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V. E4rzflzoes der Temperatur mad de8 Ayyregat- &ustandee auf dav Verhaaltmc des wisr,~lrthe iwc Maynetfelde; @on P. Drude and W. Nerrbst. (AUE dep Gott. Nachr. Nr. 14 1890; mitgetheilt von den Herren Verf.) In den letzten Jahren ist eine Anzahl eigenthumlicher Ewcheinungen aufgefunden worden, welche in BUS metallisch leitendem Materiale gefertigten Platten rtuftreten, wenn die- selben sich senkrecht xu den Kraftlinien eines magnetischen Feldes befinden und entweder von einem galvanischen odor yon einem Warmestrome durchflossen werden. Es sind dies die von H a 11 entdeckte Drehung der Aequipotentiallinien eines galvanischen Stromes, die von R i g h i zuerst beobach- tete Widerstandsxunahme (Hall’ scher Longitudinaleffect); ferner die thermomagnetisclien Transversal- und Lungitu- dinaleffecte, welche in von einem Warmestrome durchflosse- nen Platten auftreten (von Ettingshausen und Nernst), sowie die Umkehrungen derselben, niimlich der galvanomag- netische Transversaleffect (von Ettingshausen) und der .galvanomagnetische Longitudinaleffect (N ern s t ) , welche wie- derum in von einem galvanischen Strome durchflossenen Platten beobachtet werden. Das Interesse , welches den soeben aufgeftihrten l’ha- nomenen an sich dargebracht werden muss, weil sie einer neuen Wechselwirkung zwischen den magnetischen und elec- trischen Kraften , sowie der stromenden Warme ihre Ent- stehung verdanken, wird noch erhiiht dadurch, dass sie allen Anzeichen nach einst eine gewisse Bedeutung erlangen wer- den, wenn es sich um die Lasung der Frage nach der Natur der galvanischen Stromleitung in den Metallea handelt. So haben wir es denn unternommen, zu dem experimentellen Studium dieser Phanomene einen Beitrag nach einer Seite hin zu bringen, welche bisher nur ganz vereinzelt gestreift wurde, nilmlicli zu der Frage, wie dieselben, specie11 beim

Einfluss der Temperatur und des Aggregatzustandes auf das Verhalten des Wismuths im Magnetfelde

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Page 1: Einfluss der Temperatur und des Aggregatzustandes auf das Verhalten des Wismuths im Magnetfelde

V. E4rzflzoes der Temperatur mad de8 Ayyregat- &ustandee auf dav Verhaaltmc des wisr,~lrthe

iwc Maynetfelde; @on P. Drude and W. Nerrbst.

(AUE dep Gott. Nachr. Nr. 14 1890; mitgetheilt von den Herren Verf.)

In den letzten Jahren ist eine Anzahl eigenthumlicher Ewcheinungen aufgefunden worden, welche in BUS metallisch leitendem Materiale gefertigten Platten rtuftreten, wenn die- selben sich senkrecht xu den Kraftlinien eines magnetischen Feldes befinden und entweder von einem galvanischen odor yon einem Warmestrome durchflossen werden. Es sind dies die von H a 11 entdeckte Drehung der Aequipotentiallinien eines galvanischen Stromes, die von R i g h i zuerst beobach- tete Widerstandsxunahme ( H a l l ’ scher Longitudinaleffect); ferner die thermomagnetisclien Transversal- und Lungitu- dinaleffecte, welche in von einem Warmestrome durchflosse- nen Platten auftreten (von E t t i n g s h a u s e n und N e r n s t ) , sowie die Umkehrungen derselben, niimlich der galvanomag- netische Transversaleffect (von E t t i n g s h a u s e n ) und der .galvanomagnetische Longitudinaleffect ( N e r n s t ) , welche wie- derum in von einem galvanischen Strome durchflossenen Platten beobachtet werden.

Das Interesse , welches den soeben aufgeftihrten l’ha- nomenen an sich dargebracht werden muss, weil sie einer neuen Wechselwirkung zwischen den magnetischen und elec- trischen Kraften , sowie der stromenden Warme ihre Ent- stehung verdanken, wird noch erhiiht dadurch, dass sie allen Anzeichen nach einst eine gewisse Bedeutung erlangen wer- den, wenn es sich um die Lasung der Frage nach der Natur der galvanischen Stromleitung in den Metallea handelt. So haben wir es denn unternommen, zu dem experimentellen Studium dieser Phanomene einen Beitrag nach einer Seite hin zu bringen, welche bisher nur ganz vereinzelt gestreift wurde, nilmlicli zu der Frage, wie dieselben, specie11 beim

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Wismuth im Mapelfel&. 569

Wismuth, von der Temperatur und dein Aggrngatzustandn beeinflusst werden, und xwar wiihlten wir unter ihnen die beiden zuerst aufgezahlten, weil der Untersuchung der iibrigen in ihrer Abhangigkeit von der Temperatur nicht unbedeu- tende Schwierigkeiten im Wege stehen.

Der Electromagnet, dessen wir uns bei unseren Ver- suchen bedienten, besitzt aufrechtstehende Schenkel, auf denen zwei Polschuhe horizontal verschoben werden kijnnen; derselbe ist nach den Angaben von Hrn. Prof. R i e c k e ge- baut und hat einige Aehnlichkeit mit dem grossen Electro- magnet der Berliner Academie. I ) Der magnetisirende Strom wurde von einer Dynamomaschine geliefert und schwankte bei unseren sammtlichen Versuchen nur wenig um den Mittel- werth 10 Ampbre; die Intensitilt des magnetischen Feldes, welche dieser Stromstarke und dem bei unseren Versuchen ebenfalls constant erhaltenen Abstande der beiden Polschuhc (Liinge 20 cm, Breite und Dicke 4 cm) entsprach, betrug etwa 7000 cgs, wie wir aus der Grosse des Halleffectes und der Widerstandszunahme des W ismuths schatzten.

Das Galvanometer, an dem der Halleffect und die Wie- derstandszunahme gemessen wurde, war eines der bekannten Wiedemann’schen Form; es besitzt zwei dickdriihtige Rol- len von zusammen etwa 2 S.-E. Widerstand und war durch Astasirung auf geniigende Empfindlichkeit gebracht. Es be- fand sich ausaerdem in hinreichendem Abstande vom Elec- tromagnet, um nicht von der directen Fernewirkung dessel- ben in storender Weise beeinflusst zu werden.

Bei messenden Versuchen ist es nattirlich unbedingt er- iorderlich, die zu untersuchenden Platten auf constanter Tem- peratur zu erhalten, damit nicht durch Thermostrome und durch die Beeinfiussung, welche diese und die in der Platte verlaufenden Wiirmestromungen durch den Magnetismus er- fahren, die Beobachtung der betreffenden Wirkungen unmog- lich gemacht oder wenigstene sehr gestort wiirde. Wir er- zielten die gewiinschten hohen Temperaturen durch Dampf- biider, in welche die Platten direct eintauchten; a16 Heiz-

’ 1 ) Man sehe die Zeichnung bei Quiricke, Wied. Ann. 21. p. 35% 1885.

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570 P. Dmde u. W. Nernst.

fliisbigkeiten verwendeten wir Watiser (Siedepunkt looo) Bun- zoesaureamylester (254O) und Diphenylamin (310O).

Der Erliitzungsapparat musste in Hipblick darauf con- struirt werden, dass der zur Verfiigung stehende Raum bei der geringen Ausdehnung , welche man einem magnetischen E'eldc geben darf, wenn man nicht auf' Homogenitat und Starke verzichten will, ein sehr beschrankter ist. Wir h b e n schliesslich den beistehend

Fig. 1.

(Fig. 1) abgebildeten Appa- rat a19 in jeder Hinsicht zweckmassig gefunden; der- selbe besteht aus einem 7 cm breiten, 23 cm hohen und 1 cm dicken Kasten, welcher aus 0,8 mm dickem Messingblech gefertigt und in allen seinen Theilen hart gel6thet war. Der Kasten wurde zwischen die Pol- schuhe PP des Electromag- nets feat eingeklemmt (cf, Fig. l), an der directen Be- riihrung jedoch durch As- bestpappe gehindert. Um ein Entweichen der sieden-

den Dampfe zu verhiiten, waren an sein oberes Ende zwei Messingkleten angelothet , welche mit Wasser gefullt nach Art eines Ruckflusskuhlers in so vollstandiger Weise wirkten, dass ein Verschluss des mittleren Kastens iiberffiissig war. ein Umstand, welcher der bequemen Einfuhrung der zu untersuchenden Platten in hohem Grade forderlich war. In die unmittalbare Nahe der Platten wurde stets die Queck- silberkugel eines Thermometers gebracht. Um cinerseits eine intensive Erwarmung des Kastens zu erzielen, anderer- seits aber die Rollen des Electromagnets, welche fur die Anbringung der Heizflammen nur einen sehr beschrilnkten Reum ubrig liessen, nicht der Gefahr des Verbrennens am- zusetzen, construirten wir aus einein einseitig geschlossenen und seitwilrts mit flinf Lochern versehenen Messingrohre einen Brenner, der mit einem Gemisch von Leuchtgas und

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Wismuth im Mapetfelde. 571

Luft gespeist wurde ; letzteres wurde dadurch erzougt, dass ein vor den Brenner geschaltetes T-Rohr mit der Gasleitung und rnit einem Wassergeblase communicirte. Diese V or- richtung gefahrdete die Umspinnung der Rollen, welche durch Messingbleche vor directer Strahlung geschutzt wurden, nicht im geringsten und lieferte zugleich Warme genug, um auch die hochsiedenden Fliissigkeiten nach wenigen Minuten in lieftiges Kochen zu bringen.

Das bei den nachstehend beschriebenen Versuchen bc- nutzte Wismuth schmolz bei 267O und war jedenfalls sehr rein; es ist gleicher Herkunft wie dasjenige, welches das Material zu Platte Nr. I1 lieferte, die friiher l) beziiglich der Hall’schen Wirkung eingehend untersucht worden’ ist, und hat auch sonst mehrfach zu ahnlichen Versuchen gedient.

8: a l l p hilno men i m W i sm u t h. Eine quadratfdrmige, 0,5 cm dicke Wismuthplatte war mit vier an den Mitten ihrer Seiten eingeschmolzenen Kupferdrahten versehen, von denen alternirend zwei zu einem Bunsenelemente , welches den Primarstrom lieferte, und zwei zum Galvanolheter filhr- ten, an dem der TransverRaleffect beobachtet wurde. Indem so die Anwendung von Loth vermieden war, konnta die Platte bis auf dem Schmelzpunkt nahe Temperaturen erhitxt werden , ohne dass die Zuleitungen , welche gleichzeitig der Platte als Triiger dienten, sich losten. -41s die letztere in der unten stehenden Reihenfolge auf die Temperaturen t ge- bracht wurde, beobachteten wir folgende, auf gleichen Pri- milrstrom bezogene electromotorische Krafte e des H a l l ’ - schen Stromes , diejenige bei der Anfangstemperhr gleich eins gesetzt.

t ‘LOo 254O 2S0 e 1,OOO 0,418 1,005.

Da nach obigen Zahlen der Halleffect kurz vor dem Schmelz- punkte, wenn auch erheblich schwilcher wie bei gewohnlicher Temperatur, doch immerhin in mit anderen Metallen ver- glichen von grosser Stiirke zu constatiren war, so erschierl der Versueh, denselben auch in fltissigem Wismuth zu unter-

1) von Ett ingshauseu u. Nernst , Wien. Ber. 94. p. 592. 1886.

- -

Vgl. auch Nernst , Wied. Ann. 31. p. 772. 1887.

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572 l? Drudr* u. W . Nernot.

suchen, besonders verlockeud , weil miin. &us dessen Verhal- ten am ehesten zu schliessen geneigt sein wird, ob das Hall’sche Phanomen vorwiegend an den krystallinischen Bustand gebunden ist oder nicht. Der diesbeziigliche Ver- such ergab, dass bei der zur Verwendung gelangten Probe von geschmolzenem Wismuth das H all’sche Drehungsver-

f

Fig. 2.

kleinen Stiickchen

mogen, wenn iiberhaupt messbar! so doch sicherlich weniger wie 1/60, wahrschein- lich weniger wie I/,,, von dem bei Zim- mertemperatur beobachteten Werthe be- tragt.

Die Untersuchung des geschmolze- nen Wismuths gelang in einer unten zugeschmolzenen, aufgeblasenen und hier- suf pllttt gedriickten Glasrohre, welche init drei eingeschmolzenen Platindrahten versehen war (cf. Fig. 2). Die vierte Zuleitung geschah mittelst eines von oben eingefiihrten Platindrahtes. Das Rohr wurde leer in den Dampf des sie- denden Diphenylamins gebracht, hierauf mit Wi.smuth beschickt, indem dieses in

durch das 0,5 cm weite Qlasrohr hinein- geworfeo wurde, und sodann unter den gleichen Bedingungen wie die erste Platte untersucht. Mit Commutiren des magnetisi- renden Stromes trat allerdings eine deutliche Ablenkung auf, die jedoch mit der Richtung des Primarstromes nicht die eigene wechaelte, also keinesfalls von einer Hall’schen Wir- kung herruhrte. Worauf dieselbe beruht, miissen wir vor- laufig dahingestellt sein lassen; sie verschwand, als man den Primarstrom Wnete, schien jedoch im uhrigen mehr secun- daren Ursprungs zu sein. Aller Wahrscheinlichkeit nach ist sie an den fliissigen Zustand gebunden, wie daraus geschlos- sen werden kann, dass eine ahnliche Wirkung und zwar etwa gleich stark auch dann auftrat, als der Apparat mit Quecksilber anstatt mit tlussigem Wismuth beschickt war (s. unten), und dass sie verschwand, sowie das Wismuth er- qtarrte.

Unmittelbar nachdem das Wismuth fest geworden und

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Wismuth im Mqnetfelde. 573

his auf 50° abgekiihlt war, wobei wider Erwarten das Glas- gefiss von dem beim Erstarren sich ausdehnenden Wismuth nicht gesprengt wurde, konnten wir den Halleffect in einer der Dicke der Platte entsprechenden Brosse beobachten ; bei weiterer Abktihlung bis auf 15O wurde er um etwa 2 Proc. kleiner.

Mit der unveranderten Platte stellten wir hierauf, iini

uns fiber die Abhangigkeit des Transversaleffectes von dr!r Temperatur bis in die Nahe des Schmelzpunktes zu orien- tiren, folgende Messungen an:

1 14O 243n 100" 14" e 1,OO 0,23 1,23 1,16.

Das Wismuth kehrte beim Abkuhlen somit nicht gttnx in den friiheren Zustand zurtick, eine hei der vielfach beob- achteten Abhangigkeit des Transversaleffectes von der Be- handlung, welche man dem Metall hat nngedeihen lassen, nicht unerwartete Erscheinung. Auch dieser Versuch zeigt, dass das Hal l ' sche Drehungsvermogen beim Abkuhlen von 100 auf 14O abnimmt, was rnit einer alteren Beohachtung in Uebereinstimmung sich befindet'); die Abnahme desselben h i hoherer Temperatur ist hier nicht unerheblich grosser wie bei der ersten Platte. Jedenfalls ist aber die Abnahme in dem Interval1 von 243 bis 310°, in welches die Verfltissi- Rung des Wismuths fallt, eine ausserordentlich vie1 stilrkere, wie in dem ganzen iibrigen untersuchten.

W i d e r s t n n d s z u n a h m e des W i s m u t h s i m M a g n e t - f e 1 d e. Wie bekannt a) ii bt der Magnetisnius ausser dem Hall- effect noch eine zweite Wirkung auf ein von einem galvani- schen Strome senkrecht zu den Kraftlinien des Feldes durch- flossene Wismuthplatte aus, welche gewahnlich als Wider- standsanderung gedeutet wird, aber nattirlich mit gleichem Rechte als eine durch den Magnetismus erzeugte electromo-

1) von Ett ingshausen u. Nernst , Wien. Ber. 94. p. 593. 1886. Eine zweite , am Wismuth mderer Herkunft gefertigte Plstte hingegen lieferte bei deli Temperaturen 0 , 21, 99" fur das Drehungsvermogen die Werthe 8,1, 7,R, 4, l , zeigte also eine starke Abnahme echon bei gewohn- licher 'I'emperatur. Vgl. such Leduc, Compt. rend. 102. p. 358. 1886.

2) ltig hi , JOUIP. de Phye. ('2) 8. p.955. 1884.

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514 P. Drude u. W. Nernst.

torische Gegenkraft, d. h. als longitudinaler Halleffect auf- gefasst werden kann. l)

Ueber den Einfluss der Temperatur auf die Grosse dieses Effectes liegen bis jetzt nur einige vereinzelte An- gaben vor, welche sich auf ein beschranktes Interval1 er- strecken. So constatirte bereits R i g h i (1. c.), dass bis 100" die Widerstandsvermehrung infolge von Erregung des Mag- netfeldes kleiner wird. E. von A u be12) theilte kurzlich einen Versuch mit, wonach dieselbe bei 99,i"' nur 0,415 Proc. hetrug, wahrend sie unter sonst gleichen Urnstanden bei Oo 2,9 Proc. war, constatirte also eine sehr bedeutende Veran- derlichkeit mit der Temperatur , was die mitzutheilenden eigenen Versuche durchaus bestatigen.

Bei unseren Messungen, welche sich wiederum bis uber tlen Schmelxpunkt hinaus erstrecken, befmd sich das Wis- muth im Inneren einer dunnwandigen Glascapillare , welche

senkrecht zu den Kraftlinien des Feldes in den Erhitzungsapparat eingefiihrt wurde (cf. Pig. 3). Die Zuleitungen des Primarstroms und die Ableitungen zum Galvanometer wur- den durch je zwei, zur gegenseitigen Isola- tion mit Glascapillaren iiberzogene Platin- driihte vermittelt. Der Ausschlag, welchen das Galvanometer bei geschlossenem Prim&r- strome anzeigt, ist dem Widerstande des Wismuthstabchen proportional und kann durch ihn die Zunahme dieses bequem gemessen werden. Zur besseren Ausnutzung der Scala des Galvanometers wurde gewahnlich mittelst einer durch Abzweigung von einem Hulfs- elemente erzeugten electromotorischen Kraft der Aiisschlag compensirt. Diese Methode

hat den grossen Vortheil, unabhangig von etwaigen Ueber- gangswidersthden zu sein, welche an den Zuleitungen zum Wismiith ihren Sitz haben kiinnten. Auch die ~+lascapilla- ren sprangen nicht, wenn das Wiurnutli wieder festen Aggre- gatzustand annahm.

~ i ~ . 3.

1) Nernst, Wied. Ann. 31. p. 783. 1887. 2) E. von Aubel , Phil. Mag. ( 5 ) ?8. p. 342. 1889.

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Wi.muth im Maynetfelde. 575

In der folgenden Tabelle sind die hei den danehen stelienden Temperaturen t beobachteten Werthe SSr die Widerstandszunahme infolge der Magnetisirung A w in Proc. verzeichnet; in der dritten Columne befindet sic.11 rler Wider- stand w des Wismuthstabchens in S.-E.

1 A w W

' 16O 21,9 Proc. 0,250

223 0,96 i i 0,250 290 0,41 i i Ollli

35 15,l i i 0,207

100 8,O 11 0,221

18 18,6 i f 0,20H

Die Zahlen sind in der Reihenfolge mitgetheilt, in der wii. sie erhielten; zwischen der vorletzten und letzten Messung lag ein Zeitraum von mehreren Stunden. Sowohl an der Widerstandszunahme, wie besonders an der absoluten Grossc des Widerstandes ist deutlich erkennbar, dass beim Abkiili- leu sich der fruhere Zustand nicht genau wieder herstellte. MBglicherweise wirkte hier eine Autlijsung rles Platins der Zuleitungsdriihte im geschmolzenen Wismiith mit, welche bei tler leichten Legirbarkeit dieser Metalle mindestens spuren- weise erfolgen muss.

Bei 290" war dss Wismuth geschmolzen; die Erschei- nung, dass der specitische Widerstand dieses Metalles heiiii Schmelzpunkte plotzlich sehr viel kleiner wird, ist bereits wiederholt') beobachtet worden und findet sich auch in den von uns Siir w gefundenen , Werthen ganz auffallend wieder. Die Widerstandszunahme des flassigen Wismuths infolge der Magnetisirung war unzweifelhaft vorhanden, wenn auch maser- ordentlich viel kleiner, wie die des festen Metalls hei ge- wijhnlicher Temperatur. Ob dieselbe in beiden Fiillen einer gleichen Wirkung entspringt, oder ob vielleich't Stromungen, welche infolge der vom Electromagnet auf den fliissigen Leiter ausgeiibten ponderomotorischen Kraft entstehen kiin- nen, eine secundiire Rolle spielen, muss vorlaufig dahin-

1) Insbesondere sind unsere Resultate im Einklang mit den Beob- achtungen von C. L. W e b e r (Wied. Ann. 25. p. 145. lass), sowobl was die bedeutende Widerstandsabnahme beim Schmelzen, wie den Umstnud anlaqt, dms beim Abkiiblen sich hiiufig der Where Zustand nicht wie- der herstelk.

. .

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gestellt werden. Doch sprechen die beim Quecksilber ge- lnachten Beobachtungen (8. u. p. 578) mehr fur die letztere Auffassung. Jedenfalls zeigen longitudinaler wie transver- saler Ealleffect beide die Erscheinung, dass sie bei hoher Temperatur an Intensitat sehr stark abnehmen; aber der Grad der Abnahme geht keineswegs bei beiden parallel. Wtlhrend die Wiederstsndszunahme schon bei erheblich unter dem Schmelzpunkt liegenden Temperaturen einen sehr klei- nen Betrag annimmt, liegt beim Halleffect das Gebiet der schnellen Abnahme entweder sehr nahe beim Schmelzpunkt oder aber er verschwindet plotzlich, wenn das Wismuth den fiiiissigen Aggregatzustand annimmt. Die Entscheiduog zwi- schen letzteren heiden Moglichkeiten durfte erhebliclies Inter- ewe bieten, war uns zu treffen bisher aber nicht moglich.

Bei einer zweiten mit Wismuth gleicher Herkunft be- schickten Capillare fanden wir die Werthe:

t 29" RlO* 254" 32O 100" 34" Arc 16 0,l 1,2 20 9,l 22,O Proc.

und mit einer dritten: t 25O 310°

A m 33,s 0,4 Proc.

liesultate, welche mit dem friiheren Ergchniss in Uebcrcin- stimmung sich betinden.

Aus den bisherigen Ergehnissen kann man wohl mi t einiger Sicherheit den Schluss xiehen , dass auch die ther- momagnetischen Phtinomene bei hohen Temperaturen an Stiirke bedeutend einbiissen werden; thatsachlich ist deiin auch bereits friiher von einem von uns eine Abnahme der- selben mit zunehmender Temperatur mehrfach constatirt worden. I) Denn wenn aucli eine zahlenmiissige Bexiehung xwischen den Intensitjlten, mit welchen die verschiedenen magnetischen Effecte des Wismuths auftreten , bisher fiicli nicht hat auffindeu lassen, so ist doch ein inniger Zusam- menhang durch die Versuche an Wismuth-Zinnlegirungen 2,

wohl ausser Zweifel gestellt. Es ist hemerkenswerth , dass auch nndere pliysikalische

1) Kerns t , 1. c. p. 772 u. 781. 2) E. v. Ett , ings l iauee i i 11. Ner i i e t , W i d . Ann. 33. 1'. 7YO. 1888.

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Wismuth im Magnetfelde. 577

Eigenschdten des Wismuths eine ahnlich grosse Veriinder- lichkeit rnit der Temperatur aufweisen; so wird nach Beob- achtungen von P l u c k e r und Mat teucc i ’ ) der Diamapetismus des Wismuths beim Schmelzpunkt nusserordentlich stark erniedrigt. Ferner verliert Wismuth bei hoherer Tempe- ra tur die fur dies Metall so charakteristische Sprodigkeit, indem es sich in Drahtform pressena), j a sogar bei Tempe- raturen von 230 bis 260° rnit Anwendung einiger Kraf t kne- ten l a ~ s t . ~ ) F u r einen derartigen Parallelismus sprechen auch die a n anderen Metallen gemachten Erfahrungen; denn es lasst sich im grossen und gsnzen nicht verkennen, dsss ausser Wismuth gerade die durch ihre Sprodigkeit ausge- zeichneten , metallisch leitenden Stoffe, wie Kohle, Antimon und besonders Tellur, sich besonders activ erweisen.

H a l l p h a n o m e n i m A n t i m o n . I n der gleichen Weise, wie beim Wismuth, bestimmten wir auch beim Antimon den Einfluss der Temperatur , wobei wir une einer riereckigen Platte, welche mit vier am Rttnde ale Electroden mittelst einer Stichflamme eingeschmolzenen Platindrahten versehen war und eine Dicke von 0,201 cm besass, bedienten. W i r erhielten der Reihe nach folgende Werthe:

t l7O 210° 250° SOo 23O e 1 0,78 0,72 0,7G 0,91.

Es fiillt bei diesen Zahlen auf, wie geringfiigig der Einfluss der Temperatur beim Antimon verglichen mit Wismuth ist. Hierinit steht vielleicht wieder der Umstand in Zusammen- hang, dass Antimon sich erst bei erheblich hoheren Tem- peraturen als Wismuth und da nur mit Anwendung vie1 grosseren Drnckes zu Draht presson lasst. 4,

H a l l p h i n o m e n m i t Q u e c k s i l b e r . In dem gleichen Apparate, in welchem geschmolzenes Wismuth zur Unter- suchung gelangt war (Fig. 2), wurde Quecksilber der Nes- sung unterworfen. Wir beobachteten, wie schon erwahnt, einen deutlichen Ausschlag bei Commutiren des magnetisi- renden Stromes, melcher jedoch mit der Richtung des das

1) G. Wiedemann, Galr. 2. p. 586. 2) Matthiessen, Pogg. Ann. 100. p. 177. 1857. 3) Ph. Lenard, Wied. Ann. 89. p. 641. 1390. 4) Lei isrd, 1. c. p. 639.

Ann. d. Phyn. u. Chem. N. F. XIAIL 37

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Quecksilber durchfliessenden Stromes die eigene nicht wech- selte und demgemass nicht von einer Hall'schen Wirkung herriihrte; und zwar betrugen die wegen der directen Fern- wirkung des Electromagnets auf die Galvanometernadel cor- rigirten Nadelausweichungen bei beiden Richtungen des Priniarstromes 49, bezw. 46 Scalentheile. Das Quecksilber hatte Zimmertemperatur. Als das Glasgefhss, in welchem sich jenes befand, zur Verminderung etwaiger durch Peltier- effecte oder J o u l e ' sche Wilrme erzeugter Temperaturver- schiedenheiten in ein Gekss mit Wasser gesetzt wurde, be- trugen unter sonst gleichen Umstiinden die bei den Er- regungen des Magnets auftretenden Ausschlsge 53 , bezm. 48 Scalentheile. Bei der Grosse der storenden Nebenwirkung ware es gewagt, die halben Differenzen, welche in beiden FLllen mit gleichem Vorzeichen bei Umkehr des Primar- stromes auftreten und 1,5 im ersten, 2,5 Scalentheile im zweiten Falle betrrtgen, als Hal l ' sche Wirkung zu deuten; doch sei der Vollstiindigkeit halber angefuhrt, dsss dieselben einer H all'schen Wirkung entsprechen wurden , welche in gleicher Richtung aber etwa 300 ma1 schwacher auftrlite, wie heim Wismuth unter sonst gleichen Bedingungen. l)

W i d e r s t a n d s z u n a h m e i m Quecks i lber . Das Netall wurde in dem gleichen Apparate, Fig. 3, wie das geschmol- zene Wismuth bei Zimmertemperatur untersucht. Es ergab sich in der That eine kleine, aber unzweifelhafte Vergriisse- rung des Widerstandes der mit Quecksilber erfiillten Capil- lare infolge der Wirkung des Magnetismus, wie die nach- folgenden Zahlen beweisen.

Stromst&kee d to

Die Widerstandszunahme andert sich also merklich mit der Intensitiit des das Quecksilber durchfliessenden Stromes und wird so die Auffassung nahe gelegt, besonders bei Be- riicksichtigung der im vorstehenden Absatz mitgetheilten Resultate, dass obige Widerstandszunahme nicht mit der beim festen Wismuth beobachteten in Parallele zu stellen ist, sondern vielleicht einer directen electrodynamischen W ir- .-

I ) Vgl. dam R o i t i , Joum. +e Phys. (2) 2. p. 613. 1853.

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Wisniuth im M a p e ~ e i d e . 579

kung des Magnetismus auf den fiiissigen Leiter ihre Ent- stehung verdankt.

Anhang, die o p t i s c h e n E i g e n s c h a f t e n des Wis- m u t h s im M a g n e t f e l d e b e t r e f f e n d , von P. Drude .

Es wurde vor einiger Zeit das Wismuth auf eine even- tuelle Aenderung seiner optischen Constanten im Magnet- felde durch Beobachtung von reflectirtem Lichte untersucht; das einfallende Liclit war linear unter dem Azimuth 450 gegen die Einfallsebene polarisirt. Es wurde eine Wismuth- sorte untersucht von grosser Reinheit, welche bei den oben angefiihrten Versuchen eine starke Widerstandsanderung im Magnetfelde zeigte und eine weniger reine Sorte, welche nicht hinsichtlich des letzteren Verhaltens gepruft ist.

Die beiden Pole des Electromagnets waren stets sehr genlhert, zum Theil bis auf 3 mm. Wenn der Gang der Lichtstrahlen es gestattete, waren die Wismuthspiegel in der Mitte zwischen den Polen angebracht, sodass sie sich in sehr starkem magnetischen Felde befanden.

Es wurden die drei Falle untersucht : 1) dass die Kraft- linien senkrecht zum Spiegel verliefen, oder 2) parallel dem Spiegel und in der Einfallsebene des Lichtes oder 3) parallel dem Spiegel und senkrecht zur Einfdlsobene. In keinem Falle war eine Aendorung der optischen Constanten zu con- statiren, weder eine solche, welche sich mit der Magnetisi- rungsrichtung umkehrte, noch eine solche, welche von der Richtung unrtbhllngig und die eventuell nur an das Vorhan- densein des mngnetischen Feldes uberhaupt gekniipft gewesen ware. Dieser letztere Fall wllre denkbar gewesen, wenn die Aenderung der optischen Constanten des Wismuths ganz parallel-verliefe mit der des electrischen Widerstandes. Die- ser ist bekanntlich von der Magnetisirungsrichtung unab- hangig , jedoch rerschieden parallel oder senkrecht zu den Kraftlinien. Im letzteren Falle mnsste der Wismuthspiegel sich wie ein reflectirender absorbirender Krystall verhaltvn und diese Erscheinung miisste daran zu erkennen sein, dabs die elliptische Polarisation des reflectirten Lichtes durch Er- regung des Magnetfeldes gekndert und dann von der Lnge

37 *

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580 P. Drtuie u. W . Nernst. Wisniuth im Magnetfelde.

der Einfallsebene abhangig xurde. In keinem Falle war aber eine solche Modification deutlich zu bemerken, indem sowohl die relative Phasenverztigerung als auch das Ampli- tudenverli&ltniss des reflectirten Lichtes bei unerregtem mag- netischen Felde dieselben waren: wie bei erregtem und zwar in allen oben angefiihrten drei Versuchsanordnungen.

Wenn eine Aenderung der Natur des reflectirten Lich- tes eintreten sollte, welche sich mit der Magnetisirungsrich- tung umkehrt, so wiirde dies ein dem von K e r r entdeckten Verhalten der magnetischen Metalle , Eisen, Nickel, Cobalt analoges Phanomen sein. Urn eine solche eventuelle Aende- rung noch besser entdecken zu konnen, wurde mit sehr in- tensivem weissen Lichte beobachtet, welches in oder senk- recht zur Einfallsebene polarisirt war. Eine Drehung der Polarisationsebene in dem Betrage von 1’ ware noch zu con- statiren gewesen. Es war aber eine solche nicht vorhanden. Bei einem Stahlspiegel war bei denselben Versuchsanord- nungen das Kerr’sche Phiinomen sehr deutlich zu beobach- ten, unter gewissen Bedingungen l) ergaben sich Drehungen der reflectirten Polarisationsebene bei commutirtem Magnet- feld bis zum Betrage von 32’.

Das sich aus meinen Beobachtungen ergebende nega- tive Resultat am Wismuth befindet sich im Einklang mit Beobachtungen des Hrn. R i g h i 2 ) und im Widerspruch mit Beobachtungen Hrn. Hur ion ’ s s ) , nach welcheiu am Wis- muth das K e r r’sche Phanomen bei senkrechter Incidenz den Betrag von 15‘ erreichen ~011. Ich hahe indess dieses Beobachtungsresultat nicht fur sicher, da das Licht zweimal eine Glasplatte durchsetzte, welche der PolarisatiQnsebene eine sehr starke electromagnetische Drehung ertheilte. Be; meiner Versuchsanordnung waren solche Glasplatten vei- mieden und das Resultat ist aus derselben also jedenfalls in directerer Weise abgeleitet, a19 bei Hrn. H u r i on.

G i j t t i ngen , Phys. Inst., Oct. 1590. - - _ - - 1) Wenn n%mlich die magnetische Axe senkrecht zuin Spiegel stand,

der Emfallswinkel 68’ betrug und das einfallende Licht parallel zur Eiii- fallsebeue polarisirt war.

2) Righi , Ann. de chim. et de phys. (6) 4. 11. 443. 1883. 3 Hurion, Jouni. de Phye. (2) 3. p. 360. 1884.

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