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1 HOCHSCHULE FÜR TECHNIK, WIRTSCHAFT UND KULTUR LEIPZIG University of Applied Sciences EINBLICKE . Das Forschungsmagazin der Hochschule für Technik, Wirtschaft und Kultur Leipzig Forschungsmagazin 2014 Die HTWK Leipzig hat eine besondere Verantwortung“ Interview Schwerpunktthema: Nachwuchsforschergruppen Mit dem Laser auf der Jagd nach Pestiziden

EINBLICKE. Forschungsmagazin 2014 (HTWK Leipzig)

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HOCHSCHULE FÜR TECHNIK, WIRTSCHAFT UND KULTUR LEIPZIGUniversity of Applied SciencesUniversity of Applied SciencesHOCHSCHULE FÜR TECHNIK, WIRTSCHAFT UND KULTUR LEIPZIGUniversity of Applied Sciences

EINBLICKE.Das Forschungsmagazin der Hochschule für Technik, Wirtschaft und Kultur Leipzig Forschungsmagazin 2014

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„Die HTWK Leipzig hat eine besondere Verantwortung“ – Interview

Schwerpunktthema: Nachwuchsforschergruppen

Mit dem Laser auf der Jagd nach Pestiziden

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EINBLICKE. Forschungsmagazin 2014 Editorial.

Liebe Leserinnen und Leser,

es sind beeindruckende Fakten: 2013 hat die HTWK Leipzig erstmals mehr als zehn Mil-lionen Euro an Drittmitteln eingeworben, das ist inzwischen ein Viertel des gesamten Hochschulhaushaltes. In den hinter dieser Zahl stehenden Drittmittelprojekten arbei-ten rund 220 Mitarbeiter, die damit etwa ein Drittel aller Angestellten unserer Hochschule stellen. Spannende Einblicke in die Vielfalt hinter diesen eher nüchternen Zahlen bietet Ihnen das vorliegende Forschungsmagazin. Den Schwerpunkt dieser Ausgabe bilden die vom Europäischen Sozialfonds geförderten Nachwuchsforschergruppen, aber auch ande-re Themen aus unseren vier Pro�llinien wer-den vorgestellt.Für mich war 2013 das erste Jahr an der HTWK Leipzig. Ich habe viele engagierte Menschen in der Professorenschaft, bei den Mitarbei-terinnen und Mitarbeitern in den Fakultäten und in der Verwaltung kennenlernen dürfen. Ich bin positiv überrascht über die Vielfalt der hier bearbeiteten Projekte und auch darüber, dass im Bereich Forschung „die Uhren etwas schneller ticken“. Denn die HTWK Leipzig hat hier noch viel vor.Als Kanzlerin leite ich die Verwaltung. Da-her habe ich auch einen speziellen Blick auf unsere Forschungsprojekte: Die 10 Millionen Euro Drittmittel bedeuten eben auch zahl-

reiche neue oder zu ändernde Arbeitsverträ-ge, individuelle Absprachen und Anliegen der Drittelmittelmitarbeiter. Das bedeutet die Anschaffung aller möglichen Dinge, vom gewöhnlichen USB-Kabel über die neueste Computerhardware bis hin zu teurer Spezi-almesstechnik. Am Ende stehen unzählige Rechnungen, Dienstreisen und Belege, die zugeordnet, gebucht, geprüft, angewiesen und abgelegt, immer öfter den Drittmittel-gebern gegenüber verteidigt werden müssen.Bitte verstehen Sie mich richtig: Wir tun das gern. Es ist mir ein zentrales Anliegen, mit hoher Serviceorientierung unseren Wissen-schaftlern eine Grundlage für gute Ergeb-nisse in Lehre und Forschung zu liefern. Dies gilt umso mehr in Zeiten stagnierender oder sinkender Personal- und Finanzausstattung – ein Problem für sich. Und auch ungeachtet der Tatsache, dass Forschung vom Land gern gesehen und gefordert wird, aber notwendige Ressourcen nur zögerlich oder gar nicht zur Verfügung gestellt werden.In der Verwaltung haben wir uns seit 2013 auf den Weg gemacht, in wohlbedachten Schrit-ten die steigenden Anforderungen erfolg-reich zu bewältigen. Dieser Weg ist mühevoll ob des umfangreichen Tagesgeschäftes, her-ausfordernd ob der Ressourcenknappheit. In den letzten fünf Jahren haben sich beispiels-

weise die Drittmittel mehr als verdoppelt, die Mitarbeiteranzahl im Bereich der Pro-jektbetreuung blieb jedoch nahezu unverän-dert. Hier mussten wir gegensteuern, um die jetzigen wie auch die kommenden Aufgaben zu bewältigen: Wir haben die Projektbetreu-ung personell auf solidere Füße gestellt und auch räumlich adäquat unterbringen können. Referat Forschung und zentrale Verwaltung arbeiten nun noch enger zusammen. Und in den neu angemieteten Räumen in der Karl-Liebknecht-Str. 143 entsteht schrittweise das „Forschungszentrum Campus“ mit Platz für Nachwuchsforscher, Projektmitarbeiter und Ausgründungen. Schließlich haben wir tat-sächlich noch viel vor.Wenn ich auf die in diesem Heft vorgestellten und auch die kleineren, eher stillen Projekte schaue, dann freue ich mich, wie sehr sich die dahinterstehende tagtägliche Arbeit lohnt.Ich wünsche Ihnen eine spannende Lektüre!

Herzlich

Ihre Prof. Swantje HeischkelKanzlerin der HTWK Leipzig

Prof. Swantje Heischkel – Kanzlerin der HTWK Leipzig.

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Inhaltsverzeichnis.

Aus dem Referat Forschung

06 „Die HTWK Leipzig hat eine besondere Verantwortung“

Staatsministerin v. Schorlemer, HHL-Rektor Prof. Dr. Pinkwart und HTWK-Hochschulratsvorsitzender Dr. Reuschel im Interview zur Rolle der HTWK Leipzig

10 Jahresrückblick 2013 – Forscher Nachwuchs –

Tag der Wissenschaft 2013 – Enge Zusammenarbeit der

sächsischen HAW – Hervorragende Noten für die

Kompetenzschule CompeTE +

12 Forschungsstatistik 2013 – Drittmitteleinnahmen – Personen – Hochschule – Pro�llinien

80 Impressum

Schwerpunktthema: Nachwuchsforschergruppen

16 „Wir haben viele Absolventen, die die Chance einer Promotion nutzen wollen“

Gespräch zur Nachwuchsgewinnung an der HTWK Leipzig

19 Ressourcen schonen, Substanz erhalten

Die Nachwuchsforschergruppe ResuS im Portrait

25 Weitere Nachwuchsforschergruppen – Forschung am OP-Training der Zukunft – Neuartige chirurgische Modelle:

Ingenieure und Ärzte forschen gemeinsam

– Globaler Wandel, regionale Antworten und Nachhaltigkeit

– Bunter, schärfer, altersgerechter – Sensoren für die Produktion – Mensch und Technik: Das Beste

aus beiden Welten

Ressourcen schonen: Bau & Energie

30 Bauwerkstrocknung mit Radiowellen: ein erfolgreicher Anfang

Mit der Radiowellen-Technologie energiesparend und ef�zient trocknen

34 Wärme, wo sie hingehörtBauingenieur Björn Höhlig hat zur Trocknung von Betonfertigteilen mittels Radiowellen promoviert

36 Multifunktional: Von innen beheizbare Holzplatten

Ein ökonomisches Verfahren zur Verformung von Holz und eine neue Art von Heizung

38 Vermischtes – Die „digitale Eidechse“ – Eine stabile Sache: der „Lange Gang“

auf Schloss Hartenfels – Mit Wasserantrieb – Wasserversorgung darf kein Luxus sein – Wasser für den Elsterstausee – Strom tanken an der Laterne – Woher weht der Wind?

41 Neues Kühlprinzip für Elektro- motoren entwickelt

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EINBLICKE. Forschungsmagazin 2014 Inhaltsverzeichnis.

Gesundheit erhalten: Life Science & Engineering

44 Dem Gehirn zusehenEchtzeit-Auswertungen von aufgezeichneten Gehirnaktivitäten

47 Mit dem Laser auf der Jagd nach Pestiziden

Neu entwickelter Pestizid- scanner marktreif

50 Über Dialyse und AnalyseEine höhere Lebensqualität für Dialysepatienten und verbesserte Behandlungsmöglichkeiten für Mediziner

52 Vermischtes – Gerät zur Kalibrierung von Blutdruck-

messgeräten entwickelt – „Strahlenfrei trainieren“ gewinnt IQ

Innovationspreis Leipzig – Arbeit an chirurgischen Modellen

geht weiter – Knochen aus dem 3D-Drucker? – Unser Titelfoto – „Power to the people!“

55 Greif zu, Kollege Roboter!Schneller von der Forschung ins Labor

Informationen erschließen: Medien & Information

58 „Drucken ist Beschichten“Druckverfahren zur Herstellung funktionaler Schichten?

61 Vermischtes – Wasserlos und ef�zient: Institut iP3

Leipzig forscht zu Druckverfahren – Die „Serbske Nowiny“ in neuem Layout

62 Stadtgrün als Zeichen individueller Trauer

Neue Formen des Gedenkens in einer zunehmend digitalisierten Welt

64 Das „Sprachzentrum“ für die kommunizierende Straßenbeleuchtung

Passendes Licht in Echtzeit

66 Eine Fabrik auf neuestem Stand von Wissenschaft und Technik

67 Vermischtes – Extravirtuelle Realität in 360 Grad –

einfach eintauchen – Fachgespräche mit Gästen aus

Lateinamerika – Mehr live ist möglich: Zusatzinfos

ohne Verzögerung

Verantwortung übernehmen: Ingenieur & Wirtschaft

71 „Trockenübungen“ für VerdichterHiL-Simulationen einfacher erstellen

74 Kultur lohnt sichZur Umwegrentabilität der Leipziger städtischen Kulturbetriebe

76 Vermischtes – Lernen an der Praxis – Guten Morgen, lieber Sensor:

Aufstehzeit! – JMStV-Novelle in erneuter Abstimmung – Wie Stroh zu Gold – Industriekultur zeigen und leben

78 Rohre frei für Sauerstoff

79 Vermischtes – Gießerei Keßler und HTWK Leipzig

vertiefen Kooperation – Industriearbeitskreis Automation

gegründet – Energie sparen - mit Konzept

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Interview.

„Die HTWK Leipzig hat eine besondere Verantwortung“Die HTWK Leipzig hat 2013 wieder einen Drittmittelrekord aufgestellt: 10,4 Mio. Euro wurden eingeworben. Aber was bedeutet das für die Region? Und vor welchen zukünftigen Herausforderungen stehen Hochschulen, Wirtschaft und Politik? Drei Experten aus diesen Bereichen stellen sich unseren Fragen.

Die Forschungseinnahmen sind in Sachsen besonders hoch, nicht nur bei den Universitä- ten, auch bei den Hochschulen für Angewan-dte Wissenschaften. Dort liegen sie mit etwa 50.000 EUR pro Professor (2012) etwa beim Zweifachen des Bundesdurchschnitts. Was macht Sachsen hier besonders gut, und vor welchen Herausforderungen steht die Politik?

Staatsministerin v. Schorlemer: Sachsen hat eine starke Forschungstradition. Auch die Vor-gängereinrichtungen der Hochschulen für Angewandte Wissenschaften hatten den An-spruch, neben quali�zierter Lehre auch heraus-ragende Forschungsergebnisse zu liefern. Dies haben wir konsequent seit der friedlichen Revo-lution weiterentwickelt und entsprechend gute Rahmenbedingungen geschaffen. Die Hoch- schulen sind räumlich und technisch inzwi-schen auf dem neuesten Stand, bestens für Forschungsprojekte ausgerichtet. Auch bei den Berufungen von Hochschullehrern spielen ne-ben didaktischen Qualitäten auch die Befähi-gung zur eigenständigen wissenschaftlichen Arbeit und Forschung eine große Rolle. Studie-rende pro�tieren von forschungsnaher Lehre und werden frühzeitig auch an Forschungsauf-gaben herangeführt. Unsere Hochschulen müs-sen sich jedoch auf einen noch stärkeren Wett-bewerb mit Hochschulen des In- und Auslandes einrichten. Wettbewerb macht neugierig und ist ein Ansporn, die eigenen Ziele etwas weiter-zustecken. Auch der mit Forschung verbundene hohe Aufwand, etwa für Antragstellung oder In-

frastruktur, beispielsweise ein Hochleistungs-rechnernetz, sind neue Herausforderungen.

Investitionen in Bildung und Forschung zah-len sich aus, sagt die OECD. Sie schätzt, dass jeder in Hochschulbildung investierte Euro etwa 7–9 Prozent Zinsen bringt, in MINT-Fä-chern aufgrund der statistisch höheren Ein-kommen sogar etwa 10–13 Prozent. Stimmt das? Besser könnte der Staat sein Geld ja nicht anlegen.

Staatsministerin v. Schorlemer: Ja, Hoch-schulbildung bringt einen hohen gesellschaft-lichen Mehrwert. Absolventen haben mit den hohen Quali�kationen oftmals bessere Auf-stiegschancen.

„Die staatlichen Mittel müssen ausgewogen

verteilt werden“

Forschung und Innovationen beleben die regionale Wirtschaft mit neuen Produkten, Verfahrensweisen und Erkenntnissen. Auch internationale Forschungsverbünde mit säch-sischer Beteiligung helfen, den großen gesell-schaftlichen Herausforderungen zu begegnen. Hier zahlen sich Bildungsinvestitionen aus. Aber der Staat soll sein Geld eben nicht nur „anlegen“ und für eine Absicherung erreichter Standards verwenden, sondern auch zur weite-ren gesellschaftlichen Entwicklung. Es werden also auch Gelder für frühkindliche Bildung, für

Staatsministerin Prof. Sabine von Schorlemer

Prof. Dr. Dr. jur. habil. Dr. rer. pol. habil. Sabine Freifrau von Schorlemer, ev.-luth., wurde am 30. September 2009 zur Sächsischen Staatsmi-nisterin für Wissenschaft und Kunst berufen. Sie lehrte u. a. an den Universitäten München, Genf, Lausanne und Basel und war vom Jahr 2000 bis September 2009 Inhaberin des Lehrstuhls für Völkerrecht, Recht der EU und Internationale Beziehungen sowie Auslands-beauftragte an der TU Dresden.

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EINBLICKE. Forschungsmagazin 2014 Interview.

Schulen und kulturelle Entwicklung benötigt. Die staatlichen Mittel müssen also ausgewo-gen verteilt werden.

Prof. Dr. Pinkwart: Vor dem Hintergrund des demographischen Wandels und der besonders zwischen 1995 und 2005 massiv eingebroche-nen Absolventenzahlen in den MINT-Fächern sollten weitere Anstrengungen unternommen werden, eine hohe Zahl an MINT-Studierenden zum Studienerfolg zu führen. Diese Investition bringt letztlich Innovationen und damit mehr Arbeitsplätze, Wachstum und Fortschritt in unserem Land.

Vor welchen Herausforderungen steht die regionale Wirtschaft in Leipzig, und welchen Beitrag können die Hochschulen dazu leis-ten? Der oft zitierte „demographische Wan-del“ etwa ist zumindest bei den hiesigen Hochschulen nicht angekommen, die Zahl der Studienbewerber steigt ja.

Dr. Reuschel: Das ist richtig. In den Bewerber-zahlen an den Hochschulen ist der demogra-�sche Wandel noch nicht angekommen. Aber wenn Sie nach den Absolventen fragen, wer-den die De�zite bereits eben vor allen in den MINT-Fächern deutlich. Der Fachkräftemangel

ist vor allem auch in Leipzig zu spüren, was im Wesentlichen auf drei Gründe zurückzuführen ist: Erstens scheiden überproportional viele Leistungsträger, die zur Wende zwischen 30 und 40 Jahre alt waren, derzeit aus. Zweitens brauchen die erfolgreichen Leipziger Unter-nehmen für ihren überregionalen und inter-nationalen Markteintritt jungen, �exiblen Nachwuchs. Und drittens haben wir nunmehr seit fast 25 Jahren keine technische universi-täre Ausbildung mit uneingeschränktem Pro-motionsrecht zur Bindung der Leistungseliten mehr. Das wirkt sich inzwischen auch auf die Firmenstruktur und -kultur aus. Die HTWK ist

Der Geutebrück-Bau der HTWK Leipzig an der Karl-Liebknecht-Straße. Foto: Swen Reichold

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Interview.

damit sowohl bei der Qualität der Ausbildung wie auch bei der Verkürzung der Studiendauer gefordert.

Schaut man sich die Berichte und Statis-tiken an, sind die Unterschiede zwischen den sächsischen Regionen ja gravierend. In Dresden und Chemnitz gibt es viel mehr FuE-betreibende Unternehmen – und damit auch mehr Arbeitsplätze in der Forschung, mehr Innovationen, Wertschöpfung und Steuer-einnahmen – als in Leipzig. Wieso hat sich das so entwickelt, und welche Aufgaben re-sultieren daraus für Politik, Wirtschaft und Hochschulen?

Prof. Dr. Pinkwart: Dass sich die sächsischen Regionen Dresden, Chemnitz und Leipzig un-terschiedlich entwickelt haben, liegt sicherlich auch an historisch gewachsenen Strukturen. Stolz können wir jedoch darauf sein, dass Leipzig in wichtigen Zukunftsfeldern bereits Schrittmacherfunktion übernehmen konnte.

„Leipzig hat große Potentiale für Forschung

und Transfer“

Jüngstes Beispiel bietet der Wettlauf um das Automobil der Zukunft: Die Fertigung einer neuen Generation von Elektrofahrzeugen aus neuen Materialien und die Entwicklung geeig-neter neuer produktionstechnischer Anlagen zur künftigen Massenherstellung umwelt-freundlicher Fahrzeuge stärken den Industrie- und Innovationsstandort. Neben dem weite-ren Ausbau der Produktionsstandorte großer Automarken wie BMW, Porsche und VW eröffnet sich dadurch auch die Chance zur Ansiedlung von Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten. Ebenfalls die Nase vorne hat Leipzig im Bereich der Biotechnologie und weißer Biotechnologie (Spitzencluster Bioökonomie) sowie Medizin, Anthropologie und Kognitionswissenschaften und neuerdings auch im Verbund zum Thema BigData. Leipzig hat mit seiner Schwerpunkt-setzung auf den Menschen große Potentia-le für Forschung und Transfer in der Welt der

Wissensökonomie. Die Politik kann hierbei weiterhin die Rahmenbedingungen für eine klare Fokussierung auf Schlüsselfaktoren ho-her Wertschöpfung setzen: beste Bildung, starke Wissenschaft und Forschung, moderns-te Infrastruktur und unternehmerischer Mut.

Staatsministerin v. Schorlemer: Unterschie-de zwischen den einzelnen Regionen sind historisch gewachsen. Südwestsachsen ist traditionell ein Schwerpunkt von Automobil-industrie und Maschinenbau, Energietech-nik war verstärkt in Ostsachsen angesiedelt. Und Leipzig ist bekannt als Stadt der Messe, des Handels und des Buches. Deshalb gibt es in Leipzig traditionell weniger technologie-orientierte Unternehmen des verarbeiten-den Gewerbes. Mit großer Unterstützung der Staatsregierung ist es allerdings in den letz-ten Jahren gelungen, auch in Leipzig Unter-nehmen anzusiedeln, die Forschung und Ent-wicklung betreiben. Diese Erfolge sieht man etwa in der Automobilindustrie und in der IT-Wirtschaft, vor allem aber in der Biotechnolo-giebranche. Gerade letztere entwickelt sich in der BIO CITY Leipzig sehr gut. Dies wollen wir natürlich weiter unterstützen.

Dr. Reuschel: Die Unterschiede zwischen Leipzig, Dresden und Chemnitz nur als die selbstverständliche Konsequenz einer unter-schiedlichen historischen Struktur zu sehen, halte ich für bedenklich. Für die regionale Wirtschaft, und da möchte ich gern für Leip-zig den Blick auf Mitteldeutschland richten, ist es gerade wichtig mit Forschung und Ent-wicklung nicht nur Produktionsstandorte neu anzusiedeln, sondern vor allem die ansässigen Unternehmen mit Forschungs- und Entwick-lungs-Knowhow international konkurrenz-fähig zu machen. Das ist eine Frage des ver-arbeitenden Gewerbes, aber eben auch eine Frage von Wissenstransfer im technischen Leistungsbereich. Wenn man diese interna-tionale Wertschöpfung von der ansässigen regionalen Wirtschaft erwartet, muss die Staatsregierung auch weiter in den Standort Leipzig als Forschungs-, Ausbildungs- und Entwicklungsstandort der technischen Wis-senschaften investieren. Da sind das Finanz-, Wirtschafts- und Wissenschaftsministerium gleichermaßen gefragt.

Prof. Dr. Andreas Pinkwart

Prof. Dr. Andreas Pinkwart ist Rektor sowie Inhaber des Stiftungsfonds Deutsche Bank Lehrstuhls für Innovationsmanagement und Entrepreneurship der HHL Leipzig Graduate School of Management. Von 2002 bis 2005 war der Siegener Wirtschaftsprofessor Mitglied des Deutschen Bundestages und von 2005 bis 2010 stellv. Ministerpräsident und Innova-tionsminister des Landes NRW. Nach einem Forschungsaufenthalt an der Johns-Hopkins-University in Washington trat er seine heutige Position im Frühjahr 2011 in Leipzig an.

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EINBLICKE. Forschungsmagazin 2014 Interview.

Hat die HTWK Leipzig hier eine Sonderrolle als einzige technische Bildungseinrichtung in der Wissenschaftsregion Leipzig? Wie drückt sich diese aus?

Staatsministerin v. Schorlemer: Die Hoch-schule hat eine herausragende Bedeutung und eine besondere Verantwortung. Über ihr Pro�l prägt sie maßgeblich die natur- und ingeni-eurwissenschaftlichen Forschungskompeten-zen der Wissenschaftsregion.

„Wir brauchen weitere Investitionen für Leipzig als

Forschungs- und Ausbildungs- standort der technischen

Wissenschaften“

Der hohe Stellenwert der mathematischen, ingenieurwissenschaftlichen und technischen Studienfächer zeigt sich bereits in der Ver-teilung der Studierenden. Ziel ist es, 70 Pro-zent der Studierenden in diesen Bereichen zu halten. Der Freistaat unterstützt dies aktiv, etwa beim Neubau des Gebäudes der Fakul-tät Maschinen- und Energietechnik und einer hervorragenden Ausstattung. Lehr- und For-schungsschwerpunkte der Hochschule sowie die Wissenschafts- und Wirtschaftskontakte sind weitgehend auf die Bedarfe der Region abgestimmt. Vor allem beim Wissenstransfer und der Sicherung des Fachkräftebedarfs steht die HTWK in Verantwortung in der Region.

Prof. Dr. Pinkwart: Die Hochschule für Technik, Wirtschaft und Kultur zeichnet sich durch ihre anwendungs- und zukunftsorientierten Studi-engänge aus. Innerhalb der Wissenschaftsregi-on Leipzig fällt sie nicht nur durch den Schwer-punkt Ingenieurswissenschaften, sondern auch durch ihre enge Verzahnung von Lehre, Forschung und Technologietransfer auf. In der Wissenschaftsregion Leipzig ist die HTWK ein sehr wichtiger Partner. Sichtbar wird dies u.a. durch ihre Rolle im Hochschulgründernetzwerk SMILE. Gemeinsam mit der Universität Leipzig, der HHL, dem UFZ und der AKAD Hochschu-

le bietet die HTWK Seminare, Workshops und Coachings zu Themen wie Entrepreneurship, Businessplan-Entwicklung, Kreativitätstechni-ken und Soft-Skill-Management für Studenten und Interessierte an. Nicht nur für die Region, sondern gerade für die Neuen Bundesländer und Deutschland insgesamt ist es wichtig, dass es Hochschulen wie die HTWK mit einem tech-nischen Fokus gibt, die Unternehmensgrün-dungen und damit nachhaltiges Wachstum und Beschäftigung fördern.

Dr. Reuschel: Die HTWK hat eine besondere Rolle bekommen, denn aus ihrer Historie, und da verwende ich den Begriff sehr gerne und sehr bewusst, wird eine Qualität in der Ausbil-dung und Forschung erwartet, wie sie bereits für die universitären Vorgängereinrichtungen bekannt war. Dabei ist es vollkommen unstrit-tig, dass die HTWK als das ingenieurwissen-schaftliche Zentrum für die regionale Wirt-schaft besonders maßgeblich ist. Dies wurde auch wieder in 2013 im Drittmittelaufkommen von 60.000 EUR je Professor, was etwa dem Doppelten zum bundesweiten Durchschnitt entspricht, deutlich. Für die regionale Wirt-schaft gilt es noch mehr unmittelbar vor Ort, das heißt an der HTWK, dieses Forschungs- und Entwicklungspotenzial abzurufen. Anderer-seits darf für die Professorenschaft nicht die Ausbildung der Studenten an die zweite Stelle rücken, nur damit alle Leistungsparameter in-nerhalb der Zielvereinbarung mit dem SMWK erfüllt werden. Besonders bedenklich wird es dann, wenn zur Drittmittelerwirtschaftung konkurrierend zur freien Wirtschaft gearbeitet wird. Die vereinbarten Kürzungen im Stellen-pro�l sind demogra�sch begründet, sie ent-sprechen aber vor allen in den MINT-Fächern nicht den Erwartungen und dem Bedarf der regionalen Wirtschaft, von der nachhaltiges Wachstum erwartet wird. Und die HTWK steht damit – Aufgabenfülle hier, Kürzungen da – vor einem Zerreißprozess. Insoweit steht die Frage, ob wir es uns in Sachsen, aber ganz be-sonders in Leipzig, tatsächlich leisten können, diese effektive indirekte Wirtschaftsförderung im Bereich Ingenieurwissenschaften zu redu-zieren. Die genannte Sonderstellung der HTWK

Leipzig muss sich auch in der Ausstattung, etwa mit Stellen, niederschlagen – sonst kann die Hochschule ihrer Verantwortung nicht ge-recht werden.

Vielen Dank für das Gespräch.Die Fragen stellte Stephan Thomas.

Dr. Mathias Reuschel

Dr.-Ing. Mathias Reuschel ist Mitinhaber und Vorsitzender der Ingenieur- und Architektur-büros der S&P Gruppe und seit 2011 Mitglied und Vorsitzender des Hochschulrates der HTWK Leipzig. Er studierte Bauingenieurwesen an der Technischen Hochschule Leipzig und wurde dort promoviert. Seit 1991 als Bauingenieur und Unternehmer tätig, seit 2006 Prokurist der Materialforschungs- und Prüfanstalt (MFPA GmbH Leipzig). Gesellschaftliches Engagement u.a. als Präsident des Vereins „Gemeinsam für Leipzig“ e.V.

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Jahresrückblick 2013.

Forscher Nachwuchs – Tag der Wissenschaft 2013Was tun, wenn Beton blutet? Wieso ist Schweigen im OP nicht immer Gold? Wie kann man die elektromagnetische Gehirnaktivität in Echtzeit lokalisieren? Was macht wirtschaftliche Resilienz aus? An diesen und weiteren Fragen arbeiten die Nachwuchswissenschaftler an der HTWK Leipzig. Am 12. Juni 2013 präsentierten sie ihre Themen zum „Tag der Wissenschaft“, dem Dies Academicus der HTWK Leipzig. Der „Tag der Wissenschaft“ sowie die Posterausstellung wurden von Prof. Markus Krabbes, Prorektor Forschung, eröffnet. Die Vorträge in vier Panels (jeweils zu den vier Pro�llinien der HTWK Leipzig) und die Posteraus-stellung zeigten die thematische Vielfalt der momentan bearbeiteten Themen – auch durch die zahlreichen Forscher an Nachwuchsforscher-gruppen (vgl. S. 14).Während der Vorträge und natürlich in den Pausen bestand genug Ge-legenheit, miteinander auch fakultätenübergreifend ins Gespräch zu kommen – ein Angebot, das viele Nachwuchswissenschaftler intensiv nutzten. Denn Ziel des Tages ist die wissenschaftliche Vernetzung ge-mäß dem Leitbild der HTWK Leipzig als „vernetzte Hochschule“. Als Gastredner sprach Prof. Dr. rer. nat. Thomas Bruckner (Universität Leipzig) zum Thema „Erneuerbare Energien: Dauersubventionierung oder Marktintegration? – Die Energiewende aus wirtschaftswissen-schaftlicher Perspektive“. Zum nächsten Tag der Wissenschaft am 18. Juni 2014 (Dies academi-cus) mit neuen spannenden Vorträgen und Diskussionen sind alle Hoch-

schulangehörigen sowie unsere Partner aus Wirtschaft, Wissenschaft und Gesellschaft herzlich eingeladen!

www.htwk-leipzig.de/tdw2014

Enge Zusammenarbeit der sächsischen HAWRund 130 Wissenschaftler der fünf sächsischen Hochschulen für Ange-wandte Wissenschaften (HAW) sowie Vertreter aus Politik, Verbänden und der sächsischen Wirtschaft trafen sich am 7. November 2013 an der Hochschule Mittweida, um aktuelle Forschungsvorhaben zu prä-sentieren und sich über die Forschung an den HAW auszutauschen.Jede der Hochschulen präsentierte ein „Best-Practice-Beispiel“ aus der Forschung. Für die HTWK Leipzig stellte Doktorand Alexander Kahnt ein Projekt vor, das die Verwendung von Carbonbeton für die Stadt der Zukunft erforscht. Anschließend wurden in Kurzpräsentationen Projekte der Posterausstellung vorgestellt – in sehr kurzen und damit erfrischenden Präsentationen, denn jedes Projekt hatte nur 1 Minute Zeit.Während der Pausen und bei der Posterausstellung bot sich für die zahlreichen Nachwuchsforscher die Gelegenheit, mit den Forschern der anderen Hochschulen ins Gespräch zu kommen.Am Nachmittag stellten Vertreter des Sächsischen Staatsministeri-ums für Wissenschaft und Kunst (SMWK) die Situation der Techno- logie- und Forschungsförderung in Sachsen vor. Es wurde klar, dass Sachsen sehr gut dasteht – wenn auch die regionalen Unterschie- de teilweise gravierend sind. Erfreulich ist jedoch die sehr hohe Zahl von etwa 300 laufenden kooperativen Promotionen an den fünf sächsischen Hochschulen für Angewandte Wissenschaften. In der abschließenden Podiumsrunde diskutierten Vertreter der HAW, des SMWK und Vertreter des Projektträgers Jülich über den aktuellen Stand der Hochschulförderung.

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EINBLICKE. Forschungsmagazin 2014 Jahresrückblick 2013.

Hervorragende Noten für die Kompetenzschule CompeTE+ Die erste Evaluierung der Kompetenzschule für Promovierende CompeTE+ liegt vor. Darin stel-len die Befragten ein überaus positives Zeug-nis aus: 85 Prozent sind mit dem Angebot sehr zufrieden oder zufrieden, 92 Prozent würden erneut teilnehmen. Kompetenzschulen sind Einrichtungen der Graduiertenförderung, die ein Quali�zierungsprogramm für Promovieren-de anbieten.

HTWK Leipzig immer attraktiver für Promotions-

interessierte

Das Ziel ist, diese auf spätere wissenschaftli-che und leitende Tätigkeiten in den Bereichen Forschung und Entwicklung in einer Hochschu-le oder einem Unternehmens vorzubereiten. Unter den sechs Kompetenzschulen in Sachsen ist CompeTE+ die einzige an einer Hochschule für Angewandte Wissenschaften (HAW). Der Grund: Knapp zwei Drittel der über 80 koope-rativ Promovierenden der HTWK Leipzig for-schen direkt hier und erstellen hier auch ihre Dissertation. Daher setzt CompeTE+ hier an und sichert so die Promotionsunterstützung an der HTWK Leipzig.„Teams erfolgreich führen“, „Publizieren wis-senschaftlicher Texte“ oder „Assessment-Cen-ter für zukünftige Fach- und Führungskräfte“ – die Veranstaltungen von CompeTE+ werden gut angenommen, deutlich mehr als die Hälf-te der Promovierenden nutzt sie regelmäßig. Sandy Dilba, Doktorandin und nach Studium und Projekttätigkeit an der HTWK Leipzig in-zwischen bei einem mitteldeutschen Bauun-ternehmen beschäftigt: „Besonders wichtig im Workshopangebot sind für mich die über das spezi�sche Fachwissen der Promotion hi-nausgehenden Themen, der Blick fürs Ganze, der geschult wird und sich immer wieder neu formt. In Workshops wie beispielsweise Mitar-beiterführung habe ich zudem wichtige Soft Skills trainieren können, die ich auch im Beruf brauche.“ Professor Dr.-Ing. Markus Krabbes, Prorektor für Forschung, betont die zentrale Rolle der Kompetenzschule: „Mit der Integration von CompeTE+ in das Portfolio der HTWK-Nach-wuchsförderung gelingt uns die Verknüpfung von postgradualer überfachlicher Quali�zie-

rung mit dem Informations- und Beratungsan-gebot des Referates Forschung hervorragend. Hinzu kommt die gute Vernetzung des wissen-schaftlichen Nachwuchses, die mir persönlich ganz besonders am Herzen liegt. Und: Dank CompeTE+ hat sich die Sichtbarkeit der HTWK Leipzig als eine verlässliche Promotionsadres-se erhöht – mit diesem eigenen Graduierten-programm werden wir immer attraktiver für Promotionsinteressierte.“ Tatsächlich ist die Zahl der Promotionsanfragen an das Referat Forschung ist in den letzten Jahren deutlich gestiegen.Das Projekt wird vom Sächsischen Wissen-schaftsministerium (SMWK) aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds (ESF) und Landes-mitteln bis Dezember 2014 gefördert.

Mehr und aktuelles Programm unter: www.htwk.leipzig.de/compete

Überfachliche Kompetenzen: das Workshopangebot der Kompetenzschule CompeTE+ quali�ziert Promovierende für zukünftige Führungsaufgaben in Wissenschaft und Wirtschaft

Nachwuchsförderung und Vernetzung: in den CompeTE+-Kursen kommen die Promovierenden auch fakultätsübergreifend in Kontakt

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Forschungsstatistik 2013.

DrittmitteleinnahmenIm Jahr 2013 betrug das Drittmittelaufkommen der HTWK Leipzig insge-samt 10,4 Mio. Euro (davon 1,9 Mio. für das FTZ e.V.). Auf jede der 185 Professuren entfallen damit im Durchschnitt mehr als 56.000 Euro Drittmittel, das ist das Doppelte des Bundesdurchschnitts an Hochschulen für Angewandte Wissenschaften.

PersonenHinter all den Zahlen und Projekten stehen Menschen, die sich dafür ein-setzen und die Forschungsprojekte mit Leben erfüllen. 2013 wurden an der HTWK Leipzig insgesamt 80 Promotionen kooperativ betreut, davon arbeiteten etwa 50 Promovenden vor Ort. Im Jahr 2013 wurde die erste von insgesamt sieben Nachwuchsforschergruppen er-folgreich abgeschlossen.

4,27

10,37

6,85

8,19 8,42

Drittmitteleinnahmen 2009 – 2013in Mio. Euro

2009 2010 2011 2012 2013

35% Bund

5,9%andere

2013

9,7% Land

17,9% Wirtschaft

0,1% DFG

31,4% EU

Herkunft Drittmittel 2013

Drittmittel nach Fakultäten und Einrichtungen 2013inkl. FTZ e.V.

Fakultät / Einrichtung Einnahmen in €

Angewandte Sozialwissenschaften 614.607

Bauwesen 1.889.230

Elektrotechnik und Informationstechnik 3.021.409

Informatik, Mathematik und Naturwissenschaften 967.517

Medien 667.336

Maschinenbau und Energietechnik 581.808

Wirtschaftswissenschaften 275.888

Andere 2.351.242

Gesamt 10.369.038

2009 2010 2011 2012 2013

143

246

153

179

216

Drittmittelbeschäftigte 2009 – 2013inkl. FTZ e.V.

Personal 2013zum Stichtag 31.12.2013

405Haushaltsstellen

177Drittmittel- und sonstige Stellen

(inkl. FTZ e.V)

davon 220 Mitarbeiter

verteilt auf 246 drittmittel�nanzierte Mitarbeiter

davon 185 Professuren

Kooperative Promotionsvorhaben 2009 – 2013

8 9 4 5 abgeschlossen

laufend

3

35

84 8089

36

2009 2010 2011 2012 2013

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EINBLICKE. Forschungsmagazin 2014 Forschungsstatistik 2013.

HochschuleDie Einheit von Forschung und Lehre bedeutet auch, dass die Forschung von der Hochschulumgebung pro�tiert – und andersherum. Diese Sta-tistik zeigt die Zahl der Studenten und Absolventen. Der Umstellungs-prozess auf die neuen gestuften Studiengänge Bachelor und Master ist schon fast völlig umgesetzt.Neben den genannten Studiengängen gibt es an der HTWK Leipzig wei-tere postgraduale und Weiterbildungsstudiengänge.

Pro�llinienIm Jahr 2006 wurde mit der Pro�lbildung an der HTWK Leipzig begon-nen, 2012 wurden das so neu entstandene Forschungspro�l mit dem bestehenden Lehrpro�l zu vier gemeinsamen Pro�llinien zusammen-geführt. Die Vielzahl der Lehr- und Forschungsgebiete (s. auch hintere Umschlagseite) zeigt die an der HTWK Leipzig vorhandene, Fakultäts-grenzen überschreitende Vielfalt.

Finanzvolumenin Mio. Euro

29,66 Zuschuss des Freistaates Sachsen*

10,37 Drittmittel inkl.

FTZ e.V.

40,03

* für Personal- und Sachausgaben inkl. Hochschulpakt

Studierende 2013zum Stichtag 01.12.2013 (inkl. beurlaubten Studierenden)

4.168Bachelor

95 Sonstige

1.495 Master

534 Diplom

6.292 Studierende

Studienabschlüsse 201301.01.2013 – 31.12.2013

1.409874 Bachelor

318 Master

217 Diplom

Ressourcen schonenBau & Energie

Gesundheit erhaltenLife Science & Engineering

Verantwortung übernehmenIngenieur & Wirtschaft

Informationen erschließen Medien & Information

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Schwerpunktthema:Nachwuchsforschergruppen

2013 gab es sieben überwiegend interdisziplinäre Nachwuchsforschergruppen an der HTWK Leipzig, eine ist inzwischen erfolgreich beendet. Drei laufen in Kooperation mit den Universitäten Leipzig und Chemnitz. Im Durchschnitt jeweils 7 Nachwuchs-wissenschaftlerinnen und Nachwuchswissenschaftler forschen hier gemeinsam, fast alle promovieren.Gefördert werden sie aus dem Europäischen Sozial-fonds (ESF) und aus Landesmitteln.

Das Ziel: Akademische Nachwuchskräfte zum Wissens- und Technologietransfer und zur Netzwerkbildung in Sachsen quali�zieren.

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EINBLICKE. Forschungsmagazin 2014

Schwerpunktthema:Nachwuchsforschergruppen

2013 gab es sieben überwiegend interdisziplinäre Nachwuchsforschergruppen an der HTWK Leipzig, eine ist inzwischen erfolgreich beendet. Drei laufen in Kooperation mit den Universitäten Leipzig und Chemnitz. Im Durchschnitt jeweils 7 Nachwuchs-wissenschaftlerinnen und Nachwuchswissenschaftler forschen hier gemeinsam, fast alle promovieren.Gefördert werden sie aus dem Europäischen Sozial-fonds (ESF) und aus Landesmitteln.

Das Ziel: Akademische Nachwuchskräfte zum Wissens- und Technologietransfer und zur Netzwerkbildung in Sachsen quali�zieren.

Schwerpunktthema:Schwerpunktthema:Schwerpunktthema:

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Schwerpunktthema: Nachwuchsforschergruppen.

„Wir haben viele Absolventen, die die Chance einer Promotion nutzen wollen“Forschung und Nachwuchsförderung sind an der HTWK Leipzig selbstverständlich. Professor Markus Krabbes, Prorektor für Forschung, und Peggy Stöckigt, im Referat Forschung verantwortlich für den Wissenschaftlichen Nachwuchs und ESF- Projekte, im Interview über die Nachwuchsgewinnung an der HTWK Leipzig

An der HTWK Leipzig forschten 2013 insge-samt 47 junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler als Mitglieder in Nachwuchs-forschergruppen, die Mehrheit davon promo-viert. Gefördert werden diese noch bis Ende 2014 vom Europäischen Sozialfonds (ESF). Welchen Stellenwert haben denn die Nach-wuchsforschergruppen für die HTWK Leipzig? Professor Markus Krabbes: Einen sehr hohen! In dieser Größenordnung gelingt uns – mit im Schnitt sieben Nachwuchsforschern pro Grup-pe – der Qualitätssprung, eigene thematische Schwerpunkte zu bilden, was mit unseren üblichen Projektformaten sonst nicht so ein-fach möglich ist. Das bedeutet, dass damit die notwendige inhaltliche Tiefe erreicht werden kann, die Voraussetzung für eine umfassende Bearbeitung eines Forschungsschwerpunktes ist. Nicht zuletzt deshalb sind die Forscher-gruppen überwiegend an unseren Lehr- und Forschungspro�len ausgerichtet.

Wodurch pro�tieren die Promovierenden? Peggy Stöckigt: Für die Promovierenden bie-tet die Forschungsgruppe eine engere Zu-sammenarbeit auf inhaltlicher Ebene, was die Vernetzung und gegenseitige Unterstützung erleichtert. Das integrierte Nachwuchskon-zept – mit Doktorandenkolloquien und auch Workshopangeboten der Kompetenzschule CompeTE+ – bietet einen gewissen Rahmen für die Promotion, Promovierende sind nicht mehr nur „Einzelkämpfer“.Krabbes: Solche stärker strukturierten For-schungsgruppen haben auch günstigere Aus-

sichten, was den erfolgreichen Abschluss der Promotionen anbetrifft. Und es werden so Ko-operationen mit ähnlichen Struktureinheiten an Universitäten möglich, etwa im Bereich der gemeinsamen Doktorandenausbildung.

„Die Nachwuchsforscher- gruppen sind an unseren

Lehr- und Forschungspro�len ausgerichtet“

Wie wird eine Promotion denn sonst außer-halb der Nachwuchsforschergruppen bear-beitet?Krabbes: Nachwuchsforscher, die sich bei uns weiterquali�zieren wollen, sind bisher in der Regel als wissenschaftliche Mitarbeiter in ei-nem drittmittel�nanzierten Forschungspro-jekt angestellt. Dort sind es aber nur zwei, sel-ten auch drei Mitarbeiter, die am selben Thema arbeiten. Und: Wer in diesen Projekten promo-vieren will, muss die Promotion im Grunde ‚ne-benbei‘ anfertigen. Das klappt eigentlich nur, wenn das eigene Thema eng an der Thematik des Projektes liegt. Das schränkt diejenigen, die bei uns promovieren wollen, stark ein. In Nachwuchsforschergruppen ist das anders, da gibt es mehr Freiräume für die Promotion.

Aber das förderpolitische Ziel der Nach-wuchsforschergruppen ist doch eigentlich auch nicht die Promotion selbst, sondern nur ‚gern gesehener Nebeneffekt‘.

Krabbes: Das stimmt zum Teil. Im Mittelpunkt stehen zunächst die Quali�zierung der Nach-wuchsforscher und ein gemeinsames, konkre-tes Forschungsprojekt. Wir nutzen die Gruppen aber auch als strategisches Instrument und versuchen, unseren Nachwuchsforschern über dieses Programm den Weg zur Promotion zu ebnen. Daher haben wir die Ziele – über die rei-nen Förderzielstellungen hinaus – für uns um-fassender de�niert. Und wir haben viele mo-tivierte Absolventen, die diese Chance einer Promotion gern nutzen und in das Programm einsteigen wollen.

Welche Fördermöglichkeiten gibt es noch?Stöckigt: Es gibt einige weitere Programme, aber die uns offenstehenden Möglichkeiten der Promotions�nanzierung sind bei Weitem nicht ideal. In den bestehenden, auch speziell auf Hochschulen für Angewandte Wissenschaf-ten zugeschnittenen Programmen des BMBF zum Beispiel gibt es einen enormen deutsch-landweiten Wettbewerb; und mehr als ein, zwei Doktoranden können in einem solchen Projekt – trotz anders lautender Förderintentionen – auch nicht �nanziert werden. Ähnlich hart umkämpft sind die Stipendien der Begabten-förderungswerke, hier werden Einzelpersonen gefördert. Einzelstipendien für kooperati-ve Promotionen, das sind quasi die „kleinen Schwestern“ der Nachwuchsforschergruppen, gibt es bis 2014 auch aus dem ESF-Programm, und immerhin etwa 20 solcher Stipendiaten haben wir an der HTWK Leipzig.

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EINBLICKE. Forschungsmagazin 2014 Schwerpunktthema: Nachwuchsforschergruppen.

Die Förderungen über den ESF laufen ja Ende 2014 aus. Wird es für neue Nachwuchsfor-schergruppen oder Promotionen danach noch ESF-Gelder geben?Stöckigt: Ein Nachfolgeprogramm erwarten wir gegen Ende 2014. Die Mittel werden mit hoher Wahrscheinlichkeit insgesamt geringer ausfal-len, Projekte müssen dann noch stärker pro�l-bildend für die Hochschule sein. Dieser Trend zeigt sich in vielen Förderprogrammen – dies hat Vor- und Nachteile.

Welche?Stöckigt: Vorteil ist sicherlich, dass so ein hö-heres Kompetenzlevel in klar umrissenen Be-reichen angeregt wird, auf dem sich dann wei-ter aufbauen lässt. Hier kann sich eine stärkere Dynamik entwickeln, insgesamt eine höhere Schlagkraft erreicht werden. Nachteilig wirkt sich so etwas auf diejenigen Promotionsinte-ressierten aus, deren Thema nicht den häu�g stark technologieorientierten Zielstellungen der Fördermittelgeber entspricht. Dann muss man nach Alternativen für die Finanzierung su-chen, die gerade für unsere Absolventen nicht immer leicht zu �nden sind.Krabbes: Die Lehr- und Forschungspro�le bie-ten eine wichtige Voraussetzung dafür, dass wir als Hochschule für den Wettbewerb um Dritt-

mittel inzwischen sehr gut aufgestellt sind. Je besser es uns gelingt, Synergien innerhalb der Einrichtung nutzbar und sichtbar zu machen, desto größer unsere Chancen, in weiteren Pro-grammen erfolgreich zu sein. Und: Im Bereich der Promotion ist auch die stärkere Vernetzung mit anderen, insbesondere universitären Ein-richtungen, gefragt. Drei unserer Nachwuchs-forschergruppen sind bewusst so angelegt.

„Unsere Absolventen und Post-Docs �nden sofort

eine gute Stelle in der Wirtschaft – das ist Fluch

und Segen zugleich“

Gesetzt den Fall, eine Promotion wurde er-folgreich abgeschlossen – dann kommt die Post-Doc-Phase, für viele die große ‚Lücke‘. Wie sieht es hier an der anwendungsorien-tierten und praxisnahen HTWK Leipzig aus mit den Perspektiven?Krabbes: Eine Möglichkeit ist, dass Post-Docs Nachwuchsgruppenleiter werden. Das ist in manchen Förderprogrammen, insbesondere in den Nachwuchsforschergruppen, so vor-gesehen. Hier gibt es aktuell erste positive

Beispiele. Aber klar ist: Es können nicht alle Promovierten im Wissenschaftsbetrieb blei-ben, natürlich gibt es gerade bei uns einen gewissen „Flaschenhals“. Aber durch ihre pra-xisorientierte Ausbildung, die anwendungs-orientite Forschungsarbeit während der Pro-motion, �ankiert durch CompeTE+-Workshops zu Management- und Führungskompetenzen, �nden unsere Absolventen meist sofort eine gute Stelle in der Wirtschaft. Die ESF-Mittel verhelfen uns hier zu nachhaltigen Impulsen für das sächsische Wirtschaftsumfeld.

Das ist doch eigentlich hervorragend.Krabbes: Das ist für uns Fluch und Segen zu-gleich, denn immer wieder gehen uns dadurch kluge Köpfe erst einmal verloren. Aber: Man-che von ihnen kommen ja vielleicht nach dem Aus�ug in die Praxis zu uns zurück. Schließlich ist die mehrjährige Praxiserfahrung ja auch Voraussetzung für eine Professur an einer Hochschule für Angewandte Wissenschaf-ten wie der HTWK Leipzig. Diese Kontakte zur Praxis machen unseren Hochschultyp zum Er-folgsmodell.

Die Fragen stellte Stephan Thomas.

Professor Markus Krabbes, Prorektor für Forschung, und Peggy Stöckigt, im Referat Forschung verantwortlich für den wissenschaftlichen Nachwuchs und ESF-Projekte (Bildmitte vorn, von links)

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Schwerpunktthema: Nachwuchsforschergruppen.

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EINBLICKE. Forschungsmagazin 2014 Schwerpunktthema: Nachwuchsforschergruppen.

Ressourcen schonen, Substanz erhaltenIngenieure der Nachwuchsforschergruppe ResuS der HTWK Leipzig suchen nach Lösungsansätzen, um Bausubstanz zu erhalten und die Nutzung von Gebäuden so ökologisch wie möglich zu gestaltenText: Stephan Thomas

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Schwerpunktthema: Nachwuchsforschergruppen.

Ein großer Teil unseres gesamten gesellschaft-lichen Vermögens besteht aus Dingen, an die man beim Wort „Vermögen“ nicht unbedingt zuerst denken würde.

Um unsere Infrastruktur instand zu halten,

sind auch zukünftig große Investitionen notwendig

Es besteht nicht aus Aktien, Edelsteinketten, Goldbarren oder Luxusautos. Etwa die Hälfte unseres volkswirtschaftlichen Vermögens be-steht aus Bauwerken aller Art: aus Wohnge-bäuden, Nichtwohngebäuden wie Kindergär-ten, Hochschulen oder Ämtern, aus Straßen und Autobahnen, aus Eisenbahnstrecken,

Talsperren, Tunneln und Brücken. Wie selbst-verständlich nutzen wir in Deutschland unsere Infrastruktur – meist ohne uns im Klaren dar-über zu sein, was sie eigentlich bedeutet und welche Erleichterungen sie mit sich bringt. Nur in einer Handvoll Länder kann man das Wasser direkt aus der Leitung trinken. Für Amerikaner besteht Deutschland vor allem aus der „Autobahn“. Pendeln zur Arbeitsstel-le mag vielleicht nicht schön sein – aber in Deutschland ist auch eine Entfernung um die 100 km immerhin noch akzeptabel, in vielen Ländern jedoch undenkbar.

Infrastruktur ist LebensstandardDiese Infrastruktur hält unseren Lebensstan-dard auf dem gewohnten Niveau und macht Deutschland zu einem der am höchsten ent-wickelten Länder der Welt. Um diese Infra-

struktur aufzubauen, waren viele Jahre, viele Anstrengungen, unvorstellbare Ressourcen und große Summen an Geld nötig. Um die Di-mensionen zu verdeutlichen: Die Autobahnen in Deutschland sind 12.000 km lang – eine Rennstrecke wie von Berlin bis nach Kamt-schatka, die Gesamt�äche aller Wohnungen in Deutschland ist größer als eine halbe Million Fußballfelder, und die Anzahl der Brücken bei etwa 145.000. Um diese Infrastruktur instand zu halten, sind auch zukünftig große Investi-tionen notwendig. Verfahren, die helfen, bei Bau, Nutzung und Rückbau dieser Infrastruk-tur Rohstoffe und Energien – und damit Geld – zu sparen und die Umwelt zu schonen, sind enorm wichtig und haben große Auswirkun-gen. Auch darauf, wieviel Geld uns in Zukunft wofür noch zur Verfügung stehen wird.

Die Nachwuchsforschergruppe „Ressourcenschonung und Substanzerhaltung - ResuS“ (hier: mit Betreuer Prof. Volker Slowik) war die erste von nunmehr sieben Gruppen an der HTWK Leipzig. Ein Ziel der Wissenschaftler: die Anfertigung einer Promotion

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EINBLICKE. Forschungsmagazin 2014 Schwerpunktthema: Nachwuchsforschergruppen.

Felix Marlow

Es gibt nur wenige Vorgänge, die sich so schwer berechnen und voraussagen lassen wie das Strömen von Wasser. Während es optisch geradezu psyche-delisch schön sein kann, verschieden gefärbtem Wasser beim Vermischen zusehen, bereitet genau dieser Vorgang den Betreibern und Herstellern von Regenwasserbehandlungsanlagen großes Kopfzerbrechen: Wie kann man voraussagen, wo sich etwa der Staub oder die Sedimente aus dem ablaufen-den Regenwasser in einem Sammelbecken absetzen – und wie kann man solche Becken besser bauen, damit es sich an möglichst unkritischen Stellen absetzt? „Die numerische Modellierung, also die Berechnung dieser Vorgänge ist hochkomplex – aber es lohnt sich. Auf die Absetzvorgänge hat man etwa einen großen Ein�uss, indem man den Einlauf des Wassers anpasst“, erklärt Felix Marlow. Die numerische Modellierung kann dabei helfen, die Sedimen-tationsprozesse besser zu steuern. Dadurch könnten zukünftige Anlagen – etwa an Autobahnen oder als Teil der kommunalen Entwässerung – deutlich effektiver und mit weniger Wartungsaufwand arbeiten.

Marcus Schöbel

Eine Lärmschutzwand aus Strohballen – das ist der Untersuchungsgegen-stand von Marcus Schöbel. Die Idee war, für Stroh – eine nachwachsende, regional verfügbare, jährlich anfallende und vergleichsweise kostengünstige Ressource – eine weitere Verwertungsmöglichkeit als Baustoff zu generie-ren. Das Ziel war dabei die Bestimmung und Bewertung der Materialeigen-schaften von großformatigen hochverdichteten Stroh-Quaderballen: „Die Stroh-Quaderballen bieten aufgrund ihrer Porosität gute Voraussetzungen bezüglich der schalltechnischen Eigenschaften. Ganz ohne zusätzliche Materialien funktioniert es aber nicht, damit etwa der Witterungs- und Brandschutz und letztendlich die Dauerhaftigkeit gewährleistet wird. Konzentriert habe ich mich letztlich auf Struktureigenschaften wie Dichte, Faserausrichtung und Ober�ächenbeschaffenheit“, so Bauingenieur Marcus Schöbel. „Der Weg zum Produkt ist sicher noch ein gutes Stück weit. Richtig �nde ich aber den Ansatz, nachwachsende Rohstoffe dort wo möglich im Sin-ne einer Kaskadennutzung vor ihrer energetischen Verwertung als Baustoff zu nutzen.“

Hendrik Zur

Der Zustand von Bauwerken kann mithilfe von Monitoring-Systeme überwacht werden. Neben den hohen Kosten ist die Langzeitstabilität der verwendeten Sensoren dabei oftmals problematisch. Hendrik Zur forscht daher zu langzeitstabilen und gleichzeitig kostengünstigen Sensoren für die Anwendung im Bauwesen. „Die Idee war es, eine Kombination aus mecha-nischer Feder und elektrischer Spule einzusetzen. Federn werden in vielen verschiedenen Abmessungen und meist in großer Stückzahl produziert, wodurch sie sehr kostengünstig sind. Außerdem besitzen sie eine hohe Lebensdauer“, so Zur. Der Elektrotechnik-Ingenieur entwickelte auch eine Berechnungssoftware für die Dimensionierung solcher Federsensoren. „Ich habe verschiedene Sensorkonzepte untersucht und bin auch auf weitere Ein-satzmöglichkeiten gestoßen“, erklärt er. Möglich sei etwa ein Einsatz in der Fördertechnik zur Überwachung der Gurtspannung an Bandförderanlagen sowie in anderen technischen Bereichen, bei denen mechanische Federn als Funktionselement eingesetzt werden.

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Schwerpunktthema: Nachwuchsforschergruppen.

Umsetzbare Lösungen gefragtEine riesige Aufgabe – und natürlich erfordert diese einen langen Atem, viele Akteure und verschiedene Bearbeitungswege. Die ESF-ge-förderte Nachwuchsforschergruppe „Ressour-censchonung und Substanzerhaltung“ (ResuS, Laufzeit: 2010-2013) an der HTWK Leipzig möchte ihren Teil zur Lösung beitragen. Die beteiligten Nachwuchswissenschaftler wollen helfen, konkrete Detailfragen zu beantworten – mit Lösungen, die auch wirklich umgesetzt werden können: „Im Fokus unserer Arbeiten stehen innovative, schnell anwendbare und kostengünstige Einzellösungen für konkrete Probleme. Sie betreffen beispielsweise die Nutzung nachwachsender Rohstoffe, die Op-timierung von Heizungssystemen oder die Erhaltung von Bauwerken“, erklärt Professor Volker Slowik, der Koordinator der Gruppe und Projektleiter. Damit entwickeln die Wissen-schaftler schon jetzt anwendbare Verfahren, die in Zukunft dabei helfen, unser Volksvermö-gen schonend zu behandeln und zu erhalten.

„Die wissenschaftlichen Diskussionen in der Gruppe

waren eine ‚gute Schule‘ und hilfreich“

Neu entstehende PromotionskulturDie ResuS-Gruppe war die erste Nachwuchsfor-schergruppe an der HTWK Leipzig, sie wurde Ende 2010 eingerichtet. Insgesamt neun Nach-wuchsforscher aus vier Fakultäten – Bauwe-sen, Elektrotechnik und Informationstechnik, Maschinenbau und Energietechnik sowie In-formatik, Mathematik und Naturwissenschaf-ten – verfolgten hier über drei Jahre hinweg „ihr“ Thema. Für alle steht als großes Ziel auch die Anfertigung einer Dissertation im Raum. Für eine Hochschule ohne Promotionsrecht auf den ersten Blick vielleicht ein ungewöhnlicher Schritt. Insgesamt gibt es an der HTWK Leipzig inzwischen sieben Nachwuchsforschergrup-pen, davon drei in Kooperation mit der Univer-sität Leipzig bzw. der Technischen Universität Chemnitz. Finanziert werden die Gruppen über

den Europäischen Sozialfonds (ESF) und aus Landesmitteln. Für die HTWK Leipzig sind die-se Gruppe eine Chance, ihr Forschungspro�l zu schärfen, Nachwuchskarrieren zu fördern und eine akademische Kultur weiterzuentwickeln.

„Nachwuchsforscher haben sich weiterquali�ziert

und können zukünftig hoch-anspruchsvolle Aufgaben

übernehmen“

So müssen die Nachwuchsforscher zum Bei-spiel in regelmäßigen Kolloquien den Stand ihrer Arbeit vorstellen und verteidigen. „Unse-re einzige Möglichkeit, Absolventen nach dem Abschluss an unserer Hochschule zu halten, waren ja bisher Drittmittelprojekte. Das hatte den Nachteil, dass die Mitarbeiter sich stark auf den Erfolg des konkreten Projektes kon-zentrieren mussten und häu�g nicht genug Zeit für ihre eigene Promotion fanden“, erklärt Gruppenleiter Professor Slowik.

Aus Sicht der Nachwuchswissenschaftler Die Nachwuchswissenschaftler selbst sehen die Erfahrung der letzten Jahre als ‚gute Schule‘: „Es war für uns anfangs etwas ungewohnt, eige-ne Thesen aufzustellen und dann im großen Ple-num vor den anderen – und vor deren Betreuern – zu verteidigen. Durch die unterschiedlichen fachlichen Hintergründe ergaben sich auch un-terschiedliche Sichtweisen, was hin und wieder auch Anlass zu hilfreichen wissenschaftlichen Diskussionen gab, die uns aber auch offen für andere Herangehensweisen machten“, erklärt Susann Kober, Bauingenieurin und Mitglied der Gruppe. „Das war sehr bereichernd, sicher ist das Verständnis für unterschiedliche Stand-punkte bei uns dadurch gewachsen. Gleichzei-tig denke ich, dass wir heute alle unsere Positio-nen sicherer und gezielter vertreten können als früher - auch dank der begleitenden Kurse der Kompetenzschule CompeTE+. Diese gewachsene Sicherheit ist bestimmt keine schlechte Voraus-setzung, wenn man demnächst seine Doktorar-beit verteidigen will.“

Projektende – und PerspektivenAuch nach dem Auslaufen der Förderung Ende 2013 sind alle noch an „ihrem“ Projekt dran. Manche stehen sogar kurz vor dem Abschluss ihres Promotionsvorhabens oder sind zumin-dest weit vorangekommen: Sie haben etwa die nötigen Vorprüfungen an den kooperierenden Universitäten bestanden, wie Hendrik Zur an der TU Chemnitz, Andreas Seidler an der Uni-versität Rostock oder Marcus Schöbel an der TU Dresden. Sie arbeiten in einem Forschungspro-jekt an der HTWK, wie Stephanie Franck, Ema-nuel Lägel, Martin Bauer und Susann Kober; Felix Marlow führt seine Arbeiten am Institut für Wasserbau und Siedlungswasserwirtschaft an der HTWK Leipzig fort, Mirjam Matthes in einem Projekt am Deutschen Biomassefor-schungszentrum. „Es ist beeindruckend, zu se-hen, wie sich die Nachwuchsforscher im Laufe der vergangenen Jahren entwickelt haben“, sagt Projektleiter Prof. Slowik. Wichtig ist ihm auch, dass die erarbeiteten Lösungen ihren Weg in die Praxis �nden und von regionalen Unternehmen aufgegriffen werden – dank der vielfältigen Kooperationen der HTWK Leipzig mit Partnern in der Region. „Als Ergebnis des Projektes sehe ich auch, dass die Nachwuchsforscher sich weiterquali�ziert haben und zukünftig in ihrem Beruf hochan-spruchsvolle Aufgaben übernehmen können“, so Professor Slowik. „Sie werden ihren weite-ren Weg �nden – und ich hoffe, den einen oder anderen wird dieser Weg auch wieder an die HTWK Leipzig führen.“

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EINBLICKE. Forschungsmagazin 2014 Schwerpunktthema: Nachwuchsforschergruppen.

Andreas Seidler

Andreas Seidler hat ein Analysegerät entwickelt, mit dem sich die Laser-Massenspektrometrie dazu nutzen lässt, um geringste Schadstoffspuren in Verbrennungsprozessen aus�ndig zu machen: Damit kann man feststellen, wo und unter welchen Bedingungen im Brennraum von Biomassefeuerungs-anlagen giftige Stoffe gebildet und freigesetzt werden. Denn was am Lager-feuer so romantisch riecht, trägt so unromantische Namen wie Naphthalin, Anthracen oder Benzo(a)pyren. Diese Stoffe gehören zu den polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen (kurz: PAK) und sind genauso giftig, wie ihre Namen klingen. „Mit der von mir aufgebauten Versuchsanlage können wir endlich feststellen, an welcher Stelle bei Heizkesseln für biogene Brenn-stoffe nachgebessert werden muss, damit diese teilweise krebserregenden Stoffe gar nicht erst entstehen – denn einmal gebildet, können die nicht so einfach über Filterverfahren wieder eingefangen werden“, erklärt Andreas Seidler, Absolvent der Energie- und Umwelttechnik. Die Versuche dazu wur-den am Deutschen Biomasseforschungszentrum in Leipzig durchgeführt.

Stephanie Franck

Brückenbau und -sanierung sind teuer – daher müssen Brücken einerseits optimal genutzt wer-den, andererseits muss man genau wissen, welche Lasten eine Brücke wann nicht mehr tragen kann. Die Bauingenieurin Stephanie Franck hat sich da-bei auf Mauerwerksgewölbebrücken spezialisiert. Diese Brücken zählen zu den ältesten Konstrukti-onsformen im Brückenbau und viele dieser Brücken existieren seit mehreren 100 Jahren. „Durch zu-nehmenden Zugverkehr und erhöhte Nutzungsan-forderungen muss die Tragsicherheit vieler Gewöl-bebrücken rechnerisch neu nachgewiesen werden. Das Verformungs- und Versagensverhaltens dieser Bauwerke ist sehr komplex. Mit konventionellen

Stabwerksmodellen kann die Tragfähigkeit unter-schätzt werden.“ erklärt Stephanie Franck. In ihrer Arbeit entwickelt sie eine Vorgehensweise, um die Tragfähigkeit von Gewölbebrücken rechnerisch genauer zu ermitteln, Tragreserven aufzudecken und Ursachen für Risse zu untersuchen. Genutzt wird dazu die Finite-Elemente-Methode, die das Bauwerk in Einzelteile „zerlegt“ – mehr als 200.000 solcher Elemente sind keine Seltenheit. Mithilfe von mehreren Stunden Messungen vor Ort und einigen Wochen am Rechner kann man häu�g die Nutzungsdauer von Brücken um Jahre verlängern – letztlich zur Freude der Steuerzahler.

Susann Kober

Susann Kober forscht an einem Verfahren, das sich die Trägheit von Gebäu-den zunutze machen will: Gebäude mit dicken Mauern brauchen länger, um sich zu erwärmen, kühlen aber auch langsamer aus. Susann Kober arbeitet daran, die Berechnung der nötigen Heizlast von solchen Gebäuden mit gro-ßer Speichermasse zu verbessern. Ihr Ziel ist, durch die bessere Voraussage des Energieverbrauchs auch die Heizungsanlagen besser zu dimensionieren und so Energie zu sparen. Untersucht hat sie das an einer Kasematte (einem großen Kellerraum) in der Festung Torgau. „Wenn man die dahinterstecken-den Prozesse besser versteht, kann man sowohl vorhandene Gebäude mit großer Speichermasse besser nutzen als auch diesen Effekt beim Neubau von Gebäuden besser berücksichtigen.“ Eine Wanddicke von mehr als 50cm wird bisher bei der Berechnung der nötigen Heizlast unzureichend berücksichtigt – Susann Kober will durch ihre Messungen mit dazu beitragen, die bestehen-de Berechnungssoftware zu verbessern.

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Schwerpunktthema: Nachwuchsforschergruppen.

Martin Bauer

Der Zweck von Gebäuden ist nicht nur das Wohnen – fast jedes 10. Gebäude in Deutschland ist ein Kindergarten, eine Schule, ein Krankenhaus oder Fabrik: also ein sogenanntes Nichtwohngebäude. Während die Möglichkeiten für die Steigerung der Energieef�zienz von Wohngebäuden bereits gut erforscht sind, ist das bei den Nicht-Wohngebäuden deutlich dif�ziler. Energietech-nik-Absolvent Martin Bauer arbeitet daran, diese Situation zu verbessern – durch einen Typenkatalog und die Erarbeitung von Vorzugsvarianten, die Bauherren, Planern und Investoren wichtige Anhaltspunkte geben sollen: „Für eine energieef�zentere Gebäudenutzung ist das richtige ‚Matching‘ von Gebäudetyp und Energieversorgung wichtig“, so Bauer. „Beides muss zueinander passen. Das soll mein Verfahren leisten. Das Ziel ist eine Win-win-Situation: glückliche Bauherren und eine niedrigere Umweltbelastung.“ (vgl. auch EINBLICKE. 1/2013)

Mirjam Matthes

Im Auto sind Katalysatoren zur Abgasreinigung längst Stand der Technik – und auch für Biomassefeuerungen könnten sie in Zukunft eine wesentliche Reduktion schädlicher Emissionen ermöglichen: „Kamine und auch kleine Pelletkessel haben in den letzten Jahren wieder an Bedeutung gewonnen. Damit wird es noch wichtiger, dass sie emissionsarm betrieben werden können – und das nicht nur für die Nachbarn der Anlagenbesitzer“, erklärt Mirjam Matthes, die an der HTWK Leipzig Energie- und Umwelttechnik studiert hat und nun am Deutschen Biomasseforschungszentrum den Kataly-satoreinsatz für solche Anlagen erforscht. „Die Herausforderung dabei sind die starken Schwankungen bei Temperatur- und Abgaszusammensetzung. Die höchsten Schadstoffkonzentrationen treten gerade im Teillastbetrieb auf, wenn die Temperaturen nicht so hoch sind. Daher muss die Position des Katalysators in Abhängigkeit von dessen Wirkungsbereich und dem Tempera-turpro�l in der Feuerungsanlage sinnvoll ausgewählt werden und neben der Wirksamkeit des Katalysators auch dessen Kosten beachtet werden.“

Emmanuel Lägel

Beton lebt zwar nicht, kann aber trotzdem bluten – so nennt man das zu rasche Absondern von Wasser aus dem noch frischen Beton. Das Problem: dadurch wird der Beton weniger widerstandsfähig, weil z.B. feine Stoffe nach oben gespült werden und grobe unten bleiben, eine typische Entmi-schung. Das Ergebnis sind meist teure Bauschä-den – die erst viel später bemerkt werden. Daher muss die „Blutungsneigung“ des Betons noch auf der Baustelle geprüft werden. „Das eigentliche Problem ist aber: dieser Test dauert so lange, dass

in der Zwischenzeit etwa ein Fundament schon fertig gegossen ist – ein Rückbau ist quasi kaum möglich“, erklärt Bauingenieur Emanuel Lägel. Er hat ein baustellenfähiges, robustes und zugleich kostengünstiges Verfahren entwickelt, um die Blutungsneigung von frisch angeliefertem Beton schon in 20 min zu bestimmen: „Ich setze den Beton ‚unter Druck‘ – wie in einem Schnellkoch-topf. Wenn er das nicht aushält und zuviel Wasser abgibt, dann sollte er besser gar nicht erst verbaut werden“, so Emanuel Lägel.

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EINBLICKE. Forschungsmagazin 2014 Schwerpunktthema: Nachwuchsforschergruppen.

Die weiteren sechs Nachwuchsforschergruppen Forschung am OP-Training der ZukunftWie müssen OP-Säle zur medizinischen Aus- und Weiterbildung in Zu-kunft aussehen? Das ist die Frage, an der sieben Nachwuchswissen-schaftler der Gruppe „TOPINUS“ (Test- und Trainingsoperationsräume: Integration von Nutzermodellierung und Systemanalyse) forschen. Denn einerseits wird die Technik immer komplexer, andererseits steigt der Zeitdruck in der Aus- und Weiterbildung von Ärzten. An diesen Fra-gen forscht ein interdisziplinäres Team gemeinsam: Ingenieure und In-formatiker unter Leitung von Prof. Werner Korb entwickeln Methoden zur Generierung von Szenarien, zur Simulation von Medizingeräten, aber auch Interfaces (Schnittstellen) für die Steuerung und Analyse von Trainingsabläufen. Sozialwissenschaftler, Pädagogen und Psychologen unter Leitung von Prof. Gesine Grande untersuchen Trainingsszenarien und Einstellungen von Ärzten und Patienten zum Simulationstraining. Ein Ziel ist es auch, die neu entwickelten Trainingsumgebungen für wei-tere Zwecke einzusetzen, wie in der Medizintechnik und der Industrie. Der geplante Operationssaal unterstützt mit simulierten Szenarien und Modellen die chirurgische Weiterbildung von Fachärzten.

Kontakt: Prof. Dr. p.h. Gesine Grande, [email protected], Prof. Dr. sc. hum. Werner Korb, [email protected]

Neuartige chirurgische Modelle: Ingenieure und Ärzte forschen gemeinsamIn der Nachwuchsforschergruppe PascAL (Pati-entensimulationsmodelle für die chirurgische Ausbildung und Lehre) forschen sieben Wis-senschaftler des Innovative Surgical Training Technologies (ISTT) der HTWK Leipzig und des Innovation Center Computer Assisted Surgery (ICCAS) der Universität Leipzig gemeinsam an neuartigen Modellen, die in Zukunft in der chi-rurgischen Aus- und Weiterbildung eingesetzt werden können: etwa Modelle des Kehlkop-fes, von Teilen des Herzens oder des Gehirns. „Wir haben in vorangegangenen Projekten bereits einen Simulator für Bandscheiben-OPs entwickelt. Nun gehen wir mit Hilfe dieser Nachwuchsforschergruppe in Richtung zwei-te Generation und wollen Gewebe, etwa vom Herzen oder Gehirn, nachbilden – das ist un-gleich schwieriger“, so Projektleiter Prof. Wer-ner Korb (HTWK Leipzig). Forschungspartner auf ärztlicher Seite ist Prof. Dr. med. Andreas Dietz, Vorstandsmitglied des ICCAS und Direk-tor der Klinik und Poliklinik für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde am Universitätsklinikum Leipzig: „Für die Ausbildung wären Modelle, an denen man kostengünstig Eingriffe wie die Panendoskopie oder das Setzen von Aorten-klappen üben kann, eine hervorragende Sa-

che – man könnte diese Untersuchungen und Operationen zukünftig patientenunabhängig und wiederholt trainieren. Doch Modelle, die Gewebe realistisch simulieren, gibt es bisher nicht in zufriedenstellender Qualität – aber wir sind dank der Verknüpfung von ärztlichem und technischem Wissen auf dem besten Weg, das

zu ändern.“ Die Ergebnisse der Nachwuchs-forschergruppe (Laufzeit: November 2012 bis Dezember 2014) sollen in Folgeprojekten auf-gegriffen werden.

Kontakt: Prof. Dr. sc. hum. Werner Korb, [email protected]

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Schwerpunktthema: Nachwuchsforschergruppen.

Globaler Wandel, regionale Antworten und NachhaltigkeitGlobale Wandelprozesse – wie der Klimawandel – stellen Akteure in Wirtschaft und Politik auch in lokalen Zusammenhängen zunehmend vor Herausforderungen. Die Wechselwirkungen sind immer komplex, meist wird die Situation jedoch vereinfacht und auf eine emotionale Ebene gebracht. Diesen Herausforderungen stellen sich die Nachwuchs-forscher der Gruppe „Regionale Anpassung an globalen Wandel – RegA-Wa“ (Laufzeit: Oktober 2012 bis September 2014). Die Gruppe besteht aus Wissenschaftlern der Universität Leipzig und der HTWK Leipzig, die Fragestellungen rund um Nachhaltigkeit und Klimawandel aus öko-nomischer Sicht bearbeiten und dabei ihre Promotion anstreben. Die geplanten Themen sind zum Beispiel „Die Akzeptanz klimapolitischer Instrumente“ oder „Energiewirtschaftliche Investitionsentscheidung unter struktureller Unsicherheit“. Professor Bodo Sturm (HTWK Leipzig) erklärt: „Wir untersuchen die Anpassung der Gesellschaft an die Heraus-forderungen des Klimawandels. Die ureigene Frage der Wirtschaftswis-senschaft nach dem ef�zienten Einsatz der vorhandenen knappen Mittel wird in der politischen Debatte häu�g ausgeblendet – etwa zugunsten von emotionalen Argumenten und gut verkäu�ichen Bildern. Aber wir fragen: Wie lassen sich mit Einsatz beschränkter Ressourcen die größt-möglichen Erfolge erzielen? Wir möchten, dass die Nachwuchsforscher am Ende des Projekts Antworten auf Teilaspekte dieser Frage geben kön-

nen.“ Diese Antworten sollen auch so formuliert werden, dass sie als Entscheidungsgrundlage für Akteure in Politik oder Wirtschaft nutzbar sind. (vgl. auch EINBLICKE 1/2014, S. 7)

Kontakt: Prof. Dr. rer. pol. Bodo Sturm, [email protected]

Bunter, schärfer, altersgerechter

Barrierefreie Medien oder altersgerechte Nut-zungskonzepte scheinen das Gebot der Stunde in einer alternden Gesellschaft zu sein. Aber was bedeutet „altersgerecht“? Wie kann bei-spielsweise ein Museum für Menschen höhe-

ren Alters verständlich und gleichzeitig auch für Jüngere ansprechend sein? Wie kann eine Verpackung attraktiv gestaltet werden und gleichzeitig für alle Menschen gleichermaßen gut leserliche Informationen über den Inhalt

geben? Acht Nachwuchsforscher der HTWK Leipzig arbeiten in der Nachwuchsforscher-gruppe GeNuMedia („Barrierefreie Medien – Generationsübergreifende Nutzungskonzep-te“) an diesen und ähnlichen Fragestellungen (Laufzeit: Januar 2012 bis Dezember 2014). Im Mittelpunkt steht die theoretische und empiri-sche Auseinandersetzung mit dem Medienhan-deln unterschiedlicher Altersgruppen. Dabei reicht die thematische Bandbreite von Mu-seologie über Bibliothekswissenschaften und Verpackungstechnik bis zur Medieninformatik. Eine der Thesen: Reine Seniorenprodukte sind für Senioren nicht attraktiv – und für jüngere Zielgruppen überhaupt nicht. „Es wird zukünf-tig darum gehen, die Attraktivität für jüngere und die Anwenderfreundlichkeit für ältere Zielgruppen zu vereinen“, erklärt Prof. Holger Zellmer, Leiter der Nachwuchsforschergruppe. Ziel der Gruppe ist, Handlungsempfehlungen für adäquate (z.B. barrierefreie) Medienkon-zepte und -technologien aussprechen zu kön-nen. (vgl. auch EINBLICKE 1/2012, S. 7)

Kontakt: Prof. Dr. rer. nat. habil. Holger Zellmer, [email protected]

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EINBLICKE. Forschungsmagazin 2014 Schwerpunktthema: Nachwuchsforschergruppen.

Sensoren für die ProduktionSensoren werden in vielen unterschiedlichen Bereichen der Produktion benötigt – um Temperatur, Druck, Feuchtigkeit oder bestimmte Konzen-trationen zu messen, den Zustand von Anlagenteilen zu erfassen oder kritische Situationen rasch zu erkennen. Wie Sensor-Netzwerke künftig noch ef�zienter eingesetzt werden können, ist Untersuchungsgegen-stand der Nachwuchsforschergruppe „Autarke intelligente Sensornetze in der Produktion“ (AiS). Das Projekt – Laufzeit: 2013 bis Dezember 2014 – wird von der TU Chemnitz geleitet. Insgesamt acht Nachwuchsforscher streben hier ihre Promotion an und beschäftigen sich mit Fragen rund um die industriellen Einsatzmöglichkeiten von Sensornetzen – mit Schwer-punkt auf der Fördertechnik. Zwei der Nachwuchsforscher arbeiten an der HTWK Leipzig und werden von Prof. Faouzi Derbel betreut. Schwer-punkt der HTWK-Forscher ist die Reduzierung des Energieverbrauchs von Sensornetzwerken, etwa durch die intelligente Verringerung der gesen-deten Informationen oder durch dynamische Empfängerstrukturen: „Die Zusammenarbeit mit der TU Chemnitz ist für die HTWK Leipzig auch pers-pektivisch wichtig – schließlich ist das einer unserer regionalen universi-tären Partner mit technischem Pro�l“, erklärt Professor Derbel.

Kontakt: Prof. Dr.-Ing. Faouzi Derbel, [email protected]

Mensch und Technik: Das Beste aus beiden Welten

Die Nachwuchsforschergruppe METEORIT („MEnsch-TEchnik-Kooperation in der Arbeits-ORganisation durch Intelligente Technologi-en“) untersucht Fragestellungen rund um die Rolle des Menschen in der modernen Indus-

trieproduktion: Dabei geht es auch darum, wie die „Zusammenarbeit“ von Menschen und Maschinen in der Produktion weiter verbes-sert werden kann. Eine Praxispartnerschaft gibt es dabei beispielsweise mit dem Leipzi-

ger BMW-Werk (s. Bild: Nachwuchsforscher und HTWK-Professoren zusammen mit BMW-Mitarbeitern). Der Hintergrund: In den heu-tigen, hochgradig automatisierten Fabriken spielt der Mensch für eine ganze Reihe von Wertschöpfungsschritten weiterhin eine un-verzichtbare Rolle. Angesichts komplexerer, variantenreicherer Produkte ist das auch not-wendig – Mitarbeiter werden so nicht aus der Produktion verdrängt, sondern bringen ihre einzigartigen Fähigkeiten in den Prozess ein. Durch intelligente Technikunterstützung (so-genannte ‚kooperative Automation‘) können dabei Abläufe standardisiert und die Mitarbei-ter sinnvoll entlastet werden. Die Nachwuchs-forschergruppe METEORIT (Laufzeit: Juli 2013 bis Dezember 2014) wird von neun Professoren der HTWK Leipzig begleitet. In dem interdiszi-plinären Projekt forschen Absolventen aus den Bereichen Elektrotechnik und Informations-technik, Maschinenbau, Wirtschaftsingenieur-wesen sowie den Wirtschafts- und Sozialwis-senschaften.

Kontakt: Prof. Dr.-Ing. Detlef Riemer, [email protected]

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Ressourcen schonenBau & Energie

Nachhaltiges Bauen und ressourcen-schonender Energieeinsatz zur Erhaltung der Umwelt

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EINBLICKE. Forschungsmagazin 2014

Ressourcen schonenBau & Energie

Nachhaltiges Bauen und ressourcen-schonender Energieeinsatz zur Erhaltung der Umwelt

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Nachhaltiges Bauen und ressourcen-schonender Energieeinsatz zur

Ressourcen schonen

Nachhaltiges Bauen und ressourcen-schonender Energieeinsatz zur

Ressourcen schonenBau & Energie

Nachhaltiges Bauen und ressourcen-schonender Energieeinsatz zur Erhaltung der Umwelt

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Ressourcen schonen – Bau & Energie.

Bauwerkstrocknung mit Radiowellen: ein erfolgreicher Anfang Mit der Radiowellen-Technologie lassen sich verschiedene Teile von Bauwerken energie-sparend und ef�zient trocknen: Das hat ein gemeinsames Projekt von HTWK Leipzig und dem Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung – UFZ bewiesen. Auch spezielle An-wendungen für verschiedene Werkstoffe wie Beton, Mauerwerk oder Holz wurden untersucht. Marktnahe Umsetzungen sind nun der nächste Schritt.Text: Jörg Aberger

Angefangen hat alles mit der Sanierung kon-taminierter Böden. „In diesem Bereich hat-ten wir bereits erfolgreich mit Radiowellen gearbeitet, relativ früh sind wir dann aber auf die Idee gekommen, mit dem Verfahren auch an Gebäuden zu arbeiten“, berichtet Dr. Ulf Roland vom Helmholtz-Zentrum für Umwelt-forschung – UFZ. Da es ohnehin schon sehr gute Kontakte zur HTWK Leipzig gab – hier war die Software zur Steuerung der Radiowellen-Anlagen entwickelt worden –, lag der Gedan-ke nahe, insbesondere mit der HTWK-Fakultät Bauwesen zu kooperieren. Dort stieß die An-frage bei Prof. Dr.-Ing. Detlef Schmidt auf of-fene Ohren. „Während meiner Tätigkeit beim Bauunternehmen Bil�nger hatte ich nach dem Hochwasser 2002 erlebt, wie bei den durch-nässten Häusern Fußböden, Decken und Däm-mungen herausgerissen wurden“, erinnert er sich. In anderen Gebäuden wiederum standen teilweise monatelang große Heizlüfter, mit denen Wände getrocknet wurden. Dem Profes-sor für Baustof�ehre war klar: Hier wurde mit enormem Energieeinsatz gearbeitet, wobei gar nicht immer klar war, ob und in welchem Umfang die verschiedenen Baustoffe unter der Behandlung litten.

Von der Grundlagenforschung zur PraxisDas Radiowellen-Verfahren hatte nach Mei-nung der Wissenschaftler großes Potenzial für Anwendungen im Bauwesen – daher wollten sie es in einem gemeinsamen Vorhaben daraufhin

untersuchen. Umsetzen konnten die Forscher diese Ideen mit Mitteln des Bundesministeri-ums für Bildung und Forschung (BMBF) und einem Förderprogramm zur „Validierung des Innovationspotenzials wissenschaftlicher Forschung“. Das Ziel dieses Programms war, zu prüfen, ob und wie konkrete Erkenntnisse aus der Grundlagenforschung in die Wirtschaft getragen werden können – auch, damit diese sich zukünftig an der Finanzierung von Folge-projekten beteiligt. Gemeinsam stellten UFZ und HTWK einen Förderantrag, 1,35 Millionen Euro wurden schließlich für einen Zeitraum von drei Jahren bewilligt. Von Vorteil war da-bei wohl auch, dass das gemeinsame Projekt von vier sogenannten Innovationsmentoren aus der Praxis begleitet wurde. Partner aus der Industrie, der Industrie- und Handelskammer sowie dem Handwerk sorgten dafür, dass der Praxisbezug jederzeit erhalten blieb.

Anwendung: Trocknen, Sanieren, Bekämpfung von HolzschädlingenBei der gemeinsamen Arbeit am Radiowellen-Projekt wurde schnell deutlich, dass es neben der schonenden Trocknung von Baustoffen eine ganze Reihe anderer Anwendungsgebie-te für das Radiowellen-Verfahren gibt. „Nach unseren Erfahrungen mit der Bodensanierung wollten wir natürlich auch wissen, ob die Tech-nologie beispielsweise zur Chemikalienent-fernung aus Wänden geeignet ist“, erklärt Ulf Roland. Denn bei Hochwasserschäden geht es

nicht nur darum, dass Putz und darunter lie-gendes Mauerwerk nass geworden sind, durch aus Tanks ausgetretenes Heizöl sind Wände und Böden in Kellerräumen auch oftmals von Chemikalien durchtränkt. „Zudem kam die Fra-ge auf, ob mit Radiowellen nicht vielleicht auch Holzschädlinge ohne den Einsatz von Chemika-lien bekämpft werden können, was besonders im Bereich des Denkmalschutzes von großem Interesse ist“, ergänzt Detlef Schmidt.

Anwendung: Modi�zierung von Baustoffen„Zur Trocknung und dem Holzschutz kam dann auch noch die Wandlung von Baustoffen mit auf die Liste der Arbeiten innerhalb des Pro-jekts“, so Detlef Schmidt. In den Mittelpunkt rückte der Beton, der als einer der am häu-�gsten verwendeten Baustoffe von besonde-rem Interesse ist. „Wenn ich Beton in einer Schalung habe, die ich so modi�ziere, dass sie Elektroden enthält, dann kann ich mit einer dielektrischen Erwärmung durch Radiowellen erreichen, dass der Beton homogen aufge-heizt wird“, beschreibt er den Prozess, der die Aushärtung des Materials positiv beein�usst. Die Temperatur, die innerhalb eines Bauteils erreicht wird, ist deshalb von Bedeutung, weil von ihr dessen Haltbarkeit und Dauerhaftig-keit abhängen. Zu diesem Spezialgebiet wurde aus dem Projekt heraus ein Promotionsvorha-ben begonnen (vgl. Seite 34). Da die HTWK Leipzig als Fachhochschule selbst kein Promo-tionsrecht hat, wurde diese in einer Koopera-

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Projektmitarbeiter Björn Höhlig und Christian Pfütze (von links) bei einem Feldversuch. Mithilfe von faseroptischen Temperatursensoren (gelbe Kabel) wird die Erwärmung der behandelten Bauteile detailliert aufgezeichnet. Im zukünftigen Praxiseinsatz wird deutlich weniger Sensorik nötig sein.

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tion mit der Technischen Universität Dresden angestrebt. „Da hat der Mitarbeiter, der die Doktorarbeit geschrieben hat, auch eine viel umfangreichere technische Infrastruktur nut-zen können, die in den Werkstoffwissenschaf-ten für manche Fragen einfach gebraucht wird und die an der HTWK momentan nicht vorhan-den ist“, fasst Schmidt zusammen. In der wei-teren Zusammenarbeit mit dem UFZ sieht der Baustoffexperte gute Chancen, dass es solche Promotionen auch zukünftig geben kann. Der Student oder Absolvent mit seinem Quali�kati-onsbedürfnis spiele eine wichtige Rolle, wenn es um die Umsetzung von Projekten wie der Radiowellen-Technologie gehe. Deshalb sei es wichtig darauf zu achten, dass Forschungs-ansätze eng mit der Lehre verbunden werden können. „Wir müssen solche Projekte nutzen, um Studenten praxisnah auszubilden“, meint Schmidt. So seien in der dreijährigen Förder-periode insgesamt 15 studentische Arbeiten aus dem Projekt entstanden.

Ein Netzwerk aus Firmen und ForschungseinrichtungenAus dem Projekt heraus hat sich ein Netzwerk von Forschungseinrichtungen und Firmen entwickelt, mit dem in Zukunft weiter zusam-mengearbeitet werden kann. In diesem Netz-werk wurden auch die Hauptanwendungen diskutiert, für die die Radiowellen-Technolo-gie zukünftig eingesetzt werden könnte. „Da ist natürlich die Bautrocknung, wo zum Bei-

spiel im Kontext von Hochwasserschäden ein Riesenmarkt vorhanden ist“, sagt Professor Schmidt. „Wenn wir beim letzten Hochwasser schon so weit gewesen wären, das Verfahren vor Ort einzusetzen, und zwar innerhalb von einer Woche und nicht von Monaten, hätten wir einen großen Bedarf befriedigen können.“ Ein potenzieller Partner in Form eines Berliner Unternehmens habe in diesem Bereich bereits konkretes Interesse signalisiert. Ein weiteres Anwendungsgebiet könnte die Entfernung von Chemikalien wie Kohlenwasserstoffen sein, die zugleich mit der Trockenlegung von Wänden erfolgen könnte. Auch die Bekämpfung von Holzschädlingen sei ein Feld, auf dem inzwi-schen mit Partnern aus der Wirtschaft zusam-mengearbeitet werde. Noch sei es nicht so weit, dass ein fertiges Pro-dukt zum Kauf angeboten werden könne, wie es manche Firma gerne hätte. „Wir sind inte-ressiert an Partnern, die Mitarbeiter an dieser Technik selbst ausbilden wollen.“ Derzeit gibt es eine Kooperation mit 13 Partnern, wobei weitere Interessenten bereits gefunden wor-den seien. Unter den bereits im Netzwerk be-�ndlichen Unternehmen sei ein Hersteller von Hochfrequenz-Technik, der zwar erkannt habe, dass die neu entwickelte Radiowellen-Tech-nologie noch kein etablierter Markt sei, der aber weiß, dass sich neue Märkte entwickeln können – je nachdem, wo sich das Verfahren zukünftig durchsetzt. Von wissenschaftlicher Seite her hat sich aus dem Projekt ebenfalls ein

Netzwerk entwickelt, bei dem neben der HTWK und dem UFZ die Universität Leipzig, die Tele-kom-Hochschule und das Deutsche Biomasse-forschungszentrum den „Leipziger Kern“ bil-den und das von Ulf Roland koordiniert wird.

Offene FragenLaut Detlef Schmidt hat das Projekt vor allem bei der Feldarbeit gute Erkenntnisse geliefert, aber auch für neue Fragestellungen gesorgt: „Wie ist es mit der Abschirmung der elektroma-gnetischen Wellen unter Praxisbedingungen? Wie sind wir befähigt, so etwas auf einer Bau-

Trocknungsversuche an einem Mauerelement: Unterschiedliche Mauerwerksmaterialien wurden auf ihre Erwärmbarkeit (mithilfe des Radiowellen- Verfahrens) untersucht

Feldversuch in einem feuchten Keller: Über die Metallplatte wird das Radiowellen-Feld in den Kellerboden eingebracht und die darunter liegende Fläche wird erwärmt – dadurch wird eine Trocknung unterstützt. Die gelben Sensoren zeichnen die Temperaturentwicklung auf.

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EINBLICKE. Forschungsmagazin 2014 Ressourcen schonen – Bau & Energie.

stelle ohne zu großen Aufwand umzusetzen?“ Auch die derzeitigen Grenzen des Systems sei-en durchaus aufgezeigt worden. Jetzt gibt es nach den Worten der Wissenschaftler jedoch die Chance, gemeinsam mit den Unternehmen aus der Wirtschaft an dem gesamten Themen-gebiet weiter zu arbeiten. Seien die Firmen bislang eher Zuschauer gewesen, so könnte nun im Rahmen des entstehenden Netzwerkes mit Namen RWTec der nächste Schritt gegan-gen werden: „Mit den Partnern, die sich in die Forschung eingebracht haben oder die bereit sind, sich zukünftig einzubringen, können wir jetzt weitermachen.“ Firmen seien ja oft nicht in der Lage, in großem Umfang Forschung und Entwicklung zu realisieren. „Die Firmen ver-dienen ihr Geld zum Beispiel mit der Trocken-legung an sich und nicht so sehr mit der Ent-wicklung neuer Verfahren“, sagt Ulf Roland. Wer da etwa im Denkmalschutz tätig sei, wolle keine Anlage entwickeln, sondern ein adäqua-tes Serviceangebot bekommen.

Ein modulares System soll entstehenPotenzial für die Anwendung der Radiowellen-Technologie sehen Schmidt und Roland in erster Linie bei kleineren und mittleren Unter-nehmen, die sehr �exibel agieren könnten. Ge-meinsam mit interessierten Firmen seien jetzt noch rund zwei Jahre notwendig, um das Ver-fahren zur Marktreife zu bringen. 5- bis 10-Ki-lowatt-Generatoren, wie sie für größere Objek-te notwendig seien, stünden schon heute zur

Verfügung. Woran zum Beispiel noch gearbei-tet werden müsse, sei das Design der Elektro-den, über die die Radiowellen in den Baukörper gebracht werden. Nach Möglichkeit solle ein modulares System entstehen, das am Einsatz-ort den Erfordernissen gemäß zusammenge-stellt werden könnte und vielseitig verwendbar wäre. Ideen dafür gebe es schon, die jedoch noch nicht umgesetzt seien. Die Software zur Steuerung sei im Wesentlichen vorhanden, entwickle sich aber natürlich ständig weiter. Stünde heute ein relativ hoher Stromverbrauch mancher Umsetzung noch im Wege, so könnte sich das in Zukunft ändern, da mit dem weite-ren Ausbau der erneuerbaren Energien Strom zu günstigeren Konditionen zur Verfügung stehen werde, wenn die notwendige Verfah-rens�exibilität gegeben sei. Zudem könne das System auch so weiterentwickelt werden, dass es intelligent auf sich verändernde Strompreise reagiert. Dann greife man eben in dem Moment auf die Energie zurück, wenn sie besonders billig ist. Mauerwerk könne zum Beispiel prob-lemlos in der Nacht getrocknet werden, am Tag kühle es nicht so stark aus, dass der Effekt der Radiowellen verpuffen würde.„Im Trocknungsbereich sind wir in zwei, drei Jahren so weit, dass wir Firmen haben, die das System einsetzen“, meint Roland. Dann könnten alle Informationen zum Beispiel darüber zur Verfügung gestellt werden, wie schnell eine Trocknung erreicht werden kann und wie die unterschiedlichen Baustoffe auf

Erwärmung reagieren. „Die Begründung, scho-nend und quali�ziert zu trocknen, ist für mich unheimlich wichtig“, ergänzt Schmidt. Denn was nütze es, wenn ein Gebäude trocken ist, bei dem Trocknungsprozess aber die Baustoffe zerstört wurden. Gerade bei Mischkonstrukti-onen sei es wichtig, das unterschiedliche Ver-halten bei der Trockenlegung zu kennen. Doch auch auf diese Herausforderung werden die Forscher eine Antwort �nden.

Thermische Behandlung eines von Holzschädlingen befallenen Balkenkopfes unter Baustellenbedingungen mit dem Radiowellen-Verfahren. Das Kupferdrahtgitter dient zur Abschirmung.

Auch Holzschädlinge können mithilfe des Radiowellen-Verfahrens effektiv bekämpft werden: Vorbereitung eines Laborversuchs mit einer Hausbocklarve.

Prof. Dr.-Ing. Detlef Schmidt

Studium der Baustoffverfahrenstechnik in Weimar (1975-1980), danach wissenschaft-licher Assistent am Lehrstuhl Bau- und Werkstoffkunde der Technischen Hochschule Leipzig. Nach Promotion und postgradualem Studium Arbeit in der chemischen Industrie und später Laborleiter bei Bil�nger Berger. 2009 Ruf auf die Professur „Baustoffe“ an der HTWK Leipzig. Radiowellen hatten es ihm be-reits früh angetan: Seine erste Antenne (wenn auch für Trocknungsverfahren nicht geeignet) baute er bereits mit 12 Jahren.

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Wärme, wo sie hingehörtBetonfertigteile – etwa die Teile eines Tunnels – werden bisher bei der Fertigung mit Wärmeverfahren in Heißluftkammern behandelt: Die Übertragungsverluste dabei sind enorm. Viel ef�zienter könnte das mit dem Radiowellen-Verfahren gehen, bei dem die Wärme direkt im Bauteil erzeugt wird. Bauingenieur Björn Höhlig hat zu diesem Thema promoviertText: Jörg Aberger, Foto: Kristina Denhof

„Hoffentlich ist es Beton“ hat eine ganze Bran-che ihre Werbeaktivitäten überschrieben. Doch der Satz könnte durchaus auch als das Lebens-motto von Björn Höhlig gelten. Der gebürtige Vogtländer forscht an der HTWK Leipzig und hat jetzt in Kooperation mit der Technischen Universität Dresden seinen Doktortitel erwor-ben – zum Thema Beton. „Ich habe in der Ar-beitsgruppe von Professor Schmidt gearbeitet, die zur Bauwerkstrocknung mit Radiowellen geforscht hat“, berichtet Höhlig. Diese Gruppe um Prof. Dr.-Ing. Detlef Schmidt von der Fa-kultät Bauwesen arbeitet seit 2010 zusammen mit Dr. Ulf Roland vom Helmholtz-Zentrum für Umweltforschung Leipzig (UFZ) zu dieser Tech-nologie (siehe S. 30-33). „Professor Schmidt

hat mich nach dem Masterabschluss gefragt, ob ich im Rahmen des Forschungsprojekts pro-movieren möchte – und ich habe schließlich gesagt: Ja, ich probiere es“, sagt Höhlig.

Kooperative Promotion an der TU DresdenIn Prof. Viktor Mechtcherine von der TU Dres-den fand Höhlig einen Partner, der ihn bei sei-ner Arbeit tatkräftig unterstützte. „Er war es auch, der uns geraten hat, die Promotion auf einen Teilbereich der Bauwerkstoffe zu kon-zentrieren“, erzählt der frischgebackene Dok-tor Höhlig. „Und weil ich mich dem Beton mehr verbunden fühlte als dem Holz oder dem Mau-erwerk, habe ich mich dafür entschieden.“ Eine Entscheidung, die nicht von ungefähr kam:

Nach dem Studium zum Diplom-Bauingenieur machte Höhlig seinen Masterabschluss und die Zusatzausbildung als Betontechnologe. „Schon in zahlreichen Praktika im Hoch- und Brückenbau hatte ich den Baustoff kennenge-lernt, da Beton in diesen Bereichen häu�g zum Einsatz kommt.“In seiner Doktorarbeit befasste sich Höhlig mit der Frage, wie die Herstellung von Betonfer-tigteilen optimiert werden könnte. Betonfer-tigteile werden heute in fast allen Bereichen eingesetzt: Als Teile von standardisierten Hallen und Gebäuden, aber auch Brückenteile, Füße von Windkrafträdern, Kanal- oder Tun-nelelemente und vieles mehr werden vorgefer-tigt – und dann auf die Baustelle transportiert

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und eingebaut. Das spart Zeit, doch der Ener-giebedarf ist groß: Schon in der Herstellung ist Beton sehr energieintensiv, und bei der Fertigung von Betonbauteilen werden diese in großen Wärmekammern aufwändig mit Heiß-luftverfahren getrocknet. Wobei der Begriff der Trocknung laut Höhlig nicht richtig ist: „Worum es geht, ist die sogenannte Hydrata-tion“, erläutert er. Bei der Herstellung von Be-ton und Betonbauteilen wird ein Gemisch von Gestein, Zement und Wasser verwendet, wobei das Wasser mit dem Zement reagiert. Diese chemische Reaktion, die Hydratation, startet an der Ober�äche der im Gemisch vor-handenen Zementkörner und dringt so lange weiter in den Kern des Zementpartikels vor, bis einer der beiden Reaktionspartner verbraucht ist. „Dieser chemisch-physikalische Prozess führt dazu, dass das Zement-Wasser-Gemisch zunächst steifer wird, schließlich erstarrt und letztlich aushärtet“, erklärt der Betonexper-te. Bei dieser exothermen Reaktion wird die sogenannte Hydratationswärme freigesetzt. Die Hydratation läuft allerdings schneller ab, wenn das Gemisch während des Vorgangs zu-sätzlich erwärmt wird.

Bisher: WärmekammerDerzeit werden Betonfertigteile in Wärmekam-mern praktisch von außen her aufgeheizt, um die Aushärtung des Betons zu beschleunigen und so Zeit zu sparen. Unter anderem können so die Schalungen rasch wieder verwendet werden. „Allerdings läuft diese Erwärmung relativ unkontrolliert ab und verbraucht so unnötig viel Energie“, sagt Björn Höhlig. Viel sinnvoller sei es, die Wärme gleichmäßig dort-hin zu bringen, wo die Hydratation abläuft, nämlich ins Innere des Bauteils.

Neues Verfahren: Erwärmung von innenDas von Höhlig in seiner Promotion beschrie-bene Verfahren setzt genau an dieser Stelle an: Radiowellen werden dazu genutzt, die notwen-dige Wärme ausschließlich im Betonvolumen – also innen – zu erzeugen. Mit Messsensoren kann genau festgestellt werden, welche Tem-peraturen erreicht werden. „Die Temperatur-kurven lassen sich mit Radiowellen sehr genau steuern, weshalb die zugeleitete Energie ver-ringert werden kann, sobald der Hydratations-prozess einsetzt und die dadurch entstehende Wärme mit genutzt werden kann.“

Das Verfahren ist inzwischen zum Patent ein-gereicht: Es habe derzeit einen Wirkungsgrad von rund 80 Prozent, während der Wirkungs-grad bei der „Trockung“ in konventionellen Wärmekammern gerade einmal bei 40 bis höchstens 50 Prozent liegt. Das ist eine deut-liche Verbesserung – und vor allem deshalb relevant, weil die Menge der jährlich verbau-ten Betonfertigteile so groß ist. Ein weiterer Vorteil besteht darin, dass Bauteile bis zu ei-ner bestimmten Größe direkt auf der Baustelle mit Radiowellen ausgehärtet werden können. Dabei könnte die Schalung des Betons mit zur Radiowellen-Behandlung verwendet werden. „Für die gesteuerte Betonerhärtung gibt es vermutlich kein besseres Verfahren, zumal da-durch auch die Dauerhaftigkeit der wärmebe-handelten Bauteile verbessert wird“, erklärt Höhlig durchaus selbstbewusst.Seine Kenntnisse über den Baustoff nimmt er ab dem Sommer mit nach Südafrika. An der Universität Kapstadt wird er als wissenschaft-licher Mitarbeiter zwei Jahre lang tätig sein. Natürlich in der weiteren Erforschung des Betons.

Björn Höhlig im Leipziger Citytunnel. Der Tunnel ist aus sogenannten „Tüb-bings“ gebaut – das sind Einzelteile, die zusammengesetzt das Tunnelgewölbe bilden. Diese Einzelteile werden vorgefertigt und dabei mit Wärme behandelt. Björn Höhlig hat ein ef�zienteres Verfahren zur Herstellung von Betonfertig-teilen erforscht.

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Multifunktional: Von innen beheizbare HolzplattenIn dem Forschungsprojekt „InnoFur“ der HTWK Leipzig sind in den vergangenen drei Jahren gleich zwei Innovationen entstanden: Ein schnelles und ökonomisches Verfahren zur Verformung von Holz und eine völlig neue Art von Heizung. Diese ist leicht und beweglich, äußerst effektiv – und komplett ins Holz integriertText: Bettina Bock, Fotos: Lars Ehlers (links), Kristina Denhof (rechts)

Holz zu verformen ist im Grunde eine alte Idee: Bei Möbeln waren schon vor einhundert Jahren gebogene Holzelemente sehr modern. Der Möbelhersteller Michael Thonet hatte Mit-te des 19. Jahrhunderts eine Technik entwi-ckelt, mit der man Massivholz biegen konnte. Sein Ziel war eine preisgünstige Herstellung von Stühlen in Serienfertigung. Das Ziel hat er erreicht: Seine sogenannten „Bugholz-Stüh-le“ sind noch heute weltbekannt.Der Ausgangspunkt des Forschungsprojektes am Lehrstuhl von Prof. Henning Rambow an der Fakultät Architektur und Sozialwissen-schaften war aber ein etwas anderer: Es ging darum, ein Herstellungsverfahren zu entwi-ckeln, mit dem gerade kleine Tischlerwerk-stätten Formmöbel preisgünstig herstellen können. Bisher waren solche Kleinserien nur äußerst zeit- und kostenintensiv zu produzie-ren: Der Tischler oder Designer musste Press-formen aus Aluminium aufwendig anfertigen lassen. Diese sind sehr teuer und oftmals zeit-aufwändig in ihrer Herstellung. Mit dem neu-en Verfahren ist eine Herstellung in wenigen Tagen möglich, die Herstellungskosten der Pressformen sind nur noch ein Bruchteil der Aluminiumformen und der Designer kann alle Schritte selbst umsetzen. Die Forschergruppe um Prof. Rambow arbei-tete drei Jahre unter anderem an dem neuen Verfahren und innovativen Anwendungsmög-lichkeiten. Gefördert wurde das Projekt, das im Verbund mit der Fachhochschule Schmal-kalden und vier mittelständischen Unterneh-

men als Projektpartnern realisiert wurde, vom Bundesministerium für Wirtschaft und Tech-nologie (BMWi).

Wie funktioniert das Verformen?Die Idee ist so elegant wie die Anwendungs-möglichkeiten vielfältig. Gearbeitet wird mit Schichtholz. Normalerweise werden Furniere – also dünne Blätter aus Holz – verformt und zu Schichtholz verklebt, indem man sie in der beheizbaren Pressform erhitzt und gleichzeitig unter hohem Druck in die gewünschte Form presst. Im neuen Verfahren werden die Furnie-

re nun nicht mehr von außen – durch die Press-form – erhitzt, sondern von innen: Zwischen die Holzschichten wird ein Heizvlies aus Papier und Carbon-Fasern eingeleimt. Dabei wird das Schichtholz durch den angelegten Strom am Heizvlies auf etwa 100°C erhitzt. So kann der Leim aushärten und das Holz in der Presse in die gewünschte Form gebracht werden. Dabei sind keine aufwändigen Presswerkzeuge nötig: Es können dieselben Klebstoffe und Furnier-hölzer verwendet werden wie bisher. Auch Tem-peratur, Druck, Feuchtigkeit und Presszeit blei-ben gleich, doch die Pressformen müssen nun

Durch die Integration von Heizschichten in das zu verformende Holz - hier: ein tragbarer Heizparavent – lassen sich Formen für den Modellbau schneller und kostengünstiger herstellen

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nicht mehr aus Metall sein. Sie können direkt nach dem Entwurf aus Holzwerkstoffen (MDF- oder Multiplexplatten) gefräst werden. Und zwar computergesteuert, mit CNC-Fräsen, die in vielen Werkstätten ohnehin vorhanden sind. Damit bleibt der gesamte Herstellungsprozess in einer Hand. Dadurch können im Vergleich zu herkömmlichen Verfahren 80 – 90 Prozent der Kosten für den Formenbau gespart werden.

Innovative HeizsystemeIm Forschungsprojekt wurde aber nicht nur ein Herstellungsverfahren entwickelt. „Da das Heizvlies im Holz verbleibt, war relativ schnell klar, dass wir das Formholz auch als Heizung nutzen können“, so der Projektmitarbeiter Lars Ehlers. Eine erste Entwicklung war ein be-heizbarer Schreibtisch für einen etwa 300 m² großen unbeheizten Raum. Das Möbelstück entwickelten die Wissenschaftler gemeinsam mit Architektur-Studenten der HTWK. Entwor-fen wurde ein relativ geschlossenes Möbel-system: Ein fest installierter Schreibtisch auf einem Podest, bei dem Fußboden, Innenseiten und Tischunterseite beheizbar sind. Die Auf-heizzeiten sind sehr kurz, da die Wärme direkt auf den Nutzer strahlt und nicht durch Verklei-dungen oder Einbauteile abgeschwächt wird. Das Möbelsystem ist also äußerst funktional, allerdings noch relativ starr und unbeweglich. Daher entstand auch die Idee zu einem leichte-ren, mobilen Heizsystem. Ausgehend von der besonderen Leipziger Gebäudesituation, in der

häu�g große Industriehallen ohne Heizung als Wohn- oder Arbeitsräume genutzt wer-den, wurde der Prototyp eines beweglichen, multifunktionalen Heiz-Paravents entwickelt. Er dient als Sichtschutz, Raumteiler und als äußerst ökonomische Flächenheizung. Im Projekt wurde genau untersucht, wieviel ein solches Elektro-Heizsystem leisten kann. Das Ergebnis: Die Luft kann (bei einer Ausgangs-temperatur von 12-13°C) im Abstand von an-derthalb Metern um den Paravent innerhalb von nur 5 Minuten auf Zimmertemperatur gebracht werden. Mit anderen Heizungsarten sind sehr große Räume auch nach längerer Zeit kostengünstig nicht zu erwärmen.

Ökonomisch heizenAber kann sich eine Elektroheizung in Zeiten steigender Stromkosten �nanziell lohnen? „Ja“, sagt Lars Ehlers, „denn der Verbrauch ist äußerst ökonomisch: Die Heizkostenersparnis kann bis zu 50 Prozent betragen. Außerdem werden Elektroheizsysteme in den kommen-den Jahren immer mehr von Interesse sein.“ Angesichts der steigenden Rohstoffpreise erwartet er, dass zunehmend auf erneuerba-re Energien gesetzt wird. „In Skandinavien wird schon lange fast ausschließlich elekt-risch geheizt. Strom wird dort vor allem aus Wasserkraft erzeugt.“ Besonders geeignet sei das System überall da, wo dünne Flächenhei-zungen gebraucht werden. Die Projektpartner haben die Fußbodenheizung im Innenbereich

von Booten und Caravanen getestet und er-folgreich angewandt. Ein Folgeprojekt am Lehrstuhl von Prof. Rambow beschäftigt sich wieder mit den dünnen Flächenheizungen: Mit zwei Projektpartnern wird eine verlegefertige, schnell reagierende Fußbodenheizung für die Altbausanierung oder den Neubau entwickelt.

Mithilfe der in die Holzschichten des Schreibtischs integrierten Heizung lässt es sich auch in kalten Räumen gut arbeiten.

Prof. diparch (GBSheff) Henning Rambow

1983 – 1989 Studium der Architektur in Han-nover und Großbritannien (Shef�eld). Nach Arbeit in Shef�eld und London ab 1993 für Ian Ritchie Architects (London) Projektleiter für den Bau der Glashalle auf der Neuen Messe. 1995 Ruf an die HTWK Leipzig auf die Professur für computerunterstütztes Entwerfen und Architekturanimation. Bevorzugt warme Holztöne.

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Die „digitale Eidechse“Wissenschaftler der HTWK Leipzig um Prof. Alexander Stahr haben in ih-rem Projekt „Lizard Cloud“ einen prototypischen Pavillon entworfen, der in einem konsequent digitalen Verfahren geplant und gefertigt wurde. Das entwickelte Verfahren soll später für Schalentragwerke (Kuppeln) oder Fassaden eingesetzt werden können. Eine Besonderheit: Die Ele-mente werden nur gesteckt, es ist also kein Werkzeug für die Verbindung nötig. Hintergrund für die Entwicklung des Verfahrens ist die Notwen-digkeit einer „digitalen Wende“, wie Prof. Alexander Stahr erklärt: „Die digitale Wende auch im Handwerk wird kommen. Heute �nden wir vom Entwurf bis zum fertigen Produkt nahezu überall digitale Informations- und Produktionsketten, nur für den Bau – etwa von eleganten und ef�-zienten Schalentragwerken – scheint das bisher unmöglich. Der Grund: Wegen der Komplexität der Geometrie, der Größe der Strukturen und der Vielfalt der am Bau Beteiligten gibt es häu�g einen Bruch im ‚Work-�ow‘ zwischen digitalem Entwurf, Planung und Berechnung beim Archi-tekten oder Ingenieur auf der einen und der handwerklich orientierten Fertigung auf der Baustelle auf der andern Seite. Diesen Bruch hilft un-ser Verfahren zu vermeiden: Alles läuft digital.“ (s. EINBLICKE 3/2013) Der Pavillon wurde auch auf der Sonderausstellung „Talente 2014“ im Rahmen der Internationalen Handwerksmesse in München (12.-18. März 2014) ausgestellt (s. Bild).

Kontakt: Prof. Dr.-Ing. Alexander Stahr, [email protected], lizardcloud.wordpress.com

Eine stabile Sache: der „Lange Gang“ auf Schloss Hartenfels

Auf dem Renaissance-Schloss Hartenfels in Torgau, zeitweise Residenz der Wettiner, laufen die Vorbereitungen zum Reformationsjubiläum auf Hochtouren: Geplant ist vor allem, vor der 2015 geplanten Eröffnung einer nationalen Ausstellung zur Reformation (die Wettiner hatten Lu-ther zu Beginn der Reformation gefördert) die Außenrestaurierung des prachtvollen Großen Wendelsteins sowie des direkt anliegenden „Lan-gen Ganges“ abzuschließen. Der Lange Gang, eine Art offener Erschlie-ßungsgang zu den früheren Repräsentationsräumen von der Hofseite aus, konnte zum Glück in der historischen Form erhalten werden: „Die statische Berechnung war komplex und bedurfte besonderen wissen-schaftlichen Know-hows. Die relativ dicken und weit herausragenden Bodenplatten aus Sandstein können aber von den historischen, verzier-ten Konsolen auf der Hofseite letztlich doch getragen werden“, erklärt Professor Bernd Rühle (im Bild rechts). „Zudem werden momentan die prachtvollen Brüstungselemente, die seit mehreren Jahrzehnten einge-lagert waren, restauriert und wieder angebracht.“ Etwa ein Viertel der Elemente wird durch Duplikate ersetzt, die Bildhauerarbeiten dazu wer-den in der Leipziger Werkstatt von Markus Gläser (links) durchgeführt. Auch die Stabilität dieser neuen Elemente aus einem Steinersatzmörtel und die Verbindung mit den historischen Elementen wird von Prof. Rüh-le begleitet. Der „Lange Gang“ soll Anfang 2015 fertiggestellt sein.

Kontakt: Prof. Dr.-Ing. Bernd Rühle, [email protected]

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EINBLICKE. Forschungsmagazin 2014 Ressourcen schonen – Bau & Energie.

Mit WasserantriebDie Maschinenbau- bzw. Elektrotechnik-Absolventen Martin Böttcher, Hannes Löschke und Dimitri Dittmann (von links) haben bei der FER-CHAU-Challenge in Italien (September 2013) einen hervorragenden 4. Platz belegt. Ziel war, ein Gefährt zu konstruieren, das ganz ohne fossile Energie fahren kann – und auch Hindernisse überwindet: „Unser im Me-chatronik-Labor der HTWK konstruierter Renner wird durch einen Motor angetrieben, der Solarthermie und Formgedächtnislegierungen verbin-det“, erklärt Martin Böttcher. Das ferngesteuerte Gefährt bewegt sich mit maximal 7 km/h auch durch schwieriges Gelände. „Es ging aber nicht in erster Linie um Geschwindigkeit, sondern um die erfolgreiche Umset-zung alternativer Antriebsideen. Wir haben die 400 Meter leider nicht vollständig absolviert, aber dafür den gesamten Hindernisparcours, Wasser und Strand gemeistert – obwohl uns am Vortag die halbe Tech-nik durchgebrannt ist und wir die ganze Nacht durcharbeiten mussten.“ Für die Arbeit an dem Projekt erhielten die Wissenschaftler 2014 einen Ferchau-Förderpreis und den Karl-Kolle-Preis für Mechatronik 2014.

Wasserversorgung darf kein Luxus seinBildung ist der Schlüssel zu einem besseren Le-ben. Aber wer Wasser holen muss, kann nicht zur Schule gehen – ein Problem an vielen Or-ten, wie in Kibwigwa, einem Dorf mit 10.000 Einwohnern im Westen Tansanias. „Ich bin Mitglied im Entwicklungshilfe-Verein ‚Azubi Kibwigwa‘, der dort unter anderem eine Schu-le baut. Dabei erfuhr ich vom Problem mit der Wasserversorgung“, erzählt Gerhard Schrempf. Im Rahmen einer Graduierungsarbeit am Insti-tut für Wasserbau und Siedlungswasserwirt-schaft an der HTWK Leipzig entwickelten er und Florian Brandstätter gemeinsam ein Konzept zur Wasserversorgung: „Wir haben das Gelände

vor Ort aufgenommen und später verschiede-ne Möglichkeiten erstellt – etwa Nutzung von Regenwasser oder die Umleitung eines nahen Baches. Diese haben wir gegeneinander ab-gewogen und schließlich die Variante, die die beste Wasserqualität bei guter Wirtschaftlich-keit und Haltbarkeit ermöglicht, weiter verbes-sert“, so Schrempf. Momentan werden noch �nanzielle Mittel gesammelt. „Uns ist wichtig, auch hier in Europa ein Bewusstsein für andere Regionen zu schaffen – und zu zeigen, dass wir mit unserem Wissen helfen können.“

Kontakt: http://azubi.moundf.com

Wasser für den ElsterstauseeDer Elsterstausee bei Leipzig – früher ein gutes Fischgewässer und im Winter zuverlässig zuge-froren – ist seit ca. 2008 verlandet, weil kein ausreichender Wasserzulauf mehr gegeben war (s. Bild rechts). Ein Förderverein bemüht sich inzwischen zusammen mit einer Arbeits-gruppe unter Beteiligung der Stadt Leipzig darum, den See wieder herzustellen. Inzwischen ist klar – die Sohle ist dicht. In einer Bachelorarbeit unter Anleitung von Prof. Hubertus Milke wurden Varianten un-

tersucht, mit denen Wasser wieder in den See geleitet werden kann – unter Beteiligung der Bergbau-Sanierungsgesellschaft LMBV. „Es ist für beide Seiten bereichernd, wenn Stu-denten schon frühzeitig ihr Wissen in der Praxis erproben können – zumal, wenn damit solchen Initiativen geholfen werden kann“, so Professor Milke.

Kontakt: Prof. Dr.-Ing. Hubertus Milke, [email protected]

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Ressourcen schonen – Bau & Energie.

Strom tanken an der Laterne

Wenn die Zahl der Elektroautos in Zukunft stei-gen soll, erfordert dies deutlich mehr Lade-punkte als bisher – und letztlich ein völlig neu-es Netz von intelligenten „Tankstellen“. Ein Neuaufbau eines solchen Netzes wäre, zumal bei diversen technischen Risiken, unbezahl-bar. Ein vielversprechender Ansatz ist daher die Nutzung der vorhandenen kommunalen In-frastruktur, zum Beispiel der im urbanen Raum

vorhandenen Straßenbeleuchtung. An dieser Idee – dem „Laternenparken“ – arbeiten Wis-senschaftler der HTWK Leipzig unter Leitung von Prof. Andreas Pretschner. Sie entwickeln ein Ladesystem für Straßenlaternen auf Open-Source-Basis, mit dem voraussichtlich 2014 eine Straße in Leipzig ausgerüstet werden soll. Das Forschungsprojekt „Laternenparken und Geschäftsmodell Ladeinfrastruktur“ wird im

Schaufenster Bayern-Sachsen ELEKTROMOBI-LITÄT VERBINDET gefördert und läuft von 2012 bis 2015. Projektpartner sind neben der HTWK Leipzig die Stadtwerke Leipzig (Koordination), das Fraunhofer-Zentrum für Mittel- und Osteu-ropa sowie die Universität Leipzig.

Kontakt: Prof. Dr.-Ing. Andreas Pretschner, [email protected]

Woher weht der Wind?Windräder sind auch Immobilien – einmal gebaut, sind sie reichlich im-mobil. Und wie bei jeder Immobilie gilt hier auch – die drei wichtigsten Kriterien sind Lage, Lage und nochmals Lage. Denn einerseits sind bei der Wahl des Standortes diverse Rahmenbedingungen zu beachten: Raumordnungsgesetz, Landesplanungsgesetz, Landesentwicklungsplan und auch regionale Flächennutzungspläne. Und dann muss eine solche Anlage ja vor allem auch wirtschaftlich laufen. In einer von Prof. Klaus Wozniak betreuten Untersuchung haben Michael Feist und Uwe Ertel, Studenten der Energie- und Umwelttechnik, Anfang 2014 die Eignung mehrerer Standorte in der Gemeinde Brandis bewertet: „Wir haben drei verschiedene Gebiete verglichen und alle relevanten Faktoren gegenei-nander abgewogen: nötige Abstands�ächen und Naturschutz, Wasser-schutz und Eigenart des Gebietes. Außerdem haben wir mehrere Beteili-gungsmodelle untersucht, über die sich die Bürger der Gemeinde an der Windkraftanlage beteiligen können“, erklärt Feist. Mit den Ergebnissen will der Brandiser Bürgermeister Arno Jesse (im Bild: Mitte) nun weiter-arbeiten: „Das ist für uns eine gute Grundlage. Und: Solche Kooperatio-nen mit der Wissenschaft stärken die Region.“

Kontakt: Prof. Dr.-Ing. habil. Klaus Wozniak, [email protected]

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Neues Kühlprinzip für Elektromotoren entwickeltElektroautos müssen besonders leicht sein: ein Team von HTWK-Wissenschaftlern hat eine neuartige Kühlung entwickelt, mit der sich das Motorgewicht um ein Viertel senken lässt. Denn einer der Gründe für das hohe Gewicht liegt bisher in der nötigen Motorkühlung: die Kühlgänge, durch die Wasser geleitet wird, liegen außen um den aktiven Teil des Motors. Sie werden aus einem Stück Metall herausge-fräst – das ist außerdem ein großer Material-verlust. Die Kühlgänge sind jedoch nötig, da die Wärme aus dem Inneren erst nach außen „transportiert“ werden muss. „Viel zu schwer, viel zu groß, viel zu materialintensiv, zudem keine optimale Wärmeabfuhr“, dachte sich Professor Pierre Köhring, der an der HTWK Leipzig im Bereich „Elektrische Maschinen“ lehrt und forscht. Vorher arbeitete er mehrere Jahre als Entwickler und Konstrukteur bei der AKH GmbH, einem hochspezialisierten Son-dermaschinenbauer.Köhring machte sich daran, ein ef�zienteres Kühlsystem zu konstruieren: „Ich wollte ver-suchen, die Kühlung direkt in den Motor zu integrieren. Hier an der Hochschule konnte ich dieses Vorhaben – ganz ohne hektisches Alltagsgeschäft in einer Firma – weiterverfol-gen.“ Schließlich kam er auf folgende Idee: Durch die Integration mehrerer dünner Küh-lelemente zwischen die Ständerblechpakete

des E-Motors kommt die Kühlung genau dort-hin, wo die Wärme entsteht – und sorgt für eine sehr ef�ziente Wärmeabfuhr. Diese Art der Kühlung ist nicht nur ef�zienter, sondern auch materialsparender (Fräsen entfällt) so-wie leichter und damit auch preisgünstiger. Beim Motor spart das mindestens 40 Prozent Gewicht ein – bei gleicher Leistung. Nach sorg-

fältiger Überprüfung meldete Köhring seine Idee zum Patent an. Und zusammen mit seiner früheren Firma wurde in einem gemeinsamen Projekt am Forschungs- und Transferzentrum der HTWK Leipzig ein erster Prototyp des Mo-tors gebaut.Beim Probelauf lieferte der Motor – konzipiert für einen Mercedes Sprinter, also einen kleinen Lkw – bessere Werte als zuerst berechnet: „Alle Erwartungen wurden überboten. Die Kühlung war so ef�zient, dass der Motor eine Nennleis-tung von 70kW statt 55kW erbringen konnte, also deutlich mehr als gedacht. Dieser Elektro-antrieb lässt zudem jeden Verbrennungsmotor an der Ampel stehen – und das CO

2-frei!“ Inzwischen blickt das Team bereits auf einen guten Zwischenstand zurück: Der Motor wird beim Leipziger Umrüster car systems Scheil in einen Mercedes Sprinter eingebaut – das Fahrzeug wird ab Herbst 2014 auf den Straßen von Magdeburg unterwegs sein. Im Rahmen

des Projekts „Magdeburg – energieef�ziente Stadt“ testet Professor Köhring gemeinsam mit dem Magdeburger Fraunhofer-Institut für Fabrikbetrieb und -automatisierung (IFF), inwieweit sich der Motor im Alltag bewährt. „Wir sind gespannt, welche Werte wir mit der extra eingebauten Technik messen. Das liefert uns wertvolle Hinweise, wo wir stehen und wie viel wir noch verändern müssen“, so Professor Köhring. Ziel ist die Serienreife des Motors mit neuartiger Kühlung. Momentan ist noch ein weiteres Forschungsprojekt mit dem IFF in Magdeburg zur Elektromobilität von Nutzfahr-zeugen geplant.

Kontakt: Forschungs- und Transferzentrum an der HTWK Leipzig e.V., Prof. Dr.-Ing. Pierre Köhring, Mail: [email protected]

Prof. Pierre Köhring (rechts) und Hartmut Voigt (links) mit Elementen der patentierten neuartigen Kühlung, die Elektromotoren deutlich leichter macht

Explosionszeichnung des Motors mit neuartiger Kühlung: die einzelnen Elemente sind als Scheiben in den Motor-block integriert

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Gesundheit erhaltenLife Science & Engineering

Innovationen zur Verbesserung der Lebensqualität unter den Herausforderungen des gesellschaftlichen Wandels

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Gesundheit erhaltenLife Science & Engineering

Innovationen zur Verbesserung der Lebensqualität unter den Herausforderungen des gesellschaftlichen Wandels

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Dem Gehirn zusehenWas im Kopf anderer Menschen wirklich vorgeht, das können wir auch mit modernen Verfahren wie EEG und MEG, bei denen elektrische Gehirnaktivität erfasst wird, nicht erkennen. Aber mit den dabei gewonnenen Signalen kann man immer besser verstehen, wie unser Gehirn aufgebaut ist und wie Verarbeitungsprozesse ablaufen. Wissenschaftler der HTWK Leipzig haben ein System entwickelt, mit dem das nun auch in Echtzeit möglich istText: Stephan Thomas

Wer eine Digitalkamera benutzt, wird das Pro-blem kaum noch kennen: Ob Bilder verwackelt, zu schief, zu hell oder falsch fokussiert sind, ob alle hingeschaut haben oder einer aus der Gruppe die Augen zu hatte – das alles ent-deckte man früher erst einige Tage nach der Aufnahme, wenn alles viel zu spät ist, nämlich nach dem Entwickeln des Films. Heute jedoch

genügt dafür ein Blick auf das Display – und im Zweifelsfall kann man das Bild sofort noch ein-mal neu machen.

Flexibleres, schnelleres System nötigVor ähnlichen Problemen stehen auch manche Bereiche der Neurowissenschaften sowie der Medizin. Nicht nur die Messung der Gehirn-aktivität mithilfe der Elektroenzephalogra�e (EEG) oder der Magnetoenzephalographie (MEG) selbst ist aufwändig, sondern vor allem die Analyse der dabei gewonnenen Daten. Dr. Thomas Knösche vom Leipziger Max-Planck-In-stitut für Kognitions- und Neurowissenschaf-ten: „Mithilfe dieser Verfahren versuchen wir immer besser zu verstehen, welche Funktionen wo verortet sein müssen, wie sich das mensch-liche Gehirn strukturiert und wie Arbeits- und Lernprozesse ablaufen“, erklärt er. Die Auswertung der Daten ist komplex und nach herkömmlicher Vorgehensweise auch zeitauf-wändig. Ein Grund: Die Menge der zu verar-beitenden Daten für eine sichere Lokalisation der Quellen von Biosignalen des Gehirns ist schlicht so groß, dass Bearbeitung, Filterung und Befreiung von Störein�üssen einige Zeit in Anspruch nimmt. „Das ist alles sehr starr und un�exibel – letztlich wäre es viel einfacher, wenn wir Daten wie die zur elektrischen und zur magnetischen Aktivität des Gehirns schon während der Versuche sehen könnten“, er-klärt Dr. Knösche. „Dann wären auch endlich Korrekturen während des Versuchs möglich, Probleme wie nicht auswertbare Datensätze

könnte man vermeiden. Außerdem ergäben sich ganz neue Untersuchungsmöglichkeiten: Etwa, dass Probanden schon während des Ver-suchs Rückmeldungen erhalten könnten. Man könnte gezielt Versuche mit Trainingseffekten durchführen, oder auch Versuche mit wech-selnden Bedingungen. Das wäre eine neue Qualität gegenüber durchaus schon verfügba-ren Lösungen, wie man sie beispielsweise aus dem Computerspielbereich kennt“, erklärt er.

Mit der Kraft der Gra�kkarteZu dieser Idee beriet er sich mit Mirco Fuchs von der Arbeitsgruppe Laboratory for Biosi-gnal Processing (LaBP), mit der er bereits in einem früheren Projekt zusammengearbeitet hatte. Die Gruppe unter der Leitung von Prof. Matthias Sturm arbeitet am Forschungszen-trum der HTWK Leipzig bereits seit mehreren Jahren zur Verarbeitung von Biosignalen und entwickelt dafür Hard- und Software, die mit dem notwendigen wissenschaftlichem Know-how unterfüttert ist – und die die Ingenieure auch selbst in die Praxis umsetzen. Die LaBP-Forscher fanden schnell einen Lösungsansatz: Heutzutage gibt es die Möglichkeit, für Re-chenprozesse neben dem Prozessor selbst auch die Rechenleistung der Gra�kkarte zu nutzen. Moderne Gra�kkarten sind sehr mächtige Ins-trumente, die 3D-Animationen, Spiele und Vi-deos problemlos verarbeiten können. Werden sie dafür aber nicht gebraucht, liegt ihre Kraft „brach“ – geradezu eine Verschwendung von Ressourcen. In einem gemeinsamen, BMBF-

Prof. Dr.-Ing. Matthias Sturm

Professor für Mikrorechentechnik/Elektronik an der HTWK Leipzig. Leiter der Forschungs-gruppe „Laboratory for Biosignal Processing“ (LaBP). Studium der Elektroniktechnologie an der TH Mittweida, seit 1993 Professor an der HTWK Leipzig. Vorsitzender des Fachbeirats der Messe „embedded world“, der weltgrößten Leistungsschau der Embedded-Community und Conference Chair der embedded world Con-ference. Gedanken unmittelbar zum Klingen zu bringen ist einer der Wunschträume des Hobbymusikers.

[email protected] www.labp.htwk-leipzig.de

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geförderten Verbundprojekt mit dem Max-Planck-Institut für Kognitions- und Neurowis-senschaften Leipzig und der eemagine GmbH (Berlin) erarbeiteten die Wissenschaftler seit September 2010 ein Verfahren, das gezielt die-se Rechenpower verwendet, um EEG- und MEG-Daten auch in Echtzeit analysieren zu können.

Keine Extra-Hardware nötig„Der Vorteil dieses Verfahrens ist, dass man für die Verarbeitung keine neue, aufwändige und teure Hardware benötigt. Es reicht ein handelsüblicher PC mit einer etwas überdurch-schnittlichen Gra�kkarte, wie sie etwa in Spiel-computern verbaut ist“, erklärt Mirco Fuchs. „Unser Ziel war, das Verfahren letztlich auf einfache Weise an bestehende EEG- und MEG-Geräte anschließen zu können, um eine rasche Überführung in die Praxis zu ermöglichen.“ Die von den Forschern entwickelte „NA-Online Toolbox“ basiert auf dem „OpenWalnut“-Visu-alisierungstool, das an der Universität Leipzig erstellt wurde. Die NA-Online-Toolbox ermög-licht es dank neuer und besonders ef�zienter Algorithmen, Verarbeitungsschritte je nach Auslastung durch den Hauptprozessor (CPU) oder die Gra�kkarte (GPU) durchzuführen. Das ist auch nötig: Denn das in ersten Versuchen für die Messungen verwendete Modell hat etwa

250.000 neuronale Quellen. Für jede dieser Quellen wird in Echtzeit ein Zeitverlauf rekons-truiert. So belaufen sich die anfallenden Daten schon nach einer Sekunde auf eine Größe von etwa einem Gigabyte. Das wären etwa 500 Ur-laubsfotos, die sich – sobald das Gehirn Reizen ausgesetzt ist – an jeder Stelle ständig verän-dern können.

Detailprobleme noch offen„In ersten Versuchen ist es uns gelungen, die Gehirnaktivität live abzubilden“, erklärt Mirco Fuchs. „Prinzipiell funktioniert die NA-Online-

Toolbox bereits. Nun geht es noch darum, mehrere Detailprobleme auf dem Weg hin zu einem robusten Praxissystem aus dem Weg zu räumen. Außerdem sind für die MEG-Verfahren noch Korrekturschritte nötig, hier müssen wir noch nachbessern“, erklärt er. Die Forscher ar-beiten auch daran, in Zukunft weitere EEG- und MEG-Geräte anschließen zu können.

Einsatz als Gehirn-Computer-SchnittstelleWeitere Einsatzmöglichkeiten gibt es neben der medizinischen Diagnostik und der klinischen Forschung in der kognitiven Neuropsychologie. „Wir haben die Erarbeitung intensiv begleitet und wollen das System auch einsetzen“, erklärt Dr. Knösche vom Leipziger Max-Planck-Institut für Kognitions- und Neurowissenschaften. In Zukunft sind verschiedene Einsatzmöglich-keiten denkbar. Mit einer funktionierenden, sicheren Echtzeiterkennung von Biosignalen des Gehirns könnte man etwa wiederkehrende Muster dazu verwenden, um bei ihrem Auf-treten einen Befehl auszulösen – das erlaubt letztlich die Steuerung von Geräten mittels Gedanken. Von der Bedienung einer Prothese über eine Kaffeemaschine bis hin zu Autos ist hier alles theoretisch denkbar – und technisch nicht mehr unmöglich.

Mit solchen Elektrodenkappen (s. oben) werden EEGs gemessen, also die elektrische Gehirnaktivität aufgezeichnet. Wissenschaftler der HTWK Leipzig haben ein System entwickelt, mit dem diese Messungen (s. unten) in Echtzeit ausgewertet werden können

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Mit dem Laser auf der Jagd nach PestizidenGroße Traktoren rumpeln vor dem Fenster der Qualitätskontrolle eines sächsischen Obsterzeugers vorbei. Die Hänger sind vollbeladen mit Äpfeln, die rot in der Abendsonne glänzen: die Ernte ist in vollem Gange. Ein paar dieser Exemplare hat sich der Physiker Christian Weickhardt von der HTWK gesichert, um damit seine Entwicklung auf Herz und Nieren zu prüfen. Dieser Pestizidscanner verkürzt nicht nur das bisherige Testverfahren für Pestizide radikal.Text: Jan Schilling

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Konventionell angebautes Obst und Gemüse wird regelmäßig mit Pestiziden behandelt, um es vor Schädlingen zu schützen. Für den Ein-satz gelten zwar klare Höchstgrenzen, trotz-dem kommt immer wieder belastetes Obst und Gemüse in den Handel – auch wenn die Erzeug-nisse stichprobenartig von den Landesunter- suchungsanstalten geprüft werden. Dazu wird die sogenannte gaschromatographische Metho-de genutzt. Das Problem an dieser klassischen Methode: die Untersuchung dauert aufgrund der nötigen Logistik und der komplizierten Ana-lyseverfahren zwei bis drei Tage. Ist die Unter-suchung abgeschlossen, ist das Obst manchmal längst im Magen der Konsumenten gelandet.

Mit Lasern Pestiziden auf der SpurDie Lösung hingegen, die das Team um Pro-fessor Weickhardt entwickelt hat, ist schnell, sekundenschnell. Dabei sieht der Pestizid-scanner auf den ersten Blick eher unscheinbar aus. Ein grauer Kasten, schulterhoch, an der Vorderseite ein Touchpanel und eine Tasta-tur. Doch die Technik hat es in sich. Christian Weickhardt nimmt sich einen der saftigen Äpfel aus der Tüte und legt ihn in die Scan-vorrichtung. Dann schließt er eine Scheibe. Auf der getönten Scheibe ist ein Warnhinweis:

denn dahinter verbirgt sich ein Laser. „Der La-ser erzeugt kurze, ultraviolette Impulse, die im Nanosekundenbereich liegen“, erklärt Profes-sor Weickhardt. Trifft der Laser auf den Apfel, verdampfen die Substanzen darauf, beispiels-weise Pestizidverbindungen.

Das Herzstück: ein Ionen- Mobilitäts-SpektrometerDieser Dampf wird dann in ein Ionen-Mobili-täts-Spektrometer gezogen. In dem Spektro-meter werden die Substanzen ionisiert. „Die Substanzen verlieren ein Elektron durch Be-schuss und in dem Moment sind diese elektrisch geladen und lassen sich mit einem elektrischen Feld durch einen Gasstrom ziehen“, erklärt Physikprofessor Christian Weickhardt. Leichte Pestizidverbindungen sausen schneller durch das elektrische Feld als schwere. Am Ende des elektrischen Feldes treffen die Verbindungen auf einen Detektor. Die Forscher erkennen die Pestizide dann als typischen Ausschlag in ei-nem Diagramm, denn die „Flugzeit“ zum De-tektor ist charakteristisch für eine Verbindung. Insgesamt 20 Verbindungen kann der Scanner erkennen und zwar, wenn die Belastungen über oder an den zulässigen Pestizid-Höchstgrenzen liegen. „Um repräsentative Ergebnisse zu lie-

fern, haben wir uns an den gängigsten Pesti-ziden orientiert“, erklärt Physiker Weickhardt, „und zusätzlich solche gewählt, die typisch für eine bestimmte Klasse sind.“ Denn oft beste-hen Pestizide aus ähnlichen Verbindungen.

Praxistest bestandenChristian Weickhardt legt einen Schlüssel am Gerät herum, der Laser ist jetzt scharfgestellt. Nach einer kurzen Zeit rattert der Laser hörbar und rastert die Ober�äche des Apfels ab. Die erste Testphase im Sommer 2013 hat der Scan-ner bereits hinter sich: Die Ergebnisse haben gezeigt, dass der Pestizidscanner zuverlässig arbeitet und die gängigsten Pestizide auch er-kennen kann. Während der Praxistests wurden alle Scans noch einmal im Labor überprüft. Dies ist notwendig, um die Zuverlässigkeit des Verfahrens nachzuweisen und es dadurch mittel- bis langfristig in die gesetzlich vorge-schriebenen Routineanalysen zu integrieren – das ist der nächste große Schritt.

Forschung aus der PraxisGerhard Kast ist zufrieden mit den bisherigen Testergebnissen. Kast ist Geschäftsführer bei der Umweltanalytische Produkte GmbH. Das Unternehmen will den Pestizidscanner vertrei-ben und arbeitet eng mit der HTWK zusammen. Der Wunsch nach einem schnelleren Verfahren, um die Belastung bei Obst und Gemüse festzu-

Die Projektpartner Prof. Christian Weickhardt (HTWK Leipzig) und Gerhard Kast (Geschäftsführer der UP Umweltanalytische Produkte GmbH) während der Obsternte vor der Waage

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stellen, komme aus der Praxis. „Zeit ist kost-bar in der Lebensmittelbranche“, sagt Kast. Schließlich ist nichts schlimmer als Schlagzei-len aufgrund von belasteten Produkten. „Der Scanner kann überall dort eingesetzt werden, wo Obst umgeschlagen wird“, erklärt Kast, „bei Importeuren, Obstbauern oder Großmärkten.“ Stellen die Händler dann fest, dass belastetes Obst angeliefert wurde, kann die Lieferung so-fort aus dem Verkehr gezogen werden.

Gute ErgänzungDer Leipziger Pestizidscanner arbeitet im Vergleich zwar schneller, hat gegenüber der klassischen Methode einen kleinen Nachteil, sagt Christian Weickhardt. Bei dem Pestizid-scanner handele es sich um eine reine Ober-�ächenmethode. P�anzenschutzmittel, die sich im Frucht�eisch be�nden oder solche, die über die Wurzeln aufgenommen wurden, kann der Pestizidscanner derzeit nicht erkennen. Gaschromatographen hingegen können jede noch so kleine Menge von jedem beliebigen Pestizid nachweisen. „Wir können nur sagen, hier ist eine Belastung auf der Ober�äche, die da nicht hingehört. In einem solchen Fall wür-

de ich dann immer noch die Routineanalytik bemühen, um genau zu sagen, was es denn ist und wie viel davon“, fügt Physiker Weick-hardt hinzu. Gerhard Kast und Christian Weickhardt sehen im Scanner deswegen auch eine gute – und vor allem schnelle – Ergän-zung zur Routineanalytik.

Leichte BedienbarkeitUm die gaschromatographische Methode durchzuführen, sind aber Spezialkenntnisse nötig. Das ist beim Leipziger Pestizidscanner nicht notwendig. Im Grunde kann jeder nach einer kurzen Einführung den Scanner bedie-nen. Nach 20 Sekunden hört der Laser auf zu rattern, gleich zeigt sich, ob der rote Testapfel belastet war. Auf dem Touchpanel erscheint ein grünes Feld: „Alles in Ordnung, der Apfel ist unbelastet“, sagt Christian Weickhardt und nimmt den Apfel wieder heraus. Essen würde er den Apfel zwar jetzt nicht mehr, denn die intensive UV-Bestrahlung könnte in der Obst-schale unliebsame Substanzen erzeugt haben. Trotzdem: Obst rein, einschalten, kurz warten. Einfacher war die Pestizidsuche noch nie.

Projektmitarbeiter Norbert Kaiser mit dem Prototyp im Labor der HTWK Leipzig

Der Versuchsaufbau zu Beginn des Projekts – bis zum fertigen Pestizidscanner war es hier noch ein weiter Weg

Prof. Dr. rer. nat. habil. Christian Weickhardt

Geb. 1964, Studium der Physik und Promotion an der TU München. Forschungstätigkeiten zur Laserspektroskopie und Entwicklung schnellanalytischer Verfahren an den Univer-sitäten Jerusalem und Würzburg und an der TU Cottbus. Seit 2003 Professor für Physik an der HTWK Leipzig mit den Schwerpunkten Laser- und Lichttechnik. Kocht in seiner Freizeit leidenschaftlich für Familie und Freunde und serviert ohne vorherige Laseruntersuchung.

[email protected]

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Über Dialyse und AnalyseEine höhere Lebensqualität für Dialysepatienten und verbesserte Behandlungsmöglichkeiten für Mediziner: Wissenschaftler der HTWK Leipzig um Prof. Andreas Pretschner haben ein System mitentwickelt, das die Biosignale von Dialysepatienten in Echtzeit erheben kann – während des DialysevorgangsText: Patrick Stasch, Fotos: Stephan Thomas

Täglich �ießen bis zu 1.800 Liter Blut durch unsere Nieren. Das sind mehrere Hundert Mal „Komplettdurchlauf“, ohne dass wir es – als Gesunde – bemerken. Die Nieren reinigen das Blut, sie �ltern Endprodukte des Stoffwechsels heraus, damit diese über die Harnwege ausge-schieden werden können. Das ist lebenswich-tig: Können die Nieren aufgrund von Krank- heiten oder Unfällen zu wenig Leistung er-bringen, kommt es zu einer Vergiftung (Urämie bzw. als Folge Harnvergiftung), die unbehan-delt zum Tode führt. Die wichtigste Nierener-satztherapie bei zu schwacher Nierenleistung

oder -ausfall ist die sogenannte Blutwäsche oder Dialyse (von griech. dialysis – „Au�ö-sung“). Über 80.000 Menschen in Deutschland sind auf eine Dialyse angewiesen, dabei ist die Tendenz weiter steigend. Die moderne Tech-nik der Dialysegeräte hat heutzutage jedoch einen so hohen Wirkungsgrad, dass sie einer „echten“ Niere fast gleichkommt. Damit ist die Lebenserwartung der Patienten gestiegen und Folgeerkrankungen werden weitgehend mini-miert. Trotzdem ist eine Dialysebehandlung weder angenehm noch komplett gefahrlos.

Mehr Lebensqualität für DialysepatientenViele Patienten müssen ihr Leben lang täglich die mehrstündige Prozedur auf sich nehmen. Um trotzdem ein Mehr an Lebensqualität zu erreichen und den Patienten ein weitgehend „normales“ Leben zu ermöglichen, befasst sich die medizinische Forschung mit der stetigen Weiterentwicklung der Dialyseapparaturen und -prozesse. Dafür ist auch ingenieurtechnisches Know-how nötig – und seit 2011 trägt ein Team um Professor Andreas Pretschner zur Verbesse-rung der Dialysebehandlungen bei. „Wir haben ein System entwickelt, durch welche zusätzlich

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zu den Dialysemaschinen Prozessdaten von lo-kal bestehenden Analysegeräten zentral ver-fügbar gemacht werden können. Individuelle Patientendaten können nun den Medizinern auf unterschiedlichen Wegen zur Verfügung gestellt werden“, erläutert Pretschner die Er-gebnisse des Projekts, das zusammen mit der SWAN GmbH und der PSAControls GmbH sowie dem Interdisziplinären Zentrum für Nieren-krankheiten am Klinikum St. Georg Leipzig in Leipzig durchgeführt wurde. Ziel des Projekts war, die Kommunikationswege zwischen Pa-tienten, Apparaturen, Daten und Medizinern erheblich zu vereinfachen, um so – anhand der in Echtzeit erhobenen Patientendaten – in Zukunft den Verlauf der Dialyse automatisch anpassen zu können. „Es wird künftig immer mehr alte Menschen mit schwächerer Nieren-leistung geben; außerdem gibt es einen steti-gen Anstieg der Zivilisationskrankheiten, etwa Diabetes, welche auch zu Niereninsuf�zienz führen können“, weist Privat-Dozent Dr. med. Joachim Beige, leitender Arzt des Interdiszip-linären Zentrums für Nierenkrankheiten (IZN) am Klinikum St. Georg Leipzig und einer der Forschungspartner im Projekt, auf die Heraus-forderungen hin. „Der problemlose und mo-bile Zugriff auf erhobene Patientendaten ist ein enormer Schritt zu einer Beschleunigung und Vereinfachung der Behandlungsabläufe im Dialysebereich. Wir wollen – aufbauend auf diese Ergebnisse – jetzt weitere Schritte hin zu einer besseren individuellen Anpassung der Dialyseabläufe gehen.“

Neu entwickeltes System erfasst Biodaten – in EchtzeitFür das letztlich entwickelte System musste zu-erst die Netzstruktur genauestens geplant und ein geeignetes Monitoringsystem eingebun-den werden. Ein System zu �nden, welches die nötigen Anforderungen erfüllt, war dabei nicht einfach – denn die Hersteller der einschlägi-gen Geräte halten größtenteils die notwendi-gen Informationen über die Datenprotokolle zurück. Somit musste sich das Team anderwei-tig orientieren. Letztlich �el die Entscheidung auf das Biomonitoringsystem des Forschungs- und Transferzentrums (FTZ) der HTWK Leipzig: Es überwacht die wichtigsten Vitalparameter und nimmt gleichzeitig eine ausreichende Do-kumentation der Protokolle vor.Im Laufe des Projektes mussten auch immer wieder Verbesserungen durchgeführt werden,

zum Beispiel wurde das Gehäuse optimiert und das Zusammenspiel diverser Funktiona-litäten mit der Systemsoftware validiert und verbessert, aber letztendlich hat sich die Mühe gelohnt: Im Juni 2013 fand ein erfolgreicher erster Vortest im Klinikumfeld statt. Nach der Zustimmung der Ethikkommission und aus-führlichen Besprechungen mit Ärzten und For-schungspartnern wurde dann auch erstmals ein Test an Dialysepatienten durchgeführt; dabei konnte ein kompletter Dialysedurchlauf aufgezeichnet werden. Das prototypische Sys-tem mit I/O-Box und Monitoring-Server wurde in diesem ersten Feldtest den großen Erwar-tungen gerecht.

Die Zukunft liegt in individuellen DialyseabläufenSchaut man sich die Durchführung einer Dia-lyse an, die für die betroffenen Patienten zeit- und kräfteraubend ist, versteht man die Rele-vanz des Vorhabens. Mit Dialyse unerfahrenen Menschen wird es beim Betrachten der Dialyse-maschine mit den Schläuchen und dem großen Monitor schon etwas mulmig: Hier hindurch wird innerhalb von 4-5 Stunden das komplet-te Blut des Patienten gepumpt, es �ießt dabei an einer Membran vorbei, wird gereinigt und strömt wieder in den Patienten zurück. Für Dr. Beige ist das – wie für seine Patienten auch – ein gewohnter Anblick. Aber er gibt zu beden-ken: „Jeder Mensch ist anders. Und bei jedem laufen die Vitalfunktionen unterschiedlich ab, was dann auch noch von Tag zu Tag verschie-den sein kann. Dann kommen natürlich noch

die Lebensumstände der betreffenden Person hinzu. Letztlich ist klar: Auch die Dialysebe-handlung muss zukünftig individuell abge-stimmt sein. Nur so kann für den einzelnen Patienten höchstmögliche Behandlungs- und damit auch Lebensqualität erreicht werden.“

Die Projektpartner Privat-Dozent Dr. med. Joachim Beige (Interdisziplinäres Zentrum für Nierenkrankheiten am Klini-kum St. Georg Leipzig) und Prof. Andreas Pretschner (HTWK Leipzig). Im Foto links: Projektmitarbeiter Robin Kammel

Prof. Dr.-Ing. Andreas Pretschner

Studium der Verfahrenstechnik in Wrocław (Polen) und Magdeburg, 1987 promoviert mit einer Arbeit zur dynamischen Modellierung von Erwärmungsprozessen. 1985 bis 1989 Grup-penleiter am Institut für Energetik Leipzig, 1989-1993 Forschungsmitarbeiter an der TH Leipzig. 1993 Berufung auf die Professur für Automatisierungssysteme und Prozessleittech-nik an der HTWK Leipzig. Offene Systemstan-dards und Open-Source-Softwarelösungen stellen für ihn nicht nur im „Industrie 4.0“-Um-feld, sondern auch in der Medizintechnik den Schlüssel zum Erfolg dar.

[email protected]

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Gerät zur Kalibrierung von Blutdruckmessgeräten entwickeltSeit Anfang 2014 hat die MedServ GmbH in Leipzig, ein spezialisierter Dienstleister für Wartung und Service medizintechnischer Geräte, ein selbst entwickeltes Gerät im Angebot: Das zusammen mit der HTWK Leipzig entwickelte Kalibriergerät PANIB erleichtert und verkürzt die Prüfung von nichtinvasiven Blutdruckmessgeräten deutlich. „Mit meh-reren studentischen Forschungs- und Praxisarbeiten haben wir kontinu-ierlich an der Projektidee gearbeitet, die Kalibrierung durch einen auto-matischen Prüfablauf zu unterstützen“, erklärt Sebastian Guttke, der die Thematik an der HTWK Leipzig zusammen mit Prof. Laukner betreut hat. In mehreren Projekten wurden die Forschungsergebnisse nachgewiesen und ein Prototyp erstellt, der dann von der MedServ zur Marktreife wei-terentwickelt wurde: „Am Anfang hatten wir nicht gedacht, dass aus den Grundlagenforschungen ein serienreifes Produkt entsteht. Unsere Kol-legen, die vor Ort die Prüfungen durchführen, wollen inzwischen auf das Gerät nicht mehr verzichten. Das Kalibriergerät entspricht dem Leitfa-den für messtechnische Kontrollen, und wir sehen dafür durchaus einen Markt“, erklärt Dr. Claus Plättner, Geschäftsführer der MedServ GmbH. Im Bild (von links): Michael Lange, Daniel Gräfe (beide MedServ), Se-bastian Guttke (HTWK Leipzig) und Dr. Claus Plättner (MedServ) mit der ersten Serie des neuen Gerätes.

Kontakt: Dr. Claus Plättner, www.medserv-leipzig.de, Prof. Dr.-Ing. Matthias Laukner, [email protected]

„Strahlenfrei trainieren“ gewinnt IQ Innovationspreis LeipzigRöntgengestützte OPs ohne gefährliche Strahlung trainieren: das neu-artige Trainingssystem „FluoroSim“ (simulierte Fluoroskopie) der For-schungsgruppe ISTT (Innovative Surgical Training Technologies) hat den IQ-Innovationspreis Leipzig 2013 gewonnen und setzte sich damit gegen 18 Mitbewerber von verschiedenen Leipziger Forschungseinrich-tungen durch. Marc Hirschfeld, einer der Entwickler, erklärt: „Compu-tergestützte Röntgenmethoden werden bei vielen Operationen als bild- gebende Verfahren genutzt – und zwar nicht nur bei echten OPs, son-dern auch in der Aus- und Weiterbildung von Chirurgen. Diese durch das Training zusätzliche Dosis Röntgenstrahlung stellt eine Belastung für Chirurgen und das OP-Personal dar.“ Das neue System soll dabei helfen, diese Belastung durch die gefährliche Strahlung im Training zu verrin-gern: „Das FluoroSim-System bietet die Möglichkeit, erstmals Röntgen-OPs anhand von realistisch simulierten Röntgenbildern zu trainieren – und damit strahlenfrei. Teure Schutzmaßnahmen werden so unnötig.“ Marc Hirschfeld arbeitet im Rahmen der ESF-Nachwuchsforschergruppe „TOPINUS“ (vgl. Seite 25/TOPINUS und EINBLICKE 4/2013) an diesem Projekt und strebt dabei eine Promotion an. Der IQ Innovationspreis Leipzig wird von der Leipziger Stiftung für Innovation und Technologie-transfer in Zusammenarbeit mit dem Amt für Wirtschaftsförderung der Stadt Leipzig ausgelobt und ist mit einem Preisgeld in Höhe von 5.000 Euro dotiert. Im Foto: Marc Hirschfeld am FluoroSim-System.

Kontakt: www.istt.htwk-leipzig.de

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Gesundheit erhalten – Life Science & Engineering.

Arbeit an chirurgischen Modellen geht weiterÄrzte sollen schwierige OPs an realistischen haptischen Modellen üben können – das soll die Ausbildung von angehenden Chirurgen un-terstützen. Wissenschaftler der interdiszipli-nären Arbeitsgruppe ISTT (Innovative Surgical Training Technologies) am Forschungszentrum „Life Science and Engineering“ der HTWK Leip-zig entwickeln momentan solche Modelle (vgl. Forschungsmagazin 2013). Die zurzeit in Ent-wicklung befindliche Simulatorplattform soll nun in Folgeprojekten mit flexibel konfigurier-baren Krankheitsbildern bestückt werden kön-nen, um den Chirurgen zukünftig ein breites Trainingsportfolio zu ermöglichen. Mehrere Anträge dazu laufen. Momentan arbeiten die Forscher auch an einer neuen Generation von Modellen, die Gewebe realistisch nachbilden sollen (s. Seite 25/PascAL).

www.istt.htwk-leipzig.de

EINBLICKE. Forschungsmagazin 2014

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Gesundheit erhalten – Life Science & Engineering.

Knochen aus dem 3D-Drucker?

Kontakt: Prof. Dr.-Ing. Fritz-Peter Schulze, [email protected]

Mithilfe von Knochenersatzmaterialien können Chirurgen komplizierte Brüche auch dann behandeln, wenn Knochensubstanz verlorengegan-gen ist. Der Knochen wächst dann – idealerweise – um das Implantat herum und integriert es. „Ab einem gewissen Abstand der Knochen-enden zueinander bzw. zum Implantat ist es aber notwendig, die Neu-bildung von Knochenzellen mit aktiven Komponenten zu stimulieren“, so Prof. Peter Schulze (HTWK Leipzig). Die homogene Zumischung der aktivierenden Substanzen (Enzyme, Wachstumsfaktoren etc.) während des Verarbeitungsprozesses ist – etwa wegen der thermischen Emp�nd-lichkeit – herausfordernd. Wissenschaftler um Prof. Schulze kooperieren auf diesem Gebiet mit Fachleuten der Pharmazeutischen Technologie von der Universität Leipzig: „Das 3D-Rapid-Prototyping-Verfahren wird durch unsere Entwicklung auf die Randbedingungen der Wirkstoffe an-gepasst. Damit kann außer den positiven Materialeigenschaften eine poröse Struktur mit de�nierten Hohlräumen in die Implantate integriert werden, auf der sich die Zellen besonders wohl fühlen“, so Prof. Schulze. Im Bild: Prof. Peter Schulze (rechts) und Projektmitarbeiter Tobias Flath.

Unser TitelfotoUnser Titelfoto zeigt Tobias Pilic, Absolvent der Elektrotechnik (M.Sc.) an der HTWK Leipzig. Tobias Pilic arbeitete bereits während seines Studi-ums als wissenschaftliche Hilfskraft am Forschungszentrum und ist seit 2013 Projektmitarbeiter in der Nachwuchsforschergruppe PascAL (s. Seite 25). Er arbeitet an einem Wet-Lab-Simulator für die Herzchirurgie. Angehende Assistenzärzte des Herzklinikums Leipzig sollen damit den Ersatz der Aortenklappe üben. Neben Tobias Pilic als Ingenieur sind eine Medizinerin der Universität Leipzig und ein studentischer Mitarbeiter in dieses Teilthema involviert.

„Power to the people!“In den USA ist das in den 1930er Jahren von Saul Alinsky in Chicago entwickelte „Community Organizing“ längst als eine Herangehensweise zur Partizipation von Bürgerinnen und Bürgern an politischen Entscheidungsprozessen etab-liert: Sowohl Arbeitskämpfe für Gewerkschaf-ten als auch Präsidentschaftswahlkämpfe wer-den damit geführt. Der Ablauf: den Betroffenen aktiv zuhören – Lösungen und Ansprechpartner �nden – über Lösungen gezielt verhandeln – dauerhaft handlungsfähige, demokratische Strukturen aufbauen. „Das Ziel ist letztlich, dass Menschen durch solche Prozesse so hand-lungsmächtig werden, dass sie ihre Lebenswelt nachhaltig zum Positiven verändern können –

dies ist natürlich sehr spannend für die Soziale Arbeit“, erklärt Professor Lothar Stock, der sich in der letzten Zeit intensiv mit der Geschich-te der Community-Organizing-Bewegung in Deutschland beschäftigt hat. „Die Unterschiede zu den Ursprüngen in den USA sind sehr deut-lich. In Deutschland ist der Ansatz von Alinsky viel stärker in der Sozialen Arbeit verankert, Stichwort ‚Soziale Stadt‘. Aber momentan wird das Konzept auch in anderen gesellschaftlichen Zusammenhängen wie Gewerkschaften, Kirchen oder der Wissenschaft verstärkt rezipiert.“

Kontakt: Prof. Dr. phil. Lothar Stock, [email protected]

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Greif zu, Kollege Roboter!Schneller von der Forschung ins Labor: Automatisierungssystem für Diagnostik und Analytik in der Biomedizin

Routinearbeiten im Labor, etwa bei der Unter-suchung von Proben, sind häu�g monoton und ermüdend – immer mehr dieser Aufgaben wer-den daher durch automatisierte Systeme erle-digt. Professor Tilo Heimbold, der Prozessleit-technik und Prozessführung lehrt und auch im Bereich der Automatisierungstechnik forscht, ordnet diese Entwicklung ein: „Automatisie-rungslösungen setzen sich in der Laborarbeit in immer mehr Bereichen durch, sowohl in Forschung als auch in medizinischen und bio-technischen Anwendungen.“ Aber gerade beim Übergang von der Forschung im Labor hin zur kommerziellen Nutzung gibt es häu�g Proble-me: „Während die zu bearbeitenden Mengen in der Forschung meist relativ überschaubar sind, steigt der Durchsatz mit der Markteinführung eines Verfahrens an und kann sich später bis hin zu einem Hochdurchsatzverfahren steigern – und für diesen Fall fehlte uns ein System, das mit unsern Kunden mitwächst“, erklärt Olaf Brenn, Geschäftsführer der Leipziger Kapelan Bio-Imaging GmbH, der Spezialsoftware an-bietet – etwa für Firmen aus der wachsenden Biotechnologie-Branche.

Gemeinsames VorhabenAus diesem Grund arbeitete Olaf Brenn zusam-men mit Prof. Heimbold in einem gemeinsamen Projekt am Forschungs- und Transferzentrum

der HTWK Leipzig an der Entwicklung eines geeigneten Systems. Der dritte Projektpartner war die biostep GmbH aus Jahnsdorf/Erzgebir-ge. Deren Geschäftsführer Heiko Mixtacki er-klärt: „Wir bieten unter anderem Bio-Imaging-Systeme für die Verarbeitung von Bilddaten an. Von Keimzahlbestimmungen über Anwendun-gen in der Medizin bis zu völlig neuartigen Bio-Tech-Verfahren: Immer geht es dabei darum, Veränderungen in Proben optisch zu erfassen.“

Ziel: ein modulares System für LaboranwendungenWährend des gemeinsamen Projekts entwickel-ten die Partner ein modulares, beliebig erwei-terbares Gesamtsystem. Die Funktionsweise: Ein spezielles Greifsystem nimmt die Behält-nisse (Petrischalen oder Mikrotiterplatten) aus einem der „Archivtürme“ und transportiert sie zur beleuchteten Arbeits�äche. Dort nimmt eine Kamera oder ein Scanner die Daten auf, die dann weiterverarbeitet und ausgewertet werden. Dann können die Behältnisse zurück-transportiert werden – alles automatisiert und schnell, dabei präzise und reproduzierbar.

Prototyp dank TeamarbeitDie Entwicklung war eine echte Teamarbeit: Die Hardware und die Steuerung für die Trans-portlösung wurde am FTZ der HTWK Leipzig

entwickelt, das Kamerasystem und die opti-sche Detektionseinheit lieferte biostep; und die Software zur Bedienung und Auswertung vom PC aus kommt von Kapelan Bio-Imaging.Der entwickelte Prototyp ist für den Massen-durchsatz unter regulierten Bedingungen für Pharmaunternehmen (GLP) ausgelegt. Das nächste Ziel der beteiligten Firmen ist, aus dem Prototyp ein marktreifes Produkt zu entwickeln – das mit den Firmen der Biotech-Branche mitwachsen kann.

Kontakt: Prof. Dr.-Ing. Tilo Heimbold , Forschungs- und Transferzentrum e.V. an der HTWK Leipzig, [email protected]

Die Projektpartner Prof. Tilo Heimbold, Heiko Mixtacki und Olaf Brenn (von links)

Laboringenieur Dipl.-Ing. (FH) Martin Flügge prüft die Motorsteuerung des Prototyps.

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Informationen erschließenMedien & Information

Medial gestützte Kommunikation undInformation in der Wissensgesellschaft

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Medial gestützte Kommunikation undInformation in der Wissensgesellschaft

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„Drucken ist Beschichten“Mithilfe von Drucktechnologien könnten in Zukunft funktionale Schichten, etwa für Batterien, RFID-Chips, Lautsprecher oder andere elektronische Bauteile, deutlich schneller und kostengünstiger als bisher hergestellt werden. Doch bevor diese Vision Wirklichkeit werden kann, müssen erst einmal grundlegende Fragen gelöst werden – wie die nach einem effektiven Qualitätssicherungsverfahren für den Druck funktionaler SchichtenText und Fotos: Stephan Thomas

Es ist ein Allgemeinplatz – die Druckbranche ist in einer Krise. Denn die „digitale Wende“ gab es in der Druckbranche gleich doppelt: Einmal durch die Ablösung traditioneller Be-lichtungsverfahren durch die digitale Druck-vorstufe, wodurch bereits ganze Industrie-zweige über�üssig wurden. Und dann die Verbreitung von Inhalten in digitaler Form,

welche die Nachfrage nach gedruckten Inhal-ten steil nach unten sinken ließ. Druckereien, Druckmaschinenbauer, Papierproduzenten: Probleme, Absatzschwierigkeiten, Engpässe allerorten. Gerade deshalb wird in der Branche über zukünftige Nutzungsideen intensiv nach-gedacht. Ulrike Herzau-Gerhardt, Professorin für Druckprozesse: „Eine Krise ist auch die Gelegenheit, Bisheriges in Frage zu stellen. Und natürlich: Wir müssen das Drucken neu denken. Drucken ist nicht mehr die schnelle Bereitstellung von Information in Form eines gedruckten Textes, das können elektronische Medien heute schneller. Die Funktion des Dru-ckens wandelt sich, Drucken übernimmt heute andere Funktionen: etwa das Bedrucken von Verpackungen, das schon seit längerer Zeit im Fokus der Drucker steht. Letztlich müssen wir los von der Idee, Drucken sei nur Text und Bild in hochwertigster Form. Es ist viel einfa-cher, aber auch viel technischer: Drucken ist Beschichten“, so Herzau-Gerhardt. „Und die dafür notwendige Technik haben wir schon, wir müssen sie nur anpassen.“Letztlich geht es um die Anpassung von etwas Bestehendem an neue Rahmenbedingungen. Genau das kann angewandte Forschung leis-ten: Sie liefert praxisnahe Lösungen, indem sie Bestehendes nur teilweise verändert, aber völlig neu einstellt. „Die Besonderheit liegt darin, eben den sogenannten Blick über den Tellerrand zu wagen“, so Herzau-Gerhardt, „um völlig neue Anwendungsgebiete für be-stehende Techniken �nden zu können.“

Moderne Beschichtungs- verfahren ermöglichenElektronische Bauteile wie Leiterplatten, Kondensatoren oder Spulen werden heute in einem präzisen, aufwändigen und teuren Ver-fahren z.B. im Hochvakuum geätzt und mit Me-talloxiden bedampft.

„Die notwendige Technik haben wir schon, wir müssen

sie nur anpassen“

Aber eine Herstellung mit Druckverfahren würde sowohl die Herstellung extrem be-schleunigen als auch die Preise für die daraus bestehenden OLEDs, RFID-Chips oder �exiblen Batterien extrem senken. Egal ob singende Verpackungen, leuchtende Wände, Fitnesstrai-ner im T-Shirt, Einweg-Bluttests für Ärzte: das ist heute bereits denkbar und auch technisch möglich, aber für einen Einsatz in großem Stil noch schlicht zu teuer. Sollten die für diese Anwendungen nötigen elektronischen Bau-teile jedoch in kostengünstigen Druckverfah-ren hergestellt werden können, wäre das alles plötzlich erschwinglich und im Masseneinsatz denkbar.

Nanobereich ist Neuland für DruckbrancheDoch diese angestrebte Win-win-Situation –neue Anwendungsfelder für den Druck hier, günstigere Verfahren zur Herstellung von Elektronik dort – hat einen großen Haken: die

Prof. Dr.-Ing. Ulrike Herzau-Gerhardt

1973-1977 Studium der Verfahrenstechnik an der TH Merseburg, danach Projektarbeit für die Filmfabrik Wolfen. Promotion zum Thema „Hy-drodynamische Instabilitäten von Mehrschich-tenströmungen“, 1983-1992 Lehrtätigkeit an der TH Leipzig (Sektion Polygraphie), Mitarbeit in Forschungsprojekten auf dem Gebiet der Farbübertragung in Offsetdruckmaschinen. Seit 1992 Professur für Druckprozesse an der HTWK Leipzig. De�nitiv zu dick �ndet sie die Schicht zu erledigender Dokumente auf ihrem Schreibtisch.

[email protected]

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Drucktechnik ist darauf gar nicht vorbereitet. „Für den Druck war es bisher nie nötig, exakt bis zum letzten Nanometer zu wissen, wie dick eine Farbschicht tatsächlich ist, solange der Eindruck im menschlichen Auge stimmte und jedes Farbfeld an der richtigen Stelle war“, so Prof. Herzau-Gerhardt. In üblichen Druck-verfahren – etwa dem Offsetdruck – wird eine gewisse Menge Farbe von Walzen auf den Be-druckstoff übertragen. Die Prüfung erfolgt dabei ausschließlich nach optischen Kriterien (visuell oder messtechnisch): „Das ist auch verständlich, denn das Ergebnis muss ja rein optisch stimmen“, fährt Herzau-Gerhardt fort. „Aber für elektronische Elemente ist das anders: Sind die aufgetragenen Schichten in-homogen, sind die Schichtdicken also nicht konstant oder kommt es sogar zu Fehlstellen, dann führt das zu Einschränkungen der Funk-tionalität bis hin zu Produktausfällen. Daher kommt es hier nicht auf die Optik, sondern auf die tatsächliche Schichtdicke an – auf Na-

nometer genau. Für die Druckbranche ist das Denken in so kleinen, nanoskaligen Dimensio-nen aber Neuland.“

Eine Herausforderung für die QualitätskontrollePlatzt so der Traum von der Vereinbarkeit von Druckverfahren und Elektronik? Nein, sondern nur der Traum davon, dass die Vereinbarkeit keine Mühe kostet. Für Prof. Herzau-Gerhardt und ihre Mitarbeiter hat die Arbeit erst be-gonnen. Unterstützt von Industriepartnern forschen sie in einem gemeinsamen Projekt daran, ein Prüfverfahren zu entwickeln, mit dem man funktionale Schichten auch im Nano-Bereich überprüfen kann. Eine der Herausfor-derungen dabei: Einerseits sollen die funktio-nalen Schichten nicht nur auf Papier, sondern auch auf andere Substrate gedruckt werden. Vor allem Glas, aber auch Kunststoffe sind hier interessant. Gefragt sind bei der gedruckten Elektronik vor allem �exible Materialien wie

Folien aus PET oder PE sowie PVC. Das Subst-rat an sich ist nicht problematisch, dafür gibt es bereits Lösungen für die Bedruckbarkeit mit den verschiedensten Beschichtungsmit-teln. Doch die Funktionalität des Endproduk-tes ist häu�g erst gewährleistet, wenn meh-rere Schichten übereinander gedruckt sind. Transparenz ist da wegen des zu erzeugenden Effektes (z. B. für Leucht�ächen) zwingend. Das bedeutet: Transparent gedruckt auf trans-parentem Untergrund – und das in mehreren dünnen Schichten übereinander. Das ist na-türlich eine Herausforderung für die Qualitäts-kontrolle.

Das Ziel: Prüfverfahren für den NanobereichDas Ziel des Projekts ist, ein Prüfverfahren für Funktionsschichten im Nanobereich zu entwi-ckeln, das sich auch mit möglichst geringem Aufwand in bestehende Druckmaschinen inte-grieren lässt – wie das für die optische Kont-rolle ja längst üblich ist. Unterstützt wird das

Die per Druckverfahren aufgetragene funktionale Schicht (erkennbar sind z.B. Antennen) ist hier noch zu sehen, nach dem Lasersintern soll sie durchsichtig sein. Wie die Qualität dieser gedruckten Schichten bewertet werden kann, wird in einem Forschungsprojekt an der HTWK Leipzig untersucht

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Projektteam durch die Firmen Evonik Degussa GmbH sowie Nanofokus AG. Die Evonik Degussa stellt modi�zierte, transparente, funktionale Beschichtungsmaterialien bereit, die Nano-fokus AG berät zur messtechnischen Lösung. Dabei ist es durchaus nicht so, dass das Team bei Null angefangen hat. Es handelt sich beim laufenden Projekt nicht um eine neue Idee, sondern die Zielrichtung ist das Ergebnis lang-jähriger Voruntersuchungen seit ca. 2004. Im Bedrucken von Glas, Kunststofffolien wie beispielsweise PET und anderen Materialien gibt es bereits vielfältige Erfahrungen. Das Druckverfahren, das sich in den bisherigen Versuchen als geeignet erwiesen hat, ist der Flexodruck – aber auch an Offset- und Tief-druckverfahren wird weiter gearbeitet.Das Projektteam hatte sich für die ersten Tests im aktuellen Projekt auf PET-Folie festgelegt. Und inzwischen sind die Mitarbeiter damit ein ganzes Stück vorangekommen. „Die Pro-zessparameter für das Bedrucken von PET-Folie

mit nanoskaligen ITO-Schichten sind inzwi-schen so eingestellt, dass der Druckvorgang optimal ablaufen kann: Parameter wie Ge-schwindigkeit, Kräfte zwischen den Druckwal-zen und die Einstellung der Rakeleinrichtun-gen stimmen, die viskosen Eigenschaften der Beschichtungsmittel sind angepasst“, erklärt Projektmitarbeiter Frank Hilscher. Damit ist es bereits jetzt möglich, eine homogene Schicht mit einer Schichtdicke von 500 bis 1000 Nano-metern einzustellen.

Integration der Verfahren in die DruckmaschineFrank Hilscher weiter: „Die industrielle Mess-technik ist soweit optimiert, dass sie solche niedrigen Schichtdicken erkennen kann. Auch ein erster Test – der Einbau in eine Probedruck-maschine für den Flexodruck – ist bereits ab-solviert und hat erstaunlich gut funktioniert.“ Das langfristige Ziel ist, dass die Messtechnik zukünftig bei festgestellten Problemen in Ver-

bindung mit entsprechender Steuerungstech-nik für die Änderung der Parameter direkt in der Maschine genutzt werden kann – ein für traditionelle Druckverfahren bereits gängiges, sogenanntes Inlinemessverfahren zur Kontrol-le der übertragenen Farbmengen.Auch die Projektpartner sind vorsichtig op-timistisch. „Wir denken auch an weitere, so-fort mögliche Anwendungsmöglichkeiten der Messtechnik – etwa zur Kontrolle von transpa-renten Lackschichten, die bei der Veredelung von Printprodukten vor allem im Bereich der Verpackungen inzwischen häu�g verwen-det werden“, so Professor Herzau-Gerhardt. „Und wenn in Zukunft Druckverfahren für die Herstellung industrieller Produkte wie elek-tronischer Bauteile genutzt werden können, verschwindet hoffentlich dieser angebliche Antagonismus zwischen Gedrucktem und Digi-talem. Drucken ist doch längst Hightech.“ Und ermöglicht bald noch mehr Hightech.

Projektmitarbeiter Frank Hilscher und Prof. Ulrike Herzau-Gerhardt im Labor bei der Schichtdickenmessung

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Wasserlos und ef�zient: Institut iP3 Leipzig forscht zu DruckverfahrenDer wasserlose Offsetdruck ist ein hochmoder-nes und qualitativ hochwertiges Druckverfah-ren, das sich momentan in immer mehr Berei-chen durchsetzt: „Im Gegensatz zum üblichen Nassoffsetverfahren wird hier ein Prozesse-lement weniger benutzt – außerdem sind die Trockenzeiten des bedrucktem Materials viel kürzer, dazu kommt ein geringerer Energiever-brauch“, erklärt Prof. Ulrike Herzau-Gerhardt (Fachgebiet: Druckprozesse) vom Institut iP3 Leipzig. Das Institut deckt die gesamte Pro-zesskette des Druckens ab – und ist daher für viele Firmen der Druckbranche ein wichtiger Ansprechpartner, wenn es um Know-How aus der Wissenschaft geht. In einem gemeinsamen Projekt mit dem Druckmaschinenhersteller KBA, der Kübler & Niethammer Papierfabrik Kriebstein AG sowie mehreren Farbherstellern und großen Druckereien haben die Mitglieder des Instituts seit Sommer 2012 daran mitgear-beitet, den wasserlosen Offsetdruck in Zukunft noch qualitativ besser zu machen: „Das beste-hende Verfahren soll natürlich immer auf dem aktuellen Stand der Technik gehalten und neue Ef�zienzpotentiale gehoben werden“, erklärt Prof. Herzau-Gerhardt. In dem Projekt ging es darum, aus der Vielzahl der möglichen Ein-�ussfaktoren auf den wasserlosen Offsetdruck die relevanten herauszupicken: „Ohne das nö-tige Wissen wäre das wie das Suchen mehrerer

beweglicher Nadeln in einem sich bewegenden Heuhaufen“, erklärt Prof. Lutz Engisch, Leiter des Instituts iP3 Leipzig. „Aber auch dank der engen Zusammenarbeit unter den Kollegen aus den Gebieten Druck und Verpackung sowie mit dem Analytischen Zentrum der HTWK Leipzig ist es uns gelungen, mit erweiterten statistischen Verfahren zum Ziel zu kommen.“ Die Erkennt-nisse �ießen nun in die Weiterentwicklungen der Partner auf ihrem jeweiligen Gebiet ein.

Kontakt: Prof. Dr. rer. nat. Lutz Engisch, Institutsleiter iP3 Leipzig, [email protected]

Zeitgemäß: Die „Serbske Nowiny“ in neuem LayoutDie „Serbske Nowiny“ (gegründet 1842 in Bautzen) ist heute die ein-zige Zeitung in obersorbischer Sprache und hat etwa 1.500 Abonnen-ten. Die Sorben in Brandenburg und Sachsen sind eine der anerkannten Minderheiten in Deutschland. In Umfragen hatte der Verlag in Bautzen herausgefunden, dass vor allem die jüngeren Leser ein moderneres und frischeres Layout wünschten – und schließlich sollen gerade aus sprach-politischen Gründen auch jüngere Leser angesprochen werden Im Rah-men einer Masterarbeit von Aileen Burkhardt, betreut von Prof. Christi-an Ide, wurde dieses Projekt begleitet: „Eine besonders große Hürde war hier die Unterstützung der sorbischen Sprache, die nicht zum Standard-zeichensatz einer jeden Schriftart zählt“, erklärt Prof. Ide. In Scribbles (s. Bild), also schnellen Skizzen, die bei der Abschätzung der Wirkung helfen, tastete man sich heran und löste sehr viele Detailprobleme. Das Ergebnis lag am 11. November 2013 im Briefkasten der Abonnenten und kann sich sehen lassen: ein übersichtliches, deutlich leichteres Layout mit besserer Blickführung für den Leser. „Wir wünschen zahlreiche neue Abonnenten“, so Prof. Ide. Kontakt: Prof. Christian Ide, [email protected]

Im Bild: Klammern für Fördertechnik im Zeitungsdruck (oben) und Konterstreifen vom Wegschlagtest (rechts). Mit solchen Prüfmethoden wird das Trocknungsverhalten von Farben getestet

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Stadtgrün als Zeichen individueller TrauerVor Allee- und Parkbäumen Schilder, Topfblumen oder Öllichter – das Umfeld alltäglicher Fußwege wandelt sich. Mit dem Blick darauf, wie Privatpersonen öffentliches Grün mit Bedeutung au�aden, beschritt Prof. Markus Walz Forschungsneuland.Text: Markus Walz

„Die Forschungsthemen liegen auf der Stra-ße“, so lautet eine beliebte kulturwissen-schaftliche Redensart. Manchmal wachsen sie dort: Nicht nur in Leipzig vermehren sich Spendenschilder an P�anzen im öffentlichen Raum; die Bereitschaft der Öffentlichen Hän-de, gegen eine Geldspende einen Text nach Wunsch der Spendenden anzubringen, führt – neben mancherlei Grüßen und Firmenwerbung – auch dazu, Bäume im öffentlichen Raum dem privaten Totengedenken zu widmen.

Spendenschilder tragen private MitteilungenEine Fachtagung der Schwabenakademie Irsee zum Rahmenthema „Tod – Gedächtnis – Land-schaft“ im November 2012 bot den Anreiz, sich näher mit diesem Phänomen zu befassen, das auch an den Forschungspro�len der HTWK Leip-zig anschließt: Die Spendenschilder sind dau-erhafte Medien zur Veröffentlichung privater Mitteilungen, die Textanalyse erschließt Anlie-gen und Sinn der präsentierten Informationen.

Was als kleine „Forschungsgymnastik“ be-gann, erreichte mehrschichtige Aufmerksam-keit: Nachfragen aus dem Kollegium, was man so forsche, sollte ein öffentlicher Abendvor-trag in der HTWK beantworten – bei dem auch ein Mitarbeiter der Stadtgrün-Verwaltung teil-nahm; Tagungsberichte aus Irsee verschafften Einladungen zum Vortrag an der Königlichen Akademie der Wissenschaften in Amsterdam für März 2013 und zu einem weiteren Tagungs-beitrag an der Robert-Schumann-Hochschule

links: Gedenkbaum im Leipziger Rosental mit aufwän-digem Schmuck. Die Widmung lautet: „Für Greta Madita (2004-2012). Große Kämpferin, wir werden dich immer in unseren Herzen tragen.“

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Düsseldorf im November 2013. Das nieder-ländische Interesse speiste sich einerseits aus der Meinung, dass Deutsche ein besonderes Verhältnis zum Wald p�egen, andererseits aus einer dortigen Forschung über den nationalen Gedenkort für Krebstote „Königin-Wilhelmina-Wald“ bei Dronten. Das in Düsseldorf beteiligte Kuratorium Deutsche Bestattungskultur fun-giert als Informationsagentur des Bestatterge-werbes und zog dementsprechend ein stärker kommerziell interessiertes Publikum an. Vor-tragsanfragen aus dem kirchlichen Milieu zei-gen weitere, vom Wandel der Bestattungs- und Trauerkultur betroffene und deswegen inter-essierte Kreise. Totengedenkbäume schließen an aktuellen Themen an: Die Kapitalknapp- heit der Öffentlichen Hände führt zur Er-schließung neuer Geldquellen, auch mit Kre-ation symbolischer Gegenwerte – wenn man gegen Spenden mit einem Theatersitz, einem Museumssaal oder einer Fuge im Turmstumpf der Berliner Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche identi�ziert werden kann, dann auch mit ei-nem Alleebaum.

Eine neue Materialisierung in einer zunehmend digitalisierten WeltDie abnehmende Neigung, Familiengräber auf dem Friedhof zu pachten und zu p�egen, benö-tigt ein Ventil für den Wunsch, den Verlust ei-nes geliebten Menschen mit einem bestimmten Ort zu verbinden. Angesichts der zunehmen-den Digitalisierung von Alltagsnachrichten überraschen individuelle Kurznachrichten als unveränderlich in der Öffentlichkeit stehende Texte. Als empirische Untersuchungsgrundla-ge dienten persönliche Besuche an vier Orten mit Aufzeichnung aller vorgefundenen Spen-denschilder, wobei der Stadtpark Norderstedt (Schleswig-Holstein) ausschied, da kein Toten-gedenken vorgefunden wurde. Es verbleiben das seit 1996 laufende Programm „Baumstarke Stadt“ der Stadt Leipzig, die seit 2003 in der Gemeinde Schaafheim, Kreis Darmstadt-Die-burg, statt�ndende Aufforstung eines „Jubi-läumswalds“ und, ganz ähnlich, seit 2006 in der Stadt Bergkamen, Kreis Unna; Bergkamen verknüpft „alte“ und „neue“ Medien der Trau-ernachricht, da die Tageszeitung „Hellweger

Anzeiger“ den Spendentext zusätzlich als Fa-milienanzeige veröffentlicht. An allen Orten ist der Textinhalt nicht vorstrukturiert, sodass Totengedenken nur ein Thema unter mehre-ren darstellt. Die Textanalyse zeigt, dass Fans nur selten Totengedenkbäume setzen, obwohl mehrere Arbeitsplätze Verstorbener einen Ge-denkbaum vor die Tür bekamen, vor der Leip-ziger Musikhochschule ein dem Namenspatron Felix Mendelssohn Bartholdy gewidmeter Baum steht und sich neben dem Grab des Musikers Klaus Renft ein privater Kommentar in Form eines Spendenschildes be�ndet. Die überwältigende Mehrheit stellen die nächsten Angehörigen und damit diejenigen, von denen die Gesellschaft bereits andere Mitteilungen ihrer Trauer erwartet. In bester Parallele zu Familienanzeigen, individueller Briefpost und Grabsteinen tragen die Baumspendenschilder zumeist konfektionierte Beziehungsaussagen nach dem Muster „in liebender Erinnerung“, möglicherweise ergänzt um gängige Sinn-sprüche.

Ein individueller Ort für TrauerDer Wunsch, individuelle Trauer an einen be-stimmten Ort zu binden, folgt der gegenwärti-gen Ratgeberliteratur zum Trauerfall; die Ver-öffentlichung der Trauer erschöpft sich nicht im Spendenschild, wie insbesondere die Leip-

ziger Beispiele zeigen: Mitbringsel an Toten-gedenkbäumen belegen absichtsvolle Besuche dieses Orts, wobei dasselbe Materialrepertoire wie bei Gräbern, spontanen Erinnerungsorten für Gewalttaten und bei Unfallkreuzen bedient wird. Besonders auffällig ist dieses Verhaltens-muster auf dem durch nächtliche Schließzeiten geschützten Areal des Leipziger Südfriedhofs, wo an jedem dritten Totengedenkbaum solche Mitbringsel vorzu�nden sind. Konventionelle Tage für Friedhofsbesuche, von Heiligabend über Muttertag bis Ewigkeitssonntag, bewegen auch frische Mitbringsel an die dortigen Toten-gedenkbäume. Das Ende kultureller Entwick-lung ist damit gewiss noch nicht erreicht. Die Fangruppe, die den Michael-Jackson-Gedenk-baum auf dem Leipziger Augustusplatz �nan-zierte, sammelt inzwischen selbst Spenden zur Ausgestaltung des Baumumfelds und bietet als symbolische Gegenwerte Kieselsteine mit auf-gemalten Namen der Spendenden an, die am Baum niedergelegt werden. Materialisierungen des Totengedenkens vermehren sich, allen Pro-phezeiungen virtualisierten Alltags zum Trotz, und färben öffentliche Parks neu ein.

Prof. Dr. Dr. Markus Walz

Studium der Volkskunde an der Universität Bonn, geschichtswissenschaftliches Promoti-onsstudium an der Universität Osnabrück. Seit 2001 an der HTWK Leipzig, Inhaber der Profes-sur Theoretische und Historische Museologie an der Fakultät Medien. Emp�ndet Totenge-denkbäume als Nötigung zu einem gewissen Voyeurismus – zum Beispiel zwei Bäume in gehöriger Entfernung, die an dieselbe Person erinnern sollen, einer „von seiner Mam“, der andere von „Dein Paps und Familie“.

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Das „Sprachzentrum“ für die kommunizierende StraßenbeleuchtungEine Straßenbeleuchtung, die selbständig die Umgebungssituation erkennt und die nötige Beleuchtung automatisch einstellt: Das ist technisch bereits realisierbar. Einen Prototyp der dafür erforderlichen IT-Infrastruktur haben Wissenschaftler der HTWK Leipzig erstelltText und Fotos: Stephan Thomas

Die Erde von oben bei Nacht – eine große, schwarze Kugel, übersät von vielen hellen Punkten: an ihnen kann man erkennen, wo „das Licht noch an ist“. Die Umrisse von dicht besiedelten Regionen, z.B. Europa oder Asien, und die Lage großer Städte sind klar zu erken-nen. Die ständige Beleuchtung ist ein Zeichen von Wohlstand – aber verursacht vor Ort auch Kosten. „Die Stadtbeleuchtung muss – um die Verkehrssicherheit zu gewährleisten – an klar

de�nierten Stellen entsprechend den gültigen Normen und Vorschriften immer ausreichend sein. Das ist eine kommunale Aufgabe“, sagt Rainer Barth, Abteilungsleiter Stadtbeleuch-tung beim Verkehrs- und Tiefbauamt der Stadt Leipzig. „Die Stadt Leipzig verfolgt schon seit Jahrzehnten die Strategie des ef�zienten Ener-gieeinsatzes in der öffentlichen Beleuchtung unter Verfolgung des Grundsatzes einer �ä-chendeckenden und durchgängigen Beleuch-tung des öffentlichen Raumes. Natürlich über-legen wir und auch andere Kommunen, wie mit neuen modernen Technologien Energie und damit Geld einspart werden kann. Energieef-�ziente Straßenbeleuchtung ist ein aktuelles Thema unserer Zeit geworden. Durch die rasan-te Entwicklung der LEDs und der zunehmenden Leistungsfähigkeit haben diese Module Einzug in die Außenbeleuchtung gefunden. Mit der LED ist ein ganz neues Beleuchtungsmittel auf den Beleuchtungsmarkt gekommen. “

LEDs ermöglichen höhere FlexibilitätLEDs (lichtemittierende Dioden) sind Halblei-terbauelemente, die bei Stromdurch�uss Licht aussenden. Sie sind durch einen hohen Wir-kungsgrad energiesparend, haben eine lange Lebensdauer, sind klein und robust – und sie sind in einem viel größeren Bereich dimmbar als die bisher üblichen Natriumdamp�am-pen. „Durch diese Lampensysteme mit vielen kleinen, einzeln digital ansteuerbaren LEDs wird es möglich werden, Licht bedarfsgerecht im öffentlichen Raum einzusetzen und durch

eine stufenlose Dimmung kann die Beleuch-tungsintensität je nach Beleuchtungsaufga-be verändert werden und gleichzeitig werden höhere Standzeiten, also eine längere Le-bensdauer, erreicht“, so Rainer Barth. „Diese Vorteile könnten wir uns zukünftig zunutze machen, um den Energieverbrauch noch ein-mal deutlich zu reduzieren – und die Stra-ßenleuchten in Abhängigkeit der jeweiligen Verkehrssituation und den vorherrschenden Witterungsbedingungen zu betreiben. Ein solches System müsste natürlich zuverlässig und sicher alle wichtigen Situationen erken-nen und verschiedene Lichtszenarien einstel-len können.“ Außerdem muss es mit dem be- stehenden Steuerungssystem der Straßenbe-leuchtung verknüpft werden können.

Projektziel: Grundlagen für ein automatisches SystemDie Grundlagen für ein solches System zu erar-beiten, war Ziel eines gemeinsamen, vom Bun-deswirtschaftsministerium geförderten For-schungsvorhabens von mehreren Partnern aus Wirtschaft und Wissenschaft, die im ZIM-Netz-werk „Intelligente LED-Beleuchtungstechnik“ zusammenarbeiten. Projektpartner waren die Caralux LED- und Neonlichttechnik GmbH (ver-antwortlich für die LED-Leuchten), evermind GmbH (Software), Geo Sys Umwelttechnik und Geogeräte GmbH Leipzig (Sensorik), die TU Berlin, Fachgebiet Lichttechnik (Entwicklung von Normen und Planungswerkzeugen) und die HTWK Leipzig. „Unsere Aufgabe im Projekt

Prof. Dr. rer. nat. Klaus Bastian

Studium der Mathematik und Rechen-technik an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, wiss. Assistent an der Ingenieurhochschule Leipzig und später der Technischen Hochschule Leipzig, Promotion zu einem Thema der Approximationstheorie, seit 1993 Professor für Systemprogrammierung an der HTWK Leipzig. Interessiert sich – neben interaktiven Leuchten – für Interaktionen in Computerspielen, wenn es da um „echtes Spielgeld“ geht.

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war die Entwicklung eines Kommunikations-systems, das die Sensorik mit der Steuerung der neuartigen LED-Lampe verknüpft und dann idealerweise die nötigen Helligkeitswer-te erreicht – also quasi das ‚Sprachzentrum‘ für die kommunizierende Straßenbeleuchtung“, erklärt Prof. Klaus Bastian, der an der Fakul-

tät Informatik, Mathematik und Naturwissen-schaften der HTWK Leipzig zu Systemprogram-mierung lehrt und forscht. „Außerdem haben wir Testuntersuchungen in der Wolfgang-Hein-ze-Straße durchgeführt, die in unmittelbarer Nähe zur Hochschule gelegen ist.“ Diese Stra-ße wurde gezielt ausgesucht: eine typische innerstädtische Erschließungsstraße mit Au-toverkehr, Bussen und Straßenbahnen. Quasi der „Normalfall“ – und dennoch eine komplexe

Herausforderung: „In dieser Straße konnten wir natürlich durch den starken Verkehr nicht so starke Einsparungen erzielen, weil es immer hell sein muss. Wir haben uns dennoch für die-se Straße entschieden, um eben das Verhalten des Systems in unterschiedlichen Verkehrssi-tuationen testen zu können“, so Klaus Bastian.

Funktionsweise: Passendes Licht in EchtzeitDas von den Wissenschaftlern entwickelte und in verschiedenen Szenarien getestete System funktioniert laut Projektmitarbeiter Alexander Zahn (HTWK Leipzig) so: „Die an den Leuch-tenmasten – oder perspektivisch sogar im Lampenkopf – verbaute Sensorik erkennt die Situation in der Umgebung: Etwa ob sich eine Straßenbahn, ein Bus, Autos oder Fußgänger im jeweiligen Beleuchtungsbereich aufhält, wie hell der zu beleuchtende Bereich ist, und auch Sensorik für Regen, Feuchte, Tempe-ratur wird verbaut“, sagt er. Denkbar wären auch andere Sensoren, etwa für Nebel oder Schnee. „Aufgrund der gemessenen Daten wird die für die jeweilige Leuchte Farbtempe-ratur, Helligkeit oder sogar der Abstrahlwinkel jeweils angepasst – und zwar in Echtzeit zum sich verändernden Straßengeschehen.“ Rück-falloptionen und Optionen für Notfälle sind vorgesehen. Die gesamte Steuerung geschieht dabei beim momentanen System von einem Zentralcomputer aus. „Ein dezentrales System zu entwickeln, wäre eine Aufgabe für die Zu-kunft“, sagt Alexander Zahn.

Alles im (Lampen-)Kopf habenIm aktuellen Projekt ging es erst einmal dar-um, Steuergerät und Kommunikationseinheit in den Leuchtenkopf zu integrieren. „Dann müsste bei einer Umrüstung nur der Lampen-kopf selbst ausgetauscht werden, aufwändige Umbauarbeiten würden entfallen – dadurch wird das System wirtschaftlicher“, so Ale-xander Zahn. Die Steuergeräte in den Lam-penköpfen sind per WLAN und PLC (Powerline Communication – Nutzung der vorhandenen Stromverkabelung als Kommunikationsinfra-struktur) miteinander und mit der Sensorik verbunden. WLAN und PLC wurden zusammen verbaut, um Vor- und Nachteile zu testen. „PLC hat dabei besser abgeschnitten als zunächst angenommen“, meint Alexander Zahn.

Test in der StraßeDank der Zusammenarbeit mir der Stadtbe-leuchtung Leipzig konnten die im Projekt entwickelten Systeme im Oktober 2013 in der Wolfgang-Heinze-Straße eingebaut und ge-testet werden. „Die Ergebnisse haben wir da-bei zuletzt Ende 2013 auf der Tagung ‚Stadt Licht Verkehr‘ präsentiert“, so Prof. Bastian. Die Projektpartner arbeiten jetzt weiter dar-an, die Ergebnisse in die Praxis umzusetzen und ihre eigenen Produkte fortzuentwickeln. Das Fernziel dabei ist, eine intelligente Stra-ßenleuchte zu entwickeln, die aus unabhängig voneinander dimmbaren LED-Modulen aufge-baut ist und Sensoren, Kommunikationsinter-face und Steuerungseinheit bereits beinhaltet.

Projektmitarbeiter Alexander Zahn mit dem Prototyp einer Leuchte im Labor

Lichttechniker der TU Berlin vermessen Lichtpunkte auf der Wolfgang-Heinze-Straße

Die Projektpartner bei einem Rundgang durch das Testgebiet

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Eine Fabrik auf neuestem Stand von Wissenschaft und Technik

Die Mondi Trebsen GmbH produziert Papier-säcke für die Baustof�ndustrie und weitere Branchen – und strebt kontinuierlich danach, die eigenen Abläufe so ef�zient und innovativ wie möglich zu gestalten. „Arbeitssicherheit, Qualität, Produktivität, aber auch Flexibilität und Arbeitsumwelt stets auf dem neuesten Stand der Wissenschaft und Technik – das ist unser Ziel“, so Werksleiter Alexander Czapka. „Das tiefgehende Wissen dazu gibt es so nicht unbedingt am Markt, sondern dafür brauchen wir auch Know-how aus Hochschulen. Etwa von der HTWK Leipzig, mit der wir unser Fabrik-layout überarbeitet haben. Denn nur an Hoch-schulen, die über eine solche Spezialisierung auf Druck und Verpackung verfügen, gibt es diesen Überblick über aktuelle Entwicklungen und über die besten Lösungen.“

Know-how aus der WissenschaftProjektpartner an der HTWK Leipzig war Pro-fessor Jörg Ackermann. Zustande kam der Kontakt über einen Absolventen der Druck- und Verpackungstechnik, der jetzt bei Mondi

in Trebsen arbeitet: „Unsere Absolventen sind mit unsere besten Botschafter“, hat Professor Ackermann bereits selbst festgestellt, obwohl er erst seit Ende 2013 Professor für Technolo-gieplanung in der Medienindustrie ist. Seine Aufgabe: Er erarbeitete Optimierungsvorschlä-ge für die Anordnung der Maschinen, für ei-nen besseren Material�uss und kürzere Wege. Denn im Werk in Trebsen müssen Material�üs-se für Papierrollen, Farben, Druckformen und Werkzeuge so gestaltet sein, dass Druck- und Verpackungsmaschinen möglichst ef�zient Pa-piersäcke produzieren und für Mitarbeiter un-nötige Wege vermieden werden – ein vielfältig verbundener Prozess, der bis ins letzte Detail durchdacht sein muss.

Änderungsvorschläge für die PraxisDie bereits bestehenden Änderungsvorschlä-ge wurden von Professor Ackermann überprüft und bewertet sowie eigene Vorschläge einge-bracht: „Die am besten geeigneten haben wir dann weiter verfolgt und präzisiert“, sagt er. Hilfreich war dafür auch, dass Ackermann auf

eine neue Software zur Analyse und Optimie-rung von Material�üssen zurückgreifen konn-te: „Die wird momentan von einem Chemnitzer Kollegen für Fabrikplanung entwickelt, und ich bin einer der ersten, der sie einsetzen darf.“

Umsetzung geplantDie Ergebnisse wurden Werksleiter Alexander Czapka von der Mondi Trebsen GmbH und sei-nem Team vorgestellt – und der zeigt sich zu-frieden: „Die Zusammenarbeit hat für uns den erwarteten Nutzen gebracht. Unsere Vorstel-lungen von unserer zukünftigen Fabrik wurden einerseits bestätigt und fachlich abgesichert, andererseits haben wir viele neue Ideen und Anregungen bekommen. Damit können wir an die weitere Realisierungsplanung gehen – wir sind auf dem richtigen Weg.“ Für die Umset-zung sollen schon bald externe Dienstleister beauftragt werden.

Kontakt: Prof. Dr.-Ing. Jörg Ackermann, [email protected]

In der Druckerei der Mondi Trebsen GmbH, im Vordergrund (von rechts): Prof. Jörg Ackermann (HTWK Leipzig), Alexander Czapka, Sven Warsönke, Daniel Ambrosius (Mondi Trebsen GmbH)

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Extravirtuelle Realität in 360 Grad – einfach eintauchen Was braucht man heute für eine erfolgreiche Er�ndung? – Vier ehema-lige Studenten, eine Vision und Hartnäckigkeit. Die videostream360 GmbH wurde im September 2013 von ehemaligen Medieninformatik-Studenten der HTWK Leipzig gegründet. Im April 2014 feierte die Aus-gründung Premiere auf der Hannover Messe (im Bild, von links: Diana Schlehahn, Michael Kanna und Sascha Weißbach). Das Verfahren ist inzwischen patentiert. Doch was ist diese Software überhaupt? – Mi-chael Kanna, Geschäftsführer der videostream360 GmbH, bringt es auf den Punkt: „videostream360 ist quasi eine Mischung aus Google Street View und YouTube – nur in Echtzeit.“ Allerdings arbeitet man mit einem speziellen Kameraaufbau aus Standardtechnologie und kann den Livestream so jederzeit kostengünstig übertragen. Und was macht videostream360 so einzigartig? – Diana Schlehahn (Business Developer) sagt: „Durch ein eigens entwickeltes Backend können Zu-satzinformationen übertragen werden – zum Beispiel Echtzeitdaten von Anlagen oder ausgewählte Metadaten aus sozialen Netzen. Die-se können direkt per Mausklick im Livestream abgerufen werden. Das

macht videostream360 außerordentlich interessant für Bereiche wie Web-TV, Tourismus und auch Industrie.“ (akp)

Kontakt: http://videostream360.com

Fachgespräche mit Gästen aus Lateinamerika Im Rahmen einer vom Goethe-Institut durch-geführten Informationsreise fand im No-vember 2013 an der HTWK Leipzig ein Erfah-rungsaustausch mit Gästen aus Lateinamerika statt. Die Reiseteilnehmer aus Ministerien, Behörden, Schulbibliotheken und Universi-täten Lateinamerikas interessierten sich für die Forschung und die Aus- und Weiterbildung von Bibliothekaren im Bereich der Schul- so-wie der Kinder- und Jugendbibliotheksarbeit. Ihr Besuch galt der HTWK Leipzig, weil hier im Masterstudiengang Bibliotheks- und Informa-

tionswissenschaft eine Pro�lierung in der „Bi-bliothekspädagogik“ angeboten wird – bis-lang ein Novum im deutschsprachigen Raum. Es fanden Fachgespräche mit Prof. Kerstin Keller-Loibl statt, die auf diesen Gebieten lehrt und forscht. Hintergrund der Reise ist der Erlass eines Gesetzes in Brasilien und die Planung eines Gesetzes in Argentinien zur ge-zielten Einrichtung von Schulbibliotheken.

Kontakt: Prof. Dr. phil. Kerstin Keller-Loibl, [email protected]

Mehr live ist möglich: Zusatzinfos ohne VerzögerungBeim Fernsehen immer alle Positionen der Fahrer auf der Formel-1-Strecke sehen, nach-schauen, ob das Team in der Box mit den Vorbereitungen zum Reifenwechsel fertig ist, Wiederholungen von Überholmanövern ansehen und prüfen, wieviel Sprit noch im Tank ist – und das alles passgenau zum Fern-sehbild: Das alles wäre heute dank Hybrid-TV für die Formel 1, aber auch für Quizshows zum Mitraten und für viele andere Inhalte theore-tisch schon möglich. Die Zusatzinhalte dafür werden über das Internet bereitgestellt. In der Praxis zeigt sich jedoch ein Problem: Die

in Echtzeit versendeten Internetdaten sind wesentlich schneller am Fernsehgerät als das dazu passende TV-Bild. Aber Wissenschaftler der HTWK Leipzig um Prof. Uwe Kulisch (im Bild rechts) haben nun ein neues technisches Verfahren entwickelt, mit dem die Darstel-lung der via Internet gesendeten Hybrid-TV-Informationen so korrigiert wird, dass sie passgenau zum jeweiligen Fernsehbild ausge-strahlt werden. Das Verfahren ist zum Patent angemeldet und wurde auf der CeBIT 2014 erstmals vorgestellt. Eine Ausgründung unter dem Namen Conbox wird vorbereitet. Mehr Infos: www.casualtv.de

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Verantwortung übernehmenIngenieur & Wirtschaft

Instrumente und Methoden zur Gestaltung von Wertschöpfungsprozessen

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Verantwortung übernehmenIngenieur & Wirtschaft

Instrumente und Methoden zur Gestaltung von Wertschöpfungsprozessen

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Verdichter sind die „schweren Jungs“ im Anlagenbau: Hier ist höchste Präzision notwendig. Schon kleinste Fehler verursachen große Kosten. Entsprechend genau werden sie vor der Inbetriebnahme getestet

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„Trockenübungen“ für VerdichterBevor große Anlagen – etwa Verdichtersysteme – in Betrieb gehen können, werden sie getestet. Geht der Test jedoch schief, kann das bei aufwändigen Projekten richtig teuer werden: Daher wird hier vor dem eigentlichen Test zusätzlich eine Simulation durchgeführt. Allerdings ist bisher jede Simulation ein Einzelstück und muss in mühsamer Detailarbeit erstellt werdenText: Stephan Thomas

Verdichter, besonders Turboverdichter, gehö-ren zu den „schweren Jungs“: Sie dienen dazu, den Druck von Gasen zu erhöhen und arbei-ten im Prinzip wie eine umgedrehte Turbine. Während die Turbine durch Druck angetrieben wird – wie ein Windrad oder eine Wassertur-bine in einem Wasserkraftwerk – funktioniert der Verdichter andersherum: Er erzeugt Druck mithilfe von Bewegung, indem er Gase zusam-menpresst. Benötigt werden Verdichter etwa, um Gase zu transportieren. Ein Beispiel sind Erdgasleitungen – in ihnen kann Gas auch über weite Strecken gepumpt werden, sogar aus Norwegen oder Sibirien bis nach Europa. Aber auch für Hochöfen, die Plastikherstellung, für Kläranlagen und viele weitere Anwendungen wird komprimiertes Gas benötigt.

Jedes Teil ein EinzelstückIn der Regel handelt es sich bei solchen Ver-dichtern und auch ihren Steuerungen um Ein-zelstücke, die speziell auf den jeweiligen Be-darf des Kunden vor Ort zugeschnitten werden. Fehler in der Projektierung zeigen sich häu�g erst in den umfangreichen Testläufen unmit-telbar vor der Inbetriebnahme der Anlage, die Folge: Verzögerungen, oder sogar noch später, im eigentlichen Betrieb, die Folge hier: Pro-

duktionsausfall. „Das will und kann sich keiner unserer Kunden leisten“, sagt Rico Schulze, Abteilungsleiter für Forschung und Entwick-lung bei AviComp Controls, einem weltweit tätigen Leipziger Unternehmen, das Automa-tisierungssysteme für solche Verdichter- und Turbinenanlagen projektiert und program-miert. „Daher verlangen unsere Kunden von uns den Test des Automatisierungssystems, und immer häu�ger werden dabei Simulatio-nen eingesetzt, um auch Lösungen für komple-xe Anlagen adäquat testen zu können.“

Simulanten: Wie Verdichter getestet werdenGetestet werden solche Automatisierungssys-teme wie diese von AviComp mit „Hardware-in-the-Loop“-Simulationen (HiL-Simulationen). Bei diesen schließt man das echte, zu testende Gerät in einen Loop (Regelkreis) mit dem Mo-dell einer solchen Verdichteranlage – quasi einem virtuellen Verdichter – ein. Das zu tes-tende Gerät verhält sich dann so, als wäre es an einen echten Verdichter angeschlossen: „Die einzelnen Elemente, etwa ein Verdichter und seine Steuerung, kommunizieren über genormte Schnittstellen miteinander, sie senden sich einander Daten. Daher kann man jedes der Teile für einen Test durch Software

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ersetzen, die die gleichen Signale sendet wie das wirkliche Gerät. Der Vorteil ist, dass man so kostengünstige und auch reproduzierbare Testläufe durchführen kann“, erklärt Professor Jens Jäkel.

„Die HiL-Simulationen sind die einzig sinnvollen

‚Trockenübungen‘ vor dem Einbau.“

Jäkel lehrt und forscht an der HTWK Leipzig, unter anderem zur Modellierung dynamischer Systeme und zur modellgestützten Regelung und Steuerung: „Die Eigenschaften und das Gesamtverhalten solcher komplexen Systeme lassen sich nur mit Simulationen vorhersagen und untersuchen“, erklärt er. „Die HiL-Simu-lationen sind die einzig sinnvollen ‚Trocken-übungen‘ vor dem Einbau.“ Und: Man kann so

zusätzlich Störszenarien oder das Verhalten bei Anlagendefekten simulieren – also Dinge, die man an der realen Maschine nicht auspro-bieren würde. Es wäre schlicht viel zu teuer oder zu gefährlich.

Echte Kopfarbeit: Erstellung der Simulationen„Einziger Nachteil von HiL-Simulationen ist, dass sie sich bisher nur dann �nanziell rech-nen, wenn es um große Stückzahlen geht. Im Anlagenbau sind aber alle Anwendungen quasi Einzelanfertigungen, so auch unsere Steuerungen für parallel geschaltete oder mehrstu�ge Verdichter und Turbinen“, erklärt Rico Schulze das Problem. Bisher musste für jede Verdichteranlage das Modell komplett neu erstellt werden – eine aufwändige Arbeit, die Spezialkenntnisse erfordert. „Das ist sehr zeitintensiv. Um das abzukürzen, wäre ein �e-xibler Modellbaukasten nötig, mit dem man sich die benötigten Elemente einfach selbst

Ein solches R&I-Fließschema (Rohrleitungs- und Instrumenten�ießschema) wird in der Anlagen- und Verfahrenstechnik dafür verwendet, um die für den Betrieb einer Anlage erforderlichen Bauteile nötigen Teile und Leitungen symbolisch darzustellen. Dieses Schema muss bisher für die Erstellung von HiL-Simulationen einzeln nachmodelliert werden. Wissenschaftler vom Forschungs- und Transferzentrum der HTWK Leipzig arbeiten momentan daran, die Modellierung in Zukunft weitgehend zu automatisieren

Prof. Dr.-Ing. Jens Jäkel

Studium der Elektrotechnik am Institut für Chemischen Maschinenbau in Moskau und an der TH Leipzig, 1999 Promotion an der Univer-sität Karlsruhe (zur Modellbildung und Rege-lung mit Fuzzy-Systemen). 2005 Ruf auf die Professur für Systemtheorie und Mechatronik an der HTWK Leipzig, seit 2012 Dekan der Fa-kultät Elektrotechnik und Informationstech-nik. Testet leidenschaftlich gern Maschinen ohne Software – und zwar Fahrräder.

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für jeden Einzelfall zusammenstellen kann“, erklärt Rico Schulze. „Und um einen solchen Baukasten zu entwickeln, brauchen wir einen Partner, der das entsprechende Know-how hat, einen langen Atem mitbringt und nicht im Ta-gesgeschäft steckt – eben jemanden wie das Forschungs- und Transferzentrum der HTWK.“

Ein Griff in die Bibliothek – et voilàDas Team um Prof. Jäkel entwickelte zusam-men mit AviComp Controls daher in einem gemeinsamen, vom Bundeswirtschaftsminis-terium geförderten Projekt erste Bestandteile einer Modellbibliothek. Aus dieser „Biblio-thek“ können sich die Benutzer die Einzelteile für Turboverdichter oder für Gas- und Dampf-turbinen herausgreifen und sich so das benö-tigte Anlagemodell selbst zusammenstellen: „Die Benutzerober�äche funktioniert per Drag&Drop. Dahinter stecken spezielle Algo-rithmen, die die jeweils nötigen Daten zum Teil selbst ergänzen“, sagt Prof. Jäkel. Die Mo-dellbibliothek enthält die üblichen Teile von Verdichtern, aber auch weitere typische Anla-genbestandteile wie Rohrleitungen, Speicher, Kühler, Filter, verschiedene Sensoren oder auch Motoren, Ventile oder Klappen. Umge-setzt wird die Simulation mit einem HiL-Test-stand: „Dieser Teststand besteht aus einem Echtzeitrechner, einem Engineeringrechner, einer Speicherprogrammierbaren Steuerung (SPS) und den Schnittstellenkomponenten. Auf dem Echtzeitrechner läuft das Anlagenmo-dell, auf dem Engineeringrechner das Bedien- und Visualisierungsprogramm, auf der SPS das Steuerungsprogramm. Und dadurch kann die Qualität der Steuerung geprüft werden, ohne dass eine echte Maschine benötigt wird“, er-klärt Jäkel. Außerdem können verschiedene Testszenarien – etwa die Geschwindigkeit des Umschaltens von voller auf halbe Last, plötz-liche Komplettabschaltung oder das Verhalten bei einer Havarie – nun automatisiert durch-geführt werden.

Stillstandszeiten und Fehler werden so vermieden „Das hat unter anderem auch den Vorteil, dass wir unsere Steuerungen schon testen kön-

nen, bevor die eigentliche Maschine gebaut ist. Bisher müssen wir damit warten, bis die komplette Verdichteranlage steht – und dann auf der Baustelle testen. Das zieht die Inbe-triebnahme in die Länge“, so Rico Schulze von AviComp. „Und diese Stillstandszeiten wollen wir verkürzen – außerdem können so Irrtümer in der Planung schneller erkannt und Fehler vermieden werden.“ Der Teststand, der genau dies nun ermöglicht, wurde bereits während des Projekts immer wieder bei AviComp in kon-kreten Projekten eingesetzt: „Zuletzt haben wir Prozessgasverdichter sowie mehrstu�ge Kältemittel- und CO

2-Verdichter simuliert. Die

Abweichungen vom realen Verhalten der Ma-schinen waren mit teilweise bis zu 5 Prozent erfreulich gering“, so Schulze.

Herausforderungen für die Zukunft„Die größte technische Herausforderung bleibt, das Anlagenmodell in Zukunft weitge-hend automatisiert aus der Projektierungs-software zu generieren“, so Jäkel. „Es gibt dazu Ansätze und einige Ideen, die wir nun weiterverfolgen.“ Die Arbeiten dazu werden momentan in einem weiteren Projekt aus Mit-teln des Bundesministeriums für Bildung und Forschung vertieft.

Prof. Jens Jäkel (HTWK Leipzig) und Rico Schulze (AviComp, von rechts)

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Kultur lohnt sichDie öffentliche Subventionierung von Kultur ist immer wieder in der Diskussion: Sei es wegen der Verteilung der Mittel oder wegen der Höhe der Subventionen. Eine Forschungsgruppe unter der Leitung von Prof. Rüdiger Wink hat nun in einer Studie gezeigt, dass sich – konkret für die Stadt Leipzig – Kulturförderung lohnt. Ohne sie wäre Leipzig nicht nur weniger attraktiv, die Kultur ist auch ein WirtschaftsfaktorText: Bettina Bock

Kultur macht eine Stadt lebenswert und at-traktiv für ihre Bewohner. Für Investoren ist eine lebendige Kulturlandschaft außerdem interessant, weil sie Fachkräfte anzieht. Das gilt natürlich für alle Kultureinrichtungen einer Stadt, nicht zuletzt auch für die vielen Festivals und die freie Szene. Auch Leipzig pro�tiert also von der Kultur – und fördert sie daher auch selbst.

Rentabel – über UmwegeAllerdings pro�tiert eine Stadt von dieser Förderung nur indirekt. Umwegrentabilität werden solche indirekten Effekte genannt: Auswärtige Besucher reisen beispielsweise wegen eines Konzerts, einer Ausstellung oder eines Festivals nach Leipzig, sie essen vorher in der Stadt und übernachten danach in einem Hotel. Die Kulturveranstaltung „zieht“ so ge-wissermaßen Geld in die Stadt, und die För-dermittel rentieren sich mit Blick auf den Raum Leipzig „über Umwege“. Im Auftrag der Stadt Leipzig hat eine Arbeitsgruppe von der Fakul-tät Wirtschaftswissenschaften um Professor Rüdiger Wink nun einen speziellen Ausschnitt untersucht, nämlich die Umwegrentabilität von Oper, Schauspiel und Theater der Jungen Welt. Diese gehören, neben dem Gewandhaus, zu den vier kulturellen Eigenbetrieben der Stadt Leipzig, die die meisten städtischen För-dergelder erhalten. Rentabilitätsrechnungen können aber nicht alle positiven Effekte erfas-sen. „Überhaupt darf man die Umwegrentabili-tät nicht zum einzigen Kriterium für die Mittel-vergabe machen“, betont Rüdiger Wink. Daher wurden im zweiten Teil der Studie Interviews mit zwanzig Akteuren der Leipziger Kultursze-ne geführt. Erhoben wurde, wie es um die Ver-netzung der drei großen Häuser mit anderen Kultureinrichtungen in Leipzig bestellt ist und wo Potenziale für zukünftige Zusammenarbeit und Unterstützung liegen.

Wie kam es überhaupt zu der Studie? In Auftrag gegeben wurde sie von der Stadt Leipzig. Ursprünglich sollten die wirtschaftli-

chen Effekte aller vier kulturellen Eigenbetrie-be untersucht werden. Ausgeklammert wurde später allerdings das Gewandhaus, da es be-reits eine eigene Studie in Auftrag gegeben hatte. Etwa 70 Prozent des gesamten Kulture-tats werden zur Förderung der „großen Vier“ verwendet. Die restlichen Mittel gehen zu etwa einem Viertel an den Zoo, die Museen und Bib-liotheken, die Thomaner, die Volkshochschule, Stiftungen, an die Kulturverwaltung und an-dere Einrichtungen, und zu etwa 4 Prozent an die vielen Einrichtungen der freien Szene.

Was sind die Ergebnisse der Berechnungen? Die Studie sollte innerhalb von nur zehn Wo-chen fertiggestellt werden, es konnten also nicht alle nötigen Daten erhoben werden. Die Forscher haben sich daher für eine soge-nannte Szenario-Betrachtung entschieden: Sie legten Annahmen zu Besucherzahlen und Besucherverhalten zugrunde oder auch dazu, inwiefern Leipziger Unternehmen, bei denen auswärtige Besucher etwas kaufen, das Geld wieder in die Region investieren. Daraus be-rechneten sie ein optimistisches und ein pes-simistisches Szenario. Für die Erfassung der Umwegrentabilität müssen am Ende jeweils zwei Summen in Relation gesetzt werden: Auf der einen Seite die Summe der Mittelzuwei-sungen aus der städtischen Kulturförderung, auf der anderen Seite die Gesamtsumme aus Tourismus- und Ausgabeneffekten samt den Effekten durch Gastspiele. Für alle drei Häu-ser ergeben sich sowohl im optimistischen als auch im pessimistischen Szenario positive Er-gebnisse: Auf einen Euro städtischer Subven-

Prof. Dr. rer. oec. habil. Rüdiger Wink

1994 Promotion an der Ruhr-Universität Bochum, 1992 – 1999 Forschungsassistent im Wissenschaftlichen Beirat der Bundesregie-rung „Globale Umweltveränderungen“, seit 1997 Senior Fellow am Ruhr-Forschungsinstitut für Innovations- und Strukturpolitik Bochum, dort auch Habilitation (im Jahr 2000). Seit 2004 Professur für Volkswirtschaftslehre an der HTWK Leipzig. Mitarbeit in verschiedenen DFG- und EU-geförderten Forschungsvorhaben. Theaterbesuche 1.1.-31.12.2013: sieben (davon immerhin drei in Leipzig).

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EINBLICKE. Forschungsmagazin 2014

tionen kommen bei der Oper Leipzig 2,04 Euro (im optimistischen Szenario) bis 1,03 Euro (im pessimistischen Szenario), die „über Umwege“ zurück in die Stadt gelangen. Bei einer jährli-chen Förderung von fast 41,8 Millionen Euro kommt da einiges zusammen. Beim Schauspiel Leipzig (von der Stadt gefördert mit 14,4 Mil-lionen Euro) bringt jeder Euro Förderung 1,75

Euro bis 1,03 Euro in die Stadt. Beim Theater der Jungen Welt (jährliche Förderung: 3,3 Mil-lionen Euro) sind es 1,83 Euro bis 1,14 Euro. Kulturförderung lohnt sich also für Leipzig. Als besonders positiv bewertet die Studie, dass trotz der notwendigen überregionalen Aus-schreibungen (etwa für Beschaffungen etc.) die lokale Wirtschaft stark eingebunden wird. Außerdem haben sehr viele Beschäftigte der drei Häuser ihren Wohnsitz in Leipzig: Bei der Oper Leipzig sind es mehr als 75 Prozent, bei Schauspiel und Theater der Jungen Welt ca. 60 Prozent. Eine Anschlussstudie, die alle nötigen Angaben und Zahlen ermittelt und diese Effek-te noch genauer errechnet und insbesondere

Träger der „freien Kulturszene“ und Festivals mit ihren speziellen Potentialen einbezieht, wäre durchaus vielversprechend, �ndet Prof. Dr. Wink. Momentan wird die Studie in ver-schiedenen Gremien der Stadt Leipzig beraten, zuletzt soll sie im Stadtrat diskutiert werden. Die Ergebnisse sollen in die Entscheidungs�n-dung für zukünftige Maßnahmen ein�ießen.

Mittel- und langfristige EffekteIn einem zweiten Teil der Studie geht es um wirtschaftliche Effekte, die in den Szenarien und Berechnungen im Auftrag der Stadt Leip-zig nicht betrachtet werden konnten: „Wichtig war uns, dass wir nicht nur die zusätzlichen Nachfrageeffekte berechnen, sondern dass wir auch Faktoren erfassen, die eher auf mit-tel- und langfristige Strukturentwicklung zie-len“, erläutert Wink. Denn auch diese wirken sich letztlich auf die Umwegrentabilität aus. „Deshalb haben wir untersucht, inwiefern Oper, Schauspiel und Theater der Jungen Welt die freie Szene unterstützen und inwiefern es schon Kooperationen gibt.“ Befragt wurden dazu Vertreter von Conne Island, Haus Stein-straße, LOFFT, naTo, den Connewitzer Cammer-spielen, Theater FACT und viele andere.

Wenig Vernetzung von Eigen- betrieben und Freier SzeneIm Ergebnis zeigt sich, dass es bislang nur ver-einzelt gemeinsame Projekte zwischen Eigen-betrieben und freien Einrichtungen gibt. Teil-weise können Vereine auf den Kostümfundus oder auf technische Ausrüstung der großen Häuser zurückgreifen. Diese Zusammenarbeit

beruht aber immer auf persönlichen Kontak-ten. Weitergreifende Kooperationen werden von einigen Akteuren der freien Szene aber auch als schwierig eingeschätzt. Prof. Wink: „Ziele und Arbeitsweise von freier Szene und den Eigenbetrieben gehen teilweise weit aus-einander, was umfassende Kooperationen schwierig macht. Die großen Häuser planen beispielsweise sehr lange im Voraus und sind so eher un�exibel bei kurzfristigeren Ideen.“ Potenziale für die freie Szene sieht Prof. Wink vor allem bei der Bereitstellung von Räumlich-keiten, für die bisher teilweise sehr hohe Mie-ten gezahlt werden müssen, durch die großen Eigenbetriebe. Außerdem könnten die Eigen-betriebe die Koordinierung und Organisation von Gastspielen stärker unterstützen und zur überregionalen Bekanntmachung und Vernet-zung beitragen. Welche Maßnahmen für Leip-zig funktionieren und was die unterschied-lichen Akteure der freien Szene für geeignet halten, ist allerdings ein Gegenstand für län-gerfristige Untersuchungen.

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Lernen an der PraxisMit einer Wärmepumpenanlage und einer Solaranlage ist die 2012 eröff-nete Mehrzweckhalle in Neukieritzsch südlich von Leipzig ausgestattet – und damit auf dem Stand der Technik. „Das zu veri�zieren bedarf es eines Energiemonitorings, welches die Anlagentechnik auf eine gas-/stromoptimierte Fahrweise hin näher untersucht“, so René Hertzsch vom Bauamt der Gemeinde Neukieritzsch. In einem Kooperationspro-jekt arbeitet er daher mit Prof. Michael Kubessa von der HTWK Leipzig eng zusammen: „Dieses Projekt nutzen wir dafür, Studenten an Praxis-aufgaben heranzuführen – die Realität ist schließlich komplexer als die Theorie“, so Kubessa. Das Team aus mehreren Studenten wird von For-schungsmitarbeiter Florian Müller koordiniert: „Auch für mich ist das eine spannende Aufgabe, auch in Hinblick auf Mitarbeiterführung und Motivation“, erklärt er. Die Gruppe hat inzwischen den Primärenergie-verbrauch so genau wie möglich ermittelt und erste Optimierungspo-tentiale im Betrieb der Halle aufgezeigt. „Die Ergebnisse mit Empfeh-lungen für sofort und für 2015 wurden im Gemeinderat vorgestellt und sind Ausgangspunkt für unser weiteres Vorgehen“, so Ursula Zander, Leiterin des Bauamtes Neukieritzsch. Im Bild (von links): Ursula Zan-der, René Hertzsch (beide Bauamt Neukieritzsch), Dennis Paschwitz und Manuel Zeller (HTWK Leipzig) in der Mehrzweckhalle Neukieritzsch.

Kontakt: Prof. Dr.-Ing. Michael Kubessa, [email protected]

Guten Morgen, lieber Sensor: Aufstehzeit!Die Funkchips in Sensoren müssen ständig – oder zumindest sehr häu�g – aktiv sein, damit laufend Daten abgefragt werden können. Das kostet Energie und verkürzt ihre Lebenszeit. Die HTWK-Wissenschaftler Prof. Faouzi Derbel und Sadok Bdiri haben nun ein Verfahren be-schrieben, das den Energieverbrauch drastisch reduziert: Der Sensor erhält einen vorgeschal-teten „Wecker“, einen Wake-up-Receiver, der erst nach Eingang eines speziellen Wecksignals den Funkchip des Sensors einschaltet. Dadurch kann der Chip sonst „schlafen“ gehen und geht nur auf Nachfrage in Betrieb (On-Demand-Kommunikation). Für das beschriebene Ver-fahren erhielt das Forscherteam auf der IEEE-Konferenz „Systems Signals And Devices SSD 14“ (Barcelona, Februar 2014) den „Best Paper Award“. Die Arbeit wurde im Rahmen der ESF-Nachwuchsforschergruppe „Autarke intelligen-te Sensornetze in der Produktion“ (s. Seite 27) durchgeführt und zusätzlich von der Energie- und Umweltstiftung Leipzig unterstützt.

Kontakt: Prof. Dr.-Ing. Faouzi Derbel, [email protected]

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EINBLICKE. Forschungsmagazin 2014 Verantwortung übernehmen – Ingenieur & Wirtschaft.

JMStV-Novelle in erneuter AbstimmungNach dem Scheitern der letzten Jugendmedienschutz-Novelle 2010 soll nun die Reform des Jugendmedienschutz-Staatsvertrags (JMStV) das In-ternet für Kinder und Jugendliche ‚sicherer‘ machen. Der gemeine User ist nicht mehr nur Empfänger, sondern auch Verbreiter von Botschaften. Altersangaben wie „Freigegeben ab 12 Jahren“ sollen die Anbieter dann aber freiwillig einführen. Doch jeder weiß, dass Internet�lter – die diese Alterskennzeichnungen auslesen sollen – immer auch fehlerhaft sind. So blockieren sie einerseits unbedenkliche Inhalte, andererseits können sie jugendgefährdende Inhalte durchlassen. „Hier würde man sich über das Telemediengesetz hinwegsetzen“, kritisiert Marc Liesching, Profes-sor für Medienrecht und Medientheorie an der HTWK Leipzig, das Vor-haben. Liesching hat sich u.a. auf Jugendschutzrecht spezialisiert. Ein Diensteanbieter hafte für fremde Inhalte (user generated content) re-gelmäßig nur dann, wenn er von einem konkreten Rechtsverstoß Kennt-nis habe und nichts unternehme. Die grundsätzlichen Regulierungsfra-gen, die in dem Papier aufgeworfen werden, hält Liesching durchaus für sinnvoll und zielführend für die weitere rechtspolitische Debatte. Doch

sein Fazit zu der Novelle lautet: „In den Papierkorb damit und nochmal anfangen – am Besten unter Beteiligung des Bundes.“ (akp)

Kontakt: Prof. Dr. jur. Marc Liesching, [email protected]

Wie Stroh zu GoldAbwärme (ein „Zuviel“ an Wärme) geht heute meist noch ungenutzt verloren. Einen Teil die-ser Energie wiedernutzbar zu machen, ist Ziel eines Forschungsprojekts um Professor Klaus Wozniak (wissenschaftlicher Leiter: Prof. Detlef Riemer). Das Team hat einen Motor auf Basis des Stirlingprinzips entwickelt, der bereits niedrige Temperaturdifferenzen von 35 Kelvin ausnutzen kann, um daraus – wirt-schaftlich ef�zient – Strom oder Bewegung zu erzeugen. Dabei verwenden die Wissen-schaftler eine Formgedächtnislegierung, die sich im erwärmten Wasser zusammenzieht, an

der kühleren Luft (mechanisch) gedehnt wird und durch diese Bewegung z.B. eine Pumpe oder einen Generator antreibt. „Mit diesem Konzept könnte man künftig viele Abwärme-quellen ‚anzapfen‘ und so schon fast ‚verpuff-te‘ Energie wieder zurückholen. Denkbar sind Anwendungen in allen energieintensiven In-dustrien wie der Metallverarbeitung oder auch im Bereich Gebäudeausrüstung“, so Projekt-mitarbeiter Heiko Engelhardt.

Kontakt: Prof. Dr.-Ing. Detlef Riemer, [email protected]

Industriekultur zeigen und lebenAm 31. August 2013 fand der erste „Tag der Industriekultur“ in Leipzig statt. Veranstal-ter war der Verein für Industriekultur Leipzig e.V., die HTWK Leipzig beteiligte sich mit einer Ausstellung von historischen Geräten der Au-tomatisierungstechnik sowie historischer Bü-rotechnik. Diese Technik war der Wegbegleiter für gewaltige Produktivitätssteigerungen im 19. und 20. Jahrhundert und ist aus heutiger Betrachtung bereits Kulturgut. „Der histori-sche Reichtum Leipzigs und sein Ruf als Kul-

tur-, Medien- und Musikstadt beruht auf der großzügigen Kulturförderung seines prospe-rierenden Bürgertums. Und das Geld hierfür wurde stets durch Handel sowie durch Produk-tion mit modernster Technik verdient“, erklär-te Prof. Markus Krabbes, Prorektor Forschung der HTWK Leipzig. „Wir unterstützen den Tag der Industriekultur, weil auch wir den histo-rischen wie künftigen Stellenwert der Technik für die weitere positive Entwicklung unserer Stadt unterstreichen wollen.“

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Rohre frei für SauerstoffWissenschaftler der HTWK Leipzig wollen zusammen mit der Firma UGT2000 ein neuartiges Verfahren für die Reinigung von sauerstoffführenden Rohrleitungen entwickeln

Die UGT2000 GmbH aus Bad Lausick – vor et-was mehr als 10 Jahren von HTWK-Absolventen gegründet – ist ein hochspezialisiertes Ser-viceunternehmen im Bereich Umwelttechnik, das mit einem speziellen Verfahren Rohran-lagen ohne Demontage reinigen kann: Mit einer mobilen Beizanlage kommen die Tech-niker zum Kunden, statt die Anlage aufwän-dig auseinanderzubauen und transportieren zu müssen. Das spart teure Stillstandszeiten – und hat der Firma ein stabiles Wachstum und einen festen Kundenstamm eingebracht. Mit dem selbst entwickelten, umweltfreundli-chen Beizverfahren für Rohrleitungen können Rückstände vom Schweißen oder anderen Fü-gevorgängen – z.B. vor der Inbetriebnahme oder nach Reparaturen – entfernt oder auch Kalkablagerungen gelöst werden. „Unser Beiz-verfahren ist ein bisschen wie Zähneputzen für Rohranlagen“, so Timo Jobst, Geschäftsführer der UGT 2000.

Neues Geschäftsfeld?Durch Kundenanfragen kam Timo Jobst auf die

Idee für ein mögliches zusätzliches Geschäfts-feld: Die Reinigung von Rohrleitungen für Gase, v.a. Sauerstoff. Sauerstoffführende Lei-tungen werden etwa im Medizinbereich oder in der Metallurgie eingesetzt. Das Problem dabei: Es genügen schon kleinste organische Rück-stände, und durch den Sauerstoff würde sich das Gasgemisch entzünden oder gar explodie-ren. „Für die völlig sichere Reinigung und Do-kumentation solcher Leitungen benötigen wir ein neues Verfahren – und das wollen wir nun zusammen mit der HTWK Leipzig entwickeln“, so Timo Jobst.

Geplantes ForschungsprojektDer Kontakt zu seiner alten Hochschule war nicht abgebrochen – und dank einer Förderung durch die IHK zu Leipzig konnten Jobst und Prof. Joachim Schenk (HTWK Leipzig) mehre-re Monate lang umfangreiche Recherche- und Versuchsarbeiten durchführen: Literatur zum Stand der Technik und Patente wurden aufge-arbeitet und Vorversuche im Labormaßstab durchgeführt. Auf Grundlage dieser Ergebnis-

se stellten die Partner einen gemeinsamen Antrag auf Förderung eines Projekts aus Mit-teln des Bundeswirtschaftsministeriums: „Wir haben jetzt ein Verfahren identi�ziert, das wir näher erforschen wollen. Es erfordert noch einige nähere Untersuchungen, aber es sieht durchaus realistisch aus“, so Professor Schenk.

Das Ziel: ein anwendbares ProduktGeplant sind zusätzlich zum Verfahren selbst eine Berechnungssoftware und ein sicheres Vor-Ort-Prüfverfahren: „Man müsste in die Rohre selbst hineinschauen können“, so Prof. Schenk. „Unser Ziel ist natürlich, im Erfolgsfall ein anwendbares Produkt an den Markt brin-gen zu können“, so Timo Jobst. „Die Kombina-tion aus angewandter Forschung und Expertise der HTWK Leipzig und unserem Blick für den Markt ist aber eine sehr erfolgversprechende Kombination.“ Das Forschungsprojekt soll im Juni 2014 beginnen.

Kontakt: Prof. Dr.-Ing. Joachim Schenk, [email protected]

Timo Jobst (UGT 2000), Prof. Joachim Schenk und Karl-Heinz Dorn (beide HTWK Leipzig, von links) wollen gemeinsam ein neues Reinigungsverfahren entwickeln

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Gießerei Keßler und HTWK Leipzig vertiefen Kooperation

Die Leipziger Gießerei Keßler und die HTWK Leipzig wollen zukünftig noch enger in Aus-bildung und Forschung zusammenarbeiten. Inhalte der Zusammenarbeit sind insbeson-dere studentische und drittmittel�nanzierte Forschungsprojekte sowie eine intensivere Einbindung der Gießerei in die Ausbildung. Thematisch steht die Verbesserung der Energie-ef�zienz in der Gießerei Keßler & Co. GmbH im Mittelpunkt. Im Bild (von links): Oberingenieur Richard Siedler (Geschäftsführung Gießerei Keßler), Prof. Swantje Heischkel (Kanzlerin der HTWK Leipzig) und Prof. Michael Kubessa (HTWK Leipzig, Fakultät Maschinenbau und Energietechnik) nach der Unterzeichnung des Kooperationsvertrags im Oktober 2013.

Industriearbeitskreis Automation gegründetAm 10. April 2014 fand die konstituierende Sitzung zum Arbeitskreis Automation des In-novationsverbundes Maschinenbau Sachsen VEMASinnovativ statt. Als Obmänner wurden bestellt (v.l.): Dr. Thomas Schmertosch (Lei-ter Technisches Büro Südost der B&R Indust-rie-Elektronik GmbH), Prof. Rolf Hiersemann (Geschäftsführer der Hiersemann Prozessau-tomation GmbH) und Prof. Markus Krabbes, Prorektor Forschung der HTWK Leipzig. Ziel ist

es, den involvierten Firmen und Forschungs-einrichtungen eine fachbezogene Plattform zum Informations- und Erfahrungsaustausch sowie zur Vorbereitung konkreter FuE-Projekte zur Verfügung zu stellen. Darüber hinaus sol-len die Kunden und Nutzer von Automatisie-rungslösungen angesprochen werden, sich aktiv an der Ideen�ndung und -umsetzung zukunftsweisender Technologien der Automa-tisierungstechnik zu beteiligen.

Energie sparen – mit KonzeptDie Senkung der Betriebskosten ist für viele Unternehmen und Kommu-nen ein wichtiges Ziel – aus ökonomischen wie auch aus ökologischen Gründen. Forscher der HTWK Leipzig führen dafür Monitoringprojekte durch und erstellen Energiekonzepte auch mit dem nötigen wissen-schaftlichen Hintergrund: „Das von uns verwendete netzwerkfähige Messsystem kann nach den Messungen auch zu einem Energiemanager umfunktioniert werden“, erklärt Forschungsmitarbeiter Florian Müller (mitte). Bei Tischlermeister Georg Brückner (links) ist das System be-reits im Einsatz: „Ich erhoffe mir aus der Zusammenarbeit mit der Hoch-schule Hinweise, ob ich energiemäßig noch auf dem richtigen Weg bin.“

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Impressum.

Impressum

HerausgeberHochschule für Technik, Wirtschaft und Kultur Leipzig, Referat Forschung

[email protected] www.htwk-leipzig.de / einblicke

Stephan Thomas, M.A. (verantwortlich)

Telefon: +49 341 3076-6385 [email protected] Alle Texte, soweit nicht anders angegeben, von Stephan Thomas.

Dipl.-Ing. Dirk Lippik

Telefon: +49 341 3076-6536 [email protected]

Peggy Stöckigt, M.A.

Telefon: +49 341 3076-6626 [email protected] Weitere Autoren dieser Ausgabe: Jörg Aberger, Dr. Bettina Bock, Ann-Kathrin Paulick (akp), Jan Schilling, Patrick Stasch, Prof. Markus Walz

AnschriftHTWK Leipzig, Referat Forschung PF 301166, 04251 Leipzig

Redaktionsschluss15. Mai 2014

Erscheinungsweise des Forschungsmagazinsjährlich

Layout & Satz / Bildbearbeitung / GrafikArtkolchose GmbH Grafiken, soweit nicht anders angegeben, von Artkolchose GmbH.

DruckVDD AG, Siebenlehn

Auflage3500

ISSN:EINBLICKE. Forschungsmagazin (Print): ISSN 2194-4067 EINBLICKE. Forschungsmagazin (Internet): ISSN 2195-9420

BildnachweisRechteinhaber, soweit nicht im Artikel angegeben:Titelfoto: Kristina DenhofS. 3: Kristina DenhofS. 6: Stephan FlossS. 7: Swen ReicholdS. 8: HHLS. 9: privatS. 10 oben: Martin Ludewig; unten: Stephan ThomasS. 11: Stephan ThomasS. 14: Kristina DenhofS. 17–21: Kristina DenhofS. 23 oben, mitte: Kristina Denhof; unten: privatS. 24 oben: Stephan Thomas; mitte, unten: Kristina DenhofS. 25 oben: Kristina Denhof; unten: Stephan ThomasS. 26–31: Kristina DenhofS. 38 oben: LizardCloud; unten: Stephan ThomasS. 39 oben: Kristina Denhof; mitte: Azubi KibwigwaS. 39 unten: PercyGermany™S. 40 oben: Kristina Denhof; unten: Stephan Thomas

S. 41 oben: Kristina Denhof, S. 41 unten/Illustration: Hartmut VoigtS. 42: wunderwelt-pictures.comS. 45: Max-Planck-Institut für Kognitions- und Neurowissenschaften, Grafik: LaBPS. 46–48: Kristina DenhofS. 49: Stephan ThomasS. 52 oben: Stephan Thomas; unten: Kristina DenhofS. 53: Ben AndrackS. 54 oben, mitte: Kristina DenhofS. 54 unten: koszivu – Fotolia.comS. 55: Stephan ThomasS. 56: Kristina DenhofS. 61 oben: Ricarda BackhausS. 62: Stephan ThomasS. 66: Kristina DenhofS. 67 oben: vstream360S. 68: Stephan ThomasS. 70: SIEMENS AGS. 73: Stephan ThomasS. 75: hybrid.moment, Kirsten Nijhof, Tom Schulze (2), Louise Markweg, Andreas Pohlmann, Punctum/Alexander Schmidt, GeyserhausS. 76 oben: Stephan Thomas; unten: Kristina DenhofS. 77 oben: Floki Fotos – Fotolia.comS. 77 mitte: André Wejwoda; unten: Holger MaschkeS. 78 oben: Stephan ThomasS. 79 oben: Kristina Denhof; mitte: Innovationsverbund Maschinenbau Sachsen VEMASinnovativS. 79 unten: Stephan Thomas

Soweit nicht anders angegeben: HTWK Leipzig

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EINBLICKE. Forschungsmagazin 2014 Impressum.

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Hochschule für Technik, Wirtschaft und Kultur Leipzig Referat ForschungPostfach 30116604251 Leipzig

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Ressourcen schonenBau & Energie

Nachhaltiges Bauen und ressourcenschonender Energieeinsatz zur Erhaltung der Umwelt

Verantwortung übernehmenIngenieur & Wirtschaft

Instrumente und Methoden zur Gestaltung von Wertschöpfungsprozessen

Informationen erschließenMedien & Information

Medial gestützte Kommunikation undInformation in der Wissensgesellschaft

Gesundheit erhaltenLife Science & Engineering

Innovationen zur Verbesserung der Lebensqualität unter den Herausforderungen des gesellschaftlichen Wandels

ExpositionsbewertungMensch-Technik-InteraktionBiotronische Systeme & Biosignalverarbeitung

Life Science Management

Lebensstilforschung medizinische Informationstechnik

SW-Technologie & Sicherheit

verteilte & eingebettete Systeme

Medien & Mixed Reality

e-Services & Work�owtechnologien

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Elektromobilität

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Energieef�zienz & Verbrauchsoptimierung

Bausubstanzerhaltung

Energiewirtschaft

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Technik-,Produkt-& Medienwahrnehmung

UNSER PROFIL:VERNETZT UND AM PULS DER ZEIT

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4 VNG – Verbundnetz Gas Aktiengesellschaft Braunstraße 7 | 04347 Leipzig | Telefon + 49 341 443-0 | Fax + 49 341 443-1500 | [email protected] | www.vng.de

Die VNG-Gruppe mit dem in Leipzig ansässigen Mutterunternehmen VNG – Verbundnetz Gas

Aktiengesellschaft ist in der gesamten Wertschöpfungskette der deutschen und europäischen

Erdgaswirtschaft mit den vier Kern geschäftsbereichen Exploration & Produktion, Gashandel

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Gashandel & Dienstleistung

Exploration & Produktion

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