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September 2004 Deutschland – ein Perspektivenwechsel Mit Leidenschaft für Veränderung BCG The Boston Consulting Group

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S e p t e m b e r2 0 0 4

Deutschland –ein Perspektivenwechsel

Mit Le idenschaf t für Veränderung

BCG The Boston Consulting Group

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Als we l twe i t führende s t ra teg i sche Unte rnehmensbera tung entwicke ln wi r mi t unserenKunden innovat i ve S t ra teg ien, d ie ihnen spürbare Wet tbewerbsvor te i l e ve rscha f fen unddas Ergebn is nachha l t i g ve rbesse rn. Unser maßgeschne ider te r Bera tungsansatz bas ie r tau f e rp robten Konzepten, d ie w i r in s i ch tbare Veränderung umsetzen. 1963 in den USAgegründet , a rbe i ten heute mehr a l s 2 .600 Bera te r we l twe i t fü r uns – 590 davon in unse-ren s ieben deutschen Büros und e inem ös te r re ich i schen. Mehr über uns e r fahren S ieunte r: www.bcg .de

© 2004 The Bos ton Consu l t ing Group GmbH. A l l e Rechte vo rbeha l ten.

Für Auskünf te und Nachdruckgenehmigungen wenden S ie s i ch b i t te an d ie BCGunte r fo lgender Adresse :

The Bos ton Consu l t ing GroupMarke t ing & Communica t ions /RechteLudwigs t raße 2180539 München

Fax : 089 2317-4718E-Mai l : marke t ing [email protected]

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V O R W O R T 3

D I E S U B S T A N Z I S T S T A R K , A B E R D A S B I L D K I P P T 7

D R E I H A N D L U N G S F E L D E R F Ü R D E U T S C H L A N D

1. Lust auf Wachstum – den Unternehmergeist wecken 11

2. German Made – die Chancen der Globalisierung nutzen 19

3. Emotionaler Turnaround – die Menschen mobilisieren 25

F A Z I T : S T Ä R K E N S T Ä R K E N U N D S E L B S T B E W U S S T N A C H V O R N S C H A U E N 35

I N H A L T S V E R Z E I C H N I S

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Die Diskussion um die Zukunft Deutschlands ist in vollem Gange. Kaum ein Tag vergeht ohne neueAnalysen und Vorschläge von Politikern, Experten und Meinungsführern aller Couleur. GemeinsameBasis ist die Sorge um die Wachstumsdynamik, die wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit Deutschlandsund die Zukunftsfähigkeit seiner Sozialsysteme, von Bildung über Gesundheit bis Alterssicherung.

Deutschland, eine Großbaustelle: An allen Ecken und Enden sind Probleme identifiziert und Refor-men begonnen. Nur die positive Aufbruchsstimmung fehlt. Viele Menschen in Deutschland sind ange-sichts der sich abzeichnenden Veränderungen tief verunsichert. Während die einen beklagen, dass viel-fältige Barrieren im System Engagement, Wachstumsfähigkeit und Leistungsbereitschaft behindern,erleben andere die Veränderungen als Bedrohung und Abkehr von sozialen Werten zugunsten wirt-schaftlicher. Skepsis und Selbstzweifel überwiegen in der öffentlichen Diskussion und verhindern einebreite Akzeptanz und aktive Unterstützung des Reformprozesses – bis hin zum offenen Protest, wie erderzeit aus Entrüstung über das Hartz-IV-Paket stattfindet.

Die aktuelle Debatte in Deutschland über Deutschland hat nicht nur eine Binnenperspektive: Für einLand mit so starken internationalen Verflechtungen ist die Wahrnehmung von außen von besondererBedeutung. In der Arbeit mit unseren internationalen Kunden zeigt sich, dass die Entwicklung inDeutschland sehr genau verfolgt wird: Deutschland ist als Absatzmarkt oder Investitionsstandort eben-so relevant wie die Leistungskraft global agierender deutscher Unternehmen als Zulieferer oder Wett-bewerber und deutsche Manager als Leistungsträger in internationalen Managementteams. DieserPerspektivenwechsel ergänzt die Selbstwahrnehmung, eröffnet manch neue Perspektive und kann sowichtige Impulse für die künftige Entwicklung geben.

Wir haben deshalb in den vergangenen Monaten internationale Topmanager, Wirtschaftsprofessoren,Medienvertreter und MBA-Studenten zu ihrer Sicht auf Deutschland befragt. Die Aussagen unsererInterviewpartner zeugen von tiefer Verbundenheit mit Deutschland und zeichnen ein anderes Bild vonunserem Land – das deutlich positiver ausfällt als unser Selbstbild. Die klassischen deutschen Tugendenund nicht zuletzt das Gütesiegel "Made in Germany" werden immer noch als klare Stärken wahrge-nommen. Zwar hat das positive Image Deutschlands durch Reformstau und Wirtschaftsschwäche ersteKratzer bekommen, doch überwiegt die Zuversicht, dass Deutschland mit Hilfe seiner fundamentalenStärken – so es sie zukunftsorientiert weiterentwickelt – seine Probleme lösen und auch künftig im"Wettbewerb der Nationen" eine führende Rolle spielen kann.

V O R W O R T

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Unsere Gesprächspartner waren sich vor allem in einem Punkt einig: dass es jetzt darum geht, den ein-geleiteten Reformkurs noch entschiedener fortzuführen. Handlungsbedarf besteht aus Sicht derBefragten vor allem auf drei Feldern:

Deutschland braucht einen emotionalen Turnaround, der die inneren Kräfte für den Reform-prozess mobilisiert. Selbstvertrauen und Zukunftsoptimismus sind die entscheidenden Voraus-setzungen, um durch einen positiven Stimmungsumschwung die Wachstumsimpulse zu verstär-ken und das Konsumklima spürbar zu verbessern.

Jenseits der Pflicht, Wachstumshindernisse zu beseitigen, muss bei allen Beteiligten – Staat,Finanzsystem, Unternehmen und jedem Einzelnen – Lust auf Wachstum geweckt werden. Leis-tungsbereitschaft, Innovationsfähigkeit und Unternehmergeist sind die Tugenden, die es aktiv zufördern gilt. Nur so kann die internationale Wettbewerbsfähigkeit gesichert und ausgebaut wer-den.

Deutsche Unternehmen sollten die traditionelle Stärke des "Made in Germany" jenseits desStandortbegriffs weiterentwickeln. Angesichts zunehmend globaler Wertschöpfungsketten sollteunter dem Stichwort "German Made" eine “typisch deutsche” Herangehensweise als Differen-zierungsfaktor im globalen Wettbewerb herausgestellt werden.

Diese Veränderungen kann die Politik nicht alleine leisten. Sie erfordern das persönliche Engagementvieler Einzelner, vor allem auch der Führungspersönlichkeiten und Meinungsführer in der deutschenWirtschaft, Politik und Gesellschaft, um eine Vielzahl an positiven Signalen, Identifikationsfiguren undkonkreten Beiträgen für den Turnaround in Deutschland zu schaffen. Mit der vorliegenden Doku-mentation möchten wir einen Impuls zum Handeln geben.

Auslöser unserer vertieften Beschäftigung mit diesem Thema war ein Diskussionsbeitrag zur "MarkeDeutschland" auf einem Topmanagement-Forum, der intern zu einer intensiveren Auseinanderset-zung mit der Veränderungsbereitschaft Deutschlands geführt hat. Unser Dank gilt unseren Interview-partnern im In- und Ausland sowie den MBA-Schulen (Stanford, Wharton, INSEAD, LBS, IMD), dieuns die Durchführung des Surveys unter ihren Studenten ermöglicht haben, sowie dem BCG-Berater-team, bestehend aus Karin Beiküfner, Wiebke Beinhauer, Tobias Engelmeier, Beate Heinisch, MartinKoehler und Heidi Polke, das an diesem für uns alle bedeutsamen Thema leidenschaftlich gearbeitethat.

München, im September 2004

Dr. Antonella Mei-Pochtler Dr. Dieter Heuskel

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Wo l f g a n g I s c h i n g e r, D e u t s c h e r B o t s c h a f t e r i n Wa s h i n g t o n"Ich glaube, dass die amerikanischen Unternehmen, die in Deutschland bereits tätigsind, eine positivere Vorstellung von Deutschland haben als die meisten Deutschenselbst von sich haben."

P r o f . D r. K i m B . C l a r k , D e a n , H a r v a r d B u s i n e s s S c h o o l"I think the strength of Germany's economy has been in the traditional engineeringdisciplines, particularly mechanical engineering, high-precision equipment, and soforth. And there is a challenge in these new arenas, where the pace of change is faster,where the technologies move more rapidly and are more based in the sciences. I thinkthat poses a terrific challenge for Germany."

P r o f . D r. Pe t e r L o r a n g e , D e a n , I M D L a u s a n n e"I am particularly worried about a lack of flexibility on the workforce side, the laborregulations. I am worried about some of the political regulations, etc. that perhaps toomuch cement the old regime."

A n d r e w G o w e r s , E d i t o r i n C h i e f , F i n a n c i a l T i m e s"Das Problem in Deutschland jetzt, 2004, ist die Paralyse. Kleine Reformen, die eigent-lich keine große Veränderung für die Performance der Wirtschaft bedeuten, aber sehrbreite Angst in der Bevölkerung – fear of the future, fear of being less wealthy – erzeu-gen, ohne die Veränderungen zu bewirken, die wirklich nötig sind."

L o u i s S c h w e i t z e r, C E O, R e n a u l t"Today, Germany is not a European growth engine which it was for many years. And sothis is, when I say, it has to re-establish itself as a model or a reference for policy."

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D i e S u b s t a n z i s t s t a r k : D e u t s c h e Tu g e n d e n z ä h l e n ( n o c h )

Als im letzten Jahr das Goethe-Institut in England eine Werbekampagne unter dem Titel "CoolGermany" gestartet hat, war den Verantwortlichen bewusst, dass die populäre Meinung über Deutsch-land mit negativen Stereotypen gespickt ist. Eine Imageveränderung in Richtung auf ein Land, das"trendy, sexy und fashionable" ist, gelang freilich nicht – zu groß ist der Abstand zur Wahrnehmung undzu oberflächlich das Mittel der Werbung. Auch wir fanden Stereotypen in der Deutschland-Wahrneh-mung bei internationalen Managern – allerdings überwiegend positive.

Deutschlands traditionelle Stärken bestimmen das Bild: Zuverlässigkeit, Beständigkeit, Leistungs-bereitschaft und Disziplin werden als "typisch deutsche" Tugenden wahrgenommen, die die deutscheWirtschaft bis heute prägen und ihre führende Position im produzierenden Gewerbe, im Maschinen-bau und in der Automobilindustrie begründen. Auch die befragten MBA-Studenten verbanden mitDeutschland spontan die klassischen deutschen Tugenden und Werte: Qualität, Ordnung, Effizienzund Disziplin. Die Kehrseite der Medaille: Deutschland wird zugleich als streng, rigide, unflexibel undkonservativ charakterisiert.

D I E S U B S T A N Z I S T S T A R K ,

A B E R D A S B I L D K I P P T

(1) Offene Antworten nachträglich kategorisiert (2) Hauptsächlich persönlicher BezugQuelle: BCG-Web-Survey im Februar 2004 unter MBA-Studenten (Stanford, Wharton, LBS, INSEAD, IMD; n = 286)

Wie wird Deutschland von den künftigen Eliten gesehen?

Spontane Assoziationen zu Deutschland(1) (in Prozent aller Befragten)

Qualität Streng, rigide,unflexibel

Pünktlich,ordentlich

Effizienz Präzision,Disziplin

Traditionell,konservativ

Bürokratie,Hierarchie

Wohlfahrtsstaat(nicht haltbar)

Wirtschafts-/Wachstums-

schwäche

UnflexiblerArbeitsmarkt,

hohe Lohnkosten

KomplexesSteuersystem,hohe Steuern

Reformstau

13,3 %10,8 % 10,1 % 9,8 % 8,0 %

6,6 %

4,5 % 3,8 % 3,1 % 2,8 % 2,1 % 2,1 %

Deutsche "Tugenden"/Werte

Land und Leute

Deutsche Produkte

Fundamentale/traditionelle Stärken

Deutsche Unternehmen

Deutsche Geschichte

Das deutsche System (Politik/Wirtschaft)

Der aktuelle Status

EU/Europa

Sport

Kultur

Persönlichkeiten

Sonstiges(2)

52,4 %

39,8 %

37,8 %

33,2 %

20,3 %

18,9 %

18,5 %

11,9 %

8,7 %

7,0 %

5,6 %

3,8 %

4,5 %

Deutsche Tugenden prägen das Bild Zwei Seiten der Medaille

D I E V E R G A N G E N H E I T T R Ä G T ( N O C H )

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Eine Rückbesinnung auf die klassischen Stärken und deren gleichzeitige Weiterentwicklung undErgänzung durch Eigenschaften wie Flexibilität und Experimentierfreude wird daher als wichtige Vo-raussetzung für einen Turnaround in Deutschland gesehen. Was für Deutschland als Ganzes gefordertwird, machen uns erfolgreiche deutsche Unternehmen im internationalen Wettbewerb vor: BMW,Porsche, adidas und Puma bis Siemens oder Thyssen Krupp beweisen, dass eine Kombination alter undneuer Stärken ihre wettbewerbliche Differenzierung ausmacht. Diese starke Substanz sollte als Kern deseigenen Selbstverständnisses und als Basis eines gestärkten Selbstwertgefühls gepflegt und weiterent-wickelt werden.

D a s B i l d k i p p t : W i r t s c h a f t s s c h w ä c h e ü b e r s c h a t t e t d i e Wa h r n e h m u n g

Das Bild Deutschlands ist jedoch nicht mehr uneingeschränkt positiv: Sowohl die von BCG befragtenTopmanager als auch die jungen Nachwuchsmanager an den MBA-Schulen sehen in den geringenWachstumsraten den Ausdruck zunehmender struktureller Schwächen. Dabei stellen die mangelndeReformfähigkeit, hohe Lohnkosten und rigide Arbeitsmarktregelungen aus ihrer Sicht die größteGefahr für die künftige wirtschaftliche Entwicklung dar, zumal das geringe Wirtschaftswachstum viel-fältige Folgeeffekte wie Arbeitslosigkeit, Belastung der Sozialsysteme und Verlust an individuellemWohlstand verursacht.

Dieser Wandel des Deutschland-Bildes spiegelt sich auch in der Presse: Eine Analyse der Artikel zurdeutschen Wirtschaft auf den Titelseiten der Financial Times und des Wall Street Journal zeigt, dass inden vergangenen zwei Jahren das Interesse an Deutschland deutlich zugenommen hat, jedoch derAnteil negativer Berichte weit überproportional gestiegen ist und mittlerweile fast zwei Drittel aus-macht. Auch die elektronischen Medien zeigen eine Entwicklung in die gleiche Richtung.

8

(1) Nur Wirtschaftsthemen berücksichtigt: wirtschaftliche Lage, Finanzmärkte, Wirtschaftspolitik, Rahmenbedingungen Quellen: Financial Times; WSJ; BCG-Analyse

Coverstorys zu Deutschland in Financial Times und Wall Street Journal(1)

Summe

70

60

50

40

30

20

10

0

21

20

1996 1997

30

16

1998

19

17

1

1999

16

27

3

2000

13

19

8

2001

6

16

3

2002

42

16

2003

29

18

41 46 37 46 40 25 58 47

Ca. 49 % negativ Ca. 68 % negativ

… negativem TenorWirtschaftsthemen mit … … neutralem Tenor … positivem Tenor

EWU-Kriterien,Haushalt Reformen, Wachstum

D A S B I L D K I P P T

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N a c h w i e v o r w e r t v o l l : D a s " M a d e i n G e r m a n y "

Das Gütesiegel "Made in Germany", Symbol für die hohe Qualität und das internationale Ansehen deut-scher Produkte, genießt über Industriegrenzen hinweg nach wie vor einen ausgezeichneten Ruf. In ein-zigartiger Weise verkörpert es die Langlebigkeit, Zuverlässigkeit und hohe Qualität, mit der deutscheProdukte Weltgeltung erlangt haben. So zeigt die MBA-Umfrage, dass das "Made in Germany" keines-wegs an Bedeutung verloren hat, sondern weiterhin die Kaufentscheidung positiv beeinflusst – vorallem im Bereich der technischen Konsumgüter, aber auch in anderen Kategorien. Allerdings weisen inden Einzelinterviews viele Gesprächspartner darauf hin, dass diese klassischen Stärken künftig an rela-tiver Bedeutung verlieren werden. Die neuen Wachstumsfelder – vor allem im Dienstleistungs- undTechnologiebereich – basieren zunehmend auf konsumentenorientierter Innovation, Kundenorien-tierung, Designqualität und Markenbindung, die weitere Fähigkeiten wie Flexibilität, Geschwindigkeit,Kreativität und Emotionalität erfordern. Hier besteht Nachholbedarf: Diese neuen Fähigkeitensollten aktiv gefördert werden, ohne die klassischen deutschen Stärken zu vernachlässigen. In der glo-balen Zusammenarbeit wird von Vielen die Chance gesehen, diese Schwachstellen zunächst zu kom-pensieren. – Es ist jedoch unabdingbar, diese Kernkompetenzen für die Zukunft auch in Deutschlandzu etablieren.

Quelle: BCG-Web-Survey unter MBA-Studenten, Februar 2004 (Stanford, Wharton, LBS, INSEAD, IMD; n = 286)

Vor allem in traditionellen Branchen

Automobilbau

IndustriegüterMaschinenbau

Technische KonsumgüterPharmaprodukte

EDV-HardwareMöbel

EDV-SoftwareKleidung

Nahrungsmittel, GetränkePflegeprodukte, Kosmetik

Reisen, Tourismus

Negativ(- 2)

Positiv(+ 2)

Neutral(0)

Einfluss

Produktkategorie

"Beeinflusst es Ihre Kaufentscheidung?"

1,921,721,72

1,281,22

0,460,46

0,340,32

0,220,20

0,08

M A D E I N G E R M A N Y I N A L L E N I N D U S T R I E N W E R T V O L L

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G. R i c h a r d Wa g o n e r, C E O, G e n e r a l M o t o r s"I would want to instill an appreciation for the value of growth, of economic growth. Eco-nomic growth is, to a certain extent, a little bit of a high-level topic. Individually, it is hardto get your head around it: Why do we care about growing or not? But looking at it fromyour side, the lack of growth is just absolutely stultifying—it results in no job creation, sounemployment, so labor frictions, no real income growth, lack of confidence, so peopledon't consume. And it really is, as we Americans say, a ‘wet blanket’ on opportunities."

F r e d B . I r w i n , P r e s i d e n t , A m e r i c a n C h a m b e r o f C o m m e r c e i n G e r m a n y"Das große Geheimnis in Deutschland und die Hauptstärke sind die Deutschen selbst.Aber die wissen das selbst nicht. Der aktuelle Stand ist, weil wir Vater Staat haben, VaterStaat kümmert sich um seine Leute. Dadurch fehlt ein bisschen die Motivation, derAnreiz, das Selbstvertrauen. Der gleiche Deutsche ist nicht so motiviert, wenn er inDeutschland ist, als wenn er oder sie ins Ausland geht – egal wo: Plötzlich ist er oder sieinnovativ, motiviert und risikobereit."

R u s s e l l P. S m y t h , P r e s i d e n t , M c D o n a l d ’ s E u r o p e"I think the people of Germany are an underutilized resource. I have found the people tobe very good at a lot of different things, very warm and open, much more so than some-times their perception on a global basis is, and very capable of making change and beingcreative if they are given the right opportunity and put in the right environment."

P r o f . D r. L a u r a Ty s o n , D e a n , L o n d o n B u s i n e s s S c h o o l"I personally think that Germany should take a real lead in immigration policy in Europe.And I know this is very controversial, but the addition of young people, young energiesinto certain parts of Europe, including Germany, is very important. So leadership onimmigration to my mind is not just a political issue, but it is a profound economic issue."

Pr o f . D r. R i c h a r d L . S c h m a l e n s e e , D e a n , M I T S l o a n S c h o o l o f M a n a g e m e n t"I'm always struck when in Germany people say: ‘There's no entrepreneurship, we don'thave a history of entrepreneurship’, and I say, 'Well, where did all those companies comefrom? Where did Siemens come from?’ Siemens didn't come out of the earth. Siemenswas founded by entrepreneurs! Where did those wonderful middle-sized firms at the coreof the German economy come from? Those were founded by entrepreneurs! That's aGerman tradition. How do you re-invigorate it? What has happened that's moved youaway from that? How might you move back?'"

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L U S T A U F W A C H S T U M – D E N

U N T E R N E H M E R G E I S T W E C K E N

Wa c h s t u m s s c h w ä c h e a l s z e n t r a l e s P r o b l e m

Zweifelsohne ist Deutschland, das ehemalige Wirtschaftswunderland, zur "lame duck" mutiert, denngemessen am BIP-Wachstum der letzten zehn Jahre liegt es an vorletzter Stelle in der EU der 15.Dadurch geht auch unser relativer Vorsprung beim individuellen Wohlstand verloren: Das Pro-Kopf-BIP Deutschlands – selbst nach der Wiedervereinigung auf bzw. leicht über dem Niveau Frankreichs –fällt seit 1997 zunehmend deutlich gegenüber Frankreich zurück und liegt seit 2001 auch unter demdes Vereinigten Königreichs. Hinzu kommt, dass unser Wachstum der letzten Jahre hauptsächlichexportgetrieben war, das heißt, Deutschland konnte von positiven Wachstumsimpulsen aus dem Aus-land profitieren, während die Binnennachfrage rückläufig war. Der Exportweltmeister konnte bisherdie positiven Impulse nicht importieren und in eine entsprechende Steigerung der unternehmerischenInnovationsrate einerseits und in eine Stärkung der Kauflust andererseits umsetzen. Unsicherheit überdie Zukunftsperspektiven und über die individuellen Implikationen des laufenden Reformprozessesgelten als Hauptursache. Darüber hinaus tragen aber auch strukturelle Faktoren – vor allem das gerin-ge Bevölkerungswachstum und die alternde Gesellschaft – langfristig zur Wachstumsschwäche bei.

(1) Zu KaufkraftparitätenQuellen: EIU; BCG-Analyse

19990

2

4

6

8

10

Reales BIP-Wachstum (in %)

10-Jahres-Wachstum

p. a.

2000 2001 2002 2003

China

USAGroßbritannien

Deutschland

8,9 %

3,3 %2,9 %

1,4 %

199920.000

22.500

25.000

27.500

30.000

2000 2001 2002 2003

Frankreich

EU (25)

Großbritannien

Deutschland

Pro-Kopf-BIP(in US$/PPP(1))

Geringes Wachstum der deutschen Wirtschaft … … führt zu Nachteilen beim individuellen Wohlstand

W A C H S T U M S S C H W Ä C H E A L S Z E N T R A L E S P R O B L E M D E R D E U T S C H E N W I R T S C H A F T

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W a c h s t u m e r f o r d e r t i n d i v i d u e l l e s E n g a g e m e n t

Deutschland gilt als fleißig, sicher und effizient, aber immer weniger als dynamisch, kreativ und unter-nehmerisch. Von einer "Wachstumskultur" ist Deutschland heute noch weit entfernt – einige unsererInterviewpartner sprechen sogar von einem mangelnden "Willen zum Wachstum". Um diesen zu för-dern, kommt es einerseits darauf an, vorhandene Wachstumshindernisse auf unterschiedlichen Ebe-nen – in Unternehmen wie in öffentlichen Institutionen – zu identifizieren und auszuräumen: Derhohe – und zunehmende – Regulierungsgrad in zahlreichen Bereichen und die unflexiblen Kündi-gungsbedingungen werden von Unternehmern als primärer Grund für zurückhaltendes Investitions-verhalten aufgeführt. So werden allein die Bürokratiekosten für kleine und mittlere Unternehmen auf1,5 bis 3 Prozent des Umsatzes beziffert – das entspricht der durchschnittlichen Rendite von Betriebenmit weniger als 100 Mitarbeitern.

Auf der anderen Seite reicht die Beseitigung der Hemmnisse alleine nicht, um die unternehmerischeAktivität anzukurbeln. Sie ist eine notwendige, aber nicht hinreichende Bedingung, die von Unterneh-mern aufgegriffen werden muss. Diese werden aber immer mehr zur Mangelware: Das bestätigt unsauch der Global Entrepreneurship Monitor, der Deutschland sowohl bei der Gründungsbereitschaft alsauch bei den tatsächlichen unternehmerischen Aktivitäten Defizite nachweist. Der Anteil der Erwach-senen, die aus Angst vor dem Scheitern kein Unternehmen gründen würden, liegt mit fast 50 Prozentsogar auf einem internationalen Spitzenwert, der nur noch von dem Griechenlands übertroffen wird.Die ausgeprägte Skepsis gegenüber neuen Technologien und eine starke Sicherheitsorientierung ver-hindern zusätzlich Unternehmensgründungen.

1 2

Quelle: BCG-Web-Survey unter MBA-Studenten, Februar 2004 (Stanford, Wharton, LBS, INSEAD, IMD; n = 286)

"Welche Schlüsselattribute verbinden Sie mit Deutschland bzw. Ihrem Heimatland?"

Dynamisch

Aufgeschlossen

Kreativ

Unternehmerisch

Optimistisch

Entspannt

Emotional

Spontan

Kostengünstig

Überhauptnicht

Voll undganz

Neutral

Fleißig

Sicher

Effizient

Traditionell

Wettbewerbsfähig

Freundlich

Innovativ

Arrogant

Gastfreundlich

Überhauptnicht

Voll undganz

Neutral

Deutschland Heimatland Deutschland Heimatland

Deutschlands Stärken Deutschlands Schwächen

F L E I S S U N D E F F I Z I E N Z – D E U T S C H L A N D S H A U P T S T Ä R K E N

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W e n i g e r B ü r o k r a t i e , m e h r O f f e n h e i t : f ü r M e n s c h e n u n d I d e e n

Viel ist bereits gesagt und geschrieben worden über die regulativen und finanziellen Hürden für Unter-nehmensgründer: So ist es in Deutschland im Vergleich zu den USA oder Großbritannien nicht nurerheblich schwieriger, Zugang zum Kapitalmarkt zu finden, die Bandbreite der verfügbaren Risiko-kapitalinstrumente ist auch geringer. Die persönliche Besicherung impliziert das Eingehen sehr großerRisiken für den Unternehmer und seine Familie. Intelligente Finanzierungs-Versicherungsinstrumenteoder Steuermaßnahmen für die Anlaufphase von drei bis fünf Jahren werden in Gründerkreisen immerwieder – bisher ohne Erfolg – vorgebracht. Auch der hohe Verwaltungsaufwand und eine wenig trans-parente Steuergesetzgebung erschweren die schnelle Umsetzung guter Ideen oder wissenschaftlicherForschungsergebnisse in marktfähige Produkte. Das fängt damit an, dass ein Unternehmer in Deutsch-land – laut einer gerade veröffentlichten Weltbank-Studie – zur Gründung einer Kapitalgesellschaftneun Verwaltungsakte durchlaufen muss, wofür er 45 Tage benötigt. Dies sind fünf Tage mehr als imDurchschnitt der EU und ganze 37 Tage mehr als in Frankreich. Auch das Insolvenzrecht ist trotz inhalt-licher Reformierung 1999 immer noch "unternehmerfeindlich", das heißt, der Gläubigerschutz domi-niert – anders als im angelsächsischen Raum. Um den "Gründergeist" zu fördern, ist nicht ein Mehr,sondern ein Weniger gefragt – in Form von Deregulierung, Entbürokratisierung und Flexibilisierungstarrer und teurer Instanzenwege. Und auch für die neu gegründeten Unternehmen ist eine regulativeEntlastung erforderlich – auch von den in den letzten Jahren ausufernden EU-Gesetzen. Das vom euro-päischen Arbeitgeberverband vorgeschlagene Gesetzgebungsmoratorium könnte eine neue Phaseeiner unternehmerischen Offensive einläuten – die deutsche Politik sollte hier eine Vorreiterrolle ein-nehmen.

(1) In Gründung befindlich oder ≤ 3,5 Jahre unternehmerisch tätig (Bevölkerungsbefragungen in 37 Ländern)Quelle: Global Entrepreneurship Monitor

Anteil Gründer und Jungunternehmer(1) an der erwachsenen Bevölkerung"Die Angst zu scheitern würde Sie davon abhalten, ein Unternehmen zu gründen."

Durchschnitt GEM-Länder 35,5 % Durchschnitt GEM-Länder 8,8 %

Italien 40,4 % Italien 3,2 %

Finnland 36,9 % Finnland 6,9 %

Spanien 36,8 % Spanien 6,8 %

Schweiz 35,9 % Schweiz 7,4 %

Großbritannien 33,6 % Großbritannien 6,4 %

Niederlande 28,2 % Niederlande 3,6 %

USA 22,7 % USA 11,9 %

Hohes Sicherheitsbedürfnis Geringe unternehmerische Aktivität

Deutschland 49,3 %Rang 2 Deutschland 5,2 %Rang 20

H O H E S S I C H E R H E I T S B E D Ü R F N I S H E M M T U N T E R N E H M E R T U M I N D E U T S C H L A N D

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Zum Abbau konkreter Hemmnisse ist jedoch auch die Überwindung der "inneren" und sozialen Bar-rieren für unternehmerische Initiative wichtig. Positive Vorbilder, Erfolgsbeispiele und die subjektiveWahrnehmung von Chancen spielen eine entscheidende Rolle, um den Unternehmergeist in den Men-schen zu wecken und ein Klima zu schaffen, das Engagement sowie Risiko- und Leistungsbereitschaftfördert – dies hat die Gründungswelle in der New Economy gezeigt. Die Voraussetzungen für unter-nehmerisches, selbstverantwortliches Denken und Handeln sollten möglichst früh – also bereits im Bil-dungssystem – systematisch gefördert werden. Denn dort entscheidet sich, welche Haltung und Werte –auch gegenüber Wirtschaft (und Wachstum) – kulturell vorgelebt und verfestigt werden. Zwar genießtdas Berufsbild des Unternehmers in der Bevölkerung insgesamt ein recht hohes Ansehen – in derAllensbacher Berufsprestige-Skala 2003 liegen Unternehmer mit 30 Prozent Zustimmung auf Platz 4 –,gleichzeitig unterstellen nach einer IfD-Umfrage von 1999 jedoch 53 Prozent der Deutschen den Unter-nehmern, bei aller Bewunderung für ihre Leistungen, auch einen erheblichen Egoismus, da sie nurihre eigenen Interessen verfolgten. Diese Sicht resultiert vor allem aus einer mangelnden Vermittlungvon ökonomischen Zusammenhängen und Unternehmertum im deutschen Bildungswesen, welcheauch unmittelbare Auswirkungen auf die Bereitschaft der Deutschen zu eigener unternehmerischerInitiative hat. So wird im Global Entrepreneurship Monitor unter allen Rahmenbedingungen für Grün-dungen in Deutschland die gründungsbezogene Ausbildung an Schulen am schlechtesten bewertet –Rang 25 unter 31 Ländern. Als positiver Schritt zur Verbesserung dieser Situation sind die vielfältigenInitiativen zur Integration von Ökonomie in die Lehrpläne und in Richtung "Unternehmer in die Schu-len" zu sehen. Auch unsere Erfahrungen in deutschen Schulen mit unserem Projekt business@schoolzeigen, dass das Verständnis für ökonomische Zusammenhänge und die Einstellung gegenüber demBerufsbild Unternehmer durch ein "learning by doing" deutlich geändert werden können.

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Quelle: Global Entrepreneurship Monitor (Expertenbefragung)

Rahmenbedingungen für Gründungen in Deutschland

Schutz geistigen Eigentums (Patente etc.)Physische Infrastruktur

Berater und Zulieferer für neue UnternehmenÖffentliche Förderinfrastruktur

Politik 1: Priorität und EngagementMarktoffenheit 1: Marktveränderung

Marktoffenheit 2: MarkteintrittsbarrierenFinanzierung 12.

Wissens- und TechnologietransferGründungsbezogene Ausbildung 2: Hochschule

Gesellschaftliche Werte und Normen (Kultur)Politik 2: Regulierung, Steuern

Gründungsbezogene Ausbildung 1: Schule

13.5.

RangplatzDeutschlands(31 Länder)

21.2.

13.15.13.

9.19.23.23.25.

-2 -1 1 20

Schlecht Gut

0,441,45

0,390,14

-0,06-0,12-0,13

-0,19-0,22

-0,26-0,61

-1,06-1,20

R A H M E N B E D I N G U N G E N , F E H L E N D E A U S B I L D U N G U N D S O Z I A L E B A R R I E R E N A L S H A U P T H E M M N I S S E

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Gerade in Deutschland, dessen Wirtschaft traditio-nell von einem hohen Mittelstandsanteil geprägt ist,gibt es eine Vielzahl von Unternehmen, die zwar inder breiten Öffentlichkeit wenig bekannt sind, inihrer jeweiligen Nische jedoch eine bedeutendePosition – oftmals sogar die des Weltmarktführers –behaupten. Diese Unternehmen werden nicht sel-ten von Gründern oder Eigentümerfamiliengeführt, die den klassischen Typus des deutschenUnternehmers verkörpern, der mit Fleiß, Innova-tionskraft, visionärer Führung, aber auch sozialerVerantwortung sein Unternehmen entwickelt unddamit zum regionalen Wohlstand an seinem – häu-fig ländlichen – Standort beiträgt. Oftmals sind esgerade diese "hidden champions", die selbst in Zei-ten der Krise erfolgreich sind und durch innova-tionsgetriebenes, dynamisches Wachstum weiterhinArbeitsplätze schaffen. Einige Beispiele, die Mutmachen:

Die Otto Bock Gruppe ist Weltmarktführer für Pro-thesen- und Orthopädietechnik. Das Unternehmenaus Niedersachsen – 1919 gegründet – befindet sichin dritter Generation in Familienhand. Unter derLeitung des aktuellen CEO, Hans Georg Näder, derdas Unternehmen 1990 im Alter von 28 Jahrenübernahm, wurde der Umsatz der Gruppe auf 437Millionen Euro in 2003 vervierfacht; die Mitarbei-terzahl in Deutschland verdoppelte sich auf 1.400(weltweit 3.800). Neben einer bereits früh begonne-nen, konsequenten Internationalisierung – 80 Pro-zent des Umsatzes werden heute im Ausland erwirt-schaftet – ist vor allem die starke Innovations-leistung Basis für den Erfolg: So befindet sich unterden 13 im Jahr 2003 neu angemeldeten Patentenein Verfahren, das menschliche Haut nachbildet,sowie ein Mikroprozessor, der Stolperrisiken redu-ziert. Auch in den nächsten zehn Jahren sollen dasdynamische Wachstum fortgesetzt und der Umsatzüber die Milliardengrenze gesteigert werden.

Auch die Rational AG aus Landsberg am Lech domi-niert dank permanenter Innovation den Weltmarktin ihrer Nische: Der Hersteller von Großküchen-technik fokussiert sich konsequent auf eine Pro-duktkategorie – Kombidämpfer für gewerblicheKunden – und hält als Technologieführer mittler-weile einen Marktanteil von 47 Prozent. Größte Stär-ken von Rational sind das hauseigene Entwicklungs-team und das besondere Vermarktungskonzept, dasauf Köche als Verkaufsberater setzt. Das 1973gegründete Unternehmen beschäftigt mehr als 700Mitarbeiter, davon 450 in Deutschland. Ein hohesUmsatzwachstum (187 Millionen Euro in 2003, 205Millionen Euro für 2004 erwartet) sowie eine EBT-Marge von 19 Prozent (1. HJ 2004) beflügeln auchden Aktienkurs des im SDAX gelisteten Unterneh-mens, welcher sich seit der Erstemission im Jahr2000 mehr als verdoppelt hat. Mit der neuesten Pro-duktinnovation, dem ersten Self-Cooking Centerder Welt, soll die Entwicklung vor allem in Amerikaund Asien weiter beschleunigt werden.

Sogar in der IT-Branche gibt es kleine deutsche"Weltmeister": zum Beispiel die Kontron AG ausEching bei München, weltgrößter Hersteller von"embedded Minicomputern". Dies sind elektro-nische Minihirne, die alle möglichen Anlagen undGeräte mit Intelligenz ausstatten – darunter Iris-Scanner für Kühe, Check-in-Automaten, Industrie-roboter oder Spielautomaten. Das 1990 gegründeteUnternehmen hat durch intensive M&A-Aktivitätensein Geschäftsvolumen – auch international – stetigausgebaut. Der Umsatz im Jahr 2003 betrug229 Millionen Euro; für 2004 wird eine Steigerungum 20 Prozent – vor allem auf Basis eines starkenorganischen Wachstums in den USA, China undRussland – erwartet. Das Unternehmen beschäftigtweltweit 1.700 Mitarbeiter und nutzt konsequentgünstige Kostenstrukturen im Ausland, z. B. in Ost-europa, um wettbewerbsfähig zu bleiben.

Deutsche Unternehmen sind Weltspitze

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D i e K r a f t d e r F o r s c h e r t a l e n t e e i n s e t z e n

Auch in den deutschen Unternehmen muss eine neue Wachstumskultur geschaffen werden. Dies kannnur gelingen, wenn den Mitarbeitern die entsprechenden Anreize für mehr unternehmerisches Han-deln gegeben werden. Diese dürfen dabei nicht auf materielle und finanzielle Anreize beschränkt wer-den, sondern sollten auf Gestaltungsfreiräume, Selbstbestimmung und Anerkennung zielen. Innova-tion erfordert in hohem Maße das Engagement jedes Einzelnen im Rahmen von interdisziplinärenTeams. Es bedarf hierfür der entsprechenden Entscheidungsfreiräume und Verantwortungsstrukturen,die Kreativität und Innovation erst ermöglichen. Die Stärkung der Schnittstelle zum universitärenBereich ist gerade in forschungsintensiven Wirtschaftszweigen unabdingbar, wobei vor allem Ausgrün-dungen aus Universitäten und öffentlichen Forschungseinrichtungen einen entscheidenden Beitragzum Wissens- und Technologietransfer leisten. In der Verwertung universitärer Forschungsleistungenwurden in den letzten Jahren Fortschritte erzielt: Der Zuwachs der Patentanmeldungen des Hoch-schulsektors von 2000 bis 2003 betrug 150 Prozent, die Zahl der Patentanmeldungen im ersten Halb-jahr 2004 belief sich auf 528 – 17 Prozent über Vorjahr. Dennoch muss die Verwertung von For-schungsergebnissen in Deutschland künftig noch systematischer unterstützt werden. Die neugegründeten Patentverwertungsagenturen sollen hier eine zentrale Rolle spielen, doch nun ist dieFrage des Eigentums von Erfindungen – vor allem für das Gebiet der Auftragsforschung – zu klären. Inden USA, wo alle forschenden Hochschulen eine eigene Technologietransfereinheit besitzen, erhaltendie Unternehmen nicht-exklusive Lizenzen auf Hochschulpatente, die aus Industrie-Forschungsaufträ-gen resultieren. Bei Vergabe exklusiver Lizenzen ist die Universität an den Erlösen beteiligt.

Als ein weiterer Einflussfaktor für künftiges Wachstum gilt die Öffnung Deutschlands für qualifizierteZuwanderung. Zum einen, weil aufgrund niedriger Geburtenraten die Bevölkerung in den nächstenJahrzehnten stark zurückgehen und somit das Potenzial für gesamtwirtschaftliches Wachstum limitie-ren wird, zum anderen, weil Zuwanderung neue Talente mit ihren ganz spezifischen Eigenschaften undFähigkeiten ins Land bringt. Erfolgsbeispiele ausländischer Unternehmer in Deutschland – und deut-scher Unternehmen im Ausland – zeigen, dass in Zeiten immer engerer internationaler Wirtschaftsver-flechtungen Unternehmen von der Diversität ihrer Mitarbeiterschaft – in puncto Nationalität, Alterund Ausbildungswege – profitieren. Gerade Großbritannien hat vor kurzem auf diesem Gebiet weit rei-chende Gesetzesänderungen eingeführt, um im "Wettbewerb für Talente" eine Pole-Position einzuneh-men. Die jüngsten Gesetzesänderungen für Einwanderung in Deutschland sind ein Schritt in die rich-tige Richtung, aber noch nicht in einem durchdachten Gesamtkonzept zur Gewinnung derqualifiziertesten und unternehmerisch motiviertesten jungen Talente eingebettet. Dazu gehören inten-sive Bemühungen um Vereinfachung und Beschleunigung der Integration – vor allem im gesellschaft-lichen Bereich. Der allgemein bemängelte "Brain Drain" kann auch nur dann gestoppt werden, wenndie globalen Teams in Deutschland Fuß fassen und – mit entsprechenden Ressourcen und Freiheits-graden ausgestattet – realistische Aussichten auf erfolgreiche Vermarktung ihrer Erfindungen haben.

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Gründlichkeit, Ernst und Tiefgang – diese dreials "urdeutsch" wahrgenommenen Eigenschaf-ten begründen den Ruf als "Land der Dichterund Denker" und bilden, positiv gesehen, dieBasis für Spitzenleistungen in Forschung undWissenschaft. Weltberühmte Nobelpreisträgerwie die Physiker Rudolf Mössbauer und Klausvon Klitzing oder die Biologen Ernst Mayr undChristine Nüsslein-Volhard stehen für die Konti-nuität von naturwissenschaftlichen Spitzenleis-tungen in den vergangenen Jahren und Jahr-zehnten. Jüngstes Beispiel: der Molekular-biologe Christian Drosten, der im vergangenenJahr – zeitgleich mit amerikanischen Kollegen –den Erreger der Lungenkrankheit SARS entdek-kte und den weltweit ersten Nachweistest für dasvor allem in Asien aufgetretene "severe acuterespiratory syndrome" entwickelt hat.

Deutschlands Forschungs- und Ausbildungs-landschaft mit seinen Universitäten, Fachhoch-schulen und renommierten wissenschaftlichenInstitutionen wie den Max-Planck- oder Fraun-hofer-Instituten ist – wie die Ergebnisse zeigen –sehr leistungsfähig. Zahlreiche Reformen ste-hen auf der Tagesordnung, die auf den weiterenAusbau der Hochschulen im internationalenWettbewerb zielen. Deutsche Universitäten

gewinnen in jüngster Zeit wieder an Attraktivitätfür Studierende aus aller Welt: So hat sich vomWintersemester 2001/2002 bis zum Winterse-mester 2002/2003 die Zahl der ausländischenStudierenden in Deutschland um 10 Prozent aufinsgesamt 227.000 erhöht – das entspricht 11,7Prozent aller Studierenden.

Auch mit Blick auf die Verwandlung der For-schungsergebnisse in neue Verfahren, Produkteund Angebote gibt es kaum Anlass, in einen all-gemeinen Abgesang einzustimmen: AusDeutschland kommen trendprägende Innova-tionen nicht nur im Automobilbau, sondernauch in vielen anderen Branchen wie Maschi-nenbau, Elektronik, Medizin- und Umwelttech-nik. Mit 22.700 neuen Patenten im Jahr 2003liegt Deutschland an zweiter Stelle hinter denUSA.

Deutsche Forschung ist Weltspitze

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A n d r e w G o w e r s , E d i t o r i n C h i e f , F i n a n c i a l T i m e s“Made in Germany für Autos hat immer noch ungeheime Kraft, aus meiner Sicht. Auchfür Engineering-Güter. Auch, würde ich sagen, für Kleider. Ich glaube, das StichwortMade in Germany bedeutet immer noch hohe Qualität."

L l o y d H o n g , V i c e C h a i r m a n , B r i l l i a n c e C h i n a A u t o m o t i v e s“We are ending up purchasing more and more from Germany. And now I think most ofour equipment and a lot of our engineering outsourcing goes to Germany. […] Ourexperience has been that the higher price usually gives you the better service and thebetter quality.”

M a t t e o T h u n , A r c h i t e k t“Made in Germany muss in den nächsten Jahren Emotionalität, nicht nur technischeDurabilität, sondern auch ästhetische Durabilität [erlangen], das heißt, die Emotio-nen, das Herz der Marke, muss hinüberkommen.”

M u h t a r K e n t , C E O, E f e s B e v e r a g e G r o u p“I would […] transform the production system for German products and German companies from a German system to a global system. So I would use the positives of German products and German technology, but I would produce the products that oneis accustomed to be produced only in Germany across the globe.”

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D i e h o h e S t r a h l k r a f t d e s " M a d e i n G e r m a n y " b e w a h r e n

Was 1887 in England als Diskriminierung einge-führt wurde, hat sich zum "Gütesiegel" in zahlrei-chen Produktkategorien entwickelt, dem selbstjunge Konsumenten einen positiven Einfluss aufdie Kaufentscheidung zuschreiben. Vor allem inBranchen, in denen deutsche Produkte seit Jahr-zehnten Weltgeltung genießen – wie im Automo-bil- und Maschinenbau und bei Industriegütern –wurde der Wert des "Made in Germany" entschei-dend geprägt.

Wie kann man jedoch diesen Begriff langfristigstärken und dessen Relevanz für die neuenWachstumsbranchen steigern in Zeiten rückläufi-ger Inlandsinvestitionen durch inländische undausländische Unternehmen sowie zunehmendenOutsourcings? Deutschland als Standort hat gera-de aus Sicht ausländischer Investoren in den letz-ten Jahren an Attraktivität eingebüßt; es über-

G E R M A N M A D E – D I E C H A N C E N D E R

G L O B A L I S I E R U N G N U T Z E N

2

Quelle: BCG-Web-Survey unter MBA-Studenten, Februar 2004 (Stanford, Wharton, LBS, INSEAD, IMD; n = 286)

80 %

100 %

60 %

40 %

20 %

0 %Ja, zum

SchlechterenNein Ja, zum

Besseren

2,4

92,3

5,3

"Haben sich die Werte des 'Made in Germany' in letzter Zeit verändert?"

Deutsche Marken mit Weltgeltung

Viele deutsche Marken von adidas bis Zeiss sind wietreue Begleiter in unserem Alltag: Wir sind mitihnen aufgewachsen und sie vereinfachen unsereEntscheidungen, weil wir ihnen vertrauen. Einigevon ihnen haben allerdings auch den globalen All-tag weit über die deutschen Grenzen hinausgeprägt. Diese Marken sind nützliche, sympathi-sche, oft begehrenswerte Sonderbotschafter der"Deutschland AG". Sie wurden unter dem Titel"Deutsche Standards" vom Verleger Florian Lan-genscheidt zusammengefasst und in Form kleinerwarenkundlicher "Short Storys" portraitiert:

M A D E I N G E R M A N Y M I T U N V E R Ä N D E R T E M W E R T

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wiegt jedoch ein Bekenntnis zum Standort vor allem zu Vermarktungs- und Servicezwecken sowie par-tiell im Bereich Forschung und Entwicklung – wie die GE-Investition in ein globales Forschungs- undEntwicklungszentrum in Garching bei München bezeugt. Eine Befragung der Mitglieder der AmChamergab, dass in Deutschland vor allem aus Gründen des Marktzugangs, das heißt in Vertriebsgesellschaf-ten, und – aufgrund der hohen Mitarbeiterqualität – auch in Management-Holdings investiert wird. AlsProduktionsstandort wird hingegen Osteuropa bevorzugt, weshalb Umsatzsteigerungen in Deutsch-land auch nicht zu vermehrten Investitionen führen.

D e u t s c h e Tu g e n d e n w e i t e r e n t w i c k e l n

Langlebigkeit, Zuverlässigkeit und eine hohe Qualität sind die charakteristischen Attribute deutscherProdukte und bilden daher den Kern des "Made in Germany". Noch nicht Eingang im "Made in Ger-many"-Begriff haben dagegen jene "diskretionären" Faktoren gefunden, die in vielen Wachstumsbran-chen erfolgsentscheidend sind: Kreativität, Genuss und Emotionalität.

2 0

Quelle: BCG-Web-Survey unter MBA-Studenten, Februar 2004 (Stanford, Wharton, LBS, INSEAD, IMD; n = 286)

Ein Produkt "Made in Germany" ist …

Gut designtTeuer

SicherStatussymbol

Umweltfreundlich

Überhauptnicht

Voll undganz

Neutral

Langlebig

Von hoher QualitätZuverlässig

FunktionalTechnisch

Maskulin

TraditionellLuxuriös

Genussvoll

InnovativFuturistisch

Überhauptnicht

Voll undganz

Neutral

GeschmackvollTrendig

EmotionalFarbenfroh

Stärkste Attribute von "Made in Germany" Schwächste Attribute von "Made in Germany"

P R E M I U M Q U A L I T Ä T , A B E R K E I N E E M O T I O N E N

Quellen: AmCham Business Questionaire 2003; BCG-Analyse

Erwartungen für das Deutschland-Geschäft 2004

Anteil der Antworten (in %)

Zunahme

Zunahme Zunahme

Konstant

Konstant

Konstant

Abnahme

AbnahmeAbnahme

2003 2003 20032004 2004 2004

100 100 100100 100 100

Anteil der Antworten (in %) Anteil der Antworten (in %)

Umsatzwachstum Personalentwicklung Investitionstrend

308

5842 40

13

22

23

2240

32

59

4869

20 18 28 28

M E H R U M S A T Z , A B E R K O N S T A N T E I N V E S T I T I O N E N

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Es stellt sich die Frage, wie dem "Made in Germany" mit neuen Attributen Relevanz für künftige Anfor-derungen, in innovativen Produkten genauso wie im Dienstleistungsbereich, verliehen werden kann.Dabei zeigen zahlreiche deutsche Markenerfolgsstorys, dass sie auf einmalige Art und Weise die Kom-bination von Kreativität und Disziplin beherrschen und imstande sind, emotionale Begehrlichkeit zuinszenieren. So gehören die deutschen Topmarken im Automobilbereich zu den besten Vertretern des"emotional selling" – wie der jüngste Relaunch-Erfolg des Minis beweist. Auch in der Mode haben deut-sche Marken einen festen Platz im Premiumsegment erobert – und punkten mit deutscher Prozess-effizienz und Zuverlässigkeit. Unternehmen wie Montblanc oder Lange ist es gelungen, mit LuxuryGoods global erfolgreich zu sein, und adidas und Puma haben uns – auf unterschiedliche Weise – bewie-sen, wie man Sportlichkeit und Lifestyle erfolgreich vermarktet. Auch die deutschen Topdienstleister –ob im High-Tech-Bereich wie SAP oder im Consumer-Bereich wie TUI – zeigen die Fähigkeitenkombi-nation, die für die Zukunft erfolgversprechend ist: hohe Qualität bei starker Prozessdisziplin kombi-niert mit kreativer Kundenbindung. Die "Einzahlung" in die Marke "Made in Germany" findet langsamstatt, könnte jedoch durch eine bewusste Unterstützung und Herstellung einer klaren Verbindung zudiesen Marken, ihrer besonderen Attributekombination und ihrem Ursprung verstärkt werden.

Eine typisch deutsche Qualität wie die Zuverläs-sigkeit scheint einem eher biederen Volks-charakter zu entsprechen, der hedonistische,kreative Attribute vielleicht vermissen lässt.Doch es muss hier keinen Gegensatz geben. DerErfolg einer Wirtschaft und einer Gesellschaftverlangt sogar beides: kreative Impulse und soli-de Arbeit. Dass Deutsche besonders kreativ seinkönnen, zeigen folgende Beispiele:

Deutsche bildende Künstler üben seit Jahrzehn-ten einen sehr starken Einfluss auf die interna-tionale Kunstszene aus. Stars wie Sigmar Polke,dem die Tate Modern in London gerade einegroße Ausstellung widmete, oder Gerhard Rich-ter, der im New Yorker MoMA vor zwei Jahren ineiner großen Retrospektive gefeiert wurde, aberauch Rosemarie Trockel, Andreas Gursky, VeraLuther, Anselm Kiefer, Jörg Immendorff, Mar-kus Lüpertz oder Georg Baselitz sind – gemessenan Ausstellungen und Rezensionen in Kunstma-gazinen – unter den bedeutendsten aktivenKünstlern weltweit. Außer vielleicht in den USAgibt es in keinem anderen Land eine solcheFülle an marktbestimmenden Kreativen in derbildenden Kunst. Aber es sind nicht nur die Eta-blierten, die Aufsehen erregen. "Young GermanArt" (in Anlehnung an das Phänomen der"Young British Art") der Leipziger Schule ist zur-

zeit das große Thema in modernen Galerienund Museen. Eine ganze Reihe von jungenKünstlern, oft aus dem Osten, begeistert dieFachwelt. Viele von ihnen nutzen die Erfahrun-gen mit der DDR als Inspirationsquelle. Das istso trendy, dass es sogar eine Reihe von Nachah-mern in anderen Ländern gibt, die ihren Arbei-ten eine fiktive sozialistische Vergangenheitzugrunde legen.

Auch eine ganze Reihe deutscher Architektenund Städteplaner haben Weltruf erlangt. Ste-phan Braunfels hat mit der Münchner Pinako-thek der Moderne, dem Kanzleramt, dem Abge-ordnetenhaus in Berlin und dem Bürogebäudeder Europäischen Kommission in Luxemburgrichtungsweisende Gebäude konzipiert. JosephKleihus, der auf sehr raffinierte Art den Ham-burger Bahnhof in Berlin in ein Museum umge-wandelt hat, hat auch in Chicago mit demMuseum of Contemporary Art ein "landmark"gesetzt. Auch Meinhard von Gerkan, KurtAckermann, Günther Behnisch oder Hans Koll-hoff genießen internationalen Ruhm. DerArchitekt und Städteplaner Albert Speer jr. istmaßgeblich an der Gestaltung des boomendenShanghai beteiligt: Er konzipiert die Internatio-nal Automobile City und die Expo 2010.

Deutsche Kreativität – ein Exportschlager

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V o n " M a d e i n G e r m a n y " z u " G e r m a n M a d e "

Die Verbindung zum Standortbegriff wird jedoch zunehmend fraglich – so beträgt in den klassischen"Made in Germany"-Branchen Automobil und Maschinenbau der nichtdeutsche Wertschöpfungsanteilca. 35 Prozent – mit stark steigender Tendenz. Auch wenn es keine genaue Festlegung des Mindest-wertschöpfungsanteils gibt, um für ein "Made in Germany" zu qualifizieren, sollte die Produktentste-hung und -fertigstellung zum wesentlichen Teil in Deutschland erfolgen. Erfolgreiche Beispiele mittel-ständischer Unternehmen sowie ganzer Branchen, beispielsweise in der Automobilindustrie, belegen,dass trotz – oder gerade wegen – ihrer internationalen Verflechtung die Arbeitsplätze in Deutschlandseit 1995 um mehr als 20 Prozent gesteigert werden konnten und dass bedeutende Produktentwick-lungs- und -vermarktungseinheiten weiter ausgebaut wurden. In den Industrien, in denen die Globali-sierung nicht nur eine Chance, sondern eine schiere wettbewerbliche Notwendigkeit darstellt, wirdeine überwiegend in Deutschland erbrachte Wertschöpfung künftig kaum noch aufrechtzuerhaltensein. Viele Unternehmen rücken daher bereits vom "Made in Germany" ab und verlassen sich lieber aufihren eigenen Absender im Sinne eines "Made by Siemens" oder "Made by Bosch". Doch vielfach hat die

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Eine gesetzliche Grundlage für die Bezeichnung"Made in Germany" existiert nicht. Eine Ver-pflichtung zur Kennzeichnung von Produktenmit "Made in Germany" gibt es ebenfalls nicht.Produkte, die mit "Made in Germany" inDeutschland angeboten werden, müssen vomVerbraucher bzw. Abnehmer als “maßgeblich inDeutschland hergestellt” angesehen werden.Die gerechtfertigte Auszeichnung einer Waremit der Bezeichnung "Made in Germany" richtetsich nach der allgemeinen Verkehrsanschau-ung, letztlich also danach, wie der Abnehmerdie Angabe im Einzelfall wertet.

Für den geschäftlichen Verkehr zu Zwecken desWettbewerbs – zum Beispiel in der Werbung – istlaut verschiedener EG-Verordnungen undhöchst-richterlicher Rechtsprechung, ein Wert-schöpfungsanteil von 45 Prozent in Deutschlanderforderlich, um die Herkunftsbezeichnungeines Produktes aus Deutschland zu rechtferti-gen. Allerdings ist jeder Einzelfall überprüfbar,sodass auch ein deutlich geringerer Wertschöp-fungsanteil in Deutschland die Kennzeichnungmit "Made in Germany" noch rechtfertigenkann.

Die Bezeichnung "Made in Germany" verstößtgegen das ‚Gesetz gegen den unlauteren Wett-bewerb', wenn zahlreiche wesentliche Teileeines Gerätes aus dem Ausland kommen. EinErzeugnis darf jedoch die Bezeichnung "Madein Germany" tragen, wenn einzelne Teile odersogar ganze Baugruppen eines industriellenErzeugnisses im Ausland zugekauft wurden.Dann müssen die Leistungen in Deutschlanderbracht worden sein, die für jene Eigenschaf-ten der Ware ausschlaggebend sind, die für dieWertschätzung des Verkehrs im Vordergrundstehen. Unstrittig ist, dass reine Endkontrollenin Deutschland für das Gütesiegel nicht ausrei-chen. Ebenso wenig ist es ausreichend, wennlediglich die Konstruktion oder das Design inDeutschland entwickelt wird, die Produktionaber komplett im Ausland stattfindet. Da einefeste Prozentzahl, wie groß die Wertschöpfungin Deutschland mindestens sein muss, nichtbesteht, muss immer der individuelle Entste-hungsprozess betrachtet werden.

Was darf sich "Made in Germany" nennen?

Quelle: IHK

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deutsche Herkunft gerade in den stark globalisierenden Branchen, z. B. der Automobilindustrie, einenbesonders hohen Wert. Die Herausforderung besteht daher in einer positiven Weiterentwicklung des"Made in Germany"-Begriffs als "deutsches" Leistungsversprechen für Produkte und Dienstleistungen,der unabhängig vom Standort innerhalb der heutigen globalen Wertschöpfungsarchitekturen Gültig-keit hat.

Eine Entwicklung von "Made in Germany" im Sinne eines Standort-Labels zu "German Made" im Sinneeiner “spezifisch” deutschen Herangehensweise und Kernwertschöpfung könnte ein möglicher Ansatzsein. Damit würde man eine – überfällige – Neudefinition des deutschen Wertbeitrags unterstützen: bei-spielsweise durch die Nutzung deutschen Talents für Wertschöpfungstätigkeiten, die maßgeblich dieQualität der Gesamtleistung beeinflussen, wie Entwicklung, Prozessmanagement, Qualitätssicherungund individualisierter Kundenservice; oder durch die Sicherstellung deutscher Qualitätsstandards auchfür ausländische Produktionsstufen. Der Gattungsbegriff "Made in Germany" hat sich über Jahrzehntebewährt und sollte daher nicht leichtfertig verlassen oder ausgehöhlt werden. Dies setzt aber voraus,dass man sich zu den neuen Werten und den neuen Wertschöpfungsarchitekturen aktiv bekennt unddiese in einem erneuerten "German Made"-Begriff einbaut.

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D r. H e l m u t M a u c h e r, E h r e n p r ä s i d e n t , N e s t l é A G“Die Deutschen waren in der Romantik immer besser als in der Klassik. Sie neigen zuextremen Entwicklungen, bei all ihrer Tüchtigkeit. Das Wort ‘Angst’ ist ein typischdeutsches Wort. Und sie jammern manchmal zu stark.”

Pro f. Dr. R ichard L . Schmalensee , Dean , MIT S loan Schoo l o f Management“I was in Germany, in October, I guess. I must say the general tenor of all the questionswas: ‘What's wrong with us, what's wrong with us?’ I have not encountered that amountof self-criticism—I mean it's almost Japanese! … It seems to me that the productivediscussion isn’t ‘What's wrong with us?’ It’s ‘What do we do now? What's the next step?’Because if you think there is something wrong, then a next step is necessary, and theonly interesting debate is 'What is it?’”

D r. D i e t e r Z e t s c h e , P r e s i d e n t & C E O, C h r y s l e r"Wir sind, wenn wir auch allererste Schritte einer Strukturveränderung in der richtigenRichtung unternommen haben, nach wie vor viel zu sehr mit dem Leid um diese Ver-änderung, der Diskussion darum beschäftigt und viel zu wenig mit dem eigentlichenHandeln."

G i o v a n n i d i L o r e n z o , C h e f r e d a k t e u r, D e r Ta g e s s p i e g e l"Wir haben große Probleme, wir haben Veränderungen vor uns, noch immer vor uns,die uns im Mark treffen werden. Und trotzdem ist dieses Land vital genug, engagiertgenug, und es hat ein Führungspersonal, das nicht in Bausch und Bogen zu verurteilenist. Das ist meine größte Sorge, dass im Moment die Eliten einfach vom Tisch gefegtwerden."

N o r b e r t v o n K o c z i a n , G e s c h ä f t s f ü h r e r, D o w D e u t s c h l a n d"Wir haben über die letzten Jahre, seit dem Krieg, diese Sicherheitsmentalität, dieseVersorgungsmentalität dem Bürger anerzogen. Und ich glaube, wir müssen großeAnstrengungen vollbringen, diese Mentalität dem Bürger langsam wieder wegzuneh-men."

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D a s D e u t s c h l a n d d e r z w e i G e s c h w i n d i g k e i t e n

Viele der Interviewpartner stimmen in ihrer Einschätzung überein, dass es in Deutschland weder aneiner ausführlichen Analyse der Probleme noch an Vorschlägen zur Verbesserung mangelt. Dabei wirdjedoch einerseits bezweifelt, dass die Erkenntnis über die notwendige Radikalität der Reformen ausrei-chend verbreitet ist, und andererseits befürchtet, dass Larmoyanz und Skepsis den Veränderungspro-zess negativ belasten. Gerade die Montagsdemonstrationen im Zusammenhang mit den Hartz-IV-Reformen sind ein bisheriger Höhepunkt und ein Ventil für die Emotionen in der Bevölkerung.

Die mangelnde Unterstützung von Sozialreformen ist letztlich auch auf eine jahrzehntelange Kondi-tionierung der Bürger durch den Auf- und Ausbau des Sozialstaates zurückzuführen. Wenn ein Arbeit-nehmer heute 34,8 Prozent seines Bruttolohnes als Steuern und Sozialabgaben entrichtet, versucht erlogischerweise im Gegenzug eine möglichst hohe Leistung aus den staatlichen Sozialsystemen zu erhal-ten – weswegen der Staat mittlerweile ein Drittel des Bruttoinlandsproduktes für Renten, Arbeitslosen-geld und Sozialhilfe aufwendet und die privaten Haushalte auf der anderen Seite ein Viertel ihres Ein-kommens vom Staat beziehen. Der Sozialstaat verführt also geradezu zur "Mitnahme" von Leistungen.Da die staatliche Umverteilung jedoch nicht wie gewünscht funktioniert und – da viele Menschen Lei-stungen beziehen, die sie gar nicht brauchen – die Mehrheit am Ende schlechter gestellt ist, ist es höch-ste Zeit, dieses System – auch gegen temporären Widerstand – nachhaltig zu verändern. Die Vorausset-zungen dafür sind nicht schlecht: Der Reformkompass des IfD Allensbach vom August/September2003 zeigt, dass ein großer Teil der Bevölkerung sich der Notwendigkeit weit reichender Reformendurchaus bewusst ist. Der Begriff “Reform” hat im Zeitablauf sogar an Sympathie gewonnen.

E M O T I O N A L E R T U R N A R O U N D –

D I E M E N S C H E N M O B I L I S I E R E N

3

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Wenn es allerdings um persönliche Einschnitte geht, lässt die Reformbereitschaft deutlich nach. DerAllensbacher Reformindex – der die Zustimmung zu einer Liste von 71 konkreten Reformvorschlägenerfasst – offenbart zudem ein starkes West-Ost-Gefälle: Während 35,1 Prozent der Niedersachsenreformwillig sind, sind es nur 11,3 Prozent der Brandenburger. Deshalb ist es wichtig, die Menschen inDeutschland auf möglichst breiter Basis in die Diskussion einzubinden und – entsprechend ihrer indi-viduellen Voraussetzungen – in dem Veränderungsprozess mitzunehmen.

Die Polarisierung in der Diskussion zwischen Reformbeschleunigern und -bremsern führt zu einem ent-zweiten "Deutschland der zwei Geschwindigkeiten". Das Ergebnis: mangelnde Unterstützungsbereit-schaft durch wichtige politische und wirtschaftliche Interessengruppen für die erforderlichen Struk-turveränderungen. Erst vor kurzem haben die deutschen Medien begonnen, ihre Berichterstattung voneiner überwiegend negativen Tonalität zu einer positiveren Herausstellung von Chancen und Stärkenzu verändern, um somit die Veränderungsprozesse zu unterstützen.

2 6

Quellen: IfD Allensbach; impulse 10/2003

Niedersachsen 35,1 %

Baden-Württemberg 29,8 %

Bayern 29,6 %

Rheinland-Pfalz 29,6 %

Hamburg 28,6 %

Bremen 27,6 %

Nordrhein-Westfalen 26,8 %

Reformfreudige Länder Reformunwillige Länder

Schleswig-Holstein 32,1 %

Berlin 25,0 %

Hessen 20,5 %

Sachsen-Anhalt 17,1 %

Mecklenburg-Vorpommern 16,6 %

Sachsen 15,5 %

Thüringen 13,6 %

Brandenburg 11,3 %

Saarland 23,7 %

Anteil der Reformwilligen an der Bevölkerung

W E S T - O S T - G E F Ä L L E B E I D E R R E F O R M B E R E I T S C H A F T

19930

10

20

30

40

50

60

70

1999 2002 2003

Unsympathisch

Sympathisch

Reichen die Maßnahmen der Agenda 2010? Wie sympathisch sind Reformen?

Quelle: IfD Allensbach

Noch nichts davon gehört

Lehne Agenda 2010ganz ab

UnentschiedenWeitere Reformenmüssen folgen

Reichen aus %

57 %18 %

16 %

4 % 5 %

R E F O R M B E D A R F W I R D G E S E H E N

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2 7

Wie die Menschen über Deutschland denken

Die emotionale Bereitschaft zur Veränderung wird wesentlich getrieben durch die positive Wahrnehmungvon Chancen durch den Einzelnen. Diese variiert deutlich, wie eine BCG-Befragung deutscher "Normal-bürger" offenbart: Die "Gesellschaft der zwei Geschwindigkeiten" fand sich auch unter unseren Interview-partnern wieder, wobei sich viele der eigentlich Veränderungsbereiten von ungünstigen Rahmenbedin-gungen behindert sahen:

“Ich würde mir an Unterstützung wünschen, dass die Leute nicht so abgestumpft auf irgendwelchen Ämtern rumsit-zen, sondern dass differenziert wird: Das ist ein Mensch, der möchte was erreichen, der hat eine Idee, der ist nichtzu faul, 55 Stunden die Woche arbeiten zu gehen – und das ist ein Mensch, der sitzt eigentlich nur faul auf dem Sofa,könnte aber arbeiten gehen. Kann ich Menschen helfen, die eine Idee haben, oder kann ich ihnen nur dann helfen,wenn sie die Idee haben, die mir vorschwebt als Staat?”

Friseurin, 26 Jahre, Berlin

“Man muss sich selbst dessen bewusst sein, was man selber kann und leisten kann, und natürlich auch, was einemselber Freude macht. Solange irgendetwas Freude macht, solange findet man auch einen Job. Man muss immernach etwas Neuem suchen und muss sich immer neue Aufgaben setzen, neue Ziele, und muss schauen: Was kannich noch machen, wo möchte ich hin, was interessiert mich? Und schon finden sich neue Gebiete auch jobtechnischgesehen.”

Physiotherapeutin, 27 Jahre, Berlin

“Was ich den Leuten sagen würde, ist: Tut, wagt euch, macht es – es funktioniert. Man muss nur Zeit und ein bis-schen Selbstinitiative mit reinbringen, mehr Kraft rein, und Geduld haben. Wenn wir es hier nicht machen, machenes andere.”

Backshop-Betreiber türkischer Herkunft,31 Jahre, Berlin

“Ich glaube, dass die Leute motiviert sind, dass sie leistungsstark sind, leistungswillig sind – und das Einzige, woraufsie eigentlich stolz sein können, ist das, was sie selber geschaffen haben. Sie müssen einfach nur von dem Mehltaubefreit werden, der durch insuffiziente und inkompetente Politik seit vierzig Jahren über dieses Land herniederrieselt.Und das geht durch sämtliche Verbände – ob das die Kirchen sind, ob das die Unternehmerverbände sind, ob dasdie Gewerkschaften sind, ob das die Parteien sind. Alle prosperieren von der Leistungskraft dieser Bevölkerung undtun alles, um sie in ihrer Leistungskraft zu behindern.”

Zahnarzt, 47 Jahre, Berlin

Die anspornende Wirkung von populären Spitzenleistungen und "Leuchtturmerfolgen" mit Signal-wirkung bringt insbesondere ein junger Berliner Schüler auf den Punkt:

Was sind deine drei Wünsche für Deutschland?

“Dass Deutschland Fussball-Europameister wird. Dass jede Menge Geld kommt, dass sie es eben irgendwie gebacken krie-gen … Und dass sie internationale Auszeichnungen in Film und Medien oder so gewinnen, zum Selbstvertrauen stärken –dann würden es vielleicht auch noch andere probieren, und das löst dann einfach so eine Kettenreaktion aus …”

Schüler, 13 Jahre, Berlin

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W a n d e l b r a u c h t P e r s p e k t i v e u n d G e i s t e s h a l t u n g

Die Akzeptanz für Wandlungsprozesse – in Unternehmen wie in der Gesellschaft – hängt nur zum Teilvon der rationalen Einsicht ab, dass eine Veränderung erforderlich ist, sondern vielmehr von der emo-tionalen Bereitschaft der Menschen sowie ihren individuellen Fähigkeiten, den neuen Weg zu gehen.Gerade die emotionale Bereitschaft wird am kritischsten gesehen. Diese basiert vor allem auf drei Fak-toren: erstens dem Glauben an einen positiven Ausgang – dem so genannten Lichtblick am Ende desTunnels –, zweitens der Qualität der aufgezeigten Perspektive für den Einzelnen und drittens derGlaubwürdigkeit und Motivationskraft der Führung. Diese muss die Gestaltungsfähigkeit des Einzelnenaktivieren und eine neue Geisteshaltung schaffen, die stärker auf Selbstinitiative und Eigenverantwor-tung basiert. Dieser fundamentale Einstellungswandel wurde in zahlreichen Unternehmenssituationendurch intensive, konsistente und konsequente Kommunikation mit den Menschen sowie durch Führungskräfte erreicht, die bereit waren, sich persönlich einzubringen und Risiken einzugehen. Das4K-Programm bei Krupp Hoesch (später Thyssen Krupp) und das Top-Plus-Programm bei Siemens sindgute Beispiele für eine emotionale Mobilisierung der Belegschaft in Richtung auf Wachstum und höhe-re Leistungskraft. Was im Kleinen eines Unternehmensumfeldes gelungen ist, sollte zu einer Vervielfäl-tigung im Großen eines Landes anspornen.

D i e R o l l e d e r M e d i e n

Auf die Wahrnehmung der Menschen und darauf, ob Veränderungen eher als Chance oder als Bedro-hung begriffen werden, haben nicht zuletzt die Medien einen wichtigen Einfluss. Natürlich müssen sieihre demokratische Kontrollfunktion vor allem gegenüber den politischen Instanzen wahrnehmen –andererseits sollten sie sich aber auch ihrer gesamtgesellschaftlichen Verantwortung bewusst sein, wasihre Wirkung auf die Stimmungslage in weiten Teilen der Bevölkerung angeht. Das journalistische Prin-zip "Schlechte Nachrichten sind gute Nachrichten" scheint zuweilen einem emotionalen Turnaroundin Deutschland eher entgegenzuwirken, wie eine Analyse der BILD-Schlagzeilen von Januar bis August2004 zeigt: 20 Prozent der Schlagzeilen befassten sich mit Politik – davon hatten 81 Prozent eine nega-tive Aussage. Hingegen überwiegt eine neutrale bis positive Berichterstattung beispielsweise bei sport-lichen Themen.

2 8

Tenor der BILD-Schlagzeilen Januar bis August 2004

Quellen: Springer-Verlag; BCG-Analyse

Tenor (in %)100

60

40

20

0Politik

20

81

811

39

43

17

50

16

34

Sport13

Rest (Prominente/"Klatsch")67

ThemenanteilSchlagzeilen (in %)

Negativ/Angst machend Neutral Positiv/Mut machend

80

S C H L E C H T E N A C H R I C H T E N S I N D G U T E N A C H R I C H T E N

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Umso erfreulicher, dass sich im Zeitverlauf ein positiver Trend abzuzeichnen scheint: So ist bei Betrach-tung aller Artikel auf der oberen Titelhälfte der BILD in den letzten Monaten ein Anstieg derjenigenArtikel zu verzeichnen, die positive oder Mut machende Inhalte aufweisen.

Ähnliches gilt für die führenden Magazinmedien in Deutschland. Sie haben zum jetzigen Zeitpunkt diegroße Chance, die Reformbereitschaft zu stärken und einen beginnenden Stimmungsumschwung inder Bevölkerung – spezifisch in ihrer jeweiligen Zielgruppe – zu unterstützen. Einige tun dies bereitssehr aktiv – beispielsweise die Wirtschaftswoche, die unter anderem mit der Serie “Das Land der Ideen”das Thema Innovation unterstützt.

2 9

Whats Rightwith Germany?

TIMEJuly 26, 2004

M E D I E N M I T G R O S S E M E I N F L U S S A U F D I E W A H R N E H M U N G

Quellen: Springer-Verlag; BCG-Analyse

Tenor der BILD-Artikel auf der oberen TitelhälfteAnteil Artikel (in %)100

60

40

20

0Januar Februar März April Mai Juni Juli August

Negativ/Angst machend

Monat(2004)

Neutral Positiv/Mut machend

80

30

34

22

47

43

9

49

38

13

53

28

19

42

37

21

48

31

21

50

26

24

43

27

30

E I N P O S I T I V E R T R E N D ?

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3 0

Populäre Spitzenleistungen und Erfolgserlebnisse

tragen erheblich zu einem positiven Stimmungsum-

schwung in der Bevölkerung bei. So hat sich die Kater-

stimmung nach der verpatzten Fußball-EM laut der

GfK gleich in einem verschlechterten Konsumklima

niedergeschlagen. Sportarten mit großer Breitenwir-

kung, sportliche Großereignisse, Auszeichnungen im

Unterhaltungsbereich sowie Persönlichkeiten mit

Starpotenzial üben eine große Signalwirkung aus.

Hier kommt vor allem den Medien die wichtige Rolle

zu, die bereits vielfältig vorhandenen deutschen

Erfolge positiv zu würdigen und stärker ins Bewusst-

sein zu rufen:

Deutsche Teams gewinnen: Deutsche Spitzensportler

wie Michael Schumacher oder vor ihm Boris Becker

werden im In- und Ausland mit den klassischen deut-

schen Tugenden Disziplin, Beharrlichkeit und Sieges-

wille assoziiert. Doch auch eine Vielzahl weiterer

Sportler verfügt über dieselben Tugenden: Birgit

Fischer zum Beispiel, die mit 42 Jahren ihr achtes

Olympiagold im Kanusport gewann und in der ewi-

gen Bestenliste der Olympioniken auf Platz 5 vorrück-

te; oder Jochen Schümann, der – durch drei Olym-

piasiege und drei Weltmeistertitel bereits

Segellegende – im Jahr 2003 als Kapitän des Schwei-

zer Teams "Alinghi" den America's Cup zurück nach

Europa holte – nach einer Unterbrechung von 152

Jahren. Teamleistungen spielten auch bei den Olym-

pischen Spielen 2004 eine große Rolle: 48 Prozent der

deutschen Olympiamedaillen wurden in Teamdiszi-

plinen (Mannschaftssportarten, Staffeln) errungen –

ein deutlich höherer Anteil als bei den im Medaillen-

spiegel vor uns platzierten Nationen (21 Prozent bis

37 Prozent Teammedaillen). Ein deutlicher Beleg für

die überragenden Teamfähigkeiten der Deutschen.

Der deutsche Film ist in. Gerade in den vergangenen

Jahren haben eine Reihe junger Talente dem "neuen

deutschen Kino" zu internationalem Ansehen verhol-

fen: So schaffte Franka Potente durch den Erfolg von

"Lola rennt" in den USA den Sprung nach Hollywood,

der Regisseur Tom Tykwer wurde 2003 mit einer Retro-

spektive seines Gesamtwerkes im Museum of Fine Arts

in Boston gewürdigt, und der von ihm komponierte

Techno-Soundtrack zu "Lola rennt" gewann die MTV

Music Awards. Mit "Good Bye Lenin" feierte ein Film

unerwartete internationale Erfolge, der in seiner Art

und mit seiner Ost-West-Thematik ein spezifisch deut-

sches Werk darstellt. "The Edukators" (deutsch: "Die

Fetten Jahre sind vorbei") von Hans Weingartner nahm

als erster deutscher Film nach elf Jahren am Cannes-

Festival teil und erhielt Standing Ovations. Nicht zuletzt

gewann mit dem Werk "Gegen die Wand" des deutsch-

türkischen Regisseurs Fatih Akin erstmals seit 1986 wie-

der ein deutscher Film den goldenen Bären der Berli-

nale – und später auch den deutschen Filmpreis. All dies

sind ermutigende Signale, dass kreative Deutsche mit

aktuellen deutschen Themen und ihrem eigenen Stil

auch international erfolgreich sein können.

Deutsche Stars prägen den globalen Lifestyle: Karl

Lagerfeld setzt als Designer genauso wie Wolfgang Joop

und Jil Sander internationale Maßstäbe. Auch die deut-

schen Topmodels genießen Weltruhm, wobei sie nicht

nur für ihr famoses Aussehen, sondern auch für ihre

deutschen Tugenden – Fleiß, Zuverlässigkeit und Diszi-

plin – gewürdigt werden. Heidi Klum hat als deutsche

Fashion-Ikone mittlerweile die Beliebtheit von Claudia

Schiffer noch übertroffen und ist in den USA fast so

bekannt wie Coke. Sie posierte nicht nur als Model für

Victoria's Secret und H&M, spielte in Filmen und Video-

Games (James Bond) mit, sondern fungiert inzwischen

auch höchst erfolgreich als Werbeträger für typisch

deutsche Produkte: So verhalf sie mit ihrer Heidi-Klum-

Kollektion Birkenstock Schuhen in Großbritannien und

den USA zum Kultstatus. Ihr neuester Coup ist eine

eigene Fruchtgummimarke "Heidi's Fruit Flirtations",

bei denen statt des Logos von Hersteller Katjes das Kon-

terfei von Heidi auf der Tüte erscheinen soll, um mit

deutschen Fruchtgummis den amerikanischen Markt zu

erobern.

Populäre Spitzenleistungen von Deutschen

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W a c h s t u m s i m p u l s e v o n i n n e n

Ein positiver Stimmungsumschwung wird auch als Voraussetzung für ein verbessertes Investitions- undKonsumklima gesehen – eine Voraussetzung für die Ankurbelung der aktuell schwachen Binnennach-frage. Deutschland – seit 2003 wieder Exportweltmeister – weist von 2000 bis 2003 eine um durch-schnittlich 0,8 Prozent p. a. rückläufige Binnennachfrage auf. Dies ist nicht auf die Entwicklung des ver-fügbaren Einkommens zurückzuführen, sondern primär auf ein schlechtes Konsumklima. Die Sorgeder Menschen um künftige finanzielle Einbußen hat außerdem zu einer Erhöhung der Sparquotegeführt. Der fehlende Glaube an eine positive Zukunftsvision wird von vielen als Grund für die Verun-sicherung und Konsumzurückhaltung angeführt. Beobachtet man die politische Kommunikation derletzten zwölf Monate, so dominieren technokratisch verklausulierte Aussagen zu den erforderlichenEinschnitten, während sehr wenig zu den daraus entstehenden positiven Effekten ausgesagt wird.

A u f b r u c h s s t i m m u n g v o n o b e n

Erfolgreiche Marken- und Unternehmens-Turnarounds haben gezeigt, wie wichtig "Visionen" undIdentifikationsfiguren für die Mobilisierung der Menschen sind. Eine solche Mobilisierung muss auchin Deutschland stattfinden. Deshalb kommt positiven Signalen, Fallbeispielen und Einzelpersönlich-keiten eine wichtige Bedeutung zu: Sie konkretisieren die Ziele des Veränderungsprozesses, vermittelnWerte und schaffen Vertrauen – wichtige Voraussetzungen, um eine Aufbruchsstimmung zu erzeugen.Wie der Blick in andere Länder zeigt, hat Deutschland hier erheblichen Nachholbedarf. So spiegeltsich die im Vergleich zu Deutschland optimistischere und selbstbewusstere US-amerikanische Weltsichtauch in den Neujahrsansprachen der Regierungschefs wider.

3 1

Quelle: icon

Konsumklima(Index)

9493 95 96 97 98 99 00 01 02 032004

J F M A M J J A S O N D80859095

100105110115120125130

K O N S U M K L I M A N A C H W I R V O R G E T R Ü B T

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Horst Köhler hat mit seiner Antrittsrede als neuer Bundespräsident ein klares positives Zeichen füreinen emotionalen Turnaround in Deutschland gesetzt und unter dem Titel "Land der Ideen" denAnspruch für die Zukunft plakativ auf den Punkt gebracht:

3 2

Quellen: Neujahrsansprache Bundeskanzler Schröder (30.12.2003); Neujahrsansprache Président Chirac (31.12.2003); State of the Union Address President Bush (08.01.2004)

Was sagen Staatsführer zum Jahresanfang?

• Im abgelaufenen Jahr hatten wir auf große Veränderungen zu reagieren

• Wir haben uns fürs neue Jahr viel vorgenommen … Und ich hoffe: Es wird trotz der anstehenden Wahlkämpfe verwirklicht werden

• Wir wollen Deutschland bei Erfindungen, bei Innovationen in Forschung und Technik an der Weltspitze sehen. Auch in anderen Bereichen, in denen uns andere Länder inzwischen die führende Position streitig machen

• Auch im neuen Jahr werden wir daran arbeiten, Deutschland in allen Bereichen stark und zukunftsfest zu machen

• Wir bemühen uns, die Lasten heute gerecht zu verteilen

• Wir haben versucht, das Schaffen von Arbeitsplätzenattraktiver zu machen

• The year now drawing to a close has been an importantone for France

• … we are going together to make our nation more powerful, more focused on solidarity, fairer

• … the future is getting brighter, our country is nowon the right road

• In six months time, by appealing to everyone's senseof responsibility, our sickness insurance system …will have been consolidated

• Your efforts are now permitting the return of growth.And the whole challenge of 2004 is to turn this growth to best account, with one priority: employment

• Insecurity was growing. It is decreasing …. The 35-hourweek was slowing down economic activity. The rules have been made more flexible

• Americans are proving once again to be the hardest-working people in the world

• A government-run health-care system is the wrongprescription … we will preserve the system of privatemedicine that makes America's health care the best inthe world

• … we now move forward, with confidence and faith. Our nation is strong and steadfast

• We must continue to pursue an aggressive, pro-growtheconomic agenda

• We are making progress towards excellence for everychild in America

• America's growing economy is also a changing economy …

• The pace of economic growth in the third quarter of 2003 was the fastest in nearly 20 years

Deutschland: Zögern und Zaudern Frankreich: Zusammenhalt und Aufbruch USA: Überlegenheit und Stärke

B E G E I S T E R N D E V I S I O N – D I E S I G N A L E M Ü S S E N V O N O B E N K O M M E N

“Es gibt gute Gründe, uns etwas zuzutrauen.”

“Wir wollen aus Deutschland wieder ein erfolgreiches Land machen –ein zuversichtliches Land, ein zupackendes Land, ein Land der Ideen.”

“Ich wünsche mir, dass Führungspersönlichkeiten der Wirtschaftgerade in dieser schwierigen Zeit in Deutschland eine Kultur der Ver-antwortung und der Mäßigung vorleben.”

“Wir müssen an unsere Stärken glauben und von unseren Schwächenlernen, dann packen wir das.”

Bundespräsident Horst Köhleram 1. Juli 2004

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E c k h a r d P f e i f f e r, E x- C E O, C o m p a q C o m p u t e r“Deutschland ist nach wie vor eine der führenden Wirtschaftskräfte in der Welt. Daswird weiterhin anerkannt. Deutschland ist die stärkste Wirtschaft in Europa.”

J e a n - R e m y v o n M a t t , G r ü n d e r u n d Vo r s t a n d , J u n g v o n M a t t“Deutschland muss sich auf das besinnen, was die Kraft dieser Marke eben ausmacht,und das modern interpretieren. Der innerste Kern dieser Marke könnte aus meinerSicht sein: die Ernsthaftigkeit. Ernsthaftigkeit hat zwei Seiten. Eine sehr positive Seiteund eine negative Seite. Und wichtig wäre es, eben die positiven Seiten zu entwickelnund zu schärfen. ‘Serious is sexy’ müsste der ‚Slogan' des neuen Deutschland werden.”

L o u i s S c h w e i t z e r, C E O, R e n a u l t“In Germany, the growth, in my view, will be based on two words: brains and work.Brains—Germany has a history of brains; the ability to think, technology—and work,because I believe nobody—even a genius—can succeed without a lot of hard work; andwhat I believe is true of one person, is also true of a nation. These would be, in my view,the elements of success.”

P r o f . D r. G a b r i e l H a w a w i n i , D e a n , I N S E A D“I think the Germans should be confident. I think when one looks at the past, thereis plenty to be proud of. And the issue is to not say what was in the past was wrong andthat we have to now move on and change everything. It is to say: ‘The world is chang-ing, we recognize this. And with the confidence that we have from what we have accomplished so far, we are going to move forward now and continue to bringGermany to the very top.’”

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F A Z I T : S T Ä R K E N S T Ä R K E N U N D

S E L B S T B E W U S S T N A C H V O R N S C H A U E N

R ü c k b e s i n n u n g a u f d i e S t ä r k e n

Der größte "Nachholbedarf" Deutschlands besteht aus Sicht unserer internationalen Gesprächspartner inder Umsetzungsfähigkeit – vom Denken zum Handeln – und der Vermarktung der eigenen Stärken undIdeen. Es fehlen Signale, die Stärken deutlich machen und klassische deutsche Tugenden wie Fleiß,Zusammenhalt, Leistungsbereitschaft und Organisationstalent, aber auch das große Wissen, das in deut-schen Köpfen steckt, ins Bewusstsein rücken. Nicht Lippenbekenntnisse sind gefragt, sondern Erfolgserleb-nisse, die – zahlreich vorhanden – weitaus besser vermarktet werden sollten, um Selbstbewusstsein undUmsetzungsbereitschaft zu fördern. Deutschland hat – wenn es in den drei genannten Handlungsfeldernaktiv wird – alle Chancen und Ressourcen, zu seiner alten Stärke zurückzukehren.

W i r s i n d b e s s e r a l s w i r u n s s e l b s t s e h e n

Deutsche Persönlichkeiten und deutsche Unternehmen leisten auf vielen Gebieten auch heute Großartiges– leider finden sie hierfür international oftmals mehr Anerkennung als in Deutschland selbst. Erfolgsge-schichten, sei es aus deutschen Unternehmen oder aus anderen gesellschaftlichen Bereichen, stärker insBlickfeld zu rücken, könnte ein Gegengewicht schaffen zur weithin verbreiteten Skepsis und Negativwahr-nehmung und ein erster – aktiver – Schritt sein zum "emotionalen Turnaround".

D e r " e m o t i o n a l e Tu r n a r o u n d " a l s k o l l e k t i v e A u f g a b e

Positive Signale, die Mut machen und mobilisieren, sind auf allen Ebenen nötig. Für die verschiedenengesellschaftlichen Gruppen, Generationen und Lebenssituationen gelten je eigene "Vorbilder". Es kommtdaher darauf an, dass Führungspersönlichkeiten und Meinungsbildner – in Politik, Wirtschaft und Mediengenauso wie in Wissenschaft oder Kultur – ihre besondere Verantwortung wahrnehmen: Jeder, der die ent-sprechenden Gestaltungsmöglichkeiten hat, hat auch die Verpflichtung, in seinem individuellen Umfeld zueinem "Turnaround" im Denken und Handeln beizutragen – um so die besten Voraussetzungen zu schaffen,die notwendigen Veränderungen in Deutschland zu bewältigen.

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BCG Deutsch land

The Bos ton Consu l t ing GroupDi rcksens t raße 4110178 Ber l in

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BCG Öster re ich

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Ansprechpar tner

Für weitere Informationen zu dieser Studie kontaktieren Sie bitte:

Dr. Antonella Mei-Pochtler: [email protected] Polke: [email protected]

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