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Aus der Neurochirurgischen Universitätsklinik
Sektion Klinische Neuropharmakologie
der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg i. Br.
Die durch Kalium-Depolarisation induzierte
Cholinacetyltransferase-Aktivierung beim Menschen im
Vergleich zur Maus und genauere Betrachtungen der Wirkungen
des Cholinacetyltransferase-Inhibitors Bromoacetylcholin
INAUGURAL-DISSERTATION
zur
Erlangung des Medizinischen Doktorgrades
der Medizinischen Fakultät
der Albert-Ludwigs-Universität
Freiburg i. Br.
Vorgelegt im Jahre 2002
von Johannes Zander
geboren in Überlingen
Dekan: Prof. Dr. med. Josef Zentner
1. Gutachter: Prof. Dr. T.J. Feuerstein
2. Gutachter Prof. Dr. R. Jackisch
Jahr der Promotion: 2005
Meinen Eltern in Dankbarkeit gewidmet
An dieser Stelle möchte ich mich ganz herzlich bei Herrn Prof. Dr. T. J. Feuerstein bedanken,
der während meiner Arbeit ständig für mich da war, der jederzeit auf meine Fragen und
Probleme einging und nicht zuletzt auch das Thema dieser Arbeit für mich bereitgestellt hat. Es
war mir eine Freude, durch seine Unterstützung einen Vortrag in Mainz beim Deutschen
Pharmakologenkongress halten zu dürfen und ich fand es besonders nett, häufiger auch seine
Gastfreundschaft genießen zu dürfen.
Außerdem möchte ich mich bei Herrn Prof. Dr. R. Jackisch für die Bereitstellung seines Labors
und die Unterstützung meiner dortigen ChAT-Versuche bedanken.
Ich möchte mich bei Herrn J. P. Sigle für die gute Mitarbeit bedanken.
Frau A. Birthelmer möchte ich für ihre langdauernde Mithilfe bei den ChAT-Versuchen danken.
Die Zusammenarbeit mit ihr war mir immer ein besonderes Vergnügen.
Herzlichen Dank auch an Frau K. Strasser und an Frau Dr. M. Loeffler, die mir viele
organisatorische Arbeiten abnahmen, und ohne deren Hilfe das Labor nur schwer
zurechtkommen würde.
Meinem Vater und Herrn M. Klar möchte ich für das Korrekturlesen danken.
Zu guter Letzt möchte ich mich ganz besonders bei allen meinen Mitarbeitern der Sektion für
das so nette Klima und die so gute Zusammenarbeit bedanken. Mir hat meine Doktorarbeit
immer wieder sehr viel Spaß bereitet und das liegt zum großen Teil an ihnen.
Abkürzungen
ACh Acetylcholin
AChE Acetylcholinesterase
b Basalwert
BG Background (Hintergrundrauschen)
Br-ACh Bromoacetylcholin
ChAT Cholinacetyltransferase
cChAT im Cytoplasma lokalisierte ChAT
C.E. Counting Efficiency
cpm counts per minute
CI95 95%-Konfidenzintervall
dpm disintegrations per minute
EDTA Ethylendiamintetraessigsäure
EGTA Ethylenbisoxyethylennitrilotetraessigsäure
GABA γ-Aminobuttersäure
HACU high affinity choline uptake
HEPES Hydroxyethylpiperazinoethansulfonsäure
Hz Herz
mA Milliampere
mChAT membranassoziierte ChAT
mV Millivolt
S Stimulationswert
Test-Kammer Kammer, durch die die zu untersuchende Substanz läuft
TTX Tetrodotoxin
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung………………………………………………….. 1
1.1. Biosynthese, Freisetzung und Rezeptoren des Acetylcholins…………….………... 2
1.2. Die Hypothese der depolarisationsabhängigen ChAT-Aktivierung………………. 3
1.3. Fragestellung………………………………………………………………......... 5
2. Material und Methoden………………………………….. 7
2.1. Reagenzien………………………………………………………………............. 7
2.2. Geräte……………………………………………………………………….….. 7
2.3. Superfusionsexperimente………………………………………………….……. 8
2.3.1. Prinzip der Superfusionsexperimente……………………………………….…... 8
2.3.2. Das Inkubations- und Superfusionsmedium……………………………….……. 9
2.3.3. Gewebe…………………………………………………………………….…… 9 2.3.3.1. Neokortex der Maus……………………………………………………….…… 9 2.3.3.2 Menschlicher Neokortex………………………………………………...……… 10
2.3.4. Inkubation……………………………………………………………………… 11
2.3.5. Vorperfusion……………………………………………………………………. 11
2.3.6. Superfusion…………………………………………………………..………… 12
2.3.7. Berechnung und Statistik……………………………………………………….. 15 2.3.7.1. Zählausbeute für Schnitte und Superfusate…………..…………………………. 15 2.3.7.2. Prozentuale Radioaktivitätsabgabe……………………………………………… 16 2.3.7.3. Basalausfluss…………………………………………………………………… 16 2.3.7.4. Stimulationsbedingte Sn cpm-Werte………………………………………………. 17 2.3.7.5. Stimulationsbedingte [³H]-Freisetzung und S1-Werte……………………………. 17 2.3.7.6. Statistische Auswertung………………………………………………………… 18
2.4. Bestimmung der ChAT-Aktivität……………………………………………….. 19
2.4.1. Superfusion……………………………………………………………………... 19
2.4.2. ChAT-Assay……………………………………………………………………. 20 2.4.2.1. Durchführung…………………………………………………………………... 20 2.4.2.2. Bestimmung des Proteingehaltes……………………………………...………… 21 2.4.2.3. Berechnung der spezifischen ChAT-Aktivität……………………………………22
3. Ergebnisse……………………………………………….. 23
3.1. Experimente zur depolarisationsabhängigen ChAT-Aktivierung beim
Menschen, im Gegensatz zur Maus…………………………………………….. 23
3.1.1. Vergleich der S2/S1-Quotienten ohne zusätzliche Pharmaka zwischen
Mensch/Maus und Kalium-Depolarisation/elektrischer Stimulation…………… 23
3.1.2. Superfusionsexperimente mit ChAT-Inhibitoren……………………………….. 25 3.1.2.1. Gabe von Okadasäure (50 nM) bei Kalium-Stimulation………………………… 25 3.1.2.2. Gabe von Okadasäure (50 nM) bei elektrischer Stimulation…………………….. 26 3.1.2.3. Gabe von Br-ACh (30 µM) bei Kalium-Stimulation…………………………….. 28 3.1.2.4. Gabe von Br-ACh (30 µM) bei elektrischer Stimulation………………………… 29
3.1.3. Messung der ChAT-Aktivität…………………………………………………….30 3.1.3.1. Vergleich Mensch/Maus bei 20 mM Kalium-Depolarisation…………………. 30 3.1.3.2. Messung der ChAT-Aktivität bei unterschiedlichen Kalium- Konzentrationen in Neokortexschnitten des Menschen………………………… 31
3.2. Experimente zu Bromoacetylcholin……………………………………………... 34
3.2.1. cytolytische Wirkung von Bromoacetylcholin…………………………………… 34 3.2.1.1. Gabe von Bromoacetylcholin vor S2 bei elektrischer und Kalium-evozierter Stimulation in Neokortexschnitten der Maus…………………………………… 34 3.2.1.2. Gabe von Bromoacetylcholin ab der Vorperfusion in neokortikalen Schnitten des Menschen und der Maus………………………………………….. 35 3.2.2. Erhöhte S-Werte durch Bromoacetylcholin…………………….………………. 36 3.2.2.1. Erhöhte S1-Werte bei Kalium-Stimulation durch Gabe von Bromoacetylcholin ab der Vorperfusion in neokortikalen Schnitten des Menschen und der Maus…... 36 3.2.2.2. Evidenz, dass der beobachtete Effekt nicht durch eine agonistische Wirkung am nikotinischen Acetylcholinrezeptor in neokortikalen Schnitten der Maus zu erklären ist…………………………………………………………………… 38 3.2.2.3. Evidenz, dass der beobachtete Effekt nicht durch eine inhibitorische Wirkung von Bromoacetylcholin auf die ChAT und die Phospholipase A2
zurückzuführen ist………………………………………………………………. 39 3.2.2.4. Unterschiedliche Wirkung von Bromoacetylcholin auf die S-Werte bei Kalium-Depolarisation und bei elektrischer Stimulation in neokortikalen Schnitten der Maus………………………………………………………………40 3.2.2.4.1. Erhöhte S1-Werte durch Br-ACh ab der Vorperfusion bei Kalium-evozierter [3H]-ACh-Ausschüttung, nicht dagegen bei elektrischer [3H]-ACh-Ausschüttung ………………………………………………………... 40 3.2.2.4.2. Erhöhte Sn/S1-Werte durch Br-ACh 15 min vor S2 bei Kalium-evozierter [3H]-ACh-Ausschüttung, nicht hingegen bei elektrisch evozierter [3H]-ACh-Ausschüttung ………………………………………………………... 41
4. Diskussion………………………………………………... 43
4.1. Die depolarisationsabhängige ChAT-Aktivierung beim Menschen, im
Gegensatz zur Maus……………………………….……………………………. 43
4.2. Bromoacetylcholin………………………………………...…………………….. 53
5. Zusammenfassung……………………………………….. 60
6. Referenzen………………………………………………... 61
Lebenslauf
1. Einleitung 1
1. Einleitung
Man muss erst beginnen, sein Gedächtnis zu verlieren,
und sei´s nur stückweise, um sich darüber klar zu werden,
dass das Gedächtnis unser ganzes Leben ist. Ein Leben
ohne Gedächtnis wäre kein Leben…Unser Gedächtnis
ist unser Zusammenhalt, unser Grund, unser Handeln,
unser Gefühl. Ohne Gedächtnis sind wir nichts…
Luis Buñel
Dieses eindrucksvolle und beängstigende Zitat aus Buñels Memoiren „Mein letzter Seufzer“
wirft grundlegende Fragen philosophischer, klinischer und ethischer Natur auf. Was fühlt ein
Patient, der an einer fortschreitenden Demenz leidet und was können der Arzt und die
Forschung alles tun, um ein solches Leiden zu minimieren?
Als ich dieses Zitat von Buñel las, dachte ich sofort an den Alzheimer-Patient. Der Morbus
Alzheimer ist eine Erkrankung des Alters, die sporadisch nur selten vor dem 60. Lebensjahr
auftritt [Geldmacher und Whitehouse, 1996]. Die früher auftretenden Fälle sind meist
autosomal-dominant vererbt, wobei sich das klinische Bild in beiden Fällen nur wenig
voneinander unterscheidet [Coyle et al., 1983]. Auch hier leiden die Patienten an einem
schleichenden Beginn von Gedächtnisstörungen, der von einer Wortfindungsstörung begleitet
wird. Im weiteren Verlauf finden sich Störungen der zeitlichen und räumlichen Orientierung,
später gehen die meisten kognitiven Fähigkeiten verloren, Agitation und Unruhe
vervollständigen das Krankheitsbild. Die Persönlichkeitsfassade bleibt dagegen lange erhalten.
Im Spätstadium treten schließlich häufig Myoklonien und Krampfanfälle auf [Zilles et al., 1995].
Die Symptomatik des M. Alzheimer wird mit einem cholinergen Defizit in Zusammenhang
gebracht, welches durch einen Neuronenuntergang in den basalen Vorderhirnkernen mit
konsekutiver Degeneration der cholinergen Projektion zum Hippocampus und Neokortex
verursacht wird. Es ist unbestritten, dass das cholinerge System eine wichtige Rolle beim Schlaf-
1. Einleitung 2
Wach-Rhythmus, bei der Aufmerksamkeit und bei Gedächtnis- und Lernvorgängen spielt [Bigl
et al., 1991]. So beeinträchtigt zum Beispiel Scopolamin, ein Muskarinrezeptor-Antagonist,
sowohl beim Menschen als auch im Tierexperiment Gedächtnis und Lernverhalten [Decker und
McGaugh, 1990], wobei dieser Effekt durch Gabe von Acetylcholinesterase-Inhibitoren
antagonisiert werden kann [Collerton, 1986]. Cholinesterase-Inhibitoren sollen bei Alzheimer-
Patienten die Denkleistung erhöhen und die Progredienz der Erkrankung mindern [Parnetti et
al., 1997], im Ganzen sind jedoch die Wirkungen aller Medikamente der Alzheimer-Therapie,
wenn auch positiv zu bewerten, doch nicht überragend [Grutzendler und Morris, 2001] und die
kognitiven und funktionellen Endzustände werden durch Cholinesteraseinhibitoren nicht
herausgezögert [Lopez et al., 2002]. In dieser Arbeit wird eine mögliche, wenn auch
hypothetisch-spekulative Erklärung für die nur geringe Wirkung der Cholinesteraseinhibitoren
bei der Therapie der Alzheimer-Erkrankung gegeben, und sie könnte eine Erklärung dafür sein,
dass Cholinesteraseinhibitoren nach längerer Zeit keine positiven Wirkungen mehr aufweisen.
1.1. Biosynthese, Freisetzung und Rezeptoren des Acetylcholins
Die Biosynthese von Acetylcholin (ACh) erfolgt im Cytoplasma cholinerger Nervenendigungen
unter der Katalyse der Cholinacetyltransferase (ChAT) aus Cholin und Acetyl-Coenzym A
[Pieklik und Guynn, 1975]. Acetyl-Coenzym A entsteht dabei hauptsächlich durch oxidative
Decarboxylierung von Pyruvat [Browning und Schulman, 1968].
Den geschwindigkeitsbestimmenden Schritt stellt hauptsächlich die Verfügbarkeit von Cholin
dar [Freeman und Jenden, 1976]. Cholin kann dabei auf zwei Wegen bereitgestellt werden: Zum
einen durch den Abbau von membranständigen Phosphatidylcholin über mehrere enzymatische
Schritte zu Cholin [Blusztajn et al., 1987], zum anderen durch Aufnahme des Cholins aus dem
extrazellulären Spalt über einen Carrier in die cholinerge Nerventerminale. In cholinergen
Nervenendigungen spielt als Carrier der high affinity cholin uptake (HACU) die entscheidende
Rolle, der über einen Natriumgradienten angetrieben wird [Kuhar und Murrin, 1978], und der
durch Hemicholinium-3 selektiv geblockt wird. [Guyenet et al., 1973]. Dieser Weg ist
physiologischerweise der quantitativ wichtigere in den cholinergen Nervenendigungen.
Einmal in der Nerventerminale bereitgestellt, kann Cholin nun entweder dem Aufbau von
membranständigen Phospholipiden wie Phosphatidylethanolamin und Phosphatidylcholin
dienen, oder es wird über die Cholin-Acetyltransferase (ChAT) zu Acetylcholin enzymatisch
1. Einleitung 3
umgewandelt. Das so im Plasma entstandene Acetylcholin, wird schließlich mit Hilfe eines
elektrochemischen Protonengradienten, der von einer vesikulären Protonen-ATPase
aufrechterhalten wird [Toll und Howard, 1980], in die Speichervesikel der Nervenendigungen
geschleust [De Robertis et al., 1963].
Beim Eintreffen eines Aktionspotentials, das durch Öffnen von spannungsabhängigen
Natriumkanälen weitergeleitet wird, öffnen sich, wie auch im menschlichen Hirngewebe gezeigt
wurde, N-Typ-Kalzium-Kanäle im Bereich der cholinergen Nervenendigung [Feuerstein et al.,
1990]. Durch das Einströmen von Kalzium in das Zellplasma kommt es zu einer
Verschmelzung der Speichervesikel mit der präsynaptischen Membran und das in den Vesikeln
enthaltene Acetylcholin wird in den synaptischen Spalt gegeben [Llinas et al., 1976]. Die Vesikel
schnüren sich wieder vom Axolemm ab und stehen so einem neuen Zyklus zur Verfügung. Das
in den synaptischen Spalt abgegebene Acetylcholin kann zu seinen Rezeptoren diffundieren
oder es wird durch die Acetylcholinesterase (AChE) zu Acetat und Cholin abgebaut. Als
Rezeptoren für das freigesetzte ACh gibt es muskarinische und nikotinische
Acetylcholinrezeptoren. Erstere sind mit G-Proteinen gekoppelt: Wichtig ist hier zum Beispiel
der M2-Rezeptor, der sich präsynaptisch auf cholinergen Terminalen befindet. Er verhindert
durch Autoinhibition rückkoppelnd eine überschießende Freisetzung von Acetylcholin [Szerb,
1977; Raiteri et al., 1984]. Die nikotinischen Acetylcholinrezeptoren gehören dagegen zu den
ligandengesteuerten Rezeptoren. Man unterscheidet einen an der motorischen Endplatte der
quergestreiften Muskulatur vorkommenden Typ von einem, der auf Neuronen lokalisiert ist
[Colquhoun et al., 1990]. Präsynaptische nikotinische Autorezeptoren sind im zentralen und im
peripheren Nervensystem weit verbreitet [Re, 1999] und können die Acetylcholinfreisetzung aus
den cholinergen Terminalen im Sinne einer positiven Rückkopplung fördern [Re, 1999].
Die Beendigung der Signalübertragung erfolgt durch die Spaltung des freigesetzten ACh durch
die Acetylcholinesterase (AChE). Das so entstandene Cholin kann nun mit Hilfe des high
affinity cholin uptake in die cholinerge Nervenzelle wiederaufgenommen werden.
1.2. Die Hypothese der depolarisationsabhängigen ChAT-
Aktivierung
1. Einleitung 4
Wir arbeiteten in den folgenden Experimenten hauptsächlich mit der Methode der Superfusion.
Sie ist eine Methode, die den physiologischen Verhältnissen sehr nahe kommt und dient unter
anderem dazu, radioaktive Transmitterfreisetzung aus unterschiedlichen Strukturen des Gehirns
zu messen und zu quantifizieren.
Wesentlicher Bestandteil der Superfusion zur Untersuchung der radioaktiven
Acetylcholinausschüttung ist die Inkubation der Gewebeschnitte, bei der [3H]-Cholin in die
Nervenendigungen selektiv über den HACU aufgenommen wird [Jope, 1979]. Das sich
intrazellulär anhäufende Cholin wird nun zum Teil durch die ChAT mit Acetyl-CoA verknüpt,
und das fertige [3H]-ACh wird schließlich in die Vesikel aufgenommen. Dadurch reichert sich
radioaktives [3H]-ACh im vorher nicht-radioaktiven ACh-Pool an und radioaktives und nicht-
radioaktives ACh wird bei der Depolarisation freigesetzt. Die stimulationsbedingte
Tritiumabgabe aus Gewebeschnitten entspricht dabei der Freisetzung von [3H]-ACh [Hadhazy
und Szerb, 1977]. Feuerstein et al. belegten 1998 schließlich im menschlichen Neocortex, dass
die elektrisch evozierte [3H]-ACh-Freisetzung nach [3H]-Cholin-Inkubation die Freisetzung von
endogenem ACh widerspiegelt. Außerdem wurde gezeigt, dass die elektrisch-evozierte
Acetylcholinfreisetzung Ca2+-abhängig und Tetrodotoxin (TTX)-sensitiv ist, d.h. die Entfernung
von Ca2+-Ionen oder Zugabe von TTX vor der zweiten Stimulation führte zum vollständigen
Verschwinden des Stimulationserfolges [Feuerstein et al., 1990]. TTX blockiert den schnellen
Na+-Kanal [Narahashi, 1972], der zu einer Depolarisation der Zellmembran führt, Ca2+-Ionen
werden für den Exocytoseprozess benötigt. Somit kann davon ausgegangen werden, dass die
elektrisch erzielte [3H]-Freisetzung im menschlichen Neokortex quasi-physiologisch durch
Aktionpotentiale vermittelt wird und exocytotisch erfolgt.
Bei der Durchführung eines Superfusionsexperimentes kann die Zahl der Stimulationen variiert
werden. Wir wählten in den folgenden Experimenten zwei Stimulationen. Dann sollte unter der
Annahme, dass bei S1 und S2 die gleiche Menge an radioaktiv markiertem Transmitter freigesetzt
wird, der S2/S1-Quotient den Wert von 1 besitzen. Bei Experimenten mit menschlichem
Gewebe, bei denen wir elektrisch stimuliert hatten (3 Hz, 90 Pulse, 2 ms, 68 mA), befand sich
dieser Wert tatsächlich nahe bei 1. Erfolgte die [3H]-ACh-Freisetzung dagegen Kalium-evoziert,
lag der S2/S1-Quotient im menschlichem Gewebe deutlich tiefer. Hier wird demnach weniger
radioaktives [3H]-ACh bei S2 als bei S1 ausgeschüttet.
Die folgende Hypothese der depolarisationsabhängigen ChAT-Aktivierung soll dieses
Phänomen erklären. Sie geht davon aus, dass die ChAT der cholinergen Nervenzelle durch
1. Einleitung 5
langdauernde Kalium-Depolarisation (4 min, d.h. 1333-mal länger als die elektrische
Stimulation), nicht aber durch kurzdauernde elektrische Stimulation, aktiviert wird. Da das
erhöhte extrazelluläre Kalium zusätzlich die Freisetzung von nicht-radioaktiv markiertem Cholin
aus den Membranlipiden fördert [Nagata et al., 1973], wird somit zwischen S1 und S2 durch die
vermehrte Neusynthese von nicht-radioaktiv markiertem ACh der bei S2 freigesetzte [3H]-ACh-
Pool verdünnt. Das neusynthetisierte ACh wird vom Szintillationszähler nicht registriert: Das
S2/S1-Verhältnis der Kontrollen bei Kalium-Depolarisation sollte somit weit unter dem Wert
von 1 liegen.
1.3. Fragestellung
Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit zwei Teilbereichen der cholinergen Transmission:
a) Die Hypothese der depolarisationsabhängigen ChAT-Aktivierung erklärt die niedrigen S2/S1-
Quotienten der Kalium-evozierten [3H]-ACh-Freisetzung beim Menschen. Folgende Fragen
stellten wir uns in diesem Zusammenhang:
1. Sorgen der indirekte ChAT-Inhibitor Okadasäure und der direkte ChAT-Inhibitor
Bromoacetylcholin (Br-ACh) durch eine Hemmung der ChAT und durch den dadurch
begründeten Wegfall der Verdünnung des radioaktiv markierten Acetylcholinpools mit
nicht-radioaktiv markiertem Acetylcholin für eine Anhebung des S2/S1-Quotienten der
Kalium-evozierten [3H]-ACh-Freisetzung am menschlichen Neokortex?
2. Hat Okadasäure keinen Einfluss auf den S2/S1-Quotienten der elektrisch-evozierten
[3H]-ACh-Freisetzung im Gewebe des menschlichen Neokortex?
3. Gelten die beiden letzten Fragestellungen nicht bei der Maus, d.h. kann hier die
Hypothese der depolarisationsabhängigen ChAT-Aktivierung falsifiziert werden?
4. Kann mittels eines ChAT-Assays die Aktivitätssteigerung der humanen ChAT durch
Kalium-Depolarisation direkt nachgewiesen, und eine Aktivitätssteigerung der ChAT
des Neokortex der Maus direkt ausgeschlossen werden?
5. Liegen auch im Bereich pathophysiologischer Kalium-Konzentrationen
Aktivitätssteigerungen der humanen ChAT vor?
1. Einleitung 6
b) Wir fanden in unseren Experimenten mit dem direkten ChAT-Inhibitor Bromoacetylcholin
heraus, dass dieses Pharmakon mehrere interessante Eigenschaften aufweist. Neben der uns im
ersten Teil eingesetzten ChAT-inhibitorischen Wirkung, stellten wir uns hier noch folgende
Fragen:
1. Können wir eine cytolytische Wirkung von Br-ACh auf die cholinergen
Nervenendigungen im Neokortex des Menschen und der Maus nachweisen?
2. Können wir eine vermehrte Kalium-evozierte Freisetzung von [3H]-ACh bei Gabe von
Br-ACh nachweisen, was auf eine exocytosefördernde Wirkung dieses Pharmakons
deuten würde?
3. Können wir zeigen, dass die vermehrte Freisetzung von [3H]-ACh bei Kalium-
Depolarisation in neokortikalen Schnitten der Maus nicht durch eine agonistische
Wirkung am nikotinischen Acetylcholinrezeptor zu erklären ist?
4. Können wir zeigen, dass dieser Effekt nicht allein auf die inhibitorische Wirkung auf die
ChAT oder die Phospholipase A2 zurückzuführen ist?
5. Ist die vermehrte Freisetzung von [3H]-ACh nur bei Kalium-evozierter Stimulation zu
beobachten, nicht dagegen bei elektrischer Stimulation?
2. Material und Methoden 7
2. Material und Methoden
2.1. Reagenzien
Folgende Reagenzien kamen bei den Experimenten dieser Arbeit zum Einsatz:
Physostigmin Sigma, Taufkirchen, Dtld.
Hemicholinium-3 ChemCon, Freiburg, Dtld.
Okadasäure RBI-Biotrend, Köln, Dtld.
Bromoacetylcholin-Bromid Sigma, Taufkirchen, Dtld.
[3H]-Cholinchlorid Amersham, Braunschweig, Dtld.
Acetyl-Coenzym A Sigma, Taufkirchen, Dtld.
[14C]-Acetyl-Coenzym A Amersham, Braunschweig, Dtld.
Ultima Gold® Packard, Groningen, Ndl.
Soluene 350® Packard, Groningen, Ndl.
Cholin-Bromid Sigma, Taufkirchen, Dtld.
Acetonitril Roth GmbH, Karlsruhe, Dtld.
Nicht aufgeführte Chemikalien wurden von der Firma Merck, Darmstadt, Dtld. und der Firma
Riedel-de-Haen, Seelze, Dtld. bezogen.
Die Substanzen wurden direkt in bidestilliertem Wasser (Millipore Reinstwasseranlage;
Millipore, Eschborn, Dtld.) oder in DMSO (Merck, Darmstadt, Dtld.) gelöst.
2.2. Geräte
2. Material und Methoden 8
Dynatech MRX Microplate Reader Dynex Technologies, Guernsey, England
Flüssigkeitszintillationszähler Packard, Groningen, Ndl. Fraktionssammler ISCO, England (Retriever IV) Gewebeschneider Bachhofer, Reutlingen, Dtld. (Mc Illwan tissue chopper) Heizblock Unitek, Luton, England (HB-130 Block-Heizgerät) Inkubator Haraeus Instruments, Leonberg, Dtld. Oszilloskop Hameg, Frankfurt/M, Dtld. Reinstwasseranlage Millipore, Eschborn, Dtld. Rollenquetschpumpe Desaga, Heidelberg, Dtld. (Typ 5223) Stimulator Hugo Sachs, Hugstetten, Dtld. Superfusionskammern Wissenschaftliche Werkstätten, Neurozentrum, Freiburg, Dtld. Ultraschallhomogenisator Bachofer, Reutlingen, Dtld. Vortex Heidolph, Dtld. Zentrifuge Heraeus Instruments, Leonberg, Dtld.
2.3. Superfusionsexperimente
2.3.1. Prinzip der Superfusionsexperimente
Informationen zwischen Nervenzellen werden durch Transmitter weitergegeben. Die einzelnen
Nervenzellen enthalten in den Vesikeln ihrer Nervenendigungen diese Transmitter, die bei einer
Stimulation, aktionspotentialbedingt und kalziumabhängig, in den synaptischen Spalt freigesetzt
2. Material und Methoden 9
werden. Durch spezielle Aufnahmemechanismen werden diese Transmitter oder Bausteine
davon wieder in die Nervenendigungen aufgenommen.
Im Superfusionsexperiment werden radioaktive Transmitter während der Inkubation in die
Nervenendigungen aufgenommen. Bei den einzelnen Stimulationen der eigentlichen
Superfusion, z. B. durch extrazelluläre Kalium-Depolarisation oder durch elektrischen Reiz,
werden diese in den Vesikeln gespeicherten radioaktiven Transmitter in den synaptischen Spalt
ausgeschüttet und in den Röhrchen, den sogenannten vials, fraktioniert nach der Zeit
gesammelt. Die freigesetzte Transmittermenge pro Stimulation kann anhand der in den vials
vorhandenen Radioaktivität in einem Szintillationszähler (Counter) bestimmt werden.
2.3.2. Das Inkubations- und Superfusionsmedium
Der im Rahmen dieser Versuche verwendete Gebrauchs- und Inkubationspuffer setzt sich
folgendermaßen zusammen:
NaCl 118 mmol/l KCl 1.8 mmol/l
CaCl 1.3 mmol/l MgSO4 1.2 mmol/l
NaHCO3 25 mmol/l KH2PO4 1.2 mmol/l
Glucose 11 mmol/l
Der Puffer wurde für 45 min mit Carbogen (95% O2/5% CO2) begast und mit NaOH (0.1 N)
unter pH- Meter-Kontrolle auf einen pH-Wert von 7.4 eingestellt.
2.3.3. Gewebe
2.3.3.1. Neokortex der Maus
Wildtypmäuse des Typs B6 CBA, die 25-35 g wogen, wurden mit einer Guillotine dekapitiert
und der Kopf wurde in eisgekühltes Wasser gelegt. Nachdem die Schädeldecke entfernt und das
Gehirn mit Hilfe eines Glasspatels entnommen worden war, wurde das Gehirn in den 0º C
2. Material und Methoden 10
kalten Gebrauchspuffer überführt. Das Gehirn wurde dann auf einem auf 0º C gekühltem
Aluminiumblock in der Medianebene mit Hilfe eines Skalpells durchtrennt und die Verbindung
zwischen Großhirnrinde und Fornix durchschnitten. Nachdem der Hippocampus aufgeklappt
worden war, wurde der Kortex zwischen dem freiliegendem Corpus Striatum und dem
Hippocampus mit Hilfe eines Skalpells herausgeschnitten und die weiße Substanz entfernt. Mit
einem Mc-Illwain-Gewebeschneider wurde der Kortex in 0.3 mm breite Schnitte senkrecht zur
Oberfläche zerteilt und mit Hilfe eines Vortex im Gebrauchspuffer voneinander getrennt. Nach
Auswahl der „schönsten“ 12 Schnitte (bei den ChAT-Assay-Versuchen um die 50 Schnitte)
reinigten wir diese mit dem Gebrauchspuffer und entfernten restliche Gewebeschnitte.
2.3.3.2. Menschlicher Neokortex
Das für die Versuche verwendete menschliche Kortexgewebe stammte von 17 Personen
beiderlei Geschlechts im Alter von 7 bis 66 Jahren, die alle in der neurochirurgischen Abteilung
der Universitätsklinik Freiburg operativ versorgt wurden. Die Patienten litten zur Mehrzahl an
subkortikalen Tumoren, die bei der Operation entfernt wurden, wobei wir das anfallende
Zugangsgewebe bekamen. Zusätzlich bekamen wir Gewebe von Epilepsiepatienten mit
Hippocampussklerose. Auch hier erhielten wir das anfallende Zugangsgewebe sowie Anteile
kortikaler epileptischer Foci. Die Freiburger Ethikkommission genehmigte in allen Fällen die
Entnahme von menschlichem Neokortex.
Zur präoperativen und operativen Behandlung kamen Flunitrazepam, Thiopental, Fentanyl und
Dexamethason zum Einsatz.
Das Gewebe wurde sofort nach der Entnahme in eisgekühlten, mit Carbogen gesättigten
Gebrauchspuffer überführt und unmittelbar danach auf einem eisgekühlten Aluminiumblock
präpariert. Dabei achteten wir darauf, dass möglichst kein Tumorgewebe in dem von uns
ausgewählten Kortexgewebe enthalten war. Wir entfernten weiterhin die weiße Substanz sowie
die weiche Hirnhaut mit den anliegenden Gefäßen. Das Gewebe wurde anschließend mit einem
Mc-Illwain-Gewebeschneider in 0.35 mm breite Schnitte senkrecht zur Kortexoberfläche
geschnitten und die Schnitte im Gebrauchspuffer mit einem Vortex getrennt. Nach Auswahl der
„schönsten“ 12 Schnitte (bei den ChAT-Assay Versuchen bis zu 36 Schnitte) wurden diese im
Gebrauchspuffer gereinigt.
2. Material und Methoden 11
2.3.4. Inkubation
Die gereinigten Schnitte wurden nun in 2 ml Gebrauchspuffer mit [³H]-Cholinchlorid (Aktivität:
85 bzw. 79 Ci /mmol) überführt und in einer Petrischale für 40 min bei 37º C unter
Carbogenbegasung mit einem Druck von 1 m Wassersäule in einem Inkubator periodisch
geschüttelt. Während der Inkubation wurde das tritiummarkierte Cholin in die
Nervenendigungen aufgenommen und durch die ChAT in tritiummarkiertes Acetylcholin
umgewandelt, welches durch einen elektrochemischen Protonengradienten in die
Speichervesikel der Nervenendigungen aufgenommen wurde. Nach der Entnahme aus dem
Inkubator reinigten wir die Schnitte erneut im Gebrauchspuffer, um überschüssiges [³H]-Cholin
zu entfernen.
2.3.5. Vorperfusion
Nachdem die Superfusionsanlage für 10-15 min mit Carbogen-begastem Gebrauchspuffer
durchspült wurde, um die Schläuche und die Kammern mit diesem zu füllen, wurden die
gereinigten Schnitte nun in die Superfusionskammern mit Hilfe einer Eppendorf-Pipette
überführt. Dabei legten wir in eine Kammer immer nur einen Schnitt (Ausnahme siehe ChAT-
Assay). Bei Schnitten des Neokortex der Maus ist es wichtig darauf zu achten, unter und über
die Schnitte ein Siebchen aus Nylon-Gaze 215 µm zu legen, da sich sonst Teile der Schnitte
aufgrund der geringen Größe der Kortexschnitte der Maus in den gefrästen Löchern des
daruntergelegenen Kammereinsatzes aus Plexiglas verfangen. Dagegen reicht es bei
Gewebeschnitten des Menschen, nur über die Schnitte ein Nylon-Gaze-Siebchen zu legen. In
Versuchen, bei denen wir elektrisch stimulierten, ist es wichtig darauf zu achten, dass sich in den
Kammern keine Luftblässchen mehr befinden, da sonst eine elektrische Stimulation aufgrund
des erhöhten Widerstandes nicht möglich ist.
Während der Vorperfusion wurden die Schnitte mit 37º C warmen, carbogenbegastem
Gebrauchspuffer und einer Geschwindigkeit von 2 ml/ 5 min durch eine Rollenquetschpumpe
umspült. Die Vorperfusion dient dazu, die Schnitte von überflüssigem, extrazellulärem [³H]-
2. Material und Methoden 12
Cholin sowie von Zelldetritus zu befreien. Ab der Vorperfusion waren (Ausnahmen siehe
ChAT-Assay) Hemicholinium-3 (10 µM) oder Physostigmin (10 µM) im Gebrauchspuffer
vorhanden, um die erneute Aufnahme von freigesetzten [³H]-Cholin in die Nervenendigung zu
verhindern.
2.3.6. Superfusion
Abbildung 1 stellt den Aufbau der Superfusionsanlage schematisch dar:
Abb. 1. Schematische Darstellung der Superfusionsanlage
10
O
hm
+-
1.
2.
3.
4.
5.
6.
7.
8.
1.
(1) Wasserbecken (37° C) mit Thermostat
(2) Erlenmeyerkolben mit Superfusionspuffer
(3) 12 Superfusionskammern
(4) Stimulator
(5) Oszilloskop
(6) Rollenquetschpumpe
(7) Polyethylen-Röhrchen
(8) Fraktionssammler
2. Material und Methoden 13
Nach Abschluss der Vorperfusion wurden die Kammern weiterhin mit 2 ml/ 5min umspült, um
nun die freigesetzte Tritiummenge in vials in einem Fraktionssammler (Retriever) zu sammeln.
Dabei lief der Retriever alle 5 min ein vial weiter, so dass pro vial 2 ml radioaktiver Puffer
gesammelt wurde.
Die folgenden zwei Abbildungen geben einen Überblick über die einzelnen Versuchsabläufe:
Inkubation (Kalium od. elektrisch) (Kalium od. elektrisch)
mit [³H]-Cholin Vorperfusion
40 min 75 min 15 min 60 min
Abb. .....:Superfusionsversuch mit
Während des Versuches wurden die Schnitte durch elektrischen Reiz oder durch Kalium-
Depolarisation stimuliert:
Inkubation Vorperfusion
S1 S2 (Kalium od. elektr..) (Kalium od. elektr..)
S1 S2
Zeit
[³H]-Freisetzu
ng
Superfusionsversuch mit zwei Stimulationen S1 und S2 (je 4 min 20 mM Kalium oder elektrisch: 90 Pulse a 2 ms, 3 Hz, 68 mA). Die Zugabe der Testsubstanz erfolgte ab der Vorperfusion. Bei den Kontrollen wurde auf die Zugabe der Testsubstanz verzichtet. Einzel-heiten zu den durchgeführten Versuchen im Kapitel „Ergebnisse“.
Abb. 2: Superfusionsversuch mit 2 Stimulationen:
40 min 75min 15 min 60 min
2. Material und Methoden 14
Die elektrische Stimulation erfolgte mittels Platinelektroden, die in die Kammern eingelassen
sind, und die mit einem Stimulator in Verbindung stehen. Bei unseren Versuchen wählten wir
eine Reizdauer von 30 s, eine Reizbreite von 2 ms und eine Frequenz von 3 Hz, so dass bei
jeder Stimulation 90 Pulse abgegeben wurde. Die Stromstärke stellten wir auf 68 mA ein, die
Spannung lag ungefähr bei 140 mV.
Die chemische Stimulation wurde durch Umstecken der Schläuche aus dem jeweiligen
Gebrauchspuffer in den dazugehörigen Kaliumpuffer erreicht, der bis auf die erhöhte Kalium-
Konzentration (und die entsprechend verringerte Natrium-Konzentration) genau dieselben
Substanzen wie der vorherige Gebrauchspuffer enthielt. Die Natrium-Konzentration wurde
dabei so verringert, dass die Ionenstärke im Puffer konstant blieb. Wir wählten hier eine
Reizdauer von 4 min und eine Kalium-Konzentration von 20 mM. (Ausnahmen siehe ChAT-
Assay)
Abb. 3: Superfusionsversuch mit drei Stimulationen
S1 S2 S3 (Kalium od. elektr.) (Kalium od. elektr.) (Kalium od. elektr.)
Inkubation Vorperfusion
40 min 75 min 10 min 40 min 70 min
S1 S2 S3
Zeit
Superfusionsexperiment mit drei Stimulationen S1, S2 und S3 (je 4 min mit 20 mM Kalium oder elektrisch: 90 Pulse a 2 ms, 3 Hz, 68 mA). Die Zugabe der Testsubstanz erfolgte 15 min vor S2. Bei den Kontrollen wurde auf die Zugabe der Testsubstanz verzichtet. Einzelheiten zu dendurchgeführten Versuchen siehe im Kapitel „Ergebnisse“.
[³H]-Freisetzu
ng
2. Material und Methoden 15
Am Ende des Versuches wurden die Gewebeschnitte aus den Kammern vorsichtig entfernt,
und in vials überführt, die je 0.5 ml Soluene 350® enthielten. Dieses Mittel führt zu einem
Auflösen des Gewebes innerhalb einer Stunde.
Die Schnitte und das in den vials gesammelte radioaktive Puffergemisch, das sogenannte
Superfusat, wurden nun mit 10 bzw. 3 ml eines Szintillationscocktails (Ultima Gold®) versetzt,
der die anfallende ß-Strahlung in Lichtblitze umwandelt. Nach kurzem Vortexen wurden die
vials in den Counter überführt, der den jeweiligen radioaktiven Tritiumgehalt des Superfusates
anhand der anfallenden Lichtblitze quantifizieren konnte.
2.3.7. Berechnung und Statistik
2.3.7.1. Zählausbeute für Schnitte und Superfusate
Da die vom Flüssigkeitsszintillationszähler gemessene Anzahl der Lichtblitze nur einem Teil der
radioaktiven Zerfälle entspricht, musste die sogenannte Zählausbeute (counting efficency, C.E.)
für die jeweiligen Messbedingungen festgelegt werden. Für die Superfusate errechnete sich die
Zählausbeute aus dem Quotienten counts per minute (cpm) eines Superfusat-Ultima-Gold-
Standards mit [³H]-H2O bekannter Aktivität minus dem Hintergrundrauschen (background;
BG) des Superfusat-Ultima-Gold-Gemisches ohne Radioaktivität und des disintegrations per
minute (dpm), d.h. den tatsächlichen Zerfällen des eingesetzten [³H]-H2O:
Für die Schnitte ergab sich eine Zählausbeute aus dem Quotienten der cpm eines Schnitt-
Soluene-350-Ultima-Gold-Standards nach Zugabe von [³H]-Toluol bekannter Aktivität minus
dem Background (BG) dieses Gemisches ohne Radioaktivität und den tatsächlichen Zerfällen
(dpm) des [³H]-Toluols:
cpm (Superfusat-Standard + [³H]-H2O)-cpm (BG) C.E. Superfusat =
dpm ([³H]-H2O)
2. Material und Methoden 16
Die Zählausbeute erlaubte die retrograde Bestimmung der tatsächlichen Zerfälle x pro Minute
(in dpm) von Superfusaten und Schnitten aus den gemessenen counts y pro Minute (in cpm) mit
Hilfe folgender Formel:
Die Zerfälle pro Minute sind ein Maß für die Menge an Tritium in den Messvials.
2.3.7.2. Prozentuale Radioaktivitätsabgabe
Da die Schnitte eine unterschiedliche radioaktive Beladung aufwiesen, und deshalb die absolute
Freisetzung der [³H]-markierten Transmitter variierte, wurde die prozentuale
Radioaktivitätsabgabe (fractional rate) jeder Fraktion bestimmt. Die fractional rate ließ sich aus
dem Quotienten der Radioaktivität in einer Fraktion und der im Schnitt enthaltenen
Radioaktivität zu Beginn dieser Fraktion bestimmen.
2.3.7.3. Basalausfluss
C.E. Schnitt = cpm (Schnitt-Standard + [³H]-Toluol)-cpm (BG)
fractional rate = [³H]-Gehalt in einer 5-min-Fraktion
[³H]-Gehalt im Gewebe zu Beginn der Fraktion
x (in dpm) = y (in cpm)- BG (in cpm)
C.E.
dpm ([³H]-Toluol)
2. Material und Methoden 17
Der basale Ausfluss bx (Basalwert; x = 1-3) beschreibt die nicht stimulierte [³H]-Abgabe der
Schnitte zum Zeitpunkt der x-ten Stimulation. Zur Berechnung von bx wurde die fractional rate
der letzten Fraktion vor der Stimulation verwendet. Um Einflüsse von Substanzen auf den
basalen Ausfluss zu prüfen, wurden bei Gabe der zu testenden Substanz 15 min vor S2 die
Verhältnisse b2/b1 bzw b3/b1 betrachtet, bei Gabe der zu testenden Substanz ab der
Vorperfusion wurde nur der b1-Wert betrachtet.
2.3.7.4. Stimulationsbedingte Sn cpm-Werte
Bei der Berechnung der stimulationsbedingten Sn cpm-Werte (n = 2-3) addierte sich die [³H]-
Abgabe (cpm-Werte) der Stimulationsfraktion und der nachfolgenden drei Fraktionen
(Stimulationsbreite = 4 Fraktionen). Die Summe der basalen [³H]-Abgaben während dieser 4
Fraktionen wurde berechnet, indem man den Mittelwert der [³H]-Abgabe (cpm-Wert) der
letzten Fraktion vor der Stimulation und der Fraktion 20 – 25 min nach Stimulationsbeginn
berechnet (unter der Annahme eines linearen basalen Abfalls) und ihn mit 4
(= Stimulationsbreite) multipliziert. Diese Summe wurde von der [³H]-Freisetzung während den
4 Stimulationsfraktionen subtrahiert. Um einen Effekt der 15 min vor S2 gegebenen zu
untersuchenden Substanz auf die reine [³H]-Abgabe zu beweisen, berechneten wir die
Quotienten der S2 cpm/ S1 cpm bzw. S3 cpm/ S1 cpm. Der S1 cpm-Wert diente hier als Kontrolle.
2.3.7.5. Stimulationsbedingte [³H]-Freisetzung und S1-Werte
Sn cpm = Summe der 4 cpm-Werte ab n-tem Stimulationsbeginn minus 4 mal (4 = Stimulationsbreite) der halben Summe des cpm-Wertes 0-5 min vor und des cpm-Wertes 20-25 min nach n-tem Stimulationsbeginn
2. Material und Methoden 18
Wir berechneten die Sn- Werte (stimulationsbedingte [³H]-Freisetzung), indem wir die jeweiligen
Sn dpm-Werte (Berechnung analog de Sn cpm-Werte) durch den zu Beginn der Stimulation
enthaltenen [³H]-Menge in den Schnitten dividierten und das Ergebnis mal 100 nahmen, um
eine Prozentangabe zu erhalten.
Um Effekte von ab der Vorperfusion gegebenen Substanzen auf die stimulationsbedingte [³H]-
Freisetzung zu prüfen, untersuchten wir die S1-Werte dieser Kammern und verglichen sie mit
den S1-Werten der Kontrollkammern.
Um Effekte von Substanzen auf die [³H]-Freisetzung bei Versuchen zu prüfen, in denen wir die
Substanzen 15 min vor S2 gaben, berechneten wir die S2/S1-Quotienten bzw. die S3/S1-
Quotienten. Durch die Bildung des Sn/S1-Quotienten war es möglich, eine von Schnittgröße
und Beladung unabhängige Größe zu erhalten, die eine Quantifizierung des Einflusses von
Testsubstanzen auf die stimulationsbedingte Tritiumabgabe erlaubte.
2.3.7.6. Statistische Auswertung
Die Ergebnisse sind als arithmetische Mittelwerte mit 95%-Konfidenzintervallen (CI95)
dargestellt. Mit Hilfe der Einweg-Varianzanalyse wurde festgestellt, ob sich zwischen den
einzelnen Mittelwerten überhaupt ein Unterschied fand. Um die Signifikanz von
Mittelabweichungen einzelner Gruppen zu den Kontrollen zu berechnen, wurde der zweiseitige
Student´s t-Test durchgeführt. Das Signifikanzniveau wurde als p-Wert angegeben. Nicht
signifikante Unterschiede wurden entsprechend gekennzeichnet. Auch die Angabe der Effekte
von Substanzen erfolgte mit CI95.
Um zu zeigen, dass Mittelwerte zweier Gruppen sich nicht bedeutsam unterscheiden, wurde
deren Äquivalenz geprüft. Wir definierten 2 Mittelwerte als äquivalent, wenn sich deren
Erwartungswerte mit 95%-er Wahrscheinlichkeit um weniger als 20 % unterschieden.
Abweichungen von dieser Regel sind extra gekennzeichnet. Da wir denken, dass der
Sn = (Sn dpm Berechnung analog Sn cpm)
[³H]-Gehalt im Gewebe zu Beginn der Stimulations-Fraktion
* 100
2. Material und Methoden 19
Äquivalenzansatz leichter anhand von Beispielen verstanden werden kann, wird er hier nicht im
Detail beschrieben, sondern soll aus der Tabelle 1 abgeleitet werden.
2.4. Bestimmung der ChAT-Aktivität
Die Versuche zur Bestimmung der ChAT-Aktivität bestanden aus einem modifizierten
Superfusionsexperiment und dem sich anschließenden eigentlichen ChAT-Assay.
2.4.1. Superfusion
Menschliches Neokortexgewebe bzw. Neokortexgewebe der Maus wurden mit einem Mc-
Illwain-Gewebeschneider in Schnitte von 0.35 bzw. 0.3 mm Dicke zerteilt und nach Transfer in
Gebrauchspuffer mit Hilfe eines Vortex getrennt. Anschließend wurden die Schnitte ohne
radioaktive Markierung sofort in die Superfusionskammern (1-3 Schnitte bei menschlichem
Neokortexgewebe bzw. 4-6 Schnitte bei Neokortexgewebe der Maus) überführt und 30 min mit
Gebrauchspuffer bei einer Flussrate von 2 ml/5 min vorperfundiert. Zum Zeitpunkt t = 0 min
der eigentlichen Superfusion wurden die Schnitte in sechs der zwölf Superfusionskammern bei
Versuchen der Abb. 10 für 4 min in einem 20 mM Kalium-Stimulationspuffer depolarisiert,
während durch die übrigen sechs Kammern weiterhin Gebrauchspuffer floss (Flussrate 2 ml/5
min). Bei Versuchen der Abb. 11 wurden dagegen zum Zeitpunkt t = 0 min der eigentlichen
Superfusion die Schnitte in acht der zwölf Superfusionskammern für 4 min in zwei Kalium-
Stimulationspuffer (10 mM, 20 mM, 40mM oder 80 mM) depolarisiert, während durch die
übrigen vier Kammern weiterhin Gebrauchspuffer floss. Während des Experimentes waren
weder Testsubstanzen noch Hemicholinium-3 anwesend.
Nach insgesamt 20-minütiger Superfusion wurden die Superfusionskammern geöffnet und die
Schnitte in Eppendorf-Gefäße, die 500 µl eisgekühlten Homogenisationspuffer (0.32 M
Saccharose-Lösung gepuffert mit 2.5 mM HEPES; pH = 7.4) enthielten, überführt. Bis zur
Durchführung des ChAT-Assays wurden die Schnitte bei – 80° C aufbewahrt.
Der Ablauf ist in Abb. 4 nochmals schematisch dargestellt:
2. Material und Methoden 20
2.4.2. ChAT-Assay
2.4.2.1. Durchführung
Die Durchführung des Assays erfolgte nach der Methode von Fonnum (1975) mit leichten
Veränderungen nach Cassel et al. (1993) und Jackisch et al. (1995).
Nach dem Auftauen wurden die Schnitte im Homogenisationspuffer per Ultraschall
homogenisiert und je 100 µl des Rohhomogenates mit 100 µl Inkubationsmedium versetzt. Das
Inkubationsmedium setzte sich wie folgt zusammen:
Lösung A: 357.333 mM Sucrose
2.79 mM HEPES
143.82 mM NaCl pH = 7.4
98.71 mM NaH2PO4*H2O
1 mM EGTA
Lösung B: 20 mM Physostigmin-Sulfat
Lösung C: 5% Triton-X100 in 10 mM EDTA-Lösung (pH = 7.4)
Das Inkubationsmedium bestand aus 15 ml der Lösung A, 150 µl der Lösung B und 1.5 ml der
Lösung C.
Vom Rohhomogenat–Inkubationsgemisch jeder Superfusionskammer wurden anschließend je
12 µl auf 5 Eppendorf-Gefäße (3 Messwerte und 2 Eiswerte; s.u.) verteilt und mit 6 µl einer 32
Stimulation (4 min) Präparation des Gewebes Vorperfusion
30 min 0 5 10 15 20 min
2. Material und Methoden 21
mM Cholin-Bromid-Lösung versetzt. Danach begann der eigentliche Assay, indem im 20-
Sekunden-Takt zu jedem Eppendorf-Röhrchen 6 µl eines [14C]-Acetyl-Coenzym A-Cocktails
(0.8333 mM [14C]-Acetyl-Coenzym A [Aktivität: 51.0 Ci/mol], 2 mM Acetyl-Coenzym A, H20
Bidest.) hinzupipettiert wurden. Die drei Messwert-Eppendorf-Gefäße jeder Kammer wurden
für 20 min in einem 37° C warmen Heizblock inkubiert, während die zwei Eiswert-Eppendorf-
Gefäße für die entsprechende Zeitspanne auf Eis gehalten wurden. Während dieser Zeit
synthetisierte die durch Homogenisation freigesetzte ChAT aus den vorhandenen Substraten
[14C]-ACh und nicht-radioaktiv markiertes ACh.
Nach Ablauf dieser 20 min wurden wieder im 20 Sekunden-Takt aus jedem Eppendorf-Gefäß
20 µl Inhalt entnommen und in ein Messgläschen überführt, das eine Mischung aus 5 ml 10 mM
Natrium-Phosphat-Puffer (pH = 7.4) und 2 ml Acetonitril-Kalignost-Lösung (500 mg Natrium-
Tetraphenylborat (Kalignost) auf 100 ml Acetonitril) enthielt. Damit wurde die Synthese von
ACh bzw. [14C]-ACh gestoppt. Es folgte die Zugabe von 10 ml Toluolszintillationsflüssigkeit
(Rotiszint) zu jeder Probe und nach gründlichem Schütteln ließ man die Proben mehrere
Stunden zur Extraktion und Phasentrennung stehen. Der entstandene [14C]-ACh-Kalignost-
Komplex löste sich in dieser Zeit in der Toluol-Phase, während das nicht umgesetzte [14C]-
Acetyl-Coenzym A in der wässrigen Phase verblieb. In einem Flüssigkeitsszintillationszähler
wurde schließlich der [14C]-Gehalt der [14C]-ACh-Kalignost-Toluol-Phase quantifiziert.
Um die gebildete [14C]-ACh-Menge in nmol berechnen zu können, wurden zusätzlich fünf
Standards mit je 6 µl des [14C]-Acetyl-Coenzym A-Cocktails und 10 ml Ultima-Gold
Szintillationscocktail gemessen.
2.4.2.2. Bestimmung des Proteingehaltes
20 µl des Rohhomogenates der Schnitte jeder Kammer wurden mit 180 µl 0.1 M NaOH
gemischt und der Proteingehalt von jeweils drei Proben nach der Methode von Lowry (1951)
bestimmt.
In einer Mikrotiterplatte wurden 25 µl Probe mit 250 µl Lowry-D-Lösung folgender
Zusammensetzung versetzt:
Lowry A: 0.188 mM Na2Co3 in 0.1 N NaOH-Lösung
2. Material und Methoden 22
Lowry B: 2% Kalium-Natrium-Tartrat-Lösung
Lowry C: 1% CuSO4*5H2O Lösung
Lowry D ist die gebrauchsfertige Mischung aus 100 Teilen Lowry A und jeweils einem Teil
Lowry B und Lowry C.
Nach 15 min erfolgte die Zugabe von 25 µl Folin-Ciocalteus-Phenolragens (1:1 mit H2O bidest.
verdünnt) und nach weiteren 30 min wurde in einem Dynatech MRX Microplate Reader bei
einer Wellenlänge von 750 nm die Extinktion der entstandenen Kupferkomplexe bestimmt.
Mittels einer Eichkurve mit Standardverdünnungen von bovinem Serumalbumin (0.625 µg/25
µl bis 6.25 µg/25 µl) und unter Berücksichtigung der bei der ChAT-Messung und
Proteinbestimmung eingesetzten Verdünnungen und Volumina konnte die durchschnittliche
Proteinmenge (mg Protein) der Assays jeder Kammer ermittelt werden.
2.4.2.3. Berechnung der spezifischen ChAT-Aktivität
Die spezifische ChAT-Aktivität (nmol/ mg Protein/ min) des Rohhomogenates jeder
Superfusionskammer errechnete sich aus der Differenz der gebildeten [14C]-ACh-Menge (mg
Protein) und der Dauer der ChAT-Messung (20 min).
Die statistische Auswertung erfolgte wie in Kapitel 2.3.7.6. beschrieben.
3. Ergebnisse 23
3. Ergebnisse
3.1. Vergleich der Depolarisationsabhängigkeit der ChAT-
Aktivierung beim Menschen und der Maus
Die Hypothese der depolarisationsabhängigen ChAT-Aktivierung besagt, dass die intrazelluläre
ChAT durch längerdauernde (hier 4 min) Kalium-Depolarisation aktiviert wird, nicht aber durch
kurzdauernde (90 *2 ms = 180 ms) elektrische Depolarisation. Mit den folgenden Experimenten
verifizierten wir die Hypothese im Neokortex des Menschen, während wir sie im Neokortex der
Maus falsifizierten.
3.1.1. Der S2/S1-Quotient im Vergleich Mensch/Maus und im Vergleich der elektrisch
und Kalium-evozierten Stimulation ohne Zusatz von Medikamenten
Nach der oben genannten Hypothese müsste es im Gewebe des menschlichen Neokortex durch
eine 4-minütige Kalium-Depolarisation bei S1 zu einer vermehrten Bildung von nicht-
radioaktivem ACh zwischen S1 uns S2 und kommen. Bei gleicher Menge an ACh-Freisetzung bei
S2 müsste es im Vergleich zu S1 zu einer verminderten Ausschüttung von radioaktiv-markiertem
ACh bei S2 kommen. Der S2/S1-Wert müsste demnach hier vermindert sein, während er bei
elektrischer Stimulation oder im Gewebe der Maus näher bei 1 liegen müsste.
Abb. 5 bestätigt diese Überlegung.
Zur Kalium-Stimulation verwendeten wir eine 20 mM Kalium-Konzentration für vier Minuten.
Elektrisch stimulierten wir, wie in Abb. 2 beschrieben, mit 3 Hz, 90 Pulse, 2 ms, 68 mA.
Im Gewebe des Neokortex des Menschen sehen wir einen S2/S1-Quotienten von 0.49 [0.35,
0.62] bei Kalium-Depolarisation und einen S2/S1-Quotienten von 1.08 [0.96, 1.20] bei
elektrischer Stimulation (p < 0.01). Damit lag wie erwartet der S2/S1-Wert bei elektrischer
Stimulation ungefähr bei 1, während er bei Kalium-Depolarisation deutlich tiefer lag.
3. Ergebnisse 24
Bei Versuchen mit der Maus sahen wir keinen Unterschied zwischen den S2/S1-Quotienten bei
Kalium-Depolarisation und elektrischer Stimulation. Hier lag der S2/S1-Quotient bei Kalium-
Depolarisation bei 0.81 [0.68, 0.94] und bei elektrischer Stimulation bei 0.84 [0.73, 0.96] und
waren damit äquivalent (Unterschied kleiner 20% mit p < 0.05).
Abb. 5: Effekt der Kalium-Depolarisation (20 mM; 4 min) beim Menschen und der Maus auf die [³H]-
ACh-Freisetzung im Vergleich zur elektrischen Stimulation. Hemicholinium-3 (10 µM) war ab der
Vorperfusion anwesend. ( Daten von Sigle JP (Dissertation 2001))
0
0,2
0,4
0,6
0,8
1
1,2
1,4
n=11 n=6 n=16 n=9
K+(20 mM) elektr. K+(20 mM) elektr. Menschliches Gewebe Gewebe der Maus
S2/S1-Quotien
t
________________________________________________________________________________________________________ K+-evozierte [3H]-ACh-Frei- elektrisch-evozierte [3H]-ACh-Frei-
setzung (20 mM, 4 min) setzung (3 Hz, 90 Pulse) ________________________________________________________________________________________________________ menschliches neo- 0.49 [0.35, 0.62] n = 11 1.08 [0.96, 1.20] n = 6 kortikales Gewebe Signifikanter Unterschied zwischen 0.49 und 1.08, da sich die CI95`s
nicht überschneiden neokortikales Gewebe 0.81 [0.68, 0.94] n = 11 0.84 [0.73, 0.96] n = 16 der Maus das auf Äqivalenz hindeutende CI95 = [-0.615, +0.615] beinhaltet das CI95 der wahren Äqivalenz [-0.06, +0.13]
3. Ergebnisse 25
Tabelle 1: [3H]-ACh-Freisetzung im menschlichen neokortikalen Gewebe und im neokortikalen Gewebe
der Maus: Vergleich der S2/S1-Werte. Die S2/S1-Mittelwerte im neokortikalen Gewebe des Menschen
sind signifikant verschieden. Ob Werte, die nicht signifikant verschieden sind, äquivalent sind, lässt sich
anhand der Analyse der Abweichung von null der Differenz der Schätzer dieser Werte bestimmen. Nur
eine Differenz nahe null mit einer geringen Abweichung verträgt sich mit der Annahme einer
Äquivalenz. Die Abweichung von null kann in Zusammenhang mit den gepoolten S2/S1-Werten
gebracht werden, z. B. von 25 einzelnen Werten im neokortikalen Gewebe der Maus. Wenn wir
willkürlich eine Abweichung von + 20% zu dem Mittelwert von 0.83 als experimentell "irrelevant"
einstufen, und damit Äquivalenz definieren, sollte die Varianz der Differenz 0.81-0.84 innerhalb des
Intervalls [-0.165, +0.165] liegen. Das ist im neokortikalen Gewebe der Maus der Fall.
3.1.2. Superfusionsexperimente mit ChAT-Inhibitoren
Durch die Gabe spezifischer Inhibitoren sollte die Aktivierung der ChAT durch die erste
Stimulation S1 und die konsekutive Verdünnung des [³H]-ACh-Pools der cholinergen Neurone
vor der zweiten Stimulation S2 durch neusynthetisiertes, nicht-radioaktiv markiertes ACh
verhindert werden. Als Resultat wurde ein erhöhter S2/S1-Quotient der Kalium-evozierten [³H]-
ACh-Freisetzung beim Menschen erwartet, während sich bei elektrischer Stimulation und bei
Stimulation im Neokortexgewebe der Maus keine Änderung ergeben sollte.
Zum Einsatz kamen der indirekte ChAT-Inhibitor Okadasäure [Issa et al., 1996] und der direkte
ChAT-Inhibitor Br-ACh [Roskoski, 1974].
3.1.2.1. Gabe von Okadasäure (50 nM) bei Kalium-Stimulation
Zur Hemmung der ChAT wurde der indirekte ChAT-Inhibitor Okadasäure (50 nM) ab der
Vorperfusion eingesetzt. Die Neokortexschnitte wurden zum Zeitpunkt t1 = 15 min (S1) und t2
= 60 min (S2) der Superfusion mit 20 mM Kalium-Stimulationspuffer für jeweils 4 min
depolarisiert.
Im Gewebe des Neokortex des Menschen lag der normierte S2/S1-Quotient bei 1.00 [0.73, 1.27],
mit Okadasäure betrug dieser Wert 1.61 [1.08, 2.16]. Durch Okadasäure (50 nM) wurde der
3. Ergebnisse 26
S2/S1-Quotient der Kalium-evozierten [³H]-ACh-Freisetzung im menschlichen
Neokortexgewebe also signifikant um 61% gesteigert (p < 0 05).
Im Gewebe des Neokortex der Maus lag der normierte S2/S1-Quotient bei 1.00 [0.84, 1.16], mit
Okadasäure betrug dieser Wert 1.06 [0.85, 1.27]. Hier wurde der S2/S1-Quotient durch Gabe
von Okadasäure kaum gesteigert, die Werte waren äquivalent (Unterschied < 20% mit
p < 0.05).
Abb. 6: Effekt von Okadasäure (50 nM) ab der Vorperfusion auf die Kalium-evozierte [³H]-ACh-Freisetzung im menschlichen Neokortex und im Neokortex der Maus. Hemicholinium-3 (10 µM) war ab der Vorperfusion anwesend. ( Daten von Sigle JP (Dissertation 2001))
3.1.2.2. Gabe von Okadasäure (50 nM) bei elektrischer Stimulation
Nach der Hypothese der depolarisationsabhängigen ChAT-Aktivierung ist bei einer kurzen
elektrischen Stimulation auch im menschlichen Gewebe keine Aktivierung der ChAT zu
erwarten. Somit sollte der S2/S1-Quotient durch die Gabe eines ChAT-Inhibitors nicht
wesentlich verändert werden. Zur Überprüfung dieses Sachverhaltes wurde der unter 3.1.2.1.
0
0.5
1
1.5
2
Kontrolle Okadasäure Kontrolle Okadasäure Menschliches Gewebe Gewebe der Maus
n = 11 n = 6 n = 9 n = 10
S2/S1-Quotien
t norm
iert auf
Kontrolle
3. Ergebnisse 27
beschriebene Versuch unter elektrischen Stimulationsbedingungen (3 Hz, 90 Pulse, 2 ms, 68
mA) durchgeführt.
Abb. 7: Einfluss von Okadasäure (50 nM) ab der Vorperfusion auf die elektrisch evozierte [³H]-ACh-Freisetzung im menschlichen Neokortex und im Neokortex der Maus. Hemicholinium-3 (10 µM) war ab der Vorperfusion anwesend. ( Daten von Sigle JP (Dissertation 2001))
Der normierte S2/S1-Quotient der Kontrollen unterschied sich bei Versuchen mit
menschlichem Gewebe mit einem Wert von 1 [0.84, 1.16] nur unwesentlich von dem der mit
Okadasäure (50 nM) superfundierten Kammern, deren Wert sich auf 0.99 [0.88, 1.10] belief, die
beiden Werte zeigte sich im Äquivalenztest als äquivalent (Unterschied < 20% mit p < 0.05).
Auch bei Versuchen mit Neokortexgewebe der Maus zeigten die entsprechenden Werte nur
einen unwesentlichen Unterschied. Der normierte S2/S1-Quotient der Kontrollen lag bei 1 [0.90,
1.10], der entsprechende Wert der Kammern, die ab der Vorperfusion mit Okadasäure
behandelt wurden, bei 1.08 [0.99, 1.17]. Auch hier erwiesen sich die Werte im Äquivalenztest als
äquivalent.
Damit beeinflusst der indirekte ChAT-Inhibitor Okadasäure den S2/S1-Quotienten der
elektrisch evozierten ACh-Freisetzung weder beim Menschen noch bei der Maus.
0
0.2
0.4
0.6
0.8
1
1.2
n = 6 n = 6 n = 20 n = 22
S1/S2-Quotien
t norm
iert auf Kontrolle
Kontrolle Okadasäure Kontrolle Okadasäure Menschliches Gewebe Gewebe der Maus
3. Ergebnisse 28
3.1.2.3. Gabe von Br-ACh (30 µM) bei Kalium-Stimulation
Der direkte ChAT-Inhibitor Br-ACh (30 µM) wurde ab der Vorperfusion zugesetzt und die
Neokortexschnitte wurden zum Zeitpunkt t1 = 15 min (S1) und t2 = 60 min (S2) der Superfusion
mit 20 mM Kalium-Stimulationspuffer für jeweils 4 min depolarisiert. Physostigmin (10 µM)
war ab der Vorperfusion anwesend, um durch Inhibition der AChE die Spaltung von ACh und
Br-ACh zu verhindern und damit die sonst nachfolgende erneute Aufnahme von radioaktivem
Cholin zu unterbinden.
Abb. 8: Effekt von schon ab der Vorperfusion anwesendem Br-ACh (30 µM) auf die Kalium-evozierte [³H]-ACh-Freisetzung im menschlichen Neokortex und im Neokortex der Maus. Physostigmin (10 µM) war ab der Vorperfusion anwesend. ( Daten von Sigle JP (Dissertation 2001))
Bei den Kontrollen lag der normierte S2/S1-Quotient im menschlichen Neokortexgewebe bei 1
[0.29, 1.71], während der entsprechende Wert der Kammern, die ab der Vorperfusion mit
Bromoacetylcholin behandelt wurden, bei 1.78 [1.32, 2.22] lag. Der S2/S1-Quotient der Kalium-
0
0.5
1
1.5
2
Kontrolle Br-ACh Kontrolle Br-ACh
Menschliches Gewebe Gewebe der Maus
n = 7 n = 9 n = 15 n = 12
S2/S1-Quotien
t norm
iert auf Kontrolle
3. Ergebnisse 29
evozierten [³H]-ACh-Freisetzung im menschlichen Neokortexgewebe wurde durch die
Anwesenheit von Br-ACh signifikant um 78% gesteigert (p < 0.05).
Bei Versuchen mit Neokortexgewebe der Maus war dagegen kein Unterschied in den S2/S1-
Quotienten der Kontrollkammern und den Kammern, die ab der Vorperfusion mit Br-ACh
behandelt wurden, zu finden. Der normierte S2/S1-Quotient der Kontrollkammern lag bei 1.00
[0.94, 1.06], der entsprechende Wert der Kammern, bei denen ab der Vorperfusion Br-ACh
zugesetzt wurde, auch bei 1.00 [0.82, 118]. Die Werte erwiesen sich als äquivalent (Unterschied
< 20 % mit p < 0.05).
3.1.2.4. Gabe von Br-ACh (30 µM) bei elektrischer Stimulation
Abb.9: Einfluss von Br-ACh (30 µM) auf die elektrische [³H]-ACh-Freisetzung im Neokortexgewebe der Maus. Physostigmin (10 µM) war ab der Vorperfusion anwesend. Aufgrund der geringen Verfügbarkeit von menschlichem Gewebe, führten wir die Versuche zur
Überprüfung des Einflusses von Br-ACh auf die elektrische [3H]-Ach-Freisetzung im Neokortex
nur an der Maus durch. Wir konnten dies verantworten, da wir beim Menschen in 3.1.2.2. schon
0
0.2
0.4
0.6
0.8
1
1.2
1.4
S2/S1-Quotien
t norm
iert auf Kontrolle
Kontrolle Br-ACh Gewebe der Maus
n = 9 n = 7
3. Ergebnisse 30
gezeigt hatten, dass sich keine Veränderung der S2/S1-Quotienten durch Gabe eines ChAT-
Inhibitors ab der Vorperfusion ergibt.
Der Versuch wurde wie in 3.1.2.3. durchgeführt, nur wählten wir statt einer 4-minütigen
Kalium-Depolarisation die schon in 3.1.2.2. verwendete elektrische Stimulationsform (3 Hz, 90
Pulse, 2 ms, 68 mA).
Bei den Kontrollen betrug der normierte S2/S1-Quotient im Neokortexgewebe der Maus 1.00
[0.80, 1.20], bei den Kammern, die mit Br-ACh ab der Vorperfusion behandelt wurden, lag er
bei 0.89 [0.66, 1.12]. Da wir eine Steigerung des S2/S1-Quotienten durch Br-ACh ausschließen
wollten, definierten wir hier Äquivalenz als Steigerung des S2/S1-Quotienten mit Br-ACh unter
20% mit p < 0.05. Somit waren die Werte hier äquivalent, was eine Steigerung (> 20 %) des
S2/S1-Quotienten durch Br-ACh ausschloss.
3.1.3. Messung der ChAT-Aktivität
3.1.3.1. Vergleich Mensch/Maus bei 20 mM Kalium-Depolarisation
Nachdem es mit Hilfe eines direkten und eines indirekten ChAT-Inhibitors im
Superfusionsexperiment gelang, den S2/S1-Quotienten der Kalium-evozierten [³H]-Freisetzung
im menschlichen Neokortexgewebe zu erhöhen, während im Gewebe der Maus kein
Unterschied des S2/S1-Quotienten festzustellen war, wollten wir die somit indirekt belegte
ChAT-Aktivierung durch Kalium-Depolarisation noch direkt im ChAT-Assay mit
menschlichem Neokortexgewebe verifizieren und mit Neokortexgewebe der Maus
falsifizieren.
Wir wählten hierzu das in 2.4.1. beschriebene Experiment: Die Hälfte der neokortikalen
Schnitte des Menschen und der Maus wurden zum Zeitpunkt t = 0 vier Minuten mit 20 mM
Kalium depolarisiert, die andere Hälfte wurde im Kontrollpuffer gelassen, und nach weiteren
20 Minuten wurden alle Schnitte aus den Kammern entnommen und in ein
Homogenisationspuffer (pH = 7.4) überführt. Anschließend wurde die ChAT-Aktivität
(nmol/mg Protein/min) mittels eines ChAT-Assays nach der Methode von Fonnum
bestimmt.
3. Ergebnisse 31
Die genormte ChAT-Aktivität im menschlichen Gewebe betrug 1.00 [0.74, 1.26] bei den
Kontrollen und 1.49 [1.04, 1.95] bei den Test-Kammern. Die Aktivität der ChAT nahm somit
infolge der Kalium-Depolarisation um 49 % zu (p < 0.05).
Abb. 10: Einfluss von 4 min 20 mM Kalium-Depolarisation auf die ChAT-Aktivität im menschlichen
Neokortexgewebe und im Neokortexgewebe der Maus. ( Daten von Sigle JP (Dissertation 2001))
Im Neokortexgewebe der Maus sahen wir keinen Unterschied in der ChAT-Aktivität mit oder
ohne 4-minütige 20 mM Kalium-Depolarisation. Die genormte ChAT-Aktivität der Kontrollen
betrug hier 1.00 [0.82, 1.18], während sie bei den Schnitten, die mit Kalium depolarisiert
wurden, bei 1. 07 [0.86, 1.28] lag. Wir sahen hier nur eine unsignifikante Steigerung der ChAT-
Aktivität nach Kalium-Depolarisation, die aber deutlich unter 20 % lag (p ~ 0.06).
3.1.3.2. Messung der ChAT-Aktivität bei unterschiedlichen Kalium-Konzentrationen in
Neokortexschnitten des Menschen
0
0.5
1
1.5
2
2.5
Kontrolle K+ 20 mM Kontrolle K+ 20 mM
Menschliches Gewebe Gewebe der Maus
n = 12 n = 9 n = 18 n = 18
Gen
orm
te ChAT-A
ktivität
3. Ergebnisse 32
Nachdem es uns gelungen war, die ChAT-Aktivierung durch eine direkte und eine indirekte
Methode zu belegen, interessierte es uns, bei welchen Kalium-Konzentrationen wir eine
Aktivitätssteigerung der ChAT im menschlichen Neokortex finden würden.
Superfundierte menschliche Neokortexschnitte wurden zum Zeitpunkt t = 0 mit
unterschiedlichen Kalium-Konzentrationen für 4 min stimuliert und nach weiteren 20 min in
500 µl eisgekühlten Homogenisationspuffer überführt, um anschließend die ChAT-Aktivität im
ChAT-Assay zu bestimmen.
Abb. 11: Einfluss unterschiedlicher Kalium-Konzentrationen (4 min) auf die ChAT-Aktivität in
neokortikalen Schnitten des Menschen. ( Daten von Sigle JP (Dissertation 2001))
Die genormte ChAT-Aktivität der Kontrollen lag bei 1.00 [0.74, 1.26], die genormte ChAT-
Aktivität der Schnitte, die mit 10 mM Kalium perfundiert wurden, lag bei 1.54 [0.98, 2.10]
(p < 0.05). Damit erreichten wir durch eine 10 mM Kalium-Depolarisation eine
Aktivitätssteigerung der ChAT von 54%. Bei einer Kalium-Konzentration von 20 mM erhielten
wir eine genormte ChAT-Aktivität von 1.49 [1.04, 1.94] (p < 0.05), bei 40 mM Kalium-
0
0,5
1
1,5
2
2,5
Kontrolle 10 mM 20 mM 40 mM 80 mM
(3 mM Kalium) Kalium Kalium Kalium Kalium
Menschliches Gewebe
n = 27 n = 8 n = 9 n = 8 n = 8
Gen
orm
te ChAT-A
ktivität
3. Ergebnisse 33
Konzentration eine genormte ChAT-Aktivität von 1.36 [1.08, 1.65] (p > 0.05) und bei 80
mM Kalium-Konzentration eine genormte ChAT-Aktivität von 1.26 [1.01, 1.53] (p >
0.05) und wir erhielten somit eine Steigerung der ChAT-Aktivität von 49 %, bzw. 36 %
bzw. 26 %.
3. Ergebnisse 34
3.2. Experimente zu Bromoacetylcholin
Wir fanden in unseren Experimenten mit Bromoacetylcholin heraus, dass dieses Pharmakon
mehrere interessante Eigenschaften aufweist. In diesem Teil der Arbeit sollen die Ergebnisse
dargestellt werden, die auf andere Wirkungen von Bromoacetylcholin als die ChAT-Inhibition
hinweisen.
3.2.1. cytolytische Wirkung von Bromoacetylcholin
Um einen cytolytischen Effekt von Bromoacetylcholin nachzuweisen, untersuchten wir die
basale Tritiumausschüttung (fractional rate) eine Fraktion vor den jeweiligen Stimulationen.
3.2.1.1. Gabe von Bromoacetylcholin vor S2 bei elektrischer und Kalium-evozierter
Stimulation in Neokortexschnitten der Maus
Wir führten die folgenden Versuche, wie in 2.3.6. Abb. 3 beschrieben, durch. Bromoacetylcholin
30 µM wurde 15 min vor S2 gegeben. Wir stimulierten bei einigen Versuchen mit 20 mM
Kalium für 4 min, ansonsten mit der üblichen elektrischen Stimulation (3 Hz, 90 Pulse, 2 ms, 68
mA). Physostigmin (10 µM) war ab der Vorperfusion anwesend.
Bei den Kontrollen, bei denen wir mit Kalium stimuliert hatten, lag der normierte bx/b1-Wert
(x = 2-3) bei 1 [0.95, 1.05], während der entsprechende Wert bei den Kammern, bei denen wir
vor S2 Br-ACh hinzugegeben hatten, bei 1.64 [1.52, 1.76] lag (p < 0.01).
Bei den Kontrollen, in denen wir elektrisch stimulierten, lag der normierte bx/b1-Wert bei 1
[0.91, 1.09], auch hier lag der entsprechende Wert mit Br-ACh mit 1.76 [1.60, 1.91] deutlich
höher (p < 0.01).
3. Ergebnisse 35
Kontr. Br-ACh Kontr. Br-ACh
K+ 20 mM elektr.
Abb. 12: Effekt von Br-ACh (30 µM) auf die basale Tritiumausschüttung bei 20 mM Kalium-Stimulation sowie bei elektrischer Stimulation im neokortikalen Gewebe der Maus. Physostigmin (10 µM) war ab der Vorperfusion anwesend.
3.2.1.2. Gabe von Bromoacetylcholin ab der Vorperfusion in neokortikalen Schnitten des
Menschen und der Maus
Der direkte ChAT-Inhibitor Br-ACh (30 µM) wurde zu den Test-Kammern ab der
Vorperfusion hinzugegeben, bei den Kontrollkammern hingegen weggelassen. In diesen
Versuchen wurde der b1-Wert 10 min nach Superfusionsbeginn gemessen, und damit direkt vor
der Stimulation der Schnitte. Im Puffer war Physostigmin (10 µM) ab der Vorperfusion
anwesend.
0
0.5
1
1.5
2
2.5
bx/b1-Quotien
t (x = 2-3)
norm
iert auf Kontrollen
n = 12 n = 12 n = 16 n = 16
3. Ergebnisse 36
Bei den Kontrollen des menschlichen Neokortex lag der normierte b1-Wert bei 1 [0.93, 1.07],
die entsprechenden Werte mit Br-ACh lagen mit 1.30 [1.11, 1.48] deutlich höher (p < 0.01).
Ähnlich verhielt es sich mit den neokortikalen Schnitten der Maus: Hier sahen wir einen
normierten b1-Wert von 1 [0.89, 1.11] und einen entsprechenden Wert mit Br-ACh von 1.59
[1.39, 1.79] (p < 0.01). Somit sahen wir eine Steigerung des b1-Wertes durch Br-ACh um 30 %
in neokortikalen Schnitten des Menschen und um 59 % in neokortikalen Schnitten der Maus.
Kontr. Br-ACh Kontr. Br-ACh
Menschliches Gewebe Gewebe der Maus
Abb. 13: Einfluss von Br-ACh (30 µM) ab der Vorperfusion auf den b1-Wert in menschlichen
neokortikalen Schnitten und in neokortikalen Schnitten der Maus. Physostigmin (10 µM) war ab der
Vorperfusion anwesend.
3.2.2. Erhöhte S-Werte durch Bromoacetylcholin
3.2.2.1. Erhöhte S1-Werte bei Kalium-Stimulation durch Gabe von Bromoacetylcholin ab
der Vorperfusion in neokortikalen Schnitten des Menschen und der Maus
0
0,5
1
1,5
2
n = 24 n = 22n = 7 n = 8
b1-Werte
norm
iert auf Kontrollen
3. Ergebnisse 37
Außer erhöhten b-Werten fanden wir in unseren Experimenten noch erhöhte S1-Werte bei
Kalium-Stimulation, wenn wir Br-ACh ab der Vorperfusion dazugaben. Wir führen diese
Steigerung der radioaktiven Transmitterausschüttung auf eine gesteigerte Exocytose zurück.
Kontr. Br-ACh Kontr. Br-ACh
Menschliches Gewebe Gewebe der Maus
Abb. 14: Effekt von Br-ACh ab der Vorperfusion auf den Kalium-evozierten S1-Wert in neokortikalen
Schnitten des Menschen und der Maus. Physostigmin (10 µM) war ab der Vorperfusion anwesend.
In diesen Experimenten wurde Br-ACh (30 µM) zu den Test-Kammern ab der Vorperfusion
hinzugegeben. Wir stimulierten alle Kammern mit 20 mM Kalium. Man sieht im menschlichen
neokortikalen Gewebe einen normierten S1-Wert von 1 [0.57, 1.43] und in den entsprechenden
Test-Kammern einen S1-Wert von 1.59 [0.87, 2.31] und damit eine Steigerung durch Br-ACh
von 59% (p > 0.05).
Im Gewebe der Maus beobachteten wir einen normierten S1-Wert der Kontrollkammern von 1
[0.62, 1.38] und in den entsprechenden Test-Kammern einen Wert von 3.27 [2.37, 4.17] und
damit eine Steigerung durch Br-ACh von 227% (p < 0.01).
0
0.5
1
1.5
2
2.5
3
3.5
4
4.5
n = 12 n = 12 n = 8 n = 8
S1-Werte
norm
iert auf Kontrollen
3. Ergebnisse 38
3.2.2.2. Evidenz, dass der beobachtete Effekt nicht durch eine agonistische Wirkung am
nikotinischen Acetylcholinrezeptor in neokortikalen Schnitten der Maus zu erklären ist
Um den beobachteten Effekt einer gesteigerten ACh-Transmitterausschüttung genauer zu
analysieren, stellten wir uns die Frage, ob diese gesteigerten S-Werte nicht durch eine positive
Rückkopplung an einem nikotinischen Acetylcholinrezeptor zu erklären sind. Wenn dies der
Fall wäre, müsste die Wirkung durch diesen direkten Rezeptormechanismus sofort eintreten.
In Abb. 15 sieht man, dass dies nicht der Fall ist. Wir setzten in diesen Experimenten Br-ACh
15 min vor S2 zu den Test-Kammern hinzu, dabei stimulierten wir bei S1-S3 je 4 min mit einer
Kalium-Konzentration von 20 mM.
Kontr. Br-ACh Kontr. Br-ACh
S2/S1 normiert S3/S1 normiert
Abb. 15: Langzeiteffekt von Br-ACh auf die Kalium-evozierten Stimulationswerte in neokortikalen
Schnitten der Maus. Physostigmin (10 µM) war ab der Vorperfusion anwesend.
Wir sehen einen S2/S1 Wert der normierten Kontrollen von 1 [0.90, 1.10], und eine Steigerung
diesen Wertes der entsprechenden Test-Kammern von 182 % auf 2.82 [1.58, 4.06] (p < 0.01).
Der normierte S3/S1-Wert der Kontrollen lag bei 1 [0.90, 1.10], der entsprechende Wert der
0
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
n =8 n = 8 n = 8 n = 8
Sn/S1-Werte (n = 2-3)
norm
iert auf Kontrollen
3. Ergebnisse 39
Test-Kammern bei 5.79 [2.95, 8.64], was einer Steigerung durch Br-ACh von 479 % entspricht
(p < 0.01).
Somit sahen wir eine Steigerung der normierten S3/S1-Werten zu den normierten S2/S1-Werten
der Test-Kammern von 205 % (p < 0.05) und konnten damit nachweisen, dass die Wirkung von
Br-ACh nicht sofort eintritt und das damit hier ein direkter Rezeptormechanismus am
nikotinischen Acetylcholinrezeptor auszuschließen ist.
3.2.2.3. Evidenz, dass der beobachtete Effekt nicht durch eine inhibitorische Wirkung
von Bromoacetylcholin auf die ChAT und die Phospholipase A2 zurückzuführen ist
Man könnte argumentieren, dass die gesteigerten S-Werte vielleicht durch eine Verhinderung
einer Verdünnung der radioaktiv markierten Acetylcholinvesikel mit nicht-radioaktiv
markiertem Acetylcholin zustande kommen, wie es durch eine inhibitorische Wirkung von Br-
ACh auf die ChAT oder vielleicht auch auf die Phospholipase A2 denkbar wäre. In diesem Fall
würde aber die bereits bei Gabe von Br-ACh bestehende Verdünnung nicht weniger werden
und wir könnten keine Steigerung der reinen Scpm-Werte, d.h. der reinen stimulationsbedingten
radioaktiven Transmitterausschüttung beobachten. Somit dürfte in den Test-Kammern die
Sn cpm/S1 cpm-Werte (n = 2-3) nicht signifikant über 1 liegen.
Somit untersuchten wir die reinen cpm-Werte bei Kalium-evozierten Stimulationen. Br-ACh
wurde 15 min vor S2 zu den Test-Kammern hinzugegeben. Wir sahen bei den Kontrollkammern
einen S2 cpm/S1 cpm-Wert von 0.64 [0.58, 0.71] und einen S3 cpm/S1 cpm-Wert von 0.49 [0.44, 0.55].
In den Test-Kammern sahen wir eine deutliche Steigerung der Sn cpm/S1 cpm-Werte über 1: Der
S2 cpm/S1 cpm-Wert lag hier bei 1.77 [1.01, 2.53] und damit signifikant über 1 (p < 0.05), der
S3 cpm/S1 cpm-Wert lag bei 2.65 [1.36, 3.95] und damit hochsignifikant über 1 (p < 0.01).
Somit kann der beobachtete Effekt der gesteigerten S-Werte durch Br-ACh nicht alleine durch
eine Verhinderung der Verdünnung des radioaktiv markierten Acetylcholinpools mit nicht-
radioaktiv markiertem Acetylcholin erklärt werden.
3. Ergebnisse 40
Kontr. Br-ACh Kontr. Br-ACh
S2cpm/S1cpm S3cpm/S1cpm
Abb. 16: Effekt von Br-ACh 15 min vor S2 auf die reinen Sn cpm/S1cpm-Werte. Physostigmin (10 µM) war
ab der Vorperfusion anwesend.
3.2.2.4. Unterschiedliche Wirkung von Bromoacetylcholin auf die S-Werte bei Kalium-
Depolarisation und bei elektrischer Stimulation in neokortikalen Schnitten der Maus
3.2.2.4.1. Erhöhte S1-Werte durch Br-ACh ab der Vorperfusion bei Kalium-evozierter
[3H]-ACh-Ausschüttung, nicht dagegen bei elektrischer [3H]-ACh-Ausschüttung
Wir sahen eine Steigerung der S-Werte nur bei durch Kalium evozierten Stimulationen, nicht
hingegen bei elektrisch evozierten Stimulationen. Wir setzten in diesen Experimenten in den
Test-Kammern Br-ACh ab der Vorperfusion ein, bei S1 stimulierten wir entweder 4 min lang
mit 20 mM Kalium oder elektrisch (3 Hz, 90 Pulse, 2 ms, 68 mA).
Dabei sahen wir einen Kontrollwert der mit Kalium stimulierten Kammern bei 1 [0.61, 1.38],
der entsprechende Wert der Test-Kammer lag bei 3.27 [2.37, 4.17] und war somit um 227 %
höher als der Kontrollwert (p < 0.01).
0
0.5
1
1.5
2
2.5
3
3.5
4
4.5Sx cpm/S1 cpm
n = 8 n = 8 n = 8 n = 8
3. Ergebnisse 41
In den elektrisch stimulierten Kammern lag der Kontrollwert bei 1 [0.07, 1.92], der der Test-
Kammern bei 1.11 [0.48, 1.73] und damit nur um 11 % höher als der Kontrollwert (p > 0.05).
Kontr. Br-ACh Kontr. Br-ACh
K+-Stim. Elektr. Stim.
Abb. 17: Unterschiedlicher Effekt von Br-ACh ab der Vorperfusion bei Kalium-evozierter oder bei
elektrischer Stimulation. Physostigmin (10 µM) war ab der Vorperfusion anwesend.
3.2.2.4.2. Erhöhte Sn/S1-Werte durch Br-ACh 15 min vor S2 bei Kalium-evozierter [3H]-
ACh-Ausschüttung, nicht hingegen bei elektrisch evozierter [3H]-ACh-Ausschüttung
In diesen Experimenten gaben wir Br-ACh 15 min vor S2 zu den Test-Kammern hinzu, um den
Einfluss von Br-ACh auf die S-Werte bei Kalium-evozierter und bei elektrischer Stimulation zu
untersuchen. Wir sahen in den mit Kalium evozierten Kammern einen normierten S2/S1
Kontrollwert von 1 [0.90, 1.10] und in der entsprechenden Test-Kammern einen normierten
S2/S1-Wert von 2.82 [1.58, 4.06] (p < 0.01), außerdem einen normierten S3/S1-Kontrollwert von
0
0.5
1
1.5
2
2.5
3
3.5
4
4.5
5
n = 12 n = 12 n = 7 n = 7
S1-Werte
norm
iert auf Kontrollen
3. Ergebnisse 42
1 (0.90, 1.10), und einen normierten S3/S1-Wert der Test-Kammern von 5.79 (2.95, 8.64) (p <
0.01).
Kontr. Br-ACh Kontr. Br-ACh Kontr. Br-ACh
S2/S1 S3/S1 Sn/S1
Kalium-Stimulation elektr. Stimulation
Abb. 18: Unterschiedlicher Effekt von Br-ACh 15 min vor S2 bei Kalium-evozierter oder bei elektrischer
Stimulation. Physostigmin (10 µM) war ab der Vorperfusion anwesend.
In den Kammern dagegen, in denen wir elektrisch stimulierten, sahen wir keinen Anstieg der
Sn/S1-Werte bei Gabe von Br-ACh vor S2. Der normierte Sn/S1-Wert der Test-Kammern lag bei
1.07 [0.82, 1.32] und damit nicht wesentlich höher als der entsprechende Kontrollwert von 1
[0.87, 1.13] (p > 0.05).
n = 8 n = 8
n = 8 n = 8
n = 12 n = 11
0
1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
Sn/S1-Werte (n= 2-3)
norm
iert auf Kontrollen
n= 8
n= 8
n= 8
n= 8
n= 12n= 11
4.Diskussion 43
4. Diskussion
4.1. Die depolarisationsabhängige ChAT-Aktivierung beim
Menschen, im Gegensatz zur Maus
I. Die Hypothese der depolarisationsabhängigen ChAT-Aktivierung
Die Hypothese der depolarisationsabhängigen ChAT-Aktivierung besagt, dass bei
langdauernder (4 min) erhöhter extrazellulärer Kalium-Konzentration, nicht dagegen bei kurzer
(90 x 2 ms = 180 ms) elektrischer Stimulation, die intrazelluläre Cholinacetyltransferase (ChAT)
in neokortikalen cholinergen Neuronen aktiviert wird. Sie wurde im Rahmen dieser
Doktorarbeit am menschlichen Neokortex verifiziert, und am Neokortex der Maus falsifiziert.
a.) Neokortex des Menschen:
Zuerst zeigten wir, dass bei Versuchen, in denen wir 4 min mit 20 mM Kalium stimulierten, die
S2/S1-Werte deutlich unter 1 lagen (MittelwertKalium+ = 0.49 und damit Abfall um 51% mit
p < 0.01), bei Versuchen dagegen, in denen wir elektrisch stimulierten, lag der S2/S1-Wert um 1
(Mittelwertelektrisch = 1.08 und damit Steigerung um 8% mit p > 0.05).
Außerdem erhielten wir in unseren Experimenten, in denen wir mit 20 mM Kalium stimulierten,
bei Gabe eines ChAT-Inhibitors ab der Vorperfusion einen Wideranstieg der S2/S1-Werte im
Vergleich zu den Kontrollen (Steigerung um 61% bei Gabe von Okadasäure (p < 0.05) und um
73% bei Gabe von Bromoacetylcholin (p < 0.05)), während sich bei elektrisch stimulierten
Versuchen keine Änderung der S2/S1-Werte bei Anwesenheit von Okadasäure im Vergleich zu
den Kontrollen ergab (Senkung mit Okadasäure um 1 % mit p < 0.05).
Wir folgten daraus, dass bei Kalium-Depolarisation, nicht hingegen bei elektrischer Stimulation,
die intrazelluläre ChAT aktiviert wird, sodass sie in den Kontrollkammern im Verlauf des
Versuches nach der ersten Stimulation den vesikulären Speicher von Acetylcholin in den
cholinergen Zellen mit nicht-radioaktivem Acetylcholin auffüllt, wodurch bei gleicher Menge an
Transmitterausschüttung bei S2 im Vergleich zu S1 die gemessene radioaktive
4.Diskussion 44
Transmitterausschüttung von S2 vermindert erscheint (S2/S1-Wert der Kontrollen deutlich unter
1, s.o.), während in Anwesenheit von einem ChAT-Inhibitor dieser Effekt verhindert wird
(deutliche Steigerung durch ChAT-Inhibitor, s.o.).
Einen ähnlichen Zusammenhang wies Feuerstein et al. schon 1996 nach. Hier wurde die [³H]-
γ -Aminobuttersäure (GABA)-Freisetzung in neokortikalen Schnitten des Kaninchens im
Superfusionsexperiment beobachtet. Auch hier sorgte ein Inhibitor des Transmitter-
synthetisierenden Enzyms, in diesem Fall ein Glutamat-Decarboxylase-Inhibitor, zu einem
deutlichen Anstieg der S2/S1-Quotienten, so dass hier von einer elektrisch evozierten
Aktivierung des GABA-synthetisierenden Enzyms mit einer konsekutiven Verdünnung des
radioaktiven [³H]-GABA-Pools in den Vesikeln mit nicht-radioaktivem GABA auszugehen ist
[Feuerstein et al., 1996]. Die Beobachtung, dass hier eine elektrische Stimulation zu einer
Aktivierung der Glutamat-Decarboxylase (GAD) führt, lässt auf fundamentale Unterschiede in
der Aktivierung der ChAT und der GAD schließen.
Um die Hypothese der depolarisationsabhängigen ChAT-Aktivierung auch direkt nachweisen zu
können, maßen wir, nach einer vorausgegangenen Kalium-Depolarisation mit 20 mM Kalium,
die ChAT-Aktivität zusätzlich im ChAT-Assay, bei dem wir eine Steigerung der ChAT-Aktivität
um 49 % feststellten (p < 0.05). Damit wurde die Richtigkeit dieser Hypothese direkt bewiesen.
Einen ähnlichen Zusammenhang zeigte schon 1987 Ando et al., der die ChAT-Aktivierung
durch extrazelluläre Kalium-Konzentration (70 mM) in sympathischen Ganglien der Ratte
nachwies [Ando et al., 1987].
b.) Neokortex der Maus
Im Gegensatz zum Menschen konnten wir bei der Maus keinen Unterschied der S2/S1-
Quotienten zwischen Kalium-Stimulation (0.807) und elektrischer Stimulation (0.843) feststellen
(Äquivalenz).
Die Werte lagen hier nicht bei 1, (aber deutlich über dem Mittelwert des beim menschlichen
Neokortex erhaltenen MittelwertsKalium+ = 0.49) was ein speziesspezifischer Unterschied
zwischen Mensch und Maus zu sein scheint, für den wir keine gesicherte Erklärung geben
können. Wichtig scheint es dabei aber zu betonen, dass hier die S2/S1-Quotienten bei Kalium-
4.Diskussion 45
Depolarisation kaum verringert waren und dies somit für eine fehlende Verdünnung des
radioaktiven Acetylcholin-Pools mit nicht-radioaktivem Acetylcholin bei 4-minütiger Kalium-
Depolarisation im Neokortex der Maus spricht.
Bei der Maus erzielten wir keine Steigerung des S2/S1-Quotienten mit 20 mM Kalium-
Stimulation bei Gabe eines ChAT-Inhibitors ab der Vorperfusion; die Mittelwerte der S2/S1-
Quotienten sanken bei Bromoacetylcholin um 0.0004 % und stiegen mit Okadasäure um 6%
und waren damit äquivalent zu den Kontrollen.
Wie erwartet änderten die ChAT-Inhibitoren auch nicht die S2/S1-Quotienten bei den elektrisch
stimulierten Versuchen (Abnahme des S2/S1-Quotienten um 11% bei Bromoacetylcholin und
Steigerung mit Okadasäure um 8% (Äquivalenz, wir definierten Äquivalenz als Steigerung unter
20% mit über 95%er Wahrscheinlichkeit)).
Um die Hypothese der depolarisationsabhängigen ChAT-Aktivierung in neokortikalen Schnitten
der Maus endgültig zu falsifizieren, depolarisierten wir die Schnitte 4 min lang mit 20 mM
Kalium im Superfusionsexperiment, und maßen anschließend die ChAT-Aktivität im ChAT-
Assay. Die ChAT-Aktivität nach Kalium-Depolarisation lag hier nur um 7.5% höher als zu den
Kontrollen, bei denen wir nicht stimuliert hatten, was einer Steigerung unter 20% mit 94%er
Wahrscheinlichkeit entspricht. Damit konnten wir endgültig die Hypothese der
depolarisationsabhängigen ChAT-Aktivierung, die wir beim Menschen bewiesen hatten, bei der
Maus widerlegen.
II. ChAT-Inhibitoren
In unseren Experimenten wählten wir als ChAT-Inhibitoren Bromoacetylcholin (30 µM) und
Okadasäure (50 nM). Beide ChAT-Inhibitoren verdienen eine genauere Betrachtung:
a.) Bromoacetylcholin
Bromoacetylcholin hat mehrere bekannte Wirkungen:
1. direkte reversible inhibitorische Wirkung auf die intrazelluläre ChAT [Speth et al., 1976;
Harris, 1987]
4.Diskussion 46
2. agonistische Wirkung auf den nikotinischen Acetylcholinrezeptor durch irreversible
Alkylierung der alpha-Untereinheit [Mitra et al., 2001], wobei es hier auch zu einer
Deaktivierung durch Desensibilisierung kommen kann [Leprince, 1983]
3. Inhibitor der Phospholipase A2 (PLA2) [Sastry und Hemontolor, 1998]
4. cytolytischer Effekt in Neuroblastomzellen der Maus [Chiou, 1977] und in Gliomazellen
der Ratte [Chiou et al, 1978]
Während im folgenden Teil der Arbeit genauer auf die Punkte 2. und 4. eingegangen wird, soll
an dieser Stelle die inhibitorische Wirkung auf die ChAT und die Phospholipase A2 besprochen
werden.
In unseren Experimenten sahen wir einen Anstieg des S2/S1-Quotienten bei Gabe von
Bromoacetylcholin ab der Vorperfusion in mit 20 mM Kalium stimulierten Versuchen. Die
oben erklärte Verhinderung der Bildung einer Verdünnung des radioaktiven Acetylcholin-Pools
mit nicht-radioaktivem Acetylcholin bei mit Kalium stimulierten Versuchen, könnte dabei durch
jeden Inhibitor, der in den Syntheseweg von Acetylcholin eingreift, erreicht werden. Wir ließen
diese Versuche unter dem ACh-Esterase-Inhibitor Physostigmin (10 µM) laufen, sodass eine
extrazelluläre Spaltung von Acetylcholin und die normalerweise stattfindende Aufnahme von
Cholin über den high affinity cholin uptake (HACU) verhindert wurde. Die erforderlichen
Cholinmoleküle zur Bildung von Cholin konnten in diesen Experimenten konsequenterweise
nicht aus dem synaptischen Spalt aufgenommen werden, und mussten demnach von
intrazellulären Speichern stammen. Cholin kann dabei auch der terminalen Membran entzogen
werden [Blusztajn und Wurtman, 1983], wo es über mehrere Schritte enzymatisch aus
Phosphatidylcholin abgebaut wird. Am Anfang dieses Abbauweges spaltet die Phospholipase A2
Phosphatidylcholin zu Lysophosphatidylcholin [Chiu und Jackowski, 2001] (genaueres in Kap.
4.2.), ein Enzym, das auch durch Bromoacetylcholin gehemmt wird [Sastry und Hemontolor,
1998].
Wir können in unseren Experimenten demnach nicht feststellen, ob Bromoacetylcholin den
S2/S1-Quotienten nur über eine Inhibition der ChAT anhebt, sondern der gleiche Effekt könnte
noch durch die Inhibition der Phospholipase A2 unterstützt werden.
b.) Okadasäure
4.Diskussion 47
Die Okadasäure ist primär ein spezifischer Inhibitor der Serin/Threonin-Phosphatasen-1 und -
2A [Haystead et al., 1989] und kann so die Acetylcholinfreisetzung auf mehreren Ebenen
beeinflussen.
Ein Angriffspunkt ist der HACU, der in seiner Aktivität deutlich vermindert wird [Issa et al.,
1996]. Da aber in den Versuchen, in denen wir Okadasäure einsetzten, gleichzeitig auch
Hemicholinium-3 (10 µM) anwesend war, das die Cholin-Aufnahme schon primär blockierte
[Guyenet et al., 1973], können wir in diesem Fall diesen Aspekt außer Acht lassen.
Als zweiter Angriffspunkt wurde der Einfluss der Okadasäure auf die Acetylcholinfreisetzung
beschrieben. An der neuromuskulären Endplatte des Frosches werden dabei sowohl steigernde
[Abdul-Ghani et al., 1991] als auch hemmende Effekte [Van der Kloot und Molgo, 1993]
genannt. In Synaptosomen des Rattenhippocampus wurde die [³H]-Acetylcholinfreisetzung
durch Okadasäure gehemmt [Vickroy et al., 1995]. Auch an der neuromuskulären Endplatte der
Maus wurde die Exocytose von Acetylcholin durch Okadasäure verringert [Hong, 2000]. Wir
konnten in unseren Experimenten keinen Einfluss der Okadasäure auf die
Acetylcholinfreisetzung per se feststellen: Im menschlichen Neokortex lagen die S1-Werte der
Kammern, die ab der Vorperfusion mit Okadasäure perfundiert waren, zwar etwas unter den S1-
Werten der Kontrollen, jedoch ohne Signifikanz; bei den neokortikalen Schnitten der Maus
sanken die S1-Werte der mit Okadasäure perfundierten Kammern nur bei elektrischer
Stimulation, während sie bei Kalium-Depolarisation sogar anstiegen, jedoch beides ohne
signifikanten Unterschied.
Ferner hemmt Okadasäure die ChAT. Die inhibitorische Wirkung beruht hier allerdings nicht
auf einer unmittelbaren Wirkung am Enzym selbst [Issa et al., 1996], sondern die Aktivität der
ChAT wird nur indirekt durch Okadasäure gehemmt, weshalb Okadasäure auch als indirekter
ChAT-Inhibitor bezeichnet wird. Aufgrund der im Superfusionsexperiment erhaltenen
Ergebnisse und der eben aufgeführten Überlegungen, scheint die steigernde Wirkung der
Okadasäure auf den S2/S1-Quotienten in mit Kalium stimulierten Experimenten am
menschlichen Neokortex sehr wahrscheinlich auf die indirekte Hemmung der ChAT
zurückzuführen zu sein.
4.Diskussion 48
III. Erklärungsmodelle für die veränderte ChAT-Aktivität
Aber wie kann die extrazelluläre Kalium-Depolarisation die ChAT-Aktivität verändern? Man
kann verschiedene Möglichkeiten in Betracht ziehen:
1. Da Okadasäure ein Inhibitor der Serin/Threonin-Phosphatasen-1 und -2A ist
[Haystead et al., 1989], und da sie den durch Kalium hervorgerufenen Effekt der
ChAT-Aktivierung wieder zunichte macht, wäre es möglich, dass die extrazelluläre
Kalium-Depolarisation zu einer Veränderung im Phosphorylierungsgrad der ChAT
führt. Phosphorylierung ist ein häufiger Regulationsmechanismus, in die Aktivität
eines Enzyms im ZNS einzugreifen [Browning et al., 1985]. Zum Beispiel werden
die Tyrosin-Hydroxylase und die Tryptophan-Hydroxylase durch Phosphorylierung
und Dephosphorylierung reguliert [Haycock, 1987; Ehret et al., 1989]. Dass
extrazelluläres Kalium zu einer Phosphorylierung intrazellulärer Enzyme führen
kann, ist bekannt. So führt extrazelluläres Kalium zu einer Aufrechterhaltung des
oxidativen Phosphorylierungsgrades der membranösen Na+/K+-ATPase, der durch
alleinige Gabe von AU-1421, einem potenten Kationen-Abkoppler von oxidativer
Phosphorylierung, vermindert wurde [Takada und Fukushima, 1991]. Auch die
Phosphorylierung der menschlichen ChAT wurde schon beschrieben [Bruce und
Hersh, 1989] und Untersuchungen über die Abhängigkeit der ChAT-Aktivität von
verschiedenen Phosphorylierungszuständen wurden durchgeführt: Schmidt und
Rylett haben 1993 gezeigt, dass Membrandepolarisationen mit Veratridine zu einer
Steigerung der Aktivität in der membranassoziierten ChAT (m-ChAT), eines
Subtyps der ChAT, in Synaptosomen des Rattenhippocampus führt, während sich
die Aktivität der cytosolischen ChAT (c-ChAT) nicht verändert [Schmidt und Rylett
1993]. Jedoch konnten diese Autoren keinen Unterschied in der Phosphorylierung
der m-ChAT und der c-ChAT feststellen und hielten deswegen die Abhängigkeit der
verschiedenen ChAT-Subtypen vom Phosphorylierungsgrad derselben als
unwahrscheinlich. Dobransky et al. zeigten aber wiederum, dass die rekombinante
ChAT von Baculoviren und von bakteriellen Expressionssystemen durch
Phsphorylierung aktiviert wird [Dobransky et al., 2000]. Okadasäure führt außerdem
zu einer Abnahme der Aktivität von c-ChAT und m-ChAT im Rattenhippocampus
mit gleichzeitiger Abnahme der Menge beider Enzyme [Issa et al., 1999]. 10 bis 20%
4.Diskussion 49
der humanen ChAT liegen als m-ChAT vor [Peng et al., 1986], und man könnte sich
vorstellen, dass vielleicht eher die m-ChAT als die c-ChAT von extrazellulärem
Kalium beeinflusst werden könnte. Dies könnte Gegenstand weiterer
Untersuchungen sein.
2. Auch über Radikalbildung könnte das extrazelluläre Kalium die intrazelluläre ChAT
beeinflussen. Kalium-Depolarisation führt zu einer Aktivierung von intrazellulärer
NOS [Obata, 2002]. Die NOS bildet NO, woraus schließlich ONOO- entsteht
[Obata, 2002]. In Torpedo marmorata Synaptosomen hemmt ONOO- die ChAT
[Morot Gaudry-Talarmain et al., 1997; Guermonprez et al., 2001]. Da diese
Hemmung unserer ChAT-Aktivierung durch Kalium-Depolarisation in
neokortikalen Schnitten des Menschen entgegensteht, wir außerdem in
neokortikalen Schnitten der Maus keine Veränderung der ChAT-Aktivität gesehen
haben, könnten die bei uns gefundenen speziesspezifischen Unterschiede auf den
Einfluss der ChAT-Aktivität durch Kalium-Depolarisation entweder über
speziesspezifische andere Mechanismen, die mit einer Radikalbildung einhergehen,
geregelt werden oder auf weiterführende speziesspezifische Unterschiede in der
ChAT-Aktivierung zwischen Torpedo marmorata Synaptosomen, Neokortex der
Maus und menschlichem Neokortex zurückzuführen sein.
3. Ein anderer möglicher Weg, wie man die ChAT über Kalium-Depolarisation
beeinflussen könnte, ist eng mit dem Phospholipidmetabolismus verbunden.
Langdauernde Kalium-Depolarisationen in sympathischen Ganglien der Ratte
fördern die Freisetzung von Cholin aus Membranlipiden [Nagata et al., 1973],
stimulieren die Phospholipase A2, was zu einer Bildung von Lysophosphatidylcholin
führt [Bradford et al., 1983], und hemmen die Cholinkinase [Ando et al., 1987], die
Cholin phosphoryliert [Kennedy und Weiss, 1956]. Die dadurch vermehrte Menge
an freiem Cholin führt zu einer Aktivitätszunahme der intrazellulären ChAT [Ando
et al., 1987].
In dieser Arbeit kann die erhöhte ChAT-Aktivität in neokortikalen Schnitten des Menschen
nach Kalium-Depolarisation nicht durch den in Punkt drei beschriebenen Mechanismus
zustande gekommen sein: Wir fanden in unseren Experimenten eine erhöhte ChAT-Aktivität im
4.Diskussion 50
ChAT-Assay, nachdem wir unsere Schnitte im vorausgegangenen Superfusionsexperiment 4
min mit Kalium perfundiert hatten und die Schnitte nach weiteren 16 min den Kammern
entnommen hatten. Da im ChAT-Assay die Substrate, Cholin und Acetyl-Coenzym A, im
Überschuss gegeben wurden und somit der von Ando beschriebene Mechanismus hier nicht
greifen kann, muss man hier eher annehmen, dass die Aktivität der ChAT durch
Phosphorylierung, durch Kompartimentierung, durch Aktivierung über NOS oder vielleicht
noch über einen anderen Mechanismus in den cholinergen Neuronen des menschlichen
Neokortex geregelt wird.
IV. Erklärungsmodelle für die speziesspezifischen Unterschiede
Ein interessanter Aspekt ist auch die Fragestellung, wie der Unterschied in der Regelung der
ChAT-Aktivität beim Menschen und der Maus zu erklären ist. Die ChAT ist in verschiedenen
Species unterschiedlich aufgebaut. Die cDNA`s der Ratte und der Maus, die für 640 und 641
Aminosäuren kodieren, zeigen 95% gegenseitige Homologie und 80% Homologie zu der cDNA
des Schweines [Ishii et al., 1990]. Die DNA der ChAT des Menschen und die der Maus werden
von verschiedenen Promotorregionen transkribiert und unterschiedlich gespliced [Misawa et al.,
1992]. Im menschlichen Gehirn werden vier Typen (R-, N1-, N2-, und M-Typen) der ChAT
gebildet. Hier wird überall das ATG-Startcodon der Maus, Ratte und Schwein durch ein ACG-
Codon ersetzt, das nicht als Startcodon funktionstüchtig ist [Misawa et al., 1997]. Die ChAT-
Aktivität in einem cholinergen Neuron des Menschen ist dabei viel geringer als in einem
cholinergen Neuron anderer Vertebraten [Misawa et al., 1992]. So gäbe es die Möglichkeit, dass
die Unterschiede in der Aktivierung der ChAT des Menschen und der Maus auf die
Unterschiede in der Struktur der Enzyme zurückzuführen ist.
Außerdem gibt es endogene Aktivatoren und Inhibitoren der ChAT [Cozzari und Hartman,
1983]. Vielleicht sind auch Ungleichheiten in den ChAT-regulierenden Faktoren eine Erklärung
für die von uns festgestellten Mensch/Maus-Unterschiede.
Als letztes könnte man noch Unterschiede in der subzellulären Verteilung beim Menschen und
der Maus dafür verantwortlich machen, da unterschiedliche ChAT-Enzyme bekannt sind mit
unterschiedlicher Verteilung in den Zellkompartimenten. So liegen, wie schon erwähnt, 10 bis
20% der humanen ChAT als m-ChAT vor [Peng et al., 1986].
4.Diskussion 51
V. Relevanz der Ergebnisse
Eine weitere wichtige Fragestellung ist, ob die durch Kalium-Depolarisation induzierte
Aktivierung der ChAT im menschlichen Neokortex, auf die unsere Ergebnisse stark hinweisen,
von (patho)physiologischer oder sogar klinischer Relevanz ist.
Erhöhte Kalium-Konzentrationen sind ein Merkmal vieler pathologischer Verhältnisse: Hohe
Kalium-Konzentrationen (von 3 mM bis zu 60 mM) kommen bei Hypoxie/Ischämie, Trauma
und Hypoglykämie, Epilepsie und „cortical spreading depression“ vor [Heinemann und Lux,
1977; Hansen, 1985; Jensen und Yaari 1997; Hansen und Zeuthen, 1981; James et al., 2001].
Neurodegenerativen Erkrankungen zeigen typischerweise einen Defekt im Energiestoffwechsel,
der wiederum zu einer neuronalen Depolarisation führt [Beal, 1995].
In unseren Experimenten zeigten wir, dass die ChAT nach 4-minütiger Kalium-Depolarisation
bei 10 mM, 20 mM, 40 mM und 80 mM Kalium-Konzentration aktiviert wird (Steigerung um
54% bei 10 mM (p < 0.05), 49% bei 20 mM (p < 0.05), 36% bei 40 mM (p > 0.05) und 26% bei
80 mM (p > 0.05) im Vergleich zu Kontrollen).
Wir liegen mit den Konzentrationen von 10 mM und 20 mM Kalium dabei im
pathophysiologischen Bereich, und können somit annehmen, dass es in neurodegenerativen
Erkrankungen wie Alzheimer, zu einer Aktivierung der intrazellulären ChAT kommt. In unseren
Experimenten konnten wir zusätzlich zu den Unterschieden des Gewebes und der Species noch
einen deutlichen Unterschied zu der von Ando et al. gezeigten Aktivierung der ChAT in
sympathischen Ganglien der Ratte zeigen, da die Rattenschnitte mit 70 mM Kalium-
Konzentrationen behandelt wurden [Ando et al., 1987].
Durch eine vorhandene Depolarisation kann es bei der Alzheimer-Erkrankung zu einer
erhöhten Freisetzung von endogenem Acetylcholin aus den cholinergen Neuronen kommen,
bei gleichzeitigem Mangel an Acetylcholin, der wahrscheinlich aus mindestens zwei Gründen
bedingt ist: Zum einen durch den Untergang vieler cholinerger Neurone, was für die Alzheimer-
Erkrankung typisch ist, zum anderen durch den wahrscheinlich verminderten Transport des in
der Leber und in den Nieren gebildeten Cholins über die Blut-Hirn-Schranke bei Alzheimer-
Patienten, der durch das hohe Alter des typischen Alzheimer-Patienten verursacht wird. So
4.Diskussion 52
zeigte Mooradian 1988, dass der Cholintransport über die Blut-Hirn-Schranke altersabhängig bei
Ratten abnimmt [Mooradian, 1988].
Erhöhte Bildung von Acetylcholin, bedingt durch eine Aktivitätssteigerung der intrazellulären
ChAT, würde somit zu einem Verbrauch von intrazellulärem Cholin führen und damit eine
vermehrten Freisetzung von Cholin aus der Membran der cholinergen Terminalen hervorrufen
[Blusztajn et al., 1987]. So ist bei Alzheimer-Patienten die Menge an Phosphatidylcholin und
Phosphatidylethanolamin, den Cholinspeicherformen der Membran, vermindert, während das
Abbauprodukt Glycerophosphocholin vermehrt ist [Nitsch et al., 1992], besonders wenn, wie es
in der Therapie von Alzheimer der Fall ist, die erneute Aufnahme von Cholin aus dem
synaptischen Spalt durch Gabe von Acetylcholinesterasehemmern verhindert wird [Ulus et al.,
1989]. Diese pharmakologischen Substanzen verhindern somit das „Recycling“ von Cholin und
verstärken somit einen „autokannibalistischen“ Effekt, der durch die vermehrte Zerstörung der
cholinergen Membranen gekennzeichnet ist [Buyukuysal und Wurtman, 1990].
Es scheint somit, dass die Therapie des M. Alzheimer, die auf einer Gabe von
Cholinesteraseinhibitoren beruht, hier zumindest angezweifelt werden kann, da sie zwar einen
sofortigen positiven Einfluss auf die Menge an Acetylcholin im synaptischen Spalt hat, aber es
nicht unwahrscheinlich ist, dass durch chronische Gabe von Cholinesteraseinhibitoren der
pathologische „Autokannibalismus“ der Membranen noch verstärkt wird und damit zu einem
verstärkten Untergang cholinerger Neuronen beiträgt.
4.Diskussion 53
4.2. Bromoacetylcholin
Von Bromoacetylcholin sind mehrere Wirkungen bekannt:
5. direkte reversible inhibitorische Wirkung auf die intrazelluläre ChAT [Speth et al., 1976;
Harris, 1987]
6. agonistische Wirkung auf den nikotinischen Acetylcholinrezeptor durch irreversible
Alkylierung der alpha-Untereinheit [Mitra et al., 2001], wobei es hier auch zu einer
Deaktivierung durch Desensibilisierung kommen kann [Leprince, 1983]
7. Inhibitor der Phospholipase A2 (PLA2) [Sastry und Hemontolor, 1998]
8. cytolytischer Effekt in Neuroblastomzellen der Maus [Chiou, 1977] und in Gliomazellen
der Ratte [Chiou et al., 1978]
In dieser Arbeit werden mehrere dieser Aspekte des Bromoacetylcholins deutlich. Während in
Kapitel 4.1. dieser Arbeit über die inhibitorische Wirkung auf die intrazelluläre ChAT berichtet
wurde, sollen hier weitere mögliche Wirkungen von Br-ACh diskutiert werden.
a.) Cytolytischer Effekt:
Zum einen sehen wir eine Steigerung der basalen Tritium-Ausschüttung in Neokortexschnitten
der Maus bei Gabe von Bromoacetylcholin vor S2 bzw. ab der Vorperfusion (Steigerung des
bx/b1-Quotienten (x = 2-3) durch Bromoacetylcholin um 64% bei 20 mM Kalium-
Depolarisation und um 76% bei elektrischer Depolarisation (p < 0.01), bzw. eine Steigerung des
b1-Wertes um 59% (p < 0.01));
zum zweiten eine Steigerung des b1-Wertes um 30% in Neokortexschnitten des Menschen (p <
0.01) bei Gabe von Bromoacetylcholin ab der Vorperfusion. Der bk-Wert (k = 1-3) entspricht
dabei der „fractional rate“ der basalen Tritiummenge eine Fraktion vor der k-ten Stimulation.
Tritium ist in unseren Versuchen als [³H]-Cholinchlorid zur Inkubation den Neokortexschnitten
der Maus beigefügt worden. Das radioaktive Cholin wird über den HACU selektiv in die
cholinergen Synapsen aufgenommen [Jope, 1979], und über die ChAT in den cholinergen
Terminalen zu [³H]-Acetylcholin umgebaut, sodass die stimulationsbedingte Tritiumabgabe aus
den Gewebeschnitten, die nicht mit Br-ACh in Kontakt kamen, der Freisetzung von [³H]-
Acetylcholin entspricht [Hadhazy und Szerb, 1977]. Die durch Bromoacetylcholin erhöhte
basale Tritiumausschüttung kann demnach nur aus [3H]-Cholin und seinen intrazellulär
4.Diskussion 54
hergestellten oder in die Membran aufgenommenen Derivaten hervorgerufen werden. Somit
gibt es drei Möglichkeiten, die einen erhöhten b-Wert erklären würden:
1. Erhöhte spontane Transmitterausschüttung, auch ohne Depolarisation.
2. Vermehrte Freisetzung von radioaktiv markierten Cholinderivaten aus der Membran,
ohne dass es zu einer Cytolyse der Zelle kommt.
3. Aufgrund der Unwahrscheinlichkeit der ersten beiden Erklärungsmöglichkeiten, denken
wir, dass der Effekt eines erhöhten b-Wertes durch Bromoacetylcholin auf den von
Chiou et al. belegten cytolytischen Effekt zurückzuführen ist und erklären uns den
Effekt durch den vermehrten Untergang von Zellen bzw. Nerventerminalen, wodurch
es zu einem vermehrten Auslaufen des intrazellulär gespeicherten Tritiums kommen
würde.
Somit sind die Ergebnisse dieser Arbeit sinnvollerweise als eine Bestätigung des von Chiou
belegten cytolytischen Effekts von Br-ACh bei der Maus und als einen indirekten Nachweis
desselben Effekts in Neokortexschnitten des Menschen zu interpretieren.
Intratumorale Gabe von Bromoacetylcholin hat eine lebensverlängernde Wirkung um
mindestens 200% bei Neuroblastom-beimpften A/J Mäusen [Chiou, 1978], wobei dieser Tumor
viele Ähnlichkeiten mit dem Neuroblastom des Menschen aufweist [Chiou, 1978]. Chaturvedi
und Prasad untersuchten 1982 die Potenz einer Neuroblastom-Wachstumsverhinderung von
verschiedenen ChAT-Inhibitoren in zwei Typen von Neuroblastomen, NBE- und NBP2. Dabei
war die Potenz von Bromoacetylcholin (ED50 = 1 µM bei NBE-Zellen, ED50 = 2 µM bei NBP2)
deutlich höher als die der anderen ChAT-Inhibitoren [Chaturvedi und Prasad, 1982]. Ausgehend
von diesen Sachverhalten und der Erkenntnis, dass Bromoacetylcholin auch in bestimmten
Zellen des Menschen (hier Zellen und Terminalen des menschlichen Neokortex) wahrscheinlich
einen cytolytischen Effekt hat, könnte man sich vorstellen, dass dieser Effekt des
Bromoacetylcholins in der Zukunft auch in der Tumortherapie des Menschen eine gewisse Rolle
spielen könnte.
b.) Agonistische Wirkung auf den nikotinischen Acetylcholinrezeptor:
Präsynaptische nikotinische Autorezeptoren sind im zentralen und im peripheren Nervensystem
weit verbreitet [Re, 1999]. Während die muskarinischen Autorezeptoren über eine negative
4.Diskussion 55
Rückkopplung wirken, kann die Aktivierung der nikotinischen Autorezeptoren die
Acetylcholinfreisetzung aus den cholinergen Terminalen fördern [Re, 1999].
Wir entdeckten in unseren Experimenten mit Kalium-Depolarisation, dass bei Gabe von
Bromoacetylcholin sich die entsprechenden Peaks signifikant erhöhten. Die S1-Werte erhöhten
sich bei Gabe von Bromoacetylcholin ab der Vorperfusion um 231% in Neokortexschnitten der
Maus (p< 0.01) und um 59% in Neokortexschnitten des Menschen (p > 0.05). Dieser Effekt
könnte erklärt werden durch eine positive Rückkopplung über einen nikotinischen
Acetylcholinrezeptor, da Bromoacetylcholin dort agonistisch irreversibel angreift [Mitra et al.,
2001]. Folgende Beobachtung spricht dem entgegen: Nach 15-minütiger Einwirkungsdauer von
Bromoacetylcholin vor S2 bei Experimenten mit Kalium-Depolarisation in Neokortexschnitten
der Maus, ist der S2/S1-Wert zwar hochsignifikant erhöht im Vergleich zu den Kontrollen
(Steigerung um 182%, (p < 0.01)), aber doch signifikant (p < 0.05) tiefer als der S3/S1-Wert
(Erhöhung des S3/S1-Wert um 479% zur Kontrolle, (p < 0.01)). Die maximale Wirkung von
Bromoacetylcholin setzt somit nicht sofort ein, sondern wird erst bei einer Einwirkungsdauer
von über 15 min erreicht, was einen rezeptorvermittelten Effekt unwahrscheinlich macht.
c.) Inhibitorischer Effekt auf die ChAT und die Phospholipase A2
Wie schon oben erklärt, wird aus Cholin und Acetyl-CoA über die intrazelluläre ChAT
Acetylcholin hergestellt, das benötigte Cholin wird dabei unter anderem aus der terminalen
Membran freigesetzt [Blusztajn und Wurtman, 1983]. Es wird umso mehr Cholin der terminalen
Membran entzogen, je mehr es an ihm intrazellulär mangelt [Ulus et al., 1989]. Dabei sieht der
Abbauweg des Phosphatidylcholins, einem wichtigen Baustein der Zellmembran [Baburina und
Jackowski, 1999], aus dem über mehrere Schritte schließlich Cholin entsteht, folgendermaßen
aus: Phosphatidylcholin wird durch die Phospholipase A2 zu Lysophosphatidylcholin abgebaut
[Bradford et al., 1983]. Die Cholinphosphodiesterase baut das aus Lysophosphatidylcholin
entstandene Glycerophosphocholin zu Phosphocholin ab, welches schließlich in einem letzten
enzymatischen Schritt zu Cholin umgewandelt wird.
Wie schon oben erwähnt, fanden wir in unseren Superfusionsexperimenten, bei denen wir mit
Kalium depolarisierten, dass sich die Stimulationswerte durch Gabe von Bromoacetylcholin
deutlich erhöhten (genaue Werte siehe unter b.), oder im Ergebnisteil unter 3.2.2.). Erhöhte
4.Diskussion 56
extrazelluläre Kalium-Konzentrationen steigern den Phospholipidstoffwechsel und somit das
intrazelluläre Cholin-Angebot durch Freisetzung von Cholin aus Membranlipiden [Nagata et al.,
1973]. Dies könnte dazu führen, dass in den Kontrollschnitten durch Mangel an intrazellulärem
Cholin (wir ließen unsere Experimente ab der Vorperfusion unter Physostigmin laufen) und
durch die erhöhte extrazelluläre Kalium-Konzentration nicht-radioaktives Cholin vermehrt aus
den terminalen Membranen bereitgestellt wird und zu nicht-radioaktivem Acetylcholin
synthetisiert wird, so dass der radioaktive Acetylcholinpool in den Vesikeln mit nicht-
radioaktivem Acetylcholin verdünnt wird. Da wir im Superfusionsexperiment nur die
freigesetzte Radioaktivität messen können, würden wir nach längerer Zeit einen Abfall der
„Peaks“ sehen, auch wenn pro Peak gleich viel Acetylcholin in den synaptischen Spalt
ausgeschüttet würde. In den Kammern, die Bromoacetylcholin ausgesetzt sind, kann diese
Verdünnung nicht stattfinden, da Bromoacetylcholin die Bildung von nicht-radioaktivem
Acetylcholin durch Hemmung der Phopholipase A2 und durch Hemmung der ChAT verhindert.
Somit würde schon dieser Mechanismus dazu führen, dass durch Gabe von Br-ACh die
Abnahme der Peaks verhindert würde und die Peaks durch Br-ACh damit erhöht erscheinen.
Wir sahen die Erhöhung der entsprechenden S1-Werte bei Gabe von Bromoacetylcholin ab der
Vorperfusion nur in Experimenten, in denen wir mit Kalium stimuliert hatten, nicht dagegen in
Versuchen, in denen wir elektrisch stimulierten (Erhöhung von 11% bei elektrischer Stimulation
im Vergleich zu einer Erhöhung von 227% bei Kalium-Depolarisation in Neokortexschnitten
der Maus und zu einer Erhöhung von 59% bei Kalium-Depolarisation in Neokortexschnitten
des Menschen). Diese Beobachtung stimmt mit der Beobachtung von Nagata et al. überein, dass
es durch die erhöhte extrazelluläre Kalium-Konzentration zu einer vermehrten Synthese von bei
unseren Experimenten nicht-radioaktivem Cholin und nachfolgendem Acetylcholin kommt.
In Experimenten mit Kalium-Depolarisationen in Neokortexschnitten der Maus sahen wir eine
starke Erhöhung der S2/S1-Werte (182%) und der S3/S1-Werte (479%), wenn wir
Bromoacetylcholin vor S2 dazugaben. Wir stellten uns nun die Frage, ob eine so starke
Erhöhung nur durch eine Verhinderung der Verdünnung des radioaktiven Pools mit nicht-
radioaktivem Acetylcholin zustande kommen kann. Wenn dies der Grund wäre, dürfte aber in
den Kammern, in denen wir Bromoacetylcholin vor S2 dazugaben, bei S2 und bei S3 nicht eine
größere Menge an reiner Radioaktivität ausgeschüttet werden als bei S1, da der Stimulationsreiz
4.Diskussion 57
bei S2 und bei S3 derselbe ist, wie bei S1 (4 min 20 mM Kalium-Konzentration) und eine bereits
bestehende Verdünnung in den Vesikeln nicht rückgängig, sondern nur der Verlauf der
Verdünnung zum Halten gebracht werden kann. So schauten wir uns hier nicht die „fractional
rate“ der S-Werte an, sondern die reinen cpm-Werte der Peaks (genaue Beschreibung unter
Statistik). Da die so ermittelten S2cpm/S1cpm und S3cpm/S1cpm signifikant über 1 liegen (S2cpm/S1cpm =
1.77 (mit p < 0.05); S3cpm/S1cpm = 2.65 (größer als 1 mit p < 0.01), kann die Verhinderung der
Verdünnung nicht der alleinige Grund sein für die erhöhten S-Werte, sondern
Bromoacetylcholin muss eine weitere Wirkung auf die cholinergen Nervenzellen bzw.
Terminalen haben, die unter d.) weiter diskutiert und charakterisiert wird.
d.) Beobachteter Effekt
Wir glauben, dass dieser beobachtete Effekt auf einer Exocytose-fördernden Wirkung beruht,
auch wenn wir nicht wissen, wie der Mechanismus, der dazu führen würde, aussehen könnte.
Der Exocytose-fördernde Prozess ist jedoch von uns nicht bewiesen worden, da wir weder
untersucht haben, ob unsere gemessenen erhöhten Peaks in den Versuchen, in denen wir Br-
ACh eingesetzt hatten, durch [3H]-ACh hervorgerufen wurden, noch ob wir durch Kalzium-
Entzug diese Peaks unterbinden können.
Von den bekannten Wirkungen des Bromoacetylcholins, spielt nur die agonistische Wirkung am
nikotinischen Autorezeptor und die antagonistische Wirkung an der Phopholipase A2 für die
Exocytose eine Rolle. Die Wirkung am nikotinischen Autorezeptor kann hier nicht der Grund
für die verstärkte Exocytose sein (siehe oben). Die Wirkung an der Phospholipase A2 verlangt
noch folgende Betrachtung: Die Phospholipase A2 und Arachidonsäure fördern die Exocytose
von Acetylcholin [Ray et al., (1999) und Nischio et al., (1996)]. Da wir diesen Effekt aber durch
einen Inhibitor der Phospholipase A2 erzielten, lassen sich die erhöhten S-Werte auch nicht
durch diesen Mechanismus erklären.
Die beobachtete Wirkung ließ sich jedoch weiter charakterisieren: Wir konnten eine Erhöhung
der Peaks durch Br-ACh nur nachweisen, wenn wir mit Kalium stimulierten, nicht dagegen,
wenn wir elektrisch stimulierten. So sahen wir, wenn wir Br-ACh 15 min vor S2 einsetzten, einen
Kalium-evozierten S2/S1 norm-Wert von 2.82 und einen S3/S1 norm-Wert von 5.79, während wir bei
elektrischer Stimulation einen Sn/S1 norm-Wert von 1.07. Dies kann zwei Gründe haben:
4.Diskussion 58
1. Wir stimulierten mit Kalium 20 mM 4 min lang, bei elektrischer Stimulation dagegen nur
90 mal 2 ms lang (Stimulationsfrequenz: 3 Hz, Stimulationsdauer 2 ms, 90 Pulse, Strom
68 mA), sodass wir mit Kalium insgesamt 1333-mal länger als elektrisch stimulierten. So
könnte es sein, dass die exocytosefördernde Wirkung des Bromoacetylcholins nur bei
gleichzeitiger längerer Stimulation zum Tragen kommt.
2. Diese Wirkung des Bromoacetylcholins könnte auch direkt kaliumabhängig sein.
Zu 1.
Viele Vorgänge dieser Art sind zeitabhängig. So zeigte zum Beispiel Ulus et al. 1989, dass die
Menge an membrangebundenem Phosphatidylcholin und andere Phospholipide zeitabhängig zu
der Stimulationsdauer abnahm.
Zu 2.
A)
Erhöhtes extrazelluläres Kalium beeinflusst mehrere Vorgänge, die sich in der Membran
abspielen. So führt eine erhöhte extrazelluläre Kalium-Konzentration zu einer erhöhten
Freisetzung von Cholin aus der Membran der cholinergen Nervenendigung [Nagata et al., 1973].
Gleichzeitig hemmt eine mehrminütige Kalium-Depolarisation die Cholin-Kinase [Ando et al.,
1987], die bei der Bildung der zellulären Membranlipide die Phosphorylierung von Cholin zu
Phosphocholin katalysiert [Kennedy und Weiss, 1956].
B)
Außerdem beeinflusst extrazelluläres Kalium auch intrazelluläre Enzyme.
So führt erhöhtes extrazelluläres Kalium beispielsweise über eine Aktivierung der intrazellulären
Ca2+-calmodulin (CaM) protein kinase zu einer Steigerung der gap junction Kommunikation
zwischen Astrocyten des Rückenmarks der Maus [De Pina-Benabou et al., 2001].
Wir können nach unseren Experimenten noch nicht sagen, welches dieser Hypothesen hier in
diesem Fall zutrifft. Unterschiede in der Wirkung von Pharmaka bei elektrischer und Kalium-
evozierter Stimulation sind jedoch bekannt. Hier drei Beispiele: Passarelli et al. wies 1987 nach,
dass Citalopram, ein nichttricyclischer 5-HT-Wiederaufnahme-Inhibitor, nicht die elektrisch
evozierte Freisetzung von [³H]-5HT in hypothalamischen Schnitten modifizierte, aber in einer
4.Diskussion 59
konzentrationsabhängigen Weise die durch Kalium evozierte Freisetzung förderte [Passarelli et
al., 1987].
Außerdem zeigte sich im Striatum der Ratte, dass die durch 1-Methyl-4-Phenylpyriidinium-Ion
(MPP(+), ein aktiver neurotoxischer Metabolit des MPTP) hervorgerufene (OH.)-Bildung durch
erhöhte extrazelluläre Kalium-Konzentration konzentrationsabhängig gesteigert wird [Obata
und Yamanaka, 2001].
Drittens wies Ray P. et al. 1999 nach, dass Mastoparan, ein Phospholipase A2 Aktivator,
zusammen mit 80 mM Kalium-Konzentration zu einer verstärkten Acetylcholinausschüttung
führt.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass wir Br-ACh eine cytolytische Wirkung zuschreiben, die
jedoch in ihrem Ausmaß und in ihren spezifischen Eigenschaften weiter untersucht werden
müsste. Außerdem nehmen wir eine exocytotische Wirkung von Br-ACh an, die nicht durch die
bis jetzt bekannten Eigenschaften dieses Pharmakons erklärbar ist und deren Mechanismus ein
Feld für weitere Forschung darstellen könnte.
5. Zusammenfassung 60
5. Zusammenfassung Zentrales Thema dieser Arbeit war die Prüfung der depolarisationsabhängigen ChAT-
Aktivierung in cholinergen Nervenendigungen des Neokortex des Menschen und der Maus. Wir
demonstrierten die Aktivierung der ChAT in menschlichen Neokortexschnitten infolge
mehrminütiger Kalium-evozierter Depolarisation. Der S2/S1-Quotient der Kalium-evozierten
[3H]-ACh-Freisetzung wurde im menschlichen Neokortex durch Gabe des indirekten bzw.
direkten ChAT-Inhibitors Okadasäure (50 nM) und Br-ACh (30 µM) ab der Vorperfusion
deutlich angehoben. Im Neokortex der Maus sahen wir diesen Effekt nicht. Dieser Effekt blieb
auch aus, wenn wir anstatt mit 20 mM Kalium elektrisch stimulierten. Hier sahen wir weder bei
Zugabe von Okadasäure beim Menschen noch von Okadasäure oder Br-ACh in der Maus einen
Anstieg des S2/S1-Quotienten der [3H]-ACh-Freisetzung. Mittels eines ChAT-Assays konnte im
Neokortex des Menschen, im Gegensatz zu dem der Maus, eine Aktivitätssteigerung nach 4-
minütiger 20 mM Kalium-evozierter Stimulation direkt nachgewiesen werden, und damit der
Beweis für die Richtigkeit der depolarisationsabhängigen ChAT-Aktivierung erbracht werden.
Außerdem konnten wir im ChAT-Assay zeigen, dass die Aktivierung der Cholinacetyltransferase
schon im Bereich pathophysiologisch relevanter Kalium-Konzentrationen zum Tragen kommt.
Im zweiten Teil der Arbeit analysierten wir die Wirkungsweise des ChAT-Inhibitors Br-ACh.
Wir konnten durch Betrachten des basalen Tritiumausflusses nahe legen, dass Br-ACh eine
cytolytische Wirkung auf die cholinergen Nervenzellendigungen des Neokortex des Menschen
und der Maus aufweist, die wir unabhängig davon sahen, ob wir in diesen Experimenten mit
Kalium oder elektrisch stimuliert hatten.
Zum Zweiten sahen wir eine Steigerung der Kalium-evozierten S-Werte durch Gabe von
Br-ACh in den cholinergen Terminalen im Menschen und der Maus. Wir konnten zeigen, dass
diese Wirkung des Br-ACh nicht auf einem direkten Rezeptormechanismus wie eine positive
Rückkopplung am nikotinischen Autorezeptor beruht. Es konnte weiterhin gezeigt werden, dass
sie nicht alleine auf die bekannte inhibitorische Wirkung auf die ChAT und die Phospholipase
A2 zurückzuführen ist. So nehmen wir an, dass die Erhöhung der Kalium-evozierten S-Werte
auf eine Exocytose-fördernde Wirkung von Br-ACh zurückzuführen ist.
Wir sahen zum Schluss, dass die Erhöhung der S-Werte nur bei Kalium-Stimulationen erfolgte,
während man bei elektrischer Stimulation keine Steigerung der S-Werte der [3H]-ACh-
Freisetzung beobachten konnte.
6.Referenzen 61
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Lebenslauf
Name: Johannes Zander
Geburtsdatum: 28.12.1977
Geburtsort: Überlingen
Konfession: rk
Familienstand: ledig
Eltern: Wolfgang Zander, Oberstudienrat
Elisabeth Zander, Hausfrau
Schulbildung: 1984-1988: Deutsche Schule
Porto/ Portugal
1988-1997: Gymnasium Radolfzell
6/1997 Abitur: 1.0
Studium: 10/1997: Aufnahme in die Albert-Ludwigs-Universität
Freiburg i. Br.
9/1999: Ärztliche Vorprüfung: 1.0
9/2000: 1. Ärztliche Prüfung: 2
WS 2000/01: Universität Sophia-Antipolis
Nizza/ Frankreich
Mitglied der Studienstiftung des Deutschen Volkes
Praktika: Sommer 1997: 6-wöchiges Praktikum im Max-Planck-Institut
Tübingen
Frühjahr 1999: 2-wöchiges Praktikum am Biochemischen Institut
Freiburg
Frühjahr 2000: 6-wöchiges Praktikum in Reha-Klinik Crans-
Montana/ Schweiz
Promotion: 10/2001-10/2002: Dissertation bei Prof. Dr. T.J. Feuerstein in
der Sektion Klinische Neuropharmakologie im Neurozentrum
der Neurologischen Universitätsklinik Freiburg