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Physikalisches Grundpraktikum E6 - Transformator 05/10/2016 1/6 E6 - Transformator Aufgabenstellung: Ermitteln Sie das Strom- und Spannungsübertragungsverhältnis eines Transformators für zwei verschiedene Sekundärwindungszahlen mittels Leerlauf- und Kurzschlussschaltung. Bestimmen Sie die Primär- und Sekundärleistung in Abhängigkeit von der Größe eines OHMschen Lastwiderstandes und ermitteln Sie den Wirkungsgrad des realen Transformators. Stichworte zur Vorbereitung: Durchflutungsgesetz, magnetischer Fluss, Induktionsgesetz, Induktivität, Selbstinduktion, Gegeninduktion, idealer Transformator, belasteter und unbelasteter Trans formator, Wirkungsgrad, Maschenregel Literatur: W. Schenk, F. Kremer (Hrsg.) Physikalisches Praktikum, Kap. 2.5, 14. Auflage, Springer Verlag Wiesbaden 2014 H. J. Paus, Physik in Experimenten und Beispielen, Kap. 31.1, 34.9 & 35.2, 3. Auflage, Carl Hanser Verlag München 2007 W. Demtröder, Experimentalphysik , Band 2: Elektrizität und Optik, Kap. 5.6, 6. Auflage, Springer Verlag Berlin 2013

E6 - Transformator - Technische Universität Chemnitz · Physikalisches Grundpraktikum E6 - Transformator 05/10/2016 2/6 1. Theoretische Grundlagen Induktivität und Gegeninduktivität

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Physikalisches Grundpraktikum E6 - Transformator

05/10/2016 1/6

E6 - Transformator

Aufgabenstellung:

Ermitteln Sie das Strom- und Spannungsübertragungsverhältnis eines Transformators für zwei

verschiedene Sekundärwindungszahlen mittels Leerlauf- und Kurzschlussschaltung.

Bestimmen Sie die Primär- und Sekundärleistung in Abhängigkeit von der Größe eines

OHMschen Lastwiderstandes und ermitteln Sie den Wirkungsgrad des realen Transformators.

Stichworte zur Vorbereitung:

Durchflutungsgesetz, magnetischer Fluss, Induktionsgesetz, Induktivität, Selbstinduktion,

Gegeninduktion, idealer Transformator, belasteter und unbelasteter Transformator,

Wirkungsgrad, Maschenregel

Literatur:

W. Schenk, F. Kremer (Hrsg.) Physikalisches Praktikum, Kap. 2.5, 14. Auflage, Springer Verlag

Wiesbaden 2014

H. J. Paus, Physik in Experimenten und Beispielen, Kap. 31.1, 34.9 & 35.2, 3. Auflage, Carl

Hanser Verlag München 2007

W. Demtröder, Experimentalphysik, Band 2: Elektrizität und Optik, Kap. 5.6, 6. Auflage,

Springer Verlag Berlin 2013

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1. Theoretische Grundlagen

Induktivität und Gegeninduktivität

Fließt in einer Spule ein Strom 𝐼, so erzeugt dieser einen magnetischen Fluss 𝛷𝑚 ∼ 𝐼. Bei einer Spule

mit 𝑁 Windungen schreibt man nun 𝑁 ⋅ 𝛷𝑚 = 𝐿 ⋅ 𝐼 und definiert damit die Induktivität

𝐿 = 𝑁 ⋅𝛷𝑚

𝐼, [𝐿] = 1

Vs

A= 1H 1 (1)

der Spule. Für eine lange (Länge 𝑙), dünne Spule, bei der das magnetische Feld mit der magnetischen

Flussdichte 𝐵 = 𝜇𝜇0𝐻 die Querschnittsfläche 𝐴 senkrecht durchsetzt, kann man das weiter

umformen:

𝐿 =𝑁

𝐼⋅ (𝐴 ⋅ 𝐵) =

𝑁

𝐼𝜇𝜇0 𝐻 ⋅ 𝐴. (2)

Dabei ist 𝜇0 = 4 ⋅ 𝜋 ⋅ 10−7 Vs

Am die Permeabilität des Vakuums und 𝜇 die Permeabilität eines ggf.

vorhandenen Kernmaterials. Die magnetische Feldstärke

𝐻 = 𝑁 ⋅𝐼

𝑙 (3)

erhält man durch Anwenden des Durchflutungssatzes auf die beschriebene Spulengeometrie.

Zusammenfassen von Gleichungen (2) und (3) liefert schließlich für die Induktivität einer langen dünnen

Spule

𝐿 = 𝜇𝜇0𝑁2 𝐴

𝑙. (4)

Ändert sich das magnetische Feld im Inneren der Spule – beispielsweise durch Ein- bzw. Ausschalten

des felderzeugenden Stromes – so wird nach dem Induktionsgesetz eine Selbstinduktionsspannung

resultieren, die sich unter Verwendung von Gleichung (1) als proportional zur eingeführten Induktivität

und zur Zeitableitung des Stromes erweist:

𝑈𝑖𝑛𝑑 = −𝑁 ⋅ �̇�𝑚 = −𝐿 ⋅ �̇�. (5)

Wirkt der durch eine Spule erzeugte magnetische Fluss in eine andere Spule hinein, so entsteht bei

dessen Veränderung auch in der zweiten Spule eine Induktionsspannung. Wickelt man zwei Spulen mit

unterschiedlicher Windungszahl auf einen gemeinsamen Kern sind Sp ulenlänge und –querschnitt

identisch und es ist sichergestellt, dass der Fluss 𝛷𝑚, der durch einen Strom 𝐼1 durch die Spule mit

Windungszahl 𝑁1 erzeugt wird, vollständig in die Spule mit Windungszahl 𝑁2 hineingreift. Ändert sich

nun 𝛷𝑚 in dieser Anordnung, so wird auch in der zweiten Spule eine Induktionsspannung resultieren.

Die Induktionsspannung

𝑈𝑖𝑛𝑑,2 = −𝑁2�̇�𝑚 (6)

1 Joseph Henry, 1797 – 1878, US-amerikanischer Physiker

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ist natürlich proportional zur Änderung des Stromes 𝐼1 und die Proportionalitätskonstante 𝐿 12 wird als

Gegeninduktivität bezeichnet. Auch diese kann, analog zu obigem Vorgehen, für lange Spulen

konkretisiert werden. Man erhält

𝐿12 = 𝑁2 ⋅𝛷𝑚

𝐼1= 𝜇𝜇0𝑁1𝑁2

𝐴

𝑙. (7)

Transformatorgleichungen

Abb. 1: Transformatorschaltung. Die Primärspule besitzt die Induktivität 𝐿1 und die Windungszahl 𝑁1, die Sekundärspule die

Induktivität 𝐿2 und die Windungszahl 𝑁2. Beide sind durch die Gegeninduktivität 𝐿12 miteinander gekoppelt.

Transformatoren bewirken eine Umformung von Wechselspannungen bzw. -strömen auf der Grundlage

des FARADAYschen 2 Induktionsgesetzes. Sie bestehen i.d.R. aus zwei Spulen unterschiedlicher

Windungszahl ( 𝑁1 bzw. 𝑁2 ) und damit unterschiedlicher Induktivität ( 𝐿1 bzw. 𝐿 2 ) auf einem

gemeinsamen Eisenkern. Aufgrund der Bauform und der großen Permeabilität des Eisenjochs

durchsetzen praktisch alle Magnetfeldlinien, die innerhalb der stromdurchflossenen Primärspule erzeugt

werden, auch die Sekundärspule.

Abbildung 1 zeigt die typische Beschaltung des Transformators. An die Primärspule mit Induktivität 𝐿1

und Windungszahl 𝑁1 wird die Wechselspannung �̂�1 mit der Kreisfrequenz 𝜔 angelegt. Diese erzeugt

den Primärstrom 𝐼1 . Die entsprechenden Größen auf der Sekundärseite erhalten den Index 2 .

Sekundärseitig ist er Transformator mit einem Verbraucher belastet, der i.A. durch seinen komplexen

Widerstand 𝑍 charakterisiert wird. Vereinfachend soll angenommen werden, dass die Spulen nur

induktive, keine ohmschen Widerstände aufweisen. Anwenden der Maschenregel für beide Teilkreise

führt unmittelbar zu den so genannten Transformatorgleichungen:

Primärseite: �̂�1 = 𝑖𝜔𝐿1 ⋅ 𝐼1 + 𝑖𝜔𝐿12 ⋅ 𝐼2, (8a)

Sekundärseite: 0 = 𝑍 ⋅ 𝐼2 + 𝑖𝜔𝐿 2 ⋅ 𝐼2 + 𝑖𝜔𝐿12 ⋅ 𝐼1. (8b)

2 Michael Faraday, 1791 – 1867, engl. Naturforscher und Experimentalphysiker

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Dabei ist die Kopplung der beiden Transformatorspulen durch die Gegeninduktivität 𝐿12 berücksichtigt.

Für die Sekundärspannung gilt zusätzlich das OHMsche3 Gesetz

�̂�2 = 𝑍 ⋅ 𝐼2. (8c)

Umformen von Gleichung (8b) liefert sofort das Stromverhältnis

𝐼2

𝐼1= −

𝑖𝜔𝐿12

𝑍+𝑖𝜔𝐿2 , (9)

und Kombination von Gleichung (8b) mit (8c) und (9) führt ebenso zu einem allgemeinen Ausdruck für

das Spannungsverhältnis

𝑈2

𝑈1=

𝐿12 𝑍

−𝐿1𝑍+𝑖𝜔(𝐿122 −𝐿1𝐿2)

. (10)

Die Beziehungen (4) und (7) können nun genutzt werden, um die Induktivitäten und die

Gegeninduktivität auszudrücken. Für einen idealen Transformator erkennt man dann sofort, dass 𝐿122 =

𝐿1𝐿2 gilt und Gleichung (10) vereinfacht sich zum so genannten Übertragungsverhältnis

|𝑈2

𝑈1| =

𝐿12

𝐿1=

𝑁2

𝑁1 (11)

und ist von der Art und Größe des sekundärseitig angeschlossenen Verbrauchers unabhängig. Greift

jedoch durch das Auftreten so genannter Streuverluste der primärseitig erzeugte magnetische Fluss

nicht vollständig in die Sekundärspule, so gilt 𝐿12 < 𝐿1𝐿2 . Unberücksichtigt bleiben, wie bereits

erwähnt, die durch ohmsche Widerstände der Spulen erzeugten Kupferverluste.

Belasteter idealer Transformator - Diskussion von Spezialfällen

Weiterführende Aussagen lassen sich für Spezialfälle für den Lastwiderstand 𝑍 diskutieren.

Kurzschluss: 𝑍 = 0.

Bei Kurzschluss verschwindet lt. (8c) die Sekundärspannung, und das Stromverhältnis lt.

Gleichung (10) vereinfacht sich zu

|𝐼2

𝐼1| =

𝐼2,𝑒𝑓𝑓

𝐼1,𝑒𝑓𝑓=

𝐿12

𝐿2=

𝑁1

𝑁2 . (12)

In einem realen Transformator mit Streuverlusten wird dieses Verhältnis nicht erreicht.

Leerlauf: 𝑍 →∞.

Bei geöffnetem Sekundärkreis verschwindet der Sekundärstrom und es gilt gemäß (11)

|𝑈2

𝑈1| =

𝑈2 ,𝑒𝑓𝑓

𝑈1 ,𝑒𝑓𝑓=

𝑁2

𝑁1 . (13)

3 Georg Simon Ohm, 1789 – 1854, deutscher Physiker

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Rein ohmscher Verbraucher: 𝑍 = 𝑅:

Bei Anschluss eines ohmschen Verbrauchers ist naturgemäß der Sekundärstrom geringer als

im Kurzschlussfall. Im Detail gilt

|𝐼2

𝐼1| =

𝜔𝐿12

√𝑅2 +𝜔2𝐿22

<𝑁1

𝑁2 (14)

und

|𝑈2

𝑈1| =

𝐿12𝑅

√𝐿12 𝑅2 +𝜔2(𝐿12

2 −𝐿1 𝐿2). (15)

Das Spannungsverhältnis vereinfacht sich im Falle eines idealen Transformators wieder zu

Gleichung (11).

Leistungsübertragung und Wirkungsgrad

Sekundärseitig wird an einem allgemein angesetzten Verbrauchswiderstand die zeitlich gemittelte

Leistung

𝑃2̅̅ ̅ =

1

2Re(�̂�2𝐼2

∗) =1

2𝑅𝑒(𝑍)𝐼2,0

2 = 𝐼2,𝑒𝑓𝑓2 𝑅 (16)

umgesetzt. Dabei bezeichnet ∗ die konjugiert komplexe Größe und Re( ) gibt den Realteil des

Arguments an. Erwartungsgemäß ist nur der ohmsche Anteil eines Lastwiderstandes für die

abgegebene Wirkleistung verantwortlich. Die primärseitig in den Transformator eingespeiste Leistung

erhält man, wenn man anhand Gleichungen (8a-c) und (9) �̂�1 und 𝐼1 als Funktion von 𝐼2 ausdrückt und

dann – für den idealen Transformator analog zu Gleichung (16)

𝑃1̅ =1

2⋅Re(𝑈1̂𝐼1

∗)

=1

2𝐼2𝐼2

∗⋅Re (𝐿1𝐿2

𝐿 12

𝑍 − 𝑖𝜔𝐿 2(𝐿12

2 − 𝐿1𝐿2)

𝐿122

+ 𝑖𝐿1

𝜔𝐿122

⋅ 𝑍𝑍∗ +𝐿 12

2 − 𝐿 1𝐿2

𝐿 122

𝑍∗ )

�̅�1 = 𝐼2,𝑒𝑓𝑓2 ⋅ 𝑅 (17)

schreibt. Die große Klammer reduziert sich also zum ohmschen Anteil des Lastwiderstandes. Für einen

idealen Transformator ist die primärseitig eingespeiste Spannung gleich der sekundärseitig

abgenommenen.

In realen Transformatoren werden stets Streuverluste auftreten. Ebenso fällt Leistung an den

Eigenwiderständen der Transformatorspulen ab. Für den Wirkungsgrad ergibt sich im realen Fall also

𝜂 =𝑃2̅̅ ̅

𝑃1̅̅ ̅=

𝐼2 ,𝑒𝑓𝑓𝑈2 ,𝑒𝑓𝑓

𝐼1 ,𝑒𝑓𝑓𝑈1 ,𝑒𝑓𝑓< 1. (18)

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2. Versuchsdurchführung

Für die Messungen steht ein Ringtransformator mit zwei identischen aber getrennt anschließbaren

Sekundärspulen zur Verfügung. Die Primärspannung wird mittels Power-CASSY Modul angelegt.

Dieses ermöglicht gleichzeitig die Messung des Primärstroms. Messung von Sekundärspannung und –

strom wird ein Sensor-CASSY Modul genutzt. Es sind die Effektivwerte von Strom und Spannung zu

messen. Die Belastung wird mit einem Regelwiderstand realisiert.

Alle Messungen sind für eine einzelne Sekundärspule, sowie beide Sekundärspulen in Reihenschaltung

entsprechend einer verdoppelten Windungszahl auszuführen. Achten Sie darauf, das Primär- und

Sekundärseite gemäß der Beschriftung auf dem Transformatorgehäuse beschaltet werden. Nutzen Sie

den gesamten verfügbaren Primärspannungsbereich von zwischen 0 und 10 𝑉 aus.

3. Hinweise zur Auswertung

Stellen Sie die gemessenen Spannungen (im Leerlauf) und Ströme (im Kurzschluss) für beide

Windungszahlen graphisch dar. Achten Sie auf eine Angabe der Messunsicherheit im Diagramm und

ermitteln Sie die Übertragungsverhältnisse aus den Darstellungen. Vergleichen und diskutieren Sie Ihre

Resultate innerhalb der Fehlergrenzen.

Berechnen Sie für den belasteten Transformator die Primär- und Sekundärleistung sowie den

Wirkungsgrad. Stellen Sie den Wirkungsgrad in Abhängigkeit vom Belastungswiderstand graphisch dar

und diskutieren Sie den erhaltenen Kurvenverlauf.