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DIE FRÜCHTE DES LEBENSBAUMS Die kabbalistische Überlieferung

DIE FRÜCHTE DES LEBENSBAUMS - Prosveta Verlag...sage ich: »Ihr studiert das Shem ha-Mephoresch, um den Na-men und die Eigenschaften der 72 Genien zu lernen. Und was macht ihr damit?«

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DIE FRÜCHTEDES LEBENSBAUMS

Die kabbalistische Überlieferung

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Aus dem Französischen übersetztOriginaltitel:

»Les fruits de l’Arbre de Vie«

© 1980, Éditions Frosveta S. A., France, ISBN 2-85566-407-1Französische Originalausgabe

© 2000, Éditions Prosveta S. A., France, ISBN 3-89515-067-3Deutsche Ausgabe: »Die Früchte des Lebensbaums«

© Copyright 2010 by Éditions Prosveta S.A. – B.P. 12 – 83601 Fréjus, Cedex (France). AlleRechte für alle Länder einschließlich Osteuropa vorbehalten. Jeder Nachdruck sowie jedeBearbeitung, Darstellung, Bild-. Ton- oder sonstige Ausgabe bedürfen der ausdrücklichen

Genehmigung des Autors und der Herausgeber.

ISBN 978-3-89515-067-8Druck 2010: Interpress, Ungarn

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Omraam Mikhaël Aïvanhov

Gesamtwerke – Band 32

PROSVETA VERLAG

DIE FRÜCHTEDES LEBENSBAUMS

Die kabbalistische Überlieferung

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INHALT

I Wie man das Studium der Kabbala in Angriffnehmen sollte ................................................................ 11

II Die Zahl 10 und die 10 Sephiroth................................. 21III Der Lebensbaum:

Struktur und Symbole ................................................... 47IV Das Tetragrammaton und die zweiundsiebzig

Planetengenien .............................................................. 61V Die Erschaffung der Welt und die Emanations-

theorie ........................................................................... 67VI Der Sündenfall und der Wiederaufstieg des

Menschen ...................................................................... 79VII Die vier Elemente ......................................................... 91VIII Abendstunden am Feuer

I. Die Macht des Feuers ........................................... 111II. Feuer und Sonne ................................................... 121III. Das Opferfeuer ..................................................... 128

IX Wasser und Feuer........................................................ 135X Ein paar Worte über eine Schale Wasser..................... 143XI Das lebendige WORT

I. Das Alphabet und die zweiundzwanzigElemente des WORTES........................................ 153

II. Das WORT als universelle Sprache...................... 164III. Die Macht des WORTES...................................... 175

XII Die esoterische Kirche des Johannes .......................... 185XIII Binah, das Reich der Beständigkeit ............................ 191XIV Der Geist des Menschen ist nicht an die Vorbe-

stimmung gebunden.................................................... 197

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XV Der Tod und das Leben im Jenseits ............................ 205XVI Menschliche und kosmische Atmung ......................... 225XVII Die Kardinalfeste ........................................................ 247XVIII Der Mond und sein Einfluss auf den Menschen ......... 261XIX Die vollendeten Seelen ............................................... 271XX Das Land der Lebendigen ........................................... 277XXI Der Zauberstab............................................................ 287XXII Die Naturgeister .......................................................... 295XXIII Gegenstände als Gefäße für das Leben....................... 307XXIV Der Gralskelch ............................................................ 315XXV Die Errichtung des inneren Tempels........................... 321

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Da Meister Omraam Mikhaël Aïvanhov seine Lehre ausschließlich mündlich überlieferte, wurden seine Bücher aus den Stenomitschriften,

Tonband- oder Videoaufnahmen seiner frei gehaltenen Vorträge zusammengestellt.

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I

Wie man das Studium der Kabbala in Angriff nehmen sollte

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Manchmal sagen mir Menschen, sie würden sich für dieKabbala interessieren und hätten die Bücher von Lenain, Papus,Eliphas Lévi, Dion Fortune oder sogar von Arthur Waite, IsraelRegardie usw. gelesen. Sie möchten meinen Rat und meine Mei-nung dazu hören. Alle diese Bücher sind zweifellos interessantund ich erkundige mich bei den Fragenden, wie sie die Bücherlesen. »Ach! Hin und wieder blättere ich ein paar Seiten durch!«Nun, das ist keine Art und Weise, die Kabbala zu studieren.Wenn ihr das Studium der Mathematik mit irgendeinem Kapitel,z. B. mit der Differential- oder mit der Integralrechnung beginnt,bevor ihr die vier Grundrechenarten gelernt habt, dann ist dasGanze unverständlich; ihr werdet es nie erfassen. Man muss mitdem Anfang beginnen, die ersten Lektionen gründlich ver-stehen, das erleichtert ein schnelles Voranschreiten. Solange esnoch einen unverstandenen Punkt gibt, ist es besser, nichtweiterzugehen. Man sollte Schritt für Schritt ohne Eile vor-gehen. Man liest die Kabbala nicht wie eine Zeitschrift.

Dazu muss ich noch einige Worte hinzufügen. Wenn ichmanchmal in meinen Vorträgen über die Kabbala spreche, alsoüber den Baum des Lebens, die Engelshierarchien, die 72Genien usw., tue ich es nicht, um euch anzuregen, die Kabbalasehr gründlich zu erforschen, sondern einfach, um euch be-

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stimmte wesentliche Begriffe zu übermitteln, die zu eurerspirituellen Entwicklung beitragen können. Die Kabbala ist eineganz spezielle Wissenschaft und unterscheidet sich von allenanderen Wissenschaften. Sie verlangt von dem, der sie in An-griff nehmen will, ganz besondere Eigenschaften. Es ist sogarratsam, nicht vor dem vierzigsten Lebensjahr damit zu be-ginnen. Und auch nicht jeder kann damit arbeiten, sondern nurdiejenigen, die dafür bestimmt sind und die mentalen undpsychischen Fähigkeiten haben, aber auch die dafür notwendi-gen moralischen Eigenschaften, die sie davon abhalten werden,solche Kenntnisse zu einem persönlichen Zweck zu verwenden.Die Kabbala ist eine geheimnisvolle, heilige, schwierige Ge-heimlehre; für diejenigen, die ihr nicht gewachsen sind, ist essogar gefährlich, sich mit ihr zu befassen. Der Beweis dafür istdiese kleine Parabel, die in Kabbalistenkreisen kursiert: VierRabbiner waren zusammengekommen in der Absicht, die Kab-bala zu studieren. Nach einiger Zeit verzichtete der erste aufsein Studium, der zweite verlor dabei den Glauben, der drittewurde wahnsinnig, nur der vierte studierte weiter und zoggroßen Segen daraus.

Ich rate euch also davon ab, euch eingehend mit der Kabbalazu beschäftigen. Lernt einfach das, was für euch nützlich undverständlich ist. Mehr davon werde ich euch nicht enthüllen.Wenn ihr noch nicht dazu bereit seid, fangt mit anderen Themenund Übungen als Vorbereitung darauf für später an, die euch ansie heranbringen. Glaubt mir, sie ist eine sehr schwierigeWissenschaft, und nicht jeder kann es sich leisten, sie zu erfor-schen; es ist sogar frevelhaft, sich damit zu befassen, wenn mannicht darauf vorbereitet ist, und man läuft große Gefahr.

Ich sage das nicht, um euch zu entmutigen, sondern umeuch zu helfen. Es ist meine Aufgabe, euch davor zu warnen,dass man psychische Störungen in sich provoziert, wenn mansich unvorsichtig in die kabbalistische Lehre stürzt. Man darfdann nicht diese Wissenschaft dafür verantwortlich machen,sondern eine Neugier, die fehl am Platz ist oder das Verlangen,

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seine Habsucht, seinen Ehrgeiz zu befriedigen. Zu manchensage ich: »Ihr studiert das Shem ha-Mephoresch, um den Na-men und die Eigenschaften der 72 Genien zu lernen. Und wasmacht ihr damit?« – »Wir bitten sie um Schutz, Erfolg, Liebeund Reichtum.« Seht ihr, genau darin liegt die Gefahr! Erstensist völlig davon abzuraten, diese lichtvollen Geister in denDienst der menschlichen Begierden stellen zu wollen. Undzweitens sollte man wissen, dass solche Geister nicht ohneweiteres dem Erstbesten gehorchen. Zuallererst müsst ihr eingewisses Format in der spirituellen Welt erreicht haben, sonstwerden die Geister sofort merken, mit wem sie es zu tun ha-ben, und euch im Stich lassen.

Die 72 Genien sind nicht verpflichtet, eure Launen zufriedenzu stellen. Um ihnen Befehle zu erteilen, muss man eine großeKraft, einen starken Willen und viel Selbstbeherrschung an denTag legen. Es genügt nicht, ihre Namen zu kennen und auszu-sprechen, um Ergebnisse zu erzielen. Oh nein, auch wenn vielesich das so vorstellen, es versuchen und dann nichts dabeiherauskommt. Ihr solltet also gut darüber nachdenken, bevor ihreuch daranwagt. Wer sich allein, ohne Führer, ohne Lehrer, ohneMeister auf dieses Studium einlässt, kann bei Zauberei undschwarzer Magie landen.

Seht einmal, wie viele Verleger seit ein paar Jahren immerwieder Werke über Okkultismus herausgeben. Doch dabei han-delt es sich um reine Hexenkunst. Manche dieser Bücher ent-halten abscheuliche Rezepte und gehen so weit, dass sie er-klären, wie man einen Pakt mit dem Teufel schließt. Und was ihrnicht wisst und einen bedenklich stimmt, ist die Tatsache, dassviele Menschen, viel mehr als ihr glaubt, sich für diese Bücherinteressieren und allen Blödsinn glauben, der da vor ihnen aus-gebreitet wird. Manche Dinge sind richtig, aber vieles davon istfalsch und sogar gefährlich, aber sie verschlingen alles. Ich weißgenau darüber Bescheid; ich weiß, dass Hexenkunst auf demLande noch sehr lebendig ist: Menschen, mit alten Zauberbü-chern ausgerüstet, machen Zeremonien und Geisterbeschwö-

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rungen; sie rufen den Teufel höchstpersönlich an, und das Er-staunliche dabei ist, dass es ihnen gelingt! Warum? Weil ihrGlaube, ihre Beharrlichkeit und ganz besonders ihre Ausdauereine Nahrung, einen Köder für die Höllengeister darstellen. Sogelingt es ihnen, mit diesen Geistern eine Verbindung herzustel-len und ihnen beinahe Leben einzuhauchen. Über all dieseDinge bin ich auf dem Laufenden. Manche von ihnen starben alsOpfer ihrer eigenen Praktiken. Man sollte sich niemals auf sol-che Dinge einlassen, niemals. Das hat mit der wahren spiritu-ellen Wissenschaft nichts zu tun. Das Wissen, das ich euch über-mittle, wird euch nie zu derartigen Praktiken hinführen. Wozunützen denn Reichtum, Macht und Vergnügungen, wenn mansich nachher gefesselt, verfolgt und besessen wiederfindet undgezwungen ist, einen Exorzisten zu Hilfe zu nehmen, um wiederdavon befreit zu werden?

Man ist sich nicht ausreichend im Klaren über die Gefahr,die mit der Ausübung der Hexenkunst verbunden ist. WelcheVerantwortung tragen die Verleger, die solche Bücher neu auf-legen und die Buchhändler, die sie verkaufen! Je verrückter dieTitel sind, desto besser! Es werden angeblich hebräische, chal-däische oder persische, jedoch völlig entstellte Namen ver-wendet, die keinen Zusammenhang mehr mit den wahrenNamen haben, weil die Manuskripte seit Jahrhunderten vonHand zu Hand gehen und jede Kopie etwas mehr zu ihrer Ent-stellung beiträgt! Und keiner warnt euch vor der Gefahr, in dieihr euch begebt. Ihr setzt das eine oder andere in die Praxis um,in Ordnung, doch was wird auf der psychischen Ebene für euchdabei herauskommen?

Ihr müsst unbedingt wissen, dass ich euch niemals auf solchabenteuerliche Wege führen werde. Ihr solltet euch bemühen,den Unterschied zwischen unserer spirituellen, immer nach demLicht orientierten Einweihungslehre und den anderen okkultenPraktiken klar zu sehen. Hier seid ihr geschützt und geborgen.Wenn ihr euch aber ohne Führer, ohne Licht weiter vorwagenwollt, ist das eure Sache; ihr setzt euch aber der Gefahr aus, der

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schwarzen Magie zu verfallen. Es steht euch natürlich frei, ichaber übernehme keine Verantwortung für euch. Entscheidet ihreuch dafür, die Lehre des Lichtes zu verlassen, dann bin ichnicht mehr verantwortlich.

Um euch an das Studium dieser heiligen Wissenschaft derKabbala heranwagen zu können, müsst ihr euch selbst, euerHerz und euren Verstand einem Reinigungsprozess unterziehen,sonst werden sich die himmlischen Geister all euren Bemühun-gen widersetzen, denn sie werden sie als Gotteslästerung be-trachten. Die dunklen Geister hingegen werden beglückt seinüber einen weiteren Einfältigen, der ihnen ins Netz geht, indemsie ihm den leicht erreichbaren Erfolg vorgaukeln. Es ist schwer,sich bis in die himmlischen Regionen emporzuheben, aber dasHinuntersteigen in die Hölle ist ganz leicht. Man braucht nur derabschüssigen Bahn seiner Begierden zu folgen.

Manche Brüder und Schwestern frage ich: »Warum fühlt ihreuch so zu den okkultistischen Praktiken hingezogen? Warumlasst ihr die großen Wahrheiten außer Acht, die ich euch vermit-telt habe, damit ihr eure Gesundheit, euer Verhalten den anderenMenschen gegenüber, eure Beziehungen zu den intelligentenNaturkräften, zu den himmlischen Wesen und sogar zu Gott ver-bessern könnt? Für solche Wahrheiten habt ihr kein sonderlichesInteresse, ihr werdet von anderen Dingen mehr angezogen... voneiner etwas zweideutigen Hoffnung, von dem Wunsch, eurenEhrgeiz zu befriedigen... Wenn ihr ehrlich und rechtschaffen seid,dann werdet ihr zuerst all die großen Wahrheiten erforschen.Daran habt ihr genug zu lernen und könnt euch euer Leben langdaran erfreuen. Lasst ihr sie aber außer Acht, dann bedeutet das,dass ihr von niederen Begierden geführt werdet, d. h. ihr wolltden Geistern befehlen, damit sie euch Geld, Liebe und gesell-schaftlichen Erfolg bringen, ohne dass ihr Reinheit, Intelligenzund Güte erworben habt. Nun, so geratet ihr in die schwarzeLoge. Denn eben die schwarze Loge ist es, die in euch denWunsch weckt, den Geistern zu befehlen, bevor ihr dessen wür-dig seid, bevor ihr ein Sohn Gottes geworden seid.«

17Wie man das Studium der Kabbala...

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Der Wunsch als solcher, die Kabbala zu studieren, hat mitHexenkunst nichts zu tun. Nur, bevor man diese Geheimnisseentdecken kann, muss man bereit sein, die einleitenden Ent-wicklungsstufen zu durchlaufen, an sich zu arbeiten, den eige-nen Charakter in Ordnung zu bringen. Damit erbringt man denBeweis, dass man einer weiteren Entwicklung würdig und fähigist. Hat man es aber eilig und will alle Vorschriften übertreten,die notwendigen Etappen überspringen, und in die Welt desHeiligen eindringen ohne bereit zu sein, oh nein, dann sindWächter da, die euch aufhalten. Es ist unmöglich weiterzukom-men, wenn man die Prüfung nicht bestanden hat oder die Be-weise für die eine oder andere Tugend nicht ausreichend sind.

Für das Böse hingegen werden keine Beweise verlangt: Jeschlechter und bösartiger der Mensch ist, desto rascher wird erals Spitzenkönner, als Anführer, als Chef angenommen. In einerÜbeltäterbande z. B. wählen alle den Gewalttätigsten, denGröbsten, den Brutalsten als Anführer. Genauso ist es auch in derHölle, der Finsterste ist der Chef. Im Himmel hingegen herrschtdas lichtvollste, sanfteste und liebevollste Wesen. Deshalb wird inder Kabbala das Universum manchmal mit einem weißen Kopfverglichen, der sich in Form eines schwarzen Kopfes widerspie-gelt. Der schwarze Kopf ist der Schatten, die Widerspiegelungdes weißen Kopfes. Die Hölle ist ein umgekehrtes Abbild desHimmels. In der Hölle ist derjenige, der am tiefsten gefallen ist,der Befehlshaber. Im Himmel ist es der am höchsten Entwickel-te.

»Wie unten, so oben« sagte Hermes Trismegistos. Das, wasunten auf dem Grunde ist, entspricht also dem, was auf demGipfel ist. Der Sephira Kether an der Spitze des Lebensbaumsentspricht umgekehrt eine andere Kether, ganz unten auf demGrund. Und in der Welt der Menschen, wer regiert dort? DieBesten?... Es sind diejenigen, die an der Macht sind, die höchs-te Stellung haben, die Großen der Finanzwelt, der Politik undder Wirtschaft; sind sie die Edelsten, die Großzügigsten, dieSelbstlosesten? Nein, im Gegenteil, sie sind die Ehrgeizigsten

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und die Selbstsüchtigsten. Sie stellen eine Welt unterhalb desZwerchfells dar, es ist die Welt der umgekehrten Spiegelung, be-ziehungsweise »des umgekehrten Kegels«, um das von Danteverwendete Bild zu gebrauchen. Und die, die das Sagen haben,sind für diese Welt am besten ausgerüstet. Ich weiß, dass es zumGlück Ausnahmen gibt, aber im Allgemeinen sind die am bestenausgerüsteten, die mit den längsten Zähnen, den spitzesten Kral-len und den härtesten Hufen. Hie und da gibt es in den Regie-rungen und gesellschaftlichen Kreisen noch ungewöhnlicheMenschen, die intelligent, hochqualifiziert, ehrlich und selbstlossind, das ist richtig und umso besser. Aber das sind nur wenige.

Um auf die Kabbala zurückzukommen, ist es für euch rat-sam, euch mit allem, was ich euch in meinen Vorträgen schonmitgeteilt habe, gründlichst zu befassen. Ihr erkennt noch nichtden Nutzen all dieser Wahrheiten; ihr habt keine Ahnung, dassdiese euch dazu verhelfen können, eine großartige Arbeit zu tun.»Ich möchte Formeln, um den Geistern befehlen zu können!«Oh nein, ihr habt es zu eilig. Lest alle meine Bücher noch zwei-oder dreimal und ihr werdet merken, dass ich darin schon Ge-setze und Offenbarungen der höchsten Magie, der höchstenKabbala, und sogar der höchsten Theurgie einfließen ließ. Dashabe ich dann und wann getan, unauffällig, ohne Nachdruckoder besondere Betonung, und ohne je die Stimme zu erheben,nur für diejenigen, deren Bewusstsein wach ist. Ihr habt sie nichtbemerkt? Nun, dann ist es nun an euch, sie herauszufinden.

Es ist euch vielleicht nicht einmal klar geworden, aber dasWissen, das euch hier vermittelt wird, war in der Vergangenheitbeinahe unerreichbar und nur den Eingeweihten vorbehalten.Als ich meinen Vortrag über die ägyptischen Einweihungenhielt, konntet ihr sehen, wie schwierig es im Altertum war, inden Tempel aufgenommen zu werden und wie viele Prüfungenman durchlaufen musste. Die Bewerber waren damit einverstan-den, sogar ihr Leben aufs Spiel zu setzen, um aufgenommen zuwerden und Zugang zu diesem Wissen zu haben. In unserer

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Epoche hat die unsichtbare Welt die Verbreitung der esoteri-schen Lehre erlaubt, damit die Menschen aufgeklärt und belehrtwerden; wenn sie diese Lehre aber missbrauchen und sich in dieschwarze Magie stürzen, dann wird die Strafe schrecklich sein.

Sèvres, den 21. Dezember 1964

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III

Der Lebensbaum: Struktur und Symbole

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Der Lebensbaum ist ein symbolisches Schema, das die ge-samte Einweihungswissenschaft, die Lehre aller Eingeweihtenzusammenfasst. Man kann ihn mit einem Saatkorn, einem Keimvergleichen. Legt es in die Erde, dann wird es die gesamteSchöpfung mit unzähligen Geschöpfen vor euch erscheinen las-sen. Dieses Schema kann zu einem magischen Instrument, ei-nem der machtvollsten Pentakel werden. Alles ist darin ent-halten, alle Prinzipien, alle Elemente, alle Faktoren, mit denender Herr die Welt erschaffen hat.

Ihr habt damit ein System, das euch dabei helfen wird, dassihr euch bei eurer spirituellen Arbeit nicht verzettelt. Arbeitet ihrjahrelang mit diesem Schema, dann baut ihr in euch Ordnungund Ausgeglichenheit auf; in eurem Inneren wird alles harmo-nisch und geordnet. Sobald ihr etwas Zeit findet, solltet ihr euchmit dem Baum des Lebens befassen; wählt eine Sephira aus,konzentriert euch auf sie, und bemüht euch, die in ihr enthalte-nen Eigenschaften und Energien zu entwickeln. Egal ob ihrLicht, Liebe, Kraft, Schutz, Großzügigkeit, Gerechtigkeit oderLebenskraft braucht... wendet euch an den Baum des Lebens: Ersteht den Söhnen und Töchtern Gottes zur Verfügung, die dasBedürfnis haben, sich mit göttlichem Leben zu nähren.

Jeden Tag könnt ihr daran arbeiten, eine Tugend zu entwi-ckeln, die ihr gerne hättet, damit diese in euch genährt und ge-

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stärkt wird und sich in euch konkretisiert. Ihr konzentriert euchauf den Namen der Sephira, auf den Namen Gottes, den Namendes Erzengels und den Namen der Engelshierarchie, und zuletztauf den Namen des Planeten, denn in jeder Sephira ist der Planetdie Konkretisierung der vier anderen Einteilungen.

Manche Kabbalisten sind der Meinung, man sollte sich da-mit begnügen, mit Malkuth zu arbeiten, weil die anderenSephiroth so erhaben und von solch subtiler Beschaffenheitsind, dass sie für uns unerreichbar bleiben und nichts dabeiherauskommen würde. Sie haben Recht, man kann sich mitMalkuth allein begnügen. Da diese Sephira gleichzeitig sie sel-ber ist und eine Synthese der neun anderen Sephiroth, ist esmöglich, alle anderen Sephiroth zu erreichen, wenn man mitMalkuth arbeitet. Aber nur auf der konkreten, materialisiertenEbene. Das gilt auch für alle anderen Sephiroth. Jede von ihnenspiegelt die neun anderen wider.

Für diejenigen, die den Eindruck haben, dazu fähig zu sein,ist es nicht untersagt, sich auf etwas Weiterführendes, Höhereszu konzentrieren. Wenn es zweiundzwanzig Pfade gibt, die dieSephiroth untereinander verbinden, dann ist es auch möglich,stufenweise von einer zur anderen zu gehen. Jeder dieser zwei-undzwanzig Pfade trägt einen Buchstaben des hebräischenAlphabets. Der Pfad, der von Malkuth ausgeht und in Jesodmündet, trägt den Buchstaben Taw. Es ist der schwierige Pfad,der vom Schüler verlangt, über alle Illusionen hinaus zu gehen.Ganz oben verbindet der Pfad, der den Buchstaben Aleph – denersten Buchstaben des Alphabets – trägt, Kether mit Chokmah.Aleph ist der Pfad Gottes, der herabsteigt, um sich in der Mate-rie zu inkarnieren. Taw ist der Pfad des Menschen, der sich er-heben will, um sich Gott zu nähern. Nur selten hat es Ein-geweihte gegeben, die es so weit gebracht haben, diese zwei-undzwanzig Pfade bis zu Aleph, der die vollständige Verwirkli-chung darstellt, zurückzulegen.

Eine andere Methode mit den Sephiroth zu arbeiten kann unsder Violinschlüssel aufzeigen. Zuerst konzentriert man sich auf

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die Sonne; dann beschreibt man einen Kreis, der durch Chesed,Netzach, Jesod, Hod und Geburah führt, und geht weiter hinaufüber Daath und Chokmah bis zu Kether. Man steigt wiederhinab über Binah, und wiederum über Daath, Tiphereth undJesod bis zu Malkuth. Ihr seht also, man beginnt bei der Sonne,erhebt sich bis zu Kether hinauf, und kommt wieder herunter biszu Malkuth. Wer sich näher mit den Etappen dieses Weges durchdie Sephiroth beschäftigt, wird darin eine Entsprechung zurSmaragdtafel feststellen.

Man kann den Lebensbaum auch studieren, indem man dieSephiroth in Dreiecksgruppen einteilt.

Das erste Dreieck besteht aus Kether (der Krone), Chokmah(der Weisheit) und Binah (der Vernunft). Das ist das metaphysi-sche Dreieck.

Das zweite Dreieck besteht aus Chesed (der Sanftmut),Geburah (der Strenge) und Tiphereth (der Aufopferung). Das istdas ethische Dreieck.

Das dritte Dreieck besteht aus Netzach (dem Sieg), Hod (derHerrlichkeit) und Jesod (dem Fundament). Das ist das intellek-tuelle Dreieck.

Schließlich kommt Malkuth (das Reich, d. h. die Erde). Sie

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NeschamahKETHER

BINAH CHOKMAH

GEBURAH CHESED

TIPHERETH

NETZACH

JESOD

MALKUTH

Intellektuelles Dreieck

Ethisches Dreieck

Metaphysisches Dreieck

Atziluth

Nephesch Jetzirah

Ruach Briah

AssiahGuph

HOD

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steht etwas abseits und gehört nicht zu einem Dreieck. In derKabbala wird Malkuth als Viereck oder Würfel dargestellt,weil sie aus den vier Elementen besteht, aus Erde, Wasser, Luftund Feuer.

Diese Einteilung in vier Teile finden wir auf dem Baum desLebens wieder. Sie entspricht den vier Einteilungen desRaumes, so wie sie die Kabbalisten auch festgelegt haben. Vonoben nach unten sind das: Atziluth, der Bereich der Emana-tionen, Briah, der Bereich der Erschaffung, Jetzirah, der Bereichder Gestaltung, und Assiah, die physische Welt. Da der Menschnach dem Bild des Universums erschaffen wurde, finden diesevier Einteilungen auch in ihm selbst eine Entsprechung. Atziluthentspricht der Seele und dem Geist (in hebräisch Neschamah),Briah dem Intellekt (Ruach), Jetzirah dem Herzen (Nephesch)und Assiah dem physischen Körper (Guph).

Nun ist es aber auch möglich mit dem Lebensbaum zu arbei-ten, indem man die Aufteilung in drei Säulen in Betracht zieht.Die Säule links, die Binah mit Hod verbindet, ist die Säule derStrenge, der Unnachgiebigkeit, Boaz. Die Säule rechts, dieChokmah mit Netzach verbindet, ist die Säule der Barmherzig-keit, der Güte, Jakin. Das sind die beiden Säulen des Tempelsvon Salomon. In der Mitte ist die Säule des Gleichgewichts, zuder Malkuth, Jesod, Tiphereth, Daath und Kether gehören.Diesen fünf Sephiroth entsprechen fünf große Symbole: derStein der Weisen (Malkuth), das Elixier des ewigen Lebens(Jesod), das universelle Heilmittel (Tiphereth), der Zauberspie-gel (Daath) und der Zauberstab (Kether).*

Daath ist also die elfte Sephira, die geheimnisvolle und un-bekannte, über die sogar die Kabbala kaum spricht. Daath ist derkosmische Abgrund, in dem die gesamte Vergangenheit, dieganzen Archive des Kosmos seit aller Ewigkeit gesammelt sind.Es ist das Chaos, das »Tohuwabohu«, über dem der Geist Gottes

* Siehe auch Kapitel 17 »Tag und Nacht« (zweiter und dritter Teil) in der ReiheGesamtwerke Band 10 »Sonnen-Yoga«.

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KETHER

DAATHBINAH CHOKMAH

GEBURAH CHESED

TIPHERETH

NETZACH

JESOD

MALKUTH

HOD

Symbole des Lebensbaums

Zauberstab

Stein der Weisen

Säule der Strenge

Säule der Milde

Säule des Gleichgewichts

Zauberspiegel

Universelles Heilmittel

Elixier des ewigen Lebens

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sich bewegte. Daath ist es auch, die uns über den Sündenfall desersten Menschen berichtet. Die Versuchung ist durch Daath ge-kommen. Die Schlange, das ist Samael, dieser mächtige Geist,der Adam und Eva im Garten Eden (der Sephira Chesed) auf-suchte und sie überredete, von der Frucht des Baumes der Er-kenntnis des Guten und des Bösen zu essen. Weil sie von derFrucht dieses Baumes gegessen hatten, wurden Adam und Evaaus dem Paradies, d. h. aus den feinstofflichen und lichtvollenRegionen, in denen sie sich bewegten, verjagt, und in die dunk-le, undurchsichtige Materie von Malkuth gestürzt.

Doch die Kabbalisten sprechen höchst selten von Daath, derunsichtbaren Sonne, die zwischen Kether, dem Vater, undTiphereth, dem Sohn, der sichtbaren Sonne, der Manifestationdes Vaters, angeordnet ist; sehr wenige arbeiten mit dieserSephira, denn um zu ihr zu gelangen, muss man alle anderenPfade zurückgelegt haben.

Diese fünf Sephiroth der mittleren Säule finden in uns eineEntsprechung. Kether stellt den Geist dar, Daath die Seele,Tiphereth den Intellekt, Jesod das Herz, Malkuth den physi-schen Körper. Da die Sonne, Tiphereth, und der Mond, Jesod,auf dem Baum des Lebens aufeinander folgen, sieht man, wiedas Licht von Tiphereth, durch die Reinheit von Jesod hindurch-fließend, Malkuth erleuchtet. Genauso erleuchtet das Licht derVernunft, indem es durch die Reinheit des Herzens hindurch-geht, den Körper und all seine Zellen, um sie in einem gesundenund kraftvollen Zustand zu erhalten.

Die mittlere Säule hält das Gleichgewicht zwischen den bei-den anderen Säulen aufrecht. Wenn ihr sie von oben nach untendurchlauft, nehmt ihr Kether als Ausgangspunkt, geht danndurch Daath, Tiphereth und Jesod bis zu Malkuth. Kether stelltalso den einen Pol dar und Malkuth den anderen. Aus diesemGrunde sagt man, die Erde sei eine Spiegelung des Himmels.Als Hermes Trismegistos sagte: »Das was oben ist, ist wie das,was unten ist«, war das eine kabbalistische Wahrheit. Und alsJesus sagte: »Dein Wille geschehe wie im Himmel so auf

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Erden«, meinte er damit: »Es sei in Malkuth wie in Kether.«Ihr seht also, alle großen Eingeweihten haben stets dieselben

Wahrheiten zum Ausdruck gebracht, aber jeder auf seine Weise.Alle haben die Wahrheit gesagt. Wenn ich euch sage, dass dieSonne, Tiphereth, der Geist Christi ist, stimmt das auch, denn esist keine Erfindung von mir. Ich interpretiere die Dinge nach ei-nem unwandelbaren Gesetz, das seit eh und je existiert. Ich binnicht der Erste, der das sagt... Schade! Es wäre ja schön ge-wesen, wenn diese Wahrheit zum ersten Mal aus meinem eige-nen Munde gekommen wäre, aber leider, leider nicht... Was sollich tun? Tausende von Eingeweihten haben es vor mir gesagt,und ich armer Unglücklicher wiederhole nur Wahrheiten, dieschon lange vorher gesagt worden sind. Macht mich das wirk-lich unglücklich – oder eher glücklich? Das müsst ihr selbstherausfinden.

Was die mittlere Säule des Sephirothbaums betrifft, möchteich Folgendes hinzufügen, um euch die Dinge verständlicher zumachen. Auf der mittleren Säule befindet sich die Dreifaltigkeit:Gottvater in Kether, der Sohn in Tiphereth, der Sonne, und derHeilige Geist in Jesod. Was ist eigentlich der Heilige Geist? Ihrwerdet es dann begreifen, wenn ihr mit Jesod arbeitet. Der Vaterist das Leben, Christus ist das Licht, und Jesod ist die Liebe, ja,sogar die Liebe, die die Menschen dazu drängt, sich auf derphysischen Ebene zu vereinigen. Jeder Sephira entspricht einTeil des Körpers: Jesod entsprechen die Geschlechtsorgane. DerHeilige Geist hat viele Verbindungen zur Liebe, und wenn ge-sagt wird, Jesus sei »vom Heiligen Geist gezeugt worden«, be-deutet das, gezeugt in einem Bewusstseinszustand vollkomme-ner Reinheit.

Der Bote, der Maria diese Empfängnis ankündigte, ist Erz-engel Gabriel. Warum? Weil er die Region von Jesod regiert.Warum ist es nicht irgendein anderer Erzengel, sondern Gabriel,der auserwählt wurde, um Maria diese Botschaft zu überbrin-gen?... Für den, der die Kabbala studiert hat, ist es ganz klar.Wenn man die Eigenschaften und Funktionen der unterschied-

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lichen Regionen kennt, ist das Erscheinen von Gabriel durchauseindeutig und bedeutungsvoll. Jesus ist also in der Reinheit desHeiligen Geistes gezeugt worden, aber nicht wie die Christen esglauben. Er ist nach der einzigen, seit Jahrtausenden bekanntenMethode gezeugt worden. Denn die Art und Weise ein Kind zuzeugen, bleibt immer dieselbe. Ohne körperliche Vereinigungvon Mann und Frau gibt es keine Möglichkeit, ein Kind zu zeu-gen. Der Unterschied liegt im Bewusstseinszustand diesesMannes und dieser Frau. Die Absicht, die man in eine Handlunglegt, macht aus ihr etwas Heiliges oder Unreines.

Der Merkurstab ist eine der symbolischen Darstellungen, diedie Eingeweihten verwendet haben, um die Struktur des Men-schen zu erklären. Heutzutage sieht jeder Mensch diesesSymbol in den Apotheken, auf den Autos der Ärzte usw.., ohnedaraus klug zu werden. Der Merkurstab besteht aus zwei um ei-nen Stab geschlungenen Schlangen. Diese beiden Schlangenstellen die beiden Ströme des kosmischen Lebens dar: denStrom der Anziehung oder Liebe und den Strom der Abstoßungoder des Hasses, welche die Achse der Welt umschlingen. Diegesamte Welt wird durch diese beiden Energieströme von Hassund Liebe bewegt, denn jede Bewegung hat ihren Ursprung inAnziehung und Abstoßung. Der Eingeweihte, der weiß, wie erdie beiden Ströme lenken und beherrschen soll, hat alle Machtdarüber, die Wesen anzuziehen oder zurückzustoßen. Er ziehtdie lichtvollen Wesen an und stößt die dunklen ab; er zieht denSegen des Himmels an und stößt die Kräfte des Bösen zurück.Doch der Mensch ist auch selbst ein lebendiger Merkurstab. Aufder physischen Ebene stellt der Stab die Wirbelsäule dar, und dieSchlangen die beiden positiven und negativen Energieströme,die sich der Wirbelsäule entlang bewegen. Die erste Strömungkommt aus der rechten Gehirnhälfte, fließt durch die linkeLunge und das Herz, dann weiter durch die Leber, die linkeNiere und die rechte Geschlechtsdrüse bis hinunter in das rechteBein. Die zweite Strömung geht von der linken Gehirnhälfte

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aus, fließt durch die rechte Lunge, dann durch die Milz und vondort weiter in die rechte Niere, die linke Geschlechtsdrüse unddas linke Bein. Es gibt also Kreuzungspunkte.

Auf das Symbol des Merkurstabs kann man die Sephirothübertragen. Die Sephiroth im Menschen sind die Chakras. Wäh-rend die beiden Strömungen hinauf- und hinabsteigen, belebenund aktivieren sie die Chakras. Dadurch entstehen Energie undLicht. Der Mensch, der die zehn Sephiroth in sich entwickelthat, kann Wunder vollbringen. Er besitzt auf der spirituellen

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rechte Hälfte des Gehirns

linke Hälfte des Gehirns

rechte Lunge

LeberMilz

linke Lunge

rechte Niere

Harazentrum

Nabel

Solarplexus

Nacken

linke Niere

rechte Geschlechtsdrüse

linke Geschlechtsdrüse

Gehirn

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Ebene den Zauberstab, der alles umwandeln kann: die Wirbel-säule mit den beiden Strömen Ida und Pingala, die sich demKanal Sushumna entlang überschneiden. In Sushumna arbeitetdie Kundalinikraft*. In der Vergangenheit machten die Ein-geweihten der Menge solche Offenbarungen nicht, aus Angst,manche von ihnen könnten ihre Chakras frühzeitig erweckenund Macht erlangen, die sie zu bösen Zwecken verwendet hät-ten. Das Symbol des Merkurstabs war schon seit alters her alsAttribut des Gottes Hermes bekannt, aber nur die Eingeweihtenkannten seine tiefere Bedeutung. Nur sie allein besaßen diesesWissen vom Zauberstab, das Wissen des Lebensbaumes, undkonnten es auch in ihrem Leben in die Tat umsetzen. Auf dieseWeise gelangten sie zur höchsten Macht.

* Über die Chakras und die Kundalinikraft siehe auch Kapitel 5 und 6 in »Ge-heimnis Mensch, seine feinstofflichen Körper und Zentren« Band 219 aus derReihe Izvor.

Beiderseits von Sushumna:Pingala (weiß) und Ida (schwarz)

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Jedes Symbol, jede Figur, jedes Pentakel oder jeder Talis-man ist aus dem Lebensbaum hervorgegangen, und jederMensch trägt diesen Baum in sich. Auch heute, als ich über dieSephiroth sprach, habe ich euch wieder viel Material zur Ver-fügung gestellt. Es wird sich zeigen, wie viele unter euch fähigsind, etwas damit aufzubauen und sich besser im Leben zurecht-zufinden.

Sèvres, den 4. Januar 1970

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