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Thomas Wolf: Dr. Hans Kruse (1882 – 1941). Politiker, Archivar und Historiker im Nationalsozialismus – drei Aspekte eines rechten Wissenschaftlers. .... Bereitet es nicht täglich wieder neue Freude in der Heimat auf Entdeckungsreisen auszugehen, ihre Schönheit zu erkennen, ihre Eigenart mit offenen Augen zu studieren und aus vergilbten Blättern uns über ihre vergangenen Tage zu unterrichten. Ist das nicht edle, schöne Freude, die hoch über allen Vergnügen steht! Und ist es nicht richtiger und ein Zeugnis größerer Bildung: über die Heimat und ihre wirtschaftlichen, sozialen, politischen und sonstigen Verhältnisse Bescheid zu wissen, als mit stolzer Vornehmheit sich mit allen möglichen Kenntnissen ausländischer Verhältnisse zu brüsten?“ Hans Kruse, 1924 1 Begründer und Leiter des Siegerland-Museums, Leiter des Stadtarchivs und der Stadtbibliothek in Siegen, Geschäftsführer des Siegerländer Heimatvereins, Begründer und Schriftleiter vom „Siegerland“ und „Siegerländer Heimatkalender“, Autor vieler Publikationen zur Siegerländer Geschichte 2 – diese zahlreichen Funktionen weist Lothar Irle in seinem Siegerländer Persönlichkeitslexikon Hans Kruse zu. 3 Wenn dies allein nicht Grund genug ist, sich mit der Biographie Kruses zu beschäftigen, so liefert der Blick auf Kruses Lebensdaten mehr als ausreichende Beweggründe, sich mit ihm als Politiker, Archivar und Historiker im Nationalsozialismus auseinander zu setzen. Diese drei Aspekte kommen in der bis jetzt vorliegenden Literatur über Kruse zu kurz. Hans Kruse wurde am 22. April 1882 in Iserlohn geboren. Väterlicherseits darf seine Familie dem gehobenen Bürgertum zugerechnet werden: der Urgroßvater Goldwaagenmacher, der Großvater Johann Jakob Kruse 4 Theologe und Rektor der Bürgerschule sowie der Vater Inhaber eines Fuhrunternehmens, das sich bis ins Ausland erstreckte. Kruses Großvater war als schwarzrotgoldener Burschenschaftler in die Demagogenverfolgung verwickelt und saß mit Fritz Reuter in der Festung Magdeburg ein. 5 In dieser Zeit entstand ein kleiner Gedichtband. Sein Vater Julius Kruse 6 war auch Mitbegründer einer Iserlohner literarischen Vereinigung. 7 Aus der Familie der Großmutter ist der Sprachkundler und Verfasser des ersten westfälischen Wörterbuches Friedrich Leopold Woeste hervorgegangen 8 . Die Mutter Hans Kruses, Hedwig geb. Achenbach 9 , war eine Tochter des Krombacher Pfarrers Friedrich Wilhelm Achenbach. Sie entstammte einer angesehenen Siegerländer Gelehrtenfamilie, deren bedeutendster Vertreter der Minister und Geschichtsschreiber des Siegerlandes, Heinrich von Achenbach, war. 10 Erste Eindrücke vom Siegerland sammelte Kruse beim Besuch des Gymnasiums in Dillenburg. Nach dem frühen Tode des Vaters im Jahr 1884 wohnte er dort im Hause des 1 Siegerländer Heimatkalender 1953 S. 125 (SHK 1953). 2 s. Kruse-Bibliographie von Hans Rudi Vitt in Siegerland 45, 1968, S. 1 – 12. 3 Irle, Lothar: Siegerländer Persönlichkeiten- und Geschlechter-Lexikon, Siegen 1974, S. 196. 4 Freundliche Auskunft des Stadtarchivs Iserlohn, E-Mail v. 19.11.2007 5 Böttger, S. 276. 6 WP 20.03.2004 7 Böttger, S. 275. Julius Kruse, Kaufmann (Spediteur), geb. 04.08.1848 Iserlohn, gest. 05.05.1884 Iserlohn. Julius Kruse war ältester Sohn von Johann Jakob Kruse. Zusammen mit Friedrich Soennecken war er 1870 Mitbegründer des "Kaufmännischen Vereins". Freundliche Auskunft des Stadtarchivs Iserlohn, E-Mail v. 19.11.2007 (Der Märker, Heft 6/1980, S. 178 - 185.) 8 SHK 1953 vermutet, dass darin die volkskundlichen Interessen Kruses begründet seien. 9 WP 20.03.2004 10 SHK 1953.

Dr Hans Kruse

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Politiker, Historiker, Archivar

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Page 1: Dr Hans Kruse

Thomas Wolf: Dr. Hans Kruse (1882 – 1941). Politiker, Archivar und Historiker im Nationalsozialismus – drei Aspekte eines rechten Wissenschaftlers.

„.... Bereitet es nicht täglich wieder neue Freude in der Heimat auf Entdeckungsreisen

auszugehen, ihre Schönheit zu erkennen, ihre Eigenart mit offenen Augen zu studieren

und aus vergilbten Blättern uns über ihre vergangenen Tage zu unterrichten. Ist das

nicht edle, schöne Freude, die hoch über allen Vergnügen steht! Und ist es nicht

richtiger und ein Zeugnis größerer Bildung: über die Heimat und ihre

wirtschaftlichen, sozialen, politischen und sonstigen Verhältnisse Bescheid zu wissen,

als mit stolzer Vornehmheit sich mit allen möglichen Kenntnissen ausländischer

Verhältnisse zu brüsten?“

Hans Kruse, 19241 Begründer und Leiter des Siegerland-Museums, Leiter des Stadtarchivs und der Stadtbibliothek in Siegen, Geschäftsführer des Siegerländer Heimatvereins, Begründer und Schriftleiter vom „Siegerland“ und „Siegerländer Heimatkalender“, Autor vieler Publikationen zur Siegerländer Geschichte2 – diese zahlreichen Funktionen weist Lothar Irle in seinem Siegerländer Persönlichkeitslexikon Hans Kruse zu.3 Wenn dies allein nicht Grund genug ist, sich mit der Biographie Kruses zu beschäftigen, so liefert der Blick auf Kruses Lebensdaten mehr als ausreichende Beweggründe, sich mit ihm als Politiker, Archivar und Historiker im Nationalsozialismus auseinander zu setzen. Diese drei Aspekte kommen in der bis jetzt vorliegenden Literatur über Kruse zu kurz. Hans Kruse wurde am 22. April 1882 in Iserlohn geboren. Väterlicherseits darf seine Familie dem gehobenen Bürgertum zugerechnet werden: der Urgroßvater Goldwaagenmacher, der Großvater Johann Jakob Kruse4 Theologe und Rektor der Bürgerschule sowie der Vater Inhaber eines Fuhrunternehmens, das sich bis ins Ausland erstreckte. Kruses Großvater war als schwarzrotgoldener Burschenschaftler in die Demagogenverfolgung verwickelt und saß mit Fritz Reuter in der Festung Magdeburg ein.5 In dieser Zeit entstand ein kleiner Gedichtband. Sein Vater Julius Kruse6 war auch Mitbegründer einer Iserlohner literarischen Vereinigung.7 Aus der Familie der Großmutter ist der Sprachkundler und Verfasser des ersten westfälischen Wörterbuches Friedrich Leopold Woeste hervorgegangen8. Die Mutter Hans Kruses, Hedwig geb. Achenbach9, war eine Tochter des Krombacher Pfarrers Friedrich Wilhelm Achenbach. Sie entstammte einer angesehenen Siegerländer Gelehrtenfamilie, deren bedeutendster Vertreter der Minister und Geschichtsschreiber des Siegerlandes, Heinrich von Achenbach, war.10 Erste Eindrücke vom Siegerland sammelte Kruse beim Besuch des Gymnasiums in Dillenburg. Nach dem frühen Tode des Vaters im Jahr 1884 wohnte er dort im Hause des

1 Siegerländer Heimatkalender 1953 S. 125 (SHK 1953). 2 s. Kruse-Bibliographie von Hans Rudi Vitt in Siegerland 45, 1968, S. 1 – 12. 3 Irle, Lothar: Siegerländer Persönlichkeiten- und Geschlechter-Lexikon, Siegen 1974, S. 196. 4 Freundliche Auskunft des Stadtarchivs Iserlohn, E-Mail v. 19.11.2007 5 Böttger, S. 276. 6 WP 20.03.2004 7 Böttger, S. 275. Julius Kruse, Kaufmann (Spediteur), geb. 04.08.1848 Iserlohn, gest. 05.05.1884 Iserlohn. Julius Kruse war ältester Sohn von Johann Jakob Kruse. Zusammen mit Friedrich Soennecken war er 1870 Mitbegründer des "Kaufmännischen Vereins". Freundliche Auskunft des Stadtarchivs Iserlohn, E-Mail v. 19.11.2007 (Der Märker, Heft 6/1980, S. 178 - 185.) 8 SHK 1953 vermutet, dass darin die volkskundlichen Interessen Kruses begründet seien. 9 WP 20.03.2004 10 SHK 1953.

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Patenonkels, des Lederfabrikanten Friedrich Schramm11. Bereits in seiner Dillenburger Zeit, wo er 190112 sein Abitur bestand, rückte das Interesse an der Siegerländer Geschichte, u. a. in Person Wilhelm des Schweigers, an Siegerländer Wirtschaftsgeschichte und an Siegerländer Volkskunde in den Mittelpunkt seines Interesses.13 Zunächst jedoch begann er eine kaufmännische Lehre in einem Düsseldorfer Bankhaus14. Seit Ostern 1902 studierte Kruse in Marburg/Lahn Geschichtswissenschaft, Germanistik und Theologie.15 Er schloss sich dort dem Verein Deutscher Studenten, einem studentischen Verband, aus der antisemitischen Bewegung der 1880er Jahre hervorgegangen, an.16. Der Verein machte ferner die Beschäftigung mit national-politischen und sozialen Fragen zur Pflicht.17 Sein Engagement in dieser studentischen Verbindung bildete die Basis für seine Forschungen zum Deutschtum im Ausland18. Eine wertvolle Freundschaft verband Kruse mit Vereinsmitglied Karl Ernst Osthaus, dem Gründer des Hagener Museums. Über den Stilverfall und die „ästhetische Verwahrlosung“ haben sie wohl gleich gedacht.19 1905 übernahm er in Marburg führende Rolle beim Kampf um die akademische Freiheit; die studentische Selbstverwaltung sollte durch autoritäre Bestrebungen des preußischen. Kultusministerium aufgeweicht werden20. Nach Stationen in Leipzig und Berlin kehrte Kruse nach Marburg zurück, um dort im Herbst 1906 zu promovieren. Seine Dissertation lautete „Forstwirtschaft und Industrie im ehemaligen Fürstentum Nassau-Siegen“.21 Etwa in dieser Zeit zog Hans Kruse mit seiner Mutter von Dillenburg nach Siegen-Hillnhütten. Nur kurzfristig gehörte Kruse dem Infanterieregiments 53 in Köln an. Wegen einer schweren rheumatischen verließ er den Militärdienst wieder.22 Im Sommer 1907 bestand er das philologische Staatsexamen in Marburg und trat in einen zweijährigen Vorbereitungsdienst für den höheren Schuldienst ein, der ihn nach Herford und an das Siegener Realgymnasium führte. Am 01. April 1910 trat er eine Stelle als Oberlehrer an der Siegener höheren Mädchenschule an.23 Am 29. Oktober 191024 heiratete Hans Kruse sein Frau Julie25, mit der er am Siegener Häusling ein Haus in der Martin-Luther-Str.26 für die junge Familie errichtete. Am 23. April 1911 wurde in Siegen ihre Tochter Hede27 geboren.28

11 Siegerland 23, 1941, S. 37-41 (Trauerrede Böttger anlässlich der Trauerfeier im Siegerlandmuseum, 19.10.1941), S. 38. 12 Siegerland 23, 1941, S. 37. 13 SHK 1953. 14 Siegerland 23, 1941, S. 38. 15 Siegerland 23, 1941, S. 38. 16 Der Verein Deutscher Studenten nahm u. a. kein jüdischen Studenten auf. 17 Böttger, S. 277. 18 Siegerland 23, 1941, S. 38. „In seinem engeren Freundeskreis gehörten stets Bundesbrüder von jenseits der Reichsgrenzen, darunter manche, die später anführender Stelle im Deutschtumskampf in Siebenbürgen, im Banat und Jugoslavien ihren Mann gestanden haben.“ Böttger, S. 277. Wer waren diese Freunde ? 19 Böttger, S. 278. 1931 widmet Kruse Osthause eine Würdigung in der VDSt –Schrift „50 Jahre Arbeit für Volkstum und Staat.“ 20 Siegerland 23, 1941, S. 38. 21 Siegerland 23, 1941, S. 38. 22 Siegerland 23, 1941, S. 39. 23 Siegerland 23, 1941, S. 39. 24 Verlobung (?) am 29.03.1910 lt. SZ 01.04.1910 25 s. Siegerländer Heimatkalender 1965, S. 101-104f.: Julie Kruse (1883-1956): Angehörige des Berliner Dichterkreis der Monatszeitschrift „Charon“ um Otto zur Linde, Rudolf Paulsen, (Else Lasker-Schüler) Gedichte Julie Kruses erschienen 1921 bei Erich Matthes. Leipzig. Früher Verlust eines Kindes. Krank („Heilige“). 1910 Berliner Charonverlag „Julchen, ein Buch vom kleinen Leben“. WP 20.03.2004 gibt Betty bzw. Berta Boeckmann als Name von Kruses Frau an.

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Am 04. Januar 1911 fand die Gründungsversammlung des Vereins für Heimatkunde und Heimatschutz im Siegerland, der heutige Siegerländer Heimat- und Geschichtsvereins, statt. Gemeinsam mit seinem Onkel dem Superintendenten Achenbach29 hat Kruse über die Vereinsgründung nachgedacht, die sowohl dem Heimatschutz und der Heimatkunde verpflichtet sein sollte.30 Als dessen Schriftführer redigierte er Kruse 23 Bände der Vereinszeitschrift „Siegerland“.31 1920 erschien auf Kruse Betreiben der erste Siegerländer Heimatkalender. Im Vorwort stellte er Motivation und Ziel des Buches erhellend und entlarvend dar:

„Was dieses Büchlein will, sagt es selbst: Freude wecken an der Heimat, allem

Schönem und Edlem, was in ihr lebt und webt. Dazu gehören vor allem die Treue und

Schlichtheit ihrer Bewohner. Wir wissen zwar, dass der böse Geist, der während des

Krieges und vor allen nach seinem unglücklichen Ausgang über unser Volk gekommen

ist, auch unser Siegerland ergriffen hat. Ihm möchte dieses Büchlein entgegentreten

....“32

Heifer berichtet über die Vorträge Kruse bei den Vereinsversammlungen bei Schneck am Siegener Markt, dass Kruse „ bedächtig, oft erst auf langem Anmarsch dem eigentlichen Ziel

nähernd“ und „beredt, aber er kam nur da in das Feuer der Beredsamkeit, wenn es den Kern

betraf“ gesprochen habe.33 Seit 1927 fungierte Kruse als hauptamtlicher Museumsleiter, nachdem er von seinen Lehrerpflichten entbunden worden war. 1937 war er Mitbegründer des Vereins der Freunde und Förderer des Museum des Siegerlandes.34 Hans Kruse vertrat das Siegerland - neben Dr. Jakob Heinzerling35 und Kommerzienrat Weinlig36 - bei der Gründungsversammlung des Westfälischen Heimatbundes am 20. Dezember 1915 als Vertreter des Siegerlandes.37 In den Heimatbund-Fachstellen Geschichte, Schrifttum, Heimatschutz und Baupflege sowie Naturschutz und Naturkunde wirkte er mit.38

26 SZ 28.09.1966 27 verheiratet mit Rechtsanwalt und Notar Dr. Werner Harr in Burbach (Sohn des Siegener Bäckers Max Harr), seit 1957 Leiterin der Frauenarbeit im Kreisverband des Roten Kreuzes, Kreis Siegen, seit 1969 stv. Landesleiterin der Frauenarbeit des Roten Kreuzes zu Münster (SZ 22.4.1971), Irle S. 126. 28 Siegerland 23, 1941, S. 39. 29 Gustav Achenbach, geb. 18.11.1847 in Kreuztal-Krombach, gest. 21.03.1911 in Siegen, 1874-1880 Pfarrer in Oberholzklau, 1880-1886 in Wiehl, 1886-1911 in Siegen, 1908-1911 Superintendent in Siegen, s. Irle, Lothar: Siegerländer Persönlichkeiten- und Geschlechterlexikon, Siegen 1974, S. 12. 30 Böttger. S. 279 31 Siegerland 23, 1941, S. 39. 32 SHK 1953. 33 Heifer bemerkt weiter, dass die seine Redeweise eine eigentümliche Entsprechung zur Gangart besessen habe. So sah man Kruse „gegen 9 Uhr das Löhrtor hinaufkommen und dem Museum gemächlich wandelnd

zustreben.“ 34 Siegerland 23, 1941, S. 40. 35 Dr. phil. Jakob H. Heinzerling (geb. 12.09.1846 in Siegen, gest. 19.04.1941 in Siegen), Prof. am Siegener Realgymnasium, Siegerländer Sprach- und Volkskundeforscher, u.a. Mitherausgabe des Siegerländer Wörterbuchs, s. Irle, Lothar: Siegerländer Persönlichkeiten- und Geschlechterlexikon, Siegen 1974, S. 134. 36 August Weinlig (geb. 26.04.1843 in Soltau, gest. 17.12.1929 in Siegen), nach Studium an der TH Hannover und der Bergakademie in Freiberg, seit 1880 Direktor der Geisweider Eisenwerke, 1908 Kommerzienrat, Stadtverordneter, Mitglied des Siegener Kreistages, Wetterberichter für den Siegerländer Heimatkalender, s. Irle, Lothar: Siegerländer Persönlichkeiten- und Geschlechterlexikon, Siegen 1974, S. 362. 37 Siegerland 23, 1941, S. 42. 38 Siegerland 23, 1941, S. 40.

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Ebenso vertrat er das Siegerland am Landesgeschichtliches Institut der Uni Münster39 und Historische Kommission für Nassau40. Politisch Nationalliberal war er mit Mitglied in der DVP41.Vorstandsmitglied42 Stadtverordneter in Siegen43 Lt. Wahlmitteilung der DVP zur Wahl der Stadtverordnetenversammlung im _November 1929 befand sich Kruse auf Listenplatz 344, Reichtagskandidat (aussichtsloser Listenplatz) bei Juli-Wahl 1932(machte Auflösungsbestrebungen hin zur DNVP nicht mit, 1 Wahlkampfveranstaltung (16.7., 30.7. SZ) 45 „aufrüttelnder Redner der Tirpitzschen Vaterlandspartei im ersten Weltkrieg“46 „seit Ende der zwanziger Jahre eine feste Brücke zu schlagen zu den großdeutschen Volkstumsbrüdern an Maas, Schelde und in den Niederlanden.“47 Religiosität „innerlich fromm, frei von dogmatischen Bindungen“, tiefes Verständnis von Jung-Stilling, dessen Werk „Mutter Fischelbach“ viel bedeutete.48 Heifers Charakteristik:49 Bis spät in die Nacht hinein forschte Kruse in seinem privaten Arbeitszimmer in den Akten oder überarbeitete seine Manuskripte. Die Bewertung von relevanten und nebensächlichem scheint ihm leicht gefallen zu sein. Als Erholung diente das gemütliche Beisammensein mit alten Heimatfreunden in Siegener Gaststätten (Donsbach, später Weinstube Hoch), bei denen das ein oder andere Glas Wein getrunken wurde. Kruse war als großzügiger Gastgeber bekannt. Schließlich beschreibt Heifer Kruses Laster: „Natürlich rauchte er auch viel und gut

– ohne Rücksicht auf die Gardinen.“ Am 27. September 1941starb Hans Kruse in Wien50 Wirken Kruses „Dr. Kruse möchte am liebsten ganz Siegen unter eine Glocke stecken“

51 Bibliographie52 „Heimat in Not“ Siegerland 14, 1932, S. 3: Rückbesinnung auf traditionelle Wirtschaftsweisen 53 Kommentar Juli im SHK 1933: Wahlanalyse im Jahresrückblick: Stimmenverluste der NSDAP liegen in Hinwendung zum „Marxismus und Kommunismus“ (Unterstützung Berliner Transportarbeiterstreik)begründet54

39 Siegerland 23, 1941, S. 40. 40 Siegerland 23, 1941, S. 40. 41 Siegerland 23, 1941, S. 41. 42 Pfau, S. 113. 43 Pfau, S. 116. 44 SZ 16.11.1929 45 Pfau, S. 173. 46 Böttger, S. 283. 47 Böttger, S. 283. „warmherzigen Nachrufen in der Flamenpresse“ 48 Böttger, S83. 49 Heifer 50 Irle, Lothar: Siegerländer Persönlichkeiten- und Geschlechterlexikon, Siegen 1974, S.196. 51 Alfred Fißmer (1878 –1966), Siegener (Ober)bürgermeister über Kruse (1919-1945). Lt. SZ 28.9.1966 52 Vitt, Hans Rudi: Bibliographie Dr. Hans Kruse (1882 – 1941), in: Siegerland 45, 1968, S. 1 – 12. 53 Pfau, S. 32.

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Tadel für nassau-oranische Dynastengeschichte, beste Arbeiten Wilhelm Schweiger Anna von Sachsen55 „Blechdach“ 1918 „Heimatschulen und Heimatforschung“ Museumsleiter • Ausstellungen:56

1924 700 Jahr-Feier der Stadt Siegen 1927 Rubensausstellung 1930 Reformationsschau 1938 Berg- und Hüttenmännische Ausstellung 1940/41 Rubensausstellung Kleinere: Jung-Stilling, Jung-Dörfler, Wilhelm von Oranien, Fürst Johann Moritz,

• Kruse verstand es Kulturgut „freundlich abzuschmeicheln“, während ihm andererseits alles Historische zugetragen wurde57

• Gutachten für Kriegerdenkmalsentwürfe, u. a. Neunkirchen zugunsten Hermann Kuhmichel58

• Förderung von Heimatdichtern und regionalen Künstlern59 • Tagungsorganisation60 • Redner zur regionalen Geschichte im Rundfunk61 • Festvortrag Verfassungsfeier 1931: Leben und Werk des großen preußischen

Staatsmannes Reichsfreiherr vom Stein „Der geschichtliche Rückgriff .... erlaubte [Kruse] die politische Brisanz der aktuellen

Bedeutung der Weimarer Verfassung weitgehend auszublenden....“62

, „zögerlicher

Taktiker“63

Archivleiter Einschätzung Kruse bei Pfau: „Zu denjenigen Repräsentanten der regionalen politischen Deutungselite, die der

Entwicklung kritischer gegenüber standen, gehörte der Siegener Museumsleiter und

nationalliberale Politiker Hans Kruse. In den Jahren 1929-1931 findet man in auf der Seite

der den Weimarer Staat trotz seiner Mängel befürwortenden politischen Kräfte, ein

Standpunkt, den er auch am Jahresende 1932 noch nicht vollends aufgegeben hatte

(Jahresrückblicke Heimat und Welt“ im SHK 1929-1932). Doch bereits 1929 zeigte er

angesichts der Young-Kampagne Verständnis für diejenigen, „welche aus begreiflichen,

gefühlsmäßigen Erwägungen und aus berechtigten Zorn [...] ihr nationales Empfinden in

Politik umsetzen.“ (SHK 1930)Drei Jahre später gegen Ende des Jahres 1932, war die

vormals eindeutige Parteinahme für demokratische Lösungsangebote und die Ablehnung der

als „rechtsradikal“ eingeordneten NSDAP einer ambivalenten Position gewichen. Kruse

bekundete der „großen deutschen Freiheitsbewegung“ seine Achtung; ihr großer Verdient sei

54 Pfau, S. 183. 55 Böttger, S. 276. Woher Tadel ? 56 Böttger, S. 281. 57 Engelbert, S. 98 58 Pfau, S. 38. 59 Engelbert, S. 98 60 Engelbert, S. 98 61 Engelbert, S. 98 62 Pfau, S. 113. 63 Pfau, S. 177.

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es „weite Kreise der deutschen Volkes dem nationalen Gedanken wiedergewonnen zu

haben.“(SHK 1933)64 20. April 1952 Pflanzen der Hans-Kruse-Eiche im äußeren Schlosshof Festakt mit Streichquartett der Hilchenbacher Orchesterschule, Redner: Böttger,

Wurmbach trägt „Der Genius“ vor (WP 21.4.1952, Bild 23.4.1952) Dr. Bernd Roedig, Museumsleiter, in WR 29.9.1966 : „Sein Vermächtnis möge uns

gegenwärtig sein und uns verpflichtet finden, zu erfüllen, was er gewollt und begonnen hat.“ Quellen: Böttger, Hermann: Hans Kruse (1882-1941), in: Nassauische Lebensbilder. Bd. 5 (1955), S. 275 – 284 (Böttger) Busch, Helmut: zur Erinnerung an Dr. Hans Kruse (1882-1941), in: Siegerland Bd. 79 (2002), S. 162 - 166 Engelbert, Hermann: Dr. Hans Kruse, dem „Kalendermann“ zum Gedächtnis, in Siegerländer Heimatkalender 1942, S. 97 – 100 (Engelbert, S. 97-100). Heifer Otto: Erinnerung an Dr. Hans Kruse, in: Unser Heimatland 1955, S. 115 (Heifer) Irle, Lothar: Siegerländer Persönlichkeiten- und Geschlechterlexikon, Siegen 1974, S.196 Pfau, Dieter: Christenkreuz und Hakenkreuz. Siegen und das Siegerland am Vorabend des „Dritten Reiches“, Siegener Beiträge. Studien zur Regionalgeschichte Bd. 1, Bielefeld 2000, (=Pfau) Siegerländer Heimatkalender 1953 S. 125; 1965, S. 101 f. Siegerland 23, 1941, S. 37-41 (Trauerrede Böttger), S. 42-43 (Trauerrede Studienrat Dr. Wilhelm Schulte, Hauptfachstellenleiter des Westfälischen Heimatbundes, Ahlen: Kruse als Lehrer am Lyz 1916 wollte mit 25 Schülerinnen Jung-Stillings Lebensgeschichte lesen, in den Familien kein Exemplar vorhanden) Vitt, Hans Rudi: Bibliographie Dr. Hans Kruse (1882 – 1941), in: Siegerland 45, 1968, S. 1 – 12 SZ 01.04.1910, 16.11.1929, 28.09.1966 WP 20.03.2004 Pfau, Dieter: Regionale Identität zwischen Konstruktion und Wirklichkeit. Das Beispiel der „Siegerland-Mentalität“., in: Westfälische Forschungen 52 (2002), S. 357-369 (S. 360) Vitt Nr. 5915-5926 Siegerländer Lebensbilder von Wilhelm Güthling, S. 40 SZ 29.9.1941, 21.4.1952 (Kruse-Eiche), 28.9.1966 WR 29.9.1966 WP 29.9.1966 Weber, Karl-Heinz: Die Siegener Stadtbücherei. Eine Fundgrube aller Schätze des Wissens. In: Siegener Zeitung. Jg. 118, Nr. 44 vom 21. Februar 1940 Güthling, Wilhelm: Das Siegerländer Büchereiwesen. In: Siegerland. Blätter des Siegerländer Heimatvereins e. V. 30 (1953) S. 1-12 Güthling, Wilhelm (Hrsg.): Die heimatkundlichen Bestände der Stadtbücherei Siegen. Siegen 1950 (Forschungshilfen zur Siegerländer Heimatkunde, 1) Hermann Schmöckel, Das städtische Archiv in Siegen, in: Georg Mollat, Hg., Siegerländer Heimatbuch. 1914 Hans Kruse, Das Siegener Stadtarchiv und seine Geschichte, in: Siegener Zeitung Nr. 73 vom 29. März 1932, Nachdruck: Siegerland 42. 1965 S. 4-15.

64 Pfau, S. 203.

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Stadtarchiv Siegen, NL Wurmbach Briefwechsel mit Kruse Bestand 405 (SHGV) Nr. 26 Bd. 1 (Manuskript Blechdach) Archiv Wilhelm Münker, Schriftwechsel mit Kruse