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Zeitschrifk fb angewandte Chemie und Zentralblatt fur technische Chemie. XXIV. Jahrgang. Heft 14. 7. April 1911. Die chemische Industrie in den Oststaaten der nordamerikanischen Union. Eindriicke einer Studicnreise von Dr.-Ing. C. HASLINQER. (Eingeg. 1.13. 1911.) Ueni riesenhaften Aufschwunge der gesamten Teclinik in den Vereinigten Staaten von Xord- amerika entspricht eine iiberaus rasche Entwick- lung der auf chemischer Grundlage bcruhenden (;ewerbe. In nenigen Jahrzehnten sehen wir dort eine ,,chemische Industrie" erbliihen, die von Jahr zii Jahr an Umfang und Vielseitigkeit zunimmt,. Die Vereinigten Staaten von Sordamerika sind fiir das Gedeihen einer clieniischen Industrie von der Satur in besonderer Weise begiinstigt. rlusgedehnte Lager vorziiglicher Kolile finden sich an vielen Orten, bedeutende Mineralscliitze bergen zahlreiche Staaten; ebcnso unterstiitzen dan Vor- kommen von Erdol und Erdyas. ferner die reichlicli vorhandenen Wasserkrifte die Iht\vicklung einer jeden Industrie in hohrni Ma&. Dies gilt ganz Iiesondcrs \on den listlichen Staaten, die scliun durcli ilire Lage zwischen dehi Atlantischen Ozean und den RroUen Seen vor nllen andercn sehr bcvorzugt sind, denn Iiier firiden sich die hesten Kolileri in bedeutenden IAa#mi, RrdoI und Erdgas wild an virlcn Stellen erbohrt, untl auch iiii anderen Holistoffen ist kcin >!angel: es ist daher nicht winderbar. daU diese Stnaten der Hauptmittel- punkt der Gesnnitindustrie in Aincrilta Reworden sind, und hier sicli aucli die clieinischc Industrie angesicdelt liat. Ikr erste Stnat in dieser Beziehung ist Pennsylvania; es folpen Seu-York, Ohio, Seu- Jersey und die Staaten des niittleren Westens Illinois, Louisiana, Indiana. Satiirlicli hat auch die chemische Industrie in anderen Staaten. den siid- lichen sowolil nie den \vestlichen, festen FuD ge- faat; es liandelt sieli da allerdings nieist nur tun einzclne Betriebe (z. B. Diingemittelfabriken, Ol- raffinerien), w-elehe die an Ort und Stelle gefijrder- ten Rohstoffe verarbeiten. Die Gaben der giitigen Katur liat man in frtiheren Jahren in Amerika in geradezu unglaub- licher Weise vergeudet - das gilt jetzt noch von den allzu reicltlich vorhandenen Brennmaterialien -, im allgemeinen aber wird die heutige Zeit durcli daa Bestreben, den Verbraucli an Kohatoffen mog- lichst zu besclirinken und den Betrieb so rationell wie nur miiglich zu gestalten, gekennzeichnet. Ein siclierer Hlick in allen trchnischen Dingen und das wachsende Verstindnis der .4meriknner fur die volksa~irtschaftlicl~e Seitel) dieser unniitzen ~ 1) J. SOC. Chem. Ind. 1910, 851;. Ch. I9Il. Verschwendung haben hier, sehr Zuni Segen der In- iustrie, Wandel geschaffen. Die hohe Geschafts- ;iichtigkeit jenes Volkes verdient unsere volie An- ?rkennung. Wie konnte sich auch ein Staat in iurzer Zeit zu einem Industrieland von hijchster Bedeutung entwickeln, wenn nicht ein intelligentes, irbeitsanres und vorwartsstrebendes Volk an der GroDe des Vaterlandes unablassig mitarbeitete, wenn niclit. ein frischer Unternelrmungsgeist selb- Itindig Denkender immer wieder Xeues schaffte. Es darf allerdings nieht vergessen werden, daW lie Vercinigten Staaten die bliiliendc Industrir nicht nur den bedeutsamen Fiihigkeiten ihrer Bc- wohner verdanken, sondern, daD das Ausland - und in erster Linie Deutschland - an ihrer heu- tigen GroDe in liervorragender Weise mitgearbeitet hat. Die nieisten Methoden, nach denen die che- mischen Betriebe jenseits des Ozeans arbeiten. stamtnrn aus Kuropa, sind nacli den Vereinigten Staaten verpflanzt worden und habcn sich dort anderen Verhiltnissen bald angepabt : die U'issen- sehaft der alten \Velt durfte in Amerika new Triumphe feiern. Deutsche, englische, franzosische, vielfacli auch scli\vedische ( 'lirniilter und Ingenieurc sind noch lieute in vielen teclinisclien Betrieben in leitender Stellung; die bedeutendc Rolle, die deut- sche und andere auslindische Firmen bei dem Wett- bewerb in der chemisclien Industrie der Vereinigtcn Staaten spielen, ist allbekannt. Der groDe EinfluW des Auslandes nimtnt je- doch vun Jahr zu Jalir ab. Heute bildet sich Anieli- rika in seinen Hocliscliulen eine geniigende Anzalil von Cheinikern liernn, die auf Grund ihrer vortreff- lichen Ausbildung in theorct isclier und praktiscliei, Beziehung zii Iiohen 1,ristungcn befPliigt sind. DaD heute auch auf rein \vissenscliaftli~heni Ge- biete in drn Vereinigten Staaten ganz Hervor- ragendes geleistct wird, bezeugen die in den &it- schriften der verschiedenen wissenschaftlichen Ge- sellschaften veroffentlichten wertvollen Abhand- lungen. Wesentlich unterstutzt wurde die rasche Ent- wicklung der cliemischen Industrie durch die in den Vereinigten Staaten hochentwickelte Maschinen- technik. Die teure Menschenarbeit durch Maschi- nenkraft zu ersetzen, ist iiberall der leitende Ge- sichtspunkt. Diesem Streben verdankt die Indu- strie eine ausgedehnte Verbreitung sehr siclier ar- beitender Transport- und Entladevorrichtungen und eine groDe Zahl hochst sinnreicher Spezial- mascliinen; so erklart es sich, daD gerade diejenigen Gewerbe, die friiher fast ausschlieDlich auf Men- sehenarbeit angewiesen waren, wie z. B. die Glas- industrie, in dieser Beziehung ganz besondere Fort - scliritte geinacht haben. Ohne EisenbahnanscliluD ist eine Fabrik iii 78

Die chemische Industrie in den Oststaaten der nordamerikanischen Union

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Zeitschrifk fb angewandte Chemie und

Zentralblatt fur technische Chemie. XXIV. Jahrgang. Heft 14. 7. April 1911.

Die chemische Industrie in den Oststaaten

der nordamerikanischen Union. Eindriicke einer Studicnreise

von Dr.-Ing. C . HASLINQER. (Eingeg. 1.13. 1911.)

Ueni riesenhaften Aufschwunge der gesamten Teclinik in den Vereinigten Staaten von Xord- amerika entspricht eine iiberaus rasche Entwick- lung der auf chemischer Grundlage bcruhenden (;ewerbe. In nenigen Jahrzehnten sehen wir dort eine ,,chemische Industrie" erbliihen, die von Jahr zii Jahr an Umfang und Vielseitigkeit zunimmt,.

Die Vereinigten Staaten von Sordamerika sind fiir das Gedeihen einer clieniischen Industrie von der Sa tu r in besonderer Weise begiinstigt. rlusgedehnte Lager vorziiglicher Kolile finden sich an vielen Orten, bedeutende Mineralscliitze bergen zahlreiche Staaten; ebcnso unterstiitzen dan Vor- kommen von Erdol und Erdyas. ferner die reichlicli vorhandenen Wasserkrifte die Iht\vicklung einer jeden Industrie in hohrni Ma&.

Dies gilt ganz Iiesondcrs \on den listlichen Staaten, die scliun durcli ilire Lage zwischen dehi Atlantischen Ozean und den RroUen Seen vor nllen andercn sehr bcvorzugt sind, denn Iiier firiden sich die hesten Kolileri in bedeutenden IAa#mi, RrdoI und Erdgas wild an virlcn Stellen erbohrt, untl auch iiii anderen Holistoffen ist kcin >!angel: es ist daher nicht winderbar. daU diese Stnaten der Hauptmittel- punkt der Gesnnitindustrie in Aincrilta Reworden sind, und hier sicli aucli die clieinischc Industrie angesicdelt liat. I k r erste Stnat in dieser Beziehung ist Pennsylvania; es folpen Seu-York, Ohio, Seu- Jersey und die Staaten des niittleren Westens Illinois, Louisiana, Indiana. Satiirlicli hat auch die chemische Industrie in anderen Staaten. den siid- lichen sowolil nie den \vestlichen, festen FuD ge- faa t ; es liandelt sieli da allerdings nieist nur tun einzclne Betriebe (z. B. Diingemittelfabriken, Ol- raffinerien), w-elehe die an Ort und Stelle gefijrder- ten Rohstoffe verarbeiten.

Die Gaben der giitigen Katur liat man in frtiheren Jahren in Amerika in geradezu unglaub- licher Weise vergeudet - das gilt jetzt noch von den allzu reicltlich vorhandenen Brennmaterialien -, im allgemeinen aber wird die heutige Zeit durcli daa Bestreben, den Verbraucli an Kohatoffen mog- lichst zu besclirinken und den Betrieb so rationell wie nur miiglich zu gestalten, gekennzeichnet.

Ein siclierer Hlick in allen trchnischen Dingen und das wachsende Verstindnis der .4meriknner fur die volksa~irtschaftlicl~e Seitel) dieser unniitzen

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1) J. SOC. Chem. Ind. 1910, 851;. Ch. I 9 I l .

Verschwendung haben hier, sehr Zuni Segen der In- iustrie, Wandel geschaffen. Die hohe Geschafts- ;iichtigkeit jenes Volkes verdient unsere volie An- ?rkennung. Wie konnte sich auch ein Staat in iurzer Zeit zu einem Industrieland von hijchster Bedeutung entwickeln, wenn nicht ein intelligentes, irbeitsanres und vorwartsstrebendes Volk an der GroDe des Vaterlandes unablassig mitarbeitete, wenn niclit. ein frischer Unternelrmungsgeist selb- Itindig Denkender immer wieder Xeues schaffte.

Es darf allerdings nieht vergessen werden, daW lie Vercinigten Staaten die bliiliendc Industrir nicht nur den bedeutsamen Fiihigkeiten ihrer Bc- wohner verdanken, sondern, daD das Ausland - und in erster Linie Deutschland - an ihrer heu- tigen GroDe in liervorragender Weise mitgearbeitet hat. Die nieisten Methoden, nach denen die che- mischen Betriebe jenseits des Ozeans arbeiten. stamtnrn aus Kuropa, sind nacli den Vereinigten Staaten verpflanzt worden und habcn sich dort anderen Verhiltnissen bald angepabt : die U'issen- sehaft der alten \Velt durfte in Amerika n e w Triumphe feiern. Deutsche, englische, franzosische, vielfacli auch scli\vedische ( 'lirniilter und Ingenieurc sind noch lieute in vielen teclinisclien Betrieben in leitender Stellung; die bedeutendc Rolle, die deut- sche und andere auslindische Firmen bei dem Wett- bewerb in der chemisclien Industrie der Vereinigtcn Staaten spielen, ist allbekannt.

Der groDe EinfluW des Auslandes nimtnt je- doch vun Jahr zu Jalir ab. Heute bildet sich Anieli- rika in seinen Hocliscliulen eine geniigende Anzalil von Cheinikern liernn, die auf Grund ihrer vortreff- lichen Ausbildung in theorct isclier und praktiscliei, Beziehung zii Iiohen 1,ristungcn befPliigt sind. DaD heute auch auf rein \vissenscliaftli~heni Ge- biete in drn Vereinigten Staaten ganz Hervor- ragendes geleistct wird, bezeugen die in den &it- schriften der verschiedenen wissenschaftlichen Ge- sellschaften veroffentlichten wertvollen Abhand- lungen.

Wesentlich unterstutzt wurde die rasche Ent- wicklung der cliemischen Industrie durch die in den Vereinigten Staaten hochentwickelte Maschinen- technik. Die teure Menschenarbeit durch Maschi- nenkraft zu ersetzen, ist iiberall der leitende Ge- sichtspunkt. Diesem Streben verdankt die Indu- strie eine ausgedehnte Verbreitung sehr siclier ar- beitender Transport- und Entladevorrichtungen und eine groDe Zahl hochst sinnreicher Spezial- mascliinen; so erklart es sich, daD gerade diejenigen Gewerbe, die friiher fast ausschlieDlich auf Men- sehenarbeit angewiesen waren, wie z. B. die Glas- industrie, in dieser Beziehung ganz besondere Fort - scliritte geinacht haben.

Ohne EisenbahnanscliluD ist eine Fabrik iii

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den Vereinigten Staaten kaum denkbar. Die groDen Bahnlinien kommen der Industrie in jeder Weise entgegen. Durch ihren Handelskommissar crkunden sie die fiir die Anlago eines neuen Werkes geeignete Stelle und legen bereitwilligst ihre Gleise xu jeder Fabrik; sic erschlielen gewerblich wichtige, z. B. kohlenreiche Gegenden und unterstiitzen ein rasches Emporbluhen durch sehr niedrige Fracht- siitze. DaB diesc Weithemigkeit, - natiirlicli ist sie eine Folgeerscheinung der aul3erordentlich grol3en Konkurrcnz der Bahnlinien - mit den

.ohnehin recht delinbaren Gesetzcn der Vercinipten Stcurten nicht imnier im Einklange stelit., zeigen die aufsehenerregenden Verhandlungcn dcr letzten Jahre gegen die Standard Oil Company zur Ge- iiiige.

Die Regierung fordcrt die Interessen der ein- heimischen chemischen Industrie durch eine streng durchgefuhrte Scliutxzollpolitik.

Daa neuc arnerikadiache Zollgmetz vom 5.18. 1909 sieht bcltanntlich - 09 ist ja in den Tages- zeitungen und Pachzeitschriften nach allen Rich- tungen hin diskutiert worden - cinen Minimal. und einen Maximaltarif vor. Die Hohe des Zolles nach letzterem wird durch die Minimalsiitze unter Zurechnung yon 25% des Wertes-der Waren be- stinimt.

. Der Maximaltarif sol1 auf die G n d e r Anwen- dung findcn. welchc die Erzcugnksc der Vereinigtcn S t i t e n ,,in unangemessener Weise differentiell be- handeln" , der Mininialtarif dagcgen dcnjenigcn S h t e n zugnte kommen, die dcr Einfdir von Waren aus den Vereinigten Staaten dieaelben Ver- giinstigungen zugestelien, wie irgendeinem anderen Lande. Die Entschcidung dariiber, ob cineni Staate die Minimalsiitze zuzubilligcn sind, steht ausschliel3lich dcni I'risidenten der Vercinigten Staaten zu; die gewiihrte Vergiinstigung kann jeder- zeit durcli eine hoklamation aufgelioben werden.

Schon die Minimalsatze tragen durchaus den Charakter von Schut~zzollen; YO lastet z. B. auf iillen Farben, Farbstoffen, Beizen, Pigmenten cin Zoll von 30% des Wertes, auf medizinischen Pra- paraten, die ,,Alkohol entlialten, oder zu dcren Her- xtcllung Alkohol rcrwendct wurde", 55 ctcr. pro Pfund.

Koiiimt nun gar auf ein Land, weil es nach arnerikanischer Auffassung Erzeugnisse aus den Vercinigtten Staatcn ,,in iinangeniessener Wcise differentiell behandclt" hat., der Maximaltarif in Inwendung. so wird durch die hohen Zollsatze die Einfuhr von Waren dw betreffenden Staates in die h i o n einfach unnioglich gemacht. Da dw ncue Tarifgeset.z einc Heihc weiterer, die Einfulir er- schwercnder Bestinimungen cnthalt, ferner eine sehr willkurliclic Xiwlegung moglich macht, so ist die Erregung iiber daaselbe in den Handels- und lndustriekreisen des Auslandes allgernein gewesen.

Auch in Dcutscliland hat man sich, da die Vereinigten Staaten bekanntlich f i i r viele Artikel h e n wichtigen Abnchiner darstellen, vie1 init den einschneidenden hstimniungen des neuen Ta- rifes beschaftigt und die schwere Schiidigung, die dem deutachen HandeI bei ciner rigoroaen Aus- lcgiing des Geaetze. drohtc, sicher erkannt.

Dcn diplomatischen Vertretcrn der beiden Staaten gelang es jedoch, noch in letzter Stunde

ein Handelsabkommen zust.ande zu bringen. Dieses tragt jedoch zu sehr den Charahter eines Provi- soriums und diirfte, de es jederzeit von beiden Seiten gekiindigt werden kann, der Entwicklung eines regen Hendelsverkehrs zwischen den beiden Stationen nicht ubermiiBig gunstig sein.

Ebensowenig wie das amerikanisclie Tarif- g w t z - auch die Minimalsiitze sind noch, nie schon oben bemerkt, sehr hoch - in1 Auslandc Freunde gefunden hat, scheint man cs in den Vcr- einigten Staaten gunstig aufgenomiiien zu liaben. Die Ansichten iiber den Wert des ncuen Zolltarifs gehen selir auseinandcr. Es ist ja ohne weikres klar, daB der Verbraucher ein Interessc an durch dcn Zoll nicht vcrteuertem Ammoniumeulfat 7. B., Kreosotol oder Farbstoffen hat., alhrend der Pro- duzcnt naturgend3 seine Erzeugnime durch einen Zoll gwchiitzt gehen will. Unangemcssen hohe Zoll- satzc schdigen nun den cinen in cmpfindliclicr Weise und begiinstigen in bedenk!ichein MaRc den anderen.

Neucren Sacluichten zofolge ist eine baldigr giindliclie Revision des Tarifs beschlosscne Sadie.

Die Schutzzollpolitik der Vereinigten Stmten erscliwert die Konkurrenz des Auslandea init dem in dcr Union erzeugtcn Produkte aullerordentlich, ja macht sie in vielen Artikeln unmoglich; anderer- seits wirkt sie a d die heimisclic lndustric iin0erst. befruchtcnd.

.Die Wcgierung der Vereinigtcn Staatcn sorgt fcrner durcli ihre schr encrgische Vcrtretung .drr Handelsinteressen im Auslandc, einen schnell und zuverlassig arheitenden Xachrichtendienst fiir die Industrie und untcrstiitzt jeden Zwcig derselben durch Herausgah ttusf iihrlicher statistisclier Xacli- weise iiber Erzcugung und Vcrbrauch in wirkungs- vollster Weise.

Ich liabc hier die mciner Mcinung nach wich- tigsten Tatsachcn angefiihrt, welche daa Ckdcilicn einer cliemischen lndustrie in Anierika crmoglich- ten und cine so uberaus schnelle b!ntwickiung be- giinstigten; dell die clieniische Industrie der Ver- ainigten Staaten trotzdeni noch nicht auf der glri- then holien Stufe uie z. B. die unserige stelit, h i ~ f .

andererseits auch seine schwerwiegcnden Griinde. So herrscht heute noch in vielen cheinischm

Industrien in Amerika rohwtcr Empirisnius. Ein- Eachc Leute leiten vielfach chemischc Betriebe ohnc jedc wiusenschaftli~hc Vorbildung, nur auf Grnncl .lirer im L u f e der Zeiten gesammelten Erfalirung. 30 erklart sich .in manchen Industrien das ziilir F'esthalten an altcn, unrationellen Verfahren bis in iie neucste &it. In gar vielcn Fabriken halt niaii tuch licute noch in Amerika wcnig von der An- Rendung wissenschaftlicher Methoden. Eine Unter- iuchung der eingegangenen Hohstoffe unterliil3t nan als zu zeitranbcnd; Laboratoriuinsversuche, lie soglcich ja doch nichts abwcrfen, werden nicht, :rst angestellt. Eine Fabrik, die bci uns 10 Chc- niker beschaftigen wiirde, komint viclfacli in -4mc- bika nur mit zweien aus.

Andererseits gibt r8 allcrdings auch eine grollt. tnzahl von cliemischen Werkcn, die ihren h t r i e b iach streng wissenschaftlichen Grundsiitzen kiten. >all an Chemikern, die eine gute Auubildung ge- iossen haben, irn Gegensatz zu friiliercn Jahren. n Anierika kein Mange1 mehr ist, habe ich schon

Haslinger: Die ohem. Industde in den Oatatseten der nordam. Union. 627

oben erwahnt. In dieser Beziehung ist also die Zu- kunft sicher gestellt.

Wichtiger fur die kommende Zeit ist die Frage, ob die Amerikaner eine geschickte Liisung des Ar- beiterproblems finden werden. Heute mul3 die In- dustrie unter den Kampfen init der Arbeiterschaft, tlie auf beiden Seiten mit groUter Erbitterung ge- fiihrt werden, auUerordentlich Iciden. Hiiufige Streikc, die inanclie Betriebe in jedem .Jahre wochenlang stilllegen, 1)eeintriichtigen die Lei- stunpsfiihigkrit der d a m n betroffenen Inclustrien oft in enipfindlichrr \Veise.

Allerdings ist dir Lige der .\rbeiter in Anirrika trotz der auch in i Verliiiltnis zu tler trrcreiwi Le- 1)ensfiihrung holien Lijline - tlie ;lnspriiclie sind tlementsprechentl grsteigerte - eine niclit geracle glhzendr,.

In sozialpolitischer 13rzieh11n,c st elien Iirutca von nllen Iiulturnationen die Vereinigten Staaten an lrtzter Stelle. 1Ss gibt tlort keine ol)ligatorische Kranken-, Invaliden- oder Altrrsversic,lierung, und auch die Haftpflicht drr Arheitgeber bei Betriebs- unfallen ist durcli das Gesetz in vollkonimen un- genugendrr \Veise gercgclt. Dab die bcsondrrs in Irtzter Hinsiclit in Amerika Iierrsctiendrn Ver- l i d t nisse hoclist ungrsund sind, zeigt die Unfall- statistik niit crschreckender Deutlichkeit. Das Fell- len \-on grsetzliclien Bestiniinungen ubrr das .In- bringen von Siclierlieits\-orri~litungeii an ~lascliinen, tlie das 1,ebrn der Arbeiter gefiihrden kiinnten, fer- ner das iibertrirhenc Streben, den Betrieb nielir rind niehr zu verbilligen (auf Kosten anderer!) ver- ursaclit alljahrlicli den I7erlust ron vie1 Tausend Jlenschenleben. Icli habe nielirfach Anlagen ge- sehen, die in bezug auf <lie Sichrrheit der Arbeiter jrder Beschreibung spotteten.

Bei dein Besuch riner griioeren E'abrikanlaqe iin Stsiite Pennsylvanien auI3erte icli Bedcnken uber die vollkommen f'reiliegenden Zuleitungs- schienen fur den elektrischen Stroni. -Iuf nieine I'rage, 01) dadurch niclit L'nfiille veranlant ivrrden konntrn, ant ivortete der niirh fiilirrnde Ingenieur, dal3 sclion inanchex vorg~~koninien wiirr. ,,Sellen Sie", fuhr er fort, ,,I\ ir scliiitzeii Iiirr clas SIensrhen- Irben i 0 Dollar - - - -- i n l'ittshiirg - 50!"

Dir Anit~rikanrr Iialtrn aurli Iieutc nocli viel- fiicli tlic, aus ciner soziden Gesctzgrbring entsprin- .:enden \.rr1)fliclitungen fiir einrn Ballast, den die lndustrie unniitz init sicli schlrppen niulj. Ganz abgesehen davon, da13 in einem geortlnetrn Staats- Ivesen ein Srliutz tler Intcressrn aller 13iirprr - zu- nral drr wirtscliaftlicli Seliaiiclieren - angrstrel)t werden muO, wird tlocli aucli gerade clurc*li eine gcsundr Sozialpolitik tlic Lagr dcr Intlustrie ge- starlit, insofern sie nanilich das Intrre lien an ilirrr gunstigrn \Veiterent\\ickliuifi erhiilit iind den Alrbriter inelir an seine Arbeitsstiitte lessel t .

Ich zweifle niclit, daU sicli in sozialer Bezic- liung die Verhaltnisse in der Union in nicht allzu ferner 7 ~ i t zugunsten der Arbeiterschaft andern wrden. 1)arnuf deutrn Iwrrits dir in jiingster Zeit in mehreren Staatcn eingebracliten Gesetzentu iirfe Iiin. - - ~ ~

1k.i niciner Keise habe icli niicli m n z auf die ostlirlirn Staaten hrsclirinkt. Icli habe niich vor alleni I ~ : ~ n i i i I ~ t , c.inrn EinMck in die ~rriiitllegriwlen

chemischen Industrien zu gewinnen, andererseits aber auch solche beriicksichtigt, deren hohe Ent- wicklung in den Vereinigten Staaten bemerkens- wert ist (Erdol-, Wingernittelindustrie), oder die ob ihrer Eigenart ein besonderes Interesse verdienen (Glasindustrie, Keramik). Von einem Studium der elektrochemischen und der auf organisch-chemi- scher Grundlage beruhenden Industrien habe ich ini allgerneinen ganz abgesehen.

Als trefflicher Fuhrer stand mir bei ineiner Reise der sehr ausfuhrliche Bericht von 0 t t o S. \V i t t 2) uber die Weltausstellung in Chicago ZUI'

Vrrfiigung. Herr Geheimrat \V i t t vrrpflichtetv niich aucli personlicli durch liebenswiirdige Emp- felilungssclireiben und wrrtvolle Hatschliige zu groGtrm Danke. - - -

Bei der hohen Hedrut ring, \vclche die Yohle als wichtigster industrirller Brennstoff besitzt. er- scheint es nicht uberflussig, einen wenn auch nur fliichtigen Blick auf das \'orkoinmen dieses Mine- rals in der Union zu werfen.

Die Vereinigten Staaten waren i in Jalire 1909 mit einer Produktion vnn 40'2 981 6883) metrisrhen Tonnen das erstr Kohlenland dcr \Velt; es folgte dann Ihglantl mit 263 774 8T2 t4). Deutscliland nahm die dritte Stelle ein; liier wurden 1909: 217 322 270 t3 ) Kohlen gefiirdert.

\'irk Staaten der Union besitzen bedeuknde Kohlenlager; naturgenW3 xind die Qualitaten selir verschirden. Unstreitia werden im Staate Penn- sylvania die best en Kohlen abgebaut ; liier finden sicli ferner ausgrtlelintc Anthrazitlager, die sonst aucli in -4nierika zirnrlich selten sind. An Anthrazit wurtlrn i n i Jalire 1909 gefordertb).

Pennsylvania . . . , . . . . . . , . 77 009 336 Colorado . . . . . . . . . . . . . . 70 000 Seu-Jlexiko . . . . . . . . . . . . 20 000 Zusammen . . . . . . . . . . . . . 77 099 3%

Braunkohlen koninren in Sordanierika niclit in abbauwiirtligrn Lagern vor.

Die wichtigsten der Steinkohlen fiirdernrlrn Staaten3) sind in der folgendcn Tabelle aufgefiihrt:

Short tons

Short tons 1W

Pennsylvani:i . . , . . . . . . . . 130 159 582 Illinois . . . . . . . . . . . . . . 49 163 710 \Vest-Viigini:i . . . . . . . . . . . Y i 469 797 Ohio . . . . . . . . . . . . . . . 28 107 000 Indiana . , . . . . . . , . , . . . 12 200 OOU Alabanui , . . . . . . . . . . . . 11 983 920 ( ' o l o r d o , . . . . . , , . . . . , 10 66ti 4S!t Kentiicky . . . . , . . , . . . . . 0 !KJU UIN) \Vyoniing . . . , . , . . . . . . . X 1!17 200 Ioun . . . . , . . , , , . . . , . T 500 001) Tennessee . . . . , . . . . , . . . (i 234 !)22 Ziisamiiic~n niit nllen nndrrru Stitaten 360 U i t i 90.-)

2) Die Clie~nische Indnstrie a d der Koluni- bischen Weltausstellung zu Chicago und in den Vereinigten Staaten von Sordamerika in1 Jaliie 1893. Berlin 1894.

Seu- Tork 1910, S. $16 (1 nietr. t = 1,102 short t = 0.!)84

- -.

3) Inpalls, The Mineral Industry 1909.

long t). 4) lor. pit. S. 99. 5 ) khg. Nin. Journ. 1910. 148.

Auch in der Steinkohlenproduktion steht der Staat Pennsylvanien bei wcitenr an erster Stelle. Die hicr - und im angrenzenden West-Virginien - gewonnene Kohle eignet sirh vorzuglich zur Koks- bereitung; in'diewn Staaten habcn sich daher die -~

ligen Rohstofi bedurfen. Bei dem gewdtigen Umfange der Huttenindu

strie in den Vereinigtcn Staaten ist es ein wichtige techniscb- wirtachaftliches Problem, die von de Zeche gelieferte Kohle in niogliehst rationeller Weis1 auf guten Koks zu verarbeiten.

Diem R a g e ist heute in Amerika noch in rcch unvollkommener Weise geliist, denn dort erfreu sich der alte Bienenkorbofen (,,beehive oven") dessen Konstruktion cine Verwcrt.ung der fliich tigen Deatillationsprdukte nicht zulaBt,, der g r o B ten Beliebtheit. Folgt man den Hauptbahnlinier in den Talern von West-Virginien oder in den Staa ten Ohio und Pennsylvanien, PO sielit man iiberal lange Blocks qualmender Bienenkorbiifen, und de. dicke Rauch, der am jedem Seitentale hervor sohliigt, vermag faat den GcnuB an der schoncr Natur zu beeintriichtigen.

Die Glanzzciten des Bienenkorbofens sinc allerdings auch fur Amerika schon voriiber. Wah. rend 0 t. t o N. W i t t in seinem bereits oben zi. tierten Bericht uber die Weltausstellung in Chicagc noch nichts von den1 Vorhandensein einer Destilla. tionskokerei erwiihnt und erwahncn konnte - dei en te Otto-Hoffmannofcn wurde im Jahre 1894 ge. baut -, hat heute dieser Industriezweig auch tui die Vereinigten Staaten schon eine gewisse Bedew tung erlangt. Der ( h i n d fur diesc Erscheinung isi nun nicht darin zu suchen, daB ein Mangel ar Kohlen eine bessere Ausnutzung des von einer eng. herzigen Xatur Dargebotenen gebieterisch forderi - die Kohlenschat.ze scheinen unerschopflich -, sondern, weil man liingst eingesehen hat, daB der Koks der Nebenprodukt- dem der Bienenkorb- iifen nicht nachsteht, da13 sich vielmehr dic teuerere Anlage durch die Gewinnung der wertvollen Keben- produkte durchaus bezahlt nracht. Den Verlust an Energie, den die amerikanische Industrie infolge des jahrzehntelangen Betriebes der Rienenkorbofen erlitten hat.. beklagt F 1 o y d. W. P a r Y o n 6) in folgenden Worten:

,,If the power that has already been lost in the Connellsville region7) through the waste of the gaaes in the manufacture of coke could be made available a t the present time, it is fair to say that the factoriev of our country would not have to purchaae coal t o produce power for many years to conre. This great and inexcusable waste has been one of the most shocking things in our industrial history."

Mii, der Einfiihrung und Ausbreitung der De- stillationskokerei hat eine neue Epoche fur die clie- mische Industric Amerikas begonnen. DaB das in der Kokerei emeugtc Gas ein sehr brauchbares Se- b e n p d u k t , und daO Ammoniak fur die Landwirt- schaft und die Sodaindustrie von gro8em Nutzen ist - zwei Drittel der Gesamtprodiiktion an 8111-

moniaksalzen aird heute schon in Sebenprodukt-

6 ) Rothwell, Mineral Industry 1906, 165. 7 ) Hier nird an: meisten Koks erzeugt.

- -.

ofen erzeugt - ist einlcuchtend. Auch der Teer ist ja keineswegs wertlos; ea bleibt spiiteren Zeiten vor- behalten. aus ihm die Farbenpracht entstehen zu laesen, niit dcr das Genie und dic unermudliclic Arbeit hervorragender Forscher die Welt in der.

Einstweilen findet der Teer in Amerika vor allcm zu recht untergeordncten Zwecken, als was- serdichtcr Anstrich, als Eisenschutx, vielfach noch als Brennmaterial Verwendung. In rinigen Fabri- ken wird er durch einmalige Destillation in zwei Fraktionen zcrlegt: die flussigen Anteile dienen ziim Imprlignieren von Holz, der Ruckstand, das Pech. wird als Pflastermaterisl und zur Rrikett- fabrikation gebraucht.

Die I'roduktion an Ammoniumsulfat in den Vereinigten Staatcn ist im Vergleich mit der Eng- lands und Deutschlands eine nur geringe und vcr- mag den Bedarf im eigenen Lande nicht zu decken. Es wurdrn im Jahre 19098) 40 192 t (zu 2000 lbs.) Ammoniumsulfat gegeniiber 34 274 t in dcm vor- hergehenden Jahre eingefiihrt. Immerhin ist in der Ammoniakproduktion eine Zunahme von Jahr zu Jahr zu bemcrken. Es wurden eneugt in den Vei- einigten Staitten an Ammoniumdfat in tons zu 2000 1 bs. :

1898 ca. 17000 1904 54664 1899 ,, 19500 1905 65296 1900 27 600 1906 75000 1901 29279 19076) 99300 1902 36 124 1908 83 100 1903 41 873 1909 106500

Industrien aneesiedelt. aclche des Kokses als bil

Der Ruckgang in dcr lhdukt ion im Jahre 19089) wurde in erster Linie durch die schlechte Konjunktur, die zu einem EWlegen mancher An- lagen fuhrte, veranlaBt. Auch & mehr und mchr zunehmende Gewinnung von carburiertem Wasser- ~ & s und Olga23 zu Beleuchtungszwecken diirfte hier niit verantwortlich gelnacht werden konnen.

I n den Vcreinigten Staaten w d e n im Jahre 1909 35076 902 t"J) gegen 23 028 649 t Koks inr Jahre 1908 erzeugt. An enter Stelle steht wieder 3er Staat Pennsylvanien mit 23098483 t, es folgt West-Virginien rnit 3 125451 t, Alabama mit 2 521 000; in weitereni Abtande kommt dann UP lorado, Virginia usw.

Etwa 20% des geaamten K o b s wird in Sebenproduktofen erzeugt; 1893 betrug die Teil- iahme dcr letzteren an der Yroduktion nur 0,130/,, 1898 I,8%, 1903 7,4%.

Im Jahre 1908 gab es in der Union 40071') Scbenproduktijfen, von denen nur 3679 gegen 3811 m Jahre 1907 im Betrieh waren. 1909 hat sich iie Zahl der Ofen um etwa 50 vermehrt. Auch in icuester &it ist die weitere Anlage vewchiedener ;roRerer Kokereien mit Gewinnung der Kebenpry- lukte gcplant, so will z. B. ein bekanntea Stalil- s-erk noch in diesem Jahre 2000 Ofen bauen lausen. Jeutsche Pirmen sind an vielen derartigen Unter- iehmungen im hervorragenden MaBe beteiligt .

Von dcn im Jahre 1908 in der Union vorhande-

8 ) Min. Ind. 1909, 27. 9) Eng. Min. Journ. 1910, 182.

lo) Min. Ind. 1909, 97. 11) U. S. Geological Survey, Mineral Kcsourcer

-

908. Washington 1909. S. '241.

zweitrn Halfte des 19. Jahrhunderta bcschenkte.

nen 4007 Nebenproduktiifen waren 200212) United. Otto- bzw. Otto-Hoffmannofen, 1270 Semet-Solvay. ofen und die iibrigen Systeme (Rothberg, Newton. Chambers, Koppers).

Die ersten Otto-Hoffmannofen d e n 1892 fur die Cambria Steel Co. in Johnstown, Pa., ge- baut; weitere Anlagen desselben Systems folgten bald. Heute findet der aus dem Otto-Hoffmann- hervorgegangene United Ottoofen ungleich groUere Verwendung in den Vefeinigten Staaten. Er unter. scheidet sicli von ersterem vor allem durch die Art der Erhitzung. Er wird namlich durch acht ,,Bun- senbrenner", von denen zwei an jedem Ende, seehs dazwischen angeordnet sind, erhitzt, wahrend deI iiltere Otto-Hoffmannofen nur von den beiden Enden aus befeuert wwde. Diese neuere Konstruk- tion ermoglicht es, die E n g c der 6fen von 33 a d 43 PUB und damit die Charge um etwa 30% zu er- Iiohen, gleichzeitig a h r die Zeit der Verkokung Iier,zbzusetzen. Anch der United-Ottoofen besitzt i d s wichtigste Cliarakteristika Regeneratoren und vertikale Heizkanale; bei dern in Amerika vielfacli gebauten Semet-Solvayofen fehlen erstere vollstan- dig. die Heizgase streichen vielmehr stets in der- selben Riclitung - und zwar in horizontalen Kaniilen - uni die Verkokungskaniiner. Da die Abgase der Sernet-Solvayiifenl3) noch cine ziemlich Iiobe Teniperatur besitzen, dienen sie vielfach zum Helieizen von Dampfkesseln.

Dank den liebenswiirdigen Enipfehlungen des Herrn Dr. F. S c h n i e w i n d , dcr sicli als Vize- pihident der United Coke and Gas Co.14) urn die Einfuhrung und weitere Verbreitung der Destilla- tionskokerei in -4merika groSe Verctienste erworben hat, konnte ich drei Anlagen dieser Gesellschaft, die vornelimlich den United-Ottoofen baut, besich- t igen.

Uer Camden Cohi Co. zu Camden, S. J., die irli zuerst sah, kommt niehr die Bezeichnung ,,Gas- anstalt" als ,,Kokerei" zu, 'da sie vor allem ein rnoglichst gutes Leuchtgas zu erzeugen bestrebt ist, wahrend der Koks besonders im Hause* in be- schranktem Mane in GieDereien iind fiir den Hoch- ofenbetrieb Veruendung findet.

Die Fabrik verarbeitete ausschlielllich pcnnsyl- vanisclie Kohlcn. Dieso wurden zerkleiiiert, etwas angefeuchtet, dann aber niclit. \vie cs bei uns ineist iiblich ist, ini Ofen festgestaiiipft; da niimlicli die amerikanischen Kohlen an fliirlitigcn Bestand- tnilen iiriner als die unserigen sind, ist ein schwam- iniges Aufblasen derselhen bei der I.:rliitzung kauni zii befiircliten.

Zur Verkokung denten 100 Otto-Hoffinann- wid 50 neuere United-Ottoofen. , .Je 30 bildeten rinen Block und hatten zwei gcineinsaine Kegene- ratoren. Die Ofen wurden init Hilfe eines elektrisch betriebenen eisernen Vorratsbehalters, der auf Schienen iiber dem Blocke entlang lief, beschickt. llas HerawstODen des fertigen Kokses geschah ebenfalls durch Xaschinenkraft; er wnrde mit Was- ser abgeloscht

Das Werk stellte nach einem Vorschlage des

12) loc. cit. 244. 13) Min. Ind. 1906, 187. ' 4 ) Dem ausfiirhlichen Kataloge dieser Gesell-

scliaft sind vide Angaben hier entnommen worden.

Herrn Dr. S c h n i e w i n d (U. S. P. 627 696) zmi vemchiedene Sorten Gas-her. Bekanntlich wird bei der Destillation zuerst ein Gas erzeugt, das reicher an leuchtenden Kohlenwassemtoffen iet und einen hoheren calorimetrischen Effekt besitzt als daa gegen Ende des Prozmses gewonnene. In der An- lage zu Camden wurde daher das in den emten zehn Stunden fabrizierte reiche Gas (,,rich gas"), das eine Leuchtkraft von 22-14 Kerzen hat. gmondert von dem armen Gase (,,poor gas"), welches man in den nichsten 14 Stunden erhielt, und das nur etwa 8 Kerzen lieferte, aufgefangen. Jeder Ofen hatte daher zwei Gasableitungsrohre und infolge- dessen auch zwci fast gleichartige Kondensatiom- anlagen. Eine ,,Hydraulik" war hier nicht vor- handen. Das ivertvollere IRuclitgas wurde unter eineni kleinen Lberdruck erzeugt, wiihrend man daa ,,poor gas", welches ausschlieWlich zur Beheizung der Koksofen diente, schwacli ansaugte.

Die Hauptnienge des Teeres - aus einer Tonne Kohle wurden etwa 10-12 Gallonen16) ge- wonnen - setzte sic11 in einer gernauerten Grube ab. Die abdestillierenden ca. 180" heiUen Gase ge langten, naclidein sie durcli eine knmbinierte Luft Wasserkondensationsanlage abgekiililt waren, in den Teera ascher und in den Pelonze-Andouin-TeersL.liei- der; es folgten dann die Ammoniakwiischer, die in bekannter \\.'rise nach dein Gegenstroinprinzip konstruiert waren.

Das Amnioniak~vasser verarbeitete n im durch Destillation mit Kalk auf 16-18yoiges h n i o n i a k ; die Ausbeute betrug auf eine Tonne Kohle ca. 4 bis 5 Pfd. SH, (lOOyoig).

Das ,,reiche Gas", welches ausschlieUlicli zu Beleuchtungszwecken diente, wurde der Trockenrei- nigung unterworfen, das ,,arme"meist - auch zur Zeit meines Besoches - zu den Koksofen zuriick- geleitet. Es war jedoch eine Anlage vorhanden, uni aus letzterem die noch darin entlialtenen Benzol- kohlenwasserstoffe abzuscliciden. Zu dieseu Zweck wurdc dann das Gas nacheinander in drei vielleicht 25FuU hohe Turme geleitet, in denen ihniKreosotole, die Benzol und seine Homologen aufnehmen, iiber Holzgittern entgegenrieselten. Durch fraktionierte Destillation konnten die Renzolkohlenwasserstoffe von dem Kreosotole gctrennt werden. Die hierfiir vorhandene kleine Anlagc war noch nie iin Betriebe gewcsen, da die Fabrik das Benzol nur fur ihrc eigenen Zwecke - zur Carburierung des ,,reichen" Gases - gebrauchte, ucnn dieses infolge weniger guter Kohle oder eines fehlerhaft geleitrten lktriebes nicht die gewunsclite Leuchtkraft, h a B . Das Benzol brauchte man in diesem Falle niclit erst zu isoliercn; das anzureichernde Gas wurde vielniehr durch das noch inl Kreosotol gelijste R e n d car- buriert.

Die vers.cliiedenartige Reinigung der beiden Gasvorten wird durch folgende Tafel (Seite 630), die ich dem Katalog der United Coke arid Gas CO. entnommen habe, veranschaulicht.

Da.3 Leuchtpas wurde in bekmnter Weise in eisernen Kiisten von 20 FuD LLngc, ebensolcher Rreite und etwa 6 FuU Tiefc der Trockenreinigung unterworfen. Die Reinigungsinasse verkaufte man, wenn sich der Scliwefel his iiuf e tna No', an-

1 5 ) 1 gallon = 3,785 1.

630 Emlinger: Die ohem. Industris in den Oatstsaten der nordsm. Union. [8ng~~~dg~~mie. gereichert hatte, an chemische Fabriken, die sie auf schweflige Saurc verarbeiteten.

Zur Aufnahme des gereinigten Gases - tiig- lich wurden ct,wa 21i-3 Mill. KubikfuB erzeugt - dienten mehrere Teleskopgasbehalter, die zusammen 3% Mill. KubikfuD faaten.

Das ,,rich Gas", das ,,Lcuclitgas" wurde nur zum Tcil in Camden und der nkheren C'nigebung verbraucht; ein andcrcr Teil wurde unter cineni Druck von 10 lbs. pro Zoll nach Trenton, Jersey City, New Brunswiok, ferner dem 83 engl. Meilen entfernten Plainfield gepurnpt und diente ziir Rc- Icuchtung dieser Ortr. Die Fabrik in Camden he- saB fiir et.waigc Hetriebsstorungen eine Hilfsanlagc zur Er7~ugung von carburiertem Wasserpas; auch die genannten Xtlidte hatten fiir dle Falle derartige Einrichtungen. - -

Ilollgas

I I i%enzoldampf 1

.\inmon iakkessel + I S;;ttur:ttor

I

Staaten her und ist auch heuta noch eines der grollten dieser Art in Amerika; es beschaftigt et,wa 1100 Arbeiter.

Zur Verkokung dienten dort 400 Otto-Hoff- niannofen, die in 8 Blocks zu je 50 angeordnet waren. Die ganze Anlage unterschied sich i iuhr- lich kaum von den schon skizzierton. Die Dcst,ilb- tion daucrtc hier jedoch ini Gegensatz zu den and(.- rcn Pabriken 30 St.unden; in den ersten 14 wurde das Ik,leuohtungHzwccken dicnende ,,rich gas'' untl in den nachsten 16 Stunden das ,,poor gag" g c - wonnen.

. Uber die hier erzicltc Ausbeute an Gae., iibrr dessen chemischc Zusarnniensctzung und physikn- lische Eigcnschaften gibt die folgendc Tabellc Auf- SClllUBl~).

Fine Tonne trockcner Kohle liefcrt: cbf % B. T.IT.17

1,euchtgn.s . . , . 4 448 44,5 3 170 940 Heizpas . . . . . 5 560 55.5 2 884000

-. - 16008- i00,o (i 054 940

Chemisehe Zusaminensctzung des Gaga. .rich gas" .poor gas'

% % CxHy . . . . . . . . . . . 5,0 2,5 CH4 . . . . . . . . . . . . 37,4 29,2 H . . . . . . . . . . . . . P4,3 51,e CO . . . . . . . . . . . . 6,2 5,o co, . . . . . . . . . . . . 2,s 2,0 0 . . . . . . . . . . . . . . 0,l 0,3 . x . . . . . . . . . . . . . 1,l 971 Heiewert in Ca.1. . . . . . . 6300 4580 LeuchtkraftinKerzcn, COP-halt. 16,s 8,O

- < _ _ I Ikuchtkraft in Kerzen, C0,-frei 1 8 3 9,s . -

I Y Y 'i Y

Leuchtgas Teer A i i I i i i oil i 11 n i HLI lfat hleizgas

' Ganz ahnlich wie die Anlape in Camden, jcdoch ctwas groOer, war das Koksiverk dcr Maryfand Strc.1 Co. in Sparrow's Point bci Baltimore.

Zur Verkokung dienten hier 200 United-Ottoofen, tleren je 50 einen Block bildekn; jeder einzelne Ofen hattc einc Lange von 43 F u B und faDte etwa 9 t Kohlen. Der fertige Koks wurde mit Naschinen- kraft herausgestoaen; er fie1 in cinen Wagen und wvurdc soglcich zu den Hochofen dcr Maryland Siteel Co. gcfahren. Auch in dicser Anlage crzeugtc man zwei Sorten Gas: das sog. ,,armc" dicnte wieder zur l3ehcizung dcr Koksofen, das ,,reiche" zur Bcleuchtung der 1 1 Meilen entfernten Balti- mores. Die Maryland She1 Co. schied aus dem Gase nur Ammoniak und Teer ab; die Trockenreinigung besorgte die Consolidated Gas Company of Ralti- inore. Henzol konnte bei dicser Anlagc aus dein ,,armen" Gase iiberhaupt nicht abgescliieden wer- den, sondern das nur von Ammoniak und Teer be- freite Gas wnrde unter den Koksofen verbrannt. Die Ammoniakwliuser verarbeitete nian auf Sulfat. I n 24 Stunden erzcugte die Maryland Steel a. 12 bis 1.5 t Ammoniumsulfat und etwa 4 Mill. KubikfuB Gas. Die Ausbcute an Teer betrug ungefahr 406 der angewandten Kohlc.

In Kverett. bri Boston sah ich die Anlagen dcr

I)as von Aninioniak und Teer befrcite Gas wurdo an die Consolidated Gaslight Co. in Roston, die es der Trockcnreinigung unterwarf, abgegeben. Die schlieDlich ctwa .50% Schwcfcl entlieltendc Rcinigungsniasse wurde dort - zur Zeit ineines Be- suches wenigstcns - verwarfen, da sie eincn Kaufcr nicht fand.

T h Atntnoniakwiisser, wclche etwa. l,5% N H 3 entliieltm, vcrarbeikte man auf Aninioniumsulfat ; in 24 Stunden wurden 14 t.Sulfat mit einem garan- tiertrn Gehalt von %?/, NH3 erzeugt,.

Verkokt wurden in diesem Zeitrauin 1500 t Kohle; 300 ofen warcn steb in1 Betriebe. Die Aus- beute an Koks betrug pro Tag 1200 t, an Gas li bis 7 Mill. KubikfuO. Pro ,Tonne Kohle gewann Inan 23 lbs. Ainmoniumsulfat und 10--1 I Gall. Teeu.

Auch dieses Wcrk b e s d fur unvorhorgesehene Fiille eine Wassergasanlage, die jedoch in dcn lctz- ten Jaliren nicht im Betriebe gewttscn war. --

l k i der groOon kdeutung, welche der Koks- beucitung ohne Gewinnung der Nebenprodukte in dcn sog. Bicnenkorbofen (,,beehive-ovens") heute noch in hmerika zukomint, habc ich es nicht ver- saumt, niir ein dcrartigcs Werk - in seiner Art sicher cines der vollkommenaten - anzusehen. Wahrend niimlich im allgenieinen die unvollstiindig vcrbrann- ten h'cbenprodukte ausdcr EinfiillijffnungderBienen- . korbiifen hervomchhgen, mit dickem Qualni die Uni- gebung verpestend, war bei der von mir besuchten . - ~

S e w 1:'nglancl G a s and Coke Co. Dieses- Werk 1 stelltv als rrstcs Steinkohlenpa3 in den Vereinipten

16) F i s c h e r s Rerielit 1902, 1, 40. 17) 1 13. T. U. = 0,252 Warmeeinheiten.

Adage von einer Beliistigung durch Rauch nichta zu bemerken, da die Nebenprodukte infolge der be- sonderen Konstruktion der ofen wenigstens voll- koinrnen verbrannt wurden.

Das betreffende Werk verarbeitete eine Kohle, die ihni aus eigenen stromaufwarts liegenden Gru- Iten per Schiff zuging. Mit einem baggerahnlichen, c.lektriscli betriebenen Aufzug wurde die Kohle aus dcn fltlclien Kahnen ,,geschopft", fie1 auf ein etwa 1700 Fun langes, vielieiclit 4 FuB breiten Rand ohm bhde und gelangte dann in denscliiffsru~iipfalinliclien \.orratsbehjilter, der senkrecht zu den Ofenblocks dand. Die Kohle wurde dann in Lowries abgezogen r i n d niit Hilfe dieser die ofen von obenher beschickt.

Die ganze Anlagc bestand aus e twa 2000 Ofen. . l c .50 nnd 50, von 1% FuU Durchinesser und 7 FuB Hijhe waren so ancinander gehaut, daB zwischen tlrn I)eitlen Ofcnrcihen noch ein vielleirht 6 FuB lioher und 5 Full breiter Kana1 Platz fand; in tlieseni vcreinigten sirh die Destillationsprodukte s;iiutlicher Ofen, durch eincn 175 FuU hohen Schorn- 5tein angcsaugt, und verbrannten hier vollkommen &ne jede Rauchentwieklung. Das Werk besaB 15 cier oben bescliriebenen Blocks \-on 100 ofen, die iilirigen verteilten sicli auf kleinere Blocks.

Zalilreiche ofen stellten Versuchskonstruktio- nvii dar. Kurzlich hiitte man hier auch cinige 36 FuD Iangc und 5 FuO brrite Muffelofen gebaut; diese er- iniiern in ihrer Form schon sehr an die inodernen I )cstillationsofen, nur daB die Nebenprodukte hier i n i m i ~ r noch vcrloren gehen. Hei diesen Ofen wurde c l w frrtige Koks clurch blaschinenkraft herausge- stofit-11. \~-irs bci c h i 13ieiienkorbijfrn niclit nioglich ist; da. lwdeiitc~t .- zunial bei drn anierikanischen \rerhiilt nissrn - - schon eincn \vestant liclirm Fort- schritt. .Ja, niir schien tlas Heraushringen dcs aller- clings hcroits abgeliischten Iiokses iius deni t<ierien- korbofen recht schwierig zu sein, da die dafur vor- g i4 t cne (iffnung ziemlich klein (41 x 32 Zoll) war.

Die Verkokunp in den Bienenkorliofen daucrte ('twa 18 Stunden. Es war stets die eine Halite der ofen ini Iktriebe, wahrend die anderc entweder iilikiihlte oder ncu beschickt irurde. Pro Tag ver- ;u.!,eitete man etwa 5000 t Kohle; jeder Ofen lieferte i i lrs % 5 I i t etwa 31.: t Koks.

I k r in den Bienenkorbofen pcwonncne Koks i.1 iin allgenieinen von hervorragender Rescliaffen- Iivit: auch das in diesem IVerke erzeugte Produkt war sehr fest und dicht, hatte einen hellen Klang iind zeipte einen xchonen, silbergrauen Luster.

Wrnn auch der Bienenkorbofenkoks fur mrtal- Iiirgische Zwecke einen bedeutenden Wert hesitzt, so ist andererseits durch die Erfahrung langst bewiescn, ( l a U der Koks der Sebenproduktofen tlurchaus drn glvichen %neck erfiillt: wie ware wohl sonst dic glinzende ISntwicklung tlcr drritsclien IGsenindu- sti.ic inoglich pewesen ?

Die gewaltigen Verluste an Jlaterin und Energic i n den Bienenkorbofen niiisscn daher vom volkswirt- s;c.liaftlichen Standpiinlctc iius sehr bedauert werden.

100 t guter ainerikantscher Kohle liefern nach tlrn -4ngaben der United Coke and Gas Co.:

inn Bieneiikorliofeii im Nebenproduktoft-n A5 t Koks 75 t Koks

1000 gall. Teer 9 300 Ibs. Ammoniumsulfat

450 000 cbf Leuchtgas

Ganz abgesehen von der Gewinnung wertvoller Destillationtjprodukte ist bei den Nebenproduktofen auch die Koksausbeute besser als bei den Bienen- korbofen; enthiilt die verwandte Kohle nur wenig fliichtige Restandteile, so daB ein Teil des fixen Kohlenstoffes zur Erhaltung der fur die Verkokung erforderlichen WLrnle notig ist, so fallt sie in den Nebenproduktofen iinmer noch gunstiger aus. - -

In, AnschluB an die Kokerei SOU die Lage dei. Leuehtgasindustrie in den Vereinigten Staaten kurz geschildert werden; nuch ihr haben die Ver- haltniase cin eigenes Gepriige aufgedruckt.

IViihrend wir in Deutsehland zu Beleuehtungs- zwecken fasl ausschlicWlich Steinkohlengas her- stellen, und die dabei gewonnenen Nebenproduktr ebcnso wie die der Destillationskokerei wichtige Rohstoffe fur die clieniische Industrie geworden sind, spielt die Gaserzeugung in den Vereinigten Staaten als ,,Industriel kaum eine Rolle. Auch dort giht es zwar einige ,,Gasanstalten" in unserem Sinne; in den meisten Stadten wird jedoch heutc carburiertcs Wassergas gebrannt. Denn da sirh dicx an fliichtipen Bestandteilen verhdtnismiiBig armen amerikanischen Kohlen zur Gasfabrikation nur wenig eignen, andererseits die Oststaaten bedeu- tende Lagrr hochwertiger Antlirazite besit Zen, und auch das Angebot in Carburiermitteln (Erddruck- stiinden usw.) recht bedeutend ist, so liegt kein Grund ror, zur Steinkohlengaserzeugung iiberzu- gehen..

Uns crscheint es zwar unverstandlich, (la13 dic Amerikaner das infolge seines hohen Gehaltes an Kohlenoxyd sehr giftige Wassergas in ihren Woh- nungen dulclen; es durfte jedoch bekannt sein, daU die iiffcntliche Gesundheitspflege in den Vereinig- ten Staaten auf keiner sehr hohen Stufe steht. Die Gefahrlichkeit des Wassergases wird durch fol- pende Vergleichsanalysen, die ich den1 Kataloge der United Coke and Gas Co. entnonimen habe, ver- ansch;iiilicht:

Chrbtir. Retorten. Sebeiipro- \V;rssergas gas .duktofengns

% % % C,H, . . . . . 11,X 3,83 5.8 CH., . . . . . . 20,48 :35,90 10,8 H . . . . . . . 29,351 48,40 37,6 co . . . . . . 33,19 O , A l 5,li COP . . . . . . 0.17 0,12 :1,7

s . . . . . . . 5,17 5,05 ti, I

KubikfuB . . 719 AGY 730

0 . . . , . . . 0,XL o,cm 094

n. T. u. pro

1 . 1 ,IC itstarke. . " . . 20,7 15.5 17.5

I k r physiologischen Scliiidlichkcit des Wasser- gascs stehen RIS gute Eipenschuften die ausgezeich- nete Leuchtkraft und ein hoher calorinietrischer Wert gegeniiber; die verhiiltnisinaliig geringen Kosten einer Wassergasfnbrik diirften auch oft fur den Rau einer solchen von entsclieidender Hedeu- tung sein.

Dem Wasserpase ist ein nicht xu uiiterschatzen- der Konkurrent ini olgase in den letzten Jahrcn erstanden. Das reichliche Vorkornnien von ICrdol in der I:nion begiinstigt pine \witere Ausbreitung der olgasindust,rie in hohcni IlaDe. Xaturgemafi wird die letztere vornehnilich in den Staaten festen Full fassen, die arm an Kohlen sind, dagegen vie1

s~lmf -1s id rn Erdol produzieren. Eine besoders gliinzende Ent- wioklung hat die 6lgaeindustrie in Californien auf- xuweisen; im Jahre 1699 stellten in diesem S h t e nur zwei Fabriken Olga her, 1909 dagegen 5618).

die folgenden Analysenlo) AufschluB:

CxH, . . . . . . . . . . . . . . 54,2 45,4

ttber die Zusammensetzung des 8lgases geben

% %

CH4. . . . . . . . . . . . . . . 32,8 43,6 H . . . . . . . . . . . . . . . . . 9,8 5,O co . . . . . . . . . . . . . . . 0,3 1,2 (;o, . . . . . . . . . . . . . . . 0,o 0,o 0 . . 0,4 0,4

494 s 2,5

Das 8lgaa ist infolge seines ganx unbedeutenden Ge- haltea an Kolilenoxyd den1 Waasergaa in hygieni-

Der Industrie dcs Steinkohlengases kann in den Vereinigt.cn Staaten eine Zukunft nicht ge- weissagt werden, denn die Konkurrenz des Wasser-, des 81- und Nat.urgaaes, ferncr die dea elektrischen Lichtes ist xu grol3 und in den bestehenden Vcr- hiiltnissen zu fest begriindet, als daB da leicht eine Verschiebung eintreten konnte. - -

Kein anderes Land der Krdc ist - neben der Kohle - mit einem zweiten Rohstoffe, de+ dieser in seiner technischen Nutzbarkeit vielfacli nahe steht, in so reicher 31enge bedadt worden, wie die Noidamerikanische Union; Ich mcine das Erd(l. Es ist allbekannt, daB deasen Vorkommen ah vielen Stellen der Vereinigtcn Stmten eino Industrie ins Leben gerufen hat, die den Erdijlhandel der ganzen Welt in entacheidender Weise beeinflullt.

In der Erdolindustric von Nordamerika haben sich in den letzten Jahren recht bedeutaame Ver- iinderungen vollzogen. Wahrend noch vor 20 Jah- ren in den olgebicten dcr Ost.staaten, dem sog. ,,appalachischen Olfeld" mehr als die Hiilfte der Gesamtproduktion an Rohol -gewonnen wurde, spielen heute andere Fclder eine wesentlich grijdere Rolle. 'Folgendder ErschlieDung neuer ergiebigerer Quellen ist die ErdBlindustrie in den letzten Jahren

. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

' scher Beziehung wcit iiberlegen.

mehr hnd mehr nach dem Westen abgewandert. In der Roholerzeugung steht hcute Californien an crater Stelle. Die Teilnahme der fiinf iibrigen Hauptijldistrikte und einiger noch sonst in Frage kommender Staaten an der Produktion zeigt die folgende Tabelle20):

Barrels zu 42 Galloneri 61fel der (1 Gall. =: 169 I )

1908 19(M Californien . . . . . 45 OOO 000 58 250 300 Mid-continental . . . 50 741 678 46 826 196 Illinois. . . . . . . 33 685 106 30 OOO OOO .4ppalachische . . ~ 24 240 000 25 394 200 Golf. . . . . . . . 18041 594 12476000 . Lima . . . . . . . 7 287 O00 6 192000 Kentucky-Tenessec . 1 250 OOo 1 250 OOO Colorado. . . . . . 411 836 500 Andere E'elder . . . 16 OOO 20 000 '

zusammen . . . -1 . 180 673341 180 90c696 -.

Dw nur geringe Anwachsen der Roholgewin- nung im Jahre 1909 gegeniiber 1906 erkliirt sich .' 18) Diese Z. R3, 1024 (1910).

18) J. SOC. Chem. lnd. 1910, 19G. 20) Min. Ind. 1909, 552.

._.

-

Q-W demmim. m d a n g e w a n d t c Zeitschrift CI>eniie. filr

durch eine tfberproddtion im letzbren Jahre; im allgemeinen nimmt die Erdijlproduktion mit j d e m Jahre weit r b h e r zu, wie es die folgende Tebelle veranschaulichV0):

RohBlproduktion in Barrels 1903. . . . . . . . . . . . . . . . 98832956 1 9 0 4 . . . . . . . . . . . . . . . 118396335 1905 . . . . . . . . . . . . . . . 139889210 1906 . . . . . . . . . . . . . . . 131771505 1 9 0 7 . . . . . . . . . . . . . . . 164347930 1908 . . . . . . . . . . . . . . . 180673241 1909 180908 696

Die Olfelder dcr Ostkaaten, die jahrelang an der Versorgung der ganxen Welt niit Erdol in her- vorragender Weise beeiligt waren, sind heute ziem- lich erschopft.. Unter der lkzeichnung ,,Appala- chian Oil Fields" faBt nian nach ihrem geologischen Zusammenhange die 6lfclder von l'ennsylvanien,

! Weut-Xeu-York, Siidost-Ohio und West -Vir@nien msammen.

Der Hiickgang in der Produktion dieser 01- distriktc muB im Interesse der amerikanischen Erd- olindustrie sehr bedrtuert. werden, denn sie lieferten gerade die Ole, aus denen grab Mengen Naphtha, huchto l und Paraffin gewonnen werden konnten, wiihrend man aus den Olen der anderen Felder bei der Destillation nar wesenllich geringere Mcngen an dieaen wertvollsten Produkten erhalt. Ein Bild von diesen Verhiiltnissen gibt die folgende Zusani- menstellungzl):

. . . . . . . . . . . . . . .

6 1 f e 1 d e r. ~ ~ -

, a cJ ~ ,z I z i ' .z

,= . 'c a , g : 2 : 2 I e ."$I 3 I 2 3 I g % . %.L-Z .... ;%"/ w, I %

Naphtha, Gaso- i i ca, !

Leuchtiil . . . 67 . 43 I 41 1 15 18

~ ~ ~ ~ ~ o l . . . . . 14, 1125

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1111 ~ S W . . . . . 12 11,s 31 I 11 ~ 3 6

Schmieriil . . . ' 12,s ' 1s ' 0 i 6 : 1,5 Gasel . . . . . i i: ii

. . . . . , 0 0 ' 0

Die Ollager des Staatcs Pennsylvanien, die zu- erst ausgebeutet wurden und lange Jahre die er- tragreichsten blieben, scheinen heute ganz erschopft: die alten Bohrlkher liefern nur noch wenig 61.

delt (,,gusher type"), findet man sehr selten. Infolge

e h sehr geringer. 13s gibt nur wenige Londstriche,

stigsten von dem appalachischen olgebiete liegen heute noch die Verhalt.nisse in West-Virginien, ja die Erbohrung einiger ergiebiger Quellen in diesem Staate hat sogar zu einer Steigerung der Roholpro- duktion des appalachisehen Feldes im Jrthre 1909 gegeniiber dem Vorjahre gefuhrt.

Recht .ungunstig steht es heute ferner n i t deni friiher zweitwichtigsten (jldistrikte, dem ,,fima- felde"; dieses umfaBt den no4westlichen Teil von

21) Eng. Min. Journ. 1909,'297; 191U. 92lff.

Rrunnen, aus denen das 61 von selbst hervorapru-

der vielen Millerfolge ist der Untcrnehniungsgeist

indencniiberhaupt nacholgebohrt wird. Anigiin-

Ohio und den ostlichen des Staates Indiana: such in diesen Landstrichen geht die Olproduktion von Jahr zu Jahr zuriick. Die im Limafelde erbohrten Ole sind nicht. so wertvoll wie die des appalachischen Gebietes, da sie weniger Leuchtole, mehr Schwerole enthalten und vor allen Dingen infolge organischer Schwefelverbindungen einen hochst unangcnehmen Geruch besitzen, der auf chemisehem Wege ent- fernt werden muI3. Dieses Problem ist heute aller- dings langst gelost. Ani verbreitetvten ist die Rei- nigungsmethode von H. F r a s c h , der das stin- kende Erdol ini flussigen oder dampffijrmigen Zu- stande niit fein verteiltcni Kupferoxyd in Heriih- rung bringt.

Etwau Schwefel enthalten aucli die in1 ,,Illinois- fcldc" erbohrten Ole. Auch dort ist im letzten Jahre die l'roduktion zuriickgegangen; es liegt dies je- doch22) nicht an einer Erschijpfung dcr Ollager, son- d e n an der iibertriebenen Bohrtatigkeit im vorher- gehendcn Jahre und den dadurch bedingten niedripen Roholpreisen. Diesem Felde kommt fur den ameri- kanischen Erdolhandel heute noch eine sehr groOe Bedeutunp zu: in der Produktion steht cs an dritter Stelle.

Infolge ungunstiger wirtsrhaftlicher Verhalt- niwe hat sich ferner im ,,Mid-continental-field", das Siiclnst-Kansas, Oklahoma und den nordlichen Teil von Texas umfafit, die Erdclgewinnung im Jahre 1909 etxas rerringert. Die bllager dieses Gebietes, dic erst seit kurzer Zeit ausgebeutet worden, sind ncdi langst nicht erschiipft, im Gcgenteil erwartet niiin von ilinen noch reichc Ertrage fur viele Jahre. 189623) wurden irn Mid-continental-field nur 115 141 barr., zehn Jahre 8patcr 9.2 836 553 barr. und im Jahrc: 1908 gar 50 711 678 bnrr. Rohiil geironnen. h'irch Schiitzungen von nial3gebender Sei te24) sollen erst 1% der in diesem Ccbietc vorliantlcnrn Ol- (urit l Gas-)vorrate ausgebeutet worden win.

Die I'roduktion des ,,Gulf Coast Oilficltl" - es utiifal3t Texas und Louisiana - ist glcichfalls iui Jx1it.r I909 zuruckgegangcn26). Hier liegcn die LTr- sachcn tiefer: die Vorriitc. sind i m wcscntliclicn er- scliiipft. I ~ L S Angebot konnte in1 letzten .Juhre die Nnrlifrage nicht niehr bcfriedigen.

Einzclne Rctlide tles (hlffeldrs26) cmtlialten gcvinge JZengen Schwcfcl; da dieser mcist als Schwe- felwasserstoff iin Ole enthalten ist, IiiilJt er sich leicht durch Abblasen mit Wasserdanipf entfcrnen. Das au i den Golfiilen gewonnene (hsolin sol1 sich durch ein besonderu grofies Liisrvernlogen fur Harze usw. vor anderm derartigen l'roduktcn auszeiclincn.

Bei weitem die crste Rolle in dcr Erdolincl::. strie der Vereinigten Staaten spielen heutts die OI- frlder in Californicn. Dic profiten Hoffnungen, die miin auf ilire Ergiebipkcit setzte, sind noch iibc-r- troffen worden. Ein Bild von den1 schnellen An- waclisen der Prnduktion in Californien gibt die fol- gende Tabelle27); es wurdcn gewonnen in Rarrzls:

1902. . . . . . . . . . . . . . . . 13984268 1903. . . . . . . . . . . . . . . . 24337828

. .- ..

2 2 ) Eng. Min. Journ. 1910, 133. 23) Mineral Resources 1908, 385. 24) Eng. Min. Journ. 1910, 922. 26) Eng. Min. Journ. 1910. 129, 130 26) @ng. Min. Journ. 1910. 923. 57) Mineral Resources 1908, 409.

1904. . . . . . . . . . . . . . . . 28476025 1905. . . . . . . . . . . . . . . . 35671000 1906. . . . . . . . . . . . . . . . 30638ooO 1905. . . . . . . . . . . . . . . . 40085ooO 1908. . . . . . . . . . . . . . . . 45000001) 1909. . . . . . . . . . . . . . . . 58 250 400

I n sieben Jahren hat sich also die Produktion mehr als vervierfacht. Etwa ein Drittel des in den Vereinigten Staaten gewonnenen Roholes entfillt, auf Californien.

Dort werdcn vielfach Brunnen crbohrt, a u s denen daa 0 1 von selbst hervorschiefit (,,gushers"), wHhrend man es docli ini allgenieinen emporpuni- pen mufi. Ganz gcwaltige Jlengen lieferte der ini Marz 1910 erbolirtc ..Lakeview-oil-guslier" : nach- den1 er bereits 85 Tage grsprudclt hntte, gewann man noch tiiglich rund 1.7 000 bmr. von ihm. Ende Dezember nvrdc dieser Olbruniien durcli Kindringen von Wasser pliitzlich vernichtet; in 9 '/? Monaten hatte er nicht weniper als Y Jlill. Barrels 61 (zu 159 1) geliefert!28)

Das californisclie Erdol enthalt nur geringe Men- gen niedrig sirdender Ikstnndteile, wenig Leuclit - ole und ist ganz paraffinfrei. Seine Zusammenset- zung macht es zuni Heizole in liervorragender Weise geeignet; es stellt ferner, wie ich schon oben betnnt habe, einen wirhtigen Rohstoff fur die Olgasindu- strie dar. Trotz der bedcutcnden Produktion kann die Nachfrage nicht bcfricdigt werden; die Roh- iilpreise halten sich infolgedessen immer noch auf einer geiiissen Hiihe.

Ini Vcrglcich zu dcn seclis'groficn Feldern, deren Lage ich kurz geschildert habe. ist das Vorkomnien von i i I in einigcn \ieitercii Staaten, z. B. Kentucky, Tennesser, Colorado, U'yoniinp von nur untergeord- nrtrr \\ irtschaftlichcr I!edeutung.

Die Ausfuhr der Vereinipten Staaten an Erclijl und Erddprodukten hatte in den1 niit den1 30./li. 1910 tdvnden Gcschiiftsjahrc einen iVert von W,09 3Ii11.29) gcgen 106 und 104 Mill. Dollar in den beiden Vorjalircn ; hierron entficlrn allein auf Lcuchtiil GL,5 JIill. Dollar. -

Die Zriten, da das rrbolirte Rohol (,,crude oil") als Heizmaterial fiir Danipfkrsscl, fiir metallurgi- schr und andcrcl ,tcchnisclie Zaecke ausgedehnte \:er\rendung fand, sind in1 allgemeinen voriibcr; nianche Ole dicnen zwar aiieli hcute nocli ohnc vorlieripe Reinigung zuni Schmieren von Maschinen, andere licfern ein billiges Heiz- oder gar Leuchtiil; doch das sind Xusnahmen.

Da die versrhiedenartigen Rohole (helle, dunkle, paraffin-, asphalt- oder schwefelhaltige) einer ver- schicdenartigcn Helisndlung unterworfen werden niiissen, ist die Zahl der heutc in den Vercinigten Staaten ausgefiihrten Rrinigungsvcrfaliren eine schr niannigfaclie.

Icli hatte Gelegcnlieit, eine grofiere Olraffinerie zu sehen.

Das Werk verarbeitete ausschliefilich pennsyl- vanisches 61, das ihm in Rohrleitungcn aus seineni Hunderte von Meilen cntfernten Produktionsgebicte zuging. Das Rohiil war sehr diinnflussig und zeigte eine hellgriine Fluorescenz; daa spez. Gew. betrug 42' BB. ___

28) Diese Z. 24, 300 (1911). 29) Diese Z. 23. 2207 (1910).

80 Ch. 1911.

Die erste Destillation wurde in liegenden, etwa 30 E'UB langen zylindrischen Kcsseln von 12 FuD Durchmesser vorgenommen, von denen je 6, ge- mcinsam eingcmauert, einen Block bildeten: ein jedcr fadte etwa 625 Barrels. Man dcstillierte zu- niichst 60% a b und pumpte den dann verhleibenden Ruckstand in eine andere Abteilung der Fabrik, wo er auf Paraffin verarbeitet m d e .

Die Destillatc wwden in Schlangenkuhlern, die in groDen eisernen Ba.ssins mit konstantem Wmerzu- und ahfliiD lagen, kondensiert und ge- langten dann in das ,.Durchlaufhaus"; hjer m d e ihre Temperatur, die Farbe und ihr spez. Gewicht standig kontrolliert und sic dann entweder wieder in Destillationskeusel gepumpt. um noch einer Rektifikation unterworfcn zu werden, odtr man leitete sie in die Lagertanks.

Die Naphthas wurden zum zweiten Male aua licgenden zylindrischen, viclleicht 2 m langen Blaaen rnit Kolonnenaufsat,z destilliert; das wiclitigste der hicr gewonnenen Produkte ist einc Saplitha von 62' BB., die fur Automobilc und ahnliche Maschinen ausgedchnte Verwendung, findet. Den in den Kcs- seln hleibenden Riiekstand vercinigte man niit den Hrennolcn.

Die bei der Destillation des Roholes erhaltene Imlchtolfraktion uurde, mie iihlich, mit verdiinnter Schwefelsaure gewaschcn. Es geschah dies in etwa 40 FuI3 hohen hleiausgeschlagenen Eisentiirmen mit konischem Boden, die etwa 50000 Gall. faBten. Dem 81e wird von oben eine 2- his 30/,ige Schwefel- u a u r e entgegengcbraust und gleichzeitig von unten Luft eingeblasen, so daD cine gute Durchriihrung erzielt wird. Das Gemisch iiherliiDt man einiqe Zeit sich selhst und zieht dann die durch die Schwefel- saure verharzten Subntanzen als schwame, tcerige Masse ah. Die SLure wird durch Xachwaschcn mit frischem Wasser niiiglichst vollkommen aus dem ole entfernt. lXc Abfallsaure (,,sludge acid") wurde zum Teil regeperiort, zum Teil an Diingemittel- fabriken verkauft. Soviel ich erfahren konnte, d e n die Leuclitole mit alkalischen Mitteln nicht hehandelt.

Einige Ole unterwarf man nach der Reinigung mi t Sch wef elskure cin er Rek tifi kation.

Der hei der Destillation des Rohols im K w e l verbleibende Rikkstand (,,paraffin oil") - etwa 40% dea angewandten Oles - wurde in liegende Zy. linder gepumpt, die etwa dieselben Abmwsungen wie dio Roholkeesel hattcn. Seit kurzer Zeit war hier versuchsweise in einein Block der kontinuierliche lbtrieb eingefiihrt und hatte so zufriedenstellende Resultate ergeben, daD ein zweiter in derselhen Weise umgebaut wwde.

In den Kesseln verhleiben 4% an Koks, ent- sprechend 1 ,5y0 des angewandten Kohols. Diaer Petroleumkoks ist ein wichtigea Rohmaterial fiir die Fabrikation von Bogenlichtkohlc und kiinst- lichem Graphit,.

Aus den hei dieser Destillation iibergehenden Olen wird Paraffin gewonnen. Man I i B t sic zu dimem Zwecke in hohe stehende Zylinder, von denen je 5 untereinander verbunden ein System bilden, flieBen und kiihlt die ersten mit gewohn- lichem Wasser, den mittleren mit kalterem und die beiden letzten mit Hilfe von Eisrnaschinen ab; ein liriiftipea Hiihrwerk befordert die Paraffinausschei-

dung (,,crude paraffin wax"). In gewaltigen Filter- pressen - die Fahrik hesaD deren 6 von je M FuD G n g c - wurde daa Paraffin abgepreBt; e~ folgte dann noch, um die niedriger schmelzcnden An- teile zu entfernen, ein mchrmaliges warmes Ah- pressen. .Das in dieser Weise erhaltene F'rodukt kommt als Rohparaffin in den Handel; ea sieht weiR mit eincm leichten Stich ins Griinliche aus.

Das raffinierte Paraffin (,,refined wax") war wunderschiin wcill; es wird in Ylatten von 19 x 12 x 2" in den Handel gcbracht.

Die paraffinfrcicn schweren ole wurden au f Sehmierolc verarheitet.

Sehr interessant war der &such ciner ticr Vacuum Oil Co. gchoreiidm Filtrieranlitge !iir Schmicrole. Diese Pirma, die zur Standard Oil ( 'o . in nahen Bezieliungen steht, hat seit einigen Jahren such in Deutschland unter den1 Namen ,,Deut.sehe Vacuum Oil Company" bei Hamourg festen Fuli gefaBt,.

Die grab Raffineric dcr Vacuum Oil Cm. Lc- findet sich in Olean im Staate Neu-York; die dort. erzeugten I'rodukte kommen in Tankwagen nach dem etwa 100 Mcilen entfernten Rochester, werdcn hier auf Pbser gefullt und in die ganze Welt vrr- sandt.

Eine Spezialitiit der Vacuum Oil Co. sind Schniierijle, die hei der Yahrikation niit Sluren oder Alkalien nicht in Ueriihrung gck6mmen sind (,,neu- tral oils") und daher fur viele. Zwecke einen be- sonderen Wert besitzen. Die OIc unterwirft man nach der Destillation einer geheirn gchaltcnen Vor- behandlung und filtriert sie dann iikmr bestiminre gebrannte Tone, SO^. ,,Fullererde" (,,fuller's earth"). I>er letztcre YrozeU wurde in der Fahrik zii Roche- ster ausgefuhrt.

Die verwandtc Fullererdg stammte aus dein Staatc Florida, wo sie sich in bedeutenden Lageni findct; sie sah gelblich bis braunlich, gebrannt dun- kelbraun aus und entliielt neben Al, SiO,, (3% we- sentliche Mengen Eisen- und Manganoxyd. I h s Brennen wurde in einem schrag liegenden rot.ieren- den eiserncn Zylinder von vielleicht 40 E'uO Lanye und 10 FUR Durchmesscr vorgenommen; am obcren Ende fie1 der frische Ton hinein und wanderte all- mahlich der WaphtliapreDlif tfeuerung am anderen Ende entgegen. Die gehrannte Fullererde gelangte mittels Elevators in eincn klcineren, ebenfalls schiof liegenden rotierenden Zylinder, wo sie mittels durch den Schornstein angeuaugter Luft gekuhlt wurde.

Mit dieser Fullererde - sie fiihlte sich etwa wie grobcr Sand an - wurden die ,,Filter", eiserne Cylinder von etwa 12 FuD Hohe und 10 PuD Durch- messer. beschickt, und dann das durch Dampf- schlangen erhitzte 61 durchfiltriert: unten lief cs wesentlicli heller ab und wurde nun entweder in die Lagertanke gepumpt oder der FiltrierprozeO wurdc noch einnial wiederholt.

Mit der Zeit verlieren die Filter an Wirksani- keit; sie w-erden dann mit etwm Xaphtha ausge- waschcn und die ,,enchopfte Mmse" in dem oben skizzicrten Ofen regeneriert. Die Nap1it.ha kehrt nach der Relrtifikation wieder in den Betrieb zuriick.

Die Vacuum Oil CO. st& Sclimierijle fiir alle technischcn Zwecke, schwere Zylinderole, o le fur Automobile, Nahmaschinen, schnell laufende Dy-

Hen X H V ',. Jphr dpWill.] Trautmann: Beatimmung d. Bilioiums im Vanadin- u. Molybdihmotqll. 6 36

namoa usw. her. Ehiige Ole wurden noch in flachen offenen Behiiltern dem Lichte ausgesetzt; derartige gebleichte ole werden von vielen Verbrauchern sehr geschatzt. - -

Bekanntlich wird in den Vereinigten Staaten neben dem Erdol an vielen Stellen auch ,,Nstnrgas" erbohrt; dieses stellt infolge seines hohen Heizwertes einen wichtigen industriellen Faktor dar.

Daa Gas findet sich in porosen Sandsteinen oder lockeren Kalken, die denselben geologischen Formationen angehoren, wie die erdolfiihrenden Schichten und diese rneist iiberlagern; bisweilen ist es aiach in dcm Erdd gelost und tritt dann beim Bohren zusammen niit ihni zutage. Oft stromt das Gas mit solcher Gcwalt aus, dal3 ein Auffangen zu- n k h s t unniiiglich ist; im allgemeinen sinkt jedoch tler Gasdruck hald: es gibt nur wenige Brunnen, die jahraus, jahrein reiche Ertrage licfern. An vielen Stellen list sich das Gas selhst einen Weg durch lok- kere Erdrnassen gebahnt und entweicht frei in die Atrnosphare oder tritt in Seen und Fliissen in feinen Blaschen zutage; die in dieser Weise verloren gehen- den Gasniengen sollcn recht bedeutend sein30).

Im Ckgensatz zix 6lgewinnung stehen in der Katirgasproduktian auch heute nocli die appalachi- when Felder an erster Stelle. Pennsylvanien hat - solanp es Statistikrn dariiher pibt - bislier stets mu nieisten Saturgas pro Jahr geliefert; es folgt dann der ebenfalls zuni appalacliisclien Gebiete ge- liiirende Staat \Vest -Virginien. Vie1 Gas wird heute ferner irn Midcontinentalfeld (Kansas, Oklahoma) und ini Liniafclde (Ohio, Indiania) erbohrt, wahrend die Erdgasprotliiktion in Illinois, im Golffelde und in ('alifornien von wesentlich geringerer Bedeu- tung ist.

Eswurden im Jahre 1908 an Erdgasgewonnen31). M i l l . G i i l i i k f i i l

l'ennsylvanien . . . . . . . . . . . 130 476 237 West-Virginien. . . . . . . . . . . 112 181 278 Kansas . . . . . . . . . . . ._ . . 80 740 264 Ohio . . . . . . . . . . . . . . . 47 442 393 Oklahoma . . . . . . . . . . . . . 11 924 574 Indinnia. . . . . . . . . . . . . . 5 255 792 lllinois . . . . . . . . . . . . . . 4 978 879 Seu- York . . . . . . . . . . . . . 3 842 402 Alabama . . . . . . . . . . . . . Louisiana . . . . . . . . . . . . . 1 752 372 Texas. . . . . . . . . . . . . . . Californien . . . . . . . . . . . . 478 698 Zusammcn mit allen anderen Staaten 402 140 730

Die durchschnittliche Zusammensetzung des in den Hauptdistrikten gewonnenen Erdgases zeigt die folgende Tabelle32):

li;iilsas Pennsylvania O h i o u . t i . West-Virginia Iiidiaiia

90

CH4 . . . . 80,85 CxHy . . . . 14,OO N . . . . . 430 (:Op . . . . 0,05 co. . . . . 0,40 H . . . . . 0.10 H2S . . . . 0900 0 . . . . . Spur

9?w 0,30 3,60 0,20 0950 1,50 0,15 0,15

3O) J. SOC. Chcm. hid. 1910, 857. 3 1 ) Mineral Resources 1908, 320. 32) Eng. Min. Journ. 1906, 146.

" 93,65 0,25 4,80 0,30 1 u.00 0,oo 0.00

Daa Erdgaa wird in langen Rohrleitungen den groDe- ren S t i t e n zugefiihrt, hier in eisernen Behiiltern gesammelt und meist ohne jede vorherige Fkinigung an die Verbraucher abgegeben. Es findet als un- iibertrefflicher Brennstoff in vielen Industrien, be- sonders in der Hiitten-, Glasindustrie und in der Keramik ausgedehnte Verwendung; ferner dient es zur Beleuchtimg xahlreicher S t a t e und wird auch vie1 im Hause zurn Heizen, Koclien usw. gebraucht. Fur die letzteren Verwendungsarten wachst der Verbrauch an Erdgas mit jedeni Jahre, ja er hat 1908 den fur industrielle Zwecke - tlern Werte nach - gar iiberstiegen.

(Fortsetzung folgt.)

Die Bestimrnung des Siliciurns irn Vanadin- 'und MolybdHpmetall und

in deren Eisenlegierungen. Von W. TRAUTNANN, Ober-Uhna.

1 Eingeg. 6.13. 1911.)

Die Trennung des Vanadiums und Molybdiins von Silicium gelingt nach den Ansichten vieler Autoren nicht auf dem gewiihnlichen Wege der Si- liciurnbestimmung durch Eindampfen mittels oxp- dierender Sauren; vgl. z. B. ,,Das Vanadin von Dr. F r i t z E p h r a i m , S. 104, Stuttgart 1904."

Es gelang mir indessen, auf diesem Wege eine fur die Technik brauchbare Methode auszuarbeiten.

Die Schwierigkeiten liegen in dem Umstande, daD Moo3 und V206 gern fcst dcm Siliciumdioxyd- niederschlag anhaften und durch Wasser daraus nicht ganz entfernt werden konnen. Es ist also die Aufgabe zu Iosen, von Haus a m kein MOO, oder V206 in den Xiederschlag sich ausschciden zu lassen, und dies wird erreiclit durch IHngerrs Erwarrnen dcs auf dern Sandbade erhitzten Riickstandes auf dern Waaserbade mit, konz. HCI oder beim MolybdHn noch besser niit starker Salzsaure und wenig Sal- petersiiurr.

1st beini Vanadium vollkonimene Losung ein- getreten, was nacli den Erfahrungen des Vf. in hochstens einer halben Stunde der Fall ist, gie5t man nach dern Terdiinnen die Flussigkeit durchs Filter, dekantiert die Kieselsaure zweimal mit dest.. Wasser, dem man 10% SaIzsHure zugefiigt hat und bringt schlie0lich den Siederschlag aufs Filter. lcli konnte nachweisen, daB die griine Salzsiiure %sung von Vanadin bei eineni gewissen Verdiinnungsgrad an den Wanden der Schale und auf deni Kieselsaure- niederschlag griine Uberziige zuriicklieB, die sich mit reineni Wasser nicht losen lieBen, jedoch bei Anwendung von verd. Salzsaure sofort verschwan- den. Die Losung zersetzt sich bei Saureinangel, und die dabei resultierende Verbindung ist wasserunlos- lich. S u n erst wiischt man den Siederschlag und das Filter, die heide rein wei5 sein miissen, mit heil)em Wasser vollkornmen aus, veraaclit, gliiht und wagt.

h i der Bestimrnung des Siliciums im:Molyb- danmetall und -Molybdaneisen verfahrt man ebenso. Man lost in Konigswasser, dampft ein, laDt auf dem Sandbad stehen und nimmt mit konz. Salzsaure und wenig Salpetersaure auf, erwarrnt, verdiinnt und

SO.