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Ein Handbuch zum Medienpaket von Peter Heller, Niklas Goslar, Christoph Steinbrink, Dr. Joachim Paschen, Alexis Malefakis, Heiko Möhle, Peter Meier Apolloni, Roland Schuknecht Grafik und Gestaltung: Jürgen Fiege filmkraft filmproduktion, münchen, http://www.filmkraft.de

Deutsche Kolonien Handbuch

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Handbuch zum Medienpaket Deutsche Kolonien

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Page 1: Deutsche Kolonien Handbuch

Ein Handbuch zum Medienpaketvon Peter Heller, Niklas Goslar, Christoph Steinbrink, Dr. Joachim Paschen, Alexis Malefakis, Heiko Möhle, Peter Meier Apolloni, Roland SchuknechtGrafik und Gestaltung: Jürgen Fiege

filmkraft filmproduktion, münchen, http://www.filmkraft.de

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Inhaltsverzeichnis

1. Der Aufstieg Deutschlands zur Kolonialmacht (Deutschland erwacht) a. Deutschland als größte Industrienation Europas ohne Rohstoffe 4

(Der Gründerkrach; Folgen des Gründerkrachs; Gesellschaftliche und Politische Ursachen des deutschen Imperialismus; Wirtschaftliche Ursachen des Kolonialismus)

b. Sklaverei als Alibi (Filme auf der DVD: Die Liebe zum Imperium; Manga Bell) 10Zitate 12

2. Die Aufteilung des afrikanischen Kontinents (Der Griff nach Afrika / Lockruf des Geldes) a. Geschichtliche Grunddaten zu Afrika vor den Deutschen; Ostafrika vor der deutschen Kolonisation 13

b. Die Kongokonferenz in Berlin 1884/85: Der Wettlauf um Afrika; Die Ergebnisse der Kongokonferenz; 17Landkarten über die Entwicklung des afrikanischen Kontinents bis 1914 c. Die deutschen Kolonien (mit Bildern): Südwestafrika, - Ostafrika, - Togo, - Kamerun, - Samoa, 20

- Neuguinea, - Tsingtaoe. Kolonien als Rohstoffproduzenten; Afrika als Rohstoffquelle; Handelsvolumen 23

und Handelsstruktur; Kolonien als Verlustgeschäft für den Staat(Filme auf der DVD: Die Liebe zum Imperium; Manga Bell; Mandu Yenu; Mulattin Else; Usambara)

Zitate 30

3. Zwangsarbeit und Gewalt in den Kolonien (Kinder der Kette und des Prügels)a. Koloniale „Kulturmenschen“ und „Wilde“ 32b. Sozialdarwinismus und das Recht des Stärkeren 32c. Die Rechtfertigung von Zwang und Gewalt in den Kolonien 33d. Die Mär vom faulen „Eingeborenen“ und die „Erziehung zur Arbeit“ 33e. Arbeitspolitik in den deutschen Kolonien 34f. Prügelstrafe und koloniales „Recht“ als Mittel zur Durchsetzung des Arbeitszwangs 35g. Kolonialreformer und die „humanitäre Sicht auf die Eingeborenen 35

(Filme auf der DVD: Die Liebe zum Imperium; Manga Bell; Mandu Yenu; Mulattin Else; Usambara)Zitate 37

4. Kolonialverhalten und Rassismus (Didaktik der Edelrasse)a. Bildung und Kolonisation 40b. Missionare, koloniales Bildungssystem und Erziehung zur Arbeit 41c. Afrikaner und Missionare 43d. Mission als Kolonisation 43

(Filme auf der DVD: Die Liebe zum Imperium; Mandu Yenu; Mulattin Else; Usambara)Zitate 44

5. Widerstand gegen die Kolonialmacht (Widerstand und die Antwort des Großen Gewehrs )

a. Maji Maji: Der Volkskrieg gegen die deutsche Besatzungsmacht 46b. Der Herero-Aufstand 1904: Völkermord in der Wüste 49

c. Der Erste Weltkrieg und der Verlust der Kolonien 52(Verweis auf Filme: Die Liebe zum Imperium; Manga Bell; Mandu Yenu)

Zitate 53

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6. Postkoloniale Initiativen und Reparationsforderungen (Wohin mit der Erinnerung)a. Wohin mit der Vergangenheit 54b. Postkoloniale Initiativen in Deutschland 56c. Stadtrundgänge: Verdecktes sichtbar machen 56d. Straßennamen: Umbenennen oder Konservieren? 56e. Denkmäler: Stürzen oder Widmen? 57

Zitate 60

Quellen:a. Sachliteratur 65b. Belletristik 65c. Theaterstücke 66d. Unterrichtsmaterialien 66e. Bildarchive 66f. Filme 66g. Kontakte und Internetadressen 68h. Erinnerungsorte in und um Hamburg 68i. Speziell zu Namibia / Deutsch-Südwestafrika 68j. Speziell zu Tansania / Deutsch-Ostafrika 68k. Weitere Angebote zum Thema 68

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a) Deutschland als größte Indu -strienation Europas ohne Roh stoffe(Der Gründerkrach; Folgen desGründerkrachs; Gesellschaftliche undPolitische Ursachen des deutschenImperialismus; Wirtschaftliche Ursachendes Kolonialismus)

b) Sklaverei als Alibi

a) Deutschland als größte Industrienation Europas ohne Rohstoffe

Die Zeitspanne zwischen der Reichs -gründung 1871 bis 1873, die soge-nannten Gründerjahre, waren einevon rasantem wirtschaftlichem Auf -stieg vor allem in der Schwerindustriedes Deutschen Reiches gekennzeich-nete Zeit, die jedoch in die „GroßeDepression“ der Wirtschaftskrise von1873 mündete. Aus dieser Krisenlageheraus ist die deutsche Kolonialpolitikentwickelt worden - aus der Angstheraus, dass die Große Depression diedeutsche Industrialisierung in eineSackgasse führen könne, und mit demEinbrechen des wirtschaftlichen Erfol -ges eine Gefahr für die Stabilität desgesamten gesellschaftlichen Systemseinhergehen könne.

Die Export- und Rohstoffsicherungdurch die expansive Kolonialpolitik desdeutschen Reiches muss also zunächstals eine Abhilfe gegen diese wahrge-nommene Gefährdung verstandenwerden.

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1. Deutschland erwacht

Otto von Bismarck (1815-1898)Gründer und erster Kanzler des DeutschenReiches (1871)

Eisenwalzwerk von Adolf Menzel(Maler von 1815-1905)

Kaiserproklamation 1871 von Anton von Werner(Maler von 1843-1915)Die deutschen Fürsten lassenWilhelm I. hochleben. Diekurze Zeremonie im Spiegel -saal des Schlosses Versailles mit der Verlesung der Kaiser -prokla mation machte aus den Königen von PreußenDeutsche Kaiser.

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Seit 1850 hatte es rasche Fortschrittebei der Industrialisierung in Deutsch -land gegeben, der entscheidendeDurch bruch aber kam erst 1871, alsBismarck in einer »Revolution vonoben« das preußisch-deutsche Kaiser -reich schuf. Nach dem Sieg über Frankreich 1871flossen Reparationszahlungen in Höhevon etwa 4,5 Milliarden Mark nachDeutschland, von denen etwa dieHälfte direkt in den deutschen Kapital -markt einging. So konnte das deut-sche Bürgertum mit dem Selbst -vertrauen des militärischen Siegersund dem Geld des besiegten Verlierersdas Reich zur wirtschaftlichen Groß -macht ausbauen. Die wirtschaftlicheLeistung Frankreichs konnte innerhalbweniger Jahre übertroffen werden,bald war auch Großbritannien als füh-rende Wirtschaftsmacht in Europavom Thron gestoßen. Die Grundlage des Aufschwungs wardie Schwerindustrie, also die Kohle-und Eisenproduktion. Zwischen 1871und 1910 verfünffachte sich die Eisen -

1. Deutschland erwacht

Die Riesenkanone Krupps auf der Pariser Weltausstellung 1867

Blick in die Kanonenwerkstätte der Kruppschen Fabrik in Essen

Schlachtschiff Kaiser Wilhelm II

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erzförderung, die Roheisenproduktionverneunfachte sich sogar. Mit Hilfeneuer technischer Verfahren konnteauch die Stahlproduktion maximiertwerden: bis 1900 holte DeutschlandGroßbritannien ein (etwa 5 Mio. Ton -nen), bis 1910 überrundete Deutsch -land Großbritannien und produziertemehr als doppelt so viel Stahl wie derKonkurrent (etwa 16 Mio. Tonnengegenüber 7 Mio. Tonnen). In der Fol -ge dieses Aufschwungs in der Schwe r -industrie wurden das Eisen bahn netzausgebaut, eine riesige Handelsflotteund eine gewaltige Rüstungsindustriefür Kanonen und Schlachtschiffeermöglicht. Der Maschinenbau wurdezum wichtigsten Exportindustrie -zweig. Doch auch die neuen In -dustrien der Elektronik und derChemie, die beide entscheidend zurBeschleunigung der Industrialisierungbeitrugen (durch die Erschließungneuer Energiequellen, die allgemeineElektrifizierung, den Ausbau desVerkehrs- und Kommunikationsnetzes,der Intensivierung der Landwirt -schaft), waren sowohl bedeutsam fürdie wirtschaftliche Vormachtstellungin Europa und in der Welt, als auch fürdie Stellung Deutschlands im Welt -handel interessant: um 1900 liefertendeutsche Firmen etwa 90% derWeltproduktion an synthetischenFarben. 1913 war der Weltmarkt fürelektrotechnische Erzeugnisse zu mehrals 50% in deutscher Hand. Eine weitere charakteristische Ent -wicklung in Deutschland war dieAufhebung der Konzessionspflicht fürAktiengesellschaften 1870. Dies be -deutete, dass die Gründung vonAktiengesellschaften weniger durchstrenge rechtliche Einschränkungenreglementiert war, was zur Gründungvon über 500 neuen Aktienge sell -schaften zwischen 1871 bis 1873 alleinin Preußen führte. Dadurch konnte

nun mehr privates Kapital der Ak -tionäre in die rasant wachsendeWirtschaft fließen, wodurch die Ak -tienkurse stiegen und immer mehrAktionäre zum Kauf von Aktien ermu-tigt wurden.Ferner war die Rolle der Banken ent-scheidend. Durch die Gründung neuerKapitalgesellschaften wurde die Bil -dung von Konzernen und Kartellensowie der Monopolisierungsprozesser leichtert. Hatte es 1979 erst 14Kartelle gegeben, so entstanden bis

1890 an die 200. Auch im Banken -wesen gab es ähnliche Prozesse. DasBankkapital und das Industriekapitalverschmolzen im Finanzkapital, demdie Möglichkeiten innerhalb der Gren -zen des Deutschen Reiches bald nichtmehr genügten, und das in der Folgeinternational zu operieren begann. Esbegann der Welthandel, der Kapital -export, Investitionen im Ausland, dieGründung multinationaler Konzerne.Eine Folge dieser internationalen Ver -flech tungen war die wachsende Ab -hängigkeit des rasanten wirtschaft-lichen Aufschwungs in Deutschlandvom Weltmarkt: immer deutlichermachte sich der Mangel an eigenenRohstoffen bemerkbar, immer not-wendiger wurde die Erschließungneuer Absatzmärkte, und der Kon -kurrenzkampf, vor allem mit Englandwurde zunehmend härter.

Der GründerkrachEine Folge des Wirtschaftsbooms derGründerjahre war also die Überpro-duktion in vielen wirtschaftlichenBereichen und zugleich ein zunehmen-der Konkurrenzkampf zwischen deneuropäischen Nationen. Die allgemei-ne nationale Begeisterung im jungenKaiserreich und die Reformen des»eisernen Kanzlers« Bismarck hatte zurInvestition des Kapitals in die heimi-sche Eisen- und Stahlindustrie geführt,und zur Bildung zahlreicher neuerBanken und Aktiengesellschaften. Ander Börse wurde mit den neuenAktien zügellos spekuliert, und baldwurden die Grundsätze solider undnachhaltiger Finanzierung nicht mehrbeachtet. Dies sollte fatale Folgenhaben. Als Mitte des Jahres 1871 einigeBanken ihre Zahlungsunfähigkeit ein-gestehen mussten, wurden zahlreicheAnleger und Bankkunden misstrau-isch, verkauften ihre Wertpapiere und

1. Deutschland erwacht

Barackenstadt vor Berlin 1875

Dreherei einer Artilleriewerkstatt

Berliner Volksküche

Mittagspause

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räumten ihre Konten aus Angst davor,ihre Werte komplett zu verlieren. Aufdiese Weise wurde das zuvor enthusia-stisch investierte Geld dem gesamteneuropäischen Kapitalmarkt entzogen,was zu einer Ausweitung der Krise aufimmer mehr europäische und auchamerikanische Finanzmärkte führte.Der als »Gründerkrach« bezeichneteEinbruch war also in erster Linie einBanken- und Kreditzusammenbruch,der aber in der deutschen Wirtschaftmassive Folgen hatte. Für die deutsche Industrie fielen dieQuellen zur Geldbeschaffung miteinem Male weg, was zu einem extre-men Rückgang der Produktion und zumassenhaften Entlassungen der Ar -beiterschaft führte. Nach einer Pha seder überhitzten Konjunktur und desandauernden wirtschaftlichen Auf -schwungs hatte der „Gründerkrach“vor allem auch psychologische Folgen:das beinahe schon naive Vertrauen derMenschen in den grenzenlosen wirt-schaftlichen Aufschwung war gebro-chen.

Folgen des GründerkrachsDie Krise der deutschen Wirtschafthatte zur Folge, dass die Idee des Frei -handels und der allgemeine Wirt -

schafts liberalismus in Frage gestelltwurde. Der Staat musste nun wiedermehr in das wirtschaftliche Gescheheneingreifen. Dies tat der ReichskanzlerBismarck in Form von Schutzzöllen, mitdenen der Import von Gütern nachDeutschland belegt wurde. Doch diewährend der Gründerjahre geschaffe-nen Überkapazitäten existierten im -mer noch, und konnten im Auslandnicht abgesetzt werden, da andereNationen zu ähnlichen Schutzmaß -nahmen ihrer eigenen Wirtschaft griffen. Vor diesem Hintergrund der wirt-schaftlichen Krise, der Politik derSchutzzölle, der wachsenden politi-schen Opposition der Arbeiterschaft,die von den politischen und gesell-schaftlichen Umwälzungen der In du -stri alisierung schwer betroffen war, er -scheint der Imperia lismus und die Ko -lo nial politik des Deutschen Reiches alseine Abhilfe gegen diese Missständeim eigenen Land. Die deutsche Nationmusste wieder ge -

eint und auf ein gemeinsames Ziel aus-gerichtet werden. Die Erschließungneuer Rohstoff quellen für die ein-gebrochene In dustrie und neuerAbsatzmärkte für die Überproduktionin den überseeischen und afrikani-schen Gebieten konnte als Argu mentbenutzt werden, um die Zu kunfts -ängste abzumildern. Die Mittel -schichten der Städte und wenn mög-lich auch die Arbeiter in der Industriesollten mit den Zuständen im Kai -serreich wieder versöhnt werden –bevor sie auf die Idee kamen, gegendiese selbst etwas zu unternehmen.

Gesellschaftliche und Politische Ur -sachen des deutschen ImperialismusDie gesellschaftlichen, wirtschaftlichenund politischen Entwicklungen imdamaligen Europa haben im Deut -schen Kaiserreich zur Herausbildungpolitisch aktiver Interessengruppengeführt.

Von den negativen Folgen der„Großen Depression“ war besondersdie mittelständische Wirtschaft be -troffen, und suchte nun nach An-sätzen, um aus ihrer misslichen Lagezu entkommen. Die Industrialisierunghatte ohnehin das gesellschaftlicheGefüge in Deutschland zerrüttet, undweite Teile der Bevölkerung, in ersterLinie die Arbeiterschaft, benachteiligt.

1. Deutschland erwacht

Die RevolutionNach einem Plakat von Théophile SteineleAusdruck einer Sehnsucht nach Veränderung

Kaiser Wilhelm II

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Für diese benachteiligten Gesell -schafts schichten sollte die Kolo nia l-politik mit der Hoffnung verbundenwerden, dass auch sie nun von derimperialistischen Expansion profitierensollten. Somit sollte die Kolonialpolitik innen-politisch ein Bindeglied darstellen,durch das die Interessen der Arbeiterund des in Wirtschaft und Politik domi-nanten Bürgertums miteinander inEin klang gebracht werden sollte.Durch diese vorgetäuschte Interessen -harmonie zwischen Proletariat undBürgertum, wie sie der damalige

Theoretiker der SPD Karl Kautskybezeichnete, sollte auch das Aufbe -gehren der Arbeiter gegen die Machtim Kaiserreich abgewendet werden. Doch auch auf Seiten der Herr -schenden im Kaiserreich, den wirt-schaftlich dominanten Großgrund -besitzern und der Agrarwirtschafteinerseits, und den aufstrebendenaber politisch noch wenig einflussrei-chen Industriellen andererseits, droh-ten die Interessen im Zuge der In -dustrialisierung auseinander zu klaffen.Dieser Spaltung der für den Staat sowichtigen Kräfte versuchte Reichs -kanzler Bismarck durch sein „Bündnis

zwischen Rittergut und Hochofen“ ent-gegen zu wirken. Doch dazu benötigteer ein Zähmungsmittel, durch das bei-den Gruppen ein gemeinsames Ziel vorAugen geführt werden konnte. Durchden Erwerb und die wirtschaftliche

Nutzung der Kolonien konnten sowohlIndustrie als auch Land wirtschaft damitrechnen, ihre Vorteile zu ziehen. Die soauf eine gemeinsame Zielsetzung fixier-ten staatstragenden Kräfte sollte auchein gemeinsames und koordiniertesVorgehen gegen diejenigen politischmotivierten Kräfte im Land ermögli-chen, die eine radikale Änderung ihrerim Zuge der In dustrialisierung ver-schlechterten Situation forderten. Neben diesen innenpolitischen Ziel -setzungen war der Erwerb von Ko -lonien auch auf der außenpolitischenBühne von Bedeutung. Es erschienDeutschland notwendig, im Kon -

kurrenz kampf der europäischen Groß -mächte seine Position zu be haupten.Die „Torschusspanik“ Deutschlandskam darin zum Ausdruck, dass manversuchte im letzten Moment dienoch nicht von anderen europäischen

Mächten beanspruchten Gebietein Übersee und Afrika einzuver-nehmen. Aus diesen innen- und außenpo-litischen Gegebenheiten ergabsich also der Imperialismus im kai-serlichen Deutschland. Der statusquo der eigenen Gesellschaftsollte gehalten, und die Positiongegenüber den anderen europäi-schen Großmächten auf derBühne der imperialistischen Welt -politik sollte gesichert werden. Doch trotz dieser eindeutig poli-tischen Funktionen des Kolonia -

lismus waren die vorstrebenden Kräftekeine politischen oder militärischenAkteure, sondern private Handels -unternehmen. Denn noch älter als daspolitische Interesse an besetztenGebieten in Afrika ist das wirtschaftli-che Interesse am Handel mit denRohstoffen und Erzeugnissen Afrikas.

Wirtschaftliche Ursachen desKolonialismusBesonders die Exportfirmen in Ham -burg und Bremen spielten für den spä-teren Erwerb von Kolonien eine ent-scheidende Rolle: die HamburgerHandelshäuser C. Woermann und Jan -tzen & Thormählen waren in Kamerunaktiv, Godeffroy in den Süd see -gebieten, die Bremer Firma Vietor &Söhne hatte in Togo und Lüderitz inSüdwestafrika bereits ihre Unter neh -mungen etabliert. Ihren Handel hieltendiese Privatunternehmer zunächstaufrecht, ohne dass ihnen dabei einestaatliche oder militärische Macht denRücken deckte. Doch die deutschenHandelshäuser blieben besonders von

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1. Deutschland erwacht

im Deutschen Reichstag

Karl Johann Kautsky (1854-1938)Sozialdemokratischer Politiker

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der englischen Wirtschaftssituationund Handelspolitik abhängig. Zwarbetrieb das britische Weltreich mit sei-nen weitreichenden Einflusssphärenund großen Kolonien eine relativ libe-rale Handelspolitik, doch als internatio-nale Handelszentrale war Londondamals einfach nicht zu umgehen: DerWeltzahlungsverkehr spielte sich über-wiegend in der Pfundwährung ab,

und Londoner Versicherungs gesell -schaften und Großbanken waren iminternationalen Versicherungs- undKredit geschäft tonangebend.Die weltweite Depression von 1873brachte jedoch Veränderungen imweltweiten wirtschaftlichen Gefügemit sich: Als die USA Maßnahmenergriffen, um ihre eigenen Märktegegen den massiven Import englischerIndustriegüter zu schützen, wichGroßbritannien auf den kontinentalenund kolonialen Raum aus. Somit gerietdie deutsche Groß- und Schwer -industrie unter Druck, und forderte ab1876 zum Schutz der heimischenIndustrie gegen die ausländischeKonkurrenz die Einführung vonSchutz zöllen. Auch wurde jetzt dieFor derung nach Kolonien laut, umdurch den Import von Rohstoffen zuniedrigeren Preisen, die eigene In -dustrie und ihre Produkte wiederinternational konkurrenzfähig zumachen. Und hierbei dienten die bereits existie-renden Wirtschaftsbeziehungen derHamburger und Bremer Firmen nachÜbersee als geeigneter Ausgangs -punkt für die koloniale Besitzer -greifung. Der Wettlauf um asiatischeoder afrikanische (»Scramble forAfrica«) Besitzungen hatte eingesetzt,während der Grundsatz des wirt-schaftlichen Liberalismus zunehmendins Wanken geriet. Die deutschenExportfirmen reihten sich in die kolo-niale Bewegung ein, nachdem sie sichselbst von der britischen Handels -offensive und den kolonialen Besitz -ansprüchen Englands und Frank reichsso stark bedroht sahen, dass sie Angsthatten, völlig aus dem Übersee-geschäft verdrängt zu werden. Jetzt forderten sie den Schutz desStaates. Er sollte ihren Handel in einemgesicherten „Schutzgebiet“ sicher-stellen.

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1. Deutschland erwacht

Diamantenschürfer

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b) Sklaverei als Alibi

Nicht nur eindeutig wirtschaftlicheArgumente dominierten die Debattenüber die koloniale Erschließung desafrikanischen Kontinents. Ein weiteres,moralisches Anliegen wurde als Zielder europäischen Eroberer formuliert:die Abschaffung des in Afrika seitJahrhunderten größtenteils von Ara -bern betriebenen Sklavenhandels.Zwar war die europäische Expansionin der sogenannten Neuen Welt(Amerika) mit der dort betriebenenintensiven Plantagenwirtschaft derGrund für die Verschleppung vonMillionen von Afrikanern gewesen.Doch die zunehmende Mechani -sierung und Industrialisierung dieserPlantagenwirtschaft ließ die Nach -

frage nach billigen menschlichenArbeitskräften sinken, und der Skla -ven handel wurde immer unrentabler.Erst als die wirtschaftliche Notwen -digkeit für den Sklavenhandel zu rück -ging, wurden die moralischen undethischen Argumentationen gegenden Menschenhandel vernommen. Im britischen Herrschaftsbereich warder Sklavenhandel bereits 1807 und

die Sklaverei schließlich 1833 abge-schafft worden. Auch in den deut-schen Kolonial- und Missionskreisenwurde das Thema seit Beginn dereigenen Kolonialpolitik zunehmend

diskutiert. So forderte der Missions -inspektor Friedrich Fabri 1886, dass dasDeutsche Reich als Kämpferin gegenden Menschenhandel dem BeispielGroßbritanniens folgen müsse, undfügte so die Abschaffung der Sklavereizum Pflichtenkatalog der deutschenKolonialmacht hinzu. Die Vorstellung der Sklaverei wurde zudieser Zeit vor allem in der Neuen Welt

geprägt. Das dort herrschende Skla -verei system konnte mit den europäi-schen Vor stellungen von dem selbst -bestimmten Leben jedes Einzelnen,dem Grund satz der Menschenrechte,

nicht in Einklang ge -bracht werden. Das Bild, das nun vomafrikanischen Sklaven han -del gezeichnet wurde,war ein düsterer Alb -traum von Menschen jag -den und Mas sen morden.Demnach lebten die»Neger« in Afrika mit derständigen Angst vor derVerskla vung, sie würdenwie Tiere gejagt undanschließend unter grau-samsten Bedingungen ander Küste ihrem elendenSchicksal zugeführt. DerZu sammenhang des Skla -venhandels mit den euro-päischen Abneh mern die-ser menschlichen Warewurde nun überhaupt

nicht mehr gesehen oder erwähnt,stattdessen die bereits seit Jahr hun -derten in den afrikanischen Sklaven -handel involvierten Ange hörigen derislamischen Welt zu Hauptschuldigenerklärt. Doch war hinter dem Verbot desSklavenhandels auch ein pragmati-scher Grund zu vermuten. Es sollte ver-hindert werden, dass Afrika in einmenschenleeres Gebiet verwandeltwurde, schließlich wollte man doch„Kultur“ und „Zivilisation“ einführen,und dazu benötigte man dieMenschen, welche anschließend denBoden für die Europäer nutzbarmachen sollten. Die afrikanische Arbeitskraft sollte alsodurchaus auch weiterhin für die euro-päische Wirtschaft ausgenutzt wer-den, doch sollten die äußeren

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1. Deutschland erwacht

Schon 1898 notierte Rochus Schmidt, Hauptmann der Landwehr-Feldartillerie und Kompanieführer der Kaiserlichen Schutztruppe fürDeutsch-Ostafrika, in zahlreichen Tagebüchern: "Das Verabscheu ungs -würdigste an der Sklaverei sind die Sklavenjagden in Ost- undZentralafrika, wodurch ganze Gebiete, ausgedehnte blühendeLandstriche entvölkert und viele friedliche Völkerschaften in steterSorge um ihre Existenz gehalten werden.

Page 11: Deutsche Kolonien Handbuch

Umstände geändert werden. Wieselbstverständlich ging man dabeidavon aus, dass die Europäer, mit ihrerüberlegenen Zivilisation, von vornher-ein die „besseren“ Herren der afrikani-schen „Wilden“ sein würden, als es „dieAraber“ jemals sein könnten. Die Praxisjedoch zeigte, dass dies von denAfrikanern so nicht wahrgenommenwurde: Viele der ehemaligen Sklaven,die unter die Aufsicht der Missionenund Kolonialgesellschaften gestelltwurden, waren mit ihrem neuenLeben nicht unbedingt glücklich, undnur wenige Afrikaner neigten dazu,sich freiwillig in die Obhut der von derafrikanischen Welt abgeschiedenenMissionen und Christendörfer zubegeben. Die Anti-Sklaverei-Politik war insge-samt nicht der tatsächliche Grund fürdas europäische Eingreifen in diebestehenden afrikanischen Verhält -nisse, sondern lediglich ein Vorwand,um andere, wirtschaftliche Interessenzu rechtfertigen.

(Alexis Malefakis)

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1. Deutschland erwacht

Rudolf Manga Bell - Studienzeit in Deutschland aus dem Film: Manga Bell (DVD 2)(ganz rechts) Königssohn aus Kamerun, wurde Ende des letztenJahrhunderts in Deutschland in “Liebe zum Kaiserreich“ erzogen und aus-gebildet. Das Foto zeigt ihn im Kreis seiner Gastfamilie, einem Lehrerhaushalt inAalen/Würtenberg

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Zitate:

Deutschland auf der Weltausstellung in Chicago (1893)

Sei stolz, o Deutscher und schau herab Auf die Völker jeglicher Zone: Wir Deutsche das erste Kulturvolk sind, wir haben die größte Kanone.Das größte Ausstellungswunder stehtIm Kruppschen Pavillone,es ist ein furchtbares Riesengeschütz,es ist die große Kanone.Das Volk der Denker heißen wir längst,nun ist es zweifelsohne!Wir bauten das größte Zerstörungswerk,wir bauten die größte Kanone.

In rührender Eintracht stimmen Die Könige Krupp und Stinnes Für die Heeresvermehrung — Sie wissen genau warum! Das gibt für den Kapitalismus Die wahre Seelenruh, Das gibt im Kanonenfache, Ein Bomben-Geschäft dazu.

Der deutsche Staatsbürger und sein Schutzgeist

„Hebt wieder einer gegen Euch die Hand und spricht, Ihr Armen habt kein Vaterland, So steht doch auf und fragt ihn einmal frei, was unser Deutschland für den Reichen sei...

Ist es die Heimat, seines Volkes Herd? Das Land der Brüder, die er treulich ehrt? Und nicht das Land, in dem er Schätze rafft? Und nicht das Volk, das mühsam für ihn schafft?Nicht deutsch, nicht Heimat, nur ein Fetzen Welt,so feil, wie alles, um sein schnödes Geld!"'

(Schlemihl, Vaterlandslose Gesellen, 9, 1905)

Fehlts auch im Reich an Geld und Brot -was kümmert uns die Wohnungsnot!Sie mögen vegetieren.Heil: Tropen und Kanonenboot!Stolz weht die Flagge schwarz weiß rot.Wir müssen kultivieren!

Der Schwarze will zu uns zurück, zu Peitsche, Drill und Liebesglück und preußischen Manieren. Entreißen wir der fremden Tück' den dunklen Erdteil Stück für Stück. Wir müssen kultivieren!

(Weltbühne" 1926)

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1. Deutschland erwacht

Page 13: Deutsche Kolonien Handbuch

a) Geschichtliche Grunddaten zuAfrika vor den Deutschen;Ostafrika vor der deutschen Kolonisation

b) Die Kongokonferenz in Berlin1884/85: Der Wettlauf um Afrika; Die Ergebnisse der Kongokonferenz; Landkarte über die Entwicklung des afrikanischen Kontinents bis 1914

c) Die deutschen Kolonien: Südwestafrika, - Ostafrika,- Togo, - Kamerun, - Samoa,

- Neuguinea, - Tsingtao

d) Kolonien als Rohstoffprodu -zenten; Afrika als Rohstoff-quelle; Handelsvolumen undHandelsstruktur; Kolonien als Verlustgeschäft für den Staat

a) Geschichtliche Grunddaten zu Afrika vor den Deutschen

War der afrikanische Kontinent bis vorder Kolonisation für weite Teile derBevölkerung in Europa noch ein wei-ßer Fleck auf der Landkarte, so ist dieGeschichte Afrikas bis heute für diemeisten Menschen außerhalb Afrikasnoch ein blinder Fleck in ihrem Ge -schichtsbild. Doch ebenso wenig, wieAfrika ein »verlorener« Kontinent war,der nur darauf wartete endlich »ent-deckt« zu werden, sind die Menschenin Afrika Menschen ohne Geschichte,oder Menschen, deren Geschichte erst

mit der Kolonisierung durch Europabeginnt. Das mangelnde BewusstseinEuropas für die Ge schichte Afrikasmag am Mangel an schriftlichenQuellen liegen. Denn nur wenige Be -völkerungsgruppen Afrikas benutztenschriftliche Dokumente um ihre Ge -schichte festzuhalten, die meisten tra-dierten sie durch die mündlicheWeiter gabe. Nur wenige der alten Gemeinwesenauf dem Kontinent entsprachen inihrer politischen und wirtschaftlichenStruktur dem, was wir heute untereinem Staat verstehen. Die geringeBe völkerungsdichte in den meistenRe gionen Afrikas begünstigte dieHerausbildung dauerhafter Staaten

2. Der Griff nach Afrika / Lockruf des Geldes

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Page 14: Deutsche Kolonien Handbuch

nach europäischem Muster nicht.Doch gab es überall auf dem Kon -tinent Gesellschaftsstrukturen undStaatengebilde, die unterschiedlichsteFormen komplexer politischer, wirt-schaftlicher und auch religiöser Orga -nisation kannten, und die keineswegsimmer lose Familienverbände darstell-ten, wie es der von Europäern einge-führte Begriff des »Stammes« sugge-riert. Sowohl in West- als auch inOstafrika gab es überdies Königreiche(wie zum Beispiel das KönigreichGhana, das den heutigen Senegal,Mauretanien und Mali umspannte,oder das Königreich Benin), die ihreMacht und ihren Einfluss überJahrhunderte hinweg behauptenkonnten. Diese Macht war jedoch vongrundlegend anderer Art als dieMacht der europäischen Staaten.Während die Staatenwesen in Europaseit jeher eine territoriale Macht dar-stellten, war die Macht der afrikani-schen Könige zumeist eine Macht überMenschen. Dies bedeutet, dass sich dieMacht der Herrscher nicht auf ein ge -

nau definiertes Staatsgebiet bezog,son dern nur so weit reichte, wie ihrepolitischen Bündnisse und Loyalitäten

geknüpft waren. So waren dieKönigreiche Afrikas von intensivenBeziehungen mit angrenzendenBevölkerungen abhängig, mit denensie zum Teil in engen politischen, wirt-schaftlichen sowie religiösen Bezie -hun gen standen. Diese Beziehungenreichten in einigen Küstenregionendurch den Handel mit europäischenSeemächten bis in weite Teile derWelt. Neben den Handelsbeziehungen mitEuropa spielten die VerbindungenAfrikas mit der islamischen Welt eine

tragende Rolle. Die zwischen dem 7. und 11. Jh. in Nordafrika eingedrun-genen Muslime der arabischen Halb -insel hatten ihre Religion bis in diewestafrikanische Savanne getragen.Dort fanden sie befestigte Städte undflorierende regionale Handelsnetzevor, mit denen einer reger und profita-bler Handel über die Sahara hinwegbetrieben werden konnte. Auch imsüdlichen und vor allem im östlichenAfrika war der Einfluss des Islam zuspüren. Die Araber betrieben einenregen Handel mit Sklaven, dem»schwarzen Elfenbein«, die sie vonafrikanischen Sklavenhändlern kauf-

ten, und an europäische Unternehmerweiterverkauften. Denn die europäi-schen Besitzungen in Nord-, Mittel-und Südamerika machten den Handelmit billigen Arbeitssklaven für diePlantagenwirtschaft seit dem frühen16. Jh. unerlässlich. Es entstand einDreieckshandel: Mit billigen Tausch -waren befrachtet segelten die Schiffevon Europa nach Afrika, handeltendort von den Sklavenhändlern ihremenschliche Fracht ein, die sie in denamerikanischen Häfen gegen dieErzeugnisse der Plantagen eintausch-ten. Die späteren deutschen KolonienTogo und Kamerun lagen an derSklavenküste Westafrikas, an derbereits im 15. Jh. die Portugiesen auf-getaucht waren und seither Bezie -hungen zu den ansässigen Gold- undSklavenhändlern unterhielten. Die süd-

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2. Der Griff nach Afrika / Lockruf des Geldes

Page 15: Deutsche Kolonien Handbuch

lichere Küste Westafrikas war hinge-gen weniger vom Sklavenhandel be -troffen. Im Gebiet des späteren Deutsch-Südwestafrika waren große Migra -tionströme über Jahrhunderte hinwegdie Faktoren des sozialen Wandels. Die

im 16. und 17. Jh. von Zentralafrika ein-gedrungenen Ovambo und Hererohatten die in Südwestafrika beheima-teten Bevölkerungen der Damara undSan zum Teil blutig unterworfen oderin die unwirtlichen Gegenden derKalahari-Halbwüste zurückgedrängt.

Geschichte bedeutet nicht nur dieNamen von Herrschern und ihrenReichen und die Kriege zwischenihnen zu kennen, sondern auch diesich wandelnden Aspekte des tägli-chen Lebens einfacher Menschen zuverstehen.

Für weite Teile der europäischenBevölkerung war der afrikanischeKontinent vor der Kolonisation einevöllig unbekannte Welt. Die Vor -stellung, Afrika sei ein geschichtsloser

Kontinent, dessen Menschen seitJahrhunderten oder gar Jahrtau -senden nichts von der übrigen Weltgewusst hätten, und die in einemUrzustand menschlicher Entwicklungals Steinzeit- oder Naturmenschenleben, ist eines der hartnäckigstenVorurteile, dass die Kolonialzeit her-vorgebracht hat, und das seitherimmer wieder reproduziert wird. Aufgrund des bereits angedeutetenMangels an schriftlichen Quellen inAfrika ist leider nur wenig über dieGeschichte der Menschen und ihrerGesell schaften bekannt. Ihre mündlichenÜberlieferungsformen sind zu demdurch den tiefen Ein schnitt der Ko -lonisation zum Teil in solchem Maße zer-stört worden, dass heute ein Großteildes wichtigen kulturellen Wissen vielerBevölkerungen Afrikas für immer verlo-ren ist. Doch sollte man deshalb nichtauf ideologische gefärbte Erklärungs -muster verfallen, nach denen Afrika vorder Ankunft der Europäer ein finstererOrt voller Tyrannei, Sklaverei undMenschen fresserei war, wie es dieBefürworter der Kolonisation so gernepropagierten. Als sicher kann in jedem

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2. Der Griff nach Afrika / Lockruf des Geldes

Deutscher Besuch beim König von Bamounaus dem Film „Mandu Jenu“ (DVD 2)

Page 16: Deutsche Kolonien Handbuch

Fall angenommen werden, dass die vie-len kleinen und großen Bevölkerungs -gruppen so wohl in West- als auch inOstafrika seit jeher einem stetigenWandel ihrer gesellschaftlichen Struk -turen und Beziehungen zu angrenzen-den Bevölkerungen unterworfenwaren – ebenso, wie die Völker undStaaten in Europa auch.

Ostafrika vor der deutschenKolonisationDen vielfältigen geographischen Ge -ge benheiten entsprechend lebten zurZeit der Kolonisation in Ostafrika eineReihe von Bevölkerungen nebeneinan-

der, die in unterschiedlichen politi-schen und sozialen Strukturen organi-siert waren. Die Mehrheit der Bevölkerung stelltenverschiedene Bantu-Gruppen, diegrößte unter ihnen, die an der Küstelebenden Swahili, deren Sprache, dasKiswahili, die Verkehrssprache desLandes wurde. Neben den halbnoma-dischen Viehhirten der Massai, lebten

hier unter anderem Watussi undWahuma. Außerdem lebten vieleAraber und Inder in der Küstenregion,die bereits seit einigen Jahrhunderten

von hier aus Handel betrie-ben.Das Land zwischen dem indi-schen Ozean und den gro-ßen Seen am ostafrikanischenGrabenbruch war seit frühester Zeitdie Heimat einer Vielzahl unterschied-licher Menschen und Kulturen. ImGebiet der großen Seen gab es zumTeil straff organisierte und dicht besie-

delte Staatswesen der Bantu, die seitdem 12. Jahr hun dert in diese Regionvorgedrungen waren. Seit dem 17. Jahrhundert war diese Regioneinem ständigen Wandel der ethni-schen und somit auch politischenVerhältnisse unterworfen, die sich erstim 19. Jahrhundert relativ dauerhaftenStrukturen verfestigt haben. Es ent-standen größere Reiche mit weitrei-chenden Einflussgebieten. Wenn seit der Ankunft der Europäerdie Bevölkerungen Afrikas gerne mit„Stammesnamen“ benannt wordensind, so dürfen diese von außen indu-zierten Namen, die oft von vom geo-graphischen Umfeld auf dessenBewohner übertragen wurden (wiez.B. arabisch: suahel = Küste; einSwahili ist folglich schlicht ein Kü -stenbewohner), nicht über dieTatsache hinwegtäuschen, dass diese„Stämme“ keineswegs einheitliche undnach außen abgegrenzte „Völker“ dar-stellten. Die europäische Fiktion der„traditionellen Stämme“ Afrikas wird

den ausgeprägten poli-tischen und kulturellenUnterschieden inner-halb der Bevöl kerungs -gruppen in weiten TeileAfrikas in keiner Weisegerecht. Zu dem war dieKategorie der Ethnie,also die Zugehörig-keit zu der einen oderder anderen Bevöl -kerungs gruppe, nichtunbedingt die Grund -lage der GesellschaftenAfrikas und ihrer Be-ziehungen untereinan-der. Wichtiger waren

meist politische und vor allem wirt-schaftliche Beziehungen zwischenFamilien, Großfamilien, Dör fern, König -tümern, religiösen Bünden und der gleichen.

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2. Der Griff nach Afrika / Lockruf des Geldes

Empfang bei König Dahomey

Shaka Zulu. König der Zulus

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Auch war Afrika keineswegs ein vonder Welt „vergessener Kontinent“, dernur auf seine Erweckung durch dieeuropäischen Herrenmenschen ge -war tet hatte. Schon lange vor derKolonisierung war der Kontinent in einweltumspannendes Handelsnetz ein-gebunden. Seit dem 18. Jahrhundert hatten sichan der Küste des heutigen Tansaniasindische und vor allem arabischeHändler niedergelassen, die von dortaus einen lukrativen Handel mitElfenbein und Sklaven über die kleine,vorgelagerte Insel Sansibar betrieben.Die Herrscher des Oman hatten seit1785 die Kontrolle über Kilwa, underrichteten um 1800 eine effektiveVer waltung auf Sansibar. 1840 verleg-te der Oman sogar seinen politischen

Hauptsitz auf die Insel, trotz des mas-siven Widerstands der einheimischen„Swahilis“. Der Einfluss der Omanis be -schränkte sich jedoch auf Sansibar undeinen Streifen an der ostafrikanischenKüste. Eine Folge ihrer langen Präsenz

war, dass die Kultur der Swahilis zu -nehmend arabisiert wurde (ihreSprache weist viele arabische Lehn -wörter auf, und wurde zunächst inarabischer Schrift festgehalten). In denKüstenstädten wuchs die Zahl derSklaven und Karawa nenträger, mitderen Hilfe die arabischen Händlerimmer weiter ins Landesinnere vor-drangen.

Mit dem Vordringen der Händler unddem langfristigen Ausbau der Han -dels routen veränderte sich das regio-nale Handelssystem insgesamt. Denndas Gebiet, in welchem sich die Araberfür ihre wirtschaftlichen Interessenstark machten, war keineswegs einunberührter Fleck Natur. Sie trafen auf die am Tanganjika-See lebendenNyam wezi, die dort ihr eigenesHandelsnetz etabliert hatten, und mitdenen sie Sklaven und Elfenbein han-delten. Zunehmend wurden nun auchFeuerwaffen gehandelt, da der Kon -kurrenzkampf zwischen den verschie-denen Gruppen von Händlern immeröfter gewalttätige Züge annahm. Bis zur Mitte des 19. Jahrhundertsblieb das omanische Sultanat aufSansibar der wichtigste Handelsplatz,von dem aus neben Sklaven und Elfenbein vom Festland auch Gewürze,wie etwa Nelken, gehandelt wurden. Die in Europa bis heute so beliebteVorstellung, Afrika sei ein Kontinentohne Geschichte, von primitiven Na -tur völkern ohne Kultur und Zivilisationbevölkert, muss als eine kolonialeKonstruktion entzaubert werden, diemit der Realität Afrikas nichts gemeinhat. Doch bleibt dieses Bild wirksam inder alltäglichen Bevormundung undGeringschätzung der Menschen Afri -kas, in der Politik ebenso wie in unse-ren Köpfen.

b) Die Kongokonferenz in Berlin1884/85: Der Wettlauf um Afrika

Nicht nur die Interessen der europäi-schen Industrie und des Handelswaren zentrale Beweggründe für dasimperialistische Großprojekt der Ko -lonisierung Afrikas. Auch weltpoliti-sche Motive der miteinander konkur-rierenden Mächte Europas drangenauf eine schnelle Lösung der Afrika-Frage. Vor allem England und Frank -reich waren seit Jahrhunderten mitder Ausdehnung ihrer Einflusssphärenin überseeischen Weltregionen erfolg-reich.Die Ausbeutung fremder Rohstoffeund Produktionen sowie der Versucheiner Ausbreitung der europäischenZivilisation in entlegene und „unzivili-sierte“ oder „wilde“ Regionen der Welterfuhr um 1885 eine enorme Be -schleunigung, als sich der innereuro-päische Konkurrenzkampf der Natio -nen auf die Weltkarte ausweitete.Dabei wurden in bisher ungekanntemAusmaß diplomatische Bemühungenunternommen, um jedes auch noch sokleine Stückchen Land in den Macht -bereich der einen oder anderen euro-päischen Nation zu stellen. Es wurde

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2. Der Griff nach Afrika / Lockruf des Geldes

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stillschweigend verhandelt, gefeilscht,getauscht, gedroht und geboten.Doch konnten natürlich nicht alleVorstellungen der einzelnen Regie -rungen verwirklicht werden. So wur-den Koalitionen zum Erwerb vonKolonien geschmiedet, die nicht ohneAuswirkungen für das europäischeMachtgefüge blieben, und die mehrund mehr die Balance der Macht inEuropa verschoben und damit auchgefährdeten. Die Berliner Kongo-Konferenz stellte einen Versuch dar,dieser sich zuspitzenden Krisen -situation mit diplomatischen Mittelnentgegenzuwirken. Aus gangs punkt war der Vorstoß desbelgischen Königs Leopold II, der seit1876 sein Privatvermögen in denAufbau von Handelsstützpunkten amUnterlauf des Kongo gesteckt hatte,und der nun territoriale Ansprüchegeltend machen wollte. Sein Anspruchauf den Privatbesitz dieses Gebieteswurde von anderen an dieser Regioninteressierten Großmächten wieFrank reich oder England zurückgewie-

sen. Zum Ausgleich dieser zunehmen-den innereuropäischen Spannungenwollte Bismarck beitragen. Im November 1884 berief Bismarck dieinternationale Kongo-Konferenz nachBerlin, an der alle irgendwie an Afrikainteressierten Mächte teilnehmen soll-ten. Durch vertragliche Regelungensollte die Aufteilung Afrikas ein fürallemal geregelt werden, und so wei-tere Streitigkeiten zwischen denGroßmächten vermieden werden. Diedeutschen Kolonien Togo, Kamerun,Deutsch-Südwestafrika und Deutsch-Ostafrika erlebten hier ihre kolonialpo-litische Geburtsstunde. Mit Hilfe eines Lineals wurden dieBesitz ansprüche Europas auf derLandkarte Afrikas eingetragen – zuerkennen bis heute an vielen Grenz -verläufen der unabhängigen StaatenAfrikas. Dies alles geschah, ohne dassauch nur ein einziger Vertreter derafrikanischen Bevölkerungen mit amTisch saß. Dabei stellen diese mit demLineal gezogenen Grenzen bis heutezum Teil Problemzonen auf dem afri-

kanischen Kontinent dar, da durch sieBevölkerungsgruppen voneinandergetrennt, oder auch in einen gemein-samen Staat gedrängt wurden, ohneselbst an diesen Entscheidungen mit-gewirkt zu haben. Die Ergebnisse der KongokonferenzIn der Schlussakte der Konferenzwurde ein Kompromiss aller an Afrikainteressierten Großmächte festgehal-ten. Somit wurde für die Europäer derdrohende Konflikt um die afrikani-schen Gebiete bis auf Weiteres ent-schärft. Damit sich keine weiterenProbleme beim Wettlauf um Afrikaergaben, hatte man zudem freieSchifffahrt auf dem Niger und demKongo vereinbart. Nicht eine einzigeeuropäische Großmacht sollte sich imInneren Afrikas ausbreiten können,sondern die Beute wurde geteilt. Derdringend nötige Ausgleich zwischenden Nationen Europas wurde auf demRücken der Menschen Afrikas ausge-tragen, die in den folgenden Jahr -zehnten unter dem Arbeitszwang, derBesteuerung, der Prügelstrafe, derEnteignung und Entrechtung, der see-lischen Vergewaltigung und Ermor -dung zu leiden haben würden.

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2. Der Griff nach Afrika / Lockruf des Geldes

Afrikakonferenz in Berlin aus "Gartenlaube" von 1885

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c) Die deutschen Kolonien: Südwestafrika, - Ostafrika, - Togo, - Kamerun, - Samoa, - Neuguinea, - Tsingtao

Deutsch-Südwestafrika

Als zweitgrößte deutsche Kolonieumfasste Deutsch-Südwestafrika einetwa 835.000 qkm großes Gebiet dessüd afrikanischen Hochbeckens, dasseine durchschnittliche Höhe von1.000 m aufweist und an der west-lichen Umrandung auf über 2.600 mansteigt. Die in diesem subtropischenund trocknem Klima äußerst unregel-mäßigen Regenfälle führen zu ab -wechselnden Dürreperioden undÜber schwemmungen. Starke jährlicheund tägliche Temperatur schwan-k ungen, aufgrund der trockenen Luftund der hohen Wärmeaus strahlung,lassen örtlich sogar gelegentlichenNachtfrost zu. Die Flora ist, den Regen -zonen entsprechend, gegliedert in dreivon Westen nach Osten aufeinander-folgende Zonen: im Westen die kahleWüstenzone der Namib, der ältestenWüste der Welt; weiter im Innerenschließt sich eine Halbwüste mit spärli-chem Pflanzenwuchs an; höhere Nie -der schlagsmengen begünstigen dieGrassteppe weiter östlich.

Bei der Ankunft der Europäer war die-ses Gebiet nur dünn besiedelt. ImNorden lebten die Ovambo, 1913 vonder deutschen Kolonialbehörde aufetwa 100.000 Menschen geschätzt.Die im mittleren Teil des Schutz -gebietes angesiedelten Herero undDamara wurden auf etwa 84.000beziehungsweise 35.000 Menschengeschätzt. Im Gebiet der Kalahari lebten verschie-dene Gruppen nicht-sesshafter Jägerund Sammler, von den Einheimischenund auch von den Kolonisten abfälligals »Buschmänner« bezeichnet. ImSüden, in dem nach ihnen benanntenLand, lebten die Mama, von denWeißen Hottentotten genannt, miteiner Population von ungefähr 25.000Menschen.Diese verschiedenen Bevölkerungs -gruppen lebten in unterschiedlichorganisierten kleineren und größerenGesellschaftsverbänden, und unter-hielten politische und wirtschaftlicheBeziehungen untereinander.Bereits 1839 war die evangelischeRheinische Mission in dem Gebiet aktivgeworden noch bevor ihnen der offi-zielle Schutz des Deutschen Reicheszugesichert wurde. Ihnen folgten

schon sehr früh deutsche Händler undKaufleute in das Land, die sich an denMissionsstationen ansiedelten. Am 7. Februar 1883 unterrichtete der in Kapstadt residierende deutsche Bot schafter das britische Außen -mini sterium über die Absichten desBremer Kaufmanns Adolf Lüderitz,nördlich der Mündung des Oranje eineFabrik zu errichten. Das Schreiben rich-tete an die britische Regierung dieFrage, ob Großbritannien dort Ho -heits rechte ausübe und notfalls in derLage sei Lüderitz zu beschützen.Anderen Falls würde dies von deut-scher Seite aus geschehen, jedoch„ohne jegliche Absicht, sich in Afrikaniederzulassen", so beschwichtigteman. Am 01.05.1883 kam es – nach-dem keine Einwände erhoben wurden– zum Erwerb eines Küstenstreifensdurch den Geschäftsmann Lüderitz.

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2. Der Griff nach Afrika / Lockruf des Geldes

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Die dort ansässigen Nama hatte manausgetrickst und ihnen fast ihr gesam-tes Heimatland zum lächerlichen Preisvon 200 Gewehren und 100 PfundSterling »abgekauft«. Auf der BerlinerKonferenz von 1884/85 wurde schließ-lich Südwestafrika, mit Ausnahme derWalfischbucht, zum deutschen Schutz -gebiet erklärt.

Die deutsche Politik des»divide et impera« (Teileund Herrsche) war eineStrategie, durch die einhei-mische Volksgruppen ge -geneinander ausgespieltund so die Möglichkeiteneines vereinten und koordi-nierten Wider standes gegen dieKolonialherren minimiert wurden.Dass die einheimischen Bevölkerungs -gruppen sich dieser Taktik nicht wider-setzen konnten, hatte fatale Folgenfür sie. Die Deut schen spielten bereitsverfeindete Gruppen taktisch gegen-einander aus, schlossen einseitige

Schutz abkommen und ver-hinderten so den geschlos-senen Widerstand der ein-heimischen Nama, Hereround Witbooi und andererGrup pen. So ließ sich der Ober -häuptling der Herero,Maha rero, auf ein Schutz -abkommen mit Göring,dem Vater des berüch -

tigten Naziluftmarschalls Her mannGöring, ein, in der Hoffnung, in derAuseinandersetzung mit den NamaRückenstärkung zu erhalten.Die herabwürdigende Haltung derWeißen der einheimischen Bevöl -kerung gegenüber zeig te sich auch imtäglichen Verwaltungsgeschäft undder Rechtssprechung. So wurden bei-spielsweise die enteigneten einheimi-schen Viehzüchter durch die Gesetzeder Kolonialbehörden schwer bestraft,wenn sie ihre Herden auf dem»Besitz« der neuen weißen Herrenweiden ließen. Durch skrupellose

Händler, die ihnen kurz-fristige Kredite mitenormen Zinssätzengewährten, wurdenviele in die Ver -schuldung getrieben,die von den Weißenwiederum zur Konfis -zierung von Land undVieh genutzt wurde.Aus dem Jahre 1903wird berichtet, dassmehr als die Hälfte derVieh herden der Here -

ro in den Besitz weißer Siedler überge-gangen seien, die seit 1900 immerzahlreicher ins Land kamen. 1890 lebten nach amtlichen Angaben310 Deutsche in Südwestafrika. 1896waren es bereits 2.000, 1903 knapp3.000. 1901 besaßen die deutschenSiedler mehr als 4/5 des Gebietes, den-

noch wurde weitergekauft. Durch denVerlust ihres Landes wurden vieleMenschen in der Kolonie zur Lohn -arbeit für die neuen, weißen „Besitzer“ihres Landes gezwungen, von denensie eine erniedrigende Be handlung zuerwarten hatten. Die Haltung deut-scher Siedler wird durch folgendenErlass des »Deutschen Kolonial bun -des« gut veranschaulicht: „1. Jeder Farbige hat einen Weißen alshöherstehend zu betrachten.2. Vor Gericht kann die Beweiskraft

eines Weißen nur durch sieben Farbigeaufgewogen werden."

Deutsch-Ostafrika

Die größte und Bevölkerungsreichstedeutsche Kolonie war mit 995.000qkm und etwa 8 Millionen Einwoh -nern Deutsch-Ostafrika. In nord-südli-cher Richtung zieht sich durch diesesHochland, das im Binnenland eineHöhe von 1.000 m erreicht, der ostafri-kanische Grabenbruch. Steile Vulkaneerheben sich an dessen Rändern, derwohl berühmteste unter ihnen derknapp 6.000 m hohe Kilimandscharo.Das Land ist von Steppen und Savan -nen geprägt, die dem tropischenKlima mit dem Wechsel von Regen-und Trockenzeit unterliegen. Die Mehrheit der Bevölkerung stelltenverschiedene Bantu-Gruppen, diegrößte unter ihnen die Swahili, deren

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Gouverneur Leutwein bei Samuel Maharero, 1895

Göring bei Maharero, Oberhäuptling der Herero

Maharero

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Sprache, das Kiswahili, die Verkehrs -sprache des Landes wurde. Neben denhalbnomadischen Viehhirten derMassai, lebten hier unter anderemWatussi und Wahuma. Außerdem leb-ten viele Araber in der Küstenregion,die bereits seit einigen Jahrhundertenvon hier aus Handel betrieben.Seit der Mitte des 19. Jahrhundertsspielten deutsche Kaufleute im Handelmit der an der Küste vorgelagerten InselSansibar eine bedeutende Rolle, wäh-rend zur gleichen Zeit deutscheMissionare im Lan desinnerentätig waren.Der Inbesitznahme des ost-afrikanischen Gebie tesdurch das Deutsche Reichgingen die Akti vi tätender Gebrü der Lehn hardund Carl Pe ters voraus.

Peters, der aus dem von den gesell-schaftlichen Umwälzungen im Reichangeschlagenen Mittelstand stammte,gründete 1884 mit Gleichgesinntendie »Gesellschaft für deutsche Koloni -sation«, und macht sich noch imNovember des gleichen Jahres aufnach Ostafrika.

Im Jahr 1884 begann Carl Peters miteinigen der einheimischen Herrschern»Verträge« über ihre Gebiete abzu-schließen. Ein Jahr später wurde aufWeisung des Kanzlers Bismarck für

diese Gebiete der kaiserlicheSchutz brief ausgestellt. Die genau-

en Grenzen von Deutsch-Ostafrikamussten jedoch 1890 mit

England im sogenannten„Sansibarvertrag“ ausgehan-delt werden. Dabei wurden

die deutschen Ansprüche aufdas Witu land im heutigen Uganda

und auf die Insel Sansibar zugun-sten Englands fallen gelassen,und Deutschland erhielt imGegenzug die vormals englische

Insel Helgo land. Als im gleichen Jahreine deutsche Ver waltung dieBesitzrechte von der Deutsch-

Ostafrikanischen Gesell schaft für einenPreis von 600.000 Mark übernahm,wurde das Gebiet offiziell in denStatus einer deutschen Kolonie erho-ben. Die wirtschaftliche Erschließung desLandes sollte seit 1894 planmäßig er -folgen, und so wurden die alten, vonder Küste ins Landesinnere führendenHandelswege ausgebaut, und zweiEisenbahnlinien gelegt.Unter den großen Mengen an Expor t -produkten, welche das Deutsch Reichaus Deutsch-Ostafrika importierte,waren Sisal, Baumwolle, Kopra, Erd -nüsse, Kaffee, Felle, Kautschuk, Holz,Salz, sowie intensive Goldvor -kommnisse die bedeutendsten. Die einheimische Bevöl kerung wurdein die Wir tschaft der Kolonie einge-bunden, indem eine Kopfsteuer einge-richtet wurde, die jeder Einzelne inGeld zu bezahlen hatte. Dieses Geldjedoch konnte die einheimischeBevölkerung nur auf einem Weg erhal-ten: durch die so erzwungene Arbeitfür die weißen Eindringlinge. DieserArbeitszwang, sowie die von denDeutschen häufig zur Willensbrechungangewandte Prügelstrafe, veranlass-ten die von den Weißen geknechtetenund in ihrer Würde vergewaltigtenMenschen sich aufzulehnen. Der letztegroße Aufstand, der Maji-Maji-Aufstand, brach 1905 im Süden des

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Carl Petersaus dem Film „Die Liebe zunImperium“ (DVD 1)

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deutsch kontrollierten Gebietes aus,und breitete sich rasch auf ein Gebietvon 200.000 qkm aus.

Togo

In Togo, einem etwa 87.000 qkmumfassenden Gebiet an der westafri-kanischen Küste, lebten einer Schät -zung von 1912 zufolge etwa 1 Mil lionMenschen. Sie bewohnten ein land-schaftlich in drei Zonen zu gliederndesLand: die Küstenebene, den Bereichdes Togogebirges und die Binnen-ebene. Das nordtropische Kli ma, mitganzjährig hohen Tempera turen,wirkt sich im Norden des Landes mitdoppelten Trocken- und Regen -perioden aus, während im Süden nureine Trocken- und eine Regenzeit dasJahr unterteilt. Die Menschen dieses dicht besiedeltenGebietes lebten von intensivem Hack -bau und an der Küste vom Fischfang.Es handelte sich jedoch nicht um eineeinheitliche Bevölkerung die in einergroßen politischen oder gesellschaftli-chen Organisationsform lebte, son-dern um mehrere kleine und eigen-

ständige Gruppen, die in kleinenGemeinschaften mit eigenen gesell-schaftlichen und politischen Struk -turen lebten. Auch hier waren lange Zeit vor demoffiziellen Interesse des DeutschenReiches private Unternehmer undchristliche Missionen tätig gewesen.Seit 1856 hatte sich die Bremer FirmaVietor dort etabliert, die BremerMission predigte seit 1859 in dieserRegion. Ohne eine staatliche Unter -stützung zu genießen, standen dieseInteressengruppen jedoch der Kolo -nial politik, wie sie sich entwickelte,zum Teil sehr skeptisch gegenüber.

Dr. Gustav Nachtigal schloss im Auf -trag der deutschen Regierung im Juni1885 ein „Schutz- und Trutzbündnis“mit dem obersten Herrscher von Togoab. Die Kolonie hatte von Anfang an denZweck, die Handelsniederlassungen ander Küste mit dem Hinterland, demdamals noch so bezeichneten „Sudan“,zu verbinden. Diese rein praktischeAbsicht spiegelt sich bis heute in der langgestreckten Form von Togowieder. Der Handel sollte intensiviertwerden durch den Ausbau der Ver -kehrswege. So wurden neben demStraßenbau auch der Bau dreier

Eisenbahnlinien sowie modernenHafenanlagen zum Ziel. Hinzu kam, dass man in der außerge-wöhnlichen Fruchtbarkeit der Bödenund dem großen Wissen der einheimi-schen Bevölkerungen um deren land-wirtschaftliche Nutzungen die Mög -lichkeit hoher wirtschaftlicher Erfolgesah. Der Exporthandel mit Palmkernen undPalmöl, Kautschuk und Baumwollenutzte die bereits seit Jahrhundertenbestehenden Strukturen des Handels

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Dr. Gustav Nachtigal

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und des Anbaus der einheimischenBevölkerung. Dagegen gab es nur sehrwenige europäische Bemühungen,eigene Pflanzungen zu gründen.Somit war auch der weiße Anteil ander Bevölkerung entsprechend gering:nur 368 Europäer lebten in Togo imJahre 1913. Die meisten von ihnen leb-ten in der Hauptstadt Lomé undwaren Kolonialbeamte, Geistliche undKaufleute. Die Hauptexportprodukte Togoswaren Kautschuk, Elfenbein, Palmen -kerne und Palmenöl. Doch verringerten sich die Exportevon Kautschuk bis 1913 drastisch, dadie diesen Rohstoff liefernde Lianen -sorte durch den Raubbau fast gänzlichverschwand. Auch Elfenbein, begehr-tes und wertvolles Exportprodukt,konnte nicht mehr exportiert werden,nachdem in kürzester Zeit fast alleElefanten erschossen worden waren.Da die Bevöl kerungsdichte keine

intensive Plantagenwirtschaft zuließ,stellte sich auch in dieser Wirt -schaftsform keine Alter na tive dar. Seinen Ruf als deutsche „Muster -kolonie“ verdankt Togo dem imVergleich zu anderen Kolonien gutentwickelten Schul wesen. Bis 1914wurden vier Regie rungsschulen undeine Ackerbau schule gegründet, hinzukamen an die 200 katholische und

etwa 165 evangelische Missions -schulen. Der Ausbau des Verkehrs -netzes erlaubte das Befahren derneuen Strassen mit Autos – zu dieserZeit keine Selbstverständlichkeit.Krankenhäuser und –stationen verbes-serten die medizinische Versorgung,und die schlimmste Seuche, diePocken, konnte durch Schutz- impf ungen zurückgedrängt werden. Über all dem darf jedoch nicht verges-sen werden, dass auch in Togo dieMenschen ihres Landes und ihrerFreiheit beraubt, und dem wirtschaftli-chen Streben Deutschlands unterge-ordnet wurden. Als Rechtlose hattensie massive Repressalien und diePrügelstrafe ständig zu fürchten.

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Kamerun

Die Fläche von etwa 790.000 qkm,gelegen zwischen dem 1° und dem13° Grad nördlicher Breite, ist von tro-pischem Klima mit sehr hohenTemperaturen und einer Luftfeuch -tigkeit von meist über 80% geprägt.So ist die Küste von dichtem tropi-schen Urwald bedeckt, der eine nurschwer passierbare Sperre zum Inlandbildet. Dem Kameruner Hochland imLandesinneren schließt sich im Nordendie Tschadsee-Niederung an. Nach ei -ner Schätzung durch die deutscheKolonialverwaltung lebten in Kamerun1913 etwa 3,5 Millionen Menschen. Indem Gebiet lebten verschiedene afri-kanische Bevölkerungsgruppen, dieunterschiedliche Sprachen, Gesell -schafts formen und Religionen kann-ten: die Duala, Bimbia und Bakwiri,und im Süden die Pangwe und Fang,die Baja, Lakka, Musgum und Bamumund im Norden des Landes die Haussa. Seit den 1860er und 1870er Jahrenwaren deutsche, französische undenglische Handelsinteressen auf dieWestküste Afrikas gerichtet. 1884, noch bevor England Ansprüchean dem Gebiet geltend machen konn-te, wurde Kamerun in einer Art

Handstreich unter deutsche Reichs -hoheit gestellt. Bremer und Ham bur -ger Kaufleute hatten hier Handelsnie -der lassungen gegründet, und so wares dann auch ein Hamburger Unter -nehmer, der Reeder und Kauf mannWoermann, der den Reichs kanzlerBismarck von der Bedeutung einesdeutschen Schutzgebietes im Bereichder Biafrabucht hinwies. Kamerun wurde somit im Jahre 1884unter deutsche Reichshoheit gestellt,bevor die Engländer zugreifen konn-ten. Eine großflächige Plantagenwirtschaftin den besonders fruchtbaren Ge -

bieten um den Kamerunberg ermög-lichten der deutschen Kolonie einenblühenden Außenhandel. 1917 befandsich hier die größte zusammenhän-gende Kakaoplantage der Welt, die„Westafrikanische Pflanzungsgesell -schaft Victoria“. Bereits 1903 erreichtedie Ausfuhr von Gummi und KakaoRekordzahlen.Eine solche rasante Einrichtung groß-flächiger Plantagen konnte nur er -reicht werden, da bereits existierendeAgrarflächen enteignet und die Sied -lungen der dort seit Jahrhun dertenlebenden Menschen beseitigt wurden.1896 erfand man eine neue juristische

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Fiktion: die „Kronland verordnung“. Siebesagte, dass jegliches Land, für daskeine Besitz ansprüche von Seiten derEin heimischen „nachgewiesen“ werdenkonnten, dieses „herrenlose“ Land alsEigentum des Deutschen Reiches zugelten habe. Dass ein solcher „Nach -weis“ in Gesellschaften, deren Begriffvon „Eigentum“ unter Um ständen nichtder europäischen Kon zeption davonentspricht, und die darüber hinausmeist ohne schriftliche Dokumente,sondern durch mündliche Überlieferun-gen ihre täglichen Be lange regelten, nuräußerst schwer zu erbringen war,macht die Absurdität dieser Verord -nung und ihre eindeutige Zielsetzungdeutlich. Dadurch konnte zum Beispieldas gesamte traditionell von den Bueasbewohnte und bewirtschaftete Landam Kamerunberg zu „herrenlosem“Land erklärt und eingezogen werden,auch weil diese sich 1895 an einem

Aufstand beteiligt hatten. Im soge-nannten »Friedensvertrag» hieß esdazu: „Den Bueas wird ihr bisherigesGebiet abgesprochen und ihnen aufge-tragen, sich neue Wohnungen in bisherherrenlosem Lande zu gründen." - Punktum.

Der hohe Bedarf an Arbeitern für dieriesigen Plantagen stellte mitunter einProblem der Kolonialverwaltung dar.Die 1899 am Kamerunberg angestellten4.000 Arbeiter reichten bei weitemnicht. So zogen von den Privatunter -nehmen angestellte Agenten in dieumliegenden und auch in entfernt gele-gene Dörfer, um dort Arbeiter zu rekru-tieren. Dies geschah nicht immer fried-lich, sondern führte häufig zu gewaltsa-men Entführungen, da sich kaum einEinheimischer für die Arbeit auf demgestohlenen Land der weißenEindringlinge freiwillig anbot. DieseProblematik gipfelte darin, dassKolonialbeamte mit vielen der ansässi-gen Machthabern – oder solchen, dievon der Kolonialregierung kurzerhanddazu ernannt wurden – Lieferverträgeabzuschließen: Menschenhandel aufeiner vertraglichen Basis.

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Schutztruppe Kamerun und Togo

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Deutsche Gebiete in der Südsee

Auch in der Südsee konnte dasDeutsche Reich Anspruch auf Terri -torien erheben: Deutsch-Mikronesien mit den Palau-lnseln und den Marianen-Inseln,jedoch ohne Guam, den Karolinen-Inseln, den Marshall-lnseln und derInsel Nauru; Deutsch-Neuguinea bilde-te mit dem Teil Kaiser-Wilhelms-Landder Insel Neuguinea, den Inseln desBismarck-Archipels, sowie der InselBougainville, die zur Gruppe derSolomon-lnseln gehört das zweiteGebiet in der Südsee; die beiden west-lichen Inseln von Samoa bildeten dasdritte Gebiet. Zwischen 1884 und 1890kamen diese Gebiete unter dieReichshoheit.Die Besitzergreifung der Inseln undInselgruppen verlief recht unterschied-lich, und war meist von Konflikten mitden anderen europäischen Groß -mächten und den USA, die im Pazifik

ebenfalls an der Kolonisation interes-siert waren, geprägt.

Kiautschou/Tsingtao

Nachdem 1897 durch die Landungs -abteilungen dreier Kriegsschiffe

Tsingtao besetzt worden war, konnteanschließend auf diplomatischem Wegein Pachtvertrag über das Gebiet mitChina abgeschlossen werden, der von1898 an für 99 Jahre gelten sollte.Somit konnte das Deutsche Reich dorteinen befestigten Handelsstützpunkterrichten. Die Kolonie war, ihrer Funk -tion als handelspolitischer Stütz punktentsprechend, recht klein. Sie umfasstegerade einmal die doppelte Fläche desBodensees, sowie einen etwa 50 kmbreiten Gürtel, der zwar unter chinesi-scher Verwaltung stand, in demDeutschland jedoch Vorrechte genoss. Zur Erschließung des Shantung-

Hinterlandes, das mit den von deut-schen Firmen betriebenen Berg -werken wirtschaftlicher Mittelpunktdes deutschen Interesses war, wurde1904 die Shantung-Eisenbahnlinieeröffnet. Im ersten Weltkrieg wurdedie Kolonie von japanischen Truppenbesetzt, und kam danach unter japani-sche Verwaltung. Seit Februar 1922 istKiautschou wieder chinesisches Ho -heits gebiet.

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d) Kolonien als Rohstoff produ -zenten; Afrika als Rohstoff-quelle; Handelsvolumen und Handelsstruktur; Kolonien als Verlustgeschäft für den Staat

Die koloniale Unterwerfung Afrikasdurch das Deutsche Reich war ein inerster Linie wirtschaftlich motiviertesUnternehmen das auch Ausdruck derweltpolitischen Konkurrenz um dieVorherrschaft auf dem Weltmarkt war.Einige Menschen in Deutschlandträum ten zwar davon, als Siedler inAfrika ihre von der Wirtschaftskrise rui-nierte Existenz in Deutschland hintersich zu lassen, und dort ihre neueHeimat zu finden. Doch zeigte sich inder Realität bald, dass tropischesKlima, unzureichende Versorgung mitTrinkwasser, fehlende gewohnte Infra -struktur und die nicht immer einladen-de Haltung der Einheimischen gegen-über ihren weißen Unter drückern dengroßen Strom deutscher Siedler inAfrika verhinderten. Die Unbrauch -barkeit der eroberten Ge biete für dieBesiedelung wurde überspielt, indemder wirtschaftliche Nutzen derKolonien betont und in den Vorder -grund gestellt wurde. Wenn die ange-wachsene Bevölkerung des DeutschenReiches schon nicht ihr Glück in Afrikafinden konnte, sollte die Wirtschaftdes Mutterlandes doch von der Ko -

lonialwirtschaft ergänzt und gestütztwerden. Bismarck zielte mit seiner Kolonial -politik darauf ab, ein zu kostspieligesEngagement des Reiches in den Ko -lonien zu vermeiden. Die großen priva-ten Handelshäuser mit ihrer langjähri-gen Erfahrung sollten, bestenfalls miteinem Schutzbrief des Heimat staatesausgestattet, mehr oder weniger diestaatlichen Funktionen übernehmen.Eine eigene imperiale und kolonialePolitik der Deutschen Reiches löste dasPrinzip der selbstständigen und mit-einander konkurrierenden Privatunter -

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nehmen Afrika erst ab, als die reineSchutzgewalt in den besetzten Ge -bieten in einen Anspruch des Reichesauf die Souveränität umgewandeltwurde.Klassische Elemente der kolonialenWirtschaft waren der Export natürlicherund landwirtschaftlicher Roh stoffe ausden Kolonien in das Mutter land, daswiederum seine industriellen Produktein seine Besitzungen exportierte. Sowur de aus Ostafrika zum Beispiel Sisal,Baumwolle, Kopra, Erd nüsse, Kaffee,Felle und Kautschuk sowie Holz aus denUsambarabergen nach Deutschlandimportiert. Über die Hälfte des Export-und Import ge schäftes dieser Kolonieentfiel auf den Handel mit Deutsch -land. In Kamerun wurde in den großflächi-gen Plantagen rund um den Kamerun -berg Gummi und Kakao in großenMengen gewonnen. Die Ex port ratenfür diese Produkte nahmen enorm zu.Der Ham burger Hafen schlug 1903Kakao aus Kamerun und Togo im Wertvon 1,3 Millionen Mark sowieGummielastikum im Wert von 5 Millio -nen Mark um, und jeden Tag verließmindestens ein Schiff den HafenRichtung Westafrika.Die meisten aus der Kolonie Togoimportierten Waren, entstammten derSammelwirtschaft, waren also keinegezielt angebauten Produk te, da dasLand sehr dicht bevölkert war von derdeutschen Verwal tung für die intensivePlanta genwirtschaft genutzt werdenkonnte. Da der Raubbau an derKautschuk liefernden Lianen sortederen Bestand rasch verringerte, nahmauch der Export von Kautschuk bald ab.Wurde 1906 noch Kautschuk im Wertvon 1,16 Millionen Mark aus Togoexportiert, so nahm dieser Wert bis1913 auf 360.000 Mark ab. Elfenbeinverschwand, da bald alle Tiere erlegtwaren, ganz als Export produkt.

Deutsch-Südwestafrika erlebte 1908einen wirtschaftlichen Aufschwung, alsDiamanten gefunden wurden. Dane -ben wurden Kupfer, Vanadium, Zinn,Gold und auch Eisen abgebaut undexportiert. Der Import in die Koloniebetrug 1913 etwa 43 Millionen Mark,der Export hingegen an die 70Millionen. So konnte die Kolonial -gesellschaft für Südwestafrika ihrenAnteilseignern 64 Prozent Dividendeauszahlen, und der Aktienkurs stieg um2.000 Prozent (1909). Doch wenn auch kurzfristige Gewinneund Renditen vieler neu gegründeterKolonialgesellschaften zum Teil rasantanstiegen, blieb der gesamte wirt-schaftliche Nutzen der kolonialenEroberungen für das Deutsche Reich

doch aus. Denn gleichzeitig stiegen dieStaatsausgaben für den Erhalt derKolonien massiv an: für Ostafrika etwabezahlte das Reich 1901 5,3 MillionenGoldmark, 1908 dagegen bereits 41,8Millionen. Bis zum Beginn des ErstenWeltkrieges blieben die deutschen„Schutzgebiete“ also ein Verlust -geschäft für den Staat. Am gesamtenDeutschen Außenhandel machte dieKolonialwirtschaft 1913 gerade einmal0,6 Prozent aus, am Gesamtimporthatte sie mit lediglich 0,5 ProzentAnteil.

(Alexis Malefakis)

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2. Der Griff nach Afrika / Lockruf des Geldes

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Zitate:

„Das normale Verhältniss einer solchen Herrschaftder germanischen Cultur in tropischen Ländern wirdalsdann sein, dass auch die Plebejer unseresStammes unter den Völkern niederer Rassen zurAristokratie dieser Länder werden“(Wilhelm Hübbe-Schleiden, Ethiopien. Studeien über

West-Afrika, Hamburg 1879, 294)

„Jene Welt wartet der veredelnden Zucht fremderMeisterhand.“

(Hübbe-Schleiden, 279)

„Eine Ausdehnung unsres Wirtschaftsgebietes ist dasEinzige, was unser Volk vor der Versumpfung rettenkann.“

(Hübbe-Schleiden, 386)

Wir sind bereitauf den Ruf unseres Kaisersin Reih und Glied zu treten,uns stumm den feindlichen Geschossenentgegenführen zu lassenaber wir können dafüreinen Preis verlangenund dieser Preis isteinem Herrenvolk anzugehören,das seinen Anteil an der Weltsich selbst nimmt

(Alldeutscher Verband)

Lied der Deutschen jenseits der Meere Noch war die Welt nicht ganz vertheilt!Noch manche Flur auf ErdenHarrt gleich der Braut: die Hochtzeit eilt!Des Starken will sie werden.Noch manches Eiland lockt und lauschtAus Palmen und Bananen:Der Seewind braust, die Woge rauscht,Auf, freudige Germanen!

(Felix Dahn)

"Das Selbstbewußtsein der Kolonisierten " In Berlin hatte man sich im Jahre 1885 unseren

Kontinent aufgeteilt, Ohne jemand zu fragen, hatte man sich unseres

Elends angenommen. Man kam, um uns aus unserem jahrhundertelangen

Elend herauszuziehen, Man kam, um uns zu erziehen, Man kam, um uns zu zivilisieren.Das ist die Höhe!Die Höhe der Entrüstung, die ein menschliches Herz

verdauen kann. Das schlimmste aber war, daß man mich dieses

Datum lehrte. Ich mußte es auswendiglernen.

Vor unseren unbeweglichen Gesichtern: Berlin,die Befriedung Afrikas,die Wohltaten der Zivilisation in Afrika,Den Mut der Forscher,den selbstlosen Humanismus,aber niemand,niemand wies auf die Beleidigung,auf die Schmach, die uns begleitete.In unsere Köpfe stopfte man Philosophie,die Philosophie des Zweifels,die Philosophie des 'Fohlens',die Philosophie des Profits,die Philosophie des Durstes,

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2. Der Griff nach Afrika / Lockruf des Geldes

Page 31: Deutsche Kolonien Handbuch

die Philosophie des Selbstmordes,weil Philosophie der Verzweiflung... . (Kürzung)Der Verzweiflung an einem Leben, das im Nichts

endet:Es war fast tot.Erstorben war das Bewußtsein seiner Persönlichkeit:Mein Volk war kolonisiert...

(Michael Kayoya, 1967)

Ein unbekannter Wind fegt über Afrika.Er überrascht die Swahilihändler an der Küste des

Pazifik, die Bamounkrieger im Grassland von Kamerunund die Hottentotten an der Walfischbay

Der neue Wind kennt nur einen Ruf:„Afrika muss deutsch werden – vom Tafelberg bis

zum Atlas!“

Es ist der Hauch eines neuen Jahrhunderts, der gierige Atem von Berlin, wo Gott das Eisen wachsen liess.

(Weltbühne" 1926)

„Afrika muss deutsch werden vom Tafelberg biszum Atlas“

(C. Peters)

Schau ich auf die dunkelblauen Berge Usagaras hin,kommen mir die altersgrauen deutschen Burgen in

den Sinn,und ich denke froher Stunden, ohne daß mein Herz

beschwert,hab ich doch auch hier gefunden, was des deut

schen Mannes wert.

In wilden Kampf reißt's mich hinein, und nichts hält mich zurück.Es wird um Tod und Leben sein,dahin ist Ruh' und Glück!Erfüllen muß sich mein Geschick,sei's früher oder spät.

Ich trotze Ihm mit festem Blick, auch wenn 's zum Sterben geht. Vielleicht werd' ich den Kampf bestehn, nur dann ist er vorbei. Vielleicht werd' ich zugrunde gehn, mit allen, die mir treu.

(C. Peters)

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2. Der Griff nach Afrika / Lockruf des Geldes

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a) Koloniale „Kulturmenschen“ und „Wilde“

b) Sozialdarwinismus und das Recht des Stärkeren

c) Die Rechtfertigung von Zwang und Gewalt in den Kolonien

d) Die Mär vom faulen „Eingeborenen“ und die„Erziehung zur Arbeit“

e) Arbeitspolitik in den deutschen Kolonien

f) Prügelstrafe und koloniales „Recht“ als Mittel zur Durch -setzung des Arbeitszwangs

g) Kolonialreformer und die„humanitäre Sicht auf die

Eingeborenen“

a) Koloniale „Kulturmenschen“ und „Wilde“

Die Sicht deutscher Kolonialherren aufdie Bewohner der von ihnen erober-ten und beherrschten Gebiete war inder Regel von Herablassung und Ver -achtung geprägt. Besonders Afri kaner– im kolonialen Sprach gebrauch meist„Neger“ genannt – galten als rassischund kulturell minderwertige Ge -schöpfe, denen einige „Kolonial ex -

perten“ gar das Recht absprachen, zuden Menschen gerechnet zu werden.Eine tiefe Kluft trennte angeblich dendeutschen „Kultur menschen“ vom afri -kanischen „Natur kind“. Ersterer galt alszivilisiert, kultiviert, vernünftig undarbeitsam, letzterer als wild, primitiv,triebgesteuert und faul. Max Fleisch -mann, Professor für Kolonial recht inBreslau, fasste die koloniale Sicht aufden „Einge borenen“ kurz und bündigzusammen: „Der Weiße ist dem Far -bigen überlegen. Die Linie zwischenbeiden darf nicht verwischt werden“.

b) Sozialdarwinismus und das Recht des Stärkeren

Der Glaube an die angebliche Überle-genheit des „Weißen“ war einerseitseine logische Folge der tatsächlichenmilitärischen und technischen Machtder Eroberer, der die „Eingeborenen“meist wenig entgegenzusetzen hat-ten. Für deutsche Kolonialmilitärs, Be -amte, Händler und Pflanzer war es nurlogisch, dass der militärisch Stär kere

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3. Kinder der Kette und des Prügels

Charles Darwin (1809-1882)englischer Wissenschaftler,

begründete die moderne Evolutionstheorie

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auch der in jeder anderen Hin sichtÜber legene sein müsse. Andererseits gab es eine ganze Reiherassen- und kulturtheoretischer Argu -mente, die zur Rechtfertigung kolo-nialer Eroberung und Herrschaft vor-gebracht wurden. Wichtig war zumBeispiel die Übertragung der Evolu -tionslehre Charles Darwins – bzw. ei -ner vereinfachten und verzerrten Ver -sion seiner Ideen – auf die Entwick -lungsgeschichte der Mensch heit. Insei nem Buch „Über die Entstehung derArten“ (1859) hatte Darwin unteranderem den ständigen Kampf umsDasein und die Ent wicklung der Artenvom niederen zum höheren (Evo lution)als Grund prinzipien des Lebens in derNatur formuliert. In der An wendungdieser Ideen auf die men sch licheExistenz (Sozialdarwinismus) wurde derunaufhörliche Kampf zwischen Indi -viduen, Nationen, Rassen oder Klassenals naturgegeben angesehen. Damiterschien die koloniale Unter werfungfremder Völker als logische Folge undBegleiterscheinung eines unerbitt -lichen Daseinskampfes, aus dem die„starken, gesunden und glücklichen“(Darwin) – in diesem Fall die europäi-schen Kolonisatoren – als Sie ger her-vorgingen. Die Eroberung der Weltdurch die imperialistischen Mächtegalt als Beleg dafür, dass diese einerhöheren Entwicklungsstufe als dieunterworfenen Völker angehörten.Zum Teil wurden auch grundlegende

biologische Unterschiede der „Rassen“dafür verantwortlich ge macht.

c) Die Rechtfertigung von Zwang und Gewalt in den Kolonien

Während derlei Argumente wichtigfür die Rechtfertigung und Propa -gierung des Kolonialismus an sichwaren, spielten sie in der kolonialpoli-tischen Praxis nur eine untergeordne-te Rolle. Für die meisten Kolonial -beamten, Pflanzer und Militärs war dieÜberlegenheit des „Weißen“ gegen-

über dem „Eingeborenen“ selbstver-ständlich und musste nicht erstbegründet werden. Aus der angebli-chen Faulheit, Primitivität und Kultur -losigkeit des „Eingeborenen“ ergabsich für viele koloniale „Herren men -schen“ das Recht auf die Anwen dungvon Gewalt, Zwang und Willkür, insbe-sondere wenn es darum ging, dieEinheimischen zur Arbeit auf Plan ta -

gen, Siedlerfarmen und beim Straßen-und Eisenbahnbau zu bewegen. Sosah der Eroberer Deutsch-OstafrikasCarl Peters im „Neger“ nichts anderesals ein „brutales Vieh“ und einen„geborenen Sklaven“, der dazu ver-dammt sei, für seine neuen weißenHerren zu schuften. Andere betonten,dass der „Eingeborene“ in mühsamerArbeit und über viele Genera tionenhinweg „zivilisiert“ werden müsse, umihn allmählich – vielleicht – auf die Kul -turstufe seiner Herren zu heben. Eswurde jedoch betont, dass auch beider „Zivilisie rung“ des „Eingeborenen“die Anwen dung von Zwang undGewalt unumgänglich wäre und vorallem die „Erziehung zur Arbeit“ einewesentliche Rolle spielen müsse.

d) Die Mär vom faulen „Eingeborenen“ und die „Erziehung zur Arbeit““

Die „Erziehung des Eingeborenen zurArbeit“ war ein Thema, das von Kolo -nial experten in zahlreichen Veröffent -lichungen immer wieder erörtertwurde. Letztlich ging es dabei vorallem darum, über die Produktion vonRohstoffen die Kolonien für Deutsch -land wirtschaftlich nutzbar zu machen.Eine Grundvoraussetzung dafür wardie Rekrutierung einheimischer Ar -beits kräfte für die koloniale Export -wirtschaft. Insofern sollte der „Ein ge -borene“ weniger zur Arbeit an sich alszur Arbeit für andere, insbesonderedeutsche Pflanzer, Siedler und Kolo -nial verwaltungen „erzogen“ werden.Die meisten „Eingeborenen“, insbeson-dere in den afrikanischen Kolo nien,waren selbstständige Acker bauernoder Viehzüchter. Sie produzierten aufihrem Land Nahrungs mittel für denEigenbedarf oder lokale Märkte undhatten demzufolge wenig Veran -lassung, auf Plantagen oder anderswo

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3. Kinder der Kette und des Prügels

Soldaten mit Gefangenen

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unter schlechten Be dingungen undfür geringste Löhne für ihre neuenHerren zu arbeiten. Ihre Stellung alsunabhängige und selbstversorgendeProduzenten unterschied sich somitgrundlegend von der des europäi-schen Lohnarbeiters, der ge zwungenwar (und ist), sich seinen Lebens -unterhalt mit der Arbeit für andere zuverdienen. Aus der Sicht der meistenKolonialherren war jedoch die Wei -gerung des „Eingeborenen“ Lohn -arbeit anzunehmen, eine Konsequenzseiner angeborenen „Faulheit“, nichtseiner Unabhängigkeit. So fand sich ineiner Schrift mit dem Titel ‚Was uns dieKolonien bringen’ aus dem Jahre 1910folgendes Gedicht: „Als unsere Kolo -nien vor Jahren/noch unentdeckt undschutzlos waren/schuf dort dem Volkan jedem Tage/die Langeweile großePlage/denn von Natur ist nichts wohlträger/als so ein faultierhafter Neger.“

e) Arbeitspolitik in den deutschenKolonien

Die „Arbeitsbeschaffungspolitik“ in dendeutschen Kolonien hatte viele Fa -cetten. Ein wichtiges Instrument wardie Einführung von Steuern, die entwe-der in barem Geld oder in Form vonZwangsarbeit zu entrichten wa ren. Umdie neuen Steuern zahlen zu können,waren „Eingeborene“ ge zwun gen,Lohn arbeit anzunehmen oder ersatz-weise Arbeitsleistungen für den Kolo -nialstaat zu erbringen. In Deutsch-Ostafrika mussten Dorfbe wohner einebestimmte Zeit im Jahr auf staatlichenBaumwollfeldern bzw. Kommunal -schamben (Schamba = Swahili für ‚Feld’)arbeiten. Der Lohn war niedrig undwurde – wie auf den Farmen und Pflan -zungen weißer Siedler und Plantagen -gesellschaften im Norden – oft erstnach einem Jahr ausgezahlt. DieseForm von Zwangs arbeit war nicht nur

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3. Kinder der Kette und des Prügels

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unbeliebt, sondern gefährdete in eini-gen Regionen sogar die Selbst ver sor -gung, weil Bauern nicht mehr genü-gend Zeit zur Pflege ihrer eigenenFelder hatten. Auch in der deutschenKolonie Kamerun in Westafrika herr -schte großer Arbeitskräftebedarf, be -son ders für die neu angelegten Plan -tagen am Kamerunberg. Bisweilenwur den Arbeitskräfte rekrutiert, in -dem man Verträge miteinheimischen Herr schernüber die Bereit stellungvon Arbeitern schloss.Auf die Nieder schlagungvon Auf ständen in derFrüh phase der deutschenKolonisation folgte oftdie Forderung nach derStellung von Arbeiternals „Straf maßnahme“. Die Enteignungvon vermeintlich „herrenlosem“ Landund die Schaffung von Eingeborenen -reser va ten, in denen für die Eigenver -sorgung nicht mehr genügend Landzur Verfügung stand, waren andereMittel, um Einheimische zur entfrem-deten Arbeit zu zwingen.

f) Prügelstrafe und koloniales „Recht“ als Mittel zur Durch -setzung des Arbeitszwangs

Das koloniale Strafrecht wurde be -wusst als Mittel eingesetzt, um denArbeitskräftebedarf zu decken und zu sichern. In Deutsch-Südwestafrikawur den nach den Herero- und Nama-Kriegen Gesetze erlassen, nach denen

Afrikaner, die sich weigerten fürweiße Farmer zu arbeiten, mit drako-nischen Strafen wegen „Land strei -cherei“ rechnen mussten. Arbeits -vergehen wie „Faulheit“, „Ungehor -sam“ oder gar Flucht aus dem Arbeits -verhältnis wurden mit Prügel undKettenhaft bestraft. Vor allem diePrügelstrafe gehörte zum Alltag der„Eingeborenen“. In Deutschland längstabgeschafft, wurde sie als unvermeid-

lich für die „Erziehung und „Diszipli -nierung“ kolonialer Völker angesehen.Nicht nur die koloniale Justiz, sondernauch Siedler und Plantagenbetreiberprügelten gern und häufig, in Afrikamittels eines Tauendes oder einer Pei tsche aus Nilpferdhaut (Swahili:‚Kiboko’). Während „Fachleute“ in denKolonien und im Mutterland mit deut-scher Gründlichkeit diskutierten, wel-ches von beiden Prügelinstrumentendas „humanere“ sei, stand die Not -wen digkeit des Prügelns an sich fürdie meisten außer Frage.

g) Kolonialreformer und die „humanitäre“ Sicht auf den Einge borenen

Die deutsche „Prügelkultur“ (AugustBebel, Fraktionsführer der Sozial de -mokraten im Reichstag) in den Kolo -nien provozierte wiederholt die Kritik

sozialdemokratischer und linksliberalerKreise in Deutschland. An den realenVerhältnissen änderte das jedochwenig. Erst nach den großen Kolo -nialkriegen in Deutsch-Ostafrika (1905-1907) und Deutsch-Südwes tafrika(1904-1907), die nicht nur ganze Land -striche entvölkerten, sondern auchhohe Kosten für das Reich verursach-ten, kam es zu ernsthaften Versuchen,

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3. Kinder der Kette und des Prügels

Totenschein

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die deutsche Kolonial politik auf eine„humanere“ Grundlage zu stellen. Alsneuer Staatssekretär im Reichskolo -nialamt griff Bernhard Dern burg dieIdeen gemäßigter Kreise auf, zu denenvor allem Missionare, Händler und eini-ge wenige Kolonial beamte gehörten.Diese forderten die tatsächliche Erzie -hung, Bildung und ge sund heitlicheFörder ung kolonialer Völker.Statt den „Einge bo renen“ zurPlanta genarbeit zu zwingen,wo er unter scharfer Aufsichtund schlechten Bedin gungenmehr schlecht als recht arbei-tete, sollte man danachtrachten, ihn zum ei -gen ständigen klein-bäuerlichen Produ -zenten von Ex port -gütern zu „er zie -hen“. Eine systema-tische Bil dungs po -litik sollte ihn zur Annahme westlicherWerte und Normen bewegen und vorallem seine Bedürfnisse nach westlichenKonsumgütern wecken. Um diese zubefriedigen, würde der „Eingeborene“dann als Kleinbauer freiwillig Export -produkte wie Baum wolle oder Kakaoanbauen und zudem durch den Kaufeuropäischer Fertig waren die Bedeu -

tung der Kolonien als Absatzmärkte fürdie deutsche Wirt schaft steigern.Darüber hinaus sollte das Strafrechtschärfer reguliert, die ex zessive Anwen -dung der Prügelstrafe eingedämmt undStrafen nach fes ten Prin zipien verab-

reicht werden, umTodes fälle und Ver -stüm melungen aus-zuschließen. Die von Reformernangeregten Maß nah -

men sind we niger alsSelbst zweck oder imRah men einer „Zivilisie -rungs- und Entwick -

lungs mission“ zu se -hen. Sie dienten

ebenso wie die „Prügel kul tur“, die sieersetzen sollten, der optimalen wirt-schaftlichen Nutzbarmachung und Er -schließung der Kolonien im Dienste derKolonialmacht. Dernburg brachte dasGrundprinzip des „aufgeklärten“ Kolo -nialismus auf den Punkt: „Nur ein satterNeger ist ein guter Arbeiter“. DieWirkung der Reformen war jedochbegrenzt. Die Plantagen- oder Siedler -wirtschaft blieb bestimmend für diemeisten kolonialen Ökonomien, und esgelang kaum, eine Klasse von bäuerli-chen Klein pro du zenten von Export -produkten heranzuziehen. Während dieamtlich registrierte Zahl der Prügel -strafen in den afrikanischen Kolonienzunächst zurückging, stieg die Statistikzum Ende der deutschen Herrschaftwieder an. Darüber hinaus schwangenSiedler und Planta gen betreiber ohnehinweiterhin ge wohn heitsmäßig dieKiboko. Prügel und Ketten blieben Teildes kolonialen Alltags.

(Rohland Schuknecht)

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3. Kinder der Kette und des Prügels

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Zitate:

„Naturkinder“ und „Wilde“

"Der Neger ist der geborene Sklave, dem sein Despotnötig ist wie dem Opiumraucher seine Pfeife, und esfehlt ihm auch jeder vornehme Zug. Er ist verlogen,diebisch, falsch und hinterlistig, und wenn oberflächli-che Beobachter an ihm eine gewisse Bonhommiewahrzunehmen glauben, so liegt dies ausschließlichan der geringen Irritabilität seines Nervensystems undder daraus folgenden stumpfen Reaktionsfähigkeitseines Willens. "

(Dr. Carl Peters, Eroberer Deutsch-Ostafrikas)

Sozialdarwinismus und das Recht des Stärkeren

„Dem ewigen Naturgesetz, welchem sich die ganzeSchöpfung fügen muß, folgt auch die Ausbreitungder Rassen über den Erdball. Wo auf ihren großenWanderzügen Völkerstämme von ungleicher physi-scher oder geistiger Kraft aufeinander platzten, hatstets der schwächere, abgelebtere weichen müssen;nur auf diese Weise konnte das Menschengeschlechtüberhaupt zu einer höheren Entwicklung gelangen. Nicht durch die Sklavenjagden und die fortgesetztenVerfolgungen seitens der Weißen geht die schwarzeRasse ihrem Untergang entgegen, sondern weil siedas allgewaltige Naturgesetz nicht begreift und sichnicht fügen will; weil sie sich gegen die Zivilisation –die allein ihre Rettung sein könnte – stemmt, ist ihrVerhängnis unabwendbar. Wir können diese Tatsachebedauern, aber nicht ändern. Eine sentimentale Auf -fassung der Frage wäre ganz unangebracht; wir müs-sen uns im Gegenteil sagen, dass so durchaus unpro-duktive Völkerschaften, wie es die schwarzenStämme sind, keine Existenzberechtigung haben.“

(August Boshart, deutscher Offizier und Söldner imDienste des Kongostaates)

„Über die Gräber der Naturvölker ... rast unbarmher-zig der Strom der Geschichte weiter. Wo wenigeTräge ohne Nutzen für die übrige Welt leben, da wer-den sie verdrängt von der Energie, dem besserenKön nen der Leute des anderen Stammes, die von dernämlichen Scholle so viel reicheren Segen ernten fürsich und mittelbar für die Menschheit. So will es, kühlbis ins Herz hinan, die Weltgerechtigkeit des Daseins -kampfes.“

(Alfred Kirchhoff, Geograph und Sozialdarwinist)

Zwang und die „Erziehung des Eingeborenen zurArbeit“

„Die Eingeborenen sind Kinder – sie müssen erzogenwerden durch Verbote und Strafen.“

(Paul Bauer, Experte für Kolonialstrafrecht)

„Der größte Fehler, den eine Verwaltung oder eineTruppe in Afrika machen kann, ist der, den Eindruckder Schwäche zu hinterlassen. Der Eingeborene siehtin Nachgiebigkeit nur Schwäche, was seine Angriffs -lust ins Gefährliche steigert.“

(Paul Rohrbach, evangelischer Theologe undKolonialfunktionär)

„Zur Ausnützung der Schätze des Bodens sind dieArbeitskräfte der farbigen Bevölkerung unentbehr-lich, und bedauerlicherweise ist die Trägheit dersel-ben, ihre Neigung, mitten unter der Arbeit zu entlau-fen, wenn nicht gerade der Hunger, die einzigeMacht, der sie sich beugen, sie zwingt, sich ihr Brot zuverdienen, eine derart starke, dass ohne Zwangs- undZuchtmittel gegen den farbigen Arbeiter jedeBodenkultur im Schutzgebiete unmöglich wäre.“

(Paul Bauer, Experte für Kolonialstrafrecht)

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„Mit schönen Worten und Vermahnungen, mit Betenund Bibelsprüchen allein impft man dem Schwarzenkeine Kultur ein. Der Haupterziehungsfaktor ist derdauernde Zwang zu sittlichem Handeln, besonderszur Arbeit. Nicht ora et labora, sondern labora et oramuß die Richtschnur sein. Dadurch, dass der Einge -borene an sittliches Handeln gewöhnt wird, ebnetman ihm den Weg zu wahrem Christentum; nichtumgekehrt.“(Ada Cramer, Farmersfrau in Deutsch-Südwestafrika)

Koloniale Prügelkultur

„Die Strafrechtspflege an den Eingeborenen gehörtzu den unerfreulichsten Erscheinungen der deut-schen Kolonialpolitik . . . Ziemlich häufige Todes ur -teile, langjährige Gefängnisstrafen und ein widerli-ches Prügelsystem zeichnen die deutscheKolonialjustiz sehr zu ihrem Nachteil vor derjenigenanderer Kolonialländer aus ... Von den aller erstenAnfängen der deutschen Kolonialpolitik an ist in bar-barischer Weise auf die Neger losgeprügelt worden..."

„Wissen Sie, die „Djama“ [Deutschen] waren sehr hart!Sie ließen dich ohne Unterbrechung arbeiten. Sie lie-ßen die Menschen auf die Wege und Straßen vonBassar, von Sokodé und von Agbadou ... bringen, umdie „Bayari“ [Steuerarbeit] abzuleisten. ... Wissen Sie,die „Bayari“: eine Arbeit ohne Pause. Wenn du dichbücktest, um Erde auszuheben oder mit der Kreuz -hacke zu arbeiten, hattest du kein Recht, dich wieder-aufzurichten. Es war nicht erlaubt innezuhalten, umein wenig durchzuatmen. ... Wer auch nur innehieltund sich eine Sekunde aufrichtete, erhielt von denrüden Wachsoldaten eine unbarmherzige Bastonade[Prügel]. ... Einige Leute starben davon! Während derArbeiten sangen die Konkomba-Leute „Bayari“, zum

einen, um die Moral aufrechtzuerhalten, zum ande-ren, um die Weißen und ihre Soldaten zu verhöhnen,die den Sinn dieser Spottlieder nicht verstanden.“

(Erinnerungen des Konkomba-Häuptlings YendjèDalaré von Nawaré in Nord-Togo)

„Aus den Verhandlungen des Reichstags ersehen wir,dass daselbst beantragt worden ist, in unseren Koloniendie Prügelstrafe bei Eingeborenen abzuschaffen. OhneZweifel liegen diesem Antrag humane Ansichtenzugrunde, wie solche aber nur in der Heimat entstehenkönnen, wo man wohl Fragen über Eingeborene theo-retisch erörtern kann, aber jede praktische Erfahrungfür dieselben noch gänzlich fehlt.Da wir nun in der Aufhebung der Prügelstrafe beiSchwarzen eine ernstliche Bedrohung der gesundenwirtschaftlichen Entwicklung unserer Kolonie sehen, sohalten wir es für unsere Pflicht, die Kolonial-Abteilungdes Auswärtigen Amtes sehr ergebenst zu bitten, derGefahr vorzubeugen, welche unserer Kolonie durchAufhebung der Prügelstrafe drohen würde.Die erste Vorbedingung für eine richtige Behandlungder Eingeborenen ist, dass man sich über ihreLebensanschauung und ihren Gesichtskreis klar wird.Unsere Eingeborenen leben seit Urzeiten in Faulheit,Rohheit und Stumpfsinn in den Tag hinein; je schmutzi-ger sie sind, desto wohler fühlen sie sich. Für jedenWeißen, der unter Eingeborenen gelebt hat, ist es nichtgut möglich, dieselben als Menschen im europäischenSinne anzusehen; sie müssen erst mit endloser Geduld,Strenge und Gerechtigkeit im Laufe der Jahrhundertedazu erzogen werden.Für Milde und Nachsicht hat der Eingeborene auf dieDauer kein Verständnis; er sieht nur Schwäche darinund wird infolgedessen anmaßend und frech gegenden Weißen, dem er doch nun einmal gehorchen ler-nen muss, denn er steht geistig und moralisch doch sotief unter ihm.“

(weiße Einwohner des Bezirkes Windhoek (Windhuk),Deutsch-Südwestafrika, an die Kolonialabteilung des

Auswärtigen Amtes) „Sie haben gewiß alle schon von der Faulheit des

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3. Kinder der Kette und des Prügels

Negers gehört. Das ist so allgemein gesprochenjedenfalls ein Schwindel. Der Neger will, und das ver-übelt man ihm so, nicht auf den europäischenPlantagen arbeiten. Ich kann das den Leuten aberdurchaus nicht verdenken, denn in Kamerun jeden-falls haben sie es miserabel schlecht gehabt; schlechtund ungenügende Ernährung, viele Lohnabzüge undviele Prügel.“

(Johann Karl Vietor, Kaufmann aus Bremen)

„Was die Kettenhaft anbelangt, halten wir solche fürnicht notwendig. In so einer christlichen Stadt wieLome, die bereits auf eine gewisse Stufe der Kulturgestiegen ist, ist grundsätzlich das Anketten derGefangenen unangebracht. ... Die Prügelstrafe bittenwir ebenfalls abzuschaffen. Hierzu bitten wir zubemerken, dass die Bewohner der Nachbarkolonienuns zu unserer größten Beschämung Kinder derKette und des Prügels nennen.“

(Einwohner von Lome/Togo in einer Eingabe anKolonialstaatssekretär Wilhelm Solf)

Für eine neue Eingeborenenpolitik

„[Kolonisation] heißt die Nutzbarmachung desBodens, seiner Schätze, der Flora, der Fauna und vorallem der Menschen zugunsten der Wirtschaft derkolonisierenden Nation, und diese ist dafür zu derGegengabe ihrer höheren Kultur, ihrer sittlichenBegriffe, ihrer besseren Methoden verpflichtet ... Hatman früher mit Zerstörungsmitteln kolonisiert, sokann man heute mit Erhaltungsmitteln kolonisierenund dazu gehören ebenso der Missionar wie derArzt, die Eisenbahn wie die Maschine, also die fortge-schrittene theoretische und angewandteWissenschaft auf allen Gebieten.“

(Kolonialstaatssekretär Bernhard Dernburg)

„Arbeit an einem Naturvolk muss damit beginnen,seinen Fortbestand möglichst sicherzustellen, alsoseine körperliche Widerstands- und Fortpflanzungs -kraft zu erhöhen.“

(Diedrich H. Westermann, Missionar derNorddeutschen Missionsgesellschaft)

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a) Bildung und Kolonisationb) Missionare, koloniales

Bildungssystem und Erziehung zur Arbeit

c) Afrikaner und Missionare d) Mission als Kolonisation

a) Bildung und Kolonisation

Das Machtzentrum der deutschenKolonien in Afrika waren die ausEuropa stammenden Beamten der ko -lo nialen Verwaltung und die Leiter derausländischen Firmen. Um ihre Inter -essen – insbesondere die wirt schaft -liche Nutzbarmachung der Kolo nienim Dienste der Kolonialmacht – effek-tiv durchsetzen zu können, war dieseKolonialelite von Anfang an auf ein-heimische Mittelsmänner angewiesen,auf Dolmetscher, Schreibkräfte, Boten,Polizisten, Lehrer und niedere Beamte.Nur mit ihrer Hilfe konnte der Kontaktzwischen Regierenden und Regierten

aufrechterhalten werden, und somitder Warenumsatz zwischen Europaund Afrika auf- und ausgebaut wer-den. Unter diesen Umständen ent-stand eine kleine einheimische Elite,die von den Kolonisatoren durch schu-lische Bildung für das koloniale Unter -nehmen nutzbar gemacht wurde.

Anfangs hatten die Kolo nialver wal -tungen das Schulsystem den Missions -gesellschaften überlassen. Bald gingman jedoch dazu über, Regierungs -schulen aufzubauen, deren Lehrpläne

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4. Didaktik der Edelrasse

Der Gouverneur von Deutsch-Ostafrika, Freiherr Albrecht von Rechenberg

Eingeborene Briefträger

Page 41: Deutsche Kolonien Handbuch

speziell auf die Bedürfnisse der Kolo -nialverwaltung ausgerichtet waren.Der Gouverneur von Deutsch-Ost -afrika, Freiherr Albrecht von Re chen -berg, betonte im Jahre 1906, das vor-dringlichste Ziel der Regie rungs schu -len sei es, „zur Verwaltung des Schutz -gebietes intelligente Einge borene her-anzuziehen“. Der Bedarf der Verwal -tung bestimmte die Zahl der Schüler,und der Grad des wirtschaftlichen In-t er esses an den verschiedenen Regio -nen war ausschlaggebend für die

Verteilung der Schulen in den Kolo -nien insgesamt. So wurden in Ge bie -ten, die für die Kolo nial verwaltungwirtschaftlich ohne Be deu tung waren,auch keine Bildungs einrichtungengeschaffen. Vielen Menschen in den Kolonienwurde schnell klar, dass der Zugang zuden von den Kolonisatoren in Aussichtgestellten »Errungenschaften der Zi -vili sation« nur über die kolonialenSchulen erfolgen konnte, die denZugang zu Posten in der Verwaltungermöglichten. Diese wurden zuneh-mend mit den Produkten des kolonia-len Schulsystems besetzt und nicht

mehr mit Mitgliedern der einheimi-schen Herrschaftseliten. So sorgten dieAuswahlmechanismen der Schulen fürein langfristiges Ausschalten der tradi-tionellen Eliten und isolierten dabeizugleich den neu geschaffenen Kaderin kultureller und politischer Hinsichtvon der breiten Masse der Bevöl -kerung.Die Regierungsschulen lieferten wich-tige Helfer für die Erschließung desLandes und die Aufrechterhaltung derkolonialen Ordnung. Die Schul ab gän -

ger fanden Anstellung als Schreiber,Steuereinnehmer, Post- , Zoll- und Ei -sen bahngehilfen oder auch als Beraterfür einheimische Sitten und Ge -bräuche. Ziel der kolonialen Bil dungs -einrichtungen war es nicht, die Masseder unterworfenen Eingebo renen zubilden und somit im westlichen Sinnezu „zivilisieren“. Eine allgemeine Schul -pflicht wurde in den deutschenKolonien nie eingeführt. Der Grundwar nicht zuletzt, dass eine breiteSchicht westlich gebildeter Ein -heimischer die Überlegenheit ihrer

weißen Herren hätte in Frage stellenkönnen. Stattdessen setzte man aufdie Heranbildung einer kleinen Elite,die als Vermittler zwischen den Kolo -nialherren und der Masse der Unter -worfenen wirken sollte. Diese Elitenwurden unter Umgehung der traditio-nellen Machthaber und Macht in -stanzen geschaffen, was zu einer wei-teren Aushöhlung der traditionellenHierarchien führte. Doch die neuenEliten waren ebenso wie die traditio-nellen Herrscher wenig mehr alsFiguren auf dem Schachbrett derKolonisatoren.

b) Missionare, koloniales Bildungssystem und Erziehung zur Arbeit

Obwohl ihre Zahl allmählich anstieg,hatten die Regierungsschulen im Ver -gleich zu den Missionsschulen nur eine

relativ geringe Anzahl von Schülern.Zu Beginn des Ersten Weltkrieges stan-den 141.000 Mis sionsschülern geradeeinmal 5.500 Schüler der Regierungs -schulen gegenüber. Ausschlaggebendfür die Gründung von Regierungs -schu len war vor allem, dass Kolonial -verwaltungen und Missionen zum Teilunterschiedliche Vorstellungen vomZweck kolonialer Schulbildung hatten.Dies zeigte sich zum Beispiel in denLehrplänen. Während in den Re -gierungs schulen der Schwerpunkt aufpraktische Fächer wie Deutsch und

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Missionar Dr. Vedder

4. Didaktik der Edelrasse

Page 42: Deutsche Kolonien Handbuch

Mathematik gelegt wurde, kam in denMissions schulen dem Religions unter -richt besondere Bedeutung zu. In vielenMissionsschulen wurden die Schü lerzudem in ihrer Muttersprache unter -richtet, um einen besseren Bildungs -effekt zu erzielen. Vor rang iges Ziel derMissionsschulen war die Verbreitungder christlichen Religion und Kultur wiesie von den unterschiedlichen Missions -gesellschaften wahr genommen wurde.Dabei ging es keineswegs um die bloßeÜbertragung europäischer Verhältnisseauf die Kolonien. Bestimmte Elementeder christlich-westlichen Zivilisation desspäten 19. Jahrhunderts wurden vonden Missionaren vehement abgelehnt.Vor allem die Entstehung einer landlo-sen Arbeiterklasse nach europäischemMuster versuchten die Missions gesell -

schaften zu verhindern. Statt dessensetzten sich Missionare in vielen Kolo -nien für die Heranbildung einer Schichtchristlicher Kleinbauern und Hand -werker ein, die als mehr oder we nigerunabhängige Produ zenten die Grund -lage des kolonialen Wirt schaftssystemsbilden sollten. Die Versuche der Kolo -nialverwaltungen und Pflanzer „Ein -geborene“ durch Zwangsmaß nah menund Landent eignung zur Lohn arbeitauf Plantagen zu zwingen, stießen des-halb bei vielen Missionaren auf Kritik.Andererseits waren Missionen meistselbst wirtschaftlich tätig und daherebenso wie Plantagen auf Arbeitskräfteangewiesen. So hatte der protestanti-sche Mis sionar Alexander Merenskybereits 1886 die Einführung einerHütten steuer in den deutschen Kolo -nien an geregt, um die Einheimischenzur Arbeit für Kolonialverwaltungen,Pflan zer und nicht zuletzt Missionare zuzwingen. Nachdem eine solche Steuer1897 in Deutsch-Ostafrika eingeführtworden war, freute sich ein Missionarum die Jahrhundertwende: „Sehr starkwar der Andrang zur Arbeit in der Zeit,in welcher die Hütten steuer von derRegierung eingezogen wurde. Mankann sich über den wohltätigen Einfluss

der Steuer nur freuen.“ Missionierung und Schulbildungdienten auch der Erziehung der„Einge borenen“ zu arbeitsamen,loyalen und zuverlässigen Unter -tanen. Es ging weniger um die vonjeglichen politischen und wirt-schaftlichen Interessen losgelöste»Ausbreitung des Reiches Gottes

im Dienste Jesu Christi«, sondern umeinen umfassenden sozioökonomischenWandel, eine Umfor mung des „einge-borenen“ Lebens nach europäischenund christlichen Idealen. Darin stimmtendie Missionen und die Kolonialpolitikzum Teil in ihren Zielsetzungen überein.

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Die eingeborenen Lehrer der Missionsschule Lukuledi

Schwarze Christen in des Kreuzes Schutz und Schatten

4. Didaktik der Edelrasse

Missionierung und Schule - aus dem Film: Usambara (DVD 2)

Andrea Maghissa (großes Bild) war der Dorflehrer in Mlalo zur Deutschen Kolonialzeit ( Tanzania / Deutschostafrika )

Frieda Wohlrab (kleines Bild) wurde in der Mission kurz nach der Jahrhundertwende als Tochter desMissionars Wohlrab geboren und kehrte später nach 50 Jahren in Deutschland zurück in ihrGeburtshaus auf diese Missionsstation in Mlalo. Ihr Vater war vor der Jahrhundertwende derBegründer dieser Protestantischen Missionsstation.

Page 43: Deutsche Kolonien Handbuch

c) Afrikaner und Missionare

In intakten traditionellenGe mein wesen in Afrikastieß die Vermitt lungdes neuen Glaubensrasch an Grenzen. Zum einen blieben Teileder christ lichen Lehreden Einheim ischen ein-fach fremd – der Auf er -stehungsge schichte wur -de zum Teil mit schallendem Gelächterbegegnet. Zum anderen trug vor allemdie rigide Intoleranz der Weißen denafrikanischen Traditionen gegenüber –bei spielsweise in der Frage der Poly -genie (Vielweiberei) – dazu bei, dasszwischen Missionaren und Einheimi -schen eine nicht zu schließende Kluftblieb.Den Afrikanern waren die weißenMissionare weniger als Übermittlereiner neuen spirituellen Botschaft dennals Quelle neuer technischer Kenntnisseund Fähigkeiten wichtig. Aus derEinsicht heraus, dass der Weg zurVermittlung religiöser und kulturellerWerte Europas durch praktische »Ent -wicklungshilfe« besser funktioniert, alsdurch die bloße äußere »Zivi lisierung«,wie etwa durch das Aus wendiglernenchristlicher Grund sätze, begannen dieMissionen mit dem Bau von Stationen,Kirchen, Kaufläden, Krankenhäusern,Werk stätten und Schu len. In diesemeuropäischen Mikro kosmos erhieltendie Missionszöglinge fortan Unterrichtin landwirtschaftlichen und handwerkli-chen Bereichen, wie im Schmieden,Schreinern, Buch binden und sogar imTelegraphieren.

d) Mission als Koloni -sation

Trotz gelegentlicher Mei -nungs ver schie den heitenzwi schen Missionaren undKolonialbeamten war dieMis sion integraler Be stand -teil des Kolonisa tions pro -zesses. Dies be traf insbe-sondere die Verbrei tungvon christlich-westlicher Ar -beits ethik, Zeitnor men und

Vorstel lungen von Disziplin und Auto -rität durch die Missionare. Im Jahre 1913beschrieb der Missions wissen schaftlerJoseph Schmid lin das Miteinander vonMission und Kolo nisation wie folgt: „Wiedie beiden großen sozialen Auto ritätenStaat und Kirche in der Heimat, so undnoch viel stärker sollen sich in denSchutz gebieten Mission und Kolo nial -politik stützen und ergänzen; denn wasdie Kolonien für denStaat, das und mehrnoch sind die Mis sio -nen für die Kir che. ... Die Mission ist es, dieunsere Kolo nien geistigerobert und innerlichassimiliert, soweit einesolche Assi mi lation inAnbe tracht der tiefgrei-fenden Ver schie den hei -ten über haupt durch-führbar ist. Der Staatver mag die Schutz ge -biete sich wohl äußer-lich an- und einzuglie-dern; das tiefere Ziel derKolonialpolitik, die inne-re Kolo nisation, mussihm die Mission vollbrin-

gen helfen. Durch Stra fen und Gesetzekann der Staat den physischen Gehor -sam erzwingen, die see lische Unter wür -figkeit und Anhäng lichkeit der Eingebo -renen bringt die Mission zustande. Wirdürfen daher den kürzlich vom Kolonial -staats se kre tär Dr. Solf im Reichs tag aus-gesprochenen Satz »Kolo nisieren istMissionieren« umkehren in »Missio -nieren ist Kolo ni sieren«“. Eine Folge der Einführung europäisch-christlicher Werte und der Intoleranzund Herabwürdigung allem traditionellafrikanischen gegenüber war die all -mäh liche Zerstörung der Sozial struk tu -ren der Einheimischen, ohne jedoch daseuropäische Modell vollständig durch-setzen zu können. Gleichzeitig erleich-terten die Aus höhlung der afrikani-schen Gesel lschaften und der wachsen-de Individualismus es den Kolonial -mächten ihre Ansprüche durchzuset-zen. Die Effizienz mit der diese An sprü -

che sich auswirkten,führte bei vielen Afri -kanern zur Anner ken -nung der immer undimmer wieder beton-ten Überlegenheit derWeißen. Es entstandeine Tradition der gei-stigen Unter werfung,in der die unterworfe-nen Afri kaner began-nen sich so zu sehen,wie ihre weißen Unter -drücker sie sahen.

(Rohland Schuknecht)

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Jesko von Puttkamer (1855-1912), ehemaliger deutscher Gouverneurvon Kamerun (1895-1907)

4. Didaktik der Edelrasse

Die afrikanische Tochter Else amGrab ihres Vaters Jesko von Puttkamer aus demFilm: Mulattin Else (DVD 2)

Josef Lada (1887 - 1957):Koloniales: "Drehen Sie ihnum, damit die Bestie dieunendliche Liebe desGekreuzigten kennenlernt."

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Zitate:

Die Pflicht zur Missionierung der „Neger“

"Der Heiland hat für alle Menschen sein kostbaresBlut vergossen, auch für die Neger. Wir sind im Besitze des Christentums, und da derWelterlöser will, daß alle Menschen selig werdenund zur Erkenntnis der Wahrheit gelangen, hattenwir die Verpflichtung, als wir die Negerländer inBesitz nahmen, ihnen das Christentum zu bringen."

(Ra. Stieve, Zabern)

"Mission Weihnachten 1903"

In langen Jahren ist das Werk gelungen, ins stumpfeHirn die Heilsbotschaft gedrungen, verkündet in desNegers eignen Zungen, am Backe blühet Orangeund Banane, der Frieden ruht auf Buschfeldes weiter Plane, dankbar erblickts der Sendling vomAltane.

Mission als Kolonisation

"Für die kulturfördernde Einwirkung des Handels,wie für die kulturelle Entwicklung unserer Ein ge -borenen überhaupt, müssen erst die Vorbe ding -ungen geschaffen werden. Und dies geschieht durch Erziehung zur systemati-schen Arbeit"

(Pater Norbertus Weber)

"Drückt die Kulturmacht allein auf die zumeist nochkulturlosen Völker durch ihre Maßnahmen, z.B. Be -steuerung und damit Zwang zur Arbeit, so werdensie entweder erdrückt oder sie suchen die auf sieeinwirkende Macht abzuschütteln. Da muß ihnendie Mission durch Einpflanzung des Christentums die

helfende und versöhnende Hand entgegenstreckenund neben der äußeren Umwandlung die innere beiihnen bewirken." (Missionar Gröschel)

"Einig sind wir uns alle darüber, auch die Missionen,daß die Negerseele nicht so ist, wie wir sie habenwollen und brauchen können. Denn nur aus dieserÜberzeugung leitet sich ja unsere Berechtigung her,die Negerseele zu beeinflussen und von ihrem bishe-rigen Entwicklungsgange abzudrängen."

(Regierungsarzt Dr. Kiilz)

"Mag man über den Jesuitenorden sonst denken,wie man will, soviel steht außer Frage, daß derselbein Ostafrika eine Kulturarbeit im wahrsten Sinne desWortes vollführt. Seine Stationen bilden sozusagendie ersten mächtigen Klammern, an denen dieweiße Rasse in diesen üppigen Teil des sprödenschwarzen Kontinents sich hineinzwängt."

(Carl Peters)

Auch die erwachsenen Zöglinge bliebenMissionsuntertanen:"Da wir sie aus der Sklaverei losgekauft haben, be -hal ten wir volle Gewalt über sie;"

(meinte Missionar P, Kaysel.)

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4. Didaktik der Edelrasse

Page 45: Deutsche Kolonien Handbuch

4. Didaktik der Edelrasse

"Das väterliche Regiment, das wir auf diese Art auf-recht halten, ist ein mächtiger Hebel, sie zur Fröm -migkeit anzutreiben und in guter Ordnung undArbeitsamkeit zu erhalten ",

(schrieb 1881 die Zeitschrift "Die KatholischenMissionen“)

Bibel und Flinte (1898)

Was treiben wir Deutschen in Afrika?Hört, hört!Die Sklaverei wird von uns allda zerstört,Und wenn so ein Kaffer von uns nichts will,den machen wir flugs und ewig still.Piff paff, piff paff, hurra!O glückliches Afrika!

Wir predigen den das Christentum,wie brav!Und wer’s nicht will glauben, den bringen wir umPiff, paff!O selig die "Wilden'", die also man lehrtdie "Christliche Liebe" mit Feuer und SchwertPiff paff, piff paff, hurra!O glückliches Afrika!

Wir haben gar "schneidige Missionär", Juchhei!Den Branntwein, den Krupp und das Mausergewehr.Die drei.So tragen "Kultur" wir nach Afrika. Geladen! Gebt Feuer! Halleluja! Piff paff, piff paff, hurra! O glückliches Afrika!

Kritik an Mission und Kolonisation

"Was bedeutet in Wahrheit diese ganze sogenanntechristliche Zivilisation in Afrika? Äußerlich Christen -tum, innerlich und in Wahrheit Prügelstrafe, Weiber -mißhandlung, Schnapspest, Niedermetzelung mitFeuer und Schwert, mit Säbel und Flinte. Das ist ihreKultur... Es handelt sich um gemeine materielleInteressen, um Geschäftemachen und um nichts wei-ter!"

(August Bebel, Fraktionsführer derSozialdemokraten im Reichstag, 1894)

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Page 46: Deutsche Kolonien Handbuch

a) Maji Maji: Der Volkskrieg gegen die deutsche Besatzungsmacht

b) Der Herero-Aufstand 1904: Völkermord in der Wüste

c) Der Erste Weltkrieg und der Verlust der Kolonien

a) Maji Maji: Der Volkskrieg ge gen die deutsche Besatzungs macht

1905 war die vorübergehende Idylleder deutschen Kolonialherren inOstafrika zu Ende. Ein einigender Rufbreitete sich wie ein Flächenbrand vonBaumwollplantagen des Südens überweite Teile des Landes aus, und riefzum Aufstand gegen die Kolonial -herren, ihre Verbündeten und Sym -pathisanten. Zum ersten Mal über-wanden verfeindete Gruppen ihrenZwist, und vereinigten sich gegen dieverhassten Unterdrücker. Der Ruf warder nach dem magischen Wasser, „Maji

Maji!“ (maji ist Kiswahili und bedeutetnichts anderes als Wasser), von demeine schützende Wirkung gegen dieGewehrkugeln der Schutztruppenausgehen sollte. In weinigen Monatenwar fast die Hälfte der Kolonie in denHänden der Befreier. Ursachen diesesAufbegehrens waren die Maßnahemzur wirtschaftlichen Erschließung derKolonie, unter denen die einheimischeBevölkerung, besteuert und so zurLohnarbeit gezwungen, stark zu lei-den hatten. So entzündete sich auch der Wider -stand am Gegenstand dieses Arbeits -zwang auf den Baumwoll feldern imSüden.

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5. Widerstand und die Antwort des großen Gewehrs

Page 47: Deutsche Kolonien Handbuch

Durch enormen Druck auf die lokalenDorfvorsteher wurde von den Deut -schen der Anbau von Baumwolle ein-geführt. Die Produktionskampagneder deutschen Wirtschaft orientiertesich nur an den Interessen der heimi-schen verarbeitenden Industrie, undbe rücksichtigte die Rechte und An -sprüche der für die produzierendenAfrikaner nicht. So bezahlte man dieBaumwollernte erst, wen die deut-schen Firmen im entfernten Europa sieaufgekauft hatten, oder gar erst,wenn ihre Produkte bereits auf demMarkt feilgeboten wurden. Nur einTeil dieser Erlöse floss in die Dörfer inOstafrika zurück. Für den Plantagen -arbeiter bedeutete dies, dass er seinGeld erst ein Jahr nach der getanenArbeit erhielt.

Der Anbau, die Pflege und die Ernteder Baumwolle wurde kollektiv aufganze Dörfer übertragen, die an fest-gelegten Tagen auf den verschiedenenFarmen ihren Arbeitsdienst abzulei-sten hatten. So schilderte Mzee Ndun -dule Mangaya aus Kipatimu: "Wenndu wiederkamst von Samanga, warstdu beim Jumbe wieder dran - oderwenn du beim Ortsvorsteher begon-nen hattest, erwartete dich schon wie-der der Dienst auf Samanga. Warst duerst einmal da, musstest du sehr vielleiden, alle mussten das. Dein Rückenund dein Hintern wurden gepeitschtund du durftest dich nicht wieder auf-richten, wenn du dich einmal nieder-gebeugt hattest zum Graben. DasGute an den Deutschen war, dass alleLeute gleich waren unter der Peitsche.

Wenn ein einheimischer Ortsvorstehereinen Fehler gemacht hatte, bekam erauch die Peitsche. Die Arbeit warungeheuer hart und voll schweremLeid, aber der Lohn dafür war diePeitsche auf Rücken und Hintern. Undtrotz alledem verlangte der Deutsche,dass wir ihm Steuern zahlten. Warenwir denn keine men schlichen Wesen?Und die Wama tumbi haben sich seitjeher noch von keinem belästigenoder beherrschen lassen. Sie warenwirklich wild vor Zorn, ah! Unter so vielLeid geknechtet, hielten sie es für bes-ser zu sterben, als in solcher Qual zuleben. Daher hassten sie dieHerrschaft, die grausam war. Das war

nicht wegen der Landarbeit, keines-wegs. Wenn es eine gute Land -wirtschaft gewesen wäre, die Sinnund Gewinn gehabt hätte, wer hättesich dann aufgegeben, wer hättedann sterben wollen? Früher schonhatte der Europäer Schwierig keitengemacht. Aber als er begann, unsdazu zu bringen, für ihn Baumwolleanzubauen, Straßen zu bauen und soweiter, da sagten die Leute: «Dieser isteinst ein allgewaltiger Herrschergeworden, wir müssen ihn vernich-ten»".Auf einer solchen Plantage mitZwangsanbau wurden im Juli 1905 dieersten Toten des Aufstandes gefun-den. Die Kolonialregierung konnte die-sen Aufstand nicht richtig einschätzen,ihr fehlte jeglicher Kontakt zur lokalen

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5. Widerstand und die Antwort des großen Gewehrs

Gefangene werden hingerichtet

Page 48: Deutsche Kolonien Handbuch

Bevölkerung und somit jegliches Ver -ständnis für deren tägliches Leben undihre Kultur. Ohne den religiös-kulti-schen Charakter des Maji-Maji-Auf -standes besser verstehen zu können,als es die einfältigen Bezichtigungender „Zauberei“ zuließen, wusste sie derAusweitung der lokalen Unruhe ineinen überregionalen Aufstand nichtsentgegen zu setzen. Diese überregio-nale Ausweitung wurde möglich, dader Ruf nach dem „Zauberwasser“, mitdessen Hilfe die Aufständischen un -verwundbar gemacht werden sollten,ganze Pilgerströme ins Zentrum der

Bewegung zog, wo diese „Medizin“ andie Menschen verteilt wurde. DieAufständischen wurden von ihrenAnführern aufgerufen, sich gegen dieBesteuerung durch die weißenKolonialherren aufzulehnen, und diesezu verweigern, und gaben so derBewegung ihre politische Tragweite. Unter den ersten Bevölkerungs grup -pen, welche sich erhoben hatten,waren die Matumbi. Mzee (Kiswahili:alter, ehrwürdiger Mann) NdunduleMangaya war einer von ihnen. "Sieumzingelten die deutsche Boma(Festung) in mehreren Reihen, die

Maji-Maji-Krieger gaben mehrereSchüsse ab, aber die Deutschen erwi-derten das Feuer nicht... Als dann umfünf Uhr morgens die Matumbi ver-suchten, den Palisadenzaun zu durch-brechen, be fahl der Europäer seinemSoldaten zu feuern. Oh, so viele Menschen starben an die-sem Tag! Sie hatten ja nicht gewusst,was ein Maschinengewehr ist! "Eine der bedeutendsten Einzelaktio -nen des Aufstandes war der Versuchder Mbunga und Pogoro, am 30.August 1905 den deutschen Ver -waltungsposten in Mahenge einzu-nehmen. Ein weißer Missionar be -schreibt den Hergang der Ereignissean diesem Tag, der mit Hinrichtungenin Mahenge begonnen hatte: "Kaumhatte man die fünf Verurteilen an dieBäume gehängt, da stürmte ein Botemit der Nachricht herein, dass derFeind sich nähert. Jeder nahm denPosten ein, der ihm zugeteilt wordenwar, und beobachtete aufmerksamdie Richtung nach Isongo, von wo erkommen sollte.... Es müssen über tau-send Mann gewesen sein... Zwei Ma -schinengewehre, Europäer und Sol-

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5. Widerstand und die Antwort des großen Gewehrs

Den Ngoni werden die deutschen Waffen vorgeführt

Ngoni-Eliten kurz vor dem Aufstand

Ngoni-Eliten in Gefangenschaft

Page 49: Deutsche Kolonien Handbuch

daten ließen Tod und Verderben in dieRänge des sich nähernden Feindesregnen... Dann rief jemand plötzlich;«Neue Feinde von der Gambira Seite!»Wir Alte sahen in die Richtung: DickeRauchwolken stiegen von unseren dreiSchulen empor und eine weitereFormation von mindestens 1200 Mannnäherte sich uns. Sofort eröffnetenwir das Feuer... Sobald sie in die Nähekamen, wurden sie vom tödlichenGewehrfeuer getroffen. Die erstenAngreifer waren nur drei Schritte vonder Feuerlinie entfernt, als sie zuBoden sanken, getroffen von tödli-chen Geschossen. Die nachfolgendenverloren den Mut, kehrten um undzerstreuten sich. Glücklicherweise wardamit der Angriff abgewehrt. Alskeine Feinde mehr zu sehen waren,kletterte der Befehlshaber der Stationvom Turm der Boma herunter, von woaus er den Verteidigungskampf kom-mandiert hatte, und teilte Sekt aus."Der Glaube an die Wirkung des Was -sers vereinigte verschiedene politische

Gruppen der ostafrikanischen Bevöl -kerung in einem gemeinsamen Ziel:Der Beendigung der Fremd herrschaft.Zwar wurden keine neuen politischenInstitutionen zu diesem Zweck aufSeiten der Einheimischen geschaffen,doch man überwand seine vielfältigen

Gegensätze und kämpfte solidarischSeite an Seite. Diese zeitweilige Über-windung der Gegensätze zur Er -reichung eines gemeinsamen Ziels warfür die deutsche Schutz truppe eineBesorgnis erregende Neuerung.

Nachdem der Maji-Maji-Aufstand von den deut-schen Truppen niederge-schlagen wurde – dasWasser konnte gegen dieRealität der Maschinen -gewehr kugeln leider nichtsausrichten – kam es nurnoch zu vereinzelten, örtli-chen Unruhen. Doch musstein der Kolonie fortan eine

weitaus stärkere Schutztruppe unter-halten werden, als bisher. 1913 warenneben 260 deutschen Offizieren 2500afrikanische „Askaris“ beschäftigt,hinzu kam eine 2.100 Mann starkePolizei truppe mit 65 deutschenOffizieren. Die Zwangsarbeit wurdenach dem Aufstand immerhin abge-schafft.

b) Der Herero-Aufstand 1904:Völkermord in der Wüste

Als die Truppen des GouverneursLeutwein im Januar 1904 im Süden derdeutschen Kolonie Südwestafrika mitder Zerschlagung eines Aufstandesder lokalen Bevölkerung beschäftigtwar, erhoben sich im Norden die

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5. Widerstand und die Antwort des großen Gewehrs

Askari - Schwarze Soldaten bei der deutschenSchutztruppe

Die von Aufständischen zerstörte und ausge-raubte Farm Etiro - der Beginn des HereroAufstandes (1904)

Uniformen der Schutztruppe für Deutsch-Ostafrika

Major Leutwein

Page 50: Deutsche Kolonien Handbuch

Herero. Ihr Anführer war SamuelMaherero, von den Deutschen zuunrecht als fauler und dem Alkoholverfallene Herrscher dargestellt.

Seine Gründe übermittelte Mahererodem Gouverneur in aller Klarheit: „Ichhabe den Krieg nicht begonnen. Er istvon den Weißen angefangen worden.Denn Sie wissen genau, wie vieleHerero von Weißen getötet wordensind, von Händlern erschossen, in Ge -fängnissen umgebracht. Und jedesMal, wenn ich diese Fälle in Windhoekvortrug, wurde das Blut des Volkes mitnicht mehr als mit ein paar Rindernabgegolten."Um ein starkes Bündnis gegen die wei-ßen Unterdrücker zu schmieden rich-tete Maherero auch das Wort anHendrik Witbooi und auch an An -führer der Nama.

Doch von einem Anführer wurdendiese Versuche an die Deut schen ver-raten – die Politik divide et impera,„stifte Streit zwischen den Bevö -lkerungsgruppen, und nutze diesenStreit um sie zu unterwerfen“ vonLeutwein war aufgegangen. Dennoch schlugen die Herero ohneVorwarnung und mit überraschenderStärke zu. Hunderte Deutsche wurdenauf ihren einsam gelegenen Farmengetötet, und mit ihnen Soldaten undandere Siedler. Die Herero zerstörtendie von den deutschen geschaffeneInfrastruktur, die Bahnlinien zwischenSwakopmund und Windhoek ebenso,wie die Telegrafenverbindungen. Nachdiesem Überraschungsangriff konntendie Herero ihr eigenes Land siebenMonate lang besetzt halten und gegendie Deutschen verteidigen. Der Ge -genschlag der Deutschen kam zueinem Zeitpunkt, als viele Gruppen derHerero zusammen mit ihrem Vieh rundum den Waterberg versammelt waren.Mittlerweile war der als gemäßigt gel-tende Gouverneur Leutwein durch denGeneral von Trotha abgelöst worden,und dieser befehligte seinen Truppen,

die Herero-Verbände am Waterbergeinzukesseln. Er äußerte von Anfangan völlig unverblümt seine Absicht, dieHerero komplett auszulöschen. ImOktober 1904 richtete er eineDepesche an die Herero, mit folgen-dem Inhalt: „Jeder Herero muss dasLand verlassen. Wenn sie sich weigern,werde ich sie mit dem Knüppel her-austreiben lassen. Jeder Herero, derinnerhalb der deutschen Grenzenbleibt, wird erschossen."Er postierte seine Truppen rund umden Berg, und ließ den Herero nur denAusweg nach Osten offen. So bliebihnen nur der Weg in die HalbwüsteOmaheke, wo von Trotha an jederWasserstelle Soldaten postiert waren.Diese Posten hatten die grausameAufgabe, jeden vom Durst getriebe-nen Herero, ob Mann, Frau, Greis oderKind, mit Waffengewalt von denWasserstellen fernzuhalten. Auf dieseWeise wurden Zehntausende Hererodem sicheren Verdursten in derOmaheke überlassen. Nur etwa 1.200Menschen gelang die Flucht unter derFührung Mahereros in das Gebiet desheutigen Botswana. Die Deutschen

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5. Widerstand und die Antwort des großen Gewehrs

Samuel Maharero (im Bild links)

Samuel Maharero mit seinen Beratern

Page 51: Deutsche Kolonien Handbuch

hingegen rühmten sich in der Heimatmit den großen Erfolgen der „ruhm-reichen Kämpfe am Waterberg“: „DieHerero, abgeschnitten von den ih-nen günstigen Rückzugslinien nachWesten, Norden und Nordosten, wur-den von den verfolgenden Truppen indie wasserarme Omaheke getriebenund dort vollendete sich ihr hartesaber gerechtes Schicksal... Am 13.August began-nen die gesamten Trup pen den Vor -marsch zur Ver -folgung nach Os -ten ... Hier unddort wurden ver -sprengte Here ro -ban den ange trof -fen und auseinan-der ge jagt." Und weiter: „Das Dra maspielte sich auf der dunklen Bühne desSandfel des ab. Aber als die Regen zeit

kam, als sich die Bühne allmählicherhellte und unsere Pa trouillen bis zurGrenze des Be tschuanalandes vorstie-ßen, da enthüllte sich ihrem Auge dasgrauenhafte Bild verdursteterHeereszüge. Das Röcheln derSterbenden und das Wutgeschrei desWahnsinns ... sie verhallten in der erha-benen Stille der Unendlichkeit! ... DasStrafgericht hatte sein Ende gefunden.

Die Hereros hat-ten aufgehört,ein selbständigerVolks stamm zusein."Die christlichenMis sio nare, dieihre größte Auf -merk samkeit denHerero ge widmet

hatten, er griffen während des Völker -mordes an ih nen nicht ihre Partei. Zwarwar ihnen die missliche Lage derHerero bereits lange vor dem Auf -stand be wusst ge worden, doch als derAuf stand ausbrach, stellten sie sichhörig auf die Seite ihrer Obrigkeit,anstatt Solidarität mit den Menschen zuzeigen.

1905 wurde von Trotha aus politischenGründen abberufen. Die verbleibendenHerero wurde in Konzentra tionslagerninterniert. Von den 15.000 registriertenHerero in den Lagern waren im März1907 etwa 45 % elendig gestorben. Vonden 80.000 Herero, die vor dem Beginnihrer Er mor dung das Gebiet in Süd -westafrika besiedelt hatten, lebten 1911lediglich 15.000.

Nach der Zerschlagung des Wider -standes wurde das Land der verschiede-nen einheimischen Bevöl kerungen ent-eignet und deutschen Siedlern billigzum Kauf angeboten. Ihre Zahl stiegbeständig. Aus den 3.000 Weißen imJahre 1901 wurden bis 1913 an die14.000. Hinzu kamen die 2.000 Mannder Schutztruppe.

Als 1914 der Erste Weltkrieg ausbrach,marschierten südafrikanische Truppenin das Gebiet ein. 1915 mussten diedeutschen „Schutztruppen“ kapitulie-ren. Im Vertrag von Versailles wurdedie ehemalige deutsche KolonieMandatsgebiet der SüdafrikanischenUnion. Die meisten der deutschenSiedler konnten jedoch dort bleiben.

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5. Widerstand und die Antwort des großen Gewehrs

General von Trotha

Deutsch Südwestafrika

Page 52: Deutsche Kolonien Handbuch

c) Der Erste Weltkrieg und derVerlust der Kolonien

Auch die anderen KolonialgebieteDeutschlands gingen nach dem Welt -krieg trotz erbittertem Widerstand inden Besitz der Siegermächte über. In Togo schlug von Doering bei Beginndes Weltkriegs den Alliierten verge-bens die Neutralisierung des Landesvor, »um den Afrikanern nicht dasSchauspiel der miteinander kämpfen-den Weißen zu bieten«. Doch nacheinem nur dreiwöchigen Feldzug mussdie kleine deutsche Polizeieinheit (2Offiziere, 6 Unteroffiziere, etwa 500afrikanische Polizisten) den britischenund französischen Verbänden nachge-ben. Es folgte die Aufteilung desGebietes zwischen Frankreich undGroßbritannien. Das französische Ge -biet erlangt 1960 als Republik Togodie staatliche Unabhängigkeit, das bri-tische Gebiet ist seit 1957 Teil desunabhängigen Ghana.In Kamerun zog sich der Kampfwesentlich länger hin. Zwar kapitulier-

ten die deutschenTruppen in Duala be -reits im September1914, doch in Jaundezogen die Alliierten erstnach erbitterten Käm -pfen im Januar 1916 ein.Den größten Teil desGebietes erhielt Frank -reich, England be kametwa ein Fünftel. BeideTeile sind heute dieVereinigte Repu blikKamerun, die 1960 bzw.1961 in die Un ab -hängigkeit entlassenwurde. In Ostafrika mussten dieAlliierten gegen denhartnäckigen GeneralLettow-Vorbeck kämp-fen, der den britischen Truppen biszuletzt schwere Schläge zufügte. 1916mussten die Deutschen jedoch denTrup pen aus Belgisch-Kongo und denenglisch-südafrikanischen Truppennachgeben. Ein großer Teil der Kolonie

wird britisches Mandatsgebiet mitdem Namen Tanganjika Territory. 1964bildete Tanganjika zusammen mit derInsel Sansibar den unabhängigen Staatder Vereinigten Republik Tansania.

(Alexis Malefakis)

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5. Widerstand und die Antwort des großen Gewehrs

Togo – Deutsche Zivilisten als „Kriegsgefangene“ im Marsch durchQueensferry (1914)

Page 53: Deutsche Kolonien Handbuch

Zitate:

In der sogenannten Hunnenrede des Kaisers anläss-lich der Verabschiedung des deutschen China-Korpsam 27. Juli 1900 in Bremerhaven hieß es u.a.:

»Eine große Aufgabe harrt Eurer: Ihr sollt das schwe-re Unrecht, das geschehen ist, sühnen. Die Chinesenhaben das Völkerrecht umgeworfen, sie haben ineiner in der Weltgeschichte nicht erhörten Weise derHeiligkeit des Gesandten, den Pflichten des Gast -rechts Hohn gesprochen. [...] Ihr wißt es wohl, Ihr solltfechten gegen einen verschlagenen, tapferen, gutbewaffneten, grausamen Feind. Kommt Ihr an ihn, sowißt: Pardon wird nicht gegeben. Gefangene werdennicht gemacht. Führt eure Waffen so, daß auf tau-send Jahre hinaus kein Chinese mehr es wagt, einenDeutschen scheel anzusehen.«

Aufruf an das Volk der HereroAbschrift zu O.K. 17290 Osombo-Windembe, den 02.10.1904 Kommando der Schutztruppe. J.Nr. 3737

Ich der große General der deutschen Soldaten sendediesen Brief an das Volk der Herero. Die Hereros sindnicht mehr deutsche Untertanen. Sie haben gemor-det und gestohlen, haben verwundeten SoldatenOhren und Nasen und andere Körperteile abge-schnitten, und wollen jetzt aus Feigheit nicht mehrkämpfen. Ich sage dem Volk: Jeder der einen derKapitäne an eine meiner Stationen als Gefangenenabliefert, erhält 1000 Mark, wer Samuel Maharerobringt, erhält 5000 Mark. Das Volk der Herero mußjedoch das Land verlassen. Wenn das Volk dies nicht tut, so werde ich es mit demGroot Rohr dazu zwingen. Innerhalb der DeutschenGrenze wird jeder Herero mit und ohne Gewehr, mitoder ohne Vieh erschossen, ich nehme keine Weiberund Kinder mehr auf, treibe sie zu ihrem Volke zurückoder lasse auf sie schießen. Dies sind meine Worte andas Volk der Hereros. Der große General des mächtigen deutschen Kaisers. der Kommandeur

gez. v. Trotha, Generalleutnant.

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5. Widerstand und die Antwort des großen Gewehrs

Page 54: Deutsche Kolonien Handbuch

a) Wohin mit der Vergangenheitb) Postkoloniale Initiativen in

Deutschlandc) Stadtrundgänge:

Verdecktes sichtbar machend) Straßennamen:

Umbenennen oder Konservieren?e) Denkmäler:

Stürzen oder Widmen?

a) Wohin mit der Vergangenheit?In Buea am Fuße des Kamerunbergstrifft man auf Schritt und Tritt aufSpuren der deutschen Kolonial herr -schaft. Kamerun war von 1884 bis zumErsten Weltkrieg eine deutsche Kolo -nie und Buea seit 1894 Sitz des deut-schen Gouverneurs. Der ehemaligeGouverneurspalast blickt bis heutestolz über den kolonialen Ortskern,wo kamerunische Behörden in ehema-ligen deutschen Amtsgebäuden resi-dieren. Sogar einen Bismarck-Brunnengibt es und einen deutschen Friedhof.Unter dem Vordach des ehemaligendeutschen Postamtes kochen Frauendas Mittagessen für die benachbartePolizeikaserne.

Die eigentliche Hinterlassenschaft derDeutschen sind jedoch die Plan tagen.Unterhalb von Buea breitet sich eineendlos erscheinende, grüne Weite anden Berghängen entlang der Küs ten -linie aus. Ölpalmen, Bananen, Kautschukund Kakao – am Fuße des Ka -merunbergs erstreckt sich das grö ßte Plantagengebiet Westafrikas.Ein kamerunisches Staatsunternehmenbetreibt heute im Joint Venture mitamerikanischen Fruchtmultis die Plan -tagen. Angelegt wurden sie aber be -reits in der deutschen Kolonialzeit. Umgroße Pflanzungsgebiete zu er -schließen, ließ die deutsche Kolonial ver -waltung zahlreiche Dörfer der ein heim -ischen Bakweri aus ihrem frucht baren

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Siedlungsgebiet am Kamerun berg ver-treiben und in karge Gebirgsregionenumsiedeln. In den kleinen Dorfreser -vaten, die den Bakweri blieben, reichteschon bald das Land nicht mehr zumAckerbau. Landvertreibung, Zwangs -arbeit und fortwährende Demüti -gungen durch die Kolonialmachtbeschleunigten die Auflösung sozialerStrukturen und förderten den Prozessder Marginali sierung. Die Situation verschärfte sich durchden Zuzug zahlreicher Arbeitsimmi-granten aus anderen Landesteilen. Alsnach dem Ersten Weltkrieg die Britendie Verwaltung dieses Teils von Ka -merun übernahmen, erhielten dieBakweri nur einen kleinen Teil des vonden Deutschen geraubten Landes zu -rück. Zwar kämpft heute ein BakweriLand Claims Comitee um Wieder -gutmachung, aber das Trauma derVertreibung sitzt tief. Nicht nur in Kamerun, auch in anderendeutschen „Schutzgebieten“ ging kolo-niale Gewaltherrschaft weit über denRaub materieller Güter hinaus. Sie führ-te zur Zerstörung gesellschaftlicherStrukturen und – das wiegt vielleichtam Schwersten – zum Ver lust menschli -cher Würde. Wenn Ben Ulenga, Vorsitz -ender der namibischen Oppositions -partei „Congress of Demo crats“, vonden Herero und Nama spricht, bezeich-net er sie als „gebrochene Völker“ . Von1904 bis 1907 führte das Deutsche Reicheinen brutalen Kolonialkrieg im damali-gen Deutsch-Südwestafrika, der pha-senweise den Charakter eines geplan-ten Völkermordes zeigte. Auf den Siegder deutschen Schutztruppe folgtedie Enteignung der Herero und Namavon Vieh und Land, das Verbot ge -mein samer Ansiedlungen von mehr alszehn Familien, Arbeitszwang undEinfüh rung einer Passpflicht mit sicht-barem Tragen einer Passmarke undeines Dienstbuches.

Nach dem Ersten Weltkrieg verleibtesich der Apartheidstaat Südafrika dasTerritorium Namibias als Mandats ge -biet des Völkerbundes ein. Erst als Na -mi bia 75 Jahre später unabhängigwurde, konnten die Nachfahren derÜberlebenden mit Forderungen nachWiedergutmachung an die Öffentlich-keit treten. Jahrelang ignorierten deut-sche Spitzenpolitiker die Initia tiven vonParamount Chief Kuiama Riruako,Ober haupt der Herero. Die Hereroreich ten schließlich vor amerikanischenGerichten Klage gegen die deutscheRegierung sowie gegen mehrere Unter -nehmen ein, denen sie Betei ligung amVölkermord vorwarfen. Bisher scheiter-ten diese Klagen daran, dass sich die US-Gerichte aus formalen Gründen fürnicht zuständig erklärten. Unter Juristenist zudem umstritten, ob sich die UN-Konvention gegen Völker mord von1948 auf den Genozid an den Hereroanwenden lässt, da dieser sich lange vorInkrafttreten der Kon vention ereignete.Trotz des juristischen Scheiterns konn-ten die Herero mit ihren Reparations -forderungen im Gedenk jahr 2004, ein-hundert Jahre nach Beginn desKolonialkrieges, enormen öffentlichenDruck entwickeln. Ein sichtbarer Erfolgwar die Rede von BundesministerinWieczorek-Zeul auf einer Gedenkfeier inNamibia im August 2004. Erstmaligräumte dort eine Vertreterin derBundesregierung öffentlich den Völker -mord an den Herero ein und spracheine Ent schuldigung für die Verbrechenunter deutscher Kolonialherrschaft aus.Das von Wieczorek-Zeul geleitete BMZhat inzwischen eine „Versöh nungs -initia tive“ zur Schaffung eines Struk -tur fonds für die am meisten von derdeutschen Kolonial herrschaft betrof-fene Bevölkerungs gruppe angeregt.Die dafür vorgesehenen 20 Mio. Eurobleiben weit hinter den Forderungender Herero zurück. Von „Repara -

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Ben Ulenga, Congress of Democrats

Bundesministerin Wieczorek-Zeul,

BMZ

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tionen“ will die Bundes regierung oh -ne hin nicht sprechen. Möglicher weisefürchtet sie einen Präzedenzfall zuschaffen, der andere europäische Re -gierungen angesichts ihrer blutigenKolonialgeschichte in Verlegenheitbrin gen könnte.

b) Postkoloniale Initiativen inDeutschland

Der Deutsche Bundestag hat bis heutenicht Stellung zur Frage des Völker -mords an den Herero und zur Wieder -gutmachung bezogen. Aber außer-halb von Regierung und Parlament hatdas Gedenkjahr 2004 eine öffentlicheDebatte über Deutschlands Umgangmit seiner kolonialen Vergangenheit ineiner bis dahin nicht gekannten Dyna -mik ausgelöst. Vor allem auf lokalerEbene hat sich eine ganze Reihe vonInitiativen gegründet, die sich dem kri-tischen Umgang mit der deutschenKolonialgeschichte widmen. So vielfäl-tig diese Initiativen sind, sie folgen ei -nem gemeinsamen Grundgedanken:Die Erinnerung an die Tatsache, dassDeutschland als Kolonialmacht unmit-telbar Anteil an der imperialen Auftei -lung der Welt hatte, ist nach demZwei ten Weltkrieg systematisch ver-drängt worden. Eine Auseinander -setzung mit dieser Zeit ist aber gebo-ten, denn sie wirkt bis heute fort. Derlokale Raum bietet zahlreiche Mög -lichkeiten, verschüttete und verdräng-te Geschichte sichtbar zu machen undBezüge zur Gegenwart herzustellen. Einige der lokalen Initiativen habendem Namen ihrer Stadt das Attribut„postkolonial“ hinzugefügt. Damitwol len sie zum Ausdruck bringen, dasswir in einer postkolonialen Gesell -schaft leben, in der der Kolonialismuszwar vergangen, aber gesellschaftlichweiterhin wirksam ist. So heißt es imGründungsdokument der Initiative„hamburg postkolonial“:

„In Hamburg, das als 'Tor zur Welt'eine zentrale Rolle für die deutscheKolonialherrschaft in Afrika spielte, istlange der Mantel des Schweigens überdieses unrühmliche Kapitel deutscherGeschichte gedeckt worden. DieSpuren des Kolonialismus sind bisheute präsent: als steinerne Zeugen inGestalt von Kontorhäusern und Denk -mälern, aber auch in Denk musternund Stereotypen, die unsere Vor -stellung von Afrika und unser Ver -halten gegenüber Menschen andererHautfarbe prägen.“

c) Stadtrundgänge: Verdecktes sicht-bar machen

Viele der lokalen Initiativen arbeitennach dem Prinzip, durch dasSichtbarmachen kolonialer und post-kolonialer Spuren im öffentlichenRaum eine Debatte anzuregen. ImRahmen von „hamburg postkolonial“laden das Eine Welt Netzwerk und dieHafengruppe Hamburg regelmäßig zu

postkolonialen Stadtspaziergängenund Hafenrundfahrten ein6. Ziel dieserExkursionen ist es, Hamburger undTouristen zu animieren, die Stadt mitanderen Augen zu sehen. Sie führenbeispielsweise zum „Afrikahaus“ derHamburger Handelsfirma Woermann,die maßgeblich an der deutschenKolonisierung Afrikas beteiligt war,aber auch zu Orten, die heute nichtmehr existieren, wie das von 1930 bis 1933 existierende Hafenbüro des „Internationalen Gewerkschafts -ko mitees der Negerarbeiter“. DerStadt rundgang bietet eine Mög -lichkeit, die Geschichte(n) hinter denGebäudefassaden sichtbar zu machenund Bezüge zur Gegenwart herzustel-len, etwa wenn in Schaufenstern mitdem Slogan „Jede Woche eine neueWelt“ geworben wird. Für Schüler undJugendgruppen lassen sich darausleicht Stadtrallyes entwickeln. Post -koloniale Rundgänge werden inzwi-schen auch in Berlin und in Augsburgangeboten.

d) Straßennamen: Umbenennen oderKonservieren?

Nicht jede Gemeinde bietet so vielekolo nialhistorische Bezüge im Stadt -bild wie Hamburg oder Berlin, aberfast überall gibt es Straßen, die nachden ehemaligen Kolonien oder Kolo ni -sa toren benannt sind. Viele dieserBenennungen erfolgten in der NS-Zeit, um die Erinnerung an die verlore-nen Kolonien wach zu halten und denAnspruch an deutschem Kolonial -besitz zu bekräftigen. Etwa in einemDutzend deutscher Gemeinden gibt esnoch heute Straßen, die nach CarlPeters benannt sind, dem als „Hänge-Peters“ berüchtigen KolonisatorenDeutsch-Ostafrikas. In Kiel streiten diepolitischen Parteien um die Umbe -nennung der dortigen „Carl-Peters-Straße“, im Berliner Wedding entledig-

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te man sich des Problems mit einembilligen Trick: Dort heißt die Peters -allee jetzt offiziell nicht mehr nach"Hänge-Peters", sondern nach HansMaria Carl Alfons Peters, einem CDU-Politiker, der während des Faschismusim Widerstand aktiv war.

Die Carl-Peters-Straße in Münchenwurde auf Privatinitiative bereits 2000umbenannt, doch Siegfried Benker,Fraktionschef der Grünen im Stadt -parlament, zählt noch weitere 28Straßennamen, die an die deutschenKolonien erinnern. Im Oktober 2006beschloss der Münchner Stadtrat dieUmbenennung der Von-Trotha-Stras -se, die 1933 nach dem Haupt verant -wortlichen des Völker mords an denHerero benannt worden war. Sie soll inZukunft Herero-Straße heißen, dochdie Umbennung trifft auf Widerstandbei Anwohnern, der CSU und rechts-extremistischen Gruppen. Ein Argu -ment der Gegner einer Umbenennungin Herero-Straße lautet, die Hereroshätten vor 200 Jahren selber einenVölkermord an den San („Busch -männern“) begangen. Der Versuch,die Herero zum Täter-Volk zu stem-peln, trägt perverse Züge, er unter-streicht gleichzeitig aber auch, wienotwendig es ist, die Debatte um diekoloniale Vergangenheit zu führen.

e) Denkmäler: Stürzen oderUmwidmen?

1967 stürzten Studenten das Denkmaldes deutschen Kolonialoffiziers Her -mann von Wissmann vor der Uni ver si -

tät Hamburg. Eine antikoloniale Tat,die langfristig allerdings unbeabsich-tigte Folgen hatte. Das Ver schwindendes Denkmals im Keller eines Univer si -tätsgebäudes beschleunigte denProzess der Verdrängung: Nichts Sicht -bares erinnerte mehr daran, dass dieHam burger Universität einmal auseinem „Kolonialinstitut“ hervorgegan-gen war. 2004 holte die HamburgerKünstlerin Jokinen das Denkmal nachlangen Verhandlungen mit den Behör -den wieder an die Öffentlichkeit. EinJahr lang stellte sie das Wissmann-Denkmal, das noch Spuren antiimpe-rialistischer Farb beutel attacken auf-wies, an den Ham burger Landungs -brücken aus. Auf dem Sockel wies ei-ne Aufschrift auf die Internetadres -se www.afrika-hamburg.de hin. Dort

konn ten sich die Besucher über diehistorischen Hintergründe informierenund an einem virtuellen Diskussions-und Abstimmungsforum über die wei-tere Nutzung des Denkmals beteili-gen. Der partizipative Ansatz diesesProjekts war vorbildlich und problema-tisch zugleich, denn zeitweise überwo-gen im Diskussionsforum die Beiträgemit kolonialrevisionistischer bis rechts-extremer Tendenz.

Kolonialismuskritische Denkmal sinitia -tiven gibt es inzwischen vielerorts, ins-

besondere dort, wo im Sinne militäri-scher „Traditionspflege“ Denkmäler fürdie kolonialen „Schutztruppen“ errich-tet wurden. Denkmalsstürze geltenheu te kaum noch als zeitgemäß, eherwird versucht, die Monumente mit der Kehrseite ihres idealisierten Ge -schichts bildes zu konfrontieren, siegewissermaßen zu Gegendenkmälernihrer selbst zu machen. In Braun schweigund in Göttingen initiierten lokale Ak -tions bündnisse Um widmungs aktionen,die aufgestellten Informationstafelnwurden jedoch nach kurzer Zeit ent-wendet oder zerstört. Ähnlich erging eseiner Hamburger Initiative, die ein nachdem Schutztruppen-General Paul vonLettow-Vorbeck benanntes Kasernen -

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gelände in „Bayume Mohammed Hus -sein Park“ umbenennen wollte. Hus -sein hatte im Ersten Weltkrieg alsKinder soldat in Lettow-Vorbecks Trup -pe gedient. Nach dem Krieg lebte er inDeutschland und erlangte unter demNamen Mohamed Husen als Film -darsteller, vornehmlich in der Rolle des„treuen Askari“, einige Popularität.1944 wurde er als Opfer des national-sozialistischen Rassenwahns im KZSachsenhausen umgebracht. Die In for -mationstafel, die Husseins Bio graphiedarstellte, überlebte nicht einmaleinen Tag. Die kontroversen Reaktionen aufStraßenumbenennungen und aufDenk malsumwidmungen zeigen, dassder Umgang mit der kolonialen Ver -gangenheit noch längst kein abge-

schlossenes Kapitel ist. Das alte Bildvom durch Stammesfehden zerrütte-ten Afrika, das der ordnenden Handdes guten Deutschen bedarf, ist heute

noch populär. Solche Bilder sterbennicht mit einer Generation alterKolonialnostalgiker aus, sondern siewerden immer wieder aufs Neue pro-duziert und reproduziert, etwa imInternet, wo Websites, die den deut-schen Kolonialismus verharmlosen oderbeschönigen, wesentlich präsenter sindals solche, die ihn kritisch hinterfragen.Die derzeit so beliebten Afrika-Melo -dramen im deutschen Fern sehen tundas ihre dazu. Afrikaner werden hierreduziert auf die Rolle des Dieners, destreuen Askari oder – in den etwas „kri-tischeren“ Pro duk tionen – des Kolonia -lismus-Opfers. Höchst selten tretenAfrikaner im deut schen Fernsehspiel alsselbstbestimmte, handelnde Subjekteauf. Diese Bilder wirken nicht nur aufunsere Vorstellung von der Ver gan -

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genheit, sondern auch von der Gegen -wart. Nirgendwo hat sich das „kolonialeErbe“ so hartnäckig erhalten wie in denBilderwelten in unseren Köpfen. InStereotypen und Vorur tei len ge gen -über Menschen anderer Haut farbe,seien sie bösartig-rassisisch oder wohl-meinend-paternalistisch, wirkt der Kolo -

nialismus bis heute fort. PostkolonialeErinnerungs arbeit und Pädagogik kannsich deshalb nicht mit dem Blick auf dieVergangenheit begnügen. Es gehört zuihren Auf gaben, koloniale Prägungenin unseren Vorstellungen aufzuspürenund zu dekonstruieren. In diesem Sinneverstehe ich postkoloniale Erinner ungs -

arbeit in erster Linie als Beitrag zumAntirassismus. Anders herum: Weretwas an heutigen Verhältnissen än -dern will, ist gut beraten, ihre Vor -geschichte zu kennen. Sich gemeinsamzu erinnern, kann helfen, zukünftigeBeziehungen gerechter zu gestalten.

(Heiko Möhle)

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Zitate:

„Weil keiner seinesgleichen ausplündern, unterjochen odertöten kann, ohne ein Verbrechen zu begehen, erheben siees zum Prinzip, dass der Kolonisierte kein Mensch ist.... Diekoloniale Gewalt hat nicht nur den Zweck, diesen unter-drückten Menschen Respekt einzujagen, sie versucht sie zuentmenschlichen.“

(Jean-Paul Sartre)

„Und wenn ich einige Details dieser scheußlichenSchlächtereien in Erinnerung bringe, so geschieht das keines-wegs aus trüber Genugtuung... Sie beweisen, daß dieKolonisation, ich wiederhole es, selbst den zivilisiertestenMenschen entmenscht; daß die koloniale Aktion, das kolo-niale Unternehmen, die koloniale Eroberung, gegründet aufdie Verachtung des Eingeborenen und gerechtfertigt durchdiese Verachtung, unweigerlich darauf hinausläuft, den, dersie betreibt, zu verändern; daß der Kolonisator, der sich, umsich ein gutes Gewissen zu verschaffen, daran gewöhnt, imanderen das Tier zu sehen, der sich darin übt, ihn als Tier zubehandeln, objektiv dahin gebracht wird, sich selbst in einTier zu verwandeln. ...

Ja was denn? die Indianer massakriert, die islamische Weltum sich selbst gebracht, die chinesische Welt gut einJahrhundert lang geschändet und entstellt, die Welt derNeger disqualifiziert, unzählige Stimmen auf immer ausge-löscht, Heimstätten in alle Winde zerstreut; all diese Schlu -derei, all diese Vergeudung, diese Reduktion der Menschheitauf den Monolog, und Sie glauben, für all das müsse nichtbezahlt werden? ...Eine Zivilisation, die vor ihren entschei-denden Problemen die Augen verschließt, ist eine krankeZivilisation. Eine Zivilisation, die ihre eigenen Prinzipien mitFinten unterläuft, ist eine sterbende Zivilisation. ...Europa istnicht zu verteidigen. Dies scheint eine Feststellung, über diesich amerikanische Strategen hinter vorgehaltener Handeinig sind.

An sich ist das nicht so ernst.

Ernst ist dagegen, daß „Europa" moralisch wie geistig nichtzu verteidigen ist.“

(Aime Cesaire)

The African's Prayer

O european, thou art in AfricaDisgrace is thy name;Thy kingdom go.Our will be done in AfricaAs yours ist done in Europe.We take this day our full freedomAnd we shall not be lead into slaveryBut will deliver ourselves from exploitation.For Africa is our kingdom, our power, our glorious land.Forever and ever...Amen.

(Zitiert in „Grass Roots", community paper der BlackLiberation Front, London, November 1973, 8.)

The international monetary fraud

This time none of that black cargo businessNone of that harrowing noise of mournful slaveswhich haunts sons and daughters of generations to

come.None of that grim stuff.Generous too that Atlantic operation.For the smart Alec William wilberforces.Smitten with the Samaritan syndromeand that itch for eternal martyrdom.This time comes a battalion of smiling rat men gowned in three-piece-suits and clutching black

briefcasesbulging with pamphlets about human rights from the

United States and the latest agenda hatched in the metropolis. They fly in as professional well-wishers,special emissaries who attend state banquets and preach sermons about the virtues of austerity

budgets.‘Bitter medicine’, they call it, with pious regrets of

course‘Prosperity around the corner’, they whisper

seductively to bewildered Third World officials.

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‘Logical laws of world economics’, they remind themand cite from the paragraphs of the Keynesian-

fried-man bible.‘Realistic and pragmatical for a lean economy’,

they intone,as they burp expensive wine and munch fruitsbedecked for the protruding tummies.Then, to remind everybody of the wisdom of their

experience,they scrupulously pat their balding headsand dutifully woo their newly-found friends,according to the passion stipulated in protocol 747titled, ‘International Behaviour and Business Ethics: Ref. File no. 52 / Satellites, Spies, Missionaries and

Minerals’.Hours later, when all the workers and peasants are

fast asleep,a piercing hymn in praise of the virtues of democracy and private enterprise is heard,accompanied by bitter-sweet notesfrom a black and white piano.

On the morrow the gowned messiahs of international aid

spout sophisticated mathematics according to instructions,

refer to the latest gadgetry, the computer witchery which spawns figuresand befogs the vision of friend and foe alike.

Yes, they come as pilgrims of goodwillflaunting the legendary haloes. They are the latter day missionaries who preach the wizardry of that ancient vampire,the deceit and treachery of the unfinished businessof Christian slave traders.

By the time they fly out of the country, an additional generation has been cheated of its

dreams. And, once more, another part of the world is

rendered safefor Democratic Starvation.

(R. Zwuwarara, Zimbabwe)

"Schwarzer Mann, Lasttier jahrhundertelang."

...Dann kam der weiße Mann: Klüger, verschlagener, grausamer,

er tauscht für wertlosen Plunder dein Gold, schändete deine Frauen, machte deine Krieger betrunken, pferchte in Schiffe deine Söhne und Töchter.Die Tam-Tams dröhnten durch alle Dörfer,weit ausbreitend die Trauer, den wilden Schmerz,die Nachricht vom Leid des Exils,in einem, weit, weit entfernten Land,wo die Baumwolle Gott ist, der Dollar König,verdammt zur Sklavenarbeit, Lasttier,von früh bis spät unter brennender Sonne,damit du vergißt, daß du ein Mensch bist...

(Patrice Lumumba, 1959)

Heia Safari

Wie oft sind wir geschritten auf steilem Negerpfad wohl durch der Steppe mitten,wenn früh der Morgen naht.

Wie lauschten wir dem Klange, dem altvertrauten Sänge, der Träger und Askari. Heia, heia Safari.

Steil über Berg und Klüfte,durch tiefe Urwaldnacht, wo schwül und feucht die Lüfte und nie die Sonne lacht, durch Steppengräserwogen sind wir hindurchgezogen mit Trägern und Askari. Heia,heia Safari,

Und säßen wir am Feuer, des nachts wohl vor dem Zelt,lag, wie in stiller Feier, um uns die nacht’ge Welt, und über dunkle Hänge tönt eswie ferne Klänge der Träger und Askari.

Heia, heia Safari.

Tret' ich die letzte Reise, die große Fahrt einst an, auf, singt mir diese Weise statt Trauerlieder dann, daß meinem Jägerohre, dort vor dem Himmelstore es klingt wie ein Halali. Heia, heia Safari.

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Das Schutztruppen-Ehrenmal in der Lettow-Vorbeck-Kaserne zu Hamburg-Wandsbek - ein rechteckiger, mauerar-tiger Block mit 4 Tafeln und einer vom Reichsadler gekrön-ten viereckigen Säule. Auf den vier mit dem Eisernen Kreuzund- der Graphik einer typischen Landschaft der jeweiligenKolonie geschmückten Tafeln steht unter den Einleitungs -worten

"Es starben für ihr Vaterland 1914 -1918" in Kamerun36 Offiziere und Beamte 144 Unteroffiziere und Mannschaften 1200 Askari

in Togo1 Offizier15 Unteroffiziere und Mannschaften 15 Askari

in Deutsch-Ostafrika 103 Offiziere und Beamte 629 Unteroffiziere und Mannschaften 3000 Askari4750 Hilfskrieger und Träger

in Deutsch-Südwestafrika19 Offiziere und Beamte 208 Unteroffiziere und Mannschaften

Die Mittelsäule des Ehrenmals ist inzwischen mit einer Tafelgeschmückt worden, auf der über dem Wappen desDeutschen Afrika-Korps geschrieben steht:

"Den in Nord-Afrika gefallenen Kameradendes Deutschen Afrika-Korps"

„Tradition heißt nicht Asche bewahren, sondern ein Feuer am Brennen halten“

(Jean Jaures)

„Mögen die Kolonialherren noch soviel Vorteil aus ihrenüberseeischen Gebieten gezogen haben, es bleibt dochdabei, dass die Kolonialvölker ohne sie heute noch auf denPalmen herumkletterten und von Kokosnüssen undBananen lebten. Dass der Lehr meister um seinen Gewinngeprellt wird, mag hingehen, denn er hat ihn vorher reich-lich genossen...Dass er wie ein Schuft oder Verbrecher zum Teufel gejagtwird . . . betrifft uns alle, auch die nichtkolonialenDeutschen.“

(Schrieb die Tageszeitung „Der Mittag“, Düsseldorf am20.12.1961)

„Niemand hat mehr für Afrika geleistet und mehrVerständnis aufgebracht als die Europäer. Allein durch ihreHilfe ist Afrika zu dem geworden, was es heute ist.“

(aus dem Erdkundebuch „Seydlitz“)

„Die weißen Herren brachten den Eingeborenen manchesGute, z.B. die Befreiung vom Sklavenhandel, vomAberglauben raffinierter Medizin männer . . . Sie errichtetenStraßen, Sied lungen, Schulen, Missions stationen, Pflanz -ungen, Bergwerke und Handelsniederlassungen in großerZahl...“

(aus dem Schulbuch „Frohes Erdkundeschaffen“, Band:„Unserer außereuropäischen Erdteile“, Dümmler)

„Jedesmal, wenn ein Mensch über Vergangenes berichtet,und sei er auch ein Geschichtsschreiber, haben wir inBetracht zu ziehen, was er unabsichtlich aus der Gegenwartoder aus dazwischenliegenden Zeiten in die Vergangenheitzurückversetzt, sodass er das Bild derselben fälscht.“

(Sigmund Freud)

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„Geschichte ist Lüge, auf die man sich geeinigt hat.“(Napoleon Bonaparte)

Am 11. August 2004 startete die Bundesentwicklungs -ministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul zu einer Reise nachNamibia, um dort am Gedenken an die Niederschlagung desHerero-Aufstands vor 100 Jahren teilzunehmen. DieMinisterin hat sich im Namen der Bundesregierung für dieUntaten des damaligen deutschen Militärs entschuldigt

„Vor hundert Jahren wurden die Unterdrücker - verblendetvon kolonialem Wahn - in deutschem Namen zu Sendbotenvon Gewalt, Diskrimi nierung, Rassismus und Vernichtung.Die damaligen Gräueltaten waren das, was heute als Völker -mord bezeichnet würde - für den ein General von Trothaheutzutage vor Gericht gebracht und verurteilt würde. Wir Deutschen bekennen uns zu unserer historisch-politi-schen, moralisch-ethischen Verantwortung und zu derSchuld, die Deutsche damals auf sich geladen haben. Ich bitte Sie im Sinne des gemeinsamen "Vater unser" umVergebung unserer Schuld. Ohne bewusste Erinnerung,ohne tiefe Trauer kann es keine Versöhnung geben. Ver -söhnung braucht Erinnerung.“

Paramount Chief Kuaima Riruako reicht eine 2 Mrd. US-Dollar-Klage wegen Versklavung und Genozid durch dieDeutschen beim US-Bundesgericht ein. Damit ziele man, soder Autor, auf bestimmte deutsche Firmen ab, wie DeutscheBank, Terex Corporation und andere. Sie hätten mit denimperialen Deutschen konspiriert, "um zwischen 1904 und1907 etwa 65 000 Hereros auszulöschen".

„Versöhnung kann es erst nach einer Diskussion über dieVergangenheit geben. Vergangenheit inklusive der Ver -nichtung in jener Zeit. Dazu gehört die Akzeptanz, dass esunmenschlich war. Wir müssen einen neuen gemeinsamenStand erreichen, wo wir einander finden. Wo es Vergebunggibt, aber kein Vergessen. Die damaligen Verluste bestandenaus Menschen, Zerstörung der Existenzgrundlagen, Verlustder Kultur und des angestammten Landes. Darauf müssenwir eingehen. Wir haben zwei Nationen - Herero und Deu -tsche, sie leben Seite an Seite und tragen das im Bewusstseinmit sich und haben ihre Probleme (hang-ups) mit der Ver -

gangenheit. Lasst uns offen darüber reden, wie wir alles ein-ordnen, kulturell, wirtschaftlich und physisch. So möchte ichvorgehen. Mit der deutschen Regierung suche ich den direk-ten Dialog.“

(Hererochief Kuaima Riruako, Allgemeine ZeitungWindhoek, Namibia 16.08.2004)

Postkoloniale Zustände

„Wer unsere Zeit als eine postkoloniale bezeichnet, sprichtvon Vergangenheit und Gegenwart. Die Voraussetzungender gegenwärtigen Globalisierung, die Vorgeschichte unse-rer wirtschaftlichen und kulturellen Weltgesellschaft, dienach wie vor eine geteilte ist, kommen darin zum Ausdruck.Die Kennzeichnung „postkolonial“ verweist auf dieNachwirkungen kolonialer Beziehungen, ohne zu behaup-ten, wir lebten nach wie vor in einem kolonialen Zeitalter.Das Präfix „post“ zeigt nicht an, dass etwas überwundenund hinter sich gelassen worden sei, sondern dass die kolo-niale Erfahrung sich in der Gegenwart spiegelt.“

Die Erziehungswissenschaftlerin Astrid MesserschmidtQuelle: http://www.gep.de/interfilm/deutsch/inter-

film3849_15836.htm

Die Landfrage am Kamerunberg

„115 Jahre nachdem die tapferen Menschen von Buea unterder Führung ihres furchtlosen Führers Kuva Likenye gegendie deutsche Armee aufstanden, übernimmt eine neueGeneration von Bakweri die Verantwortung, erneut für denSchutz des Landes ihrer Ahnen zu kämpfen. Unter Führungdes Bakweri Land Claims Committee (BLCC) bringen sie dieForderung nach Entschädigung und Wiedergutmachung fürihr Land vor das kamerunische Volk und vor die internatio-nale Gemeinschaft. Sie bestehen darauf, dass nun, da diekamerunische Regierung beabsichtigt, die CameroonDevelopment Corporation (die praktisch das gesamte vonden Deutschen enteignete Land kontrolliert) zu verkaufen,die hundert Jahre alten Ansprüche der Bakweri berücksich-tigt werden.“

Dibussi Tande, BLCC Communications DepartmentQuelle: http://www.blccarchives.org

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Gedenken und Entschädigung in Namibia

„Wir sind zu dem Schluß gekommen, daß die Ent -schädigungsfrage nicht mit dem Gedenken vermischt wer-den sollte. Durch die eindeutige Positionierung internationa-ler Organisationen zu unseren Gunsten und ihre eindeutigeVerurteilung des Massenmordes haben wir moralisch schongewonnen ... Aber auch bei uns steht eine Landrefom noch aus und mussdringend in Angriff genommen werden. Bei der Neu -zuteilung von Farmland, die früher oder später kommenmuss, werden wir darauf achten, daß diejenigen besondersberücksichtigt werden, deren Familien in unserem Krieggegen die Deutschen besonders gelitten haben. Die Inter -nierung Tausender und der Mord an Tausenden Herero darfaber nicht weiter verschwiegen werden.“Kuaima Riruako, Paramount Chief der Herero in Namibia im

Interview der „jungen welt“ vom 14.01.2004

Eine Sichtweise militärischer Traditionsverbände

„Weltweite Beziehungen verbanden das Kaiserrreich und dessen aufstrebende Wirtschaftmit allen Ländern und Völkern der Erde.Das Meer war bester Mittler und Wegfür diese friedliche Entwicklung“.

Marine-Ehrenmal Laboe (Schleswig-Holstein)

Straßen-Umbenennungen

„Die Umbenennung gereicht München zur Ehre, denn eskann nicht angehen, dass hier immer noch Kolonial -verbrecher durch Straßenbenennungen geehrt werden. Mitder Umbenennung in Hererostraße erkennt die StadtMünchen an, dass sich der Blick auf die deutscheKolonialgeschichte entscheidend verändert hat.“

Siegfried Benker, Quelle: www.sigi-benker.de

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Page 65: Deutsche Kolonien Handbuch

Gründer, Horst: „… da und dort ein junges Deutschlandgründen“. Rassismus, Kolonien und kolonialer Gedankevom 16. bis zum 20. Jahrhundert. DTV 30713, München1999.

Quellen zur kolonialen Erschliessung Südwestafrikas sowiezum Völkermord an den Herero und Nama.http://www.hist.net/ag-genozid/quellen.htm

Sachliteratur

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Afrika I, Informationen zur politischen Bildung, Nr. 264,München 2001

Afrika II, Informationen zur politischen Bildung, Nr. 272,München 2001

Baer, Martin/Schröter, Olaf: Eine Kopfjagd. Deutsche inOstafrika. Spuren kolonialer Herrschaft, Berlin 2001,Christoph Links Verlag.

Becker, Felicitas/Beez, Jigal (Hrsg.): Der Maji-Maji-Krieg inDeutsch-Ostafrika. Berlin 2005, Christoph Links Verlag

Bley, Helmut: Kolonialherrschaft und Sozialstruktur inDeutsch-Südwestafrika 1894-1914, Hamburg 1968

Böhler, Katja/Hoeren, Jürgen (Hrsg.): Afrika. Mythos undZukunft, Bundeszentrale für politische Bildung, Berlin/Bonn 2003, 206 Seiten

Davidson, Basil: Vom Sklavenhandel zur Kolonialisierung.Afrikanisch-europäische Beziehungen zwischen 1500 und1900, Hamburg 1966, 252 Seiten

Eckert, Andreas: Die Duala und die Kolonialmächte. EineUntersuchung zu Widerstand, Protest undProtonationalismus in Kamerun vor dem zweitenWeltkrieg, Münster 1992

Gründer, Horst: Geschichte der deutschen Kolonien,Paderborn 5. Auflage 2005, 330 Seiten

Hücking, Renate/Launer, Ekkehard: Aus Menschen Negermachen. Wie sich das Handelshaus Woermann an Afrikaentwickelt hat, Hamburg 1986, 200 Seiten

Kunert, Roger: Kolonialgeschichtliche Stätten inDeutschland, Berlin 2004, 156 Seiten

Launer, Ekkehard (Hrsg.): Deutscher Kolonialismus. EinLesebuch zur Kolonialgeschichte, hrsg. v., Hamburg 1991,238 Seiten

Mehle, Jacob E. (Hrsg.): Das kleine Afrika-Lexikon. Politik,Gesellschaft, Wirtschaft, Bonn 2003, 226 Seiten

Möhle, Heiko (Hrsg.): Branntwein, Bibeln und Bananen. Derdeutsche Kolonialismus in Afrika - Eine Spurensuche inHamburg, Hamburg 1999, 170 Seiten

Speitkamp, Winfried: Deutsche Kolonialgeschichte,Stuttgart 2005 (Reclam-Ausgabe)

Van Dijk, Lutz: Die Geschichte Afrikas, Bundeszentrale fürpolitische Bildung, Bonn 2005, 234 Seiten, mitIllustrationen von Dennis Doe Tamakloe

Van Laak, Dirk: Deutschland in Afrika. Der Kolonialismusund seine Nachwirkungen, in: Aus Politik undZeitgeschichte 4 (2005), vom 24. Januar 2005, S. 3-11

Zeller, Joachim: Kolonialdenkmäler und Geschichts -bewusstsein. Eine Untersuchung der kolonialdeutschenErinnerungskultur, Frankfurt/Main 2000, 328 Seiten

Zimmerer, Jürgen/Zeller, Joachim (Hrsg.): Völkermord inDeutsch-Südwestafrika. Der Kolonialkrieg (1904-1908) inNamibia und seine Folgen, Berlin 2003, 284 Seiten

Belletristik

Seyfried, Gerhard: Herero, Frankfurt 2004, 640 SeitenInhalt: Aus dem Trubel Berlins verschlägt es den jungenKartographen Carl Ettmann 1903 in eine Küstenstadt inder deutschen Kolonie Südwestafrika. Dort trifft er dieabenteuerlustige Fotografin Cecilie. Als sie gemeinsamweiterreisen wollen, bricht überraschend der Aufstand derHerero los. Während Ettmann den eilig zusammengestell-ten deutschen Truppen zu Hilfe eilt, wagt Cecilie sich indas umkämpfte Gebiet, um einen Herero-Häuptling vonder Teilnahme am Aufstand abzuhalten. Bald muss sieerkennen, wie leichtsinnig ihr Entschluss gewesen ist.

Timm, Uwe: Morenga, München 2000, 444 SeitenInhalt: Deutsch-Südwestafrika, 1904. Beginn eines erbar-mungslosen Kolonialkrieges, den das Deutsche Kaiserreichgegen aufständische Hereros und Nama führt. An derSpitze der für ihre Freiheit kämpfenden Schwarzen stehtJakob Morenga, ein früherer Minenarbeiter. Was damals in

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Quellen

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dem heute unabhängigen Namibia geschah, hat UweTimm in einer geschickten Montage von historischenDokumenten und fiktiven Aufzeichnungen zu einem his-torischen Roman verdichtet.

Theaterstücke

Hussein, Ebrahim N.: Kinjeketile, in: Stücke Afrikas, hrsg. v.Joachim Fiebach, Berlin 1974, S. 5-53Inhalt: Hauptfigur dieses Stückes ist Kinjeketile Ngwale,eine historische Person, die wirklich existierte und einezentrale Rolle während des Maji-Maji-Krieges (1905-1907)gegen die deutschen Kolonialherren in Tansania spielte.Hintergrund des Stückes sind das brutale Auftreten derDeutschen gegenüber den Einheimischen und ihreökonomische Ausbeutung der Afrikaner. Kinjeketile tritt indieser Situation als eine Art Prophet auf, der diegepeinigten Afrikaner einigt und dazu das Wasser (Maji)als symbolische Medizin gegen die Spaltung einsetzt.

Unterrichtsmaterialien

Hernleben, Hans-Georg: Unser Bild von Afrika,Themenblätter im Unterricht Nr. 41, hrsg. von derBundeszentrale für Politische Bildung, Bonn 2004Bezugsadresse: Bundeszentrale für politische Bildung,www.bpb.de/themenblaetter

Tanzania. Der Maji-Maji-Aufstand (1905-1907) undNamibia. Der Kolonialkrieg (1904-1908) und seine Folgen.Materialsammlung der Cultur Coopertaion e.V.,Nernstweg 32-34, 22765 Hamburg, Tel. 040-394133, e-Mail: [email protected]

Poenicke, Anke: Kolonialismus und Postkolonialismus. DasBeispiel Afrika, hrsg. v. Myrle Dziak-Mahler, Reihe:Geschichte betrifft uns, Band 6 (2004)Bezugsadresse: Bergmoser + Höller Verlag AG, Redaktion"Geschichte betrifft uns", Postfach 50 04 04, 52088Aachen, e-Mail: [email protected], Preis: 9,95 Euro

„Uns gehört Herero-Land”. Namibia 1904-2004.Materialsammlung für Konfirmantenunterricht,Sekundarstufe I und II und Erwachsenenbildung, hrsg. v.Hanns Lessing, Frauke Bürgers und Eberhard Löschke,Wuppertal 2003, 190 Seiten plus CD-ROMBezugsadresse: Vereinte Evangelische Mission,

Medienstelle, Rudolfstr. 137, 42285 Wuppertal, Tel. 0202-89004, e-Mail: [email protected], Preis: 10 Euro

Bildarchive

Archiv der Basler Mission: http://www.bmpix.org/

Bildbestand der Deutschen Kolonialgesellschaft in derUniversitätsbibliothek Frankfurt am Main:http://www.ub.bildarchiv-dkg.uni-frankfurt.de/

Filme

„Deutscher Kolonialismus in Afrika” (DVD), Betzug über FWU (Institut für Film und Bild) in Grünwaldbei München

Inhalt: * Carl Peters und Deutsch-Ostafrika. Kolonialkritischer

Dokumentarfilm (25 Min.)* Die Forderung nach deutschen Kolonien.

Propagandafilm 1926, stumm (19 Min.)* Aufgaben und Diskussionsthemen* Arbeitsmaterial

„Weiße Geister - Der Krieg gegen die Herero” (72 Min.),Bezugs- und Ausleihbedingungen bitte direkt bei derFilmproduktion erfragen: www.weissegeister.de oderwww.baerfilm.deInhalt: Der Regisseur Martin Baer und der seit Jahrzehnten inDeutschland lebende Herero Israel Kaunatjike begeben sichgemeinsam auf eine Reise nach Namibia, um ihre jeweiligeFamiliengeschichte zu recherchieren: Israel hatte - wie er erstbei Vorarbeiten zu diesem Film herausgefunden hat - zweideutsche Großväter. Beide seiner Großmütter bekamenKinder von Soldaten der deutschen „Schutztruppe”. Obdiese Schwangerschaften aufgrund von Vergewaltigungenzustande gekommen sind (die es im Kolonialkrieg als sog.„Sexsklaverei” häufig gab), lässt sich nicht mehr herausfinden.Auch Martin entdeckt ihm bisher unbekannte Ver bin dungenseiner Familie nach Afrika. Einige seiner väterlichenVorfahren, die einst als Siedler nach Deutsch-Südwest ge -kom men waren, leben bis heute in Namibia und Südafrika.Die Identitätssuche und die Folgen des Kolonialismus sindübergreifende Themen des Films.

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Quellen

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„Das Ende von Deutsch-Südwest. Die Deutschen undNamibia” (15 Min.), Bezugs- und Ausleihmöglichkeitenbitte direkt beim WDR erfragen, Ansprechpartnerin:Waltraud Hollitzki, e-Mail: [email protected]: In diesem Kurzfilm geht es um die Spuren, welchedie deutsche Kolonialherrschaft bis heute in Namibia, demehemaligen Deutsch-Südwest, hinterlassen hat: deutscheNamen, deutsche Gebäude, deutsche Sprache. InWindhoek und Swakopmund erinnern nach wie vor mar-tialische Denkmäler an deutsche „Heldentaten”, die nichtsanderes waren als grausame Eroberungs- undVernichtungsfeldzüge gegen die schwarze Bevölkerung.Das System der Apartheid, vorbereitet durch deutscheVerordnungen und Gesetze, endete in Namibia erst mitder Unabhängigkeit im Jahre 1990, 85 Jahre nach demEnde der deutschen Kolonialherrschaft.

„Re-Colonize Cologne” (43 Min.), für Bezugs- undAusleihmöglichkeit siehe unter www.kanak-tv.de oderwww.kanak-tv.de Inhalt: Kaiser Ngon Pouo’o Metzem III. aus Kamerunparadiert auf einer Sänfte getragen in die KölnerInnenstadt. Dort besetzt er ein Stück deutschen Bodensund konstatiert „Ihr habt uns auch nicht gefragt, als ihrgekommen seid, warum sollen wir euch fragen?“ DieKölner Bevölkerung reagiert. Der Film blättert zurück undholt den verdrängten deutschen Kolonialismus in Kamerunans Licht. Geschichten von Menschen treten hervor, dieseitdem den Weg aus Kamerun nach Deutschland fandenund sich über die Versuche hinwegsetzen, ihreBewegungsfreiheit einzuschränken.

„Gehet hin in alle Welt“ - Die Deutsche Mission in Afrika.Regie: Jean-Marie Teno, D/F 2004, 68 min. Inhalt: In seinem neuesten Film entwirft Jean-Marie Tenoein vielschichtiges und komplexes Bild deutscherMissionstätigkeit in Afrika. Neben den Erkenntnissenafrikanischer und europäischer Wissenschaftler vermitteltder Film besonders durch die persönlichen Recherchen desRegisseurs bisher kaum bekannte Perspektiven. Dabeiführt ihn die filmische Reise auch nach Namibia, Südafrika,Togo und Kamerun, wo er der Frage der aktuellenBedeutung der Kirchen nachgeht.

„Deutsche Kolonien“, ein MedienpaketDie Deutschen haben ihre Kolonien früher verloren alsBriten, Franzosen, Belgier und Holländer. Aber auch anihnen hängt nach wie vor die Geschichte des Kolonia -lismus, vor allem in Afrika. Die Aufarbeitung der Ver -gangenheit ist wegen der größeren zeitlichen Distanzetwas mühsamer als bei den anderen Europäern; zweifel-los wirken jedoch Entdeckungen in der eigenenGeschichte nachhaltiger als der Hinweis auf die Beispieleder anderen.

Auf der beiliegenden DVD finden sie folgende Filme;DVD 1)1. Liebe zum Imperium (46:48) Ein Film über einen abenteuerlustigen Kleinbürger, der imvergangenen Jahrhundert nach Afrika ausgezogen war,um für Deutschland Rohstoffe, Absatzmärkte undLändereien zu erobern und dabei auf dem Gebiet desheutigen Tansania ein Kolonialimperium begründete...

2. Mulattin Else (50:20)Der Film zeigt den Konflikt eines deutschen Halbblutes inAfrika. Else, das Mischlingskind aus dem verschwiegenenHarem der deutschen Kolonialelite, die Tochter desGouverneur-Stellvertreters Jesco von Puttkamer, der ins ferne Deutschland verschwand.

3. Else im Wunderland (24:55) Die Fortsetzung von Mulattin ElseElse hat eine Schwester in Deutschland, die legitimeTochter der Kolonialoffiziers Jesco von Puttkamer. Die deutsche Halbschwester zeigt aber kein Verlangen,Kontakt herzustellen. Doch Else geht auf Reisen,beschließt nach Vaters Grab und Familieim fernen Deutschland zu suchen.

4. Ein Lied für Südwest (17:42)Der Kurzfilm erzählt von der deutschen Landnahme 1883, über den Völkermord an den einheimischen Herero, bis zur heutigen deutschen Touristenkolonie.

Total: 02:15: 55

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Quellen

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DVD 2) 1. Mandu Yenu (49:09)Die Geschichte eines afrikanischen Königsthrones, der heuteim Berliner Völkerkundemuseum bestaunt wird: Das Symbolder Macht des Königs der Bamoun erhielt der deutscheKaiser vor fast hundert Jahren aus der Kolonie Kamerunszum Geburtstag "geschenkt". Der Film schildert dieBegegnung eines schwarzen Königs mit den Europäern, ergibt ein Bild von der hohen Kultur der vorkolonialen Zeit inWestafrika und von der Selbstherrlichkeit deutscherHerrenmenschen, die als Eroberer gekommen waren.

2. Usambara (42:14)Eer Film über Mission, Entwicklungshilfe und Partnerschaftzwischen den Völkern in der Kolonialgeschichte und Ge -genwart, aus Tansania über hundert Jahre auf einerMissionsstation. Zwei greise Töchter der erstenEvangelisten aus Deutschland kehren nach 55 Jahren inihren afrikanischen Geburtsort zurück. Mit einer neuenMission...

3. Manga Bell (44:26)Im Jahr 1884, als man Afrika aufteilte, schloss einReichskommissar den ersten "Schutzvertrag" mit demOberhäuptling der Douala. Dessen Enkel Rudolf MangaBell, der in Deutschland studiert und deutsch zu denkengelernt hatte, wurde später als König von den deutschenKolonialherren wegen Widerstandes gegen den Kaisererhängt.

4. Gruß aus Kiautschou (05:00)Der Kaiser in Berlin will, dass in seinem Reiche die Sonnenie untergehen soll. Neben kleinen Kolonien in der Südseewill das Deutsche Reich die Bucht von Kiautschou alsHandelsstützpunkt, doch die Chinesen lehnen sich gegendie Fremdherrschaft auf. Sie werden nach ihrenKampfmethoden „Boxer“ genannt. Eine deutscheStrafexpedition erhält 1897 den Befehl, die Bucht vonKiautschou einzunehmen.Ein Jahr später überlässt die chinesische Regierung dasSchutzgebiet dem Deutschen Reich durch einenPachtvertrag auf 99 Jahre. 1914 verliert Deutschland dieKolonie an Japan.

Total: 02:15:49

Kontakte und Internetadressen

www.africome.deFokus Afrika: Africome 2004-2006, Internetseite zumSchwerpunkthema „Afrika” der Bundeszentrale für politische Bildung

www.afrika-hamburg.deInternetseite zum Nach-Denkmal-Projekt der umstrittenenStatue Hermann von Wissmanns mit ausführlichenInformationen rundum die Geschichte des Denkmals,Biographien und das koloniale Hamburg

www.blackandwhite-schwarzundweiss.deVerein für afrikanisch-europäisch-amerikanischeVerständigung, mit ausführlichen Informationen zumThema unter der Rubrik „Kolonialzeit”

www.deutschland-postkolonial.deDEPO. Kontaktperson: Stefanie Michels

www.deutsche-schutzgebiete.deInternetseite mit Postkarten und Texten aus der Zeit desDeutschen Reiches und des deutschen Kolonialismus(Kolonialapologetisch und völlig distanzlos)

www.entwicklungspolitik.orgZeitschrift Entwicklungspolitik, Seite: http://www.entwick-lungspolitik.org/index_27514.htm zur „GeschichtlichenVerpflichtung in Afrika. Von Kolonien zu Partnerländern inder Entwicklungszusammenarbeit” von Uschi Eid

www.freiburg-postkolonial.deKontaktperson: Heiko Wegmann, Redaktion iz3w

www.goethe.de/ins/na/prj/eri/bil/deindex.htm„Erinnern 1904”, Projektseite des Goethe-Instituts Wind hoek,zum Gedenken der Kolonialkriege in Namibia, Informa -tionsbörse über die Aktivitäten zum Gedenkjahr 2004

www.gruene-muenchen-stadtrat.de/seiten/themen/anderes/kolonialstrassenoa.htmlProjekt der Grünen Fraktion in München über Personenaus der Zeit des deutschen Kolonialismus, nach denen bisheute Straßen benannt sind, ausführliche Informationenu.a. über Lothar von Trotha, Theodor Leutwein, Hermannvon Wißmann und Karl von Gravenreuth

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Quellen

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www.majimaji.deInternetseite zum 100-jährigen Gedenken an den Maji-Maji-Krieg, vom Tanzania-Network.de e.V.

www.mhudi.de/maji/„Maji Maji Bibliography Project”. Sammlung von 68deutschsprachigen Zeitungsartikeln aus der Aufstandszeit.Homepage von Afrikanistik-Studierenden der Humboldt-Universität Berlin

www.tanzania-network.deInternetseite des gleichnamigen Vereins, der sich zum Zielgesetzt hat, die vielfältigen Beziehungen zwischenDeutschland und Tanzania zu intensivieren und effektiverzu gestalten, mit zahlreichen Informationen zu aktuellenThemen und den diplomatischen Beziehungen beiderLänder

www.traditionsverband.deInternetseite des Traditionsverbands ehemaliger Schutz-und Überseetruppen – Freunde der früheren deutschenSchutzgebiete e.V. (gruselig!!!)

www.trotha.de

www.schutztruppe.de

Rede der Bundesentwicklungsministerin Wieczorek-Zeul in Namibia http://www.uni-kassel.de/fb5/frieden/regionen/Namibia/100-jahre.html

www.marabout.de

Boxeraufstand in Chinahttp://de.wikipedia.org/wiki/Boxeraufstand

Fotogalerie - Koloniale, postkoloniale und weitere Impressionenhttp://www.freiburg-postkolonial.de/Seiten/fotos.htm

Erinnerungsorte in und um Hamburg

„Afrika-Haus“ des Handelsunternehmens C. Woermann,Große Reichenstraße

Bismarck-Denkmal auf der Elbhöhe (zeigt Bismarck als mit-telalterliche Rolandsfigur mit Schwert – Schutz des Reichesüber den hanseatischen Überseehandel)

Speziell zu Namibia / Deutsch-Südwestafrika:

Gedenktafel für Hamburger Soldaten, die in denKolonialkriegen in China („Boxer-Aufstand“ 1900) undNamibia („Herero-Nama-Aufstand“ 1904 – 1907) starben

Porträt General v. Trotha an einem Gebäude der ehemali-gen Lettow-Vorbeck-Kaserne im Stadtteil Jenfeld

Speziell zu Tanzania / Deutsch-Ostafrika:

Askari-Relief und Schutztruppen-Ehrenmal im „Tanzania-Park” in Jenfeld, Lettow-Vorbeck-Kaserne, Jenfelder Allee 70a, Ansprechpartner: Kulturkreis Jenfeld, Jenfeldhaus, Tel. 040-654 40 60

Ohlsdorfer Friedhof, Grabstellen von Gouverneur Graf vonGötzen und Emily Ruete (geb. Prinzessin Salme von Omanund Sansibar), www.friedhof-hamburg.de/ohlsdorf/

„Askari-Reliefs“ und „Schutztruppen-Ehrenmal“ in derehemaligen Lettow-Vorbeck-Kaserne

„Schutztruppen-Denkmal“ in Aumühle

Weitere Angebote zum Thema

Stadtrundgang„ Branntwein, Bibeln und Bananen“Hamburgs Kolonialgeschichte I: Von der Börse zurSpeicherstadtAls „Tor zur Welt“ wurde Hamburg mit seinem Hafen im19. Jahrhundert zur Metropole des deutschenKolonialreichs in Afrika und im Pazifik. Zwischen City undHafenrand zeugen die Börse, alte Speicher undKontorhäuser, Hafenanlagen und Kirchen vonSchnapsexporten und Missionseifer, von hanseatischerKanonenbootpolitik und von afrikanischem Widerstand.Leitung: Heiko MöhleVeranstalter: St. Pauli Archiv, Werkstatt 3, Hafengruppe,Eine Welt Netzwerk Hamburg www.st-pauli-archiv.de/Webcard/rundg.html oderwww.ewnw.de„Zwischen Völkerschau und Tropeninstitut“

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Quellen

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Hamburgs Kolonialgeschichte II: Hafenrand zwischen St. Pauli und NeustadtEnglische Tuchimporteure, portugiesische Zuckerbaroneund preußische Sklavenhändler machten HamburgsNeustadt seit dem 17. Jahrhundert zur Drehscheibe im auf-blühenden Welthandel. Später wurde auch die benach-barte Vorstadt St. Pauli von Hamburgs Entwicklung zum„Tor zur Welt“ erfasst. Tropeninstitut und DeutscheSeewarte siedelten sich auf der „Hafenkrone“ an, amSpielbudenplatz und auf dem „Dom“ wurden exotischeFantasiewelten inszeniert. Neben dem Bismarckdenkmalzeugen noch heute eine Gedenktafel im Michel und dasWissmann-Denkmal an den Landungsbrücken vonHamburgs Rolle als Kolonialmetropole.Leitung: Heiko MöhleVeranstalter: St. Pauli Archiv, Werkstatt 3, Hafengruppe,Eine Welt Netzwerk Hamburg www.st-pauli-archiv.de/Webcard/rundg.html oderwww.ewnw.deHafenrundfahrt „Das Tor zum Weltreich“Literarisches und Informationen zum deutschenKolonialismusKakao aus Kamerun, Kupfer aus Namibia, Kopra ausSamoa: Hamburgs Freihafen mit der Speicherstadt war dieDrehscheibe des deutschen Kolonialhandels, an dem vorallem Hamburger „Pfeffersäcke“ verdienten. Widerstandgegen die Kolonialherrschaft wurde blutig bekämpft: VomHamburger Baakenhafen gingen seit 1904 dieTruppentransporte nach Afrika, um die antikolonialenAufstände in Namibia und Deutsch-Ostafrikaniederzuschlagen. Veranstalter: Hafengruppe Hamburg in Kooperation mitEine Welt Netzwerk Hamburg e.V.www.ewnw.de oder www.hafengruppe-hamburg.de

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Quellen

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Impressum

Das Projekt “Deutsche Kolonien” entstand in Zusammenarbeit von:filmkraft filmproduktion peter hellerwww.filmkraft.netundmedien-im-netz Metz7 GmbHwww.medien-im-netz.de

Konzept und Produktionfilmkraft filmproduktion, münchen

ProjektleitungPeter Heller

AssistentNiklas Goslar

Pädagogische AnleitungChristoph Steinbrink Joachim Paschen

BeratungProf. Dr. Helmut BleyProf. Dr. Andreas EckertRohland Schuknecht

Autoren der Texte Rohland SchuknechtAlexis MalefakisHeiko Möhle

Für den Inhalt der Texte sind die Autoren verantwortlich.

Grafik und GestaltungJürgen Fiege

Montage Filmclips Wolfgang GrimmeisenHeiko Feld

Wir danken:Joachim Paschen, Heiko Möhle, Rohland Schuknecht, AlexisMalefakis, Prof. Dr. Helmuth Bley, Prof. Dr. Andreas Eckert,Dr. Hans Peter Hahn