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This work has been digitalized and published in 2013 by Verlag Zeitschrift für Naturforschung in cooperation with the Max Planck Society for the Advancement of Science under a Creative Commons Attribution 4.0 International License. Dieses Werk wurde im Jahr 2013 vom Verlag Zeitschrift für Naturforschung in Zusammenarbeit mit der Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften e.V. digitalisiert und unter folgender Lizenz veröffentlicht: Creative Commons Namensnennung 4.0 Lizenz. Die Kristallstrukturen von PPh4[SnCl3] und PPh4[SnBr3] The Crystal Structures of PPh4[SnCl3] and PPh4[SnBr3] Ulrich Müller*. Norbert Mronga, Christina Schumacher und Kurt Dehnicke Fachbereich Chemie der Universität Marburg, Hans-Meerwein-Straße, D-3550 Marburg Z. Naturforsch. 87b, 1122-1126 (1982); eingegangen am 19. Mai 1982 Preparation, Tetraphenylphosphonium Trihalo Stannates, Vibrational Spectra, Crystal Structures PPh4[SnCl 3] and PPh4 [SnBr 3 ] were prepared by reaction of PPh 4 X with SnX2 in CH2 X 2 solutions (X — Cl, Br). The vibrational spectra of the [SnX 3 ] e ions show three SnX 3 stretching frequencies, which is caused by deviations from the ideal C3v symmetry. In the crystal structure determinations these deviations show up by slightly different Sn-X bond lengths which are explained by differing hydrogen bridges to phenyl-H atoms. The isotypic crystal structures of both compounds were determined and refined from X-ray diffraction data (R values: 0.042 and 0.034). Although triclinic (space group Pi), the structures are closely related to the tetragonal AsPh4 [RuNCl 4 ] structure type. Very pure SnBr2 is prepared by the reaction of PPh4 [SnBr 3 ] with AlBr 3 in CH2Br2 solution. Einleitung Trihalogenstannylkomplexe von Übergangsmetal- len mit koordinativ ungesättigtem Metallzentrum, z.B. [Pt(SnCl3)5] 39 [1], verdienen u.a. Interesse als Katalysatoren bei der schonenden homogenen Hydrierung von Ethylen und Acetvlen [2], von St}Tol [3] und bei Kopplungsreaktionen von Vinyl- halogeniden [4], Für Vergleiche von Sn-X-Bindungs- längen und von X-Sn-X-Bindungswinkeln des an Übergangsmetalle gebundenen SnX3-Liganden mit dem „freien" [SnX3 ] e -Ion sind möglichst genaue Strukturdaten der Ionen [SnCl 3] e und [SnBr3wünschenswert. Zwar wurde bereits die Kristall- struktur von KCl KSnCl 3 H 2 0 bestimmt [5]. doch weist das darin enthaltene [SnCl 3] e -Ion unge- wöhnlich große Sn-Cl-Abstände von 254 bzw. 263 pm auf, die auf stark polare Kation/Anion- Wechselwirkungen schließen lassen. Da diese Ein- flüsse bei den Tetraphenylphosphoniumsalzen klein sein sollten, haben wir deren Kristallstrukturen be- stimmt. Darstellung und Schwingungsspektren von PPli4[SnCl3] und PPh4[SnBr3] Bei der bekannten Darstellung von AsPh4[SnBr3] aus (AsPh4) 2C03 und SnBr2 in 3M HBr/H2 0-Lösung [6] erhält man ein leicht gelbes Produkt. Wir erhielten PPh4[SnCl3] und PPh4[SnBr3] in Form weißer Kristalle durch Lösen von äquimola- ren Mengen SnX 2 und PPh4 X in CH2 X 2 (X = Cl. * Sonderdruckanforderungen an Prof. Dr. H. A. Brune. 0340-5087/82/0800-1122/$ 01.00/0 Br) und Fällen durch Einengen oder durch Zugabe von CC14. Das eingesetzte SnBr2 haben wir aus Zinnpulver und HBr in Diethylether synthetisiert; nach der Entfernung des Ethers i. Vak. erhielten wir weißes SnBr2, während die in der Literatur be- schriebenen Herstellungsverfahren [7-9] stets gelbe Produkte liefern. Aus den Tetraphenylphospho- nium-trihalogenstannaten können SnCl2 bzw. SnBr2 in hoher Reinheit zurückgewonnen werden, wenn man sie mit Galliumtrichlorid bzw. Aluminiumtri- bomid umsetzt: CH<>X2 [SnX 3 P A) + MX3(JL) —• (1) SnX2(f> + MX 4 e a) Das bisher unbekannte Raman-Spektrum von SnBr2 zeigt eine intensive Streulinie bei 138 cm -1 neben einer schwachen Linie bei 95 cm -1 . In den Schwingungsspektren der PPh4[SnX3]- Komplexe sind die Banden der Kationen gegenüber den Salzen PPh4 X (X = Cl. Br) nur unwesentlich verändert. Tab. I erhält die Bandenmaxima der [SnX3] e -Anionen im Vergleich mit Literaturanga- ben. Während für PPh4[SnCl3] bzw. für AsPh4[SnCl3] die Spektren bisher auf der Grundlage von C3v- Svmmetrie für das [SnCl 3] e -Ion zugeordnet wurden, führte die Beobachtung von drei SnBr3-Valenz- schwingungen für das [SnBr3] 3 -Ion zur Annahme der Symmetrie Cs [6]. Wie die kristallographischen Befunde der Kom- plexe PPh4[SnX3] zeigen (s. u.), liegt für die [SnX 3 ] e - Ionen streng genommen nur Symmetrie Ci (kein Symmetrieelement) vor. jedoch sind die Abweichun- gen von Punktgruppe Cs gering.

Die Kristallstrukturen von PPh [SnCl ] und PPh [SnBrzfn.mpdl.mpg.de/data/Reihe_B/37/ZNB-1982-37b-1122.pdfstruktur von KCl KSnCl3 H20 bestimmt [5]. doch weist das darin enthaltene [SnCl3]e-Ion

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This work has been digitalized and published in 2013 by Verlag Zeitschrift für Naturforschung in cooperation with the Max Planck Society for the Advancement of Science under a Creative Commons Attribution4.0 International License.

Dieses Werk wurde im Jahr 2013 vom Verlag Zeitschrift für Naturforschungin Zusammenarbeit mit der Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung derWissenschaften e.V. digitalisiert und unter folgender Lizenz veröffentlicht:Creative Commons Namensnennung 4.0 Lizenz.

Die Kristallstrukturen von PPh4[SnCl3] und PPh4[SnBr3] The Crystal Structures of PPh4[SnCl3] and PPh4[SnBr3]

Ulrich Müller*. Norbert Mronga, Christina Schumacher und Kurt Dehnicke Fachbereich Chemie der Universität Marburg, Hans-Meerwein-Straße, D-3550 Marburg

Z. Naturforsch. 87b, 1122-1126 (1982); eingegangen am 19. Mai 1982 Preparation, Tetraphenylphosphonium Trihalo Stannates, Vibrational Spectra, Crystal Structures

PPh4[SnCl3] and PPh4[SnBr3] were prepared by reaction of PPh4X with SnX2 in CH2X2 solutions (X — Cl, Br). The vibrational spectra of the [SnX3] e ions show three SnX3 stretching frequencies, which is caused by deviations from the ideal C3v symmetry. In the crystal structure determinations these deviations show up by slightly different Sn-X bond lengths which are explained by differing hydrogen bridges to phenyl-H atoms. The isotypic crystal structures of both compounds were determined and refined from X-ray diffraction data (R values: 0.042 and 0.034). Although triclinic (space group Pi ) , the structures are closely related to the tetragonal AsPh4[RuNCl4] structure type. Very pure SnBr2 is prepared by the reaction of PPh4[SnBr3] with AlBr3 in CH2Br2 solution.

Einleitung

Trihalogenstannylkomplexe von Übergangsmetal-len mit koordinativ ungesättigtem Metallzentrum, z.B. [Pt(SnCl3)5]39 [1], verdienen u.a. Interesse als Katalysatoren bei der schonenden homogenen Hydrierung von Ethylen und Acetvlen [2], von St}Tol [3] und bei Kopplungsreaktionen von Vinyl-halogeniden [4], Für Vergleiche von Sn-X-Bindungs-längen und von X-Sn-X-Bindungswinkeln des an Übergangsmetalle gebundenen SnX3-Liganden mit dem „freien" [SnX3]e-Ion sind möglichst genaue Strukturdaten der Ionen [SnCl3]e und [SnBr3]© wünschenswert. Zwar wurde bereits die Kristall-struktur von KCl • KSnCl3 • H 2 0 bestimmt [5]. doch weist das darin enthaltene [SnCl3]e-Ion unge-wöhnlich große Sn-Cl-Abstände von 254 bzw. 263 pm auf, die auf stark polare Kation/Anion-Wechselwirkungen schließen lassen. Da diese Ein-flüsse bei den Tetraphenylphosphoniumsalzen klein sein sollten, haben wir deren Kristallstrukturen be-stimmt.

Darstellung und Schwingungsspektren von PPli4[SnCl3] und PPh4[SnBr3]

Bei der bekannten Darstellung von AsPh4[SnBr3] aus (AsPh4)2C03 und SnBr2 in 3M HBr/H20-Lösung [6] erhält man ein leicht gelbes Produkt.

Wir erhielten PPh4[SnCl3] und PPh4[SnBr3] in Form weißer Kristalle durch Lösen von äquimola-ren Mengen SnX2 und PPh4X in CH2X2 (X = Cl.

* Sonderdruckanforderungen an Prof. Dr. H. A. Brune. 0340-5087/82/0800-1122/$ 01.00/0

Br) und Fällen durch Einengen oder durch Zugabe von CC14. Das eingesetzte SnBr2 haben wir aus Zinnpulver und HBr in Diethylether synthetisiert; nach der Entfernung des Ethers i. Vak. erhielten wir weißes SnBr2, während die in der Literatur be-schriebenen Herstellungsverfahren [7-9] stets gelbe Produkte liefern. Aus den Tetraphenylphospho-nium-trihalogenstannaten können SnCl2 bzw. SnBr2

in hoher Reinheit zurückgewonnen werden, wenn man sie mit Galliumtrichlorid bzw. Aluminiumtri-bomid umsetzt:

CH<>X2 [ S n X 3 P A ) + MX3(JL) — • (1) SnX2(f> + M X 4 e a )

Das bisher unbekannte Raman-Spektrum von SnBr2

zeigt eine intensive Streulinie bei 138 cm - 1 neben einer schwachen Linie bei 95 cm -1.

In den Schwingungsspektren der PPh4[SnX3]-Komplexe sind die Banden der Kationen gegenüber den Salzen PPh4X (X = Cl. Br) nur unwesentlich verändert. Tab. I erhält die Bandenmaxima der [SnX3]e-Anionen im Vergleich mit Literaturanga-ben. Während für PPh4[SnCl3] bzw. für AsPh4[SnCl3] die Spektren bisher auf der Grundlage von C3v-Svmmetrie für das [SnCl3]e-Ion zugeordnet wurden, führte die Beobachtung von drei SnBr3-Valenz-schwingungen für das [SnBr3]3-Ion zur Annahme der Symmetrie Cs [6].

Wie die kristallographischen Befunde der Kom-plexe PPh4[SnX3] zeigen (s. u.), liegt für die [SnX3]e-Ionen streng genommen nur Symmetrie Ci (kein Symmetrieelement) vor. jedoch sind die Abweichun-gen von Punktgruppe Cs gering.

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U. Müller et al. • Die Kristallstrukturen von PPh4[SnCl3] und PPh4[SnBr3] 1123

Tab. I. Schwingungsspektren der [SnX3]e-Ionen (Symmetrie Ci) in kristallinem PPli4[SnX3] (X = Cl, Br).

PPh4[SnCl3] [diese Arbeit] EPh4[SnCl3]* [6] PPh4[SnBr3] AsPh4[SnBr3] [6] [diese Arbeit]

IR R E Zuordnung IR R E Zuordnung RE Zuordnung IR RE Zuordnung cm - 1 cm - 1 cm - 1 cm - 1 cm - 1 cm - 1 c n r 1

Int.** Int, (Rasse A) Int. Int. (Rasse) Int, (Rasse A) Int. Int, (Rasse)

292 st 284 m V 292 st 288 ss v(Ai) 198 Sch 201 st 202 s i>iA' 261 Sch 258m V 258 sst 259 ss v(E) 194 sst v 183 sst 180 m v5A" 250 sst 247 m V

v(E) 180 st v 176 sst 176s voA'

198s 2 x 108 172 sst v 127 Sch B 130 Seil <5(Ai) 86s 97 sst t'3 A' 108 sst Ö 105 sst •5(E) 65 s 73 sst V4A'

* IR Spektrum als PPli4©-Salz, Raman-Spektrum als AsPli4®-Salz; ** sst = sehr stark, st = stark, m = mittel, s = schwach, ss = sehr schwach, Sch = Schulter.

Wie in Tab. I zu erkennen, stimmen die Wellen-zahlen der Banden zwischen IR- und Raman-Spek-trum nicht exakt überein. Dies läßt sich darauf zu-rückführen, daß die Elementarzelle der kristallinen Verbindungen je zwei [SnX3]e-Ionen enthält. Diese schwingen entweder im Gleichtakt oder im Gegen-takt, und durch diese Kopplung wird jede Schwin-gung in eine Raman- bzw. IR-aktive Schwingung aufgespalten. Die Raumgruppe ist PI (s.u.). die zu-gehörige Faktorgruppe ist I (Ci) und bedingt eine Aufspaltung jeder Schwingung in je eine der Rasse Ag und Au [10].

Bie Kristallstrukturen von PPh4[SnCl3] und PPh4[SnBr3]

Beide Verbindungen sind isotyp; sie kristallisie-ren in der Raumgruppe PI mit zwei Formeleinheiten pro Elementarzelle. Die Gitterkonstanten sind zu-sammen mit einigen weiteren Daten in Tab. III zusammengestellt. Der Strukturtyp ist eng ver-wandt zu dem in der Raumgruppe P4/n kristallisie-renden AsPli4[RuNCl4]-Typ, der bei Tetraphenyl-phosphoniumsalzen häufig angetroffen wird [11]. Bei diesem bilden die Kationen Säulen in Richtung c entlang von 4-Achsen, während die Anionen sich auf vierzähligen Drehachsen befinden.

Da die Symmetrie des [SnX3]3-Ions nicht mit einer vierzähligen Punktlage vereinbar ist, wird in unserem Fall bei sonst gleicher Packungsart die Symmetrie von P4/n auf PI erniedrigt. Die Katio-nensäulen längs c bleiben erhalten und, obwohl die Punktlagensymmetrie dies nicht mehr erfordert, erfüllen die PPh4®-Ionen immer noch in guter Nä-herung die Punktsymmetrie 4 (Abb. 1).

Die Ionen [SnCl3]e und [SnBr3]3 sind wie die isoelektronischen Antimonhalogenide SbX3 pyra-

Abb. 1. Asymmetrische Einheit der Kristallstruktur von PPhi[SnCl3] mit Blickrichtung längs der c-Achse (ohne H-Atome). Die Ellipsoid© der thermischen Schwingung umschreiben den Ort mit 50% Aufent-haltswahrscheinlichkeit bei 18,5 °C.

midal aufgebaut. Ihre Symmetrie weicht von der Idealsymmetrie 3m (C3v) merklich ab, indem der Bindungswinkel X(2)-Sn-X(3) deutlich größer ist als bei den anderen beiden Winkeln und der Ab-stand Sn-X(l) größer ist als Sn-X(2) und Sn-X(3) (Tab. II). Die Punktsymmetrie ist damit nähe-rungsweise m (Cs), genau genommen jedoch 1 (Ci).

Tab. II. Interatomare Abstände und Winkel.

PPh4[SnCl3] PPh4[SnBr3]

Sn-Cl(l) Sn-Cl(2) Sn-Cl(3)

248,8(2) 245,6(2) 246,7(2)

Sn-Br(l ) Sn-Br(2) Sn-Br(3)

264,2(1) 260,4(1) 262,6(1)

Cl(l)-Sn-Cl(2) Cl(l)-Sn-Cl(3) Cl(2)-Sn-Cl(3)

93,5(1) 93,6(1) 96,4(1)

Br(l ) -Sn-Br(2) Br(l ) -Sn-Br(3) Br(2)-Sn-Br(3)

93,3(1) 95,3(1) 97,8(1)

P -C( l ) P-C(7) P-C(13) P-C( 19)

177,6(4) 177,6(3) 179,0(3) 177,4(4)

177,6(4) 177,6(4) 178,2(4) 177,1(4)

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1124 U. Müller et al. • Die Kristallstrukturen von PPh4[SnCl3] und PPh4[SnBr3]

Die Abweichungen von der Idealsymmetrie hängen sicherlich mit Anion-Kation-Wechselwirkungen in Form von Wasserstoff brücken zusammen. Einige Abstände zwischen Halogenatomen und Phenyl-H-Atomen sind nämlich auffällig kurz. Kürzer als der van der Waalssche-Abstand von 300 pm (C1...H) bzw. 315 pm (Br...H) [12] sind: Cl(l)...H(IO') 278 pm; Cl(l).. .H(16) 287 pm; Cl(2)...H(9') 290 pm; Br(l)...H(IO') 293 pm; Br(l). . .H(16) 300 pm; Br(2)...H(9') 303 pm. Verglichen zu den SnCl3-Gruppen im [Pt(SnCl3)5]3e-Ion [1] sind die Sn-Cl-Abstände im PPh4 [SnCl3] ca. 10 pm länger und die Cl-Sn-Cl-Bindungswinkel im Mittel ca. 3° kleiner. Dies kann folgende Ursachen haben: 1. Im [SnCl3]9-Ion kommt ein höherer negativer Ladungsanteil auf jedes Atom; 2. Das einsame Elektronenpaar des [SnCl3]e-Ions wird im Pt-Komplex für die Pt-Sn-Bindung beansprucht und wirkt damit weniger stark abstoßend auf die Cl-Atome.

Experimenteller Teil Die IR-Spektren wurden mit Hilfe eines Perkin-

Elmer-Gerätes 577 im Bereich von 200-4000 cm"1

registriert . Die Proben befanden sich als Verreibun-gen in Mineralöl zwischen Csl-Scheiben. Für die Raman-Spektren stand ein Gerät Cary 83 mit Laser-Anregung (514,5 nm) zur Verfügung.

P(C6H5)4[SnCl3]

Nach Entwässern von SnCl2 • 2 H 2 0 (Merck) durch mehrstündiges Rühren mit überschüssigem

POCl3 werden 2.68 g SnCl2 (14.1 mmol) mit einer Lösung von 4,98 g PPh4Cl (Fluka) (14.1 mmol) in 50 ml Dichlormethan versetzt und durch zweistün-diges Kochen unter Rückfluß in Lösung gebracht. Man filtriert von einer eventuellen Trübung ab und fällt die Hauptmenge durch Zugabe von 50 ml Tetrachlorkohlenstoff. Zur Herstellung von Ein-kristallen löst man 1 g PPh4[SnCl3] in 20 ml Di-chlormethan, gibt bis zur beginnenden Trübung Tetrachlorkohlenstoff zu und läßt 12 h stehen. Es entstehen reichlich gut ausgebildete, nadeiförmige, weiße Einkristalle. P(C6H5)4[SnCl3]

Gef. C 49.98 H 3,37, Ber. C 51,07 H 3,57.

SnBrz Etwa 10 g Zinnpulver werden in 50 ml trockenem

Ether suspendiert, und unter Rühren wird eine Stunde lang ein rascher, trockener HBr-Gasstrom eingeleitet. Man filtriert nach beendeter Umsetzung den weiß-grauen Niederschlag und trocknet ihn durch Evakuieren. Die Ausbeute ist praktisch voll-ständig. Im Gegensatz zu Literaturangaben zur Löslichkeit von SnBr2 [7-9] ist dieses Präparat in Ether sehr schwer löslich. Zur Reinigung löst man SnBr2 in Dibrommethan unter Zugabe der äqui-valenten Menge Tetraphenylphosphoniumbromid (z.B. 1,76 gPPh4[SnBr3] (s.u.') in 30 ml CH2Br2) und tropft zu dieser Lösung langsam unter Rühren eine Lösung von 0,67 g Aluminiumtribromid (2,52 mmol) in 40 ml Dibrommethan. Das ausfallende SnBr2 ist rein weiß und mikrokristallin. Man wäscht mehr-fach mit über P4Oio getrocknetem CH2Br2 und trocknet durch Evakuieren.

SnBr2: Gef. Br 56,41, Ber. Br 57,38.

Tab. III. Kristall- und Meßdaten.

PPh4[SnCl3] PPh4[SnBr3]

1344,3 ± 0,3 pm 1370 ± 1 pm 1215,7 ± 0,4 pm 1252,4 ± 0.8 pm

742,2 ± 0,2 pm 743,5 ± 0,3 pm a 90,09 ± 0,2° 97,00 ± 0,4° ß 93,10 ± 0,2° 93,57 ± 0,4° y 94,04 ± 0,2° 95,23 ± 0,5° V 1200,8 • l O -30 m 3 1257 • 10~30 m3

Raumgruppe P I P I Z 2 2 Kristallgröße 0,36 X 0,16 X 0,08 mm3 0,25 X 0,13 X 0,11 mm3

Hauptbegrenzungsflächen {112}, {110}, {110} (100), (210), {010}, (001), (021) Meßtemperatur 18,5 °C 18 °C Strahlung MoKa MoKa Meßbereich 0 < 20° 0 < 19,8° Zahl der unabhängigen Reflexe 2216 2229 davon unbeobachtet (I <rr(I)) 209 270 linearer Absorptionskoeffizient // 13,5 cm-1 57,6 cnr 1

R (beobachtete Reflexe)* 4 ,2% 3.4% R (alle Reflexe) 4 ,7% 4,2%

* R = (Sj|F0| — |FC||)/2|Fol.

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U. Müller et al. • Die Kristallstrukturen von PPh4[SnCl3] und PPh4[SnBr3] 1125

P(C6H-,)4[SnBrzJ 3 g SnBr-2 (10.8 mmol) werden in 50 ml CH2Br2

suspendiert und mit 4.5 g (10.8 mmol) PPh4Br. ge-löst in 50 ml CH2Br2, aufgelöst. Man engt auf 20 ml des Volumens ein, filtriert die ausgeschiedenen wei-ßen Kristalle unter Stickstoff, wäscht mit wenig CH2Br2 und trocknet durch Evakuieren. Ausbeute 7.2 g, entsprechend 9 5 % der Theorie, bez. auf SnBro.

P(C6H5)4[SnBr3] Gef. C 39.96 H 2.80 Br 34.32, Ber. C 41.31 H 2,89 Br 34,35.

Röntg enographische Untersuchungen und Strukturbestimmung

Mit je einem Einkristall von PPh4[SnCl3] und PPh4[SnBr3], eingeschlossen in je einer dünnw andi-

gen Glaskapillare, wurden mehrere Präzessionsauf-nahmen angefertigt. Die Interferenzintensitäten wurden mit einem automatischen Vierkreisdiffrakto-meter CAD 4 der Firma Enraf-Nonius nach der CD-scan-Methode gemessen. Die Meßdauer pro Reflex wurde auf einen statistischen Meßfehler von 1 ,2% abgestimmt (jedoch maximal 75 s lang). An allen Daten wurde die Lorentz-Polarisationsfaktor- und Absorptionskorrektur angebracht.

Aufgrund von kristallchemischen Überlegungen [11] ergab sich aus den Gitterkonstanten und der Raumgruppe die Verwandtschaft zum AsPh4[RuXCl4]-Tvp. Die Orientierung des [SnX3]3-Ions wurde mit Hilfe einer Patterson-Synthese er-mittelt. Das erhaltene Strukturmodell wurde durch Minimalisieren von Sw( F0[— !FC|)2 verfeinert, mit Gewichten w = I/o2 aus der Zählstatistik der Meß-werte. Die Phenylgruppen wurden dabei als starre

Abb. IV. Atomkoordinaten und Temperaturfaktoren. Dio B-Werte beziehen sich auf den Temperaturfaktor exp (— B sin2 0//2) bzw. exp [— (Bn/i2a*2 + •••-(- 2 Bio/; ka*b* + •••)]> s i e sind als 1030-fache Werte in m2 ange-geben ( — A2). Die Standardabweichungen in Klammern beziehen sich auf die jeweils letzte(n) Stelle(n). Standard-abweichungen für die C-Atome in allen Fällen: x ± 0,0003; y ± 0,0004; 2 ± 0,0000. X steht für Cl bzw. Br.

PPh4[SnCl3] PPh4[SnBr3] x y z B x y z B

Sn 0,19862(4) 0,27213(5) 0,04566(7) 0,19691(4) 0,26883(5) 0,03103(7) X ( l ) 0,2123(2) 0,1479( 2) 0,2901(3) 0,20243(7) 0,13961(8) 0,28827(14) X(2) 0,0797(2) 0,3862( 2) 0,2045(3) 0,07330(6) 0,38846(8) 0,19362(13) X(3) 0,3505(2) 0,3898( 2) 0,1008(3) 0,36092(6) 0,39034(8) 0.15429(13) P 0,2705(1) 0,7074(1) 0,0534(2) 0,2747 0.7003 0,0560 C(l) 0,2584 0,0498 0,1124 3,5(1) 0,2660 0,6503 — 0,1113 3,1(1) C(2) 0,3311 0,6388 0,2390 4,9(2) 0,3395 0,6419 — 0,2338 4,3(2) 0(3) 0,3214 0,5505 — 0.3765 5,6(2) 0,3321 0,5546 — 0.3724 5,2(2) 0(4) 0,2390 0,4731 0.3875 5,9(2) 0,2513 0,4756 — 0,3880 4,8(2) 0(5) 0,1663 0,4841 0,2608 5,4(2) 0,1778 0,4840 — 0,2661 4,3(2) 0(6) 0,1760 0,5724 — 0,1233 4,3(1) 0,1852 0,5713 — 0,1274 3,4(1) 0(7) 0,1045 0,7754 0,1856 3,5(1) 0,1695 0,7685 0,1860 3,2(1) 0(8) 0,1472 0,6947 0,3028 4,3(1) 0.1545 0,0889 0,3014 4,0(2) 0(9) 0,0672 0,7003 0,4147 5,5(2) 0,0753 0,0903 0,4121 5,1(2) 0(10) 0,0045 0,7867 0,4093 6,0(2) 0,0111 0,7713 0.4072 5,3(2) 0(11) 0,0217 0,8674 0,2921 6,0(2) 0,0202 0,8508 0,2918 5,1(2) C(12) 0,1018 0,8618 0,1802 4,7(2) 0,1054 0,8494 0,1812 4,4(2) C(13) 0,2837 0,8855 0,0706 3.4(1) 0,2853 0,8810 — 0,0048 3,3(1) 0(14) 0,2109 0,8888 0,2201 4,3(1) 0,2167 0,8838 — 0,2119 4,4(2) 0(15) 0,2239 0,9785 0,3226 5,0(2) 0,2220 0,9720 — 0,3116 5,0(2) 0(16) 0,2976 1,0049 0,2756 5,1(2) 0,2958 1,0580 — 0,2643 5,2(2) 0(17) 0,3644 1,0010 0,1200 5,1(2) 0,3043 1,0559 — 0,1173 4,8(2) 0(18) 0,3574 0,9719 0,0235 4.2(1) 0,3591 0,9077 — 0,0175 4,1(2) 0(19) 0,3751 0,7635 0,2083 3,7(1) 0,3778 0,7084 0,2148 3.3(1) C(20) 0,3860 0,8412 0,3619 4,9(2) 0,3868 0,8469 0,3675 4,3(2) 0(21) 0,4647 0,8376 0,4911 6,4(2) 0,4645 0,8491 0,5001 5,9(2) C(22) 0,5324 0,7563 0,4608 6,8(2) 0,5333 0,7728 0,4800 5,8(2) 0(23) 0,5216 0,6786 0,3133 0.8(2) 0,5243 0,6943 0.3273 5,8(2) C(24) 0,4429 0,6822 0,1840 5,1(2) 0,4466 0,6921 0,1947 4,3(2)

Sn 01(1) Cl( 2) Cl(3) P Sn Br(l) Br(2) Br(3) P B n 5,49(3) 7,5(1) 5,3(1) 5,5(1) 3,1(1) 4,64(3) 6,65(6) 4,32(4) 4,44(4) 2,9(1) Bo2 5,42(3) 5,4(1) 7,8 (1) 7,4(1) 3,3(1) 4,75(3) 4,61(5) 5,92(5) 6,24(6) 2,9(1) B 3 3 3,60(3) 7,1(1) 0,8 (1) 7,1(0 3,4(1) 3,69(3) 7,32(6) 6,31(6) 6,33(6) 3,5(1) B12 0,84(2) 0,6(1) 2,1(1) — 0,6(1) 0,2(1) 0.96(2) 0,84(3) 1,63(3) —0.05(3) 0,1(1) BI3 — 0.14(2) 0,9(1) 1,4(1) 0,8(1) 0,5(1) 0,03(2) 1,16(4) 1,38(3) 1,01(3) 0,7(1) B2 3 0,15(2) 2,3(1) 1,8(1) 1,8(1) 0,7(1) 0,13(2) 2,22(4) 1,67(4) 1,44(4) 0,0(1)

Page 5: Die Kristallstrukturen von PPh [SnCl ] und PPh [SnBrzfn.mpdl.mpg.de/data/Reihe_B/37/ZNB-1982-37b-1122.pdfstruktur von KCl KSnCl3 H20 bestimmt [5]. doch weist das darin enthaltene [SnCl3]e-Ion

1126 U. Müller et al. • Die Kristallstrukturen von PPh4[SnCl3] und PPh4[SnBr3]

Gruppen mit C-C- und C-H-Abständen von 139,5 bzw. 108 pm behandelt. Verwendete Atomform-faktoren und Parameter der anomalen Dispersion: [13, 14]. Für alle Atome außer C und H wurden anisotrope Temperaturfaktoren berechnet. Alle Be-

rechnungen wurden an der Anlage TR 440 im Rechenzentrum der Universität Marburg mit den Programmen CADLP [15] und S H E L X [16] durch-geführt. Die Ergebnisse der Strukturbestimmungen sind in Tab. IV zusammengestellt.

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