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Zeichnung eines Dompfaff-Paares von J.L.Frisch (1763) Zänkisches Wesen? Dompfaff-Männchen (links) und Weibchen (rechts) Dompfaff-Weibchen Ein Pfaff mit Pfiff – der Dompfaff Pyrrhula pyrrhula LINNAEUS 1758 Der schöne Dompfaff trägt viele Namen: zum Beispiel Gimpel, Domherr, Rotfink. Die auf- fällig rote Brust des Männchens hat ihm auch die Namen Loh- oder Blutfink eingetragen. In der christlichen Ikonographie sind u.a. Vögel mit Rotfärbung Anwärter auf den Stand der Gnade. Das Blut des Heilands hat das Gefieder benetzt. Dompfaffen sind deshalb oſt auf Darstellungen des Paradieses zu finden, er sitzt in Gemälden gelegentlich am Rocksaum der Himmelsgöttin Maria. Die Gimpel werden gerne im Zusammenhang mit dem ema „Liebe & Heirat“ erwähnt, heißt es nicht im bekannten „Schwalbenlied“ : „Mutter, unterm Dach ist ein Nestchen gebaut, schau, schau, schau, ja schau! Dort hat der Dompfaff ein Pärchen getraut, trau, trau, trau, ja trau!“ …. Der Dompfaff hat hier die Aufgabe des Zeremonienmeisters übernommen, er war der „Pfaf- fe“. Die im Volksmund verbreitete Bezeichnung „Dompfaff “ orientiert sich wohl an dem Er- scheinungsbild eines Domherrn mit rotem Gewand und schwarzer Kappe. Der Name Dom- pfaff gab zu allen Zeiten Anlass zu Spottgeschichten. Der Volksmund urteilte hier glasklar: „Weil er nicht schön singe, aber desto mehr fresse!“ nenne man ihn Dompfaff. Beleibte Got- tesmänner mussten sich früher schon mal Spottnamen wie „Dompfaff “ oder „Gimpel“ gefal- len lassen - besonders wenn sie dem Volk Mäßigung predigten, aber selbst die Annehmlich- keiten des Lebens mit ihrer Leibesfülle symbolisierten. Sein Zweitname, Gimpel, soll vom bayerisch-österreichischen Zungenschlag herrühren. Ein „Gümpel“ ist ein Hüpfer (gum- pen = hüpfen), vermutlich also eine Anspielung auf die auffällige, etwas plumpe Hüpe- wegung, wenn er sich auf der Erde fortbewegt. Gimpel, so ist in alten Vogelfang-Anleitun- gen nachzulesen, lassen sich deutlich leichter fangen als andere Vögel. „Der Gimpel gilt im Volke als ein minderer Vogel und wird unter Vögeln niederer Klasse mitaufgeführt … er ist plump, einfältig“, steht im deutschen Wörterbuch der Brüder Grimm. Gimpel ist der Depp, der geistig Minderbemittelte, der Dumme. „Gimpelfang“ hieß früher so viel wie „leichtes Übertölpeln von jemandem, der nicht gerade mit Geistesgaben gesegnet ist“. Womit hat ein so ansehnlicher Vogel so viel Verachtung verdient? Des Gimpels rote Brust zieht offenbar giſtige Pfeile auf sich. Sein Aussehen Der Dompfaff gehört zu den schönsten Vögeln, die es in Mitteleuropa gibt. Es gibt ihn in etwa 20 Arten auf der Welt. Das Männchen ist an der leuchtend roten Unterseite zu erkennen. Wie das Männchen besitzt das Weibchen eine schwarze Kopappe und einen breiten, wei- ßen Flügelstreif. Das Gefieder des Weibchens ist eher bräunlich gefärbt. Sein auffälliges Er- scheinungsbild steht aber in krassem Gegen- satz zu seinem zurückhaltenden Verhalten. Der Lockruf des Dompfaffs, ein „piüh“, kann leicht nachgeahmt werden. Der Gesang ist eher unauffällig. Sein Wesen Der Dompfaff „ist nicht zänkisch, er lebt im Herbst in kleinen Gemeinschaſten, und wenn ei- ner aus der Gruppe zu Tode gekommen ist, kehren die anderen an den Platz zurück, an dem der Genosse verschwand, und rufen klagend nach ihm“ (HÜBNER in Die Zeit, 20.03.1987, Nr. 13). Er verhält sich unauffällig, nicht hektisch. Dieses Verhalten gab Anlass, ihn für lang Text: Bauer Fotos: Hilligardt sam denkend und schwerfällig zu halten. Dompfaffen erjagen ihr Futter nicht, sie ernähren sich überwiegend pflanzlich und nutzen dieses ganzjährig vorhandene reichliche Angebot. Wozu also ein aufgeregtes Verhalten? Seine Gelehrsamkeit Dompfaffen sind sehr gelehrig. Die Jungen schnappen schnell auf, was ihnen die Eltern vorsingen. Handaufgezogene Dom- pfaffen imitieren die Melodien, die man ihnen vorsingt. Sie sollen es auf bis zu 80 unterscheidbare Einzeltöne gebracht ha- ben. In den ärmeren Gegenden Deutschlands haben noch im letzten Jahrhundert Vogelfänger dem zutraulichen und geleh- rigen Vogel Melodien eingeübt. Der Handel mit Dompfaffen brachte ein paar Taler in die Kasse der armen Leute, die Vögel wurden auf den Märkten angeboten. Heute noch werden Dom- pfaffen gezüchtet, der Fang freilebender Vögel ist zum Glück gesetzlich verboten. Seine Nahrung Der Schnabel ist kräſtig und eignet sich zum Abbeißen von Knospen und Sämereien. Der Dompfaff ernährt sich vielfältig und aufwändig: Er ist Knospenspezialist und knabbert gern an jungen Trieben, um sich deren energiereiches Material einzu- verleiben. Dompfaffe sind Vegetarier, sie ernten immer da, wo etwas gut im Angebot ist. Im Oktober bis Dezember picken sie die Samen von Kräutern, in der schneereichen Zeit halten sie sich an Baum- und Strauchsamen – Vogel- und Mehlbeere zäh- len zu den bevorzugten Angeboten, in Ziergärten die Felsen- birnen. Im Frühjahr naschen sie gern von den Blütenkätzchen von Weide, Pappel und Eichen. Den Jungen füttern sie aber In- sekten, Spinnen und Käfer. Seine Fortpflanzung Der Dompfaff lebt in Einehe. Er baut ein gut verstecktes Napf- nest in dichten Büschen oder kleineren Nadelbäumen, z.B. in Lärchenwäldern. Während der Brutzeit lebt der Vogel so heim- lich und scheu, dass er nur sehr schwer beobachtet werden kann. Nach ca. 12 Tagen schlüpfen dann die Jungen. Das Nest befindet sich mehrere Meter hoch auf den äußeren Zweigen von Nadelbäumen. Der Hahn füttert sein Weibchen, es sitzt auf den 5 bis 6 Eiern. Die Brutdauer beträgt 12 bis 14 Tage, die Nest- lingsdauer 12 bis 14 Tage. Meist werden 2 Bruten im Jahr ver- sucht. Nach dem Ausfliegen bleibt die Familie bis zur nächs- ten Balzzeit zusammen, es können sogar mehrere Familien zu kleinen Gruppen verschmelzen. Das Paar fliegt das Nest auch meist zu zweit an und versorgt den Nachwuchs vorbildlich. Bei- de Geschlechter bilden zur Brutzeit Backentaschen aus, in de- nen Nahrung zum Nest transportiert werden kann. Der Dompfaff ist streng geschützt. Fördern kann man ihn durch naturnahe Gärten mit vielen beerentragenden Bäumen und Sträuchern, naturbelassene Wälder und Hecken und den Verzicht auf Pestizide. An Futterplätzen im Winter ist er auch regelmäßig anzutreffen.

Ein Pfaff mit Pfiff – der Dompfaff Pyrrhula pyrrhula L 1758 · Zeichnung eines Dompfaff-Paares von J.L.Frisch (1763) Zänkisches Wesen? Dompfaff-Männchen (links) und Weibchen (rechts)

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Zeichnung eines Dompfaff-Paares von J.L.Frisch (1763)

Zänkisches Wesen? Dompfaff-Männchen (links) und Weibchen (rechts)

Dompfaff-Weibchen

Ein Pfaff mit Pfiff – der Dompfaff Pyrrhula pyrrhula Linnaeus 1758Der schöne Dompfaff trägt viele Namen: zum Beispiel Gimpel, Domherr, Rotfink. Die auf-fällig rote Brust des Männchens hat ihm auch die Namen Loh- oder Blutfink eingetragen. In der christlichen Ikonographie sind u.a. Vögel mit Rotfärbung Anwärter auf den Stand der Gnade. Das Blut des Heilands hat das Gefieder benetzt. Dompfaffen sind deshalb oft auf Darstellungen des Paradieses zu finden, er sitzt in Gemälden gelegentlich am Rocksaum der Himmelsgöttin Maria. Die Gimpel werden gerne im Zusammenhang mit dem Thema „Liebe & Heirat“ erwähnt, heißt es nicht im bekannten „Schwalbenlied“ :

„Mutter, unterm Dach ist ein Nestchen gebaut, schau, schau, schau, ja schau!

Dort hat der Dompfaff ein Pärchen getraut, trau, trau, trau, ja trau!“ ….

Der Dompfaff hat hier die Aufgabe des Zeremonienmeisters übernommen, er war der „Pfaf-fe“. Die im Volksmund verbreitete Bezeichnung „Dompfaff “ orientiert sich wohl an dem Er-scheinungsbild eines Domherrn mit rotem Gewand und schwarzer Kappe. Der Name Dom-

pfaff gab zu allen Zeiten Anlass zu Spottgeschichten. Der Volksmund urteilte hier glasklar: „Weil er nicht schön singe, aber desto mehr fresse!“ nenne man ihn Dompfaff. Beleibte Got-tesmänner mussten sich früher schon mal Spottnamen wie „Dompfaff “ oder „Gimpel“ gefal-len lassen - besonders wenn sie dem Volk Mäßigung predigten, aber selbst die Annehmlich-keiten des Lebens mit ihrer Leibesfülle symbolisierten. Sein Zweitname, Gimpel, soll vom bayerisch-österreichischen Zungenschlag herrühren. Ein „Gümpel“ ist ein Hüpfer (gum-pen = hüpfen), vermutlich also eine Anspielung auf die auffällige, etwas plumpe Hüpfbe-wegung, wenn er sich auf der Erde fortbewegt. Gimpel, so ist in alten Vogelfang-Anleitun-gen nachzulesen, lassen sich deutlich leichter fangen als andere Vögel. „Der Gimpel gilt im Volke als ein minderer Vogel und wird unter Vögeln niederer Klasse mitaufgeführt … er ist plump, einfältig“, steht im deutschen Wörterbuch der Brüder Grimm. Gimpel ist der Depp, der geistig Minderbemittelte, der Dumme. „Gimpelfang“ hieß früher so viel wie „leichtes Übertölpeln von jemandem, der nicht gerade mit Geistesgaben gesegnet ist“. Womit hat ein so ansehnlicher Vogel so viel Verachtung verdient? Des Gimpels rote Brust zieht offenbar giftige Pfeile auf sich.

Sein AussehenDer Dompfaff gehört zu den schönsten Vögeln, die es in Mitteleuropa gibt. Es gibt ihn in etwa 20 Arten auf der Welt. Das Männchen ist an der leuchtend roten Unterseite zu erkennen. Wie das Männchen besitzt das Weibchen eine schwarze Kopfkappe und einen breiten, wei-ßen Flügelstreif. Das Gefieder des Weibchens ist eher bräunlich gefärbt. Sein auffälliges Er-scheinungsbild steht aber in krassem Gegen-satz zu seinem zurückhaltenden Verhalten. Der Lockruf des Dompfaffs, ein „piüh“, kann leicht nachgeahmt werden. Der Gesang ist eher unauffällig.

Sein WesenDer Dompfaff „ist nicht zänkisch, er lebt im Herbst in kleinen Gemeinschaften, und wenn ei-ner aus der Gruppe zu Tode gekommen ist, kehren die anderen an den Platz zurück, an dem der Genosse verschwand, und rufen klagend nach ihm“ (HÜBNER in Die Zeit, 20.03.1987, Nr. 13). Er verhält sich unauffällig, nicht hektisch. Dieses Verhalten gab Anlass, ihn für lang

Text: Bauer Fotos: Hilligardt

sam denkend und schwerfällig zu halten. Dompfaffen erjagen ihr Futter nicht, sie ernähren sich überwiegend pflanzlich und nutzen dieses ganzjährig vorhandene reichliche Angebot. Wozu also ein aufgeregtes Verhalten?

Seine GelehrsamkeitDompfaffen sind sehr gelehrig. Die Jungen schnappen schnell auf, was ihnen die Eltern vorsingen. Handaufgezogene Dom-pfaffen imitieren die Melodien, die man ihnen vorsingt. Sie sollen es auf bis zu 80 unterscheidbare Einzeltöne gebracht ha-ben. In den ärmeren Gegenden Deutschlands haben noch im letzten Jahrhundert Vogelfänger dem zutraulichen und geleh-rigen Vogel Melodien eingeübt. Der Handel mit Dompfaffen brachte ein paar Taler in die Kasse der armen Leute, die Vögel wurden auf den Märkten angeboten. Heute noch werden Dom-pfaffen gezüchtet, der Fang freilebender Vögel ist zum Glück gesetzlich verboten.

Seine NahrungDer Schnabel ist kräftig und eignet sich zum Abbeißen von Knospen und Sämereien. Der Dompfaff ernährt sich vielfältig und aufwändig: Er ist Knospenspezialist und knabbert gern an jungen Trieben, um sich deren energiereiches Material einzu-verleiben. Dompfaffe sind Vegetarier, sie ernten immer da, wo etwas gut im Angebot ist. Im Oktober bis Dezember picken sie die Samen von Kräutern, in der schneereichen Zeit halten sie sich an Baum- und Strauchsamen – Vogel- und Mehlbeere zäh-len zu den bevorzugten Angeboten, in Ziergärten die Felsen-birnen. Im Frühjahr naschen sie gern von den Blütenkätzchen von Weide, Pappel und Eichen. Den Jungen füttern sie aber In-sekten, Spinnen und Käfer.

Seine FortpflanzungDer Dompfaff lebt in Einehe. Er baut ein gut verstecktes Napf-nest in dichten Büschen oder kleineren Nadelbäumen, z.B. in Lärchenwäldern. Während der Brutzeit lebt der Vogel so heim-

lich und scheu, dass er nur sehr schwer beobachtet werden kann. Nach ca. 12 Tagen schlüpfen dann die Jungen. Das Nest befindet sich mehrere Meter hoch auf den äußeren Zweigen von Nadelbäumen. Der Hahn füttert sein Weibchen, es sitzt auf den 5 bis 6 Eiern. Die Brutdauer beträgt 12 bis 14 Tage, die Nest-lingsdauer 12 bis 14 Tage. Meist werden 2 Bruten im Jahr ver-sucht. Nach dem Ausfliegen bleibt die Familie bis zur nächs-ten Balzzeit zusammen, es können sogar mehrere Familien zu kleinen Gruppen verschmelzen. Das Paar fliegt das Nest auch meist zu zweit an und versorgt den Nachwuchs vorbildlich. Bei-de Geschlechter bilden zur Brutzeit Backentaschen aus, in de-nen Nahrung zum Nest transportiert werden kann.

Der Dompfaff ist streng geschützt. Fördern kann man ihn durch naturnahe Gärten mit vielen beerentragenden Bäumen und Sträuchern, naturbelassene Wälder und Hecken und den Verzicht auf Pestizide. An Futterplätzen im Winter ist er auch regelmäßig anzutreffen.