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(Aus dem Kaiser Wilhelm-Institut ffir Arbeitsphysiologie, Dortmund-Mfinster.) Die Abh~ngigkeit der Erholungsgesehwindigkeit nach statischer Haltearbeit yon der YIuskeldurchblutung w~hrend der Kontraktion. Von E. A. Miiller. Mit 1 Textabbildung. (Eingegange~ am 12. November 1934.) Beider Untersuchung der Erho!ung naeh statischer Haltearbeit am Menschen (E. ,4. Mi~ller 1) kolmte ieh zoigon, dab die Erholungs- geschwindigkeit des Muskels mit zunehmender Haltedauer abnimm$ und nur sehr langsam den Wert wieder erreicht, der beim ausgeruhten Muskel naeh kurzer Haltedauer gefunden wird. So kann die Erholung beendet und der Muskel fiir eine einmalige maximale Haltearbeit wieder vo]l leistungsfs sein, w~hrend gloiehzeitig die Erholungsgesehwindig- keit noch wesentlieh verzSgert ist. In diesem Zustand dauert daher die Erholung naeh einer oinmaligen maximalen Haltearbeit sehr viol l~nger als beim vSllig ausgeruhten Muskel. In starker ermfidetem Zustand ist stets die maximale Dauerleistung sehr viel mehr herabgesetzt als die maximale einmalige Leistung. Zust~nde anhaltender Muskelermfidung sind demnach dutch eine stark verz6gerte Erholungsgesehwindigkeit verursaeht. Beider prakti- schen Bedeutung gerade dieser Zustgnde ist es wichtig, die VerzSgerung der Erholungsgeschwindigkeit in ihrer Abhs yon der Muskel- durchblutung w~hrend der Kontraktion und der diese beeinflussenden Gr6fle der gehaltenen Kraft zu erforsehen. In der vorliegenden Arbeit habe ich untersucht 1. wie der Erholungsverlauf naeh einer Haltearbeit mit konstantem F~nergieaufwand dutch die Gr6fle der gehaltenen Kraft beeinflu6t wird, 2. wie der Erholungsverlauf nach einer bestimmten Haltearbeit dureh die Gr6Be der Durehblutung w~hrend der Arbeit beeinflul3t wird. Die Untersuehung eriolgte an dem friiher yon mir besehriebenen Dynamometer (E. A. Miiller z), das bei waagereehter Stellung des Unter- armes die Kraft der Beuger des Oberarmes im Handgelenk anzeigt. Die Versuchsperson w~r die g|eiche wie in den beiden zitierten Arbeiten. Mit dem ausgeruhten Muskel wurden yore linken Arm 6 kg 3 Minuten, vom rechten Arm 11 kg 1,5 Minuten gehalten. Diese Haltearbeit wurde yon Tag zu Tag wechselnd bei abgebundener Durehblutung (o. D.) und bei unbeeinfluflter Durchblutung (m. D.) ausgeffihrt. Nach Ersehlaffen des Muskels wurde bei abgebundener Durchblutung die Abbindung aufgehoben und die Durchblutung ffir eine bestimmte Zeit -- die F, rholungszeit -- freigegeben. Naeh Ablauf der Erholungszeit wurde in jedem Fall

Die Abhängigkeit der Erholungsgeschwindigkeit nach statischer Haltearbeit von der Muskeldurchblutung während der Kontraktion

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(Aus dem Kaiser Wilhelm-Institut ffir Arbeitsphysiologie, Dortmund-Mfinster.)

Die Abh~ngigkeit der Erholungsgesehwindigkeit nach statischer Haltearbeit yon der YIuskeldurchblutung w~hrend der

Kontraktion. Von

E. A. Miiller.

Mit 1 Textabbildung.

(Eingegange~ am 12. November 1934.)

B e i d e r Untersuchung der Erho!ung naeh statischer Hal tearbei t am Menschen (E. ,4. Mi~ller 1) kolmte ieh zoigon, dab die Erholungs- geschwindigkeit des Muskels mit zunehmender Hal tedauer abnimm$ und nur sehr langsam den Wert wieder erreicht, der beim ausgeruhten Muskel naeh kurzer Hal tedauer gefunden wird. So kann die Erholung beendet und der Muskel fiir eine einmalige maximale Haltearbei t wieder vo]l leistungsfs sein, w~hrend gloiehzeitig die Erholungsgesehwindig- keit noch wesentlieh verzSgert ist. In diesem Zustand dauert daher die Erholung naeh einer oinmaligen maximalen Hal tearbei t sehr viol l~nger als beim vSllig ausgeruhten Muskel. In starker ermfidetem Zustand ist stets die maximale Dauerleistung sehr viel mehr herabgesetzt als die maximale einmalige Leistung.

Zust~nde anhaltender Muskelermfidung sind demnach dutch eine s tark verz6gerte Erholungsgesehwindigkeit verursaeht. B e i d e r prakti- schen Bedeutung gerade dieser Zustgnde ist es wichtig, die VerzSgerung der Erholungsgeschwindigkeit in ihrer Abhs yon der Muskel- durchblutung w~hrend der Kontrakt ion und der diese beeinflussenden Gr6fle der gehaltenen Kraf t zu erforsehen. In der vorliegenden Arbeit habe ich untersucht

1. wie der Erholungsverlauf naeh einer Haltearbei t mi t kons tantem F~nergieaufwand dutch die Gr6fle der gehaltenen Kraf t beeinflu6t wird,

2. wie der Erholungsverlauf nach einer best immten Hal tearbei t dureh die Gr6Be der Durehblutung w~hrend der Arbeit beeinflul3t wird.

Die Untersuehung eriolgte an dem friiher yon mir besehriebenen Dynamometer (E. A . Miiller z), das bei waagereehter Stellung des Unter- armes die Kraf t der Beuger des Oberarmes im Handgelenk anzeigt.

Die Versuchsperson w~r die g|eiche wie in den beiden zitierten Arbeiten. Mit dem ausgeruhten Muskel wurden yore linken Arm 6 kg 3 Minuten, vom rechten Arm 11 kg 1,5 Minuten gehalten. Diese Haltearbeit wurde yon Tag zu Tag wechselnd bei abgebundener Durehblutung (o. D.) und bei unbeeinfluflter Durchblutung (m. D.) ausgeffihrt. Nach Ersehlaffen des Muskels wurde bei abgebundener Durchblutung die Abbindung aufgehoben und die Durchblutung ffir eine bestimmte Zeit - - die F, rholungszeit - - freigegeben. Naeh Ablauf der Erholungszeit wurde in jedem Fall

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der Arm abgebunden und die maximale Haltezeit ffir 16 kg o. D. bestimmt. Die maximale Haltezeit ffir 16 kg o. D. im frischen Zustand betrug links 0,99 Minuten, reehts 1,07 Minuten. Es wurcle jeweils erreehnet, wieviel Prozent dieser Werte nach eiuer bestimmten Erholungszeit wieder erreicht werden konnten. Diese Er- holungsprozente sind in Tab. 1 und 2 zusammengestellt. Die Tabellen enthalten die Mittelwerte yon 3--4 ]YIessungen. Der mittlere Fehler des Mittelwertes lieg~ in Tabelle 1 zwischen F = ~: 2~7%, ffir Tabelle 2 zwisehen F = 4- 2--4%. In Tabelle 3 ist der Erholungsverlauf naeh ttalten yon 6 kg o. D. fiber 3 ~inuten und 11 kg o. D. fiber 1,5 Minuten mit dem Erholungsverlauf der energetisch praktiseh gleiehwertigen Haltearbeit yon 16 kg o.D. fiber 1,08 Miauten zusammengest~llt. Die Werte der letztgenarmten Arbeit sind aus der zitierten VerSffentliehung (E. A. Mis ~) entnommen. Der Verlauf der Erholung mit der Zei~ ist in Abb. 1 dar- gestelit.

Be t rach ten wir zun~chst Tabelle 3. Da der Sauers toffverbrauch einer s ta t ischen Hal tea rbe i t dem P roduk t aus K r a f t u n d Zeit propor t ional ist, haben die 3 Ha l tea rbe i t en prakt isch den gleichen Sauerstoffver- brauch. Wie Tabelle 3 u n 4 auch Abb. 1 zeigen, ist der Erholungsverlalff

T a b e l l e 1, Kraft 6 kg, Haltezeit 3,0 Minuten, Testkraft 16 kg o. D. (linker Arm).

Erholungszett in ~/[tnuten

Erholung in Prozonten seit Beginn der ]~rholungszeit

naeh Ha[tearbeit mit D u r e h b l u t u n g . . . ohne Durchblutung . .

J 85<FI 5) 84 • 46(F 4- 2) 59 (F = :[: 4) 74 (F i 3) 86 (:F = 4- 7)

T a b e l l e 2. Kraft 11 kg, Haltezeit 1,5 ~Iinuten, Testkraft 16 kg o. D. (rechter Arm).

Erholungszeir in ~Iinuten 1 ~A I �89 I 1 I 2

BeginnErh~176 31 4) 62 (F = 2) 77 ~ 4) 81

mit D u r e h b l u t u n g . . . 42 (F = • =~ (F ~ (F ~ • 4) ohne Durehblutung . . (F • 3) 43 (F ~ =t= 3) 60 (F 5= 3) 77 (F = =t= 3)

T a b e l l e 3.

Erholungszeit in ~inuten

Erholung in Prozenten seit Beginu der Erholtmgszeib naeh Halten yon

6 kg o.D. tiber 3 Min. ~ 18,0 kgmin 11 kg o.D. fiber 1,5 Min. -~ 16,5 kgmin 16 kg o.D. fiber 1,08Min. ~ 17,2 kgmin 32

45 43 47

59 60 62

74 77 76

86

85

naeh diesen 3 Hal tearbe i ten prakt isch gleich. Un te r anaeroben Bedingtmgen ist also die Gr56e der Kra f t ohne Einf lu$ auf den Erholungsver lauf .

Aus den Wer t en der Tabelle 3 k S n n e n wit noch folgendes schlieBen. W~hrend 16 kg ohne D u r c h b l u t u n g die max i ma l mSgliehe Zeit gehal ten wurden, waren es bei 11 kg ohne D u r c h b l u t u n g mi t 1,5 Minu ten n u r e twa

Die Abhi~ngigkeit der Erholungsgeschwindigkeit nach s~atischer I-Ialtearbeit. 878

75%, bei 6kg ohne Durchblutung mit 3 Minuten nur etwa 66% der maximal m6glichen Haltezeit. Gerade das letzte Drittel der Haltezeit ist nun rein subjektiv dureh sehmerzhafte Empfindungen unangenehm und elffordert eine besondere Willensanspannung. Man kSnnte annehmen, da[~ dieses letzte Drittel die Erholungsgeschwindigkeit starker herab- setzt als die ersten beiden Drittel. ])er Gleichlauf der Erholung nach den 3 Haltearbeiten spricht jedoeh gegen diese Annahme.

Tabelle 1 und 2 und Abb. 1 zeigen uns welter, dal3 die Erholungs- geschwindigkeit nach der gleiehen statisehen Haltearboit sehr viel grSBer ist, wenn die Durchblutung und damit die Sauerstoffzufuhr erhalten ist. Bei der 6-kg-Halte- .~z~ arbeit werden 85% der "~so Leistungsf~higkeit des ausgeruhten Muskels ~e~ naeh Arbeit ohneDureh- ~ s~ blutung in 4 Minuten, ~sa nach Arbeit mit Dureh- ~ blutung dagegen sehon "~z0 in 1 Minute wieder er- ~2~ reicht. Etwas geringer ~la ist diese Wirkung der ~ a Durchblutung bei der 11-kg-Haltearbeit. Die Erholungsgesehwindig-

-~kg ra.D.-.-

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i / / " '{7, . . . . . :

td/nuton Irhalungze/t Abb. 1.

keit nach einer bestimmten Haltearbeit ist somit yon der Sauer- stoffversorgung des Muskels w/ihrend der Arbeit abh/ingig. Da die relative Sauevstoffversorgung des Muskels mit Zunahme der GrSl]e der gehaltenen Kraft abnimmt (E. A. Mi~ller ~), ist es verstandlich, dab die Zunahme der Erholungsgesehwindigkeit unter dem EinfluB der Durchblutung bei der l l-kg-Arbeit geringer ist als bei der 6-kg-Arbeit.

Bei erhaltener I)urchblutung finder natiirhch ein Teil der Erholung schon w/~hrend der Arbe~t start. Es war all sich zu erwarten, dab dadurch nach der Arbeit die Erholung abgekiirzt wird. Es stand jedoch die Frage ellen, ob die Sauerstoffzufuhr w/~hrend der Arbeit nur die Ansammlung. yon kontraktionshemmenden Stoffen verzSgert oder auch die mit zu- nehmender Haltedauer abnehmende Erholungsgeschwindigkeit beein- flui]t. Wiirde eine selche Beeinflussung der Erholungsgeschwindigkeit nieht vorliegen, so wiirde die Erholungskurve naeh Arbeit mit Durch- blutung gewissermai~en die Kurve nach Arbeit ohne Durchblutung in einem spateren Punkt beginnen. Die lmterste Kurve der Abb. 1 miiBte also durch Linksverschiebung in ihren spateren Abschnitten mit den beiden oberen Kurven zur Deckung zu bringen sein. ])as ist oifenbar nicht mSglieh. Die beiden oberen Kurven verlaufen in jeder Phase der Erholung steiler als die untere Kurve. Bei Sauerstoffzufuhr wahrend

Arbe i t sphys io log ie . Bd . 8. 2 5

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der Arbeit ist also ffir eine bestimmte Verz6gerung dor Erholungsgeschwin- digkeit eine lgngere Haltezeit erforderlich als unter anaeroben Be- dingungen.

Praktisch miissen wir folgern, dab zur Vermeidung yon Dauer- ermiidungen jede Dauerarbeit auf mSglichst viele und mSglichst gro~e Muskolgruppen zu verteilen ist. Ein Wechsel der Arbeitspl/~tze wghrend eines Arbeitstages, der die Arbeiter zum Einsatz verschiedener Muskel- gruppen bringt, ist physiologisch begr/indet. Jede die Durchblutung der Muskeln beengte Kleidung ist nachteilig.

Ziohen wit die Rosultato meiner letzten VerSffentlichung mit diesen Befunden zusammen, so k6nnen wir folgende Gosetze formulieren:

1. Nach statischer Haltearbeit mit abgebundenor Durchblutung ist die Erholungsgeschwindigkeit eino Funktion des Produktes aus Kraf t und Zeit und damit eine Funktion des Energieumsatzes.

2. Nach sta~ischer Haltearbeit mi~ unbeeinfluBter Durchblutung nimmt die Erholungsgeschwindigkeit bei konstantem Kraf~-Zei$-Prodt~kt mit abnehmender Kraf t zu.

3. Mit zunehmender Haltedauer nimmt die Erholungsgeschwindigkeit ab. Diese Abnahme ist um so geringer, je besser die relative Sauerstoff- versorgung des Muskels w/~hrend der Arbeit ist.

L i t e r a t u r v e r z e i e h n i s . i Mi~ller, E. A. : Arb.physiol . 8, 72 (1934). - - 2 Mi~ller, E. A.. 'Arb.physio] . 5,

605 (1932).