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DieBegriffe„Schuldverschreibung“und„Anleihe“werdenmeistsynonymverwendet,obwohlletztererdenOberbegriffdarstellt.StrenggenommenistdieAnleihedieGesamtemis-sionderausgegebenenSchuldverschreibungen.WährenddieAnleihegläubigerderEmittentineinenGeldbetragzurVerfügungstellen,verpflichtetsichdasUnternehmen–oftunabhängigvomUmsatz–zurZahlungeinesZinses.DieserZinswirdmeistzueinemfestvereinbartenZeitpunkteinmalimJahrandieInhaberderSchuldverschreibungenausge-zahlt.DieModalitätenderAnleihewerdenindensogenann-tenAnleihebedingungenfestgelegt.InderenAusgestaltungsinddieemittierendenGesellschaftenregelmäßigimgesetz-lichenRahmenfrei.SpätereänderungenderBedingungensindgrundsätzlichmöglich,bedürfenaberderZustimmungsowohlderEmittentinalsauchderAnleihegläubiger.
Gesetzliche GrundlageDasSchuldverschreibungsgesetz2009 (SchVG)bildetdiegesetzlicheGrundlagefürdienachdem05.08.2009emit-tiertenAnleihen.DasGesetzistgemäߧ1Abs.1SchVGauf„inhaltsgleicheSchuldverschreibungenausGesamtemissionen“anwendbar.FürzuvorbegebeneAnleihengiltgemäߧ24Abs.1,S.1SchVGdaszeitlichmitdemBürgerlichenGesetz-buchinKraftgetreteneSchuldverschreibungsgesetzvon1899.EineOptierungzumneuenSchuldverschreibungsgesetzistdenAnleihegläubigernjederzeit,auchnachEröffnungdesInsolvenzverfahrens,durcheineentsprechendeBeschluss-fassungmöglich.EineOptierungzumneuenSchuldverschrei-bungsrechtbietetsichregelmäßigan,dadasneueGesetzderEmittentinsowiedenAnleihegläubigernmehrGestaltungs-möglichkeitenzurVerfügungstellt,alsdasalteRecht.
Änderungen der AnleihebedingungenNachneuemRechtkönnenbeispielsweisedieRückzahlungs-modalitätengeändert,dieZinsenanpasstunddieKündigungs-rechteabgeändertoderbeschränktwerden(§5Abs.3,S.1SchVG).DieänderungsmöglichkeitderAnleihebedingungensetztvoraus,dassdiesedieAnpassungenauchzulassen.Derin§5Abs.3,S.1SchVGnichtabschließendgeregelteMaß-nahmenkatalogkannvonderEmittentinindenBedingungenebensobegrenzt,wieerweitertwerden.Oftenthaltendie
AnleihebedingungeneinenPassus,derdieAnwendbarkeitdesSchuldverschreibungsgesetzesfeststellt.EnthaltendieBedingungen einen dahingehenden Verweis, können siedurcheinenMehrheitsbeschlussgeändertwerden.Dasinso-weitderaktienrechtlichenHauptversammlungnachgebildeteGläubigerorganisationsrechtregeltdieweiterenVorausset-zungenfürdieseVersammlungen.AlternativhierzuverbleibtdieMöglichkeitmitjedemAnleihegläubigerdurchgleichlau-tendeVereinbarungendieBedingungenanzupassen.DieseMöglichkeitistwenigpraktikabel,dadieInhaberdieseroftbörsennotiertenPapierederEmittentinnichtbekanntsindunddieInhaberschaftsichjederzeitändernkann.
Bestellung eines gemeinsamen Vertreters außerhalb des InsolvenzverfahrensIstder2.AbschnittdesSchVG(§§5-22)anwendbar,ermög-lichtdiesderEmittentin,aberauchdenAnleihegläubigern,fürdieVertretungihrerInteresseneinensogenanntenge-meinsamenVertreterzubestimmen(§§7,8).Dieserrechts-geschäftlichbestellteVertreternimmtdieRechtederAnleihe-gläubigerwahr.DieEinsetzungeinessolchengemeinsamenVertretersbietetnichtnurdenGläubigernVorteile,sondernebensoderEmittentin.LetzteremusssichimFallederBe-stellungeinessolchenVertretersnurnochmiteinereinzigenPersonauseinandersetzenundmitdieserverhandeln. ImKrisenfall liegtdersichhierausergebendeVorteilaufderHand.IstdergemeinsameVertretermitausreichendenRech-tenausgestattet,könnendieAnleihebedingungengeändertwerden.DahingehendeAnpassungenkönnenerforderlichsein,umeinUnternehmenvorderInsolvenzundeinemoftdamiteinhergehendenAusfallderForderungenderAnleihe-gläubigerzuschützen.WurdedieAnleihenachdemSchVG2009emittiertoderaberzudiesemGesetzoptiert,kanneingemeinsamerVertreterauch imRahmendes„SchemeofArrangement“tätigwerden.
Bestellung des gemeinsamen Vertreters im InsolvenzverfahrenWird über das Vermögen der ausgebenden Gesellschaftdas Insolvenzverfahreneröffnet, istdas Insolvenzgerichtgemäߧ19Abs.2,S.2SchVGverpflichtet,eineGläubiger-
DieAnleiheinderKriseundInsolvenzZahlreiche (zunehmend auch mittelständische) Unternehmen begeben Anleihen. Mithilfe dieser – auch als Schuldverschreibungen bezeichneten – Finanzprodukte finanzieren die Emittenten ihre Vorhaben. Zu diesen Vorhaben kann der Ausbau eines Betriebsteils des Unternehmens ebenso zählen, wie die Ablösung von (Alt)Verbindlichkeiten. Gerät die ausgebende Gesellschaft in die Krise oder muss diese sogar einen Insolvenzantrag stellen, sind viele Beteiligte, insbesondere die Anleihegläubiger, ratlos. Der nachfolgende Beitrag gibt einen pointierten Überblick über das Gesetz und die in der Praxis typischerweise vorkommenden Fallkonstellationen.
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versammlungfürdieAnleihegläubigereinzuberufen.DieseAnleihegläubigerversammlungwirdausschließlich fürdieAnleihegläubigereinberufenundistvondenübrigeninsol-venzrechtlichenGläubigerversammlungen,wiebeispielsweisedemBerichtstermin,zuunterscheiden.IndieserVersamm-lungsollendieAnleihegläubigerdarüberabstimmen,obeingemeinsamerVertreterbestelltwerdensollundwerdieseFunktiongegebenenfallswahrnehmensoll.
Wurdeschon imRahmenderBegebungderAnleiheoderspätervorderEröffnungdes Insolvenzverfahrenseinge-meinsamerVertreterbestellt,bedarfesdieserEinberufungdurchdasInsolvenzgerichtnicht.
EinigensichdieAnleihegläubigeraufeinengemeinsamenVertreter,wirddieserregelmäßigmitderVertretungihrerInteressenimInsolvenzverfahrenbeauftragt.WährenddasalteRechtkeineausschließlicheAnmeldebefugnisdesbe-stelltenVertretersvorsah,sieht§19Abs.3SchVGvor,dassdieseBefugnisbeidemgewähltenVertreterliegt.Ansprüche,diesichnichtausderSchuldverschreibungselbstergeben,wiebeispielsweisedeliktischeAnsprüche infolgedesBe-treibenseines„Schneeballsystems“,könnennurvondenGläubigernselbstangemeldetwerden.DieTätigkeitdesge-meinsamenVertretersimInsolvenzverfahrenumfasstnichtnurdieAnmeldungderForderungen,sondernauchdieVer-tretungderAnleihegläubiger imBerichtstermin.AuchdiePrüfungunddasgegebenenfallsBestreitensonstigerzurInsolvenztabelleangemeldeterForderungengehörtzuseinenAufgaben.DerInsolvenzverwalterzahltdieInsolvenzquoteandengemeinsamenVertreteraus.DieserhatdafürSorgezutragen,dassdieeinzelnenAnleihegläubigerdenaufsieentfallendenAnteilerhalten.
Vergütung des gemeinsamen VertretersDiemitdergemeinsamenVertretunganfallendenKostensindgemäߧ7Abs.6SchVGgrundsätzlichvonderemittie-rendenGesellschaftzuzahlen.ZahlreichegemeinsameVer-treter,Insolvenzverwalter,KassenprüferundGläubigeraus-schussmitgliedergingeninderVergangenheitdavonaus,dassauchdererstimInsolvenzverfahrenbestelltegemein-sameVertreterausderMassebezahltwerdenmüsse.DiesejahrelanggeübtePraxishatderBGHdurchdasUrteilvom12.01.2017,Az.IXZR87/16fürunrechtmäßigerklärt.DiesstelltdieInsolvenzverwaltervorHaftungsfragen(vgl.hierzu:Stahlschmidt/Borowski in: ZInsO 2018,S.2445 ff.). Nurunterengen,nichtnähergenannten,VoraussetzungensolldanacheineVergütungsvereinbarungzwischendemInsol-venzverwalterunddemVertreterimEinzelfallzulässigsein.Auch die Vergütung des Vertreters durch die Anleihe-gläubigerbleibtmöglich.
BeschlussanfechtungenDievonderGläubigerversammlunggefasstenBeschlüssekönnengrundsätzlichmitderAnfechtungsklage,§20SchVG,angefochtenwerden.DiesesRechtsmittelistderaktienrecht-lichenAnfechtungsklagegegendieBeschlüssederHauptver-sammlungnachgebildetundverweistnichtnurauf§246AktG,sondernauchaufdasFreigabeverfahren.MitletzteremkanndieaufschiebendeWirkungderAnfechtungsklagekas-siertwerden,sodassderBeschluss–obschondasAnfech-tungsverfahrennichtbeendetist–umgesetztwerdenkann.
GegendieBeschlüssederGläubigerversammlung,dienochunterderGeltungdesSchVG1899gefasstwerden,istdieNichtigkeitsfeststellungsklagestatthaft.GegenBeschlüsse,welchedieAnleihegläubigerinderdurchdasInsolvenzge-richteinberufenenAnleihegläubigerversammlungnach§19Abs.2,S.2SchVGgefassthaben,sindwederdieAnfech-tungsklagenochdieNichtigkeitsfeststellungsklagestatthaft.Der BGH hat in seinem Urteil vom 12.01.2017, Az. IXZR87/16diesofortigeBeschwerdenach§78InsOanalogfürstatthafterachtet.DieKanzleiBuchalikBrömmekamp,wieauchRechtsanwaltSaschaBorowski,verfügenaufgrundregelmäßigerBestellungenzumgemeinsamenVertreterüberbesondereExpertiseimBereichdesSchVG.WirfreuenunsaufIhreKontaktaufnahme.
Sascha Borowski
RechtsanwaltFachanwaltfürBank-undKapitalmarktrechtBuchalikBrömmekampRechtsanwaltsgesellschaft
Schwerpunkte:Bank-undKapitalmarktrecht,Handels-undGesellschaftsrecht,Insolvenzrecht
Jochen Rechtmann
Rechtsanwalt,FachanwaltfürBank-undKapitalmarktrechtLeiterderNiederlassungFrankfurt/MainBuchalikBrömmekampRechtsanwaltsgesellschaft
Schwerpunkte:Bank-undKapitalmarktrecht,InsolvenzrechtundSanierung,Gesellschaftsrecht
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