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Im konfuzianisch-kommunistischen China hat sich eine Kunst- und Kulturszene mit Lust am Experiment entwickelt, mit Hip-Hop und Punk, Hardrock und Riot-Grrrl-Szene.
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Wir wollen alles fr unsselbst. Wir sind gezwungen,unabhngig zu denken.
REPORTAGE,REISE&RELIGION
LISPELNIM FILMSPRACH-FEHLERSamuel L. Jacksonspielt inKingsman: TheSecret Serviceeinen lispelndenSuperschurken.Den Sprachfehlerhat derSchauspielerseiner Figur selbstverpasst. Reuters
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WALK OFHMEFlorianAsamerschreibt inseinerKolumne berden Frhlings-beginn, denBrlauchund dieSteuerreform.SEITE 40
Im konfuzianisch-kommunistischen China hat sich eine Kunst- und Kulturszene mit Lust amExperiment entwickelt, mit Hip-Hop und Punk, Hardrock und Riot-Grrrl-Szene. VON T HOMAS S E I F E R T
BejingPunk
L iu Donghong, der 33-jhrigekettenrauchende Snger derBluesrockband Shazi mit denschulterlangen Haaren, sagt im2005 gedrehten Film Beijing Bubbles,dass er mit der chinesischen Gesell-schaft nichts zu tun haben will. Beieinem Spaziergang auf dem Tianan-men-Platz erzhlt er kryptisch von denguten und schlechten Dingen, die sichhier ereignet haben. Und wird da-nach vor einer Bar sitzend deutli-cher: Er spricht dann auf Chinesischdavon, wie er und die Angehrigen sei-ner Generation nach der Niederschla-gung der Demokratiebewegung im Juni1989 gegenber allen mglichen Auto-ritten ein tiefes Misstrauen entwickelthaben: Staat, Lehrer, Autoritten, ja so-gar die eigenen Eltern pltzlich seienfr ihn alle gleich gewesen. Sie zhl-ten nichts mehr, sagt er.
Susanne Messmer, eine der Filme-macherinnen, erklrt in einem Essayim Begleitbuch zur Beijing Bubbles-DVD, was im China der Gegenwart vorsich geht: Was uns in den westlichenGesellschaften schon lang als selbstver-stndlich gilt dass man sich sptes-tens in der Pubertt abnabelt und sei-ner eigenenWege geht , dieses Phno-men ist in China noch sehr jung. Rebel-lische, aufmpfige Gesten, Trotz, Ver-sto gegen die vorherrschendenMoral-vorstellungen, die Lust zu schockie-ren all das, was bei uns lngst zumKanon aller Jugendkulturen gehrt undin allerletzter Zeit manchmal beinaheschon wieder als allzu konventionellempfunden wird, scheint in China zumersten Mal von jenen voll ausgekostetzu werden, die heute jung sind.
Nichts ist gleich. Dieser jugendliche,ungestme Individualismus liegt inChina unter einem mehrlagigen Firnisversteckt. Denn nach dem Menschen-bild von Konfuzius lebt der Menscheingebettet in die Matrix von Familie,Gesellschaft, Staat und in strenger Hier-archie: Vom Einzelnen wird bedin-gungsloser Gehorsam verlangt, der Ein-zelne hat seine Interessen jenen derGemeinschaft unterzuordnen. Dienchste Schicht: der Kommunismusmit chinesischen Charakteristika. Allehatten gleich zu sein. Bis zur ffnungs-politik von Deng Xiaoping in den1980/90ern trugen alle die gleiche Klei-dung: billige Leinenschuhe und unifor-
me Zweiteiler im Schnitt von SunYat-sen (Sun Zhongshan), Grnder derchinesischen Republik 1912. Selbst imDenken und Fhlen wurde Uniformitteingefordert. Und in der Gegenwart?Es mag [. . .] daran liegen, dass heute,wo es darum geht, aufzuholen und keinEntwicklungsland mehr zu sein, sichnur wenige in China die Zeit fr Abwei-chung und Rebellion nehmen knnen.
Aber seit Mitte der Achtzigerjahrehat sich in China ein RocknRoll-Bio-top entwickelt, vor allem Beijing ist be-kannt fr seine Kunst- und Kulturszenemit Lust am Experiment, fr Hip-Hopund Punk, Hardrock und Riot-Grrrl-Szene. Zu der Szene gehrenauch Houhai Dashayu (Queen Sea BigShark), eine der erfolgreichsten chine-sischen Indie-Rockbands. RhrendeGitarren, Drums, Bass, ein Keyboard,das klingt wie aus den 1980ern, einDrummer, der ziemlich reinhaut. DieBand spielt in ihrem Proberaum in
einem Hipster-Komplex in der GulouDong Dajie, wo Plattenlabels, Musik-klubs und Studios untergebracht sind.Der Bassist Wang Jinghan trgt Brillenmit Glsern dick wie Aschenbecher,Cao Pu, der Gitarrist, hat eineMini-Me-lone auf dem Kopf, trgt ein schwarzesT-Shirt. Der Drummer ist wie bei jederBand der Coolste, wie er mit seinemBoy-Band-Haarschnitt, dem Riesentat-too am Oberarm und im Unterhemddasitzt und die Drumsticks auf die Felledrischt. Sngerin Fu Han knnte dieblonde (wobei die Haarfarbe wechselt),asiatische Version des feministischenRiot Grrrls Carrie Brownstein sein, derIndie-Rockerin der bis 2006 aktivenund krzlich wiederbelebten Neunzi-gerjahre-Band Sleater-Kinney.
Queen Sea Big Shark begann zwi-schen 2004 und 2005. Nachdem dieBandmitglieder eine Liveshow besuchthatten, sagten sie sich: Das wollen wirauch. Der seltsame Name der Bandkommt daher, dass Sngerin Fu Hanmit ihrem Freund beim Queen-Sea-Teich in Beijing herumspaziert ist, wosie bei einem Restaurant einen seltsa-men Aufkleber sahen, auf dem poten-
zielle Diebe gewarnt wurden. Unter-schrieben war dieser Aufkleber mitQueen Sea Big Shark.
Beijing ist seit Jahren das Mekkader Rock- und Punkrock-Szene, um dasJahr 2000 herum gab es einen Big Bang,und nicht nur Beijings Musikuniver-sum dehnte sich seither explosiv aus,sondern auch die Kreativ-, Design- undModeindustrie. Vor zehn Jahren ha-ben sich in China nicht viele jungeMenschen fr Musikfestivals oder Un-derground-Musik interessiert, sagt FuHan, aber seit 2000 knnen sich dieMenschen ber eine Vielzahl von Me-dien ber die verschiedensten Musik-stile informieren.
Die Pioniere. In der jugendkulturellenAntike Chinas, der Pr-Internet-Epoche,hrten Teens und Twens Musikkasset-ten mit Westmusik (Pink Floyd, Nirvanaetc.), was illegal war. Fu Han wuchs ineiner Beijinger Danwei-Werkssiedlungauf, wo die meisten traditionelle chine-sische Musik hrten, sie selbst hrte inihrer Jugend westliche und japanischeMusik. Das japanische Elektropop-TrioYellowMagic Orchestra etwa liebte sie eine Band, die in ihrer Heimat hnli-ches Ansehen geniet wie Kraftwerk,deutsche Pioniere der Elektro-Musik inEuropa. Fu Hans Mutter ist Klavierleh-rerin, eine hnliche Karriere hatte siefr Fu Han vorgesehen. Aber sie hatteanderes im Sinn und vergtterte Ma-donna, die Backstreet Boys, spterHeavyMetal, Hardcore und Punk.
Die Post-1990er sind die Post-Inter-net-Generation, sagt Fu Han, Leute, diein den 1970ern geboren sind, wurdenvom Internet nicht beeinflusst. UnsereGeneration hat ein groes Ding erlebt,als wir fnfzehn oder so waren, sagt sieund spricht damit das Tiananmen-Massaker nicht direkt an. Die Post-1990er seien direkter und dynamischer,sagt die Sngerin: Ich denke, dass sieziemlich frei sind, sobald sie erst einmaldie Prfungen fr die Universittszulas-sung geschafft haben. Gitarrist Cao Pumeint, der Unterschied liege darin, dassdie Generation seiner Eltern viele Kin-der in einer Familie hatte, seine Gene-ration ist die Generation der Einkindpo-litik: Wir wollen alles nur fr unsselbst, sind selbstschtig. Das ist wohlder Unterschied, aber auch gleichzeitigder Grund dafr, dass wir gezwungensind, unabhngig zu denken.
Rhrende Gitarren, Drums und ein Bass: Fu Hanmit Queen Sea Big Shark einer der erfolgreichsten Indie-Rockbands in China im Studio. Thomas Seifert
STECKBRIEF
Das Buch:Die pazifischeEpoche bietet einenSchnelldurchlauf derGeschichte Asiens,eine Analyse desAufstiegs desKontinents in denvergangenenJahrzehnten und dieKosequenzen frEuropa sowieReportagen aus demquirligen, jungenAsien.Deuticke-Verlag304 Seiten21,90 Euro.
Der Autor:Thomas Seifert,geboren 1968 in Riedim Innkreis, Studiumder Biologie, ist stv.Chefredakteur undLeiter der Auen-politik bei derWiener Zeitung undarbeitete viele Jahreim Auen-politikressort derPresse.
38 15. MRZ 2015 //// DIEPRESSE.COM ////
Globu
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