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~. JULI ~938 KLINISCHE WOCHENSCHRIFT. ~7. J A H R G A N G . Nr. 27 939 wechslungsreiches Bild bietet -- im wesentlichen auf zwei Ursachen zuriickffihren: erstens auf die auf das zentrale und periphere Nervensystem sowie auf das Herz einwirkende Kohlehydratsto]]wechselstbrung, zweitens auf die St6rung des Wasserhaushalts (ST:EPP-K~ttNAU-SCtIRO]~DI~R, Die Vitamine und ihre klinische Anwendung. 1936). Bei der experimentellen tierischen B1-Avitaminose und bei der menschlichen Beriberi ist im Beginn de1 BvAu zuerst HypoglykAmie, sp~tter ausgesprochene HyperglykXmie zu beobachten (zu- sammenfassende Literatur: TISLOVITZ, Klin. Wschr. 1937, Nr 7); die Berichte der Literatur sind irides nicht ganz ein- heitlich. Wir prfiften im Laufe unserer Versuche bei IO dutch B~-Vitamin heilbaren Krankheiten den ntichternen Blut- zuekerspiegel, sodann die I31utzuckerkurve nach VerabreichuIlg yon 5 ~ g Traubenzuckerl6sung. Die Untersuchungen wurden vor der Vitamin B1-Behandlung der Kranken ausgeffihrt. Die untersuchten FXlle waren die folgenden: Polyneuritis 2, Neuromyelitis optica i, Herpes zoster 2, Ischias 3, Anaemia perniciosa 2. Von den 2 letztgenannten F~llen waren die Bauchreflexe in dem einen Falle sehr tr~ge ausl6sbar; in dem anderen war die An~mie mit ausgesprochener funikul/~rer Myelose vergesellschaftet. Bei s~imthchen Kranken trat nach der Behandlung mit B1-Vitamin (Betaxin) eine objektive und subjektive Besserung ein. Der jfingste Patient war 36, der ~Llteste 65 Jahre alt; zur Zeit der Untersuchnng betrug die Krankheitsdauer 2 Wochen his 3 Jahre. In 9 F~llen ergab die Prfifung des Kohlehydratstoff- wechsels gleichartige Resultate. Der Nfichternwert des Blut- zuckers wich bei diesen 9 Kranken yon der Norm nicht wesentlich ab. Der tiefste Blutzuckerniichternwert betrug in den 9 F~llen 74 mg %, der H6chstwert lO9 mg %, der Mittel- wert 85mg% (norm. 8o--ioomg%). Nach Darreichung yon 5o g Dextrosel6sung stellte sich der tiefste Wert des Blut- zuckerkurvenanstieges auf 32mg% (norm. 6omg%), der Maximalwert auf 56 mg % (norm. lOO mg %) ; die durch- schnittliche Steigerung der Blutzuckerkurve belief sich in den 9 F~llen auf 41 mg % (norm. Durchschnittserh6hung 8o mg %). Nach der Dextrosebelastung betrug der Minimalwert der H6hepunkte der beobachteten Blutzuckerkurven in dell 9 F~llen iio mg To (norm. I6o mg %), der Maximalwert i43mg% (norm. I8omg%), der durchschnittliche H6chst- wert I26 mg % (norm. durchschnittl. Maximalwert 17o mg %). Der zeitliche Ablauf der Blutzuckerkurve zeigte in un- seren untersuchten F~llen keine Abweichung yon der Norm; der Blutzucker erreichte nach Verabreichung der Zuckerl6sung binnen ~/~--I Stunde den H6chstwert, sank sodann nach der Rfickkehr zur Norm stets etwas nnter den Ausgangswert ab. Bei 5 Kranken wiederholten wir den Versuch nach 15 sub- cutanen Betaxininjektionen, einen Tag nach der letzten Ein- spritzung. Bei einem nnserer Kranken mit Anaemia per- niciosa blieb die Blutzuckerkurve unvergndert, in einem Falle yon Polyneuritis und in 2 Ischiasf~llen flachte sie sich noch mehr ab, ~nd in einem Ischiasfall zeigte sie einen etwas steileren Anstieg, doch erreichte die Kurve auch in diesem Falle nicht die Normalwerte. Der Zustand unserer Patienten mit Polyneuritis und Ischias besserte sich naeh der Vitamin B~- Behandlung wesentlieh. Im Tierversnch flacht sieh die nach der Glucosebelastung untersuchte Blutzuckerkurve nach intraven6ser Betaxininjektion ab. -- In einem Falle (Herpes zoster) betrug der Nfichternwert des Blutzuckers io 5 mg %, stieg sodann nach Verabreichung yon 5 ~ g Dextrose auf 21o mg% und erreichte erst nach 3 Stunden den Ausgangs- wert. In diesem Falle bestand eine ausgesprochene Hyper- tension (Blutdruck nach RR: 24o/12o mm Hg). ZusammenJassung: Ohne vorl~ufig weitgehende Schlfisse ziehen zu wollen, stellen wir lest, dal3 in unseren zur Gruppe der durch B~-Vitamin heilbaren Krankheiten geh6rigen io F~I- len die Blutzuckerkurve nach Darreichung yon 50 g Dextrose- 16sung 9mal ausgesproehen ]lach verlie/; die Nfichternwerte des Blutzuckers wichen yon der Norm nicht ab. Sollte sich diese St6rung des Kohlehydratstoffwechsels an der Hand yon Untersuchungen an einem gr61?eren Krankenmaterial als konstant erweisen, so lieBen sich diese I~rankheiten verschie- dener Atiologie auf Grund des gest6rten Kohlehydratstoff- wechsels in eine einheitliche Gruppe einordnen. In 5 F~llen zeigte die Blutzuckerknrve auch nach i5t~giger , vorteilhaft einwirkender Bt-Vitaminbebandlung einen flachen Verlauf. Trotzdem ist es sehr wahrscheinlich, dab das Vitamin B1 seine gfinstige V/irkung dutch Beeinfiussung des Kohlehydratstoff- wechsels ausfibt, indem es den im Nervengewebe gest6rten Kohlehydratstoffwechsel regelt, denn bei B~-Avitaminose ist im Tierversuch die Unentbehrliehkeit des B~-Vitamins in der Regelung des gest6rten Kohlehydratstoffwechsels des Zentral- nervensystems zweifellos erwiesen worden. Vgir setzen unsere Versuche an einem gr6Beren Material fort und ffihren neben der Prfifung des Blutzuckers auch Beobachtungen fiber Blut- inilelas~Lure und Blutbrenztraubens~ure durch. PASTEURELLA-BAKTERIEN ALS KRANKHEITS- ERREGER BEIM MENSCHEN. Bernerkungen zu der gleichnamigen Arbeit yon Wolfgang Foerster, Jg. 1938 , S. 599 dieser Wochenschrift. Von MARTIN KRISTENSEN. Aus dem Statens Serulninstitut, Kopenhagen, diagnostische Abteilung. In der Arbelt yon WOLFGANG ~'OERSTER, worin er (besonders in der Zusamrnenfassung S. 603) behanptet, zurn ersten Male Pasteu- rella-Bakterien beim Menschen nachgewiesen zn haben, sind die folgenden 2 Mitteilungen aus dem Sermninstitut zu Kopen~agen fiber Xhnliche Befunde nicht erwXhnt worden: O. KAPEL U. JOHANNESHOLm, Pasteurellainfektion beim Men- schen nach KatzenbiB. Zbl. Chir. I93o, Nr 47. CHR. ~AARUP n. HI~LMtgR RASMUSSEN, ]~t Tilfaelde af Pasteu- rellainfektion hos Mennesket. Hosp.tid. I933, I225. In dem ersten Falle wurden Pasteurellabakterien aus Granu- lationsgewebe im Capitulum ossis rnetacarpi, in dem zweiten Falle aus einem Pleuraernpyem isoliert. Eine frfihere d~nische Mitteilung fiber Pasteurellainfektion beirn Menschen wurde yon CLAUDIUS [Zbl. Bakter. I Orig. 93, 519 (1924)] ver6ffentlicht. Es handelte sieh urn eine Meningitis nach Sch~del- basisbruch. /)as gefundene Bacterium wnrde freilich yon CLAUDIUS als ,,Bact. polyrnorphum" bezeichnet, es handelt sich jedoch ziem- lich sicher um eine Pasteurella. ~ber die pathogene Rolle der gefundenen Pastenrellabakterien geben wohl weder die d~nischen Arbeiten noch die Arbeit yon FOERSTER endgflltige Klarheit, wean es auch sehr wahrscheinlich ist, dab sie in den erw~hnten Y~llen keine reinen Saprophyten ge- wesen sin& KURZE WISSENSCHAFTLICHE MITTEILUNGEN. DIE RESORPTION DES VITAMIN Bl DURCH DIE HAUT. Won Prof. Dr. MICHIO I~ASAHARA, JuGo HAYASHI, TosHIo YOKONOWA, t~YOSABURO FVRUMI. In dieser Wschr. 1937, 135 hat der eine yon uns (KAsA- HARA) gum erstenmal nachgewiesen, dab das Vitamin C (1-Ascorbins~iure) yon der Menschenhaut resorbiert wird. In der vorliegenden Arbeit besch~ftigen wir uns mit der per- cutanen Resorption des Vitamin B 1. Wir f/itterten Tauben yon 3oo--35 ~ g K6rpergewicht aus- schlie/31ich mit poliertem Reis und Wasser. Nach ungef~thr 18--38 Tagen entwiekelten sich bei manchen Tauben die typischen B1-Mangelerscheinungen. Sie zeigten die eigentfim- liche Kopfstellung sowie KrampfzustXnde. Dies ist der Zeit- punkt ffir die Auswertung des Vitamin B1-Pr~parates. Zur Anwendung kam die Betaxinsalbe (I g dieser Salbe enth~Llt 4 ~ internationale Einheiten) mit Wilsonscher Paste als Grund- lage. Sobald ein Vogel dauernd die charakteristische Kopf- stellung zeigte, wurde o, 5 g Betaxinsalbe (2o internationale 65*

Die Resorption des Vitamin B1 Durch die Haut

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~. JULI ~938 K L I N I S C H E W O C H E N S C H R I F T . ~7. J A H R G A N G . Nr. 27 939

wechslungsreiches Bild bietet - - im wesentlichen auf zwei Ursachen zuriickffihren: erstens auf die auf das zentrale und periphere Nervensystem sowie auf das Herz einwirkende Kohlehydratsto]]wechselstbrung, zweitens auf die St6rung des Wasserhaushalts (ST:EPP-K~ttNAU-SCtIRO]~DI~R, Die Vitamine und ihre klinische Anwendung. 1936). Bei der experimentellen tierischen B1-Avitaminose und bei der menschlichen Beriberi ist im Beginn de1 BvAu zuerst HypoglykAmie, sp~tter ausgesprochene HyperglykXmie zu beobachten (zu- sammenfassende Li teratur : TISLOVITZ, Klin. Wschr. 1937, Nr 7); die Berichte der Li tera tur sind irides nicht ganz ein- heitlich.

Wir prfiften im Laufe unserer Versuche bei IO dutch B~-Vitamin heilbaren Krankheiten den ntichternen Blut- zuekerspiegel, sodann die I31utzuckerkurve nach VerabreichuIlg yon 5 ~ g Traubenzuckerl6sung. Die Untersuchungen wurden vor der Vitamin B1-Behandlung der Kranken ausgeffihrt. Die untersuchten FXlle waren die folgenden: Polyneuritis 2, Neuromyelitis optica i, Herpes zoster 2, Ischias 3, Anaemia perniciosa 2. Von den 2 letztgenannten F~llen waren die Bauchreflexe in dem einen Falle sehr tr~ge ausl6sbar; in dem anderen war die An~mie mit ausgesprochener funikul/~rer Myelose vergesellschaftet. Bei s~imthchen Kranken t ra t nach der Behandlung mit B1-Vitamin (Betaxin) eine objektive und subjektive Besserung ein. Der jfingste Pat ient war 36, der ~Llteste 65 Jahre alt; zur Zeit der Untersuchnng betrug die Krankheitsdauer 2 Wochen his 3 Jahre.

In 9 F~llen ergab die Prfifung des Kohlehydratstoff- wechsels gleichartige Resultate. Der Nfichternwert des Blut- zuckers wich bei diesen 9 Kranken yon der Norm nicht wesentlich ab. Der tiefste Blutzuckerniichternwert betrug in den 9 F~llen 74 mg %, der H6chstwert lO9 mg %, der Mittel- wert 8 5 m g % (norm. 8 o - - i o o m g % ) . Nach Darreichung yon 5o g Dextrosel6sung stellte sich der tiefste Wert des Blut- zuckerkurvenanstieges auf 32mg% (norm. 6omg%), der Maximalwert auf 56 mg % (norm. lOO mg %) ; die durch- schnittliche Steigerung der Blutzuckerkurve belief sich in den 9 F~llen auf 41 mg % (norm. Durchschnittserh6hung 8o mg %). Nach der Dextrosebelastung betrug der Minimalwert der H6hepunkte der beobachteten Blutzuckerkurven in dell 9 F~llen i i o mg To (norm. I6o mg %), der Maximalwert i 4 3 m g % (norm. I8omg%) , der durchschnittliche H6chst- wert I26 mg % (norm. durchschnittl. Maximalwert 17o mg %).

Der zeitliche Ablauf der Blutzuckerkurve zeigte in un- seren untersuchten F~llen keine Abweichung yon der Norm; der Blutzucker erreichte nach Verabreichung der Zuckerl6sung binnen ~/~--I Stunde den H6chstwert, sank sodann nach der Rfickkehr zur Norm stets etwas nnter den Ausgangswert ab. Bei 5 Kranken wiederholten wir den Versuch nach 15 sub- cutanen Betaxininjektionen, einen Tag nach der letzten Ein- spritzung. Bei einem nnserer Kranken mit Anaemia per- niciosa blieb die Blutzuckerkurve unvergndert, in einem Falle yon Polyneuritis und in 2 Ischiasf~llen flachte sie sich noch mehr ab, ~nd in einem Ischiasfall zeigte sie einen etwas steileren Anstieg, doch erreichte die Kurve auch in diesem Falle nicht die Normalwerte. Der Zustand unserer Patienten mit Polyneuritis und Ischias besserte sich naeh der Vitamin B~- Behandlung wesentlieh. Im Tierversnch flacht sieh die nach der Glucosebelastung untersuchte Blutzuckerkurve nach

intraven6ser Betaxininjektion ab. - - In einem Falle (Herpes zoster) betrug der Nfichternwert des Blutzuckers io 5 mg %, stieg sodann nach Verabreichung yon 5 ~ g Dextrose auf 21o mg% und erreichte erst nach 3 Stunden den Ausgangs- wert. In diesem Falle bestand eine ausgesprochene Hyper- tension (Blutdruck nach R R : 24o/12o mm Hg).

ZusammenJassung: Ohne vorl~ufig weitgehende Schlfisse ziehen zu wollen, stellen wir lest, dal3 in unseren zur Gruppe der durch B~-Vitamin heilbaren Krankheiten geh6rigen io F~I- len die Blutzuckerkurve nach Darreichung yon 50 g Dextrose- 16sung 9mal ausgesproehen ]lach verlie/; die Nfichternwerte des Blutzuckers wichen yon der Norm nicht ab. Sollte sich diese St6rung des Kohlehydratstoffwechsels an der Hand yon Untersuchungen an einem gr61?eren Krankenmaterial als konstant erweisen, so lieBen sich diese I~rankheiten verschie- dener Atiologie auf Grund des gest6rten Kohlehydratstoff- wechsels in eine einheitliche Gruppe einordnen. In 5 F~llen zeigte die Blutzuckerknrve auch nach i5t~giger , vorteilhaft einwirkender Bt-Vitaminbebandlung einen flachen Verlauf. Trotzdem ist es sehr wahrscheinlich, dab das Vitamin B1 seine gfinstige V/irkung dutch Beeinfiussung des Kohlehydratstoff- wechsels ausfibt, indem es den im Nervengewebe gest6rten Kohlehydratstoffwechsel regelt, denn bei B~-Avitaminose ist im Tierversuch die Unentbehrliehkeit des B~-Vitamins in der Regelung des gest6rten Kohlehydratstoffwechsels des Zentral- nervensystems zweifellos erwiesen worden. Vgir setzen unsere Versuche an einem gr6Beren Material fort und ffihren neben der Prfifung des Blutzuckers auch Beobachtungen fiber Blut- inilelas~Lure und Blutbrenztraubens~ure durch.

PASTEURELLA-BAKTERIEN ALS KRANKHEITS- ERREGER BEIM MENSCHEN.

Bernerkungen zu der gleichnamigen Arbeit yon Wolfgang Foerster, Jg. 1938 , S. 599 dieser Wochenschrift.

Von MARTIN KRISTENSEN.

Aus dem Statens Serulninstitut, Kopenhagen, diagnostische Abteilung.

In der Arbelt yon WOLFGANG ~'OERSTER, worin er (besonders in der Zusamrnenfassung S. 603) behanptet, zurn ersten Male Pasteu- rella-Bakterien beim Menschen nachgewiesen zn haben, sind die folgenden 2 Mitteilungen aus dem Sermninstitut zu Kopen~agen fiber Xhnliche Befunde nicht erwXhnt worden:

O. KAPEL U. JOHANNES HOLm, Pasteurellainfektion beim Men- schen nach KatzenbiB. Zbl. Chir. I93o, Nr 47.

CHR. ~AARUP n. HI~LMtgR RASMUSSEN, ]~t Tilfaelde af Pasteu- rellainfektion hos Mennesket. Hosp.tid. I933, I225.

In dem ersten Falle wurden Pasteurellabakterien aus Granu- lationsgewebe im Capitulum ossis rnetacarpi, in dem zweiten Falle aus einem Pleuraernpyem isoliert.

Eine frfihere d~nische Mitteilung fiber Pasteurellainfektion beirn Menschen wurde yon CLAUDIUS [Zbl. Bakter. I Orig. 93, 519 (1924)] ver6ffentlicht. Es handelte sieh urn eine Meningitis nach Sch~del- basisbruch. /)as gefundene Bacterium wnrde freilich yon CLAUDIUS als ,,Bact. polyrnorphum" bezeichnet, es handelt sich jedoch ziem- lich sicher um eine Pasteurella.

~ber die pathogene Rolle der gefundenen Pastenrellabakterien geben wohl weder die d~nischen Arbeiten noch die Arbeit yon FOERSTER endgflltige Klarheit, wean es auch sehr wahrscheinlich ist, dab sie in den erw~hnten Y~llen keine reinen Saprophyten ge- wesen sin&

K U R Z E W I S S E N S C H A F T L I C H E M I T T E I L U N G E N .

DIE RESORPTION DES VITAMIN Bl DURCH DIE HAUT. Won

Prof. Dr. MICHIO I~ASAHARA, JuGo HAYASHI, TosHIo YOKONOWA, t~YOSABURO FVRUMI.

In dieser Wschr. 1937, 135 hat der eine yon uns (KAsA- HARA) g u m erstenmal nachgewiesen, dab das Vitamin C (1-Ascorbins~iure) yon der Menschenhaut resorbiert wird. In der vorliegenden Arbeit besch~ftigen wir uns mit der per- cutanen Resorption des Vitamin B 1.

Wir f/itterten Tauben yon 3oo--35 ~ g K6rpergewicht aus- schlie/31ich mit poliertem Reis und Wasser. Nach ungef~thr 18--38 Tagen entwiekelten sich bei manchen Tauben die typischen B1-Mangelerscheinungen. Sie zeigten die eigentfim- liche Kopfstellung sowie KrampfzustXnde. Dies ist der Zeit- punkt ffir die Auswertung des Vitamin B1-Pr~parates. Zur Anwendung kam die Betaxinsalbe (I g dieser Salbe enth~Llt 4 ~ internationale Einheiten) mit Wilsonscher Paste als Grund- lage. Sobald ein Vogel dauernd die charakteristische Kopf- stellung zeigte, wurde o, 5 g Betaxinsalbe (2o internationale

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Page 2: Die Resorption des Vitamin B1 Durch die Haut

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Einheiten) auf die Brus thau t eingerieben, deren Federn vorher vorsichtig entfernt wurden. Die percutane Resorpt ion des Vitamin B~ beurtei l ten wir mi t der Heilwirkung an B~riberi- tauben, die nach 24 Stunden oder noch sparer geheilt warden. Die Ergebnisse sind in der Iolgenden Tabelle niedergelegt.

H e i l e r f o l g e a n B e r i b e r i t a u b e n b e t p e r c u t a n e r R e s o r p t i o n yon B e t a x i n s a l b e .

K L I N I S C H E W O C H E N S C H R I F T . 17 . J A H R G A N G . Nr . 27

Beriberi- IEing eriebene I Stehen nach Laufen nach Dauer der Nr. der erscheinungen IBetaxinsalbe[ Einreibnng Einreiben Heilwirkung

Vhget Tage i Einheiten) i Stunden Stu~den Tage nach Reisfntternng ~intern. I

2~ 2O 4 2 0 21/2 20 4:/~ 2 0 31/2 2 0 3 20 I7 20 21/2

15 4 2-1/2

~5~I~ 51/~

5

2 2

7 9 3 2

3 4

die

18 21 30 3 ~ 3I 38 32 32

Aus diesen Versuchen geht einwandfrei hervor, dab H a u t imstande ist, das Vi tamin B~ zu resorbieren. (Aus der Kaiserlichen Universit~ts-K,inderklinilc zu Osaka-N ippon [ Direlc- tot: Pro/essor Dr, M. Kasahara].)

FEHLEN DER INDIREKTEN REAKTIVEN LUTEINISIE- RUNG DER OVARIEN NACH FOLLIKELHORMONZUFUHR

BEI HYPOPHYSENSTIELDURCHTRENNTEN WEIBLICHEN RATTEN.

Von L, HEROLD und G . EFFKEMANN,

Hypophyse und Zwischenhirn werden heute mehr und mehr als eine funktionelle Einhei t aufgefal3t, so dab ffir den Ablaut innersekretorischer Vorg~nge der Hypophyse im Zn- sammenhang mi t den vegetat iven Zentren des Zwischenhirn- hodens eine besondere Bedentung zukommt. Es sei bier nur alas Auftreten einer hypophys~ren Kachexie, Fet tsucht , einer EntwicMungshemmung tier Hoden und GenitMatrophie nach

2. JULI I938

Hypothalamusver te tzung erw~hnt sowie an das Auff~eten yon Pr~senili t~t und genitaler Frfihreife nach Mittelzwischen- h i rnerkrankungen infolge einer Encephali t is erinnert, ohne dab die Hypophyse selbst nachweisbare Ver~nderungen er- kennen 1~131. Aus dieser Erkenntn is heraus ergibt sich die Frage, ob and imvieweit be im Ablaut hormonaler Vorg~nge vegeta t ive Zentren des Zwischenhirns in spezifiseher Weise hormonal beeinflugt werden and ihr Vorhandensein fiir das Zu- s tandekommen eines hormonMen Effektes erforderlich ist. Die Untersuchungen yon HOttLWEG und JUNKMANN weisen bereits darauf hin, dab im Hypotha lamas ein fibergeordnetes Sexualzentrum anzunehmen ist, welches auf dem ~rege fiber die Hypophyse die GenitMflmktion maBgeblich beeinfluBt.

Wir haben die Beziehungen, die zwischen hormonalen Wirkstoffen and den zentralgelegenen vegetat iven sym- pathisch-parasympathischen Sys tem bestehen, ant experi- men.teltem \Vege zu kl~ren versucht, und zwar ffir das Zu- s tandekommen der indirekten reakt iven Corpus luteum-Bil- dung nach Zufuhr hoher Fol l ikelhormonmengen bet infan- ti len weiblichen Rat ten . Bet diesen Tieren wurde eine Dureh- trennung des Hypophysenstiels vorgenommen und nach In- jektionen yon 3 X IOO RE. l?'ollikelhormon die Ovarien am 12. Tage nach B~handlungsbeginn untersucht . Hierbei zeigte es sich, dab die indirekte, d. h. fiber den Hypophysenvorder- lappen verlaufende Luteinisierung des Ovariums bei hypo- physenstieldurehtrennten Tieren au~bleibt, w~hrend die Ovarien der Kontrol t t iere ohne Unterbrechung der t t3Tophysen- zwischenhirnverbindung bet gleicher Fotl ikelhormondosierung eine Luteinisierung der Ovarien aufweist. Vorliegende Er- gebnisse zeigen, dab naeh Infundibulumdurchtrennung hor- monale Impulse die Hypophyse nicht mehr erreichen und ein hormonMer Reiz fiber das Zwischenhirnsystem nerv6s zur Hypophyse gelei tet wird, die mi t ether innersekretorischen Leistungs~nderung auf diesen nerv6sen Impuls antwor te t . Ob die Zentren des Mittelzwischenhirns auch zam Ablaut anderer innersekretorischer Funkt ionsmechanismen des Hypo- physenvorderlappens notwendig sind, miissen weitere Unter- suchangen ergeben. Ausffihrliche Arbei t erscheint im Archiv ftir Gyni~kologie. (Aus der ~rauenklinik de~ Medizinischen Akadernie, Di~ssddor~.)

KIND UND KINDERARZT IM GEORDNETEN KAMPFE GEGEN DIE TUBERKULOSE ALS VOLKSKRANKHEIT*.

Von

C. NOEGGERATH, F r e i b u r g i. Br.

I m {olgenden solt n icht so sehr yon dell wissenschaftlichen Grundlagen tier Kindertnberkulose die Rede sein, obwohl sic natfir l ich immer wieder durchscheinen werden. Vielmehr wird die Rolle er6r ter t werden, die Kind nnd Kinderarz t in der Organisation and Praxis dessen spielen oder doch spielen sollten, was man -- zwar allgemein, aber nicht gerade sehr gli~cMieh - - als Tuberkulosefiirsorge bezeichnet: das is t also i m geordneten Kampfe gegen die Tnberkulose sis Volks- krankhei t . Hierbei muB atlerdings infolge der engen Ver- flechtung der Tuberkulose aller AltersMassen untereinander such die Bek~mpfung der Erwachsenentuberkulose gelegent- Itch mi t herangezogen werden.

Die Geburtsstunde der heudgen Tuberkulosef~-sorge lag in dem unter ROBERT KocI~s Lei tung im Jahre 1899 in Berlin abgehaltenen I. In ternat ionalen KongreB zur Bek~mpfung der Tuberkulose als Volkskrankheit . Unter den vielen yon ihm ausstrahlenden Anregungen waren such sotche zur Be- k~mpfung tier Kindertuberknlose. %Vir l inden daher sofort und dann einige Jahre sp~.ter die ersten Namen der I~inder- heilkunde unter denen, die wenigstens Gedanken zu diesem Kampfe ~uBerten: Als allerersten O. H~ZOBNER ~", nnd im Verlauf des folgenden Jahrzehnts AD. CZERNY~0. 11 and C L . v . P I R Q U E T ~ ,

Doch such die prakt ische Tnberkulosefflrsorgearbeit am Kinde wurde solort aufgenommen, nnd zwar in Deutschland * Gekflrzt als Referat vorgetragen auf dem IV. Internationalen Non.el3 fOr Kmder- heilkunde in Rein am ~9- IX. I937-

so, dab sie in schon bestehende altgemeine Kinderffirsorge- einrichtungen eingeffigt wurde; dies im Kleinen dutch den damaligen Hallenser Verwaltungsbeamten E. POTTER ~~ and, fiir ein gauzes Land, in Baden durch BATTLE~NER a, den ~rzt- lichen Berater der Mien Vorbeugungsfragen stets zugewandten GroBherzogin L v l s e yon BADI~N. In Paris er6ffnete GRAN- C~IER e1 das bekarmte, nach ihm genannte Tuberl~ulosewerk*.

Abet alIe diese Vork~mpfer waren ihrer Zeit zu wel t voraus: ihre Vorschl~ge btieben entweder unausgefflhrt oder ohne gr6Bere Auswirkungen; ja es kam zu anf~nglichen Ver- sagern. Noch 1923, nach fast 25 Jahren, konnte H. KLEIN- SCtlMIDT ss in seiner zusammenfassenden Besprechung kaum fiber wirMich prakt ische Erfolge berichten.

Immerhin wnrde in einzelnen Gegenden Deutsehlands schon re la t iv f rah die praktische Bek~mpfung der Kinder- tuberknlose dutch Pgdiate~" saehgem~B anfgebaut, so durch IBRAHI~ und DUKES is in Jena und Thi~ringen nnd in meiner TuberkulosefflrsorgestelIe ffir die Kinder Freiburgs nnd Ober- badens46, ,7. Aber erst fast 3oJahre nach der Berl iner Tagung, im Jahre 1928 werden durch die Genannten in Jena and Fre ibarg sowie dutch v. PFAUNDLER ~s die ersten verwertbaren Ergebnisse dieser Arbei t nebst nenen Anregungen ver6ffent- licht.

Der Grand far diese jahrzehntelange Znr/ ickhaltung der deutsehen P~diatr ie gegent~ber der prakt ischen Bekgmpfung * Genaueres uber rile geschiehtliche Entwieklung s. b. XAYSER-PETERSEN a*, fur Baden bet NOEGGERATH-VIETHEN~%