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IV[. KR~SSNIG:Die encephali~ische SchwerhSrigkeit des Kindes 227 Mom~,W.: In KIRCH]~OFF, H., li. H. KR~IUBm: Toxoplasmose, GSttinger Sym- posion 1960. Stuttgart: Thieme 1962. P~R~L, G. : Arch. int. Laryng. 1, 692 (1922). PAVL, J. : Mschr. Kinderheilk. 104, 227, 281, 403 (1956). PAVL, J. : Ther. d. Gegenw. 99, 461 (1960). PAVL, J. : Friihgeburt u. Toxop]asmose. Wien: Urban & Schwarzenberg, ersoheint 1962. PAVL, J., u. G. SC~A~ST~DW:Z. Immun.-Forsch. 113, 1 (1956). PIEK~SKI, G.: Parasitologen-Kongre~ 1957. ~s. Parasit. 5, 137 (1957). PInKA~SY~I,G.: Mfinch. reed. Wschr. 102, 842 (1960). In KIRO~gOFF, H., u. H. KR~U~IG: Toxoplasmose, GSttinger Symposion 1960. Stuttgart: Thieme 1962. P~EKAI~SKI, G., lV[.S~T]~OlrF u. W. I~OI%TE: Z. Tropenmed. P~rasit. 8, 356 (1957). SC~L~TTLE~, E.: Beitr. Anat. etc. 0hr. 16, 65 (1921). T]~AL~W~ER, 0.: In I~mcm~0FF, H., u. It. K~Xu]~G: Toxoplasmose, GSttinger Symposion 1960. Stuttgart: Thieme 1962. T~ssINa, G. : In B~R]~NDES,LI~ u. ZSLLNE~: Kurzes IIandb. der Huls-Nasen- 0hrenhei]k. Stuttgart: Thieme, erscheint 1962/63. WEYERS, It. : Arch. Kinderheilk. 142, 161 (1951). W~]~T~,E. : Neue Bliitter Taubstummenbild. 2, 257 (1947). 5. M. KRASSNI6-Graz: Die encephalitische Sehwerh~irigkeit des Kindes Naeh unseren ldassisehen Handbiichern (Neurologie des Ohres, ALEXA~DER-M~RBU~G und den entsprechenden Kapiteln aus D]~K]~- KArma) wird die Existenz einer encephalitischen SchwerhSrigkeit als gesichert angesehen, BffC~n~ER, spezielle Pathologie 1953, besehreib~ eine sporadisch auftretende, sogenannte parainfektiSse Encephalitis, die mSglicherweise virusbedingt ist und mit einer grippalen Epipharyngitis einhergeht bzw. damit beginnb. Dieses Krankheitsbild der Pathologen erw~hne ieh deshalb, weft es wahrscheinlich das anatomische Substra~ ffir meine klinische Beobachtung abgibt. 1921--1923 konnte ich an einer Erwachsenen eine Hirnstammence- phalitis vom Beginn bis zum Exitus durch Sehluckl~hmung genau beob- achten und die disseminierten Herde in der Ponsgegend und im Boden der Rautengrube histologisch naehweisen. Dies ist meines Wissens auch der erste derartige Full, der Klinik und histologischen Befund eines solchen Verlaufes wiedergibt, worfiber ich 1924 in dieser Gesellschaft berichten konnte. Als Konsiliararz~ der Grazer Kinderklinik konn~e ieh mehrfaeh Encephalitiden mitbeobachten und bin dadurch in der Lage, die groBe praktisehe Bedeutung dieses Krankheitsbildes ffir die kindliche Schwer- hSrigkeit zu beurteilen und einen Beitrag zur mutmaBlichen Patho- genese zu bringen.

Die encephalitische Schwerhörigkeit des Kindes

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Page 1: Die encephalitische Schwerhörigkeit des Kindes

IV[. KR~SSNIG: Die encephali~ische SchwerhSrigkeit des Kindes 227

Mom~,W.: In KIRCH]~OFF, H., li. H. KR~IUBm: Toxoplasmose, GSttinger Sym- posion 1960. Stuttgart: Thieme 1962.

P~R~L, G. : Arch. int. Laryng. 1, 692 (1922). PAVL, J. : Mschr. Kinderheilk. 104, 227, 281, 403 (1956). PAVL, J. : Ther. d. Gegenw. 99, 461 (1960). PAVL, J. : Friihgeburt u. Toxop]asmose. Wien: Urban & Schwarzenberg, ersoheint

1962. PAVL, J., u. G. SC~A~ST~DW: Z. Immun.-Forsch. 113, 1 (1956). PIEK~SKI, G.: Parasitologen-Kongre~ 1957. ~s. Parasit. 5, 137 (1957). PInKA~SY~I, G.: Mfinch. reed. Wschr. 102, 842 (1960). In KIRO~gOFF, H., u.

H. KR~U~IG: Toxoplasmose, GSttinger Symposion 1960. Stuttgart: Thieme 1962.

P~EKAI~SKI, G., lV[. S~T]~OlrF u. W. I~OI%TE: Z. Tropenmed. P~rasit. 8, 356 (1957). SC~L~TTLE~, E.: Beitr. Anat. etc. 0hr. 16, 65 (1921). T]~AL~W~ER, 0.: In I~mcm~0FF, H., u. It. K~Xu]~G: Toxoplasmose, GSttinger

Symposion 1960. Stuttgart: Thieme 1962. T~ss INa , G. : In B~R]~NDES, L I ~ u. ZSLLNE~: Kurzes IIandb. der Huls-Nasen-

0hrenhei]k. Stuttgart: Thieme, erscheint 1962/63. WEYERS, It. : Arch. Kinderheilk. 142, 161 (1951). W~]~T~, E. : Neue Bliitter Taubstummenbild. 2, 257 (1947).

5. M. KRASSNI6-Graz: Die encephalitische Sehwerh~irigkeit des Kindes

Naeh unseren ldassisehen Handbiichern (Neurologie des Ohres, ALEXA~DER-M~RBU~G und den entsprechenden Kapiteln aus D]~K]~- K A r m a ) wird die Existenz einer encephalitischen SchwerhSrigkeit als gesichert angesehen, BffC~n~ER, spezielle Pathologie 1953, besehreib~ eine sporadisch auftretende, sogenannte parainfektiSse Encephalitis, die mSglicherweise virusbedingt ist und mit einer grippalen Epipharyngitis einhergeht bzw. damit beginnb. Dieses Krankheitsbild der Pathologen erw~hne ieh deshalb, weft es wahrscheinlich das anatomische Substra~ ffir meine klinische Beobachtung abgibt.

1921--1923 konnte ich an einer Erwachsenen eine Hirnstammence- phalitis vom Beginn bis zum Exitus durch Sehluckl~hmung genau beob- achten und die disseminierten Herde in der Ponsgegend und im Boden der Rautengrube histologisch naehweisen. Dies ist meines Wissens auch der erste derartige Full, der Klinik und histologischen Befund eines solchen Verlaufes wiedergibt, worfiber ich 1924 in dieser Gesellschaft berichten konnte.

Als Konsiliararz~ der Grazer Kinderklinik konn~e ieh mehrfaeh Encephalit iden mitbeobachten und bin dadurch in der Lage, die groBe praktisehe Bedeutung dieses Krankheitsbildes ffir die kindliche Schwer- hSrigkeit zu beurteilen und einen Beitrag zur mutmaBlichen Patho- genese zu bringen.

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228 i~. KRASSNIG:

Fall 1.10 Monate altes Ms bis dahin sehr gut gediehen, maehte sehon Geh- und Spreehversuehe, erkrankte p15tzlich schwer and wird am 3. X_rankheits- tag mit 40 ~ Temperatur und Benommenheit eingeliefert, stationgr yore 17.10.1959 his 15. 3. 1960.

Anamnese: P15tzlicher Beginn, wegen mutmaBlicher Ohrsehmerzen Ohrenarzt zugezogen, dieser stellt reehts ttammerinjektion fest and parazentesiert, jedoch kein Ausflul~, keine Besserung und Aufnahme wegen Meningitisverdaeht.

17.10 Befund: schwer benommenes, krampfendes Kind, grippaler Infekt, im Lnmbalpunktat 40/3 Zellen.

tt~qO-Befund: Epipharyngitis, Tonsillen mit lacun~rer Felderung, fast bohnen- grol3e Kieferwinkeldrfisen. Reehtes Tromme]fefl: injiziert, nicht gesehwollen, alte Parazentese abgetrocknet, wird epitympanal und mesotympanal neuerlieh para- zentisiert, dabei m~Biger Blutanstritt.

Verlauf: Unter Latycin allm~hliche Subfebrilit~t, nach einer Woche aueh Abnahme der Extremititenkr~mpfe, aber weiterhin vSllig benommen und sehwer krank.

Der Neurologe, der Augenarzt, der Neuro-Chirnrg mR EEG, werden befragt: Diagnose Encephalitis. Dieser Zustand bleibt - - abgesehen yon einer Beruhigung der Kr~mpfe -- im wesentlichen nngegndert, bei therapeutisch-diaguos$isehen Eingriffen am ZNS immer wieder subfebrfl und darm vermehrte Krampfneigung, naeh 6 ~onaten kann zum erstenmal ein aureopalpebraler Reflex ausgelSst werden, tin anfgnglicher Spontannystagmus leichten Grades nach rechts, ist nach der 4. Krankheitswoehe geschwunden.

Facharztbericht nach 20 Monaten; also fiber das nunmehr 2i/2 gahre alte Kind: Kann sieh im Gitterbett aufriehten, macht gestiitzt Gehversuehe, ist im guten Ernghrungszustand, abet keinerlei Spreehversuche, aknstisch nninteressiert.

Fall 2. 15 Monate aires ~idchen, his dahin gesund, erkrankt plStzlieh sehwer und wird mit Pneumonieverdaeht eingeliefert. Stationir 2 Monate im Herbst 1960.

Xliniseher Befund: Lumbalpunktion 30/3 Zellen, chirurgisch, neurologisch und ophthalmo]ogisch durchuntersucht, Ergebnis Encephalitis.

H_NO-Befund: Herpes-Angina, wenige Blasen, Rhinopharyngitis, jedoeh Trommelfelle beiderseits normal.

Verlauf: Symmetrische Extremiti~tenkr~mpfe, aber schon nach 1 Woche ruhiger, subfebril dutch 10 Tage, Nahrungsaufnahme naeh 1 Woehe normal, vS]]ige Teilnahmslosigkeit fiir die Umwelt, naeh 21Y[onaten aureopalpebraler Reflex auslSsbar.

Arztberieht nach 181VIonaten, also fiber das 3j~hrige Kind: gute ~ahrungs- aufnahme, Spasmus im rechten Arm, Gehversuehe nnr mit ttflfe, keinerlei Sprech- versuche, wiewohl solche vor der Erkrankung sehon im Gange waren.

Zusammen/assung

Der gr ippa le I n f e k t k a n n kl iniseh bei be iden Fi~llen als ges icher t angenommen werden, ebenso das kl inische Bi ld einer Encephal i t i s , vor- wiegend des t t i r n s t a m m e s . W i e fiblich ke in Er regernachweis mSglich, ein Virus aber als wahrscheinl ich anzunehmen.

Ff i r die Pa thogenese im Fa l l 1 he rvorzuheben die dureh Tage naeh- gewiesene I r r i t a t i o n des reeh ten Trommeffel les .

Die Aszendenz des Virus yore s icher a k u t e r k r a n k t e n E p i p h a r y n x f iber dig p a r a s y m p a t h i s c h e n Gang l i enkno ten als durchaus mSglieh an- zunehmen, wie ich es sehon mehr fach ffir andere gr ippa le I n f e k t e des

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Die encephalitische SchwerhSrigkeit des Kindes 229

HNO-Faches behauptet habe, beim Fall 2 die Herpes-Angina zu beach- ten, womit die Anwesenheit eines En~erovirus im Nasen-Rachen be- wiesen ist.

.Fall 3. Ebenfalls M~dchen, 1949 geboren, beobachtet 1953--1962. Anamnese genau erhebbar: Mit 5 Monaten hochfieberhaft und schwer erkrankt mit Kr~mpfen und wochenlanger GesundheitsstSrung, seither in der Entwicklung zurfickbleibend, Gehversuche mit I-Iilfe erst mit 3 Jahren, freier Gang erst mit 4 Jahren. 1953 wegen hochgradiger SchwerhSrigkeit vorgestellt und wegen offenkundigen Tuben- MRtelohrkatarrhs mandeloperier~ mit nur m~Biger GehSrsverbesserung. Sprechen erst mit 6 Jahren, aber schwer verst~ndlich.

HNO-Befund: l i t 10 Jahren, Trommelfelle belanglos, richtig entmandelt, Sprache dysarthrisch, Mimik herabgesetzt.

HSrpriifung: Fliisterstimme und Tasehenuhr werden nicht gehSr~. Die Um- gangssprache nach dem Katheter rechts 4 m, links 5 m. Die StimmgabeltSne werden m allen Frequenzen beidel~eits gleich, nur mit 30--40~ yore NormalgehSr wahrgenommen.

Die Sprache bleibt unbehoffen, obiger Befimd mehrfach iiberpr'fift, das Kind sehr lerneifrig.

Als Erstbeobachtung -- wenigstens beziiglich der yon mir gegebenen Deutung -- die folgende Eigenart bei der tISrprfiftmg mit der Umgangs. sprache: Das K i n d hSrt besser als es versteht, d. h. es spricht Worte und Si~tze nach, ohne den Sinn zur Kenntnis zu nehmen.

Der Auftrag: Zeige die Zunge, wird klar nachgesprochen, aber das Kind zeigt die Zunge nicht, zeigt sie aber sofort, wenn es ihm optisch vorgeffihrt wird.

Epilcrise. Der klinische Tatbestand einer postencephalitischen HSr- und SprachstSrung karm als gegeben angenommen werden und ent- spricht offensichtlich dem Ausgang zu den obigen F~llen 1 u. 2 mit der klinisch genau beobachteten Encephalitis im 1.--3. Lebensjahre.

Das klinische Bild der postencephalitischen SchwerhSrigkeit: 1. Im Anschlul~ an eine grippale Epipharyngitis mit hohem Fieber

und Benommenheit setzen Extremit~tenkr~mpfe ein, die Lumba]punktion ergibt geringe Zellvermehrung unter 100 Zellen, aber keine Eitererreger, die schuldtragenden Katarrhviren kSnnen heute in der Regel nicht nach- gewiesen werden, es handelt sich um die sogenannte parainfektiSse Ence- phalitis der Pathologen, am h~ufigsten im 2. und 3. Lebenshalbjahr.

2. Diese Encephalitis sitzt vorwiegend im tIirnstamm, besonders Ponsgegend, die dadurch bedingte HSrstSrung ist beiderseitig und etwa gleichgradig, die im Vorschulalter dann oft nachweisbaren Tuben-Mittel- ohrver~nderungen sind zwar als Nebenbefund aufzufassen, der aber therapeutisch sehr wichtig ist, weft hier allein etwas zu heffen ist.

3. Werden zu Schulbeginn diese Kinder einer ttSrpriifung unter- zogen, so ergibt sich wie angedeutet, eine beiderseitige Perzeptions- schwerhSrigkeit, bei der IISrprfifung mit der Sprache aber ergibt sich, die obenbeschriebene Eigenart bei etwa 50~ meiner beziiglichen Beob-

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achtungen: Diese Kinder h6ren besser als sie verstehen, welche Erschei- hung ich mit einer postencephalitischen StSrung in der 4. Umschaltstelle der ItSrbahn (corp. genie, med.) in Zusammenhang bringen m6ehte.

4. Pathogenetisch handelt es sich bei dieser Encephalitis um einen veto Epipharynx aufsteigenden Virusinfekt (Enterovirus), die Aszendenz des Virus zum tt irnstamm geht nach meinen klinischen Beobachtungen fiber den Nervenweg und die parasympathischen Ganglienknoten, vgl. meine bezfiglichen Publikationen fiber den grippalen Infekt, wobei diese Auffassung durchaus mit den modernen Ergebnissen der Virologie (vgl. Polio, Lyssa usw.) in Einklang zu bringen ist.

5. Dieses vorgetragene Krankheitsbild ist praktisch wichtig und verdient in die Lehrbficher aufgenommen zu werden.

6. E. Lehnhardt-Hamburg: Zur einseitigen Taubheit im Kindesalter (Mit 3 Textabbildungen)

1~ allot Schulanf~nger sind auf einem Ohr g~nzlich taub, h6ren aus dem anderen aber vollkommen normal (EYe,BERG 1960). Schwierig ist im allgemeinen die Frage nach der Ursaehe dieser einseitigen Taubheit (e. T.) im Kindesalter zu beantworten. Eklatante Befunde sind nicht zu erwarten. So geh5rt das R6ntgenbfld der Abb. 1 mit Aplasie einer Felsen- beinpyramide nicht zu einer solchen e.T. ; bier liegt vielmehr eine echte Mi~bildung vor, bei der auch das mittlere und ~uBere Ohr fehlen. Die e.T. dagegen stellt ein Krankheitsbild dar, bei dem die H5r/unktion einer Seite ausgefallen ist, ohne da~ sich ein morphologisches Substrat auf- dr~ngt. Absichtlich sprechen wit von,ciner Taubheit -- nicht yon einer Ertaubung --, weft der Ausfall der H5rfunktion nur selten im Zuge des akuten Ereignisses erkannt wird.

Welche Ursachen kommen fiir ein solches Gesehehen in Frage?

J. Pri~natale ~/lomente. a) SMzTtI (1939) berichtete fiber eine Familie, in der in vier Generationen neun Mitglieder einseitig und zwei beidseitig taub waren. Auch E V ~ B ~ G (1960) hat in einem Tefl seines Kranken- gutes eine heredit~re Belastung gefunden. Blutsverwandtschaft der Eltern spielt dabei offenbar keine Rolle.

b) Fiir die Embryopathia rubeolosa ist zwar eine gewisse Seiten- differenz der H6rst6rung typisch ( B ~ R u. LUNDST~6~ 1960) ; ein streng einseitiger ]~I5rverlust kommt bier aber wohl nur ausnahmsweise vor.

c) Abet aueh ohne herediti~re Momente und ohne infekti5se oder andere Noxen wi~hrend der Schwangerschaft kann eine e.T. ,,angeboren" sein. E V ~ R ~ G (1960) hat 61~ seiner einseitigen Taubheiten so gedeutet.