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2476 KLINISCHE ~VOCt-IENSCHRIFT. 1. J A H I R G A N G . Nr. 5o 9- DEZEMBER t92 ~ DIE SONNENSTRAHLUNG AN DER KOSTE, IM TIEFLAND, MITTELGEBIRGE UND HOCHGEBIRGE MITTELEUROPAS. Von Dr. phil. FRANZ ]3AUR, St. Blasien. Die bisher gebr~uchliche Charakterisierung der klima- tischen Verh~ltnisse eines Ortes durch die Angabe der mitt- lerell Gr6Be und der Schwankungen des Luftdruckes, der Temperatur, Luftfeuchtigkeit, Windrichtung und -st/~rke und des Niederschlags geniigt scholl lallge nicht mehr, um brauchbare Anhaltspunkte ffir die Heilwirkung bestimmter Klimate zu erlangen. Eines der wichtigsten Eiemente, das neuerdings in das meteorologische Beobachtungsprogramm Aufnahme gefunden hat, ist die Sonnenstrahlung. Gerade sie steht heute bet der medizinischen Wissellschaft im Vorder- grulld des Illteresses. 13ereits im Jahre 1912 machte C. DORNO im 7. Heft der ,,Ver6ffelltlichullgen der Zelltralstelle ffir ]3alileologie", ,,Vorsehl/ige zum systematischell Studium des Licht- ulld Luft!dimas der den deutschen Arzt interessierendell Orte", erst heute aber liegen aus jedem Hauptklimagebiet Mitteleuropas, vonder Kfiste, vom Tiefland, vom Mittel- gebirge und vom Hochgebirge, Strahlungsbeobachtullgs- ergebnisse vor, die b men zahlenm~Bigen Vergleich der Strah- lungsklimate erm6glichen. Won April 1914 bis April 1915 stellte K. K~-HLER in Kol- berg Messullgen fiber das Strahlungs- ulld Lichtklima dieses Ortes an, wozu die Mittel yon der Zentralstelle Ifir Balneo- logie und yon der weitblickenden Badeverwa!tung in Kol- berg zur Verfiigullg gestellt wurden. In Potsdam werden seit 19o 7 yon W. MARTEN an dem dortigen preuBischen Meteoro- logischen ObservatoriUm Strahlungsmessungen durchgeffihrt. Ill St. Blasien im Schwarzwald und ill dem nahegelegenen H6chensehwand beobachtete Verfasser aus eigener Initia- tive yon Julli 1919 bis Juni 1922, wozu ihm voll Herrll Pro- - ....... lessor Dr. C. Doru~o in freulldlichster Weise Instrumente zur Verffigullg gestellt wurdell. Die bahnbrechendeI1 Klima- forschungen des letzteren in Davos sind dell Leserll dieser ................... Zeitschrift wohlbekannt. 15. Januar . . . . Die genanllten Messungen k6nnen miteinallder ullmittel- 15. Februar .... bar verglichen werden, da sie alle mit der gleichen Apparatur 15. M~irz ..... 15. April ..... (,~ngstr6ms Kompensationspyrheliometer llnd Michelsons 15. Mat ...... Bimetallaktinometer) erhalten und auf dieselbe absolute I5. Juni ...... ,Smithsonian Revised Pyrheliometry" Skala yon 1913 be- 15. Juli ...... zogen sind. Ein vollst/indig exakter Vergleich k6nnte freilich 15. August .... nur dann durchgeffihrt werden, wenn an allen Orten gleieh- 15. September . . . zeltig und vide Jahre hilldurch beobachtet worden w/ire. Da 15. Oktober . . . die Konstruktion zuverl/~ssiger Strahlullgsmesser erst in 15. November. . . diesem Jahrhundert gelungen ist und die Kriegs- ulld Nach- 15. Dezember . . . kriegsverh/iltnisse wissenschaftliche Arbeitell so ungemeiu ~,5 erschwert haben, mfissen wit jedoeh damit zufrieden seill, wenn bisher wenigstens an je einem Orte jedes Hauptklima- ~ l,q gebietes Mitteleuropas mindestens ein ganzes Jahr lang ~3 Strahlungsbeobachtungen gemacht worden sind. Immerhin muB aber bet der Beurteilung des bisherigen Ergebnisses die - ~ 1,2 Ungleiehheit des Beobachtungsmaterials hinsiehtlich des _~ Zeitraumes, in dem es gewonnen wurde, berficksichtigt ~, werden. .~ 1,0 Der nachfolgenden Tabelle und den Figuren ist ffir Pot*- ~oa ' dam die Strahlungsreihe 19o7--1915 zugrunde gelegt, fiir Ko~berg die einj~ihrige-t3eobachtung I914/I5, ffir St. Blaaien .~ o,s die Messungen yon Juni 1919 bis November 192o ulld yon ~0.7 Dezember 1921 bis Julli 1922, ffir H6ehensehwand die in den M6naten Febl'uar, M/Lrz und Juli 192o und April bis Dezem- 0,r bet I92I ansge~fihrten Stratflungsbeobachtungen, ifir Davos die Strahlungsreihe Mat 19o 9 bis Oktober 191o. .Am zutreffendsten dfirften demnach die Potsdamer Werte seth, da sie sich ant die gr6Bte Zahl yon Beobachtungsjahren griinden. Aber selbst bet dieser Reihe muBte eir/ Tell der 13eobachtungell, ll/imlich diejenigen yon Ende Juni 1912 bis Ende Juni 1914, unberficksichtigt bleiben, da sonst die unge- w6hnlich tiefen Werte, die sich in dieser Zeit infolge des nach dem Katmaiausbruch in hohen Atmosph~renschichten schwe- benden Vulkanstaubes ergaben, die Mittelwerte anormal herabgedrfickt h~tten. Die angegebenen Strahlungsgr613en yon Davos sind ,,Normalwerte" im Dornoschen Sinlle, sie sind in dell ungest6rt*n Jahren 19o9 und I9IO gewonnen und zu ihrer Ermittlung sind llur die an ,,ungest6rten" Tagell er- haltenen Werte verwendet. Sie sind daher wohl geeignet Ms Ausgallgsbasis Ifir das Studium yon St6rullgserscheinungen; als klimatische Konstanten -- wenn man ullter ,,Klima" mit K6ppen ,,dell mittleren Zustand der Witterung an eillem gegebellen Orte" versteht -- dfirften sie aber etwas zu hoch sein. Ebellso k6nnen auch die Werte yon Kolberg, St. Blasien und Hdchenschwand noch nicht Ms endgfiltige angesehen werdell. Der Anfang der Kolberger Messungen fiel in die Zeit des Abklingens der groBen Katmaist6rung, im fibrigen geh6ren sie einer st6rungsfreien Zeit an. Die M/irz- werte sind wohl sicher etwas h6her als ,,normal", da sie im M/~rz 1915 gewonnen wurden, in welchem M0nate auch ill Potsdam die Sonnenstrahlung illtensiver war als im M/~rz frfiherer und sp/~terer Jahre. Bet St. Blasien sind wahrschein- lich die April-, Juni-ulld Augustwerte, vielleicht aueh die Juli- und Septemberwerte etwas zu fief. Im April war in beiden Beobaehtungsjahren, I92O und 1922, die Witterung ffir Strahlungsmessullgen recht llngfinstig. Die Messungen im Sommer ulld September I9I 9 fielen in die Zeit eiller wahr- scheinlich durch den Ausbruch des Vulkans Kloet ant Java verursachten atmosphgrisch-opfischen St6rung, wodurch die Strahlungswerte nicht unbedelltend herabgedrfickt wurden. Wenn also die bisher ermittelten Gr6Ben noch nicht als endg~ltige Werte angesehen werden k6nnell, so gebell sie uns doch welligstells einen rohen ~berblick fiber die kennzeich- nendell Eigenschaften und Unterschiede der Strahlungsklimate Mitteleuropas. Mittlere Sonnenstrahlungsintensit~t um die Mittagszeit an den I2 Monatsmitten in Grammcalorien pro Minute und Quadrat- zentimeter. Kolberg I) Potsdam ~) St. Blasien Davos 3) (IO m) (coo m) (785 m) (156o m) o,85 1,I6 1,32 1,35 1,33 1,25 I,I7 I,I3 1,23 1,21 0,96 0,79 I ,O 5 1,19 !,19 1,33 1,31 1,28 I,I9 I,I5 1,24 I,I5 I,IO 0,90 1,26 1,35 1,35 1,39 1,39 1,33 1,29 1,32 1,33 1,32 1,24 1,19 1,38 1,46 1,49 1,495 1,47 1,45 1,38 1,47 1,45 1,45 1,38 1,35 P K ? I Abb. I. Jahre~gang der Sonnenstrahlungsinteositiit yon Monatsmiite zu Monatsmitte. D = Davos (I55o m); H = HiJchenschwand (lOO5 m); B = St. Blasien (785 m); P = Potsdam (coo m); K = Kolberg (IO m). Wir ersehen aus der Tabelle und noch besser aus der Abb. I, dab das Maximum der Intensit/it in allen iKlima- t) VerSffentlichungen der Zentralstelle flit Balneologie, K. KAHLER: Das Strah- lungs- und Lichtklima an der hinterpommerschen Kiiste, Tabelle co. 2) W. MARTEN, Normalwerte der Sonnenstrahlung in Potsdam (Met. Zeitschr. 19~o , S. 252), Tabelle 3. ~) C. DORNO, Klimatologie im Dienste der Medizin (Sammlung Vieweg), Tabellr 4.

Die Sonnenstrahlung an der Küste, im Tiefland, Mittelgebirge und Hochgebirge Mitteleuropas

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Page 1: Die Sonnenstrahlung an der Küste, im Tiefland, Mittelgebirge und Hochgebirge Mitteleuropas

2476 K L I N I S C H E ~ V O C t - I E N S C H R I F T . 1. J A H I R G A N G . Nr. 5o 9- DEZEMBER t92 ~

DIE SONNENSTRAHLUNG AN DER KOSTE, IM TIEFLAND, MITTELGEBIRGE UND HOCHGEBIRGE

MITTELEUROPAS.

V o n

Dr. phil. FRANZ ]3AUR, St. Blasien.

Die bisher gebr~uchliche Charakterisierung der klima- tischen Verh~ltnisse eines Ortes durch die Angabe der mitt- lerell Gr6Be und der Schwankungen des Luftdruckes, der Temperatur, Luftfeuchtigkeit, Windrichtung und -st/~rke und des Niederschlags geniigt scholl lallge nicht mehr, um brauchbare Anhaltspunkte ffir die Heilwirkung bestimmter Klimate zu erlangen. Eines der wichtigsten Eiemente, das neuerdings in das meteorologische Beobachtungsprogramm Aufnahme gefunden hat, ist die Sonnenstrahlung. Gerade sie steht heute bet der medizinischen Wissellschaft im Vorder- grulld des Illteresses. 13ereits im Jahre 1912 machte C. DORNO im 7. Heft der ,,Ver6ffelltlichullgen der Zelltralstelle ffir ]3alileologie", ,,Vorsehl/ige zum systematischell Studium des Licht- ulld Luft!dimas der den deutschen Arzt interessierendell Orte", erst heute aber liegen aus jedem Hauptklimagebiet Mitteleuropas, v o n d e r Kfiste, vom Tiefland, vom Mittel- gebirge und vom Hochgebirge, Strahlungsbeobachtullgs- ergebnisse vor, die b men zahlenm~Bigen Vergleich der Strah- lungsklimate erm6glichen.

Won April 1914 bis April 1915 stellte K. K~-HLER in Kol- berg Messullge n fiber das Strahlungs- ulld Lichtklima dieses Ortes an, wozu die Mittel yon der Zentralstelle Ifir Balneo- logie und yon der weitblickenden Badeverwa!tung in Kol- berg zur Verfiigullg gestellt wurden. In Potsdam werden seit 19o 7 yon W. MARTEN an dem dortigen preuBischen Meteoro- logischen ObservatoriUm Strahlungsmessungen durchgeffihrt. Ill St. Blasien im Schwarzwald und ill dem nahegelegenen H6chensehwand beobachtete Verfasser aus eigener Initia- tive yon Julli 1919 bis Juni 1922, wozu ihm voll Herrll Pro- - . . . . . . . lessor Dr. C. Doru~o in freulldlichster Weise Inst rumente zur Verffigullg gestellt wurdell. Die bahnbrechendeI1 Klima- forschungen des letzteren in Davos sind dell Leserll dieser . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Zeitschrift wohlbekannt. 15. Januar . . . .

Die genanllten Messungen k6nnen miteinallder ullmittel- 15. Februar . . . . bar verglichen werden, da sie alle mit der gleichen Apparatur 15. M~irz . . . . . 15. April . . . . . (,~ngstr6ms Kompensationspyrheliometer llnd Michelsons 15. Mat . . . . . . Bimetallaktinometer) erhalten und auf dieselbe absolute I5. Juni . . . . . . ,Smi thsonian Revised Pyrheliometry" Skala yon 1913 be- 15. Juli . . . . . . zogen sind. Ein vollst/indig exakter Vergleich k6nnte freilich 15. August . . . . nur dann durchgeffihrt werden, wenn an allen Orten gleieh- 15. September . . . zeltig und vide Jahre hilldurch beobachtet worden w/ire. Da 15. Oktober . . . die Konstrukt ion zuverl/~ssiger Strahlullgsmesser erst in 15. November. . . diesem Jahrhunder t gelungen ist und die Kriegs- ulld Nach- 15. Dezember . . . kriegsverh/iltnisse wissenschaftliche Arbeitell so ungemeiu ~,5 erschwert haben, mfissen wit jedoeh damit zufrieden seill, wenn bisher wenigstens an je einem Orte jedes Hauptklima- ~ l,q gebietes Mitteleuropas mindestens ein ganzes Jahr lang ~ 3 Strahlungsbeobachtungen gemacht worden sind. Immerhin muB aber bet der Beurteilung des bisherigen Ergebnisses die - ~ 1,2 Ungleiehheit des Beobachtungsmaterials hinsiehtlich des _ ~ Zeitraumes, i n dem es gewonnen wurde, berficksichtigt ~, werden. .~ 1,0

Der nachfolgenden Tabelle und den Figuren ist ffir Pot*- ~oa ' dam die Strahlungsreihe 19o7--1915 zugrunde gelegt, fiir Ko~berg die einj~ihrige-t3eobachtung I914/I5, ffir St. Blaaien .~ o,s die Messungen yon Juni 1919 bis November 192o ulld yon ~0.7 Dezember 1921 bis Julli 1922, ffir H6ehensehwand die in den M6naten Febl'uar, M/Lrz und Juli 192o und April bis Dezem- 0,r b e t I92I ansge~fihrten Stratflungsbeobachtungen, ifir Davos die Strahlungsreihe Mat 19o 9 bis Oktober 191o.

.Am zutreffendsten dfirften demnach die Potsdamer Werte seth, da sie sich ant die gr6Bte Zahl yon Beobachtungsjahren griinden. Aber selbst bet dieser Reihe muBte eir/ Tell der 13eobachtungell, ll/imlich diejenigen yon Ende Juni 1912 bis Ende Juni 1914, unberficksichtigt bleiben, da sonst die unge- w6hnlich tiefen Werte, die sich in dieser Zeit infolge des nach dem Katmaiausbruch in hohen Atmosph~renschichten schwe-

benden Vulkanstaubes ergaben, die Mittelwerte anormal herabgedrfickt h~tten. Die angegebenen Strahlungsgr613en yon Davos sind , ,Normalwerte" im Dornoschen Sinlle, sie sind in dell ungest6rt*n Jahren 19o9 und I9IO gewonnen und zu ihrer Ermit t lung sind llur die an , ,ungest6rten" Tagell er- haltenen Werte verwendet. Sie sind daher wohl geeignet Ms Ausgallgsbasis Ifir das Studium yon St6rullgserscheinungen; als klimatische Konstanten -- wenn man ullter , ,Klima" mit K6ppen ,,dell mittleren Zustand der Wit terung an eillem gegebellen Orte" versteht -- dfirften sie aber etwas zu hoch sein. Ebellso k6nnen auch die Werte yon Kolberg, St. Blasien und Hdchenschwand noch nicht Ms endgfiltige angesehen werdell. Der Anfang der Kolberger Messungen fiel in die Zeit des Abklingens der groBen Katmaist6rung, im fibrigen geh6ren sie einer st6rungsfreien Zeit an. Die M/irz- werte sind wohl sicher etwas h6her als ,,normal", da sie im M/~rz 1915 gewonnen wurden, in welchem M0nate auch ill Potsdam die Sonnenstrahlung illtensiver war als im M/~rz frfiherer und sp/~terer Jahre. Bet St. Blasien sind wahrschein- lich die April-, J u n i - u l l d Augustwerte, vielleicht aueh die Juli- und Septemberwerte etwas zu fief. Im April war in beiden Beobaehtungsjahren, I92O und 1922, die Wit terung ffir Strahlungsmessullgen recht llngfinstig. Die Messungen im Sommer ulld September I9I 9 fielen in die Zeit eiller wahr- scheinlich durch den Ausbruch des Vulkans Kloet ant Java verursachten atmosphgrisch-opfischen St6rung, wodurch die Strahlungswerte nicht unbedelltend herabgedrfickt wurden.

Wenn also die bisher ermittelten Gr6Ben noch nicht als endg~ltige Werte angesehen werden k6nnell, so gebell sie uns doch welligstells einen rohen ~berblick fiber die kennzeich- nendell Eigenschaften und Unterschiede der Strahlungsklimate Mitteleuropas. Mittlere Sonnenstrahlungsintensit~t um die Mittagszeit an den I2 Monatsmitten in Grammcalorien pro Minute und Quadrat-

zentimeter.

Kolberg I) Potsdam ~) St. Blasien Davos 3) (IO m) (coo m) (785 m) (156o m)

o,85 1 , I 6 1 ,32 1,35 1,33 1,25 I , I 7 I,I3 1,23 1,21 0,96 0,79

I ,O 5 1 ,19 ! , 1 9 1,33 1,31 1,28 I,I9 I,I5 1,24 I,I5 I , I O 0 , 9 0

1,26 1,35 1,35 1,39 1,39 1,33 1,29 1,32 1,33 1,32 1 ,24 1 ,19

1,38 1,46 1,49 1,495 1,47 1,45 1,38 1,47 1,45 1,45 1,38 1,35

P

K ? I

Abb. I. Jahre~gang der Sonnenstrahlungsinteositiit yon Monatsmiite zu Monatsmitte. D = Davos (I55o m); H = HiJchenschwand (lOO5 m); B = St. Blasien (785 m);

P = Potsdam (coo m); K = Kolberg (IO m).

Wir ersehen aus der Tabelle und noch besser aus der Abb. I, dab das Maximum der Intensit/it in allen iKlima- t) VerSffentlichungen der Zentralstelle flit Balneologie, K. KAHLER: Das Strah- lungs- und Lichtklima an der hinterpommerschen Kiiste, Tabelle co. 2) W. MARTEN, Normalwerte der Sonnenstrahlung in Potsdam (Met. Zeitschr. 19~o , S. 252), Tabelle 3. ~) C. DORNO, Klimatologie im Dienste der Medizin (Sammlung Vieweg), Tabellr 4.

Page 2: Die Sonnenstrahlung an der Küste, im Tiefland, Mittelgebirge und Hochgebirge Mitteleuropas

9, DEZEMBER 1922 K L I N I S C H E W O C H E N S C H R I F T . 1. J A H R G A N G . Nr , 5o 2477

typen Mitteleuropas nicht etwa im Sommer, zur Zeit des H6chststandes der Sonne, sondern im April eintri t t . Die Reihenfolge der Klimate hinsichtlich der maximalen Strah- lungswerte ist: Hochgebirge, Mittelgebirge, Kfiste, Tiefland. Die Unterschiede zwischen den H6ehstwerten der einzelnen Kl imatypen sind aber nicht sehr bedeutend, die Differenz zwischen dem gr6Bten (Davos) und !deinsten (Potsdam) betrggt nur I 1%. Ein zweites Maximum erreicht die Strah- lung im September. (Nach den Zahlen der Tabelle 4 in ,,Kli- matologie im Dienste der Medizin" f/tilt in Davos das zweite Maximum auf den August, nach jenen der Tabelle 2 in DORNOS ,,Studie fiber Licht und Luft des Hochgebirges" jedoch auch auf den September.) Im Sommer t r i t t in!olge des gr6Beren Wasserdampfgehaltes der Atmosphgre eine deutliche De- pression der Strahlung auf. Die niedersten Wer te der Sonnen- strahlungsintensit/it warden fiberall im Dezember, zur Zeit des Sonnentiefstandes, beobachtet . Aber w/ihrend an der Kfiste (Kolberg) die Strahlung Mitte Dezember im Durch- schnitt um 42% geringer ist als Mitre April, betr/tgt dieser Unterschied im norddeutschen Tiefland (Potsdam) 32%, im Mittelgebirge (St. Blasien) nur 14% und im Hochgebirge (Davos) gal" nur lO%. Das Hochgebirge ha t also nicht nut die absolut gr6Bte Strahlung, sondern auch eine gleichms Verteilung desselben fiber das ganze Jahr, Das Strah- lungsklima des Mittelgebirges steht aber dem des: Hoch~e- birgea n(iher als dem des Tieflandes. Dieses Ergebnis ist ffir den deutschen Arzt sehr wichtig. Besonders im Winter ist die Differenz der Intensi tgt der Sonnenstrahlung Davos- - St. Blasien wesentlich kleiner als St. B las ien- -Potsdam und St. Blasien--Kolberg. Dies zeigen klar und deutlich Abb. 2& und 2b, in der der Tagesgang der Sonnenstrahlung Mitre Januar

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Abb. 2b. Tagesgang dcr Sonnenstrahlungsintensitfit

am 15. Januar am I5. Juli (Bedeutung der Buchstaben D, B, P und K wie in Abb. L

dargestellt ist, wobei die sich entsprechenden Vormittags- und Nachmit tagswerte (9 n vorm. und 3 h nachm., ion vorm. und 2h nachm., i I h vorm. nnd Ih nachm.) gemit tel t zusammen- gefagt sind. Mitre Dezember ist die Sonnenintensit/tt um die Mittagszeit in St. Blasien durchschnitt l ich um 50% grfBer als in Kolberg, w/thrend diejenige in Davos nur um 13% grfBer ist MS in St. Blasien. Im Januar betr~gt der Unter- schied St. Blas ien--Kolberg um die Mittagszeit 48%, um 9 h

vormit tags bzw. 3 h nachmit tags sogar nahezu 1OO% der Strahlung in Kolberg. Aus Abb. 2b ist ersichtlich, dab im Binnenland die Sonnenstrahlung im Sommer fim die Mittags- zeit keine weitere Steigerung eris -- die Einzelmessungen ergeben sogar meistens ein Maximum um IIh vormit tags -- dagegen werden an der Kfiste aueh im Sommer die t~glichen H6chstwerte fast stets um Mittag erreicht. Die mitt~gliche Strahlungsdepression im Binnenlande ha t ihre Ursache in der durch die s tarke Bodenerw~rmung bedingten aufstei- genden Luftbewegung.

Es warde mit obigen Ausffihrungen versucht, einen Uber- blick fiber die Gr6Be und j/thrliche Verteilung der Gesamt- sonnenstrahlung in den vier Hauptkl imagebie ten Mit ten europas zu geben. Dami t ist die Grundlage ffir eine verglei- chende Beurteilung der Strahlungskl imate gewonnen. N~chst dem ist ffir den Arzt aber aueh von Wichtigkeit , wie grol3 der Anteil einzelner Spektralteile, insbesondere der sichtbaren und der ul t raviolet ten Strahlung, an der Gesamtstrahlung ist. Darfiber kann heute leider noch keine Ubersicht gegeben werden, da bisher noch nicht in allen Gebieten entsprechende Messungen nach fibereinstimmenden Methoden und in ein- heit l ichem MaBe durchgeffihrt worden sind. Es l~Bt sich nur ganz allgemein sagen, dab sowohl die sichtbare wie die ultra- violette Strahlung mit dem Aufstieg in die H6he w~chst, dabei w/tchst die ul t raviolet te Strahlung nicht nur quanti- ratty, sondern auch quali tativ, d .h . nach der Ausdehnung irn kurzwelligen Teil.

Fassen wir die bisherigen Ergebnisse der Sonnenstrahlungs- messungen in Mitteleuropa nochmals zusammen, so gelangen wir zu folgenden Nutzanwendungen ffir die Heilkunde: Die intensivste Gesamtstrahlnng, die grfBte ul traviolet te Strah- lung und die grfBte t lell igkeit , sowie auch die gleichm~iBigste Verteilung der Strahlung fiber das ganze Jatlr finder sich im Hochgebirge. Ffir solche Kranke, ffir die eine intensive Sonnen- strahlung eine wesentliche Heilquelle ist, bietet also das Hoch- gebirge die gfinstigsten Verh/tltnisse - - soweit die Kranken die fibrigen klimatischen Eigenschaften des Hochgebirges, wie z. B. geringen Sauerstoffgehalt der Luft (infolge niederen Luftdrucks), schroffe Wechsel zwischen extremer Hellig- keit und tiefen Schatten, zwischen hohen Tages- und tiefen Nacht tempera turen vertragen. Wir wissen aber heute, mit welcher iiuflersten Vorsicht jede Ar t von Strahlentherapie, also auch die , ,Heliotherapie" zu betreiben ist, so dab in jedem einzelnen Falle eine gewissenhafte Einsch/ttzung des kli- nischen und anatomischen Charakters der Erkrankung unter Berficksichtigung der gesamten Konst i tut ion des Kranken erforderlich ist, ehe man ihn dell extremen Stralllungsver- h/tltnissen des Hochgebirges aussetzt. Es ist sehr wichtig, dab wir im deutschen Mittelgebirge, dessen klima~ischen Verh/~ltnissen sich die meisten Kranken noch gut anzupassen vermfgen, eine noch ausreicbend starke Sonnenstrahlung haben, die fiber das Jahr so gfinstig vertei l t ist, dab sich bier erfolgreieh dahreskuren durchffihren lassen. Im deutschen Tiefland und an der Kfiste ist im Frfihjahr, Sommer und Frfihherbst noch eine Ausnfitzung der Sonnenstrahlung z u Heilzwecken, wenn auch nicht in dem MaBe wie im Mittel- und Hochgebirge mfglich, im Sps nnd W i n t e r sinkt sie jedoch auf einen Betrag yon nur mehr 50- -60% derjenigen des Gebirges herunter. An der Kfiste ist die Strahlung im Frfih- jahr etwas grfBer als im norddeutschen Tiefland, auBerdem t r i t t dort auch noch die Reflexwirkung des Wasserspiegels hinzu.

K U R Z E W I S S E N S C H A F T L I C H E M I T T E I L U N G E N . BEITRAG ZUR SERUMHITZEKOAGULATION DES

BLUTES. (Untersuchungen bei Syphiliskranken.)

V o n

E D U A R D H A C H E Z ,

Da unsere Klinik dem Chemismus des luetischen Blutes seit lgngerer Zeit ein erh6htes Interesse entgegenbringt, so nahmen wir die yon MAYER und ROSENOW angeregten Unter-

suchungen fiber den Serumhitzekoagulat ionspunkt (Kiln. Wochenschr. Nr. 34, 1922) auf. Beide Autoren konnten ffir gewisse Erkrankungen wie Nephrose, Diabetes, Anemia per- nieiosa, Carcinomatose Erh6hung des Koagulat ionspunktes (~- Ko.-P.) feststellen, w/ihrend sie eine Erniedrigung unter 73~ der unteren Grenze des normMen Wer tes , 'n ich t fanden. Mit ROSENOW sind wir davon fiberzeugt, dab die yon MAYER angegebene Methodik besonders ffir die Nierendiagnostik praktische Bedeutung erlangen wird. Das sehr einfache Ver-