischen dem Truncus tracheobronchialis rechts und links. Alle Trunci, yon denen wir sprachen, kSnnen in ihrem Mfindungs- bogen sehr verschieden gestaltet sein und in verschiedener HShe sowobl in den Ductus thoraeicus wie auch in die Venen direkt ein- mfinden. Der Duetus thoracieus scheint uns ffir die Ausbreitung yon Lymphknotenmetas tasen vom ttalse in das Mediastinum weniger Be- deutung zu haben.

Wenn wir diese Vielfalt der anatomischen Varianten in der geschlos- senen oder aufgesplitterten Form der Einmfindung dieser grol3en Lymph- abflu~bahnen und die Hi~ufigkeit der Anastomosen zwischen ihnen und dem Ductus thoracieus berficksichtigen, gewinnen wir Verst/~ndnis daffir, da6 es aueh zum Chylusabflul3 kommen kann, wenn der t t a u p t s t a m m des Duetus thoracieus an seiner Einmfindung in die Vene aufgesueht und sorgfs unterbunden wurde, ehe er im Zuge der Preparat ion aller Lymphknoten im Venenwinkel durehtrennt wird. Wegen der reichlichen Anastomosierung yon links nach reehts gilt /~hnliehes, wenn auch in geringerem Mal3e, ffir den Zusammenflu~ auf der rechten Seite, den Truneus lymphaceus dexter. Vielfache chirurgisehe Erfahrung hat gezeigt, da6 sowohl die Unterbindung des Duetus thoracicus und erst recht die des Truneus lymphaeeus dexter keine ernsten StSrungen hervorruft und ohne weiteres durchgeffihrt werden darf. Allerdings ist uns keine Mittei- lung darfiber bekannt, wie bei der wegen der Ausri~umung erst der einen und mehrere Wochen sparer der anderen Halsseite mit der t~esektion der Vena jugularis interna auch die Unterbindung dieser beiden Haupt - s ts des Lymphabflusses so stSrungsfrei vertragen wird, weft nun die Uberleitung der Lymphe, insbesondere des Chylus fiber die Anastomosen im Brust raum zur Gegenseite nicht mehr welter in den Angulus venosus der Gegenseite ffihren kann. Dagegen erseheint es uns sehr bedenklich, bei der Ausr~umung der t ta ls]ymphknoten auf beiden Seiten auch mit 1/~ngerem zeitlichem Abstande auf beiden Seiten die Lymphbahnen aus dem Thorax in den Venenwinkel zu unterbrechen. Mitteiinngen in der Literatur sind uns darfiber nieht bekannt.

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Eine Lymphstanung mit Chylothorax und Chylaseites l~Bt sieh, bei gleichzeitiger Unterbindung der Vena eava sup., tierexperimentell, nicht aber dureh die Unterbindung des Duc~us thoraeieus allein erzeugen, wohl eine Situation, die der Ausrgumung des Angulus venosus beiderseits /ihnelt (BLALOCK U. Mitarb. 1936). Naeh einseitiger Unterbrechung der Lymphbahn aus dem Thorax in die Vene fand sich bereits kurze Zeit nach der Unterbindung ein ausgezeiehneter Kollatera]kreislauf fiber die Lymphbahnen des Zwerehfelles und der vorderen Brustwand, wobei sieh embryonal angelegte, aber normalerweise unbenutzte Querverbindungen zwisehen dem Duetus thoraeieus, der Vena braehiocephalica und der Intereostalvenen unter dem erhShten Druek der riickgestauten Lymphe erweitern und wieder durehggngig werden. Solehe Verbindungen sind den Anatomen sehon lange bekannt (IDANOV) und wurden neuerdings yon LOWMAN U. a. aueh rSntgenologiseh naehgewiesen (1951). DaB die Lymphwand diesem waehsenden Druek standhglt, konnten SCHWAND- L ~ U. B6CKLv,~ bests die fanden, dal3 z. B. die Cysterna ehyli einen Druek yon 600 m m t Ig gegenfiber einem normalen Druek yon 11,5 m m t Ig aush/ilt, ohne zu bersten.

W~hrend die Wand des Duetus thoraeicus durch kollagenes Binde- gewebe und ehfige glatte Muskelfasern verst/~rkt ist, besteht die Wand der feinen Anastomosen im wesentliehen aus der endothelialen Sehieht. Bei einer Rfiekstauung infolge der Unterbindung des Duetus thoracieus kann die Lymphe und insbesondere der Chylus fiber diese feinen Anasto- mosen abflieBen. Dabei dehnt sich unter dem Druek des R/iekstaues diese dfinne endotheliale Gef/~gwandung und verst/~rkt den ChylusabfluB in der Folgezeit eher, s tart dab er yon se]bst naehl/~Bt. Einen Vorgang, wie er der Gerinnung des Blutes entsprieht, gibt es ffir den Chylus nicht. Die spontane Granulation hi diesem Gebiet wird zus~tzlieh behindert dureh den festen Chylusbelag, der sieh auf dem Gewebe bildet. Die Folgen dieser mangelhaften Granulationsheilung werden besonders naeh einer hochdosierten Vorbestrahlung ffihlbar. Die fistelnden Stellen sind zwar eindentig, vor allen Dingen unter VergrSl~erung, erkennbar, die GefgBe aber zu klein, und die Wandnng zu zart, als dab eine wirkliehe Unter- bindung geling~. Um eine derartige Lymph- oder Chylusfistel zu verhfiten, sind wir also dringend daran interessiert, so schnell wie mSglieh den tiefen Defekt in der t~egio sternocleidomastoidea mit Gewebe zu ffillen, das aueh naeh einer Vorbestrahlung noeh innerhalb kfirzester Frist zu einer Verklebung mit den groBen Venen - - Vena jugularis interna und Vena subelavia bzw. dem Venenstumpf der Vena jugularis interna - - ffihrt. Mein Vorsehlag ging deswegen dahin, das caudale Ende des Museulus sternocleidomastoideus dazu zu verwenden. Wir haben die ~[ethode in- zwisehen aneh bei 19 Kranken naeh hochdosierter Telekobalttherapie (jeweils ca. 6000 r Tumordosis) angewandt, ohne dab es auch nur tom-

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por~r zu Chylusabfluf~ kam; bei drei dieser Kranken lag die Telekobalt- behandlung l&nger als ein Jahr zurfiek.

Wir gehen in folgender Weise vor:

In Anlehnung an die yon H. MARTIN entwickelte Teehnik der totalen ttalslymphdrfisenausr~umung (Neck Dissection) legen wir zu Beginn der Opera~ion nach Bfldung des t taut-Platysmalappens den NIuseulus s~erno- cleidomastoideus im clavieularen AnCeil bis zur HShe des Musculus omohyoideus yon der umgebenden Htille der Fascia eolli superficialis frei, durchtrennen ihn in HShe des Museulus omo- hyoideus und sehlagen ihn, mit feueh~er Gaze- lage umhtil]t, an die vor- dere Brustwand zuriick. Sehon bei diesem Vor- gchen wird das Augen- merk auf die mediale Begrenzung des Muscu- lus sternocleidomastoi- deus geriehtet, we sich in der Fascia colli media lateral vom Arcus veno- sus juguli, in unmittel- barer Nachbarschaft der Vena jugularis super- ~/::: ficialis ventralis die ein Abb.3. Schema: Darstellung des ~uskellappens, der aus dem

~ . sternocleidomastoideus gebildet wird, seine Bczichung zur bis zwei dort gelegenen v . jugularis int., z~m Dnc~us thoracicus und zu den oberfl~ch- Lymphonodi supraster- lich liegenden Lymphonodi suprasternales

nales finden (Abb. 3). Diese werden mit der nun folgenden Ausr~umung des Corpus adiposum eo]li einsehlie~lich der darin enthaltenen Lymphbahnen im Zusammen- hang mit dem Operationsprgparat entfern~.

In diesem tiefen Halsabschnitt haben sich der Musculus sternocleido- mastoideus einerseits ven~ralw~rts und das grol~e Gefs mi~ dem Truneus jugularis und den Lymphonodi cervieales eaudales dorsal- warts berei~s so weir voneinander getrennt, da6 unseres Eraehtens keiner- lei Gefahr besteh~, bei diesem Vorgehen Lymphbahnen, die in den Angu- ins venosns und in das obere Mediastinum ziehen, mit dem caudalen Muskelende im Operationsgebiet znriickzulassen. Es erfolg~ die Unter- bindung der Vena jugularis und ihre Durehtrennung zusammen mit dem

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Fet tk6rper des seitlichen I-Ialsdreieckes und dem cranialen Toil des Mus- culus sternocleidomastoideus wie bei jeder radikalen Halsausr/~umung. Dabei wird den Lymphonodi jugulares caudales und ihrem Ubergang dorsal des Venenwinkels in die Lymphonodi tracheobronehiales, gegebe- nenfalls aueh den Lymphonodi supraclaviculares, besondere Beaehtung

Abb.4. Schema: Der ~uskella91~en ist eingesehlagen. Das markierte Gebiet e~atsprieht dem Nuskelquersehnitt fiber

dem Venenwinkel

gesehenkt. Der Ductus thoraoicus muB wie immer aufgesucht und unterbun- den werden. Der Verschlu$ der Anastomosen dieser Lymphbahnea wird jedoch dadurch erziel~, da$ alas caudate Ende dos Musculus sternocleidomastoideus, das wit uns anfangs bewahr~ haben, nun einw~rts gerollt wird und mit der wunden Seite des Muskels in den Venenwinkel zu liegen kommt. Die Fixierung des Muskelstumpfes erfolgt me- dial der A. earotis com- munis an der Sehilddriisen- kapsel, lateral tier A. carotis am Museulus scalenus yen- tralis mit so viel N/~hten, dag er sich lfiekenlos und lest dieser Unterlage anlegt und keine offenen Raume zuriiekl/~$t (Abb.4). Aneh nach einer intensiven Vor-

bestrahlung hat der Muskel und insbesondero seine quorgeschni~tene Wundfli~che nach unseren Erfahrungen die F iihigkeit behalten, schnell zu verklebon, Granulationsgewebe zu bilden und zu verwachsen. Auf diese Weise wird zugleich ein Abschlui3 auch jener Lymphgof~l~anasto- moson innerhalb weniger Tage erreicht, die unbewuSt erSffnet w-arden.

Ein weiterer Vortefl diesor Art der Vorwendung des Musculus sterno- cleidomastoideus besteht darin, die sonst kosmetisch so entstellende und t ief eingesunkeno Fossa supraclavicularis aufzufiillen und dadurch weniger auff~llig zu machen.

Literatur

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21. W. KLEY-Wfirzburg: Der EinfluB der Telekobaltbestrahlung auf das region~ire Lymphsystem bei malignen Tumoren im Raehen- und Kehl- kopfbereich (M_it 2 Textabbildungen)

Bei der Anwendung yon Supervoltstrahlen des Betatrons und des Telekobaltger/ttes in der Behandlung der b6sartigen Gesehwfilste befinden wir uns ohne Zweifel noeh im Versuehssbadium und die Angaben in der Literatur fiber die notwendigen Herddosen schwanken betr/~chtlich. Die pr/~operative Bestrahlung orseheint ffir den Fortschritt in dem Sinne besonders wertvoll, als die histologisehe Aufarbeitung des Operations- materials zeigt, was die Strahlentherapie geleistet hat. Unsere Unter- suchungen, fiber die ich Ihnen borichten mSehte, beziehen sieh auf die Therapie mit Telekobalt und den EinfiuB dieser Bestrahlungen auf das region/~ro Lymphsystem. Bei unseren l~achen- und Kehlkopftumoren wurde die FeldgrSgo so gew/~hlt, dag die region/~ren Lymphabfluggebiete mit ira Bestrahlungsfeld lagen (WuLLSTWIN). Bei 30 vorbestrahlten Patienten haben wit im AnschluB an die Bestrahlung eine tota]e HMs- lymphknotenausr/~umung vorgenommen und die Oporationspr/iparate histologiseh untersueht. 5 dieser Patienten waren mit konventioneller R6ntgentiefentherapie, die fibrigen 25 mit Telekobalt vorbehandelt. Dabei haben uns haupts/~chlieh folgonde Fragen interessiert :

1. Reagiert das Lymphgewebe auf die ]3estrahlung mit Telekobalt grunds/~tzlich anders als auf die Bestrahlung mit konventioneller R6nt- gentiefentherapie ?