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1 Lebensstandards von armen Kleinbauern verbessern, oder den Weg ebnen für „Big Business“ in der Landwirtschaft? Die Weltbank hat das erste Konzeptpapier ihres neuen „Doing Business in Agriculture“ Projekts veröffentlich. In der Einleitung des Konzeptpapiers 1 , das derzeit nur über die Website des dänischen Außenministeriums erhältlich ist, wird erklärt, dass die Doing Business Methodik für Doing Business in Agriculture (DBA) genutzt werden wird, um „Indikatoren von Gesetzen und Regulationen betreffend landwirtschaftlicher Geschäfte zu entwickeln“ (DBA Concept Note 2012: S.1) 2 . Das Ziel des DBA Berichtes sei es, „Reformen im gesetzlichen und regulativen Umfeld der Landwirtschaft in verschiedenen Ländern zu stimulieren, mit dem Endziel, die Produktivität von Kleinbauern, die Entwicklung von Agrobusiness und die Lebensstandards auf dem Land zu verbessern“ (DBA 2012: S.1). Zu Anfang soll das Projekt in ca. 80 Ländern auf der Welt, in denen die Landwirtschaft mindestens 10% des BIPs ausmacht, durchgeführt werden. Die offizielle Datenerfassung und die Datenanalyse haben bereits begonnen. Der „offizielle Entwurf des DBA Methodik- Papiers und der Erhebungsunterlagen“ werden für September 2013 erwartet (DBA 2012: S. 10). Der erste DBA Bericht soll im November 2014 erscheinen. (DBA 2012). Mehrere Gründe werden für die Wichtigkeit des DBA Projekts gegeben. Landwirtschaft gilt als Haupt-Beschäftigungsquelle in vielen Entwicklungsländern und das Konzeptpapier gibt an, dass die Regierungen in Entwicklungsländern eine wichtige Rolle in der Produktivitätssteigerung in der Landwirtschaft spielen (DBA 2012). Unsichere Landbesitzrechte und der Mangel an Zugang zu Wasser und anderen landwirtschaftlichen Ressourcen werden als weitere Punkte für die Wichtigkeit von DBA genannt. Außerdem fehle Kleinbauern häufig Zugang zu Mikrokrediten und anderen, formellen Wegen für eine Finanzierung. Bauern gelten laut DBA Konzeptpapier als schlecht ausgestattet und ungebildet. Daher seien sie oft nicht in der Lage Qualitäts- und Sicherheitsrichtlinien zu erfüllen. Das Ziel von DBA sei es, all diese Probleme zu bekämpfen und zu lösen. Durch den Gebrauch der Doing Business Methodik, die von der Weltbank bereits seit 2003 genutzt wird, sei ein länderübergreifender Vergleich (,Benchmarking‘) möglich. Des Weiteren würden Länder dazu angespornt, untereinander im Bezug auf ihre landwirtschaftliche Gesetzeslage zu konkurrieren. Im DBA Konzeptpapier heißt es, dass „Regeln und Regulierungen, die direkten Einfluss auf mittelständische und Groß-Unternehmen haben - wie z.B. Regeln den Handel, Beschäftigungsbedingungen, Produktnormen und Zugang zu Finanzierung betreffend-, die 1 Am 28. und 29. Juni 2012 fand in Kopenhagen eine Konsultation der Weltbank zu Indices für die Landwirtschaft statt. Das dänische Außenministerium veröffentlichte das Konzeptpapier mit dem Titel „Doing Business in Agriculture“ (DBA) auf seiner Internetseite. http://um.dk/en/~/media/UM/English-site/Documents/Danida/Activities/TAS/Events/Agricultural%20Index/ Doing%20Business%20in%20Agriculture%20Concept%20Note%20World%20Bank.ashx http://um.dk/en/~/media/UM/English-site/Documents/Danida/Activities/TAS/Events/ Agricultural%20Index/Copenhagen%20Consultation%20Scope.ashx 2 World Bank, International Bank for Reconstruction and Development, and International Finance Corporation. 2012. "Doing Business in Agriculture Concept Note World Bank," in Agriculture Index Consultation. Copenhagen.

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Lebensstandards von armen Kleinbauern verbessern, oder den Weg ebnen für „Big Business“ in der Landwirtschaft? Die Weltbank hat das erste Konzeptpapier ihres neuen „Doing Business in Agriculture“ Projekts veröffentlich. In der Einleitung des Konzeptpapiers1, das derzeit nur über die Website des dänischen Außenministeriums erhältlich ist, wird erklärt, dass die Doing Business Methodik für Doing Business in Agriculture (DBA) genutzt werden wird, um „Indikatoren von Gesetzen und Regulationen betreffend landwirtschaftlicher Geschäfte zu entwickeln“ (DBA Concept Note 2012: S.1)2. Das Ziel des DBA Berichtes sei es, „Reformen im gesetzlichen und regulativen Umfeld der Landwirtschaft in verschiedenen Ländern zu stimulieren, mit dem Endziel, die Produktivität von Kleinbauern, die Entwicklung von Agrobusiness und die Lebensstandards auf dem Land zu verbessern“ (DBA 2012: S.1). Zu Anfang soll das Projekt in ca. 80 Ländern auf der Welt, in denen die Landwirtschaft mindestens 10% des BIPs ausmacht, durchgeführt werden. Die offizielle Datenerfassung und die Datenanalyse haben bereits begonnen. Der „offizielle Entwurf des DBA Methodik- Papiers und der Erhebungsunterlagen“ werden für September 2013 erwartet (DBA 2012: S. 10). Der erste DBA Bericht soll im November 2014 erscheinen. (DBA 2012). Mehrere Gründe werden für die Wichtigkeit des DBA Projekts gegeben. Landwirtschaft gilt als Haupt-Beschäftigungsquelle in vielen Entwicklungsländern und das Konzeptpapier gibt an, dass die Regierungen in Entwicklungsländern eine wichtige Rolle in der Produktivitätssteigerung in der Landwirtschaft spielen (DBA 2012). Unsichere Landbesitzrechte und der Mangel an Zugang zu Wasser und anderen landwirtschaftlichen Ressourcen werden als weitere Punkte für die Wichtigkeit von DBA genannt. Außerdem fehle Kleinbauern häufig Zugang zu Mikrokrediten und anderen, formellen Wegen für eine Finanzierung. Bauern gelten laut DBA Konzeptpapier als schlecht ausgestattet und ungebildet. Daher seien sie oft nicht in der Lage Qualitäts- und Sicherheitsrichtlinien zu erfüllen. Das Ziel von DBA sei es, all diese Probleme zu bekämpfen und zu lösen. Durch den Gebrauch der Doing Business Methodik, die von der Weltbank bereits seit 2003 genutzt wird, sei ein länderübergreifender Vergleich (,Benchmarking‘) möglich. Des Weiteren würden Länder dazu angespornt, untereinander im Bezug auf ihre landwirtschaftliche Gesetzeslage zu konkurrieren. Im DBA Konzeptpapier heißt es, dass „Regeln und Regulierungen, die direkten Einfluss auf mittelständische und Groß-Unternehmen haben - wie z.B. Regeln den Handel, Beschäftigungsbedingungen, Produktnormen und Zugang zu Finanzierung betreffend-, die

1 Am 28. und 29. Juni 2012 fand in Kopenhagen eine Konsultation der Weltbank zu Indices für die Landwirtschaft statt. Das dänische Außenministerium veröffentlichte das Konzeptpapier mit dem Titel „Doing Business in Agriculture“ (DBA) auf seiner Internetseite. http://um.dk/en/~/media/UM/English-site/Documents/Danida/Activities/TAS/Events/Agricultural%20Index/ Doing%20Business%20in%20Agriculture%20Concept%20Note%20World%20Bank.ashx http://um.dk/en/~/media/UM/English-site/Documents/Danida/Activities/TAS/Events/ Agricultural%20Index/Copenhagen%20Consultation%20Scope.ashx 2 World Bank, International Bank for Reconstruction and Development, and International Finance Corporation. 2012. "Doing Business in Agriculture Concept Note World Bank," in Agriculture Index Consultation. Copenhagen.

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Wirtschaftlichkeit von Kleinbauern signifikant beeinflussen können und zu landwirtschaftlicher Entwicklung beitragen“ (DBA 2012: S.3). Es wird darüber nachgedacht, sieben so genannte Indikator-Bereiche in das DBA Projekt mit einzuschließen. Diese Indikator-Bereiche sind

1. Export von landwirtschaftlichen Produkten 2. Zugang zu landwirtschaftlichen Vorprodukten (Saatgut, Kunstdünger) 3. Zugang zu Krediten für Agrobusiness 4. Zugang zu landwirtschaftlichen Nutzflächen/Grundbesitz 5. Zugang zu Wasser 6. Lagerung, Handhabung und Transport von landwirtschaftlichen Produkten 7. Vertragsanbau

Allgemeine Kritik zu Doing Business Der Doing Business Report (DBR), der seit 2003 einmal jährlich von der Weltbank veröffentlicht wird, wird von Nichtregierungsorganisationen immer wieder heftig kritisiert. Hauptkritikpunkte sind unter Anderem: • „Regierungen werden entmutigt das zu tun, was kleinen Firmen zu Gute kommen würde2“, stattdessen wird der Weg geebnet für Big Business • „Doing Business wirbt für Reformen, die schädlich sind“, wie z.B. niedrige Unternehmenssteuern und Grundbesitzreformen, die Großinvestoren helfen die Kontrolle über weite Flächen Land zu gewinnen. • „Das Ziel von Doing Business sind nicht optimale Regulierungen, sondern minimale Regulierungen.“ Kontext spezifische Politik wird somit schwieriger und für jedes Problem wird ein und dieselbe Lösung angeboten (Weller 2012: S.2). Das DBA Konzeptpapier geht in die gleiche Richtung. Zwar werden Kleinbauern immer wieder als Grund für die Wichtigkeit des DBA Projekts genannt, allerdings gibt es Grund zu der Annahme, dass Kleinbauern nur in verschwindend geringem Maße von dem Projekt profitieren werden. Es hat nicht nur den Anschein, dass DBA Fehler von Doing Business wiederholt, es werden auch neue, zusätzliche Fehler gemacht. Noch besteht die Chance, Defizite auszubügeln, so lange das Projekt noch in seiner Anfangsphase ist. Ansonsten besteht die Gefahr, dass irreparable Schäden verursacht werden. Die Diskrepanz zwischen Gesetzen und der Realität vor Ort Die Reformen, die DBA vorgibt zu unterstützen, beziehen sich auf die gesetzliche und regulative Ebene in einem Land. Sich ausschließlich auf die gesetzgebende Ebene zu beschränken, wird Kleinbauern auf dem Land, allerdings wenig nutzen. Besonders in Entwicklungsländern ist die Diskrepanz zwischen den Gesetzen auf nationaler Ebene und der Realität der Kleinbauern besonders groß. Gesetze werden häufig nicht ausreichend durchgesetzt bzw. nicht bis zu den Armen kommuniziert. Kleinbauern sind daher über Gesetze vermehrt schlecht informiert und kennen ihre Rechte nicht. Die Folge dessen ist, dass Gesetze vor allem großen, meist ausländischen Investoren nutzen und Kleinbauern eher ausgrenzen als helfen. Innovatives Potenzial unterstützen und unkontrolliertes Dumping verhindern Genauso wie sein Vorbild, der Doing Business Report, wirbt auch DBA fälschlicherweise für den Abbau von Regulierung um jeden Preis. Importbeschränkungen für landwirtschaftliche Vorprodukte sowie Exportlizenzen für landwirtschaftliche Produkte, werden generell als hinderlich für landwirtschaftliche Entwicklung angesehen. Das DBA Konzeptpapier behauptet, der Grund für die geringe Produktivität der Kleinbauern seien Einfuhrsteuern auf Saatgut und Kunstdünger. Diese Verkürzung und Verallgemeinerung ist in den meisten Fällen schlichtweg falsch. Viele Kleinbauern 2 Weller, C. 2012. World Bank Doing Business Rankings: Why investment climate reform should not be a beauty parade.

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arbeiten mit selbst gezüchtetem Saatgut und sind damit erfolgreich. Die Idee, dass alles, was aus der sogenannten entwickelten Welt importiert wird, besser sei, ist gefährlich. Diese Einstellung kann nämlich dazu führen, dass innovatives Potenzial in Entwicklungsländern nicht genutzt wird und somit verloren geht. Abbau von Regulierungen um jeden Preis dienen vor allem Großinvestoren aus dem Ausland und ebnen den Weg für unkontrolliertes Dumping. Kleinbauern werden von der Einfuhr von Saatgut und Kunstdünger abhängig, was sie Jahr für Jahr viel Geld kostet. Klimawandel, Ernährungssicherung und nachhaltige Entwicklung Einige Kernthemen der agrarischen Entwicklung werden in dem DBA Konzeptpapier überhaupt nicht genannt. Ein sich veränderndes Klima und die Gefahr nicht genug zu Essen zu haben, sind reelle Probleme von vielen Kleinbauern in Entwicklungsländern. Bei der Weltbank scheint dies allerdings keine Besorgnis zu erwecken, da dieses Thema in dem DBA Konzeptpapier nicht erwähnt wird. Es scheint auch, als sei die Wichtigkeit von Nachhaltigkeit in agrarischer Entwicklung für die zukünftigen Generationen völlig vergessen worden. Ernährungssicherung und nachhaltige Entwicklung werden nur indirekt und unzureichend genannt, das Thema Klimawandel fehlt in dem DBA Konzeptpapier völlig. Falls das Ziel des DBA Projekts das ist, was es vorgibt zu sein, nämlich „die Produktivität von Kleinbauern, die Entwicklung von Agrobusiness und die Lebensstandards auf dem Land zu verbessern“ (DBA 2012: S.1), sollte die Herangehensweise des Projektes neu durchdacht werden. So wie es zurzeit formuliert ist, wird es besten Falls Großinvestoren dabei helfen, mit der Landwirtschaft große Geschäfte zu machen. Kleinbauern sind dann nicht einmal schmückendes Beiwerk.

Christina Beberdick / Sassenberg, August 2012 Für weitere Informationen: Christina Beberdick ([email protected]) Knud Vöcking ([email protected]) urgewald e.V. Von-Galen-Straße 4 48336 Sassenberg www.urgewald.de