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Aus dem Veterinaranatomischen Institut der Justus Liebig-Universitat GieJen Direktor: Prof. Dr. A. Schummer Die Feinstruktur des Pansenepithels von Ziege und Rind*) (Zweite Mitteilung zur funktionellen Morphologie der Vormagen der Hauswiederkauer) Von B. SCHNORR und B. VOLLMERHAUS Mit 13 Abbildungen (Eingtgangm am 13. Man 1967) Neuere physiologische Untersuchungen haben eindeutig gezeigt, dai3 dem mehrschichtigen Pansenepithel der Ruminantier nicht nur eine Schutz- und Barrierenfunktion zukommt, sondern dai3 es auch zu selektiver Durchlassigkeit und aktivem Stofftransport befahigt ist. Der noch offenen Frage nach dem intraepithelialen Transportweg ist bereits verschiedentlich mit histologischen und histochemischen Methoden (HABEL, 1959 u. 1963; HENRIKSSON u. HABEL, 1961; SCHULZ, 1962 a, b, c, 1963) nachgegangen worden, jedoch liegen aui3er einer ersten Ubersicht (HYDBN u. SPERBER, 1964/65) keine eingehenden elek- tronenmikroskopischen Ergebnisse vor. Aus diesem Grund sollten unsere ver- gleichenden licht- und elektronenoptischen Untersuchungen vornehmlich dazu dienen, das morphologische Substrat einiger Funktionsablaufe im Pansen- epithel zu erfassen. MATERIAL U N D METHODEN Zur Verfugung stand uns Material von 11 Ziegen und 3 Rindern unterschiedlichen Alters, deren Ernahrung seit lingerer Zeit aus flanzlichen Futtermitteln bestand. Die ent- nommenen Schleimhautproben entstammten &m Dach und dem Boden des Schleuder- magens, den Endblindsacken, dem Dach und den Seitenwanden des dorsalen Pansensackes, den Seitenwanden sowie dem Boden des ventralen Pansensackes. Fur lichtoptische Untersuchungen: Fixierung lebensfrisch in Formalin, Alkohol, Ather- Alkohol aa, Fixierungs emisch nach LILLIE und Formol-Calcium nach BAKER; Paraffinein- bettung oder Gefrierscfnitte; Farbungen: HE; MASSON-GOLDNER; PAF-HALMI; PAPANICO- LAOU; SHORR; GRAM ; Methylgriin-Pyronin nach KURNICK; MAY-GRUNWALD; GIEMSA. Fur elektronenoptische Untersuchungen: Fixierung in 1 O/oiger isotonischer gepufferter Os0,-Losung (pH 7,2). Entwasserung in aufsteigender Acetonreihe. Kontrastierung teil- weise mit PWS am Block. Einbettung in Vestopal W. Mikrotom Leitz und LKB Ultrotom. Nachkontrastierung der Schnitte mit 5 O/o wassriger Uranylacetatlosung. Elektronenmikro- skop EM 9 Zeiss. ’:.) Herrn Prof. Dr. A. SCHUMMER zum 65. Geburtstag mit herzlichen Gliidtwunschen gewidmet.

Die Feinstruktur des Pansenepithels von Ziege und Rind : (Zweite Mitteilung zur funktionellen Morphologie der Vormägen der Hauswiederkäuer)

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Aus dem Veterinaranatomischen Institut der Justus Liebig-Universitat GieJen

Direktor: Prof. Dr. A. Schummer

Die Feinstruktur des Pansenepithels von Ziege und Rind*)

(Zweite Mitteilung zur funktionellen Morphologie der Vormagen der Hauswiederkauer)

Von

B. SCHNORR und B. VOLLMERHAUS

Mit 13 Abbildungen

(Eingtgangm am 13. M a n 1967)

Neuere physiologische Untersuchungen haben eindeutig gezeigt, dai3 dem mehrschichtigen Pansenepithel der Ruminantier nicht nur eine Schutz- und Barrierenfunktion zukommt, sondern dai3 es auch zu selektiver Durchlassigkeit und aktivem Stofftransport befahigt ist. Der noch offenen Frage nach dem intraepithelialen Transportweg ist bereits verschiedentlich mit histologischen und histochemischen Methoden (HABEL, 1959 u. 1963; HENRIKSSON u. HABEL, 1961; SCHULZ, 1962 a, b, c, 1963) nachgegangen worden, jedoch liegen aui3er einer ersten Ubersicht (HYDBN u. SPERBER, 1964/65) keine eingehenden elek- tronenmikroskopischen Ergebnisse vor. Aus diesem Grund sollten unsere ver- gleichenden licht- und elektronenoptischen Untersuchungen vornehmlich dazu dienen, das morphologische Substrat einiger Funktionsablaufe im Pansen- epithel zu erfassen.

MATERIAL UND METHODEN Zur Verfugung stand uns Material von 11 Ziegen und 3 Rindern unterschiedlichen

Alters, deren Ernahrung seit lingerer Zeit aus flanzlichen Futtermitteln bestand. Die ent- nommenen Schleimhautproben entstammten &m Dach und dem Boden des Schleuder- magens, den Endblindsacken, dem Dach und den Seitenwanden des dorsalen Pansensackes, den Seitenwanden sowie dem Boden des ventralen Pansensackes.

Fur lichtoptische Untersuchungen: Fixierung lebensfrisch in Formalin, Alkohol, Ather- Alkohol aa, Fixierungs emisch nach LILLIE und Formol-Calcium nach BAKER; Paraffinein- bettung oder Gefrierscfnitte; Farbungen: HE; MASSON-GOLDNER; PAF-HALMI; PAPANICO- LAOU; SHORR; GRAM ; Methylgriin-Pyronin nach KURNICK; MAY-GRUNWALD; GIEMSA.

Fur elektronenoptische Untersuchungen: Fixierung in 1 O/oiger isotonischer gepufferter Os0,-Losung (pH 7,2). Entwasserung in aufsteigender Acetonreihe. Kontrastierung teil- weise mit PWS am Block. Einbettung in Vestopal W. Mikrotom Leitz und LKB Ultrotom. Nachkontrastierung der Schnitte mit 5 O/o wassriger Uranylacetatlosung. Elektronenmikro- skop EM 9 Zeiss.

’:.) Herrn Prof. Dr. A. SCHUMMER zum 65. Geburtstag mit herzlichen Gliidtwunschen gewidmet.

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1. Lichtmikroskopie des Pansenepithels Das Pansenepithel der Ruminantier ist ein mehrschichtiges, verhornendes

Plattenepithel (einschl. Lehr- und Handbucher, sowie GROTE, 1896; HAUSER, 1929 u. SCHULZ, 1962) bzw. parakeratotisch mit Tendenz zur Zellschwellung (HENRIKSSON und HABEL, 1961). Seine Zelldifferenzierung weist so charakte- ristische Erscheinungen auf (HAUSER, 1929), dai3 es nach unseren derzeitigen Kenntnissen von jedem anderen mehrschichtigen Plattenepithel unterschieden werden kann. Ober die Nomenklatur der Schichten und Zelltypen siehe Tabelle 1 :

Tabelle 1 Schichtung des Pansenepithels

[ennzeichnung

R1

R 2

R3

R4

R 5

Histologie

Stratum basale s. cylindricum

Stratum spinosum pro fundum

Stratum spinosum super ficiale

Stratum granulosum ratum transitionale

nach HABEL 196L/65]

mit unvollstandiger Schicht farbscheuer Zellen

[Stratum .,Lucidum"nach HAUSER 1929 und SCHULZ 19621

Stratum corneum s. superficiale

Kennzeichnung sinngerna0 nach PAPANICOLAOU, TF;

(ennzeichnung

R1

R 2

R 3

R4A

R4B

R 5A

R 58

R 5C

JT und MARCHE

Cytologie

Basalzell en

Parabasalzell en

Jn termediarzellen

Kornerzellen Typ A

Kornerzellen Typ B Jellen mit erster oder tiefei luellung" nach HAUSER 1929

Hornzellen Typ A

Hornzellen Typ B

Hornzellen Typ C [,,Zellen rnit zweiter oder oberflichlicher Quellung"

nach HAUSER 19291

:I (19L8)

Bei Rind und Ziege sind die Papillae occultae (Bindegewebszapfen des Stratum papillare) stellenweise, besonders an den Spitzen der Pansenzotten und im Bereich der zottenfreien Schleimhaut, deutlich ausgebildet. Schon ELLENBERGER (1911), aber auch HYDBN und SPERBER, sprechen von einem deutlichen Papillarkorper. In diesem Falle kann die Hohe des Epithels uber dem Bindegewebszapfen bis zu 20, zwischen den Papillae occultae bis zu 30 Zellagen erreichen. Auch die Pansenzottenkorper tragen leistenformige, feine Blutgefai3e enthaltende Bindegewebspapillen, mit denen entsprechende Leisten des Plattenepithels verankert sind. Da diese Bindegewebs- bzw. Epi- thelleisten entsprechend dem Verlauf der subepithelialen BlutgefaBe von der Zottenspitze zur Zottenbasis gerichtet verlaufen, treten die Papillae occultae auf dem Querschnitt durch den Zottenkorper deutlicher hervor als auf dem reinen Langsschnitt. Weniger stark sind die Bindegewebszapfen der Lamina propria in den interpapillaren Regionen der Schleimhaut ausgebildet, so dai3 teilweise hier und an den dunnsten Stellen des Epitheluberzugs der Pansen- zotten die Anzahl der Zellagen etwa 10 betragt.

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R I) Diesem Grenzflachenrelief zwischen Epithel und Bindegewebe sitzt das eine Zellage umfassende Stratum basale 5. cylindricum (Abb. 1/R 1) auf. Die basalen Fui3zellen sind vorwiegend hochprismatisch. Uber ihre Veranke- rung mit der Basalmembran siehe Abschnitt 2 b. Ihre relativ kleinen, langs- ovalen, chromatinreichen Kerne sind im basalen bzw. Ubergang zum mittleren Drittel der Zellen gelegen. Uber die Struktur der Basalzellen wird im Ab- schnitt 2 a naher berichtet.

R 2 u. 3) Oberhalb der Basalschicht liegt ein der Gesamthohe des Epithels sowie der Beschaff enheit des Papillarkorpers angepai3tes unterschiedlich dickes Stratum spinosum mit minimal 2, maximal 20, uberwiegend jedoch 6-10 Zell- lagen. Innerhalb der Stachelzellschicht andern sich Zellform, Zellgrofie, Zell- struktur und Anfarbbarkeit, so dai3 die parabasal gelegenen Zellen (Abb. 1/ R 2) von den intermediaren Zellen (Abb. 1/R 3) unschwer zu differenzieren sind. Das Stratum spinosum profundum (R 2) setzt sich aus polygonalen, gut farbbaren Zellen mit kugeligen, chromatinreichen Kernen zusammen. Zwischen den Zellen bestehen relativ weite Interzellularspalten. Das Stratum spinosum superficiale (R 3) besitzt abgeflachte, lichtere Zellen, die gegenuber den tiefer- gelegenen Zellen an Volumen zugenommen haben, mit grofleren, chromatin- armeren Kernen. Nicht selten findet sich die sogenannte Navicularform der Kerne in dieser Zellschicht. Die Interzellularspalten sind sehr weit.

R 4) Das Stratum granulosum (Abb. 1/R 4) ist durch das Auftreten von Keratohyalingranula charakterisiert. Nach unseren Befunden sind diese Kor- ner in mindestens 2 Lagen abgeplatteter Zellen stets in zusammenhangender Schicht in allen Teilen des Pansens adulter Rinder und Ziegen zu finden. Dem- gegenuber fanden HENRIKSSON und HABEL, dai3 das Stratum granulosum ,,oft nicht vorhanden" sei. Nach HAUSER kann es bei Kalbern 2 bis 5 Zellagen betragen, dagegen scheint es nach demselben Autor beim Schaf ,,nicht so aus- gesprochen vorhanden zu sein". Unsere vergleichenden licht- und elektronen- optischen Untersuchungen zeigten jedoch, dai3 in allen Zellen der vergleich- baren Epithelschicht Keratohyalinkorner auftreten. Diese sind oftmals, ins- besondere in den Zellen, in denen sie erstmalig erscheinen, so klein (O,2 pm im Durchmesser), so dai3 sie bei ausschliei3lich lichtoptischer Betrachtung nicht immer eindeutig erkannt werden konnen. Zudem ist auch die Zahl der Kerato- hyalingranula einer Kornerzelle als gering im Vergleich mit solchen anderer Pflasterepithelien zu bezeichnen. Trotz dieser Einschrankung halten wir es fur richtig, diese Schicht weiterhin als ,,Stratum granulosum" zu benennen und nicht dem Vorschlag HABELS zu folgen, der die Einfuhrung des Uberbegriffes ,,Stratum transitionale" (Ubergangszone) vorschlagt.

Auf die besondere Erscheinung eines in unvollkommender Schicht (ELLEN- BERGER) vorkommenden chromophoben Zelltyps (R 4 B) auf der Grenze zwi- schen Stratum granulosum und Stratum corneum hat HAUSER aufmerksam gemacht. Er nennt diese Schicht zwar ,,Stratum lucidum", setzt den Ausdruck aber bewui3t in Anfuhrungszeichen. Die einzeln oder in langgestreckten Grup- pen auftretenden Zellen sind etwas voluminoser als die normalen Korner- zellen, weshalb HAUSER sie Zellen mit ,,enter" oder ,,tiefer Quellung" be- zeichnet. Lichtoptisch ist eine starke ,,Hornmembran", ein Plasma, das ,,hell, farblos geblieben" ist, ,,eine ganz feine, zarte Netzstruktur im Zytoplasma" nachzuweisen, in der ovale Korper und kleinere sowie groi3ere Tropfchen vor- handen sind, die HAUSER noch fur Eleidin halt. Die Kerne sind entweder zu einem ,,spharischen Blaschen gequollen" oder ,,pyknotisch geschrumpft". Fur die Tatsache, dai3 die Zellen mit 1. Quellung in den Kuppen der Pansenzotten seltener und dann in spindelformiger Gestalt vorkommen, wahrend sie in den Regionen der Schleimhaut zwischen zwei Pansenzotten oft tonnenformig in

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Abb. 1 . Pansenzottenepithel der Ziege, ventraler Pansensack. R 1 bis R 5 Bezeichnung der Schichten des Epithels gema5 Tabelle 1 . Man beachte die unterschiedliche Weite der Inter- zellularraurne in den unteren bzw. oberen Schichten. Durchwandernde Leukozyten sind bezeihnet mit (Gr) neutrophiler Granulozyt und (Lyc) Lymphozyt. PM Lamina propria

mucosae, Vo Venole. Elo. Mik. Aufnahme 2700 X

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Abb. 2. Neutrophile Granulozyten im Stratum granulosum des Pansenepithels. Teilabbil- dung a): Granulozyt (Gr) in unmittelbarer Nachbarschaft einer Kornerzelle vom Typ B (R 4 B). Teilabbildung b): Granulozyten (Gr) stiilpen die Zellmembran einer obcrcn

Kornerzelle ein; einer von ihnen liegt intrazellular in einer Vakuole. Elo. Mik. Aufnahnie 7200 ><

Zbl. Vet. Med., Reihe A , Bd. 14, Heft 9 53

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Nestern beieinander liegen, findet der Autor eine mechanische Erklarung, die zu widerlegen ist. HENRIKSSON und HABEL stellten eine Zunahme dieses Zell- typs mit steigendem Alter der Tiere fest. Unsere licht- und elektronenoptischen Uiitersuchungen ergaben eindeutig, dai3 diese besonderen Zellen konstant Keratohyalingranula enthalten. Wir reihen sie deshalb unter die Korner- zellen als deren T y p B ein und benennen dementsprechend die gut anfarb- baren, tieferliegenden Kornerzellen als T y p A . Daruber hinaus stellten wir fest, dai3 die in den Epithelverband eintretenden (neutrophilen) Granulo- zyten stets in unmittelbarer Nachbarschaft dieser Zellen anzutreffen sind. In einigen Fallen stulpen die Granulozyten die Zellmembran der oberen Korner- zellen so tief ein, dai3 sie mitunter intracellular in einer Vakuole liegen (Abb. 2 a, b). Wir nehmen auch dieses als Anzeichen dafur, dai3 sich die Kor- nerzellen vom Typ B in einer ,,besonderen Reaktionslage" befinden, worauf wir spater ausfuhrlicher eingehen wollen,

R 5 ) Das Stratum corneum (Abb. 1/R 5) des Rinder- bzw. Ziegenpan- sens ist sehr unterschiedlich ausgebildet. Wahrend in der alteren und auch neueren Literatur von einer ,,relativ sehr machtigen Hornschicht" oder doch verallgemeinernd von ,,verhorntem" bzw. ,,parakeratotischem Epithel" ge- sprochen wird, kennt HAUSER drei Arten von Hornzellen; wir nennen sie im folgenden plattchenformige Hornzellen, diskusformige Hornzellen und ballonformige Hornzellen.

Die plattchenformigen Hornzellen bilden sich unter ,,maximaler Volu- menabnahme" (HAUSER) aus den Kornerzellen. Das Cytoplasma ist zu Keratin umgewandelt; Kernreste sind nachweisbar. Die diskusformigen Hornzellen, nach HAUSER ,,im Schpitt meist durch Spindel- oder Spitzrhombenform" charakterisiert, besitzen eine mai3ig d i k e Hornwand, die einen wabigen bis hoinogenen Zellinhalt einschliei3t. Die ballonformigen Hornzellen, von HAU- SER auch als ,,Zellen mit zweiter oder oberflachlicher Quellung" bezeichnet, bestehen aus einer nicht selten zum Pansenlumen aufgesprengten dunnen Hornmembran; ihr Inhalt ist ,,mehr schollig, brockelig, zerfallen" (HAUSER).

Die licht- und elektronenoptischen Befunde lassen erkennen, dai3 die plattchenformigen Hornzellen aus den Kornerzellen beim sogenannten ,,Sprung in die Verhornung" entstehen. Die diskusformigen Hornzellen gehen entgegen der Auffassung von HAUSER ausschliei3lich aus Hornplattchen her- vor. Auch in den Fallen, wo das Stratum corneum hauptsachlich aus diskus- formigen Hornzellen bestand, war mindestens eine Zellschicht plattchenformi- ger Hornzellen zwischen Kornerzellen und diskusformige Hornzellen einge- schoben. Das ergaben eindeutig die elektronenoptischen Bilder auch dann, wenn bei lichtoptischer Betrachtung Zweifel am Vorkommen plattchenformi- ger Hornzellen auftraten. Wir konnen somit die Annahme HAUSERS nicht bestatigen, wonach die diskusformigen Hornzellen dadurch entstehen sollten, dai3 ,,die Volumenabnahme" der Kornerzellen ,,beim Obergang in das Stra- tum corneum . . . weniger ausgesprochen" sei. Wir mochten nicht ausschlieflen, dai3 sich diskusformige Hornzellen auch wieder in Hornplattchen zuruckver- wandeln konnen. Erste Ergebnisse eingeleiteter Resorptionsversuche deuten darauf hin, dai3 die oberen plattchenformigen und die diskusformigen Horn- zellen verschiedene Funktionsstadien ein und derselben Zellschicht sein kon- nen. Die ballonformigen Hornzellen schliei3lich konnen sowohl aus plattchen- als auch aus diskusformigen Zellen entstehen. Naheres uber eine Typen- einteilung der Hornzellen des Pansens siehe Abschnitt 2 a (R 5 A, B und C).

Zu der von HAUSER vorgeschlagenen Einteilung des Stratum corneum in 3 Arten und zu seinen Erklarungsversuchen wollen wir anhand unseres uns hierfiir zu gering erschei- nenden Materials nicht Stellung nehmen.

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2. Elektronenmikroskopie des Pansenepithels a) Zelltypen

H Y D ~ N und SPERBER gehen in ihrer Ubersicht der Elektronenmikrosko- pie der Wiederkauervormagen vor allem auf deren Epithel ein und betonen, dai3 es ,,offenbar schwierig" sei, die ,,Epithelschichten insbesondere der mittle- ren Lagen" in einer ,,allgemein anwendbaren Weise" deutlich zu unterteilen. Diese Unsicherheit in den bisherigen Vorstellungen macht es notwendig, die verschiedenen Zelltypen des Pansenepithels im elektronenoptischen Bild erneut und eingehender zu untersuchen, um sie ,,allgemein anwendbar" zu charakteri- sieren, was nach unseren Befunden durchaus moglich ist.

Daher ist die nachfolgende Beschreibung unserer elektronenmikroskopi- schen Befunde nach Zelltypen gegliedert in R 1) Basalzellen, R 2 ) Parabasal- zellen, R 3) Intermediarzellen, R 4 A ) Kornerzellen vom Typ A, R 4 B) Kor- nerzellen vom Typ B (sog. Zellen rnit 1. Quellung nach HAUSER), R 5 ) platt- chenformige, diskusformige und ballonformige Hornzellen (sog. Zellen rnit 2. Quellung nach HAUSER) sowie abschliei3end R 5 A, B, C) Typeneinteilung der Hornzellen nach feinstrukturellen Eigenschaften. In der Darstellung wer- den berucksichtigt: die Form der Zelle und des Zellkernes sowie die Zellver- bindungen, von den Zellorganellen die Mitochondrien und der Golgi-Apparat, dann hyaloplasmatische Zellanteile wie endoplasmatisches Retikulum, Ribo- soinen und Lysosomen, weiterhin die metaplasmatischen Tonofibrillen und schliei3lich elektronenoptisch darstellbare paraplasmatische Einlagerungen.

R 1) Basalzellen. Die hochprismatischen Basalzellen sitzen der Basalmem- bran zum Teil breitflachig auf, zum Teil stehen sie durch langausgezogene verastelte Cytoplasmafui3chen mit ihr in Verbindung. Im letztgenannten Fall folgt die Basalmembran nicht den Konturen der Zellwand, sondern 1ai3t brei- tere Lakunen zwischen sich und dem Zwischenfui3chenabschnitt des doppelt- lamellaren Plasmalemm. Hervorzuheben ist das Vorhandensein von Halbdes- mosomen, die als Haftstellen zwischen der Basalzelle und der Basalmembran fungieren. Solche Halbdesmosomen sind sowohl in unregelmai3igen Abstan- den an der breitaufsitzenden Zellwand, als auch an den basalen Cytoplasma- fui3chen festzustellen (siehe auch Abschn. 2 b). Die Seitenflachen der Basalzel- len sind mit zahlreichen langen Cytoplasmafortsatzen versehen, die teilweise bis zur Basalmembran reihen, um hier rnit Haftplatten zu enden. Zwischen aneinandergelagerten Fortsatzen benachbarter Zellen sind vereinzelt Desmo- somen (Haftstellen) zu finden. Bemerkenswert ist die Tatsache, dai3 die Interzellularraume (interdesmosomale Lakunen) auffallend weit sind und bis zur Basalmembran in gleichmai3iger Weite herunterreichen, um hier ihren Abschlui3 zu finden. Leukozyten treten an dieser Stelle durch die Basalmem- bran in die Interzellularraume ein (Abb. 3).

Neben dem mit doppelter Membran ausgestatteten ovoiden Zellkern finden sich relativ dicht beieinanderliegend zahlreiche rundliche und stabchen- formige Mitochondrien rnit deutlicher Innenstruktur. Der Golgi-Apparat um- greift in weiter Ausdehnung den Zellkern. In Kernnahe finden sich weiterhin rnit Ribosomen besetztes endoplasmatisches Retikulum und unzahlige freie Ribosomen. Tonofilamente durchziehen die Zellen insbesondere in deren Langs- richtung gebundelt und strahlen mit Auslaufern in die Zellfortsatze ein. Ver- einzelt sind groi3ere Vesikel (s. u. Parabasalzellen) aufzufinden.

R 2 ) Parabasalzellen. Die Parabasalzellen sind vorwiegend von polygo- naler, ihre Zellkerne von kugeliger, bisweilen leicht eingedellter Gestalt. An ihrer Zelloberflache sind die Parabasalzellen mit zahlreichen, nicht ganz regelmaflig verteilten, schlanken und langen Cytoplasmafortsatzen versehen,

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Abb. 3. Leukozyt durchbricht die Basalmembran. Man beachte die weiten Interzellularraume zwischen den Basalzellen.

Elo. Mik. Aufnahme 4500 X

von denen manche zwischen den Basalzellen hindurch bis zur Basalmembran reichen, uni hier in Hemidesmosomen zu enden. Fortsatze benachbarter Para- basalzellen weisen an ihrer geraden Kontaktstelle deutlich strukturierte Haft- platten auf, deren Feinstruktur im Abschnitt 2 b eingehend beschrieben wird. Die Interzellularspalten sind sehr weit.

Das Bild der Zellorganellen und des Hyaloplasmas hat sich gegenuber den Verhaltnissen in den Basalzellen nicht verandert. Die Tonofilamentbundel sind kraftiger, liegen rundum in der Zellperipherie und strahlen in die Haftfufichen ein.

Vereinzelte Phospholipidgranula sind nachweisbar. In den Parabasal- zellen treten regelmagig 0,5-1 pm groi3e Vesikel mit einem diffusen Inhalt auf, deren doppeltkonturierte Membran teilweise mit der Zellmembran in Verbindung steht, so dai3 Vesikelinhalt mit Interzellularsubstanz in Austausch treten kann.

R 3 ) Zntermediurzellen. Zelleib und Zellkern der Intermediarzellen sind bereits deutlich oberflachenparallel abgeflacht. Die zahlreichen langen Zellfort- satze zeigen nunmehr die Tendenz, sich mit ihrer Breitseite solchen der Nach- barzelle anzuschmiegen. Daher sitzen ihnen die Haftplatten tangential auf. Haufig findet man einen Zellfortsatz von zwei Fortsatzen der Nachbarzelle flankiert. In solchen Fallen sind oft mehrere Haftplatten an einem Zellfortsatz ausgebildet. Im interdesmosomalen Abschnitt zeigt die Zellmembran starkere Einfaltungen, in die nicht selten ein besonders langer Zellfortsatz der Nach- barzelle mit seiner Spitze eintaucht. Die Interzellularraume sind sehr weit.

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Die Mitochondrien sind gequollen, ihre Innenstruktur noch deutlich. Der Golgi-Apparat zeigt Vacuolen und Vesiculae.

Das endoplasmatische Retikulum ist vorwiegend tubular. Lysosomen und Phospholipidgranda sind nachweisbar.

Die Tonofilamente ziehen als kraftige lange Biindel in die schlanken Zell- fortsatze und verbinden sich mit der Zellmembran im Bereich der Haft- platten.

A 4 A ) Komerzellen vom T V D A . Die Kornerzellen [Abb. 4 u. 5) ahnelii in ihrer Form den Intermediarzefien. Ihr Zellkern ist in einigen Zellen unver- andert, in anderen Zellen stark eingefaltet (pyknotisch). Die Zellmembran er- scheint gezahnt; die zahlreichen Desrnosomen sitzen kurzen Zellfortsatzen auf ; damit sind auch die Interzellularraume zwischen den Kornerzellen enger.

Die gequollenen Mitochondrien zeigen wenig Innenstrulrtur. Lysosomen sind vorhanden.

A bb. 4. Stratum granulosum und Stratum corneum des Pansenepithels. Die Kornerzellen sind durdi das Auftreten grogerer und kleinerer Keratohyalingranula (K) charakterisiert. Man beachte das Vorhandensein von Phospholipidgranula (PL) unter der magenlumenseiti- gen Zellmembran der unteren Kornerzellen sowie das Erscheinen einer Interzellular- substanz iiber den oberen Kornerzellen. Die Hornzellen vom Typ A sind gut von der

Hornzelle vom Typ B (links oben) zu unterscheiden. Li Lipoidtropfen. Elo. Mik. Aufnahme 4500 V,

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Abb. 5. Ausschnitt aus einer Kornerzelle vom Typ A. In den Maschen des randstandigen Tonofibrillennetzes liegen Keratohyalingranula und freie Ribosomen. Man vergleiche dieses Bild mit dem Aussehen einer Kornerzelle vom Typ B, wie es in der Abbildung 6 b dar-

gestellt ist. Elo. Mik. Aufnahme 17 500 X

Das Tonofibrillennetz ist als kompakte breite Zone an den Rand der Zelle gelagert. In den Maschen des Tonofibrillennetzes finden sich freie Ribosomen.

Das Auftreten von Keratohyalingranula in verschiedener Form und Groi3e ist fur diese Zellart charakteristisch. Diese zum Teil als kleinere, homo- gene Korner, zum Teil als groaere, unregelmaflig geformte, diff us-osmiophile Schollen auftretenden Gebilde sind mit SNELL (1965 a) durch einen typischen Ribosomenkranz von anderen Zellbestandteilen zu unterscheiden. In den

Abb. 6. Teilabbildung a: Die Kornerzelle vom Typ B (R 4 B ist in ihrem lichtoptisch

lamellare und fibrillare Strukturen erfullt. Der Zellkern ist pyknotisch. Keratohyalingra- nula sind vorhanden. Die Hornzelle vom Typ A (R 5 A) zeihnet sich d u r h dichtgelagertes osmiophiles Keratin aus. Man beachte die Tatsache, dafi dieser Hornzellentyp in einer

einzigen Zellage vorkommt. Elo. Mik. Aufnahmen 5200 X

Teilabbildung b: Ausschnitt aus einer Kornerzelle vom Typ B. Unregelmafiig gestaltete Cytomembranen mit zum Teil aufgerollten Enden durften Reste aufgebrohener oder aufgeplatzter obligater Zellbestandteile darstellen. Dazwishen Keratohyalingranula. Die Tonofibrillen sind entbiindelt. Man beachte demgegenuber das Zellbild der Kornerzelle vom

Typ A in der rechten unteren E k e und in Abb. 5.

leer erscheinenden Zellraum durch elektronenoptisch darstell b are grobere und feinere

Elo. Mik. Aufnahme 17 500 X

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cieferen Schichten des Str. granulosuin treten zunachst nur kleinere Korner auf. In den oberen Schichten liegen dann die (groi3eren) Schollen meistens in Kernnahe, die (kleineren) Korner sind in die Maschen des in der Zellperipherie vorhandenen Tonofibrillennetzes eingebettet. Unregelmai3ig geformte, 1 bis 2 pin groi3e Lipoidtropfen sind konstant anzutreffen. Zahlreiche Phospho- lipidgranula liegen magenlumenseitig unter der Zellmembran.

R 4 B) Kijrncvzellen vom Typ B (sog. Zellen mit 1. Quellung nach HAU- SER). Dicser Zelltyp (Abb. 6) ist im Pansenepithel in einer in der Regel nicht zusammenhangenden Zellschicht zwischen Str. granulosum und Str. corneum zu finden (s. auch Abschnitt 1/R 4). Die Zellen sind voluniinoser als die Inter- mediar- und Kornerzellen vom Typ A. Der Kern ist stets pyknotisch ver- Zndert. Die Zellmembran ist an der magenlumenabseitigen Flache relativ glatt bis leicht gezahnt, an der magenlumenseitigen Flache zu halblaiigen Fortsatzen ausgezogen. Dementsprechend ist der Interzellularraum zwischen den Korner- zellen vom Typ A und Typ B spaltformig, dagegen zwischen den Typ B-Zel- len und den Hornzellen mai3ig weit. Desrnosomen sind ausgebildet.

Der abgesehen von einigen granularen Elementen lichtoptisch leer er- scheinende Zellraum ist neben groberen Bestandteilen init feinen fibrillaren und lamellaren Strukturen erfullt (Abb. 6 b.)

Mitochoiidrien sind in stark denaturierter (gequollener) Forin ineist in Zellkernnahe vorhanden. Den Golgi-Apparat haben wir nicht ausmachen konnen.

Vom endoplasmatischen Retikulum sind einige Tubuli und einige Sacculi zu finden, die zum Teil deutlich mit dem spaltformigen perinuklearen Rauin in Verbindung stehen.

Besonders auffallig ist das Auftreten zahlreicher, unregelmafiig gestalte- ter Cytomembranen (Abb. 6 b), deren oft aufgerollte Enden darauf schliei3en lassen, dai3 es sich hierbei moglicherweise um Reste aufgebrochener oder auf- geplatzter obligater Zellbestandteile handelt.

Die Tonofilamente siiid zu einem dichten Gespinst entbundelt und bilden eine breite filzartige Randzone der Zelle. Der Zellmembran unmittelbar be- nachbart finden sich einige Tonofilamente andeutungsweise zu Sundeln zusam- men, um zu den Haftstellen zu ziehen.

Groi3ere Keratohyalinschollen, die auch lichtoptisch wahrnehmbar sind, liegen im Perikaryon, kleinere Korner in der Randzone. Groi3e Lipoi ltropfen sind vorhanden.

R 5 ) Hovnzellen. Auf das Vorhandensein von drei Erscheinungsformen der Hornzellen, namlich plattchenformige, diskusformige und ballonformige Zellen wurde bereits im Abschnitt 1/R 5 hingewiesen.

Die plattchenformigen Hornzellen sind mit osmiophilem Keratin ausge- fullt. In den tiefergelegenen Zellen tritt das Material vorwiegend schollig, in einigen Bezirken auch homogen auf (Typ A, siehe unten). Demgegenuber zeigt das Keratin in den hoher gelegenen Zellen (sofern iiberhaupt mehrere Lagen plattchenformige Hornzellen vorhanden sind) streifig-spongiose Struktur (Typ B, siehe unten).

Die Kernfragmente sind elektronendicht; sie liegen nicht in allen Horn- zellen in der Schnittebene.

Die Zellmeinbran ist stark eingefaltet, manchmal auch zu Fortsatzen aus- gezogen, die an der magenlumenseitigen Flache langer als an der Gegenflache sind. Desmosomen sind vorhanden. Die Interzellularraume sind zwischen den tieferen Lagen der Hornzellen eng bis mai3ig weit und mit fein-granularem Material ausgefullt; zwischen den oberen Zellagen werden sie weiter. In diese Lakunen dringen die Pansenbakterien bis zu etwa einer Zellage weit vor.

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Abb. 7 a. Ein Pansenbakterium (Bacteroides succinogenes?) dringt in die Hornzellen vom Typ B ein.

Elo. Mik. Aufnahrne 80 000 X

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802 SCHNORR und VOLLMERHAUS

Einen besonderen Hinweis verdient die Tatsache, dafl jene Interzellularraume, an deren Berandung die scharfen, peripheren Zellrander der tiefen Hornzellen (des Types A, siehe unten) beteiligt sind, im Schnitt wellblechartig gewunden und dabei ausgesprochen spaltformig eng ausgestaltet sind. Desmosomen mit deutlichen Strukturen liegen hier in kurzen, unregelmafligen Abstanden dicht beieinander.

Auf der magenlumenseitigen Flache der oberflachlichsten Hornzellen blei- ben die nun kontaktlos gewordenen Cytoplasmafortsatze (hier init Mikrovilli nicht verwechselbar) stehen. Dieser rauhen Zelloberflache haften Bakterien und Infusorien auf. Nach unseren elektronenoptischen Befunden vermogen einzelne Bakterien durch die Zellmeinbran in das Innere der Hornzellen vor- zudringen, um sich hier sogar zu vermehren (Abb. 7 a u. b).

Die diskusformigen Hornzellen gehen aus dem plattchenformigen Zelltyp hervor. Das streifig-spongiose osmiophile Keratin bildet eine breite Randzone Linter der Zellmembran. Der elektronenoptisch aufgehellte zentrale Zellraum zeigt alle Stufen der Erweiterung, beginnend mit einzelnen wabenartigen Auf- hellungen bis hinreichend zu einem difius hellgrau getonten einzigen Hohl- raum. In ihm sind Kernreste, dunkelgraue bis schwarze Korpuskeln und Lipoidtropfen gelegen.

Abb. 7 b. Pansenbak:erien in einer Hornzelle vom Typ B. Elo. Mik. Aufnahme 28 000 X

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Die Peinstruktur des Pansenepithels von Ziege und Rind 803

Beziiglich der Zelloberflache gilt der fur die plattchenformigen Hornzellen mitgeteilte Befund.

Die ballonforrnigen Hornzellen zeichnen sich im elektronen-optischen Bild dadurch aus, dai3 die Menge des in der Zellperipherie gelegenen streifig- spongiosen Zellmaterials geringer wird, bis schliei3lich die stark gewellte Zellmembran allein ubrig bleibt und dann zum Magenlumen hin aufreii3t. Im gleichen Mai3e nimmt die Menge eines charakteristischen Materials im Innern des Zellraumes zu, das aus unterschiedlich groi3en, scholligen Aggregaten run- der 0,l-0,15 pm @ Partikel besteht, die jeweils einen dunklen Innen- und hellen, jedoch scharf berandeten Aui3enhof erkennen lassen. Dieser letzt- genannten Struktur wollen wir spater genauer nachgehen. Zudem konnen in bereits aufgesprengten Zellen groi3ere Mengen von Pansenbakterien nachge- wiesen werden.

R 5 A, B, C ) Typeneinteilung der Hornzellen: Dieser descriptiven Be- schreibung der Hornzellen, deren Reihenfolge sich an lichtmikroskopischen Verhaltnissen orientiert hat, mochten wir eine Typeneinteilung nach feinstruk- turellen Gegebenheiten anschliei3en. Danach gibt es innerhalb des Stratum cor- ileum in jedem Falle mindestens eine Zellage stark osmiophiler Hornplattchen init scholligem bzw. homogenem Keratin. Diese Zellen sind besonders innig miteinander verzahnt, so dai3 sie in ihrer Gesamtheit eine von aui3eren Ein- flussen morphologisch nicht veranderliche Barriere darstellen. Wir nennen sie Hornzellen vom Typ A . Aus ihnen gehen Hornzellen mit streifig-spongiosem Cytoplasma hervor. Diese Zellen konnen plattchenformig bleiben oder diskus- formige Gestalt annehmen: Sie sind, wie unsere Resorptionsversuche (SCHNORR u. VOLLMERHAUS, in Vorbereitung) zeigen, im Gegensatz zu den Hornzellen vom Typ A unter bestimmten Bedingungen schwellfahig. Wir nennen diese Zellen, unabhangig von ihrer jeweiligen Gestalt, Hornzellen vom Typ B. Diese plattchen- oder diskusformigen B-Hornzellen konnen direkt aus dem Zellver- band gelost bzw. abgeschuppt werden oder es entstehen aus ihnen unter fort- schreitender Umwandlung des Keratins die ballonformigen Hornzellen vom Typ C. Diese Hornzellen platzen nach einiger Zeit auf.

b) Haftstellen des Pansenepithels Im Pansenepithel sind als Verbindungen der Epithelzellen untereinander

Desmosomen und als Verbindungen der Epithelzellen mit der Basalmembran Hemidesrnosomen ausgebildet.

Die Feinstruktur der Desmosomen (Haftstellen) ist seit der ersten elek- tronenoptischen Untersuchung durch PORTER (1 954) wiederholt von anderen Autoren beschrieben worden:

Epidermis: PORTER (1954), SELBY (1955/56/57), HORSTMANN (1955), ODLAND (1958), MERCER (1958), HORSTMANN und KNOOP (1958), VON BAR- GEN (1959), WILKENS (1964), SNELL (1965 a, b, c).

Mundhohlenepithel: SOGNNAES und ALBRIGHT (1 956), FASSKE und THE- MANN (1959), REALE in BUCHER (1962), ALBRIGHT und PATT (1965).

Portio- bzw. Vaginalepithel: VOGEL (1958), KARRER (1960), PETRY, OVERBECK und VOGELL (1961 a u. b), MERKER (1961), PETRY (1962), CARSTEN, MERKER und MOSLENER (1962).

Auf das Vorkommen von Desmosomen im Pansenepithel ist bisher nur von HYDBN und SPERBER kurz hingewiesen worden. Die Feinstruktur dieser Desmosomen weist jedoch nach unseren Befunden einige Besonderheiten auf, so dai3 ein Vergleich mit den Ergebnissen der oben genannten Autoren ange- bracht ist.

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804 SCHNORR und VOLLMERHAUS

Im elektronenoptischen Bild entdeckte man an der Kontaktstelle zweicr zur Bildung einer Interzellularbriicke gegeneinandergerichteter Cytop!asmafortsatze einen ,,Bandkorper" (griechisch: Band = desmbs, Korper = soma), der deshalb Desmosom genannt wird. Ein solches Desmosom (Haftstelle) besteht aus einem Paar zu Haftplatten modifizierrer Plasma- lemmabschnitte sowie der dazwischen gelegenen Kontaktschicht (von einigen Autoren auch als ,,Kittsubstanz" definiert). Intrazellular gelegene Tonofilamente strahlen in die Hnft- platten ein, um sich mit ihnen zu verbinden; sie iiberspringen jedoch keincsfal!s die Interzellularfuge.

Die Grofle der vorwiegend ovalcn Haftplatten wird mit etwa 0,3 auf 0,7 {rm (ODLAND, BARGMANN, BUCHER), 0,145 auf 0,665 !tm (WILKENS), 0,25 auf 0,7 ,trm bzw. 0,4 auf 0,12 !tm (SNELL) sowie 0,l auf 0,5 lrm (MERKER) angegeben.

In der Regcl ist an jeder Interzellularbriicke jeweils ein Desmosom ausgcbildet. Nur PASSKE und THEMANN konnten am Epithel der Mundhohlc fcststellcn, dai3 haufig mehrere Cytoplasmafortsatzc a n der Bildung einer Interzellularbriicke beteiligt und in diesem Fall innerhalb einer Briicke auch mehrere Desmosomen vorhanden sind.

Im Epithel des Pansens sind zahllose Desinosoinen ausgebildet, die alle dem oben erwahnten Grundbauplan entsprechen. Die Groi3e der Haftplatten des Pansenepithels betragt 0,25 bis 0,45 pm. Wie im Mundhohlenepithel (s. FASSKE u. THEMANN) bilden auch im Stratum spinosum superficiale des Pail- senepithels haufig mehrere Cytoplasmafortsatze eine Iiiterzellularbruclie, in der gleichfalls mehrere Desmosomen fur das Haften sorgen.

Die feiiiere Struktur der Desmosomen wird iiberwiegend als lamellar beschricben. MBglicherweisc gibt es cinfacher und kompliziertcr gebaute Haftstellcn. Bei der letzt- genannten Form finden ODLAND, KARRER, VOGEL, PETRY, MERKER sowic SNELL zwisdien den Enden der aus den beiden benachbarten Zellcn einstrahlenden Tonofilamcnte noch 5 mehr und 6 weniger elektronendichte Schiditen. Trotz der iibereinstimmenden Befunde hinsicht- lich der Anzahl der Schichten besteht jedoch keine einheitliche Auffassung dariiber, wc!dic der Lamellen zur Zellmcmbran und welche zur interzellularen Kontaktschicht gehoren. Von der Mehrzahl der Untersucher wird angenommen, dai3 die Epithelzellen von Doppel- membranen umgebeii werden. Jedoch nur KARRER, VOGEL somic PETRY beschreiben ein- deutig, dafl es die innere dieser Lamellen ist (Z 3-Lamelle nach PETKY), die ini Haftplatten- abschnitt auf 80-100 A (WILKENS), auf 100 A (nach VOGEL sowie MXKER) bzw. auf 250 A (nach SNELL) verdickt ist.

Zelleinwarts folgt eine 50-70 A (MERKER) dicke helle Zone (Z 4-Schicht nach PETRY), deren Begrenzung die Tonofilamentenden besorgen (Z 5-Linie nach PETRY). Die zwisdien dcn verdickten inneren Lamellen der Zellmembranen (Z 3) gelegenen osmiophilen Schichtcn sind etwa gleich didr (20 A nach MERKER, etwa 25 A nadi WILKENS, 40 A nach VOGEL, 50 A nach SNELL) und von hellen Zonen flankiert, deren Brcite mit 25 A (MERKER), 43 (VOGEL), 50A (SNELL) bzw. 6 0 A (WILKENS) angegeben wird. Dic Bui3cre Lamelle der Zellnienibran (Z 1 nach PETRY) ist durch eine meist sehr helle Zone (Z 2 n a h PETRY) von der inneren Membranlamellc getrennt. Wahrcnd MBRKER die aui3ere Lamelle cchon zur ,,Kitt- substanz" rechnet, ist nach PETRY nur eine in der Symmetrieachse dcs Desmosom gelegme osmiophile m 1-Schicht, der sich helle Zonen (m 2) zu beiden Seiten anschmiegen, a!s eigentliche Grenze zwischen den beiden ancinanderstoflenden Zellen anzuschcn. VOGEL (1960) betont, dai3 die m 1-Schicht nur in phosphormolfranisiiurebehandelten Schnitten auftritt. HORSTMANN, HORSTMANN und KNOOP, VON BARGEN und WILKBNS schliefllich schrei- ben der ,,Kittsubstanz" eine Querstreifung zu, die nach HORSTMANN uiid KNOOP in etw3 glcichen Abstinden von 150 A, nach WILKENS von etwa 1601\ angeordnct ist. Nach FASSKE und THEMANN ,,scheinen die drei Gelierungslinien feingranu!iren hufbau zu haben". Die Autoren erwagen eine Porenbildung der ,,Kittsubstanz".

Die Darstellung der Feinstruktur der Desmosomen gelang am Pansen- epithel auffallend gut. Bevor jedoch im folgenden auf Einzelheiten unserer Befunde Bezug genommen wird, sol1 festgestellt werden, dai3 die Darstclliiiig lainellarer Strulrturkorper selbst Lei optimaler Fixierung, Einbettung uiid Kontrastierung weitgehend von der Schnittdicke und der Ansc!inittrichtung abhangt.

Beispielsweise wird eine von zwei osmiophilen Lamellen flankierte helle 25 A dickc Zwischenschicht in einem 500 A dicken Schnitt schon bei einer Neigung der Anschnitt- richtung um 2 Grad von der Scnkrechten durch das flankierende Material so iiberdeckt, dai3 ihre Konturen verdammern. Die Anschnittrichtung durch die zur Rede stehenden Desmosomen ist jedoch dem Zufall iiberlassen und trifTt nur in wenigen Fallen die Desmo- somen senkrecht.

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Die Feinstruktur des Pansenepithels von Ziege und Rind 805

In Obereinstimmung mit dieser Uberlegung sucht PETRY (1962) fur seine Desmosomenbeschreibung ,,geeignete Querschnitte" aus. Wir fanden in weni- ger als 5 O/o der im Schnitt getroffenen Desmosomen lamellare Strukturen mit ansreichend klaren Konturen. Daraus schliei3en wir nach dem oben Gesagten, dai3 alle Desmosomen gleichen lamellaren Aufbau besitzen.

Der Bauplan der Desmosomen des Pansenepithels (Abb. 8 a, b, c) lai3t folgende Besonderheiten erkennen (Bezeichnung der Schichten in Anlehnung an PETRY) :

Die Z 3-Schicht mii3t im Durchschnitt 130 A (-t 20 A). In dieser Schicht liei3 sich wiederholt eine nicht genau mefibare, schatzungsweise 10-20 A breite Aufhellungslamelle (Z 3 b) erkennen. Sie trennt eine konstant 30-50 A breite Aui3enzone (Z 3 a) von einer zelleinwarts gelegenen etwa 70-90 A breiten Innenzone (2 3 c). Diese Aufhellungszone ist bisher noch nicht beschrie- ben worden. Nach den oben angefuhrten Uberlegungen uber die Abhangig- keit der Darstellung dunner Lamellen von der Schnittdicke und Anschnitt- richtung ist damit zu rechnen, dai3 derart dunne, an der Grenze des Auf- losungsvermogens liegende Lamellen nur in Ausnahmefallen zu sehen sind. Es mui3 demnach mit einem konstanten Vorhandensein dieser Aufhellungs- zone ( 2 3 b) gerechnet werden. Die Aussage PETRYS, dai3 sich die dicke, kon- trastreiche 2 3-Schicht ,,unter abrupter Verdunnung am Kontaktrand in die innere Lamelle der doppelten Zellmembran fortsetzt", kann erganzt und mui3 neu forinuliert werden: Die innere Lamelle der Zellmembran (2 3 a ) ist auch im Haftplattenabschnitt von gleichbleibender Starke; sie erhalt bier jedoch eine zelleinwarts gelegene osmiophile Auflagerung ( Z 3 c).

Die Z I - und m 1-Schicht sind 28-65 A dick. Wahrscheinlich gibt der niedrigere Wert die tatsachliche Lamellendicke wieder, wahrend hohere Werte durch Abweichung der Anschnittrichtung von der Senkrechten zustande kom- men. Dai3 die Z 1-Schicht die kontinuierliche Fortsetzung der aui3eren Lamelle der doppelten Zellmembran darstellt, haben KARRER, VOGEL sowie PETRY ge- zeigt, jedoch MERKER in Obereinstimmung mit ODLAND bezweifelt. In unseren elektronenoptischen Bildern konnte die Fortsetzung dieser Schicht auBerhalb des Desmosomenbereiches in der Zellmembran wiederholt einwandfrei nach- gewiesen werden.

An dieser Stelle sei darauf hingewiesen, dai3 osmiophile Lamellen wie die Z 1- bzw. m 1-Schicht nicht als , ,mathematide Linie" auftreten, sondern sie konnen sich bei hoher Auflosung als Aneinanderreihung granularer Partikel entpuppen (vgl. auch FASSKE u. THEMANN sowie VOGEL). Die Z 1- bzw. m 1- Schicht besteht tatsachlich in manchen Desmosomen - oft an deren Peripherie - aus granulierten, unregelmai3ig rundlichen Partikeln, deren Breite 28-65 A betragt (Abb. 8 c). Der Abstand der groi3ten Dichte dieser Partikel betragt 120-160 A. In einzelnen Fallen konnen solche Partikel der osmiophilen Z 1- und m 1-Schichten in gleicher Hohe liegen. Zudem treten schmale osmiophile Brucken auch zwischen den Partikeln verschiedener Schichten auf (Abb. 8 c). Dadurch kann der Eindruck einer ,,Querstreifung der Kittsubstanz" (HORST- MANN u. KNOOD sowie WILKENS) hervorgerufen werden. Andererseits treten jedoch auch oft mehr strangformige Abschnitte der Z 1- bzw. m I-Schichten - meistens in der Mitte des Desmosom - mit relativ gleichbleibender Breite auf (Abb. 8 b). Moglicherweise lassen sich aus diesen Erscheinungsbildern Ruckschlusse auf die Anordnung osmiophiler Substanzen in den einzelnen Schichten des Desmosom ziehen.

Die hellen Z 2- und m 2-Schichten sind annahernd gleich breit und messen 28-50 A. In diesen hellen Zonen liegt ein feingranulares Material diffus ver- teilt. Jedoch ist auffallig, dai3 insbesondere in Desmosomen des Stratum cor-

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806 SCHNORR und VOLLMERHAUS

Abb. 8. Feinbau der Desmosomen des Pansenepithels. Teilabbildung a: Der lamellare Auf- bau der Desmosomen laflt sich im Pansenepithel auffallend gut darstellen. Man beachte die hier mogliche weitere Differenzierung der Z 3-Schicht. Eine 10-20 A breite Aufhellungs- zone (Z 3 b) trennt eine Adenzone (Z 3 a) von einer zelleinwarts gelegenen Innenzone

(Z 3 c). Bezeichnung der Schichten in Anlehnung an PETRY. Elo. Mik. Aufnahme 640 000 X

Teilabbildung b und c: Bei hoher Auflosung entpuppen sich die Z- und m-Schichcen als Aneinanderreihun granularer Elemente, zwischen denen - zum Teil auch von einer zur anderen Schicht iigerspringend - osmiophile Briicken verkehren. Teilabbildung b aus dem Zentrum und Teilabbildung c aus der Peripherie eines Desmosom, hier eine sogenannte

,Querstreifung" vortauschend. Elo. Mik. Aufnahmen 1 280 000 X

neum des Pansenepithels die m 2-Schichten starker als die 2 2-Schichten mit feinsten Granula angefullt sind.

Ubereinstimmend berichten HORSTMANN und KNOOP, FASSKE und THEMANN sowie SNELL iiber eine Anderung der Desmosomenstruktur in den hoheren Epithelzellagen. Nach diesen Autoren werden die Desmosomen offenbar in den Verhornungsprozei3 einbezogen bzw. lassen die Einleitung der bevorstehenden Abschilferung erkennen.

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Die Feinstruktur des Pansenepithels von Ziege und Rind 807

PETRY, OVERBECK und VOGELL sowie BUCHER weisen darauf hin, dai3 ,,erhebliche Untershiede" (PETRY) in der Gestalt, Zahl und Stellung der Desmosomen in den einzelnen Epithelschichten auftreten. PETRY und Mitarbeiter erklaren dieses ,,Phanomen" damit, ,,dai3 Desmosomcn keine bleibenden Kontakte, sondern temporare Gebilde sind", die sich sowohl voneinander losen als auch nach Bedarf wieder neu bilden kBnnen.

Die Desmosomen des Pansenepithels sind in allen Epithellagen von gleicher Struktur (Abb. 9 u. 10 a, b, c). Demgegenuber weisen sie in ihrer Stellung und auch in ihrer Anzahl Unterschiede auf, die den Befunden von PETRY und Mitarbeiter ziemlich genau entsprechen.

Wir fanden im Stratum basale relativ wenige, frontale Haftplatten an den Fortsatzen der Zellseitenflachen; im Stratum spinosum profundum war die Anzahl der Haftplatten vermehrt, auch hier sai3en sie den schlanken und lan- gen Cytoplasmafortsatzen ,,frontal" auf (Abb. 9); im Stratum spinosum super- ficiale nahmen die Haftplatten ,,tangentiale Stellung" auf den langen Zell- fortsatzen ein, ,,ah ob sie aneinander vorbeigezogen wiirden" (PETRY) ; im Stratum granulosum verbanden die Haftstellen kurze Cytoplasmafortsatze (Abb. 10 c); schliei3lich waren im Stratum corneum zahlreiche Haftplatten in

Abb. 9. Die Desmosomen der Parabasalzellen sitzen den langen schlanken Cyto lasma- fortsatzen ,,frontal" auf und bilden so Cytoplasmabrucken, hier zwischen mehreren genach-

barten Parabasalzellen. Elo. Mik. Aufnahme 50 000 X

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Abb. 10. Desmosomen in den oberen Schichten des Pansenepithels. Teilabbildung a: Desrno- somen zwischen der Ober- und Unterflache der Hornzellen vorn Typ A sitzen auf kurzen Cytoplasmafiiflchen. Die Z 3-Schicht ist auch im interdesmosomalen Zellmembranabschnitt durchlaufend verdickt. Man beachte die Interzellularsubstanz. Teilabbildung b: Desmo- sornen zwischen den gefalteten scharfen Randern der Hornzellen vom Typ A liegen in kurzen Abstanden dicht beieinander. Ein Interzellularraum tri t t nicht hervor. Teilabbil- dung c: Desmosomen zwischen Korrierzellen sitzen den kurzen Cytoplasmafortsatzen in

,, tangentialer Stellung" auf. Man beachte die einstrahlenden Tonofibrillenbiindel. Elo. Mik. Aufnahmen 80 000 X

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Die Feinstruktur des Pansenepithels von Ziege und Rind 809

der gefalteten (Abb. 10 b) bzw. mit mittellangen Fortsatzen versehenen Zell- inembran (Abb. 10 a) ausgebildet.

Abschliei3end sei auf eine Besonderheit aufmerksam gemacht, die bisher nur im Stratum corneum des Pansenepithels zu finden war: Wahrend in der Regel die Z 3 c-Schicht am Ende des Haftplattenabschnittes abrupt abbricht, ist diese Schicht in den Hornzellen vom Typ A und in nicht ganz so ausgepragter Form auch noch in den Hornzellen vom Typ B durchlaufend unter der Zell- membran (wie die Abb. 10 a, b zeigen) ausgebildet.

Ober das Vorkommen von Hemidesmosomen liegen bisher Angaben von SNELL (1965 a, b, Epidermis des Meerschweinchens) sowie ALBRIGHT und PATT (1965, Mundhohlenepithel verschiedener Vertebraten) vor. Auch VON BARGEN (1959, Epidermis des Kaninchens) zeigt und beschreibt in ihrer Teilabbildung 5 b eine entsprechende Kontaktstelle.

Nach SNELL besteht ein Hemidesmosom aus einer umschriebenen Modifizierung des Plasmalemm der Basalzelle im Sinne einer Haftplatte mit einstrahlenden Tonofilamenten. Gegeniiberliegend findet sich in gleicher Ausdehnung eine Verdickung der amorphen Basal- membran, ohne daB in diesem modifizierten Membranabschnitt kollagene Fibrillen verankert sind.

Die Hemidesmosomen des Pansenepithels (Abb. 11 a u. b) stellen Haft- platten in der Groi3e von O,1 bis 0,4 pm dar. Sie verbinden sowohl die breit- flachig aufsitzende Zellmembran (Abb. 11 b) als auch die schlanken Cyto- plasmafui3chen der Basal- und Parabasalzellen mit der Basalmembran (Abb. 11 a). An der breit aufsitzenden Zellmembran sind die groi3eren Haft- platten ausgebildet. Demgegenuber stimmt die Groi3e der Haftplatten an den Cytoplasmafui3chen mit deren Breite (0,l-0,2 pm) uberein.

Die Hemidesmosomen des Pansenepithels besitzen alle Z-Schichten, die bei der Beschreibung der Haftplatten (s. 0.) erwahnt wurden. Auch die Schich- tendicke entspricht den jeweils oben angegebenen Werten mit Ausnahme der Z 1-Schicht, die in den Hemidesmosomen 50-150 A stark sein kann. Hervor- zuheben ist, dai3 die 2 1-Schicht aui3erhalb der Kontaktzone als Aui3enlamelle der doppelten Zellmembran weiterlauft. Die zwischen Plasmalemm und Basal- membran gelegene feingranulare Kontaktschicht m halt konstant eine Breite von 200-300 A, wahrend der Abstand zwischen Basalmembran und inter- desmosomalem Plasmalemm 300-600 A breit ist.

c) Interzellularriume des Pansenepithels Die Zellen des Pansenepithels nehmen durch ein fur die einzelnen Schich-

ten charakteristisches Relief ihrer Zelloberflache miteinander Kontakt auf, wie das im wesentlichen auch fur andere Pflasterepithelien bekannt ist. Jedoch sol1 auf zwei fur die Vorstellungen moglicher Resorptionswege bedeutsame mor- phologische Einrichtungen hingewiesen werden: I. auf die im Bereich der obe- ren Korner- und tiefen Hornzellen stark eingeengten bzw. mit Substanz ange- fullten Interzellularspalten und 2. auf die auch noch im Bereich der Basal- und Parabasalzellen weiten und hier durch Zellfortsatze off engehaltenen Inter- zellularraume.

HORSTMANN und KNOOP zeigten an der Epidermis der Rattenpfote, daB ,die Spindel- zellen der oberen Schichten . . . in der Nahe der Zellenden . . . tief ineinander verzahnt" sind. WOLF (1960) fand an der Epidermis sowohl eine Verzahnung der Nachbarzellen durch Hockerchen und Vertiefungen (,,primares Relief"), als auch in Ubereinstimmung mit HORSTMANN und KNOOP eine gegenseitige Verklebung der Hornzellen durch Desmosomen- reste und Kittsubstanz, deren Lokalisation unabhangig vom primaren Relief ist. In jiingster Zeit wird von OLAH und ROHLICH (1966) im verhornenden Oesophagusepithel des Meer- schweinchens das Vorkommen von Phospholipidgranula beschrieben, die sich ,,in Hohe des

Zbl. Vet. Med., Reihe A, Bd. 14, Heft 9 54

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Die Feinstruktur des Pansenepithels von Ziege und Rind 811

Straturn granulosum in den interzellularen Raum entleeren" und deren Material hier wahrscheinlich ,der Steigerung der Kesistenz der Hornschiht" dient. Darnit werden im wesentlichen altere mit lichtoptischen Untersuchungen belegte Ansichten (UNNA, 1913; HOEPKE, 1927; PATZELT, 1929 u. a.) auch elektronenoptisch gestutzt, wonach die Saftlucken nur bis zum Stratum corneurn reichen sollen, weil hier entweder die Hornzellen durch eine Kittsubstanz verklebt oder ohne Zwischenschaltung einer Kittsubstanz fest verkeilt sind.

In der Regel wird im Pansenepithel die kompakte tiefe Hornschicht im Gegensatz zur Epidermis durch nur eine einzige durchgehende Lage von Horn- zellen des Typs A dargestellt (Abb. 12). Diese Zellen sind an ihren scharfen Randern fest miteinander verzahnt und durch zahlreiche Desmosomen ver- bunden. Ihren beiden Flachen liegt eine mittelgradig elektronendichte Sub- stanz auf, die in vielen Fallen den Interzellularspalt vollkommen ausfullt. Die oberen Kornerzellen sind durch kurze Cytoplasmafortsatze ausgezeichnet und der Abstand zwischen ihren aneinanderliegenden Zellmembranen ist eng. Nur jener Interzellularraum, der unmittelbar zwischen der obersten Reihe der Kornerzellen und den oben beschriebenen Hornzellen des Typs A liegt, ist mit feingranularer Substanz erfullt.

Diese morphologischen Befunde legen nahe anzunehmen, dai3 die Horn- zellen vom Typ A und die oberen Kornerzellen eine Schlusselstellung im transepithelialen Stoff austausch besitzen. Unterhalb dieser ,,Barriere" werden die Interzellularraume weit und sind wenig elektronendicht.

Die erhebliche Weitstellung der interdesrnosomalen Lakunen wird von HORSTMANN und KNOOP mit einer Schrumpfung der Epithelzellen in Zusammenhang gebraht. Wenn demnach die weiten Lakunen Kunstprodukte darstellen sollten (siehe jedoch BRAUN-FALCO und PETRY, 1966), so ist d o h sicher, dad zwischen den einander zugekehrten Zellmembranen mit Ausnahme der Desmosornenabschnitte keine allein kittende, sondern eine den zwischen- zelligen Stofftransport errnoglichende Substanz vorhanden ist. Gibt es doch an anderen Pflasterepirhelien rnorphologische Belege fur eine Beteiligung der wenig elektronendichten Interzellularsubstanz am Stofiaustausch. So werden von BUCHER in den Interzellularspalt eintauchende Mikrovilli beschrieben. Auch HYDEN und SPERBER rnessen den an den Basal- zellen des Pansenepithels vorkomrnenden zahlreichen fingerformigen Fortsatzen eine grode Bedeutung bezuglich der Absorption yon Losungen aus den Interzellularraurnen bei.

Es besteht demnach auch im Pansenepithel ein labyrinthartiges Kanal- chensystem zwischen den Zellen, das unter der oben beschriebenen ,,Barriere" der Horn- und Kornerzellen beginnt und auf der Basalmembran endet (Abb. 13). Hier sind die Interzellularraume von fingerformigen, teils ver- astelten Cytoplasmafortsatzen erfullt, die bereits von HYDBN und SDERBER eingehend dargestellt wurden. Erganzend mochten wir hervorheben, dai3 viele dieser Fortsatze mit ihrer Spitze auf der Basalmembran festhaften, indem hier Hemidesmosomen ausgebildet sind. Die Fortsatze entstammen nicht nur den basalen Abschnitten der Basalzellen, sondern sie sind auch in geeigneten Schnitten bis zu den Parabasalzellen zu verfolgen.

Es ist auffallig, dai3 ahnliche Strukturen an anderen Pflasterepithelien nicht dargestellt worden sind. Demzufolge konnten sie mit der besonderen Leistung des Pansenepithels, namlich zu resorbieren und zu sezernieren, in Beziehung gebracht werden. Zum Beweis dessen sind weitere Untersuchungen notwendig.

Abb. 11. Epithel-Bindegewebsgrenze der Pansenschleimhaut zur Darstellung der Hernides- rnosomen. Teilabbildun a: Die CytoplasmafuBchen der Basal- und (im Bild nicht zu ver- folgen) der Parabasalzelfen sind regelmadig d u r h 0,l-0,2 p m grode Hemidesrnosornen (HD) rnit der Basalmembran (BM) verbunden. Teilabbildung b: An den breitflachig aufsitzenden

Basalzellen sind die Haftplatten (HD) bis zu 0,4 ,urn im Durchmesser. Elo. Mik. Aufnahrne 17 500 X

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Schldbetrachtung Die zahlreichen in der neueren Literatur mitgeteilten physiologischen

Untersuchungen uber den Stoff austausch im Pansen gehen auf die Vorstellung zuruck, dai3 zwischen den analysierbaren Panseninhalt einerseits und den im Korperinnern (z. B. iin Pfortaderblut) erscheinenden Substanzen andererseits als trennende Schicht ,,die Pansenwand" schlechthin eingeschaltet ist. Aufgabe der Morphologie ist es, darauf hinzuweisen, dai3 mehrere hochdiff erenzierte

Abb. 12. Stratum granulosum und Stratum superficiale des Pansenepithels. Die kompakte Barrierenschicht wird durch nur eine Zellage von Hornzellen des Typs A ( R 5 A ) gebil- det. Zwischen den daruntergelegenen Kornerzellen (R 4 A) sind die Interzellularraume eng. Uber der oberen Kornerzellschicht wird von dieser eine Interzellularsubstanz in den nun weiter werdenden Interzellularraum abgegeben. Diese Substanz iiberzieht auch die Horn- zellen vom Typ A auf ihrer magenlumenseitigen Flache. Die Hornzellen vom Typ B (R 5 B)

Elo. Mik. Aufnahme 45 000 X zeigen mehrere Stufen der Auflockerung, Quellung und Abschilferung.

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Gewebe am Aufbau dieser in beiden Richtungen als Transportweg benutzten Schicht beteiligt sind, namlich sowohl die Zellen der Lamina epithelialis, iiber die in der vorliegenden Arbeit berichtet wird, als auch die Bausteine der Lamina propria mucosae einschliefilich ihrer Blut- und Lymphgefafie, deren eingehende Beschreibung einer spateren Veroff entlichung (in Vorbereitung) vorbehalten ist.

Das morphologische Bild der Lamina epithelialis der Pansenschleimhaut

Abb. 13. Epithel-Bindegewebsgrenze der Pansenschleimhaut. Die bis zur Basalrnembran reichenden weiten Interzellularraume (JR) werden im Bereich der Basalzellen durch finger- formige, teils verastelte Cytoplasmafortsatze offengehalten. Die basale Zellrnembran der Basalzellen und ihre Cytoplasrnafiikhen haften durch Hemidesmosomen (HD) auf der Basalmembran (BM). Zwischen den Seitenflachen der Basalzellen verkehren einzelne Cyto-

Elo. Mik. Aufnahme 17 500 X plasrnabriicken (D). Links unten Endothelzellen und Lumen eines Blutgefai3es.

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hat die Existenz eines transepithelialen Stoffaustausches bestatigt. Zugleich war jedoch zu zeigen, in welcher Weise und in welcher Schicht das Pansenepithel zu einer Barriere gegen schadigende Einwirkungen seitens des Panseninhaltes umgestaltet ist. Somit lassen sich folgende fur die Funktion des Epithels wich- tigen Hinweise zusammenstellen.

I , Burvierenfunktion: Das morphologische Substrat der Barrierenfunk- tion der Pansenschleimhaut tritt uns in den plattchenformigen Hornzellen vom Typ A entgegen. Das Zellmaterial besteht aus dichtem osmiophilen Kera- tin, dessen Entstehung aus dem Cytoplasma der oberen Kornerzellen durch lysosomale Enzyme bewerkstelligt werden durfte. Die Zellen dieser Schicht sind an ihren scharfen Randern mit den Nachbarzellen stark verzahnt. Zu- dem stehen sie durch morphologisch intakte Desmosomen mit Zellen der uber- und untergeordneten Lagen in Verbindung.

Auffallend ist das von den oberen Kornerzellen in den interdesmosomaien Raum ausgeschiedene feingranulare, elektronenoptisch mitteldichte Material von Lipidcharakter, das auch die Hornzellen des Types A an der magen- lumenseitigen Flache abdeckt. Diesem Material ist im Sinne von MATOLTSY und PARAKKAL die Fahigkeit zur Resistenzsteigerung gegenuber keratolyti- schen Einflussen zuzusprechen. Demgegenuber sind die oberen Hornzellen vom Typ B nicht mehr von dem erwahnten Material uberzogen. Sie konnen dem- zufolge unter bestimmten Bedingungen eine Quellung und Auflockerung zei- gen. Auch scheinen Pansenbakterien, sofern sie in die Hornzellen einzudringen vermogen, nur die Hornzellen vom Typ B zu befallen. Bisher haben wir keine Bakterien in oder unter der Barrierenschicht finden konnen.

Ein Vergleich zwischen dem morphologischen Bild dieser im Pansen- epithel vorhandenen Barriere und der entsprechenden unteren Hornschicht der Epidermis, der ebenfalls eine Schutzfunktion (hier gegen Warme und Kalte, Wasser und Chemikalien, mechanische und elektrische Verletzungen und zum Teil gegen ultraviolette Strahlung) zugeschrieben wird, zeigt das beiden Gemeinsame und das Unterschiedliche. Gemeinsam ist beiden der Aufbau der tiefen Hornzellen aus dichtem Keratin sowie ihre innige Verzahnung an den scharfen Randern. Unterschiede bestehen a) in der Struktur der Desmosomen, die am Pansenepithel morphologisch intakt bleiben, an der Epidermis in den Verhornungsprozefl mit einbezogen werden, b) in dem Gehalt der inter- desmosomalen Raume an feingranularen Substanzen, die im Pansen- und Usophagusepithel als lipidhaltiger Schutzmantel, in der Epidermis als Kitt- substanz angesehen werden und schliefllich c) in der unterschiedlichen Funktion der oberen Hornzellen, die in der Epidermis zu Hornplattchen eintrocknen, dagegen im Pansen quellfahig sind.

Experimentelle Arbeiten werden notwendig sein, um uns weitere Aus- kunft uber die Leistung der Pansenbarriere zu geben.

2. Znterzelluliirer Stofitrunsport: Die interzellularen Raume des Pansen- . epithels bilden insgesamt ein weites zusammenhangendes Labyrinthsystem zwischen den Zellen des Stratum basale, des Stratum spinosum und teilweise auch des Stratum granulosum. In ihm ist zwischen der Basalmembran einer- seits und der Barrierenschicht andererseits eine freie Diffusion moglich. Hin- weise, dafl ein solcher Stofftransport stattfindet, liefert der Nachweis von Mikrovilli und Mikropinozytoseblaschen (Membranvesikel) der Anrainerzel- len, sowie das Vorhandensein zahlreicher feingranulierter Tropfchen noch un- bekannter Zusammensetzung innerhalb der Interzellularraume.

Aufgrund der vorliegenden morphologischen Untersuchung laflt sich je- doch keine Aussage uber den Durchtritt geloster Stoff durch die Basalmembran in die Propria mucosae sowie durch die mit Lipidmaterial angefullten Inter-

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zellularraume des tiefen Stratum corneum und des oberen Stratum granulosum machen, obwohl ein solcher Vorgang wahrscheinlich ist.

Andererseits konnten wir wiederholt den Weg wandernder Leukozyten verfolgen. Diese waren sowohl im Augenblick ihres Durchbrechens durch die Basalmembran, als auch beim Durchzwangen durch die Interzellularspalten des Epithelgewebes fixiert. Dabei zeigte sich, dai3 die Leukozyten die Inter- zellularbrucken an ihren Kontaktstellen zu losen vermogen. Die Zellkontakte schliei3en sich jedoch nach dem Durchwandern der Leukozyten erneut. In gleicher Weise konnen gelegentlich Leukozyten auch zwischen den Zellen der Barrierenschicht Durchschlupf finden. Die groi3ere Zahl der im Epithelgewebe anzutreflenden Leukozyten findet sich unterhalb der Barrierenschicht.

3. lntrazellularer Stofftransport: Hinweise fur die Existenz eines intra- zellulfren Stoff transportes sind die zahlreichen Membranvesikel und die se- ltundaren Lysosomen, von denen einige sicherlich zu den Phagolysosomen zu zahlen sind.

Besondere Aufmerksamkeit mochten wir jedoch in diesem Zusammenhang auf die Desmosomen und Hemidesmosomen des Pansenepithels lenken. Ob- wohl die Meinung vorherrscht, dai3 diese Kontaktstellen vor allem als Halte- vorrichtungen des Epithelverbandes anzusehen sind, worauf die von ihnen ausgehenden trajektoriell ausgespannten Tonofibrillen eindeutig hinweisen, mochten wir in ihnen daruber hinaus auch mogliche Orte eines indirekten Stoffaustausches zwischen aneinandergrenzenden Epithelzellen sehen. Diese Annahme wird durch drei Beobachtungen gestutzt:

a) Im Gegensatz zur Epidermis kommen im Pansenepithel morpholo- gisch intakte Desmosomen auch in deren Hornschicht vor. Diese verbinden demzufolge indirekt (da bekanntlich kein Syncytium vorliegt) die oberen bei Angebot geeigneter Substanzen quellfahigen Hornzellen vom Typ B uber den intrazellularen Raum der Hornzellen vom Typ A mit dem Cytoplasma der vollsaftigen Zellen der tieferen Schichten.

b) Eine im Vergleich zur Epidermis groi3e Zahl von Hemidesmosomen sitzt der Basalmembran auf und verbindet so nicht nur die Basalzellen, sondern daruber hinaus auch noch die Parabasalzellen unmittelbar mit dieser Grenzschicht der Propria mucosae.

c) Schliei3lich sind in auffallender Weise die Desmosomen des Pansen- epithels im Vergleich zu denen in anderen Pflasterepithelien, die nicht oder nicht in groi3erem Ausmai3e resorbieren und sezernieren, elektronenoptisch ausgesprochen gut darstellbar.

Unsere eingeleiteten Resorptionsversuche sollten eine Antwort auf wei- tere offene Fragen nach dem transepithelialen Stofftransportweg geben kon- nen.

Zusammenfassung Mit licht- und elektronenoptischen Methoden werden in der vorliegen-

den Mitteilung einleitend die einzelnen Schichten und Zelltypen des Pansen- epithels eingehend charakterisiert. Feinstrukturelle Einzelheiten des Cyto- plasmas und der Interzellularsubstanz im Bereich der oberen Kornerzellen und der Hornzellen vom Typ A weisen auf eine hier gebildete bzw. gelegene Barriere gegenuber schadigenden Einflussen des Panseninhaltes hin. Zahl- reiche gut darstellbare Haftstellen (Desmosomen und Hemidesmosomen) im gesamten Epithelverband sowie Besonderheiten in den Interzellularraumen der unteren Epithelschichten werden als bedeutsaine Einrichtungen im Dienste eines transepithelialen Stoff transportes gewertet.

Weitere morphologische Befunde sind unter Betonung ihrer funktionellen Bedeutung in einer Schluflbetrachtung zusammengefaflt.

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Summary The microstructure of the epithelium of the rumen of the goat and ox

Using light- and electron-microscopy, the various layers and cell types of the rumen epithelium are described in detail. The fine structural details of the cytoplasm and of the intercellular substance in the neighbourhood of the upper granular cells and the horn cells of type A suggest the formation and inter- vention of a barrier protecting the epithelium against noxious agents in the rumen contents.

Numerous clearly-defined points of contact (desmosomes and hemi- desmosomes) are present throughout the whole epithelium layer, as well as special features within the intercellular spaces of the lower epithelial layers, and these are seen as significant structures serving in the trans-epithelial trans- port of materials.

Further morphological findings and their functional significance are collected together in the conclusions to the paper.

RCsumC :La structure fine de I’CpithClium du rumen de la chevre et du boeuf

Dans la prksente communication sont dkcrits de manibre dktaillke les diverses couches et types cellulaires de l’kpithklium du rumen, observks ?i

I’aide des techniques optiques usuelles et du microscope klectronique. Les dktails de la structure fine du cytoplasme et de la substance intercellulaire dans la region des cellules granuleuses supkrieures et des cellules cornkes du type A indiquent la formation resp. l’intervention d’une barribre contre l’action nocive du contenu du rumen. De nombreux points de contact bien dkfinissables du tissu kpithklial (desmosomes et hkmidesmosomes), de m&me que des particularitks dans les espaces intercellulaires des couches dpithk- liales infkrieures sont considkrks comme des mkcanismes significatifs pour le tranport transkpithklial de substances.

Dans les conclusions sont rksumkes d’autres observations morphologi- ques, avec indication de leur signification fonctionnelle.

Resumen La microestructura del epitelio de la panza de la cabra y vaca

Con tkcnicas foto y electrbnico6pticas se caracterizan en detalle, en la comunicaci6n presente, como introduccidn, las distintas capas y tipos celulares del epitelio ruminal. Detalles microestructurales del citoplasma y de la substancia intercelular en el margen de las cklulas granulosas superiores y de las cklulas c6rneas del tip0 A aluden a una barrera aqui formada o situada frente a 10s influjos nocivos del contenido de la panza. Numerosos ,lugares sustentadores (desmosomas y hemidesmosomas) en todo el complejo epitelial, asi como particularidades en 10s espacios intercelulares de las capas epitelia- les inferiores se clasifican como dispositivos significativos a1 servicio de un transporte substancial transepitelial.

Otros hallazgos morfol6gicos se recopilan en una consideracidn final bajo recalcadura de su significado funcional.

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Anschrift der Verfasser: Priv.-Doz. Dr. B. Vollmerhaus und Dr. B. Schnorr, Veterinar- anatomisches Institut der Justus Liebig-Universitat, 63 Giefien, Frankfurter Str. 94.