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Naunyn-Sehmiedeberg's Arch. exp. Path. u. Pharmak. 240, 495--503 (1961) Aus dem Pharmakologisehen Institut der Justus Liebig-Universi~t Giel3en und der Kardiologischen Abteilung des W. G. Kerekhoff-Institutes der Max Planck- Gesellschaft, Bad Nauhehn Die Leistungsf~i]aigkeit infarktgesch~idigter und mit hohen Dosen Chinidin chronisch vorbehandelter Hundeherzen * *~ Von J. ])~RNER und E. WICK Mit 1 Textabbildung (Eingegangen am 13. Juni 1960) Es wird allgemein angenommen, dab Chinin bzw. Chinidin in klinisch fiblichen I)osen die Kontraktionskraft des Herzens sch~digt (EIcl~HOLTZ, GOODMAN U. GILMAN, HAUSCHILD, I~OELLER, SOLLMANN). Besonders am isolierten Herzen wurde oft eine Abnahme der Kontraktionskraft yon VorhSfen oder Kammern beobachtet (BODEI~ u. NEUKIRCH, :BOEKELMANN, HOF~AN~r, SANTESSON,WlECHMANN). BOE]~ELMANN sah allerdings zu Beginn der Chininwirkung oft ein Gr61~erwerden der Herzkontraktionen. ColIN u. LEVY berichten ebenfaUs fiber eine Amplitudenzunahme der Herzausschl~ge nach Chinidin. Am Ganztier oder beim Menschen sind die Wirkungen yon Chinin bzw. Chinidin auf die Kontraktionskraft des Herzens infolge zus~tzlicher Beeinflussung des Kreis- laufs schwerer zu beurteflen. Der meistens beobachtete Blutdruckabfall ist wahr- scheinlich Folge der bekannten Gefiiflerweiterung nach beiden Substanzen (FERRER U. Mitarb., GORDON, MATTON u. LEVINE). Eine yon STARRu. Mitarb. festgestellte Abnahme des Sehlagvolumens beim Mensehen ist auf eine gleiehzeitige Frequenz- steigerung zuriickzufiihren. Obwohl die letzteren Autoren relativ grol~e Chinidin- dosen verabreichten (bis 2 g pro Dosis), blieb das Minutenvolumen unver~ndert. FERRER U. Mitarb. sahen ebenfaUs keine Anderung desselben bei Patienten mit normalem, dagegen eine Zunahme bei Kranken mit erniedrigtem Minutenvolumen bei gleichzeitigem Abfall eines erhShten Druckes im rechten Ventrikel. Naeh HALSEY, REYNOLDS u. BLACKBERGerfolgte bei Hunden naeh intraperitonealer Injektion yon 18--25 mg/kg Chinidin bzw. 20 mg/kg Chinin eine Zunahme des Schlagvolumens, der Herzfrequenz und des Blutdruekes. BONESSA U. MORPVROO schlieBen auf Grund einer Literaturfibersicht und eigener Untersuehungen ,,eine negative inotrope Wirkung des Chinidins auf das kompensierte Mensehenherz voll- kommen aus". Die unterschiedlichen experimentellen Ergebnisse und Auffassungen tiber die herzsch~digende Wirkung des Chinidins veranlal3ten uns, das Problem im Tierversuch erneut aufzugreifen. Dabei kam es uns darauf an, durch ehronisehe orale Verabreichung yon Chinidin in hohen Dosen die Darreichung beim Mensehen nachzuahmen. Die Leistungsfi~higkeit der • Herrn Professor Dr. O. SCHAUmANN zum 70. Geburtstag gewidmet. • * Mit Unterstiitzung der ,,Dr. Karl Wilder-Stiftung".

Die Leistungsfähigkeit infarktgeschädigter und mit hohen Dosen Chinidin chronisch vorbehandelter Hundeherzen

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Page 1: Die Leistungsfähigkeit infarktgeschädigter und mit hohen Dosen Chinidin chronisch vorbehandelter Hundeherzen

Naunyn-Sehmiedeberg's Arch. exp. Path. u. Pharmak. 240, 495--503 (1961)

Aus dem Pharmakologisehen Institut der Justus Liebig-Universi~t Giel3en und der Kardiologischen Abteilung des W. G. Kerekhoff-Institutes der Max Planck-

Gesellschaft, Bad Nauhehn

Die Leistungsf~i]aigkeit infarktgesch~idigter und mit hohen Dosen Chinidin chronisch vorbehandelter Hundeherzen * * ~

Von J. ])~RNER und E. WICK

Mit 1 Textabbildung

(Eingegangen am 13. Juni 1960)

Es wird al lgemein angenommen, dab Chinin bzw. Chinidin in klinisch fiblichen I)osen die Kon t r ak t i onsk ra f t des Herzens sch~digt (EIcl~HOLTZ,

GOODMAN U. GILMAN, HAUSCHILD, I~OELLER, SOLLMANN).

Besonders am isolierten Herzen wurde oft eine Abnahme der Kontraktionskraft yon VorhSfen oder Kammern beobachtet (BODEI~ u. NEUKIRCH, :BOEKELMANN, HOF~AN~r, SANTESSON, WlECHMANN). BOE]~ELMANN sah allerdings zu Beginn der Chininwirkung oft ein Gr61~erwerden der Herzkontraktionen. ColIN u. LEVY berichten ebenfaUs fiber eine Amplitudenzunahme der Herzausschl~ge nach Chinidin. Am Ganztier oder beim Menschen sind die Wirkungen yon Chinin bzw. Chinidin auf die Kontraktionskraft des Herzens infolge zus~tzlicher Beeinflussung des Kreis- laufs schwerer zu beurteflen. Der meistens beobachtete Blutdruckabfall ist wahr- scheinlich Folge der bekannten Gefiiflerweiterung nach beiden Substanzen (FERRER U. Mitarb., GORDON, MATTON u. LEVINE). Eine yon STARR u. Mitarb. festgestellte Abnahme des Sehlagvolumens beim Mensehen ist auf eine gleiehzeitige Frequenz- steigerung zuriickzufiihren. Obwohl die letzteren Autoren relativ grol~e Chinidin- dosen verabreichten (bis 2 g pro Dosis), blieb das Minutenvolumen unver~ndert. FERRER U. Mitarb. sahen ebenfaUs keine Anderung desselben bei Patienten mit normalem, dagegen eine Zunahme bei Kranken mit erniedrigtem Minutenvolumen bei gleichzeitigem Abfall eines erhShten Druckes im rechten Ventrikel. Naeh HALSEY, REYNOLDS u. BLACKBERG erfolgte bei Hunden naeh intraperitonealer Injektion yon 18--25 mg/kg Chinidin bzw. 20 mg/kg Chinin eine Zunahme des Schlagvolumens, der Herzfrequenz und des Blutdruekes. BONESSA U. MORPVROO schlieBen auf Grund einer Literaturfibersicht und eigener Untersuehungen ,,eine negative inotrope Wirkung des Chinidins auf das kompensierte Mensehenherz voll- kommen aus".

Die unterschiedl ichen exper imente l len Ergebnisse und Auffassungen tiber die herzsch~digende Wirkung des Chinidins veranlal3ten uns, das P rob lem im Tierversuch erneut aufzugreifen. Dabei kam es uns d a r a u f

an, durch ehronisehe orale Verabre ichung yon Chinidin in hohen Dosen die Dar re ichung beim Mensehen nachzuahmen. Die Leistungsfi~higkeit der

• Herrn Professor Dr. O. SCHAUmANN zum 70. Geburtstag gewidmet. • * Mit Unterstiitzung der ,,Dr. Karl Wilder-Stiftung".

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496 J. D6RNV.R und E. WICK:

Herzen wurde ira Herz -Lungen-Pr~para t geprtift. Da aus einer anderen Versuchsserie auch Herzen verwende t wurden, bei denen ein Ast des

R a m u s descendens der l inken Coronarar ter ie un te rbunden worden war, wurde gleichzeit ig auch die Belastungsf/ ihigkeit dieser infarktgesch/~dig-

ten Herzen mi tun te r such t .

Methodik Die Versuche wurden an 43 Hunden im mittleren Gewicht von 11,0 kg (6,8 bis

15,7 kg) durehgefiihrt. Es wurden vier Gruppen yon Versuchstieren gebfldet: a) Die erste Gruppe von acht Tieren diente zur Kontrolle. Bei ihr wurde ledig-

lich nach welter unten angegebener Methodik die Belastungsf~higkeit der Herzen im Herz-Lungen-Pr~parat gepriift.

b) Bei der zweiten Gruppe yon zwSlf Hunden wurde in Morphin-Pernoeton- Narkose (2 mg/kg Morphin i.m. ; etwa 1/2 Std sparer je nach Wirkung 25--50 mg/kg Pernocton 1 i.v.) unter sterflen Bedingungen die linke Thoraxseite im fiinften oder sechsten Zwisehenrippenraum erSffne~ und ein Ast des l~amus deseendens der linken Coronararterie unterbunden. Es wurde dabei an der GabelungssteUe der Arterie einige Zentimeter oberhalb der Herzspitze meist derjenige Ast gew~hlt, der am st~rksten erschien, so dab sich ein Infarkt entwiekelte, der einem Spitzeninfarkt oder einem vorderen Lateralinfarkt beim NIensehen entspraeh. Die Tiere erholten sich meist sehnell und gut yon der Operation (fiber Zwisehenf~lle siehe sp~iter). Nach durehsehnittlieh 8 Tagen (6--10 Tagen) wurden die Herzen dieser Tiere in gleicher Weise auf ihre Belastungsf~higkeit im Herz-Lungen-Pr~parat gepriift wie die der Kontrolltiere.

e) Bei einer weiteren Gruppe yon acht Hunden wurde in gleicher Weise wie vorher bei b) dureh Unterbindung eines Coronararterienastes ein Herzinfarkt gesetzt. Im AnsehluB an die Operation erkielt~n die Tiere in vierstiindigen Abst~n- den (7, 11, 15, 19 thud 23 Uhr) 8--25 mg/kg Chinidinum sulfurieum in 2°/0oiger LSsung mit der Magensonde. Die letzte Dosis abends wurde um die H~lfte erhSht. Naeh 9 Tagen wurden die Herzen im Herz-Lungen-Pr~parat belastet. Infolge verschiedener Zwisehenf~lle, auf die im Absclmitt ,,Ergebnisse" noch eingegangen wird, war nur der Befund yon zwei Versuchen ohne Einschr~nkung verwertbar.

d) Eine letzte Gruppe yon 15 Tieren erhielt zun~chst in vierstiindigen Abst~nden wie unter c) angegeben 15--20 mg/kg Chinidinum sulfurieum per os. Naeh durch- sehnittlich 6 Tagen wurde wie bei den Tieren der beiden vorhergehenden Gruppen ein Coronararterienast unterbunden. AnseMiel~end wurde die Chinidinmedikation fiir weitere 6 Tage in gleieher Weise fortgesetzt. Insgesamt waren die Tiere somit 12 Tage lang mit Chinidin vorbehandelt, bevor ihre Herzen einer Belastungspriifung im Herz-Lungen-Pr~parat unterzogen wurden. ~ber die auch hierbei aufgetretenen ZwisehenfKlle wird unter den Ergebnissen beriehtet.

Die Preparation des Herz-Lungen-Pr~parates geschah in iiblieher Weise und Anordnung. Der arterielle und venSse Druek wurden unter Verwendung yon STATHaM-Elementen elektrokymographiseh fortlaufend registriert. Das Herz- Minutenvoinmen wurde mit Stoppuhr und Mel3zylinder vor dem Einfliel3en des Blutes in das venSse Reservoir gemessen. Durch gleichzeitiges ZugieSen yon Blur in das Reservoir wurde verhindert, dab w~hrend der Dauer der Blutentnahme eine Senkung des Blutspiegels im Reservoir erfolgte. Die Registrierung des Elektro-

x Peraoeton: 10°/0ige w~13rige LSsung des NatrinmsMzes der fl-Bromallyl-sek. butyl-barbiturs~ure.

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Leistungsf~higkeit chroniseh vorbehandelter Hundeherzen 497

kardiogramms mi$ einem Zweifach-Direktsehreiber 1 zur Beobachtung yon Herz- rhythmusstSrungen diente gleiehzeitig zur Feststellung der Herzfrequenz. Der Widerst~nd im kiinstlichen Kreislauf wurde auf 70--75 mm Hg festgesetzt. Vor und hinter clem venSsen Reservoir wurde das Blur dureh W~rmesehlangen geleitet. Die Bluttemperatur konnte vor Eintritt des Blutes in das Herz an einem bier angebrachten Thermometer abgelesen werden.

Die Belastung der Herzen in Form einer Volumenbelastung erfolgte in der Weise, dab yon einer Ausgangsstellung des ven6sen Reservoirs in HShe yon 5 em oberhalb des reehten Vorhofs alle 4 rain das Reservoir um 10 em bis zu einer HShe yon 50 cm gehoben wurde. Jeweils 2 rain naeh Einstellung auf die neue Belastungs- stufe erfolgte die Messung des Minutenvolumens, der Herzfrequenz und der Blut- temperatur. I~ach Erreichen der maxhnalen HShe wurde das Reservoir in Abst/inden yon 1 rain gesenkt, bis die AusgangshShe wieder erreicht war. Weitere gleichartige Belastungen wurden nach Pausen yon jeweils 15 rain vorgenommen, bis das Herz- Lungen-Pr~parat insuffizient war.

Ergebnisse

Es soll zun/~chst fiber die Zwischenf/~lle ber ich te t werden, die als Folge

der Coronarar te r ienunterb indung, der Chinidinverabre ichung oder bei der

Pr/~paration des Herz -Lungen-Pr~para tes auf t ra ten .

Von den zw61f Hunden ohne Chinidingabe (Gruppe b) verloren wit naeh Unter- bindung tier Coronararterie drei Tiere, zwei davon nach 4 bzw. 6 rain infolge Kammerflimmerns, ein Tier mit einem Abdominaltumor und Asoites nach 7 Std (wahrscheinlich ebenfalls infolge Kammerflimmerns). Bei den acht Hunden der Gruppe c, bei denen naeh tier Unterbindung der Coronararterie mit der Chinidin- verabreichung begonnen wurde, erfolgte ein Exitus naeh 61/2 Std, aueh bier wahr- seheinlich infolge Kammerflimmerns. Ein Hund kam nach 8 Tagen an den Folgen eines Sero-Pneumothorax ad exitum, ein Tier tSteten wit nach 4 Tagen wegen starker Dyspnoe infolge eines HKmatothorax. Von den 15 Hunden der Gruppe d, die Chinidin vor und nach Unterbindung der Coronararterie erhielten, verloren wit ein Tier w~hrend tier Operation infolge Versagens der Atempumpe.

Weitere tSdliche Zwischenf/ille waren dem Chinidin zur Last zu legen. Um einen m6glichst hohen Chinidinspiegel im Blur und Gewebe zu erreiehen, w~hlten wit eine Chinidindosis, die an die Toxieit~tsgrenze heranreichte oder diese iibersehritt. So kam es bei einem Tefl der Tiere naeh unterschiedlicher Verabreiehungsdauer des Chinidins bei der Dosis yon 15 mg/kg und den h6heren Dosen zu typischen Ver- giftungserseheinungen wie FreSunlust, SpeichelfluB, Erbreehen, Diarrhoe (mitunter blutig-schleimig), Steifigkeit in den Extremiti~ten, ataktiseher Gang und sehlieBlich klonisch-tonische Kr~impfe, die 6fret zum Tode tier Tiere fiihrten. Waren starke Intoxikationserseheinungen vorhanden oder beobachteten wit Krampfanf~lle, so gingen wir voriibergehend oder dauernd mit der Dosis etwas zuriiek (bis auf 10 mg/kg), setzten auch mitunter ein- bis dreimal mit der Medikation aus. Ein Tefl der Tiere blieb jedoeh auch symptomfrei oder zeigte nut leiehte Intoxikationserscheinungen.

Von den insgesamt 23 ehinidinbehandelten Hunden verloren wir acht als Folge der Chinidinvergiftung. Die Einzeldosis betrug in diesen F~llen bei fiinf Tieren 15 mg/kg und je einmal 20, 22,5 und 25 mg/kg. Die Gesamtmengen, naeh denen der Exitus erfolgte, lagen bei 113, 151, 158, 587, 738, 739, 879 und 930 mg/kg. Sie zeigen eine weite Streuung tier Empfindliehkeit an, wobei auffallend ist, dab bei den drei ersten Tieren mit einer Einzeldosis yon 15 bzw. 22,5 mg/kg sehon am zweiten

1 Der Deutsehen Forschungsgemeinschaft sind wit fiir die lJ~oerlassung des Elektrokardiographen sehr zu Dank verpfliehtet.

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498 g. D6R~ER und E. Wick :

Tag bei einer relativ geringen Gesamtdosis der Krampftod eintrat. Bei diesen Hun- den hatte noch keine Unterbindung der Coronararterie stattgefunden.

Einige weitere Zwischenf~lle waren auf technisches Versagen w~hrend der Preparation des Herz-Lungen-Pr/iparates zuriickzufiihren. Hierdurch verloren wir yon den Infarkttieren ohne Chinidinmedikation (Gruppe b) und mit nachfolgender Chinidinbehandlung (Gruppe c) je zwei Tiere. Ferner war bei den Gruppen a, b und d je ein Herz nach Fertigstellung des Herz-Lungen-Pr~iparates aus unbekannter Ursache so hypodynam, dab keine verwertbare Belastung durchgeffihrt werden konnte. Auch diese Versuche muBten daher ausgeschieden werden.

Es verb l ieben insgesamt 21 ve rwer tba re Versuche: 7 Kont ro l lhunde , 6 I n f a rk t t i e r e ohne Chinid inbehandlung, 2 H u n d e mi t U n te rb indung

Tabelle. Durchschnittswerte des Gewichtes, des Versuchsbeginnes nach Fertigstellung des Herz.Lungen-Pr~iparates, der Anzahl der Belastungen und der Gesamtdosis des

verabreichten Chinidins bei den vier Tiergruppen

Gruppe Gewicht in Versuchs- Anzahl der Gesamtdosis kg beginn nach Belastungen Chinidin in

min mg/kg

a (7 Kontrolltiere) 12,2 26 3,3 --

b (6 Infarkttiere) 11,8 26 3,0 --

c (2 Infarkttiere mit Chinidin nachher) 12,1 24 5,5 388

d (6 Infarkttiere mit Chinidin vor- u. nachher 10,0 21 3,2 965

einer Coronarar te r ie und nachfolgender Chin id inverabre ichung und 6 Tiere mi t Coronara r t e r i enun te rb indung bei pr/~- und pos tope ra t ive r Chin id inmedika t ion .

Aus der Tabel le is t zu en tnehmen, da$ alas Durchschni t t sgewich t der einzelnen T ie rgruppen ann/~hernd gleich war, lediglich in Gruppe d war es e twas geringer. Der Beginn der ers ten Be las tung nach Fer t igs te l lung des Herz-Lungen-Pr /~para tes erfolgte bei allen Gruppen fas t gleichzeitig. I m Mi t te l konn te bei allen vier T ie rkol lek t iven fast die gleiche Anzahl yon Be las tungen durchgef i ihr t werden (die etwas hShere Zahl bei Gruppe c mi t nur zwei Tieren dt i rf te durch Zufal l bed ing t sein). Da die Dauer der Verwer tba rke i t eines Herz-Lungen-Pr /~para tes aber n icht nu t yon der Leistungsf/~higkeit des Herzens, sondern wesent l ich auch von dem Zu- s t a n d der Lungen abh/~ngig ist, wobei vor ahem das nach sehr unter - schiedl icher Ze i tdaue r auf t re tende LungenSdem die Insuffizienz des Pr/~parates herbei f i ihr t , wurde im folgenden zur Fes t s te l lung der Belastungsf/~higkeit de r Herzen n u t das Ergebnis der jeweils erste~ Belas tung verwer te t . Aus der Tabel le geht schliel31ich noch hervor , dab die ch in id inbehande l t en Tiere im Durchschn i t t 388 und 965 mg/kg innerha lb 6 bzw. 12 Tagen erhiel ten.

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Leistungsf~higkeit chronisch vorbehandelter Hundeherzen 499

Als MaB ffir die Leistungsf~higkeit der Herzen wghlten wir die GrSBe des Minutenvolumens in Abhgngigkei~ yon der HShe des venSsen Reservoirs. Da der Widerstand im kiinstlichen Kreislaufsystem bei allen Versuchen immer yon annghernd gle2cher GrSBe war, gehen die Blut- druckgnderungen den i~linutenvolumengnderungen weitgehend parallel, weshalb auf ihre Wieder- gabe verzichtet wird.

In Abb. 1 sind in Ab- hgngigkeit yon der t tShe des venSsen Reservoirs die Anderungen des Minuten- volumens, des Druckes im rechten Vorhof, der Herz- frequenz und der Blut- tempera tur be2 den Tieren der Gruppen a, b und d wiedergegeben.

Die beiden Versuche der Gruppe c ( Coronararterien- unterbindung mit nach- folgender Chiuidinverab - reichung) sind wegen ihrer kle2nen Zahl nicht ein- geze2chnet. ]3e2 beiden Ver- suchen t ra ten hohe Minu- tenvolumenwerte yon 1620 bzw. 1770 cm 8 auf, wie sie be2 allen anderen Ver- suchen mit einer Ausnahme nicht erre2cht wurden.

Aus der Abb. 1 ist zu en~nehmen, dab be2 einer Belastung bis zu einer ReservoirhShe yon 45 cm bzw. his zum fiinf- bis sechsfachen des Ausgangs-

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Abb. 1. Durchschnittswe~ttt ffir die Anderungen des Herz- minutenvolumens, des Druckes im rechten Vorhof, der Herzfrequenz und dcr Bluttemperatur in Abhgngigkeit yon dcr H~hc des venSsen l~eservoirs (Abszisse). • Kon- troUtiere; o Infarkt t iere ohne Chinidinverabreichung; a Infarktt iere mit zwSfftggiger Ohinidinverabreichung

minutenvolumens die Leistung der infarktgeschgdigten Herzen mi t und ohne Chinidinbehandlung keine Unterschiede gegeniiber der Leistung gesunder, nicht mit Chinidin behandelter Herzen aufweist. Erst bei der Endstufe der Belastung wird die Leistungsgrenze dieser Herzen fiber- sehritten. Die mit Chinidin behandelten Herzen zeigen dabei eine etwas st~rkere Abnahme des Minutenvolumens als die nur infarktgeschgdigten Herzen. Wenn auch diese Unterschiede zwischen den einzelnen Gruppen

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500 J. DORNER und E. WICx:

statistisch nicht signifikant sind, so sehen wir die Leistungseinschr/~nkung der infarktgesch~digten Herzen mit und ohne Chinidin bei der Endstufe der Belastung unter Beriicksichtigung des gesamten Xurvenverlaufs doch als gegeben an. Ob allerdings dem geringen Unterschied zwischen den beiden Infarktgruppen bei der ReservoirhShe yon 50 cm mehr als eine zuf/£11ige Bedeutung zukommt, muB offenbleiben.

Die Druckwerte im rechten Vorhof zeigen bei den einzelnen Tier- gruppen gleiches Verhalten. Auffallend sind gewisse Unterschiede in der Herzfrequenz, besonders zwischen den Xontrolltieren und den Infarkt- hunden ohne Chinidinverabreichung, zwischen denen eine solche Diffe- renz nicht zu erwarten war. Sie kommt daher, dal~ sich in der Kontroll- gruppe zwei Tiere mit einer auffallend hohen Ausgangsfrequenz yon 212 bzw. 265 pro Minute befinden, w/~hrend die Frequenz der iibrigen Tiere denen der Infarkthunde gleicht. Die mit Chinidin vorbehandelten Tiere haben dagegen eine wesentlich geringere Ausgangsfrequenz. W~hrend bei den Kontrolltieren und den Infarkthunden ohne Chinidin mit steigender ReservoirhShe die Frequenz im Mittel wenig zunimmt, erfolgt bei den mit Chinidin vorbehandelten Tieren eine deutliche Zu- nahme der Frequenz, so dab bei einer ReservoirhShe von 50 cm fast die Frequenz der Infarktherzen ohne Chinidin erreicht wird. Diese Frequenz- steigerung war in jedem einzelnen Versuch vorhanden. Die Unterschiede in der Herzfrequenz zwischen den Infarktt ieren mit und ohne Chinidin- medikation sind bei der Ausgangsbelastung mit einem P = 0,0017 signifikant. Extrasystolen t ra ten bei allen drei Gruppen selten auf. Die Blut temperatur schwankt geringgradig, sie liegt bei den Versuchen mit den Infarktherzen ohne Chinidinverabreichung im Mittel um etwa 3/10 ° tiefer als bei den beiden iibrigen Gruppen. Diese Unterschiede reichen jedoch nicht aus, um obige Frequenzunterschiede zu erkl/~ren.

Besprechung der Ergebnisse Die Volumenbelastung im tterz-Lungen-Pr/iparat ist eine der MSg-

lichkeiten, die Leistungsf/ihigkeit von Herzen unbeeinfluBt yon extra- cardialen Faktoren verl/~Blich zu tiberpriifen, besonders, wenn die Be- lastung bald nach tterstellung des Pr/~parates erfolgt und nur das Ergeb- his der ersten Belastung verwertet wird. Aus unseren auf diese Weise durchgeftihrten Versuchen ist zu folgern, dab bei 12 Tage lang mit hohen his an die Toxicit/itsgrenze reichenden oder diese iiberschreitenden Chinidindosen vorbehandelten Tieren eine Leistungsminderung der gleichzeitig infarktgesch/~digten Herzen nur bei maximaler Volumen- belastung feststellbar ist. Es muB offengelassen werden, ob diese Leistungseinschr/inkung auf das Chinidin oder den Infarkt zuriickzuftih- ren ist, da die Unterschiede gegeniiber nur infarktgeschKdigten Herzen ohne Chinidinverabreichung gering sind und innerhalb der Streuungs-

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Leistungsf~higkeit chrollisch vorbehandelter Hundeherzen 501

breite der Ergebnisse liegen. Eine Sch~digung der Kontraktionskraft des Herzens beim Menschen, bei dem wesentlich geringere Chinidindosen therapeutiseh angewandt werden, ist daher zu verneinen, sofern nicht beim krankhaft ver~nderten Herzen andere Bedingungen vorliegen.

Die Ergebnisse zeigen ferner, dab sonst gesunde Herzen mit einem im Durchschnit$ 6 Tage alten Infarkt vonde r Art eines Spitzeninfarktes oder vorderen Lateralinfarktes yon durehsehnittlich 3,5 × 4,5 cm GrSBe ebenfalls nur bei maximaler Volumenbela~tung einen Leistungsabfall aufweisen, sich im iibrigen aber hinsichtlieh ihrer Leistungsf~higkeit nieht yon gesunden Kontrollherzen unterseheiden.

Schliel31ich ist aus den Versuchen ersichtlieh, dab bei den Kontroll- herzen und den Infarktherzen ohne Chinidin mit zunehmender Belastung ein geringer Anstieg der Herzfrequenz erfolgt. MSglicherweise handel~ es sieh hierbei um einen intrakardialen Regulationsmechanismus derart, da~ bei einer Zunahme des Minutenvolumens fiber Dehnungs- oder Druckreeeptoren die Herzfrequenz beeinfluBt wird. Da wit jedoch den 02- und CO~-Gehalt des Blutes und seinen p~i-Wert nicht kontrolliert haben, mSgen auch andere Faktoren ffir die Frequenzzunahme verant- wortlieh sein. Deutlieh zeigt sieh aber eine wesentlich niedrigere Ausgangs- frequenz der mit Chinidin vorbehandelben Herzen im Herz-Lungen- Priiparat. Sic dfirfte auf eine Beeinflussung des Sinusknotens zurfick- zufiihren sein, die beim Ganztier dureh die gleichzeitige vagolytische Wirkung des Chinidins nieht in Erscheinung t r i t t und einer Tachykardie Platz macht (GooDMA~ u. GILMAn).

~ber die Anderung der Herzfrequenz am wachen Tier unter der angegebenen hohen Dosierung berichten wir an anderer Stelle im Zusammenhang mit der Beein- flussung der ExSrasystolen durch Chinidin (WICK u. DSRN~.R).

Mit steigender Belastung erfolgt bei den mit Chinidin vorbehandelten t terzen ein wesentlieh stiirkerer Frequenzanstieg als bei den Kontroll- und Infarktherzen ohne Chinidin. Wir ziehen hieraus den Schlul3, dab die negativ ehronotrope Beeinflussung des Sinusknotens durch Chinidhl mi~ steigender Volumenbelastung aufgehoben wird, sei es fiber den oben erw~hnten inSrakardialen Regulationsmechanismus unter Beteiligung von Dehnungs- oder Druckreeeptoren, sei es fiber Anderungen der Blut- zusammensetzung.

Zusammenfassung Bei vier Gruppen yon Hunden wurde die Leistungsfghigkeit der

Herzen im Herz-Lungen-Pr~parat bei steigender Volumenbelastung geprfift. Gesunde Kontrolltiere bildeten die erste Gruppe. Bei der zweiten Gruppe wurde durch Unterbindung eines Astes des Ramus descendens der linken Coronararterie ein Infarkt yon durchsehnittlich 3,5 × 4,5 cm GrSl3e gesetzt und die Herzen 6 Tage sparer auf ihre Belastungsf~higkeiV

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502 ft. DSRNER und E. WICK:

gepriift. Eine weitere Serie yon Tieren erhielt vom Zeitpunkt der Coronar- ar~erienunterbindung an his zu der 6 Tage sp/iter erfolgten HersSellung des Iterz-Lungen-Pr/~parates t/~glich in vierstiindigen Abst/~nden 8 bis 25 mg/kg als Einzeldosis Chinidinum sulfuricum mi~ der Magensonde bei einer durchschnittlichen Gesamtdosis yon 388 mg/kg in 6 Tagen. Die le~zte Gruppe yon Hunden wurde zun/ichst 6 Tage lang wie vorher angegeben mit Chinidin vorbereiteL ehe die Unterbindung der Coronar- arterie erfolg~e. Die Chinidinmedikation wurde danach in gleicher Weise fiir weitere 6 Tage fortgesetzt. Die durchschnittliche Gesamtdosis Chinidin betrug bier 965 mg/kg in 12 Tagen. Bei dieser Dosierung traten bei vielen Tieren toxische Wirkungen auf, aeht Tiere kamen infolge einer Chinidinvergiftung ad exitum.

Die Priifung der Herzen im Herz-Lungen-Pr/~parat ergab bei allen vier Tiergruppen eine gleich grol3e Belastungsf/~higkeit bis zu einer ReservoirhShe yon 45 cm bzw. bis zum ftinf- bis sechsfachen des Ausgangs- minutenvolumens. Erst bei der letzten Belastungsstufe mit einer Reser- voirhShe yon 50 cm sank die Leistung der infarktgesch/~digten Herzen ohne und mit Chinidinbehandlung ab, bei letzteren in nicht signifikanter Weise etwas st/~rker als bei ersteren, w/~hrend die der Kontrolltiere noch etwas zunahm.

Es ist daraus zu folgern: a) Herzen mit einem 6 Tage alten Infarkt von oben angegebener GrSl3e zeigen nut bei extremer Volumenbelastung eine Leistungseinschr/~nkung gegeniiber Kontrollherzen. b) Eine Sch~- digung der Kontraktionskraft des Herzens beim Menschen dutch die therapeutisch wesentlich niedrigeren Chinidindosen ist nicht zu erwarten, sofern die beim Herz-Lungen-Pr/~parat gewonnenen Ergebnisse auf die Verh/fltnisse beim Menschen, besonders wenn krankhafte Ver/~nderunge-- des Herzens vorliegen, iibertragen werden kSnnen.

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