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M. KI~ASS~II(~: Die retrolabyrinth~re SchwerhSrigkeit. 623 Diskussion zu Vortrag 61. Y. M~EURMAN-I{elsinki.Es kommt ganz darauf an, was man unter einer schwe- ten OhrmiBbildung versteht. In der grol]en Mehrzahl der Mikrotien finder man einen gemeinsamen Hammer-AmbolLK5rper, der dureh den langen AmboBschenkel in normaler Gelenkverbindung mit dem Steigbiigel steht. Der Stapes ist gewShnlich normalerweise beweglieh im ovalen Fenster. tiler braucht man nur den Hammer- AmbolLKSrper yon der Einkeilung im engen Attieus zu befreien. Es bedarf keiner Fensterung. K. VO(~EL-Kiel.Die Schwierigkeit der Auffindung des horizontalen Bogengangs bei der Fensterung kongenitaler Mittelohraplasien sind teils dureh das gelegentliche vSllige Fehlen des Antrums bedingt und tells dadurch, das die Oberkante der I)yramide seitlich yon der Eminentia arcuata steil abfMlt, was man auf der STn~- VERs-Aufnahme gut sehen kann. Ein einfaches Mitte], den horizontalen Bogengang nieht zu verfehlen, besteht darin, dal~ man die Dura der mittleren Sch~delgrube freilegt und sieh beim Vordringen in die Tiefe nicht weiter als ~A cm nach abwiirts yon ihr entfernt. Auf diese Weise wird auch eine Gef~hrdung des Faeialis vermieden. K. UN(~ERECHT-Mfinchen (Schlul]wort). Zu I-Ierrn MEUI~MA~: Unter schweren Mil3bildungen werden in diesem Zusammenhang die Fehlbildungen verstanden, bei denen, wie bereits zu Beginn des Vortrages erwi~hnt wurde, das Hohlraumsystem des Mittelohres nicht vorhanden ist. So konnten bei diesem Pat., dessen RSntgen- aufnahmen Sie gesehen haben, weder das Raumsystem des Mittelohres noch ein Trommelfell, GehSrknSehelchen usw. festgestellt werden. Das ganze Felsenbein war lateral veto Labyrinthbloek operativ ausgehShlt worden. Das pharyngeale Tubenostium war zwar angelegt, abor deutlieh unterentwickelt im Vergleich zur anderen Seite. Wir halten es ffir unwahrscheinlich, dab in dem noeh vorhandenen kleinen I~est des Felsenbeins noch irg~ndetwas vom Mittelohr angele;~t sein kSnnte, aueh keine Tube. 62. M. KRASSNIG-Graz: Die retrolabyrinth~re Schwerhiirigkeit. Dieses Krankheitsbild ist vor etwa 60 Jahren erstmalig yon SIEBE2{- MAN~ beschrieben worden. Die grol~e Sehwierigkeit, diese Art der HSr- stSrung pathologiseh-anatomisch aufzukl~ren, hat es mit sigh gebracht, dal~ diese Form der SchwerhSrigkeit auch heute noch nicht arztliches Allgemeingut geworden ist. Nun abet wird naeh meinem Ermessen diese Frage in FluI~ geraten. Die stets wachsende Bedeutung tier HirnstammschwerhSrigkeit als Teil- symptom stumpfer Sch~delverletzungen hat vermehrtes Beobachtungs- gut und zunehmendes praktisehes Interesse mit sigh gebraeht, zumal in einzelnen F~llen der Ausfall am Acusticus das einzige Dauersymptom bleiben kann. Grundlage ftir die nachstehenden Ausffihrungen sind 20 sorgfiiltig ausgew~hlte F~lle yon Encephalitis, ZirkulationsstSrungell und Sch~del- traumen im Bereiehe des Hirnstammes. Ftir mich wurde die retrolabyrinthiire SchwerhSrigkeit vor 30 Jahren durch die 2 j~hrige Beobachtung einer Encephalitis Economo yon ihrem klinisehen Beginn 40*

Die retrolabyrinthäre Schwerhörigkeit

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M. KI~ASS~II(~: Die retrolabyrinth~re SchwerhSrigkeit. 623

Diskussion zu Vortrag 61.

Y. M~EURMAN-I{elsinki. Es kommt ganz darauf an, was man unter einer schwe- ten OhrmiBbildung versteht. In der grol]en Mehrzahl der Mikrotien finder man einen gemeinsamen Hammer-AmbolLK5rper, der dureh den langen AmboBschenkel in normaler Gelenkverbindung mit dem Steigbiigel steht. Der Stapes ist gewShnlich normalerweise beweglieh im ovalen Fenster. tiler braucht man nur den Hammer- AmbolLKSrper yon der Einkeilung im engen Attieus zu befreien. Es bedarf keiner Fensterung.

K. VO(~EL-Kiel. Die S chwierigkeit der Auffindung des horizontalen Bogengangs bei der Fensterung kongenitaler Mittelohraplasien sind teils dureh das gelegentliche vSllige Fehlen des Antrums bedingt und tells dadurch, das die Oberkante der I)yramide seitlich yon der Eminentia arcuata steil abfMlt, was man auf der STn~- VERs-Aufnahme gut sehen kann. Ein einfaches Mitte], den horizontalen Bogengang nieht zu verfehlen, besteht darin, dal~ man die Dura der mittleren Sch~delgrube freilegt und sieh beim Vordringen in die Tiefe nicht weiter als ~A cm nach abwiirts yon ihr entfernt. Auf diese Weise wird auch eine Gef~hrdung des Faeialis vermieden.

K. UN(~ERECHT-Mfinchen (Schlul]wort). Zu I-Ierrn MEUI~MA~: Unter schweren Mil3bildungen werden in diesem Zusammenhang die Fehlbildungen verstanden, bei denen, wie bereits zu Beginn des Vortrages erwi~hnt wurde, das Hohlraumsystem des Mittelohres nicht vorhanden ist. So konnten bei diesem Pat., dessen RSntgen- aufnahmen Sie gesehen haben, weder das Raumsystem des Mittelohres noch ein Trommelfell, GehSrknSehelchen usw. festgestellt werden. Das ganze Felsenbein war lateral veto Labyrinthbloek operativ ausgehShlt worden. Das pharyngeale Tubenostium war zwar angelegt, abor deutlieh unterentwickelt im Vergleich zur anderen Seite. Wir halten es ffir unwahrscheinlich, dab in dem noeh vorhandenen kleinen I~est des Felsenbeins noch irg~ndetwas vom Mittelohr angele;~t sein kSnnte, aueh keine Tube.

62. M. KRASSNIG-Graz: Die retrolabyrinth~re Schwerhiirigkeit.

Dieses Krankhe i t sb i ld ist vor etwa 60 J ah ren erstmalig yon SIEBE2{- MAN~ beschrieben worden. Die grol~e Sehwierigkeit, diese Art der HSr- s tSrung pathologiseh-anatomisch aufzukl~ren, ha t es mi t sigh gebracht, dal~ diese F o r m der SchwerhSrigkeit auch heute noch n icht arztliches Al lgemeingut geworden ist.

N u n abet wird naeh meinem Ermessen diese Frage in FluI~ geraten. Die stets wachsende Bedeu tung tier HirnstammschwerhSrigkeit als Teil- symp tom s tumpfer Sch~delverletzungen ha t vermehrtes Beobachtungs- gut u n d zunehmendes praktisehes Interesse mi t sigh gebraeht, zumal in e inzelnen F~llen der Ausfall am Acusticus das einzige Dauer symptom bleiben kann .

Grundlage ftir die nachs tehenden Ausff ihrungen sind 20 sorgfiiltig ausgew~hlte F~lle yon Encephal i t is , Zirkulat ionsstSrungel l und Sch~del- t r a u m e n im Bereiehe des Hi rns tammes .

Ftir mich wurde die retrolabyrinthiire SchwerhSrigkeit vor 30 Jahren durch die 2 j~hrige Beobachtung einer Encephalitis Economo yon ihrem klinisehen Beginn

40*

624 iVl. KRASSNIG :

bis zum Exitus mit nachfolgender Sektions- und histologischer Untersuchung zur ohren~rztlichen Realitat.

Das ohreni~rztlich Hervorsteehendste war in diesem Falle: Ohrensausen und eine SchwerhSrigkeit beiderseits, die ich anfangs, mangels anderer Iterdsymptome und beim haupts~chliehen Ausfall an den tiefen Frequenzen als Beginn einer Otosklerose deuten muBte.

Erst das ttinzutreten weiterer bulb~rer Symptome am Deiterskern, am Glosso- pharyngeus-Vagus kl~rte die Pathogenese. Der histologische Befund zeigte zahl- reiehe hirse- bis hanfkorngrol3e teils frische, tells abgeheilte Entztindungsherde in der Tiefe der Rautengrube und im Pons. Der histologisehe Befund wurde durch den Wiener-RTeuro]ogen Profi MA~BVaG best/itigt, und den d~/maligen Grazer Neuro- logen Prof. ZINGERLE bezfiglieh Sitz und Ausdehnung naeh dem klinischen Befund vorausgesagt. Die ganze Erkrankung spielte sich bis in die letzten Wochen am- bulant ab.

Der zweite nur ldinisch beobachtete Encephalitis-Fall zeigte im ganzen Krankheitsbilde und insbesondere bezfiglich der HSrpriifung eine weitgehende ~bereinstimmung mit dem ersten, so dab an seiner patho- logisch-anatomisehen Deutung eigentlich kein Zweifel bestehen konnte. Das klinisch Bedeutsame an beiden Fi~llen bleibt die vorwiegende St6rung an den tiefen Oktaven beiderseits bei einem noch verhiiltnis- mi~Big guten GehSr ffir die Taschenuhr und die hohen Frequenzen, ein Tatbestand, der auch heute noch einen modernen Otologen viel eher auf eine Mittelohrst6rung, denn auf eine InnenohrstSrung hinweisen wiirde. Die Beobachtung S I E B ] ~ t ~ S war mir damals nieht bekannt. Danach besteht die Beobachtung zu gecht , dab die genannten encephalitischen Vorgi~nge im Boden der Rautengrube die tiefen TSne mehr stSren alsdie mittleren und insbesondere die h0hen. Man wird bei aller Zuriickhaltung den Verdacht aussprechen diirfen, dab offenbar die intakt gebliebenen Fasern in den Striae acusticae vorwiegend den hohen Frequenzen zur Leitung dienen mfissen. DaB sich aber diese Trennung yon Hoch und Tief nicht noch klarer abzeichnet, mag darin liegen, dab bekanntlieh si~mt- liche Fasern kreuzen und bei dieser Kreuzung auch zum Teil in die tieferen Schichten der Rautengrube geraten. Es ist daran festzuhalten, dab der vorwiegende Ausfall an den tiefen Oktaven bei AusschluB von Otosklerose und Mittelohrresiduen im Sinne einer zentralen ttSrstSrung im Boden der l~autengrube diagnostisch zu verwerten ist.

Praktisch am wichtigsten sind aber die traumatischen Hirnstamm- st6rungen am Stato acusticus.

Die engen Beziehungen der Commotio und Contusio zum Gleichge- wichtsapparat sind schon durch die F6RSTERschen Kardinalsymptome: BewuBtlosigkeit, Erbreehen und Spontannystagmus gegeben. Auch die anerkannte pathologisch-anatomische Tatsache, dab die Du~ET-BE~]~- schen Blutungen sich vorwiegend um den 3. und 4. Ventrikel gruppieren und dadurch in die unmittelbare N~he der zentralen ItSrbahn geraten, ist yon grundlegender Wichtigkeit (Prof. WA~K~).

Die retrolabyrinth~re SchwerhSrigkeit. 625

Dies vorausgesehickt, so]len aber auch die grol3en Schwierigkeiten n ich t i ibersehen werden, die sich gerade einer ana tomischen Analyse u n d Lokal isa t ion solcher StSrungen am Oktavus entgegen stellen, ieh n e n n e :

1. Die gro2e Schwierigkeit, in den meis ten F~llen ehle Mitver le tzung der Labyr in the auszusehlieBen oder funkt ionel l abzugrenzen.

2. Die Tatsaehe, dal3 ein H i r n t r a u m a n u t selten genfigend eng um-

schrieben erfolgt. 3. DaB nu r ganz selten eine anatomisehe Kontro l le noch kna pp

vorher un te r such te r Verletzter mSglich ist. Dennoeh l~t6t sich bei sorgf~ltiger Auswahl der F~]le ein hinl~nglich

sieherer Ausgangspunk t fiir unsere Beobach tungen gewinnen.

]~in 29 jiihriger Panzerleutnant f/~hrt im Panzer fiber eine Mine, wird gegen das Dach des Panzers geschleudert (laut Bericht des leiehtverletzten Mitfahrers), kommt sehwer bewu]tlos und paraplegiseh ins Lazarett und wird yon mir ein Halbjahr und 7 Jahre naeh der Verletzung untersueht- RSntgen: Stauchungsbrueh an den 3 obersten Halswirbeln mit sichtbarer Deformierung und Verwaehsung haupts~chlich tier WirbelkSrper des 2. und 3. WJrbels.

Neurologiseh, auch fach~rztlich fiberprfift: Sehwache des re. Armes, des re. Mundfaeialis und des Vehms re., musku]~res Zucken in der Zunge beiderseits, etwas differente Reflexe beiderseits. Spontannystagmus nach re. und naeh li., seit Jahren anhaltend, mit Kaltwasser beiderseits erst naeh 500 cem eben erregbar.

ttSrprfifung: beiderseits stark schwerhSrig, Flfisterstimme etwa beiderseits 70 cm, die Taschenuhr re. 2 cm, li. am Ohr, Rinne re. ab klein e negativ, li. erst mit groB C 1.

Epikrise: Der Verletzungsmechanismus ist eindeutig undes hat sich offenbar der Stol~ in der L~ngsaehse der Wirbels~ule fiber die Condylen des Hinterhaupt- beines auf die Pons-Gegend iibertragen, der neurologisehe Ausfall weist klar auf die genannten motorischen Gehirnnervenkerne und auf die Kerngegend des Cochlearis und Vestibularis rechts mehr, als li. hin. Die J~hnlichkeit mit dem Fall 1 yon Ence- phalitis ist augenseheinlich, natfirlieh ist aueh ein Trauma an der Eintrittsstelle des Statoacusticus selbst nieht auszusehliel3en, aber nach dem Gesamtbild sieher erst yon sekund~rer ]3edeutung.

Fall 2, ein supranuele~res Trauma des Hirnstammes. Ein Unteroffizier, geb. 1918, ver]etzt 1941 durch Granatsplitter der re. Ohr-

gegend, darauf stundenlang bewu6tlos, durch wenige Wochen dauernde Sehw~tehe des li. Armes, Vorgeschiehte nach Krankenblatt. Meine Untersuchung nach 6 Jahren: Klagen: re. hoehgradig sehwerhSrig, ]i. angeblieh normal.

]3efund: Einschul3narbe re. Schl~fe, oberer Ohrmuschelrand, RSntgen: erbsen- grol3er Splitter steckt unmittelbar am re. Proc. clinoid, posterior des Tfirkensattels.

Ohrmuschel re. winzige Splitter, GehSrgang welt, Trommelfe]l keine sichere Narbe, li. Trommelfell gleieh dem re.

]?unktionelh Kein Spontannystagmus; Kaltwassernystg. re. naeh 500 em 3, li. naeh 300 em 3 erregbar. Faeialis symmetrisch, li. Arm gut beweglich, jedoeh Spraehe deutlieh verlangsamt und gehemmt.

ItSrprtifung: W~hrend das re. Ohr hoehgradig sehwerhSrig ist, Umgangsspraehe 1 Meter, ist das angeblieh normale li. Ohr etwa mittelstark sehwerhSrig, indem die Tasehenuhr 30era, die Fliisterzahlen 2- -3m, und die Stimmgabeln: klein e, kleine4 und grog C1 etwa um 30--40% vermindert geh6rt werden, wobei der Rirme ffir grol~ C und grog C1 negativist.

Epikrise : Naeh der Einsehugstelle und der rSntgenologisehen Lage des Splitters liegt derselbe unweit der Vier-tIfigelgegend re., naehdem er den Temporallappen an

626 ~5. KR~SS~m: Die retrolabyrinthare SehwerhSrigkeit.

seiner Basis durchsetzt hat. Fiir die starke SchwerhSrigkeit re. kann die Schall- schi~digung, die Labyrintherschtitterung und die Gehirnverletzung eine genfigende anatomisehe Ursache abgeben. Die urs~chlichen Momente aber sind gegeneinander nur sehwer abzugcenzen; ftir die immerhin mittelstarke Schwerh5rigkeit li. kann aber mi$ Wahrscheinliehkeit nur eine supranucleare L~sion der HSrbahn angesprochen werden. Sie betrifft mit Riieksieht auf das enge Nebeneinanderliegen der HSrbahn- faserung hier eben alle Frequenzen. Die Ursache fiir die deutlich verlangsamte nicht zu iibersehende Sprechweise kann nach meinem Ermessen, da es sieh um eine reehtsseitige Seh~delverletzung bei einem Reehtsh~nder handelt, nur in den Sehalt- apparat des Hirnstammes verlegt werden. Die SchwerhSrigkeit allein ist gewil~ nicht stark genug, um die SpraehstSrung zu erkl~ren.

Als Repr~sentanten fiir zirkulatorische I-ISrstSrungen im Bereiehe des Hirn- stammes nenne ieh die folgende Beobaeh~ung: Bei einem 32 j~hr. Sto[~truppffihrer wird naeh erfolglosen Eingriffen zur Behebung eines Sehlottergelenkes (re. Knie) zu einer ausgedehnten Resektion der Gelenkfl~ehen in ~thernarkose gesehritten. Nach- her verzSgertes Erwachen, der endlich Erwachte ist fast taub, kann nieht sprechen und muff, da er aueh nieht schlueken kann, durch 14 Tage mit dem Schlauehe er- ni~hrt werden. Allm~hlieh kehrt der Sehluckakt, dann die Sprache und das GehSr zum Teile wieder, der Maria wird naeh einem halben und nach zwei Jahren yon mir untersueht. Neurologisch, yon zwei Neurologen best~tigt: Latente Halbseiten- sehw~che li. mit differenten Sehnenreflexen und Schwi~che in den Fingern li., dritter bis fiinfter Finger, Diagnose: Hirnstammsehaden auf vascul&rer Basis.

Otologisch: Einstellungsnystagmus bei Blick nach re., schwach negativer Rinne fiir groBe C 1 beiderseits Flfisterstimme beiderseits 3--4 m, dennoeh eine deutlieh erschwerte Versti~ndigung mit siehtlicher Spraehhemmung, e~wa wie bei einem SchwerhSrigen yon 1--2 m Umgangspraehe, als Restbefund der anf~nglichen vSlli- gen Spraehl~hmung.

Epikrise: Die anfangs hoehgradige SchwerhSrigkeit und SpraehstSrung der Vorgeschichte, der l%estbefund der PyramidenstSrung, mit der oben bezeiehneten f{SrstSrung und Sprachhemmung beweisen nach m. M. einen bleibenden organischen Sehaden im Hirnstamm, wahrseheinlieh handelt es sich um die Folgen einer Fett- embolie, bei offenem Foramen ovale, wie es nach der heutigenAnsicht in etwa 25% latenter Weise vorkommt.

Das eben besprochene Krankeitsbild fiihrt ungezwungen zu einer anderen Beob- achtung bin, die ieh bei einer sehweren Pertussis machen konnte.

I n den ]etzten J a h r e n setzt sich immer mehr die Erkenn tn i s durch,

dab d~s bekann te Kr~nkhe i t sb i ld der Per tussis convuls iva in seinem

H S h e p u n k t durch encephal i t ische Vorgi~nge im H i r n s t ~ m m zu erkl~ren

ist, wobei es sich um perivascul~re Entz t indungsherde durch endo-

toxische Gef~BstSrungen hande l t ; eine lehrreiche Beobach tung dieser

A r t ist die folgende: Ein 21/~ j~hriges, gut entwiekeltes M~dchen erkrankt an Keuehhusten, sein ein

Jahr jiingeres Geschwister ebenso, dieses mu] wegen bedrohlieher encephalitiseher StSrungen in klinisehe Beh~ndlung fibernommen werden. Unsere kleine Pat. hat nach iiberstandener Pertussis fiirs erste die Sprache fast ganz verloren und ist stark sehwerhSrig geworden undes auch zum Teil nach Jahren geblieben. Nach 2 Jahren wird das Kind wegen nasaler Sprache und SehwerhSrigkeit mit geringem Erfolg an der R~chenmandel operiert und dann einem Spreehunterricht zugefiihrt. Nach weiteren 3 Jahren folgender Befund: Neben beiderseitiger Velumparese und Dysar- thrie der Sprache, eine beiderseitige SehwerhSrigkeit vorwiegend an den mittleren

F.-K. WILDHAGEN : Zur Differentialdiagnose retrolabyrinthi~rer H6rst6rungen. 627

und tiefen TSnen. Die Beiderseitigkeit der HSrstSrung zusammen mit der pseudo- bulbi~ren SprachstSrung l~l]t die Diagnose: HirnstammschwerhSrigkeit mit supra- nucle~rem Sitz mit Wahrseheinliehkeit stellen.

Danach bin ich fiberzeugt, da~ nicht jede kindliche Sprachst5rung bei gleichzeitiger SchwerhSrigkeit die Folge einer LabyrinthschwerhSrigkeit sein mul~, sondern dal~ HSrstSrung und SprachstSrung auf einen gemein- samen Krankheitsherd im Hi rns tamm zurfickgehen kann. In dem vor- stehenden Falle reicht jedenfalls das vorhandene GehSr yon 2- -3 m Flfistersprache ffir jede Sprachbildung aus, und wenn sie t rotzdem unbe- friedigend bleibt, so geht dies offenbar auf die pseudobulbi~ren StSrungen in den Sprechbahnen zuriick. Vom Flecktyphus sagen gute Kenner dieser Erkrankung, da~ zum typischen Ablauf desselben in ihrem HShepunkt das Ohrensausen, die oft hochgradige SchwerhSrigkeit mi t gewissen SprachstSrungen dazu gehSren. Ich selbst habe mehrfach Flecktyphus- SchwerhSrige in der Reconvalescenz zu untersuchen gehabt und reich als junger Militi~rarzt fiber das Bild einer bestehenden MittelohrschwerhSrig- keit verwundert , weft man doch nach der darnels bestehenden Ansicht in erster Linie eine InnenohrschwerhSrigkeit erwarten sollte.

Heute bin ich der Ansicht, daI~ diese scheinbare Mittelohrschwer- h5rigkeit beim Fleckfieber eben auch auf die Lokalisation einer speziii- sehen Encephalitis in der Pons-Gegend zurfickgeht.

Zum Abschlui] sei betont, dal~ ich nicht vergessen habe, dab yon meinen hierhergehSrigen Beobachtungen nur Fall I (Encephalitis Econo- too) in jeder Hinsicht unanfechtbar ist, aber eine Beobachtung von O. Voss (Chirurg. der Schi~delbasisfrakturen, Bar th 1936) scheint mir zu beweisen, dab ich auf dem richtigen Wege bin ; der Fall sei kurz in Er- innerung gebracht :

Ein Radfahrer erleidet einen Basisbruch, bekommt naeh Ohrblutung eine Ohreiterung und Meningitis, willigt nicht in die Operation und stirbt nach 3 Wochen, der Sektionsbefund des eiternden Ohres interessiert bier nieht, es war taub, aber das andere Ohr zeigte eine gewisse MittelohrschwerhSrigkeit und Voss ist entt~uscht, daffir im histologischen Ohrbefunde keine Aufkl~rung zu finden, erw~hnt aber zahl- reiehe kleine Blutpunkte im Bereiche des Ports. In diesen war offenbar die mitteL ohriihnliehe HSrstSrung begriindet.

Ffir die vorstehenden Ausffihrungen wurde nut ein Tell meiner Beobaehtungen herangezogen. Ein zusammenfassender Bericht a]ler hierhergehSrigen F~lle ist einer weiteren VerSffentlichung vorbehalten.

63. F.-K. WII~DHAGEN-Hamburg: Zur Differentialdiagnose retro- labyrinth~trer Hiirstiirungen. (Mit 3 Textabbildungen.)

Die verfeinerte audiologische Diagnostik erlaubt heute eine Trennung der SchallempfindungsschwerhSrigkeit in endo- und retrolabyrinth/~re Prozesse. Eine weitere Differenzierung der H6rstSrungen innerhalb dieser