10
Ein spätgotisches Wanddenkmal zu Basel und seine Stellung in der Kunst der Oberrheinlande Author(s): Michael Meier Source: Zeitschrift für Kunstgeschichte, 20. Bd., H. 3 (1957), pp. 287-295 Published by: Deutscher Kunstverlag GmbH Munchen Berlin Stable URL: http://www.jstor.org/stable/1481358 . Accessed: 08/12/2014 07:38 Your use of the JSTOR archive indicates your acceptance of the Terms & Conditions of Use, available at . http://www.jstor.org/page/info/about/policies/terms.jsp . JSTOR is a not-for-profit service that helps scholars, researchers, and students discover, use, and build upon a wide range of content in a trusted digital archive. We use information technology and tools to increase productivity and facilitate new forms of scholarship. For more information about JSTOR, please contact [email protected]. . Deutscher Kunstverlag GmbH Munchen Berlin is collaborating with JSTOR to digitize, preserve and extend access to Zeitschrift für Kunstgeschichte. http://www.jstor.org This content downloaded from 128.235.251.160 on Mon, 8 Dec 2014 07:38:36 AM All use subject to JSTOR Terms and Conditions

Ein spätgotisches Wanddenkmal zu Basel und seine Stellung in der Kunst der Oberrheinlande

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: Ein spätgotisches Wanddenkmal zu Basel und seine Stellung in der Kunst der Oberrheinlande

Ein spätgotisches Wanddenkmal zu Basel und seine Stellung in der Kunst der OberrheinlandeAuthor(s): Michael MeierSource: Zeitschrift für Kunstgeschichte, 20. Bd., H. 3 (1957), pp. 287-295Published by: Deutscher Kunstverlag GmbH Munchen BerlinStable URL: http://www.jstor.org/stable/1481358 .

Accessed: 08/12/2014 07:38

Your use of the JSTOR archive indicates your acceptance of the Terms & Conditions of Use, available at .http://www.jstor.org/page/info/about/policies/terms.jsp

.JSTOR is a not-for-profit service that helps scholars, researchers, and students discover, use, and build upon a wide range ofcontent in a trusted digital archive. We use information technology and tools to increase productivity and facilitate new formsof scholarship. For more information about JSTOR, please contact [email protected].

.

Deutscher Kunstverlag GmbH Munchen Berlin is collaborating with JSTOR to digitize, preserve and extendaccess to Zeitschrift für Kunstgeschichte.

http://www.jstor.org

This content downloaded from 128.235.251.160 on Mon, 8 Dec 2014 07:38:36 AMAll use subject to JSTOR Terms and Conditions

Page 2: Ein spätgotisches Wanddenkmal zu Basel und seine Stellung in der Kunst der Oberrheinlande

Denn gerade weil hier kein Attribut der Gewan- dung oder Bekrdnung auf die Majestas hinweist, viel- mehr der Gekreuzigte selbst vollstandig im Augen- blick der Erniedrigung vergegenwirtigt wird, bedeutet die Erscheinung des Suppedaneums, und nicht nur dies allein, sondern als H6hepunkt die Erscheinung der Gestalt der Terra unter seinen Fiiflen, die ihn, diesen Christus der Erniedrigung emporheben auf den Thron der Majestas, eine besondere Kiihnheit. Sie ist in ihrer dem Sinngehalt dieses ,,Majestas-Domini-Crucifixi"- Gedankens vollendet Ausdruck gebenden Gestaltung einzigartig - auch im w6rtlichen Sinne.

Denn hier ist mehr und vollstindiger als jemals zu- vor und danach die wirkliche Gesamtheit des Gedan- kens veranschaulicht worden, mehr als in der fiir den Osten charakteristischen Form wie sie zum ersten Male auf dem Monzeser Brustkreuz und in hoher AusprHi- gung im Uta-Codex erscheint. Denn dort wird alles, auch die Gestalt des am Kreuze Erniedrigten hinauf- gehoben in den Glanz der Majestas, ja im Grunde wird der Augenblick der Erniedrigung so stark wie m6glich verschleiert und endlich ganz aufgehoben -

womit auch die Synthese des Antithetischen, das diese Bildidee so erregend macht, aufgehoben ist.

Wenn nun auch nie mehr in so ausgeprigter Form wie in Echternach dieser Gedanke der Majestas Do- mini am Kreuz in Erscheinung tritt, so ist er in der Idee doch immer vorhanden. Er ist gegenwirtig in jeder Kreuzigungsdarstellung des friihen Mittelalters durch das dem Gekreuzigten unter die geheiligten Fiife gestellte Futfbrett.76

76 Wichtig scheint es uns allerdings, von hier aus noch einmal einen Blidck zuriickzutun auf jene Kreuzigungsdarstellungen Burgkmairs und des bbihmischen Meisters, die am Anfang unse- rer Untersuchung standen. Es wird nun nimlich offenbar, wie ein Motiv, das seinen Ursprung gefunden hat im Kreise spe- kulativ-apokalyptischer und spiritualistischer Ausdeutung des Christus Rex und der Majestas Domini, im spiten Mittelalter wohl noch mitgetragen, aber in seiner Sinnbedeutung nicht mehr verstanden wird. Es wird einerseits funktionell-realistisch umgedeutet und erhilt einen neuen, dem alten villig entfrem- deten, ja entgegengesetzten Sinn, oder es wird im Sinne einer fast ratselhaten Traditionstreue des mittelalterlichen Kunst- schaffens villig gedankenlos weiterverwendet, ohne in neuen Bezug zum neuen Kreuzigungstypus gesetzt zu werden. Ja diese Situation begegnet uns schon im 13. Jh. bei der Kreuzi- gungsdarstellung des Landgrafenpsalters, bei der Christi Fiifle von einem Nagel durchbohrt iibereinandergestellt hilflos iiber dem quergestellten Fuflbrett stehen. Schon hier also hat der Kiinstler keinerlei Verbindung mehr zur urspriinglichen Sinn- gebung dieses Motivs.

EIN SPATGOTISCHES WANDDENKMAL ZU BASEL UND SEINE STELLUNG

IN DER KUNST DER OBERRHEINLANDE

Von Michael Meier

Fiir seinen verehrten Lehrer Kurt Bauch

Das Wanddenkmal fiir Wolfgang von Utenheim blieb der Forschung bisher fast unbekannt.1 Doch ist es doppelt merkwiirdig; denn es besitzt grofle kiinstle- rische Qualitit und lit sich autferdem mit einiger Sicherheit datieren. Utenheim starb - noch jung - im Jahre 1501, wie die Inschrift des Denkmals aus- sagt.2 Aus ihr geht auch hervor, dagf es sein Onkel, Bischof Christoph von Utenheim war, der ihm dieses Andenken in den Kreuzgang des Basler Miinsters setzte, an die Wand des Westfliigels, wo es sich noch heute befindet. Es paflt sich der Architektur an. In Form eines Tympanons fiillt es die Schildbogenwand eines Jochs, ist durch eine figurengeschmiickte Archi- volte eingefaflt und zeigt in starkem Relief auf der so umrahmten, groflen Fliche den Kalvarienberg: die drei Kreuze in der Mitte; zu Fii1fen des mittleren die

wiirfelnden Kriegsknechte; links die Muttergottes in der Gruppe der Trauernden; rechts den gliubigen Hauptmann und zwei Heilige, Andreas und Barbara, hinter denen noch zwei verstiimmelte Figuren sicht- bar werden. Das Bild des Wolfgang von Utenheim ist mitten in diese umfangreiche Darstellung hineinge- setzt, durch einen profilierten Rahmen jedoch deutlich von ihr abgegrenzt. Man sieht die Figur des jungen Ritters - andHichtig kniend, vor sich Helm und Wap- pen - in einem kleinen, iiberw6lbten Raum mit einem Fenster in der hinteren Wand, welches zum gro- flen Teil durch einen gemusterten Behang verdeckt wird. Die Inschrifttafel mit ihren schinen, lateinischen Ka- pitalen ist darunter angebracht und dient, durch eine Stufe in die dariiberliegende Darstellung einbezogen, dem Ritter als Podest.

I cf R. F. Burckhardt, Jahresberichte des Historischen Museums zu Basel, 1910, p. 30 ff. Das Denkmal zuletzt behandelt bei: Anni Kaufmann-Hagen- bach, Die Basler Plastik des IS. und friihen 16. Jhdts., Basel 1952, p. 26. Im Folgenden zitiert als Kaufmann-Hagenbacb.

2 Die Inschrift des Denkmals lautet: D O S Innocentiss. Animae. Wolfgangi. Domus. Otenheim

Generosae. Spei. Christophorus. Basil. Eps. Dulciss. Ex. Fratre. Nepoti. De. Se. B. Meren. Moerens. P. Vix. Ann. XVI. An. MDI. III. Mons. Oct. Vive. In XPO: Die am Denkmal angebrachten Wappen (nach Kaufmann- Hagenbach): v. Utenheim (links auflen); v. SchiSnau (rechts auflen); v. Miihlheim (oben links vom Ritter); v. Sengen (oben rechts vom Ritter); v. Utenheim (vor dem Ritter).

287

This content downloaded from 128.235.251.160 on Mon, 8 Dec 2014 07:38:36 AMAll use subject to JSTOR Terms and Conditions

Page 3: Ein spätgotisches Wanddenkmal zu Basel und seine Stellung in der Kunst der Oberrheinlande

rl V ?a

a:??-: ?::*??*:?::

II II - ? a;~.E;s* ??: '

:??;;

bi? Is IIP ~i ?::I?; clV '": ii lil: ?: ~B~~i~i~:??.?r31LCII~LIC-P~ rara~s~a??i h:?q I:%*';

:8'it :?9? "::'41??r: fi ?.;?,;;* Z.~P~~ ?f.ii 'i :" ~???- ~ie~:? Y: ?X' ?:~"r ?! ? .* i

1.8.:~~t rraes~g~rii~.i~iiE~af~:~`r.? P P? .. r ;~i ;?J:.~ "?*-

i. : ? .'~ld~d~gS~~aiu~l%;~i~ili-~': ICz ': '' ?.* 5. 'L

?*' i L~ "~;*

il? f?:f lirP?8 ~Eii i~e~. ,r ~.* f?X~F~i~ '"'

?? ~I t ;?? ?-? ?: -I '?% *1; g?;~ r~aaas~e sa ap~r~ - --" 'I *:?-s... i;61 i; ?;r I

Q iP 'ii ~' ~I:ij* ~~BH~~~"~t? i I 'd: i .? ?I,? iit. i:,- ii; a% :"?' '' *.: .:::. .;:U:?*:;?.., d~ .t'o

sist~i? g d' i ,.? i% .~slP~.~ ~B~P~i~E~?~I~.~RE~!Ji.: 'Q;?'.Las;;l" Fi~.b'.~ ~in~!~L~i ~3E~I~iC(I .i :ppijj'%?"~ il!i ''

?;::?; ---- I "

!;:'rib; E$ ?:~?: ?r . I:I ?Bb"' II

i~l8ti *i~la~L~-~j?*?~J~' i. *..: , *' ?e R%' ~;?4~e: .. : .::...rsn~ 18-;llO~FI~!i28ii,?.: i ~;i;ifa~asa?~ :"" ';'I' '"'"';

1. Utenheim-Denkmal, Gesamtansicht

Das ganze Denkmal hat - wohl in der Reforma- tionszeit - Beschidigungen erlitten, welche sich je- doch ungleich tiber das Werk verteilen; denn wihrend sein rechter Teil in einigermatgen gutem Zustand iiber- kommen ist, sind die Figur des Ritters sowie die Trau- ernden links durch einen rohen Meitgel derart verletzt worden, daS sich die Qualitit gerade dieses Teils nur noch aus Fragmenten erschliefgen liit. Sicher ist es seines Zustandes wegen, dafg sich die Literatur bisher nur fliichtig mit dem Denkmal befafgt hat und dann auch nur mit dessen gut erhaltenen Partien.3 Doch sind vor allem die stark zerstirten auf der linken Seite aller Aufmerksamkeit wert, welche ihnen bisher versagt wurde.

Schon der erste Anblick lehrt nimlich, dafg zwei Bildhauer am Denkmal titig waren, von denen der eine die Kreuze samt Kriegsknechten und Heiligen rechts, der andere die Trauernden und die Ritterfigur geschaffen hat. Die Figuren der Archivolte m6gen dem erstgenannten gehbiren. Was er an Kinnen zeigt, ist gute Fertigkeit, nicht mehr. Daher diirfle man der

Zuschreibung an Hans von Nutgdorf vielleicht zustim- men.4 Unmdglich ist es aber, in diesem den Schipfer des ganzen Werkes zu sehen. Die trockene Aufreihung seiner Heiligen - alle fast gleich bewegt und ganz als Einzelfiguren aufgefatgt5 - ist etwas wesentlich ande- res als die wirkliche Gruppendarstellung auf der an- deren Seite,6 deren fiinf Figuren in einem bewegten, vielgestaltigen und doch ganz untrennbaren Zusam- menhang miteinander dargestellt rind, wie es das Thema forderte und der geringe Raum erzwang. Die- ser andere Bildhauer soil hier bekanntgemacht wer- den.

Die schlimme Verfassung, in der sich sein Anteil be- findet, erschwert dessen annihernde Rekonstruktion. Man erkennt zwar noch gut die Muttergottes (rechts) mit den vor der Brust gekreuzten Armen; dariiber - ebenfalls gut erhalten - den Kopf einer Frau, welche zum Gekreuzigten aufblickt (im Profil) und neben ihr (links) das leicht geneigte, kummervolle Antlitz einer Trauernden, welche mit ihrer linken Hand ein Stiick Gewand zum Gesicht fiihrt, um die Trfinen zu trock-

3 Kaufmann-Hagenbach p. 26 4 Kaufmann-Hagenbach p. 26. Es ist der gleiche Bildhauer,

welcher die Kanzel im Miinster schuf. Auf den Stilvergleich mit dieser griindet sich die Zuschreibung. Unsere Zuschreibung siehe Anmerkung 13.

5 Diese Auffassung war nur zum geringen Teil durch die Auf- gabe - Heilige darzustellen - bedingt. Man vergleiche mit

dieser Reihung ein Werk wie z. B. das MSrlin-Denkmal in Augsburg. Dort zeigt sich, was ein Meister aus dem spriden Stoff zu machen verstand.

6 Das Relief mit der Gruppe der fiinf Trauernden ist aus einem Block gehauen. Seine obere Grenze litufi dicht iiber den bei- den weiblichen Kbpfen, seine rechte senkrecht an der Innen- seite des linken Rahmens der kleinen Kapelle entlang.

288

This content downloaded from 128.235.251.160 on Mon, 8 Dec 2014 07:38:36 AMAll use subject to JSTOR Terms and Conditions

Page 4: Ein spätgotisches Wanddenkmal zu Basel und seine Stellung in der Kunst der Oberrheinlande

is" ?: r

v I

E~is "A"* ?i.?? ro

?JUN ............ tI s;

2. Utenheim-Denkmal, linker Teil

nen. Von den iibrigen zwei Figuren hat sich aber kaum mehr als ihr Umrif erhalten. Doch sieht man an Spu- ren, daf ein Mann (neben der Muttergottes) und eine Frau dargestellt waren: Johannes und eine Heilige. Bei genauerer Betrachtung zeigen sich auferdem noch so viel bestimmende Einzelheiten, daf eine Rekon- struktion allein aus dem Vorhandenen und ohne Zu- hilfenahme anderer, Aihnlicher Darstellungen durchaus miglich wird.7 Die Figur des Ritters gibt weniger Fragen auf, wenngleich sie fast halbiert ist. Man er- kennt, daf sie in voller Riistung kniet, barhaupt und mit langen Locken, welche bis iiber die Schultern fal- len. Eine Besonderheit, welche nicht ihresgleichen hat, ist der Bliitenkranz, der das Haupt schmiickt. Gerade er triigt zu dem Zauber bei, welcher einst iiber dem ganzen Werk gelegen haben mug, wie er ja auch heute noch zu spiiren ist.8

Die recht genaue, aber doch grobe Rekonstruktion des Reliefs zeigt, wie lebhaft die Figuren vorgestellt waren: zwei fast en face, eine ganz im Profil, zwei weitere in Dreiviertelansicht. Drei von den fiinf ste- hen vorn, die mittlere von ihnen jedoch etwas weiter zuriick; die zwei iibrigen dahinter und von den vor- deren iiberschnitten, doch nicht gedringt, sondern frei bewegt und jede in Handlung begriffen, still oder heftig, in sich gekehrt oder auger sich. Der gestaffelte Aufbau fiigt sich miihelos in die durch die Kriimmung der Archivolte verengte Fliche - man vergleiche da- mit die Aufreihung rechts! - deren Rand von der Heiligen links durch ihre Haltung abgefangen und kiinstlerisch fruchtbar gemacht wird. Der ganz andere

7 Die bestimmenden Einzelheiten: Von der Figur des Johannes sieht man noch die Fiige, der rechte auswirts, der linke (nur die Ferse sichtbar) bildeinwirts gekehrt. Daraus ergibt sich die Stellung der Figur. Sie war in Dreiviertelansicht gegeben. Augerdem sind vorhanden die Spuren der rechten Hand (auf dem Mantel der Maria, unter ihrem rechten Ellenbogen). Johannes, eilend dargestellt, kommt der zusammenbrechenden Muttergottes (ihr Gestus!) zu Hilfe und stiitzt sie mit seiner Rechten. Die linke Hand hielt ein Buch, dessen Umrig mit der scharfen Schnittkante links neben dem Haupt Marii erkennbar ist. Sein Mantel war offen. Man sieht ein Stiick Giirtel des Untergewandes. Vorn, vor seinem rechten Bein der schwache Umrig einer Tasche, die wohl als am Giirtel hingend zu denken ist. Sein Kopf, fiir den sich keine Spuren auf dem Reliefgrund finden lassen, war

zuriickgeworfen, also aufblickend (In der Wiederherstellungs- zeichnung zu wenig: Der Kopf war sicher noch mehr zuriick- gebeugt). Der Halsausschnitt des Gewandes sehr schwach noch sichtbar. Schwieriger die Rekonstruktion der weiblichen Figur. Der Um- rig beider Arme zeigt, dag sie fast in Vorderansicht gegeben war, etwas bildeinwirts gedreht. Das Haupt war vorgestreckt - man sieht noch den Umrig des Kinns - die Hinde wohl vor dem Kbrper gerungen (ein Stiick Daumen [?] vor der Brust). Der Mantel vorn offen - man sieht den Giirtel - auf beiden Seiten herabfallend, dann von links her schraig vor den Beinen nach rechts unten, so dag die ganze Gestalt aus den Faltenstrudeln des Mantels aufwuchs, um in den oberen Teilen frei zu stehen. Das Haupt war von einem Schleier be- deckt wie bei den drei iibrigen weiblichen Figuren des Reliefs. Grade diese am stirksten zerst6rte Figur mug von auger- ordentlicher Qualitit gewesen sein.

8 In der Skulptur gibt es im Is. Jahrhundert hlufiger Beispiele von bekrinzten Heiligen, in der Malerei und Graphik auch auf profanen Darstellungen.

289

This content downloaded from 128.235.251.160 on Mon, 8 Dec 2014 07:38:36 AMAll use subject to JSTOR Terms and Conditions

Page 5: Ein spätgotisches Wanddenkmal zu Basel und seine Stellung in der Kunst der Oberrheinlande

-V?

ii

3. Utenheim-Denkmal, Umzeichnung des heutigen Zustandes

innere Matstab, den dieser Teil dem rechten gegen- tiber besitzt, geht aus dem Vergleich hervor. Auch der

liutere Matstab ist griier, so dat allein daraus ge- schlossen werden kinnte, was der Vergleich verdeut- licht: daB es sich um zwei verschiedene Bildhauer han- delt, von denen der eine seinen Mitarbeiter weit tiber- trifft. Vielleicht, dat dieser nur des Besseren Werk- stattgehilfe war.9

Es ist nicht schwer, diesem Relief weitere Werke, welche ihm nahe verwandt sind, anzufiigen. Dabei kann man auf die jiingste Literatur zuriickgreifen, wo sie so vollstkindig, wie man nur wiinschen michte, zu- sammengestellt sind,10 ausschlietlich h6lzerne Marien- figuren, die alle aus dem niheren Umkreis von Basel stammen. Fiir die Beschreibung aller Werke und fUir den einleuchtenden Beweis, daB sie von einem in Basel

titig gewesenen Meister geschaffen wurden, sei auf die Literatur verwiesen.1 Hier kommt es vielmehr darauf an, das Wanddenkmal - gemeint ist immer nur des-

I V ;\C

i \ Is c?-~

I r!

rr i i ~.. ~ ; i i

v i \? .' f

i 4. Utenheim-Denkmal, Rekonstruktion des

urspriinglichen Zustandes

sen linker Teil - dem bekannten und gesicherten Be- stand einzufiigen, wobei vorerst von der Chronologie des Gesamtwerkes abgesehen werden mug. Sie ist ja immer nur unsicher solange sich kein Stiick der ohne- hin kurzen Reihe einleuchtend datieren liijt.12

Die Einordnung wird am leichtesten gelingen, wean man die schine Marienfigur aus Warmbach mit dem Denkmal vergleicht. Maria, dargestellt als apokalyp- tisches Weib auf der Mondsichel, ist barhliuptig. Das reine Oval ihres Gesichtes wird von offenen Haaren umrahmt, welche in leichten Wellen fiber ihre Schul- tern fallen. Ihre Arme (deren linker wie auch das heute fehlende Kind zu erginzen wiren) hilt sie nur wenig abgewinkelt, gerade so, daB der Mantel etwas vom K6rper absteht und eine dunkle Hbhlung zwi- schen beiden, Kern und Schale, schafft. Das untere Ende des Mantels, welches lebhaft aufzuwehen scheint, soll das zum-Himmel-Auffahren verdeutli- chen und darf nicht iiber die an sich ruhige und ge-

9 Gewisse Obereinstimmungen zwischen der Figur der Hi. Bar- bara und der Muttergottes lassen diese Vermutung zu. Siehe Anmerkung 13.

io Kaufmann-Hagenbach p. 35 f. Dort wird der Name ,Martin Guntersumer" vorgeschlagen. Vater und Sohn besafen in Basel eine griifere Werkstatt, welche bis weit in das 16. Jhdt. titig war. Allerdings liBt sich nic t nachweisen, da3 dieser Guntersumer mit dem Meister des Wanddenkmals identisch wire. Solange es keine einwand- freie bezeugten Werke fiir diesen Namen gibt, muf man den

Meister in seiner Anonymitit belassen. Seine Werke (nach den Forschungen von Kaufmann-Hagenbach): I. Maria auf der Mondsichel, Basel, Hist. Museum Nr. 191o.44, aus Warm- bach bei Rheinfelden; 2. Sitzende Maria, Basel, Hist. Museum Nr. 1917.49, aus Rheinfelden; 3. Sog. Maria vom Dinkelberg, Lbrrach, Heimatmuseum; 4. Marienfigur aus einer Krinung Marii, Basel, Hist. Museum Nr. 1926.45.

I1 Kaufmann-Hagenbach 1. c. Dort auch die Abbildungen. ii entfillt

290

This content downloaded from 128.235.251.160 on Mon, 8 Dec 2014 07:38:36 AMAll use subject to JSTOR Terms and Conditions

Page 6: Ein spätgotisches Wanddenkmal zu Basel und seine Stellung in der Kunst der Oberrheinlande

5. Muttergottes aus Warm- 6. Utenheim-Denkmal, bach, Basel, Hist. Museum linker Tell, obere Hiilfle

7. Ravensburger Scbutzmantel- 8. Sitzende Muttergottes, bild, Berlin, Deutscbes Museum Berlin, Deutsches Museum

291

7RaeSb- grS1tmne-8 Sted utrots

This content downloaded from 128.235.251.160 on Mon, 8 Dec 2014 07:38:36 AMAll use subject to JSTOR Terms and Conditions

Page 7: Ein spätgotisches Wanddenkmal zu Basel und seine Stellung in der Kunst der Oberrheinlande

9. Johannes aus Kenzingen, Detail

lassene Haltung des Werkes tiiuschen, wie sie beson- ders im Gesicht zum Ausdruck kommt. Der Mantel- bausch verhiillt den ganzen unteren Teil der Figur, deren Kbrperlichkeit - spHtmittelalterlich zart, wie man oben sieht - hier hinter Gewandstrudeln ver- schwindet. Im ganzen ein feines, freundliches Werk, dessen Schnitzarbeit meisterhaft ist, wie die vielen Hinterschneidungen zeigen, welche das Holz bis zum

iugfersten abgearbeitet haben. Dieser Maria ist die Gestalt jener Frau aufs engste

verwandt, welche auf dem Relief - ganz im Profil - zum Gekreuzigten aufblickt. Sie faift an den Kreuz- stamm des einen Schichers und hilt ihren Kopfschleier mit der Rechten. Man sieht nur ihr Haupt mit den schdnen und sanft fliegfenden Haaren, ferner die rechte Schulter und einen Arm; von der linken Hand nur den Daumen. Dennoch ist mit diesem Wenigen eine Gebarde von stiller Innigkeit dargestellt, welche uiber- zeugt. Sie entspringt dem gleichen Temperament wie das Wesen des oben beschriebenen Marienbildes. Die Ahnlichkeit zwischen beiden geht, auch iuferlich, so weit, daf es scheinen m6chte, es sei der gleiche Typ zweimal Gestalt geworden. Dagf beide Werke von dem- selben Meister stammen, steht danach augier Zweifel. Es liegie sich auch durch den Vergleich mit anderen Werken, welche man diesem Meister bisher zugeschrie- ben hat, beweisen (die sitzende Maria aus Rheinfelden

10. Utenheim-Denkmal, Detail mit Maria

ist z. B. eine Schwester der Muttergottes unter dem Kreuz).13

Die fiir Basel in dieser Zeit - um 1500 - unge- wbhnliche Qualitit der Skulpturen und die Tatsache ihrer engen Verwandtschaft miteinander machen es lohnend, nach weiteren Arbeiten Umschau zu halten, welche sich dem Kreis der bereits bekannten einfiigen liegfen. Auch stellt sich die Frage, wo dessen kiinst- lerische Herkunft zu suchen sei (doch wohl nicht in Basel). Durch die Antwort kbnnte vielleicht ein wenig Licht in das noch recht dunkle Bild, welches man heute von der Skulptur in den Oberrheinlanden um und kurz vor 1500 besitzt, hineingebracht werden.14

Die Marienfigur aus Warmbach, an der sich die Eigenart ihres Meisters sichtbar herausstellte - ob

13 Die Marienfigur aus Warmbach steht im Museum neben ihrer genauen Replik, welche in der konventionellen Auffassung des Gewandes und der glatten, nichtssagenden Bildung des Ge- sichtes mit der Reihe der Heiligen auf dem rechten Teil des Denkmals iibereinstimmt. Ihr Bildhauer hat sicher dort ge- arbeitet, wo das Original entstanden war. Deshalb liegt die Vermutung nahe, dag er es war - ein Werkstattmitglied also, nicht Hans von NuBdorf - welcher den iibrigen Teil des Utenheim-Denkmals schuf.

14 Das Bild ist tatschlich dunkel; denn alles Licht ist von der faszinierenden Persbnlichkeit Niklas Gerhaerts angezogen wor- den, im weiteren Sinne dann auch von der Stragburger Kunst in seiner Nachfolge, ohne dafi man bisher, was grade diese Nachfolge angeht, zu festen Ergebnissen gelangen konnte. Zu- sammenfassung und neuere Literatur bei Otto Schmitt, Strag- burg und die deutsche Bildhauerkunst am Ausgang des Mittel- alters, in: Elsag-Lothringisches Jahrbuch Bd.zo, 1942, P. 124 f. Augerdem L. Fischel, Nikolaus Gerhaert und die Bildhauer der deutschen Spitgotik, Miinchen 1944, passim.

292

This content downloaded from 128.235.251.160 on Mon, 8 Dec 2014 07:38:36 AMAll use subject to JSTOR Terms and Conditions

Page 8: Ein spätgotisches Wanddenkmal zu Basel und seine Stellung in der Kunst der Oberrheinlande

11. Johannes aus Kenzingen, Freiburg, August.-Museum

nun auf einer friihen Stufe seiner Entwicklung oder nicht, bleibt vorerst noch offen - weist auf die Rich- tung, in der man seine Herkunft suchen mugf. Es ist die Kunst Schwabens, enger noch: die Kunst von Ulm, von der er ausging.15 Indem man diesem Hinweis folgt, gerit man in eines der fiir die deutsche Skulptur des spitesten Mittelalters fruchtbarsten, fiir die Lite- ratur aber auch umstrittensten Gebiete. Man ist so- gleich gezwungen, den Meisterbegriff, welcher noch bei den Baseler Werken so sicher festzustehen schien, auf- zugeben.

Ein Vergleich mit der Schutzmantelmaria aus Ra-

vensburg16 bestitigt jedoch, dagf die eingeschlagene Richtung nicht falsch war. Allerdings ist hier weniger, was beide Werke verbindet, interessant, als vielmehr, was sie voneinander trennt. Im Augferen ist sehr viel Ahnliches festzustellen: Das reine Oval der Gesichter mit den ruhig, fast symmetrisch angeordneten Haaren; der lange, zylindrisch geformte Hals; die aufrechte, fast frontale Haltung und die ruhig (auch bei der

12. Petrusfigur, ehem. Freiburg, Privatbesitz, heute verschollen

Warmbacher Maria ruhig!) fallenden Gewinder bei- der Figuren. Ungleich aber sind Frische urrd Ge-

spanntheit, welche die Ravensburger Maria bis in die kleinsten Einzelheiten auszeichnen. Zusammen mit der leichten Wendung von Halstrnd Kopf verleihen sie der ganzen Figur, wie sie aus ihrem ausgebreiteten Mantel hervortritt, etwas Erscheinungshaftes, was der anderen giinzlich fehlt. Es ist, als ob in der Schutz- mantelmaria noch immer etwas von Multschers visio- niirem Schmerzensmann lebendig wiire. Demgegen- iiber wirkt die Basler Figur ein wenig miide, vielleicht

gar leer. Doch ist in ihrem leicht seitlich geneigten Haupt mit den abwirts blickenden Augen, in den wie

wiigend gehaltenen Armen - wenn man sich den fehlenden Arm erginzt - eine feine Verinnerlichung sichtbar, eine beseelte Ausgeglichenheit des Tempera- ments und darum der ganzen Haltung, welche man bei dem groflartigeren Ravensburger Werk nicht fin- den kann. Dieser Unterschied ist weniger durch einen zeitlichen Abstand erkliirbar, welcher beide Skulptu- ren voneinander trennen kbnnte - sie wiren durch- aus auch gleichzeitig mbglich - als vielmehr dadurch,

dagf der Ravensburger oder Ulmer Meister ilter war und friiher gelernt hatte. Immerhin steht die Warm- bacher Maria dem anderen Bildwerk kiinstlerisch so

nahe, dagf man annehmen mugf, hier habe die Reihe der Basler Werke ihren Ausgang genommen.

293

I5 Im Ankaufsbericht zu der sog. Maria vom Dinkelberg wird bereits bemerkt, dag die Skulptur ,wohl aus der Werkstatt eines schwfibischen Wanderkiinstlers, der am Oberrhein Wurzel gefaft hatte und durch dessen Kunst und Kultur mitbestimmt wurde", stamme. cf Oberrheinische Kunst Bd. II, 1926/27, Be- richite p. 46 f, (Wilhelm).

16 Deutsches Museum, Nr. 421, angeblich aus Ravensburg. cf. Die Bildwerke des deutschen Museums, III, bearb. v. Theodor Demmler, Berlin-Leipzig 1930, p. 206 f. Ferner bei Gertrud Otto, Jahrbuch der preufischen Kunstsammlungen, Heft 1/2, 1943, p. 17 ff.

This content downloaded from 128.235.251.160 on Mon, 8 Dec 2014 07:38:36 AMAll use subject to JSTOR Terms and Conditions

Page 9: Ein spätgotisches Wanddenkmal zu Basel und seine Stellung in der Kunst der Oberrheinlande

Man trifft an diesem Punkt auf die bedeutendste Nachbarschaft; denn auch Gregor Erhart, auch Rie- menschneider haben hier begonnen,17 bei einem Bild- hauer, in dem man vielleicht den Hauptmeister des Ulmer Chorgestiihls vermuten darf, die Zentralfigur der Ulmer Kunst nach Multscher."I Die Gemeinsam- keit der Wurzel wird manches Ahnliche erkliren kimn- nen, was im Laufe der Entwicklung vom Oberrhein aus z. B. nach Franken hiniiberweist, ohne dagf man dabei auf eine Beeinflussung, die etwa Riemenschnei- der auf die Kunst der Oberrheinlande ausgeiibt hitte, zu schlieflen brauchte. Die Entwicklung geht vom Ur-

sprung ab getrennte Wege, und es wird in ihrem Fort-

gang die Pers6nlichkeit jedes einzelnen Kiinstlers seine Kunst wesentlich mit formen helfen.

Dagf sich die Wege trennen, wird bereits bei einer kleinen, sitzenden Maria deutlich, welche - obgleich wohl noch nahe dem Ursprung - durchaus in die

Richtung der Basler Werke fiihrt.19 Dieses Meister- werk beriihrt sich derart mit der Warmbacher Mutter-

gottesfigur, daf sich der oben aufgegebene Meister-

begriff wieder zu verdichten scheint. Vergleicht man die Gesichter, die Stille, welche von beiden Werken

ausgeht (trotz der rauschenden Fiille der Gewlinder), so k6nnte man beinahe annehmen, dal beide Marien- bilder von der gleichen Hand geschaffen worden seien, wobei das eine, als eine Art Kabinettstiick, reicher

ausgefiihrt wurde als seine maist~iblich so viel gri- Sere Schwester. Der ,,oberrheinisch-schwdibische" Cha- rakter der Sitzenden ist von der Literatur schon her-

vorgehoben worden.20 Damit ist Richtiges undeutlich

ausgedriickt; denn es ist nicht die Landschaft, sondern der Kiinstler, welcher das Kunstwerk schafft, in die- sem Fall ein Bildhauer, welcher an der Ulmer Kunst

gelernt hatte. Wie weit ihn die Kunst der Oberrhein- lande beeindruckte, liiat sich spliter noch andeuten, wobei die Frage nach seiner stammesmitfigen Her- kunft uner6rtert bleiben soll.

Vor kurzer Zeit wurde den Skulpturen des Basler Kreises ein Werk zur Seite gestellt, welches mit zum Wertvollsten geh6rt, was im Freiburger Augustiner- Museum bewahrt ist: Die Figur eines Johannes Ev. aus Kenzingen.21 Ohne dagf an der gleichen Stelle ver- sucht wurde, den Freiburger Johannes dem Meister zuzuschreiben, der auch die Basler Figuren geschaffen hatte, wurde doch die Verwandtschaft ausdriicklich hervorgehoben.22 Sie ist tatsichlich viel enger, als bis- her - bis zur Bekanntmachung des Utenheim-Denk- mals - vermutet werden konnte; denn wenn von der Warmbacher Maria aus noch keine direkte Verbin- dung zur Johannesfigur fiihrte: Von der schmerzhaf- ten Muttergottes auf dem Denkmal bis zu diesem Jo- hannes ist kaum noch ein Weg; denn beide Werke sind in der unmittelbarsten NachbarschafR zueinander entstanden. Es ist die gleiche Kraft, welche beide Ge- sichter erfiillt und deren Einzelheiten bildete wie z. B. den Mund, ihre schweren Augen, die so spre- chende und doch ganz verhaltene Innigkeit, welche das Antlitz erfiillt. Jedesmal ist es die ganze Figur, welche in Harmonie von Haltung, Geste und Gesichts- ausdruck vollkommen wiedergibt - wie unterstreicht die Geblirde der Hand, was das Gesicht ausdriickt! -, was in der Absicht des Bildhauers lag, hier den Schmerz, dort eine nachdenkliche, riitselvolle, schwe- bende Gestimmtheit. Es ist die reifere Form dessen, was schon an der Marieafigur aus Warmbach zu er- kennen war.23

Bei der Johannesfigur zeigt sich aber noch etwas Wesentliches. Es ist die ferne Verwandtschaft mit Nik- las Gerhaert. Sie erscheint hier weniger im Einzel- nen - dafiir liegt die Zeit Gerhaerts schon zu weit zuriick und aulferdem wire es, als selbstverstfindlich, nicht erwihnenswert - als vielmehr in dem, was mit ,,Gestimmtheit" bezeichnet wurde, dieses Riitselhafte, was ein Antlitz bald lacheln, bald ernst erscheinen lisIt, der ungreifbare Zauber von Lebendigkeit, wel- cher die Werke des grotien Niederliinders auszeich- net.24 Wenn man vom ,,oberrheinischen Charakter" der Kunst dieses Basler Meisters sprechen wollte, dann wire es nur bei dieser spliten Figur miglich.

Das Utenheim-Denkmal entstand nach 1501, der Johannes wenig spliter als das Denkmal. Der Ver- gleich beider ergibt, was die Urkunden naheleg-

17 Riemenschneider cf. Justus Bier, Tilmann Riemenschneider, Band i, Wiirzburg 1925, p. I, 3 und 64. Ders. in: The Art Bulletin 33, 1951, p. 226 ff. Fiir Gregor Erhart cf. G. Otto, Gregor Erhart, Berlin 1943. Dort die uiltere Literatur.

i8 G. Otto in: Jahrbuch der preuiischen Kunstsammlungen, Heft 1/2, 1943, P. I7 ff. G. Otto hat sich zu dieser These von Mal zu Mal deutlicher bekannt. cf. G. Otto, Ulmer Plastik der Spfitgotik, Reutlingen 1927, passim. Dies. in: Berliner Museen, Berichte aus den preuI. Kunstsammlungen, LI, 1930, p. 77 f. Dies. in: Berliner Museen etc. LIV, 1933, p. 33 f. Dies., Gregor Erhart, Berlin 1943, passim.

19 Ostberlin, Skulpturensammlung der Staatlichen Museen. Die Hand mit der Flasche ist eine moderne Ergainzung. cf. Die Bildwerke des Deutschen Museums, III, bearb. v. Theodor Demmler, Berlin-Leipzig 193o, Nr. 408. Dort als ,Oberrh. Meister aus der Schule Niklas Gerhaerts" um 1480. Demmler hat die schwaibische Herkunfi des kleinen Werkes jedoch nicht bestritten. cf. Th. Demmler, Der Meister der Dangolsheimer Maria, in: Jahrbuch der preuiischen Kunstsammlungen, 46, 1925, p. 176 ff. Dort auch die Riickseite der Figur abgebildet. Bei Otto Wertheimer, Niklas Gerhaert, Berlin 1929, p. 91

,,ein sdiwibisdier Meister nadi einer Vorlage des E. S." und p. 97, Anm. 14 ,Dieser Typus sdcheint von Konstanz aus seine Verbreitung genommen zu haben". cf. audch G. Otto, Gregor Erhart, Berlin 1943 p. 67. Dies., Ulmer Plastik der Spatgotik, Reutlingen 1927, p. io8.

20o Otto Wertheimer 1. c. p. 91

21 Lindenholz, H. 132 cm, im Museum datiert ,,um I5oo", Mus. Nr. S 11432. cf. Otto Schmitt, Oberrheinische Plastik, Frei- burg 1924, Bemerkung zu Tafel 51. cf. Meisterwerke mittel- alterlicher Kunst in Baden, Ausstellungskatalog, Freiburg 1946, Nr. 39: ,,aus Kenzingen, viell. aus dem 150o3 entstandenen, im 8. Jh. zerstbrten Hochaltar der Pfarrkirche". Frdl. Hinweis

von Dr. I. Schroth. cf. Kaufmann-Hagenbach, 1. c., p. 36 f und Anmerkung 9o.

22 Kaufmann-Hagenbah erkannte als erste den Zusammenhang mit Basel, siehe Anmerkung 21.

23 Es ist hier zu bedauern, dai sich kein minnliches Gesicht aus dem Werk dieses Meisters erhalten hat. Immerhin liiAt der stark zerstarte Kopf des Ritters Utenheim noch deutlich eine groi~e Obereinstimmung mit dem Kopf des Johannes erkennen.

294

This content downloaded from 128.235.251.160 on Mon, 8 Dec 2014 07:38:36 AMAll use subject to JSTOR Terms and Conditions

Page 10: Ein spätgotisches Wanddenkmal zu Basel und seine Stellung in der Kunst der Oberrheinlande

ten, welche melden, dagf der Kenzinger Hochaltar 1503 errichtet wurde. Man ist also im ersten Jahr- zehnt des 16. Jahrhunderts angelangt und iiberblickt eine Reihe von Skulpturen, welche von ca. 1480 bis ca. 1505 reicht, wobei die Zeitbestimmung des An-

fangs nur annihernd getroffen werden kann. Sie hat sich nach der Datierung des Ravensburger Schutz- mantelbildes zu richten, k6nnte daher durchaus friiher liegen. Diese Vermutung erhilt Wahrscheinlichkeit, wenn man bemerkt, wie fest der Meister der Johan- nesfigur in der Tradition spitmittelalterlicher Schnitz- kunst steht. Es ist anzunehmen, dagf er schon lange in dieser Tradition gearbeitet hat.

Andere Skulpturen als die, welche schon genannt wurden, wollten sich bisher nicht finden lassen. Zum Friihwerk k6nnte sich noch einiges einstellen, jedoch sind spitere Arbeiten als der Freiburger Johannes kaum noch zu erwarten. Zwei Figuren, welche friiher dem ,,Meister des Kenzinger Johannes" zugeschrieben wurden, sind ganz sicher nicht von dessen Hand.25 Es ist iiberhaupt fraglich, ob beide von derselben Hand

geschaffen wurden; denn auch unter sich sind sie sehr verschieden. Die Figur des Petrus scheint die gr6ifere Qualitit zu besitzen und deshalb dem Johannes niher zu stehen als die andere. Doch zeigt der Vergleich, wie affektiert und unruhig ihre Haltung neben dem Jo- hannes wirkt. In der Gewandung macht sich auch ein neues Gefiihl fiir Plastizitit bemerkbar. Das Licht, welches auf den gewilbten, wie aus Metall getriebe- nen Formen spielt, hat eine neue Funktion erhalten. Auch wird man eine so schwache Stelle wie dort, wo der Gurt des Petrus an dessen Hiite mit dem brett-

artig steifen Mantel zusammenst6ift, an der Johannes- figur vergeblich suchen. Es kann daher eine gewisse iuflere Ahnlichkeit (besonders der K6pfe) nicht iiber den grogfen Unterschied hinwegtiuschen, welcher beide Werke voneinander trennt. Der Bildhauer des Petrus scheint jiinger zu sein als der Basler Meister. Er hat dessen Werke sicher gekannt, ist aber auch von der neuesten Straflburger Kunst nicht unberiihrt geblieben, vom engsten Umkreis des Niklas Hagenower.26

Der Gewinn, welchen man mit der genaueren Kenntnis des Utenheim-Denkmals erhilt, besteht in der Hauptsache darin, daft eine Meisterpers6nlichkeit deutlich wird, welche an der Wende des 15. Jahrhun- derts in Basel wirkte, dennoch aber nicht von der Kunst der Oberrheinlande, also der Kunst Straflburgs, ihren Ausgang nahm, sondern von Ulm. Die alte und seit langem bekannte Verbindung zwischen der schwi- bischen Reichsstadt und der Schweiz, welche besonders fiir die innere Schweiz deutlich nachgewiesen wurde, hat also auch zwischen Ulm und Basel bestanden.27 Der Gewinn besteht ferner darin, dagf die in der Kunst ihrer engeren Umgebung bisher so isoliert ste- hende Johannesfigur in einen festen Zusammenhang mit anderen Werken gebracht werden konnte, was eine in der jiingsten Literatur geiiuferte Vermutung zur Gewiftheit werden liefl.28 Die iuflere (und auch innere) Verwandtschaft gerade dieses Werkes mit Rie- menschneider mag die Qualitit des hier bekanntge- machten Meisters bestitigen. Sie kommt aus der ge- meinsamen Wurzel beider Bildhauer, welche auch beide von der Kunst des Niklas Gerhaert nicht unbe- riihrt geblieben sind.

24 Z. B. das sog. Birbele, Straf~burg, Frauenhaus. Abb. bei Otto Schmitt, Oberrheinische Plastik, Taf. io.

25 Zuschreibung durch Otto Schmitt, Oberrheinische Plastik, Frei- burg 1924, Bemerkung zu Tafel SI. Dort nicht abgebildet. Beide Figuren sind 1938 in den Berliner Kunsthandel gelangt und seither verschollen. Eine m~itige, moderne Kopie des Petrus gehdrt der Fischerzunft zu Burkheim am Kaiserstuhl und steht in der dortigen Pfarrkirche. (Frdl. Auskunft des Bildhauers Dettlinger, Freiburg, in dessen Besitz sich die Originale befanden.)

26 Man vergleiche die beiden Apostelfiguren des Deutschen Mu- seums, Nr. 7693 und 7694. cf. Die Bildwerke des Deutschen Museums, III, bearb. v. Th. Demmler, Berlin-Leipzig 1930, dort als ,Nikolaus v. Hagenau?". Bei Wilhelm V6ge, Niklas Hagnower, Freiburg, o. J., p. 83, Anm. 25 werden die Ber- liner Figuren mit ,aus der Nachfolge des Hans v. Aachen" bezeidchnet.

27 C. Th. Miiller, Vom Wirkungskreis der oberschwibischen Bild- hauerwerkstatt der Spitgotik, in: Miinchner Jahrbuch N. F. XIII, 1938/39, p. 55 ff.

28 Justus Bier, in: The Art Bulletin 33, I951, Anm. 42.

295

This content downloaded from 128.235.251.160 on Mon, 8 Dec 2014 07:38:36 AMAll use subject to JSTOR Terms and Conditions