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Die Verhinderung der Aufklaerung

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Markus Barnay - Buchbesprechung: Ein besessener Vorarlberger (Leo Haffner)

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Kultur Nr. 1|2009Literatur34

„Elmar komm, wir fressen einen Wiener!“ sang die Figur des VN-Chefredakteurs Franz Ortner Anfang der Acht-zigerjahre im legendären „Kasperletheater für Vorarl-berg“, und das Publikum wusste, wer gemeint war: El-mar Grabherr (1911 – 1987), ehemaliges NSDAP-Mitglied und nach 1945 die „graue Eminenz“ der Vorarlberger Landespolitik, der - als Schriftführer des Landtages und als Landesamtsdirektor – rund 30 Jahre lang die poli-tische Kultur, aber auch die ideologische Entwicklung des Landes mitbestimmte. Grabherr hatte sich schon zu Lebzeiten selbst verewigt – mit der Gründung der Stif-tung „Pro Vorarlberg“, die bis heute existiert und die je-ner separatistischen Bewegung ihren Namen gab, die 1979, angeführt von den beiden Ex-Nazis Elmar Grab-herr und Franz Ortner, ein eigenes Statut für das Land Vorarlberg forderte, und mit der Publikation einer „Ge-schichte Vorarlbergs“ im Jahr 1986. Als seine nachhal-tigste „Leistung“ gilt aber – neben der jahrzehntelangen ideologischen Schulung der Vorarlberger Beamten-schaft – der Auftrag an den Historiker Benedikt Bilgeri, ein mehrbändiges Werk über die Geschichte Vorarl-bergs zu verfassen, das sich mehr an einem ethnozen-tristischen Weltbild orientierte als an historischen Tat-sachen.

Führertreu und antisemitisch

„Elmar Grabherr ist eine Schlüsselfi gur für die verzögerte Entwicklung einer offenen Gesellschaft in Vorarlberg nach 1945“, sagt der Historiker und langjäh-rige Leiter der Literaturabteilung im ORF-Landesstudio, Leo Haffner, und begründet damit seine intensive Be-schäftigung mit dem „besessenen Vorarlberger“ (Haff-ner) in den letzten Jahren. Auslöser für seine Arbeit, die in einem demnächst erscheinenden Buch Niederschlag fi ndet, waren private Briefe des ehemaligen LAD aus der Kriegszeit, die seine antidemokratische, antisemi-tische und rassistische Gesinnung belegen: Da be-schwört Grabherr im Februar 1942 „die durchaus gün-stige Entwicklung zum Endsieg“, zeigt sich von „der jüngsten Rede des Führers außerordentlich beein-druckt“ (November 1942), fi ndet es „auch nicht mehr als recht, dass endlich auch mit den Juden abgefahren wird, die mit Ariern verheiratet sind“, auch wenn „es dabei im Einzelfall harte Szenen geben musste“ (April 1943), hofft, „die Vorsehung beschütze unseren Führer und unsere Waffen, um mit dieser Satansbrut (gemeint sind die Kriegsgegner – Anm. d. Verf.) endlich fertig zu wer-den“ (Dezember 1943) und zeigt sich noch Ende 1944

„gläubigen Vertrauens in den Sieg, da die Führung über allen Zweifel erhaben ist“.

Vom Großvölkischen zum Zwergvölkischen

Wie schnell sich Grabherr im Mai 1945 vom groß-völkischen Rassisten zum zwergvölkischen Alemannen-Separatisten wandelte, mag auf den ersten Blick erstau-nen: Tatsächlich hatte er sich Ende April von seinem Po-sten als Personalchef der nationalsozialistischen Zivil-verwaltung in Bozen, wo er direkt dem NS-Gauleiter Franz Hofer unterstand, abgesetzt und in den letzten Kriegstagen der Widerstandsbewegung in Feldkirch an-geschlossen. Drei Wochen später war er Schriftführer bei der ersten Sitzung des Vorarlberger Landesaus-schusses, bald danach enger Vertrauter des neuen Lan-deshauptmannes Ulrich Ilg. Eine Erklärung dafür sieht Leo Haffner in Grabherrs Französischkenntnissen, mit denen er dem Landesausschuss half, mit Vertretern der französischen Besatzungsmacht zu kommunizieren.

Gedeckt von Ilg und Vögel

Dass sich Grabherr, der während der NS-Zeit die Abschaffung der verwaltungsmäßigen Selbständigkeit Vorarlbergs durch den NS-Gauleiter ausdrücklich be-grüßt hatte, zum fanatischen Vorarlberger mit Feind-bild Wien entwickelte, führt Haffner auch auf ein Erleb-nis im Jahr 1946 zurück: Damals hatte sich Bundeskanz-ler Figl offenbar skeptisch über die Rolle Grabherrs ge-äußert und gemeint, „dass ein Beamter, der in nächster Umgebung des Hofer war, wohl nicht gehalten werden könne“. Die angesprochenen Politiker, Landeshaupt-mann Ulrich Ilg und Landesrat Adolf Vögel, konnten doch – sie bzw. ihre Nachfolger hielten ihn noch weitere 30 Jahre. Doch Grabherr selbst, offenbar aufgeschreckt von der Intervention aus Wien, reagierte mit dem Ent-wurf für ein Verfassungsgesetz, das im Fall seines In-krafttretens „zur völligen Lostrennung Vorarlbergs von Österreich geführt hätte“ (Haffner). Die Initiative „Pro Vorarlberg“ war im Vergleich dazu geradezu harmlos. Markus Barnay

Leo Haffner, Ein besessener Vorarlberger. Elmar Grabherr und die Ablehnung der Aufklärung, Bucher Verlag, Hohen-ems 2009, 360 S., ISBN 978-3-902612-71-7, € 24,-, erscheint Ende FebruarFr, 27.2.09, 20 Uhr, ORF Funkhaus Dornbirn, Buchpräsen-tationMi, 4.3.09, 20 Uhr, Spielboden Dornbirn, Podiumsdiskussi-on über Elmar Grabherr und die Initiative „Pro Vorarlberg“

LiteraturDie «graue Eminenz» im Scheinwerfer- licht: Elmar Grabherr und sein Einfl uss auf die Vorarlberger Landespolitik

BUCHER Verlag Hohenems – Wien Austria Tel +43-55 76-71 18-0 [email protected] www.bucherverlag.com

Die Verhinderungder Aufklärungin Vorarlberg

Hardcover15 x 21,5 cm | 360 Seiteneuro 24,–ISBN 978-3-902612-71-7

Leo Haffner

Ein besessener VorarlbergerElmar Grabherr und die Ablehnung der Aufklärung

Die Tagebücher des ÖVP-Politikers und

Nazi-Gegners Karl Tizian sowie die pri-

vaten Briefe des NS-Mitglieds Elmar Grab-

herr gehören zur spannendsten Lektüre

der regionalen Zeitgeschichte. Der Histo-

riker Leo Haffner hat sie in langjähriger

Arbeit zusammen mit anderen Quellen

akribisch ausgewertet, Zeitzeugen befragt

und nach den Ursachen der verhinder-

ten Aufklärung seit dem 19. Jahrhundert

geforscht. Sein Buch gibt Einblick in die

inneren Machtverhältnisse Vorarlbergs

nach 1945 und zeigt die Spätfolgen der NS-

Ideologie auf. Grabherr, ehemals loyaler

Gefolgsmann von Gauleiter Hofer, wurde

als Landesamtsdirektor (1955 – 1976) zum

Wortführer der völkischen Alemannen-

ideologie. Tizian hingegen setzte auf

kulturelle Offenheit. Bereits als Student

erkannte er klar den wahren Charakter

des nationalsozialistischen Regimes.

Es gelang ihm allerdings nicht, die

Macht Grabherrs in der Ära Ulrich Ilg

(1945 – 1969) einzudämmen.

gestaltung Reinhold Luger (Titel), Marc Pellini

Leo Haffner | geboren 1940, Studium der Geschichte, Germanistik,

Kunstgeschichte und Politikwissenschaft, Dissertation »Die Kasi-

ner«, publiziert 1977. Ab 1968 Mitarbeiter und Redakteur des orf

(Tirol und Vorarlberg) mit Schwerpunkt Kultur. Mitbegründer der

Zeitschrift allmende. Autor zahlreicher Fernseh- und Hörfunkdo-

kumentationen im orf. unda-Fernsehpreis 1981. Gründungsmit-

glied der »Gruppe Vorarlberger Kulturproduzenten«, der »Johann-

August-Malin-Gesellschaft« und des »Vorarlberger Autorenver-

bandes«. Mitglied des pen.

Leseprobe

Erscheint im November 2008

Wer sich vor 1870 umsah in Vorarlberg, konnte feststellen: um die kon-

servative Sache stand es damals nicht gut. Der Landtag war in der Hand

der Liberalen, auch die Gebildeten, die Beamtenschaft und die Indus-

triellen waren dem Liberalismus und der Aufklärung verpflichtet. Mit

dem Erfolg der katholisch-konservativen Partei bei der Landtagswahl

1870 trat eine radikale Änderung der Machtverhältnisse ein – und zwar

auf rund hundert Jahre hinaus. Der Zentralbegriff der Konservativen

war die Religion. Die Vorrangstellung der katholischen Kirche in Staat

und Gesellschaft durfte keinesfalls angetastet werden. Alle übrigen Le-

bensbereiche hatten sich dem unterzuordnen. Im Konfliktfall gab die

Meinung des Bischofs den Ausschlag. Der Grundsatz, in Glaubensfra-

gen bestehende Autoritäten anzuerkennen, entwickelte sich zu einer

psychischen Grunddisposition im katholischen Lager, die weit in die

Politik hinein wirkte. In der von Landesamtsdirektor Elmar Grabherr

beeinflussten offiziösen Geschichtsschreibung Vorarlbergs nach 1945

wurde diese Haltung der Konservativen als demokratischer Ausdruck

der Selbständigkeit Vorarlbergs gegenüber dem »Wiener Zentralismus«

gewertet. Von Demokratie nach westlichem Muster kann freilich nicht

die Rede sein. Autoritäre Denkmuster wirkten im klerikalen Lager bis

in die Ära Dollfuß und Schuschnigg hinein. Die Politik der Konservati-

ven war auch eine Abkehr von der alten ständischen Demokratie Vorarl-

bergs. In den Landtagen früherer Zeiten war der Klerus nicht vertreten.

»Völkisches« Denken war dem politischen Katholizismus in Vorarlberg

nicht fremd. Somit wird auch der Einfluss Elmar Grabherrs erklärbar,

der als Propagandist der Alemannenideologie das politische Selbstver-

ständnis in Vorarlberg nachhaltig prägte.

Heft 114 Mai 2005

IMPRESSUM: VORARLBERG MAGAZIN, MAI 2005 – HEFT-NUMMER 114/2005

VERLEGER UND HERAUSGEBER: LAND VORARLBERG, LANDHAUS, A-6901 BREGENZ | BÜRGERINFORMATION ÜBER AUFGABEN UND ANLIEGEN DER VORARLBERGER LANDESPOLITIK UND LANDESVERWALTUNG |

REDAKTION: PETER MARTE (CHEFREDAKTION); RUTH ALLGÄUER, KUNO BACHSTEIN, GABRIELE BÖHEIM, PETER BUSSJÄGER, HILDEGARD BREINER, SILKE COMETTO, THOMAS FEURSTEIN, GEBHARD HALDER,

ELISABETH HELFER, MANFRED HELLRIGL, JÜRGEN KESSLER, EUGEN LEISSING, THOMAS MAIR, SANDRA MAZAGG, ULRICH NACHBAUR, ALOIS NIEDERSTÄTTER, ARNO REBENKLAUBER, GERHARD WIRTH,

HARALD WITWER | FOTOS: ARCHIV LANDES PRESSESTELLE, BREGENZER FESTSPIELE, HILDEGARD BREINER, ANTON BURTSCHER, GRAFIK DESIGN CALDONAZZI, CLOSE UP, JOHANNES EINSIEDLER, KARL FORSTER,

WERNER GNAIGER, AMT DER STADT HOHENEMS, CHRISTIAN JUNGWIRTH, CHRISTINE KEES, HELMUT KLAPPER, MIRO KUZMANOVIC, LANDESARCHIV, LANDESBIBLIOTHEK, LANDESHOCHBAUAMT,

LANDTAGSKANZLEI, ENRICO MAHL, THOMAS MAIR, MOMA, EDGAR NATTER, ROSI NATTER, STANKO PETEK, HARALD PFARRMAIER, STADTARCHIV DORNBIRN, OSKAR SPANG, URS SCHWARZ, VORARLBERG

TOURISMUS, VORARLBERG CHRONIK, NIKOLAUS WALTER, FIRMA WAIZINGER, GERHARD WIRTH, HARALD WITWER | GESTALTUNG UND PRODUKTION: DAVILLA WERBEAGENTUR GMBH, BREGENZ |

LITHO UND DRUCK: VVA VORARLBERGER VERLAGSANSTALT AG, DORNBIRN

An einen Haushalt P. b. b.

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Zulassungsnummer

02Z031601

Amtliche Mitteilung

Erscheinungsort Bregenz

Hergestellt aus

chlorfreiem Papier

Jubiläumsjahr 2005Vorarlberg. Österreich. Europa.

Vorarlberg seit 1945

Erfolgreich, weil menschlich

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