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100 5. Eilzflup der Temperatur und des Aggregatxustandes auf d4e AbsorptiorzsspeJctm der geschrnolxenem Sabe; uom 2: Retschinsky. (Mitteilung aus dem Laboratorium der Firma W. C. Heraeus.) (Hierzn TRP. 11-IT, Figg. 1-9.) Der EinfluB der Temperatur auf die Absorptionsspektra ist schon mehrmals Gegenstand von Untersuchnngen gewe5en.l) Als Resultat dieser, zum Teil einander widersprechenden Arbeiten kann man die Tatsache nennen, daB fur feste Iiorper und LGsungen die Absorptionsstreifen bei Temperaturerhohung sich in den meisten Fallen nach der Seite der groBeren Wellen- lingen verschieben. Es sind aber auch solche Falle vorhanden wo eine Verschiebung in umgekehrter, oder auch gar keine stattfindet. Dabei handelt es sich urn Verschiebungen, deren Betrag die Qr68e von ca. 5 pp pro looo Temperaturerhohnng nicht iiberschreitet. Nur fur AgBr im geschmolzenen Zustand ist eine Verschiebung von vie1 grijgerem Betrag von Q. Schu- manna) beobachtet worden. Genaue spektralphotometrische Messungen im sichtbaren Gebiet verdanken wir K o enigs b erger 3, und Houston. 4, Koenigsberger findet, daB die Absorptionsbande (Minimum 540 ,up) des festen Fuchsins bei looo Temperaturerhijhung urn ca. 4pp nach der Seite der groBeren Wellenlangen riickt. Fur schweres Flintglas findet Koenigsberger ein Vorrucken der Stelle der gleichen Absorption in der gleichen Richtung urn ca. 30 pp bei 100 O Temperaturerhohung. 1) Literaturangabe in Kaysers Handbuch der Spektroskopie 3. 2) V. Schumann, Eders Jahrbuch f. Photogr. 7. p. 160. 1893; 3) J. Koenigsberger, Ann. d. Phys. 4. p. 796. 1901. 4) R. A. Houston, Ann. d. Phys. 21. p.535. 1906. p. 94; vgl. auch J. Becquerel, Physik. Zeitschr. 1907. p. 929. auch Kaysers Handbuch 3. p. 104.

Einfluß der Temperatur und des Aggregatzustandes auf die Absorptionsspektra der geschmolzenen Salze

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5. Eilzflup der Temperatur und des Aggregatxustandes auf d4e AbsorptiorzsspeJctm

d e r geschrnolxenem S a b e ; uom 2: R e t s c h i n s k y .

(Mitteilung aus dem Laboratorium der Firma W. C. Heraeus.) (Hierzn TRP. 11-IT, Figg. 1-9.)

Der EinfluB der Temperatur auf die Absorptionsspektra ist schon mehrmals Gegenstand von Untersuchnngen gewe5en.l) Als Resultat dieser, zum Teil einander widersprechenden Arbeiten kann man die Tatsache nennen, daB fur feste Iiorper und LGsungen die Absorptionsstreifen bei Temperaturerhohung sich in den meisten Fallen nach der Seite der groBeren Wellen- lingen verschieben. Es sind aber auch solche Falle vorhanden wo eine Verschiebung in umgekehrter, oder auch gar keine stattfindet. Dabei handelt es sich urn Verschiebungen, deren Betrag die Qr68e von ca. 5 pp pro looo Temperaturerhohnng nicht iiberschreitet. Nur fur AgBr im geschmolzenen Zustand ist eine Verschiebung von vie1 grijgerem Betrag von Q. S c h u - manna) beobachtet worden.

Genaue spektralphotometrische Messungen im sichtbaren Gebiet verdanken wir K o enigs b e r g e r 3, und Hous ton . 4, Koen igsbe rge r findet, daB die Absorptionsbande (Minimum 540 ,up) des festen Fuchsins bei looo Temperaturerhijhung urn ca. 4 p p nach der Seite der groBeren Wellenlangen riickt. Fur schweres Flintglas findet Koenigsberger ein Vorrucken der Stelle der gleichen Absorption in der gleichen Richtung urn ca. 30 p p bei 100 O Temperaturerhohung.

1) Literaturangabe in Kayse r s Handbuch der Spektroskopie 3.

2) V. Schumann , E d e r s Jahrbuch f. Photogr. 7. p. 160. 1893;

3) J. Koen igsbe rge r , Ann. d. Phys. 4. p. 796. 1901. 4) R. A. Houston, Ann. d. Phys. 21. p.535. 1906.

p. 94; vgl. auch J. Becquere l , Physik. Zeitschr. 1907. p. 929.

auch Kayse r s Handbuch 3. p . 104.

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EinfEup der Temperatur und des dggregatzustandes usw. 101

Theoretisch ist die Frage nach dem EinfluB der Tem- peratur auf die Absorption von Voigt l) und Erf le2) behandelt worden.

Versuchsanordnung.

Zum Zwecke der Untersuchung von Absorptionsspektren der Salze im geschmolzenen Zustande ist, nach einigem Pro- hieren mit gri33erem Widerstandsofen und flachen planparallelen GefaiBen aus Quarzglas , folgende einfache Versuchsanordnung gewahlt worden. Zur Aufnahme der Salze diente ein Reagens- glas aus Quarzglas von 7 mm lichter Weite und 50 mm Hohe. Zum Erhitzen wurde ein kleiner zylinderfikmiger Widerstands- ofen von 10 mm innerem Durchmesser und 70 mm Hohe be- nutzt. Die Wande des Ofens bestanden aus Schamotte mit ejngebetteter Platinspirale. Mit ungefahr 40 Volt und 4-5 Amp. konnte man den Ofen auf llOOo bringen und, eine konstante Netzspannung vorausgesetzt , bei jeder Temperatur dauernd konstant halten. I n den Wanden des Ofens befanden sich zwei gegeniiberliegende Fenster von 3 x 10 mm, um den Durchgang des Lichtes zu ermiiglichen. Die Temperaturmessung geschah mit Hilfe eines Thermo- elementes aus Platin und Platinrhodium VOD 0,04 mm Drahtstarke, das mit einem von der Phys.-Techn. Reichsanstalt geeichten Normalelement verglichen wurde. Die Drahte des Thermoelementes wurden mit einer Quarzglaskapillare voneinander isoliert und befanden sich in einem unten zugeschmolzenen Quarzglasriihrchen von ca. 2 mm Durchmesser, das in das geschmolzene Salz eingetaucht und in dieser Stelle befestigt werden konnte. Wahrend des Ver- suches wurde die Temperatur dauernd beobachtet. In demselben Ofen konnte man iiach Entfernung Fig. 1. des Reagensglaschens auch feste Elorper unter- suchen. Die Fig. 1 stellt einen Langsschnitt des Ofens in

Bei Temperaturcn unter B O O o wurde das Quarzglas n u r SO greifen IiJ,

natiirlicher GrijBe dar.

durch wenige geschmolzene Sake angegriffen.

1) W. V o i g t , Ann. d. Phys. 6. p. 459. 1901. 2) H. Erf le , Ann. d. Phys. 24. p. 673. 1907.

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102

LiCl und LiBr schon bei 700° stark an, dagegen Li,SO, auch bei 1000 O wenig. Erdalkalichloride und Bromide greifen bei 800° noch sehr wenig an, noch weniger Alkalisulfate und Chloride. Es wurde ftir jedes Salz ein neues Qlaschen ge- nommen.

Als Lichtquelle diente eine Quarzlampe mi t Pb-, Bi-, Zn-, Cd-Amalgamfiillung nach L. Arons.1) Die Large des leuch- tcnden Fadens war 12 cm. Belastung betrug 145 Volt und 4,5 Amp. Diese Lampe hat fur Absorptionsuntersuchungen im Ultraviolett manche Vorteile vor den sonst gebrauchlichen Lichtquellen. Ihr Spektrum ubertrifft an Linienreichtum das Funkenspektrum der von E d e r und Valenta2) benutzten Legierung (Zn, Cd uiid Pb); auch die Intensitatsverteilung ist gunstiger. Dazu kommen noch die leichte Handhabung der Lampe und eine groBe und konstante Intensitat des Lichtes, die sich immer wieder herstellen IaBt, wenn man die Lampe mit derselben Stromstarke und Spannung brennen lafit. Bei den Versuchen, die mehrere Stunden dauern, kommt allerdings ein Mifistand hinzu: die verdampften schweren Metalle kon- densieren sich langsam an der Wand des Leuchtrohres und beeintrachtigen dadurch die Lichtstarke und Konstanz. Urn das zu vermeiden, mu8 man von Zeit zu Zeit die Lampe aus- liischen und die Wande des Leuchtrohres mit heifiem Amalgam durchspulen. Dadurch bekommt die Lampe wieder ihre ur- sprungliche Intensitat.

Die Absorptionsspektra wurden mit einem Quarzspektro- graphen von S c h m i d t und Haensch3) photographiert. Die Platten waren ,,Orthochrom T" der Farbwerke Hijchst und gewohnliche Schleussnerplatten des Handels.

Mit dieser Versuchsanordnung geniigte eine Expositionszeit von ca. 3-4 Minuten. Nur bei den Salzen, welche schon bei ihrer Schmelztemperatur das Quarzglas angreifen, muBte man liingere Expositionszeiten anwenden. Die kleinste photo- graphisch wahrnehmbare Wcllenlange war 21 4 ,up. Pon 227 pp an abwarts war die Intensitiit der Linien relativ scliwach.

T. Retsch ins ky .

1) L. Arons, S u n . d. Phys. 23. p. 176. 1907. 2) J. M. E d e r und E. Valenta, Beitriige zur Photochemie uiid

3) F. S c h m i d t und I-Iaensch, Katalog 11. p. 38. Sept. 1903. Spektralanalyse. Wien 1904. 'raf. VIII. p. 104.

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Einpup der Temperatur und des Aggregahustandes USW. 103

Es wurden folgende 30 Salze 1) in geschmolzenem Zustand auf ihre Absorption in sichtbarem und ultraviolettem G ebiet untersucht. Die Sulfate von Li, Na, K, Rb, Ag, die Chloride von Na, K, Rb, Ca, Sr, Ba, Zn, Cd, Pb, Bi, Ag, die Bromide von Na, K, Rb, Ca, Sr, Ba, Zn, Cd, die Nitrate von Na, K, Ca und Ag, K J und Na,B,O,.

Es hat sich zuerst gezeigt, dall alle diese Salze eine End- absorption auf der Seite der kiirzeren Wellenlangen besitzen, so daB unterhalb einer bestimmten Wellenlange alles Licht bis zu der kleinsten bei unserer Anordnung wahrnehmbaren Wellenlange (214pp) absorbiert, auf der anderen Seite bis zu der grofiten Wellenlange (600 ,up) durchgelassen wurde. I m allgemeinen befindet sich zwischen dem Gebiet, wo praktisch alles absorbiert, und dem , wo alles durchgelassen wird , ein Ubergangsgebiet, und deshalb ist die Lage der Endabsorption von der Dicke der absorbierenden Schicbt und der Expositions- zeit nicht unabhangig. Um diesen Fehler schatzen zu konnen, wurden dieselben Absorptionsspektra mit verschiedenen Ex- positionszeiten photographiert. Es ergab sich dabei, daB bei geschmolzenen Salzen die Stelle , wo vollstandige Absorption einsetzt , von der Expositionszeit praktisch unabhangig ist; darnus kann man schlieBen, daB das Ubergangsgebiet sehr schmal ist. Fig. 1, Taf. 11, stellt die Spektra von KBr bei konstanter Temperatur mit Expositionszeiten: '7-15-30- 60-120-240 Sekunden dar.

Die Absorptionsspektra der Salze wurden bei verschie- denen Temperaturen photographiert. Dabei wurde immer bei der tiefsten Temperatur angefangen. In Fallen, wo eine Falschung des Resultates durch Zersetzung bei hoher Temperatur, durch Reaktion mit dem Quarzglas oder durch Belichtung mit ultraviolettem Licht zu befurchten war, ist nach Beendigung des Versuches zur Kontrolle nochmals bei der niedrigsten Temperatur photographiert worden.

Um den EinfluB des Aggregatzustandes auf das Absorptions- spektrum zu untersuchen, wurde fur einige feste Salze die &dabsorption bei Zimmertemperatnr bastimmt. Die Her- stellung der absorbierenden Schicht geschah folgendermafien.

1) Von E. Merck, Darmstadt.

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104 T. Retsch insk-y.

Das betreffende Salz wurde in eiiiem Platintiegel geschmolzeii und auf Platinblech ausgegossen. Nachdem dem Piattchen die geeignete Form und Dicke mit der Feile gegeben war, wurde es auf der Glasscheibe mit Spiritus geschliffen. Manchen Salzen, die nicht fest genug fur das Schleifen waren, konnte man die geeignete Form geben, iiidem man den Platinspatel auf die ausgegossene fliissige Nasse legte. Die Schichtdicke betrug meistens ca. 1 mm. Mit solchen Platten gewonnene Resultate sind mit vielen Fehlern behaftet. Erstons erleidct der Lichtstrahl im Inneren mehrere Reflexionen und dadurch ist die wirksame Schichtdicke nicht mehr definiert, zweitens werden die kleineren Wellenlangen durch diffuse Reflexionen mehr geschwacht, als die grol3eren. Aber im Falle scharfer Endabsorption und bei den hier gebrauchten Wellenlangen sind diese Fehler zu vernxchlassigen, was ein Vergleich der Absorption einer in solcher M7eise bearbeiteten NaC1-Platte mit der eines Spaltungsstuckes von Steinsalz zeigte.

EinfluB der Temperatur und des Aggregatzustandes auf die Absorption.

Die Ergebnisse derversuche (vgl. Spektrogramme Taf. 11-IV, Fig. 2--5) fur geschmolzene Salze sind in der Fig. 2 zusammen- gestellt. Aus jeclem Spektrum ist die Wellenlange der letzten

7000

503

L 200~1,7006 230 500 ,L! $ "opp 333,up 2

Fig. 2.

Lii, SO, +

noeh durchgelassenen Linie abgelesen und das Reziproke dieser Wellenlange als Abszisse, die Temperatur, die diesem Spektrum entspricht, als Ordinate aufgetragen.

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Einfiup der Temperatur und des Aggregatzustandes usw. 105

Der Grund, weshalb nicht Wellenlangen, sondern Schwin- gungszahlen ah Absaissen gewahlt sind , liegt darin, daJ3 die quantitativen RegelmPBigkeiten dieser Spektra, wie die Fig. 2 lehrt, nur bei dieser Darstellungsart hervortreton. 1) Die Tab. I ist der Fig. '2 entnommen.

Tabe l l e I.

Verschiebung der Absorption Lage der

Absorption

~~

Li,SO, . . Na,SO, . . ICCI . . . NaCl. . . RbCI. . . KBr . . . NaBr. . . RbBr. . . PbCI, . . ZnCI, . . CdCI, . .

7 238 270 I 10

, 513 I 50

1

PP in -. lo5

12 14

13

12

12

Man ersieht daraus, daB der Temperaturkoeffizient (die Neigung der Geraden) von der Wellenlange unabhangig ist, wenn man ihn in Schwingungszahlen ausdruckt, dagegen bei der Berechnung in Wellenlangen stark zunimmt. Der Tem- peraturkoeffizient ist nur aus den Geraden berechnet, die bei sechs verschiedenen Temperaturen beobachtete Punkte ent- halten, da sonst die stirkeren Liniengruppen das Resultat er- heblich falschen konnten. Aus der Tab. I geht noch hervor, daB ZnC1, und CdCl, einen erheblich groBeren Temperatur- koeffizienten habeii, als alle anderen Salze. Die schon von vornherein wegen ihrer chemischen Ahnlichkeit plausible Gleich- heit cler Temperaturkaeffizienten von ZnC1, und CdCI, kommt nicht inehr zur Geltung, wenn man in Wellenlangen rechnet.

1) Die RegelmLBigkeiten in Linien- und Bsndenspektren (konstante Differenzen) gelten bekanntlieh such fur Schwingungseahlen , nieh t fur W ellenliingen.

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106 T. Retschidkj.

Yon den in festem Zustand untersuchten Salzen haben NaCl, KCl, RbCl, SrCl,, Lj,SO, und Rb,SOc bei Zimmer- temperatur die kleinste (21 4 ,up) Wellenlange noch durchgelassen; LiBr, NaBr, KBr und SrBr, sind bis 227pp, K J bis 240, CdCI, bis 297, CdBr, bis 303, PCI, bis 347, AgCl bis 405, AgNO, bis 361 pp durchlassig. Man sieht aus diesen Zahlen, daB die End- absorption der festen Salze sehr vie1 weiter nach den kiirzeren Wellenlangen zu liegt, als die der geschmolzenen.

Urn den EinfluB der Temperatur von dem des Aggregat- zustandes trennen zu k8nnen, sind einige feste Salze auch bei hSheren Temperaturen untersucht worden. Taf. 11-IV, Figg. 2,3, 4, 5 und 9, und Fig. 3 zeigen entsprechende Spektrogramme und Kurven.

Fig. 3.

Die Stelle gleicher Absorption fur NaBr und KBr in festem Zustand verschiebt sich mit steigender Temperatur nach den groBeren Wellenlangen um ca. 14. lo6 1 / pp (dreistellige Reziproke der Wellenlange) fiir 1 OOo Temperaturerhohung. Rei der Schmelztemperatur ruckt die Endabsorption dagegen sprung- weise in derselben Richtung um ca. 80. lo5 l/pp Dieser Sprung ist nur durch die Anderung des Aggregatzustandes bedingt.

KCl und NaCl weiscn ebenfalls einen Sprung von ca. 80. lo6 1 / u p bei der Schmelztemperatur auf. DaB der Tern- peraturkoeffizient fur festes KC1 und NaCl anscheinend so klein ist, liegt wohl daran, da8 unter 227pp ein steiler In- tensitatsabfall im Spektrum vorhanden ist.

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Einpup der Temperatur und des Aggregatzustandes usw. 107

Bei KNO, ist der Sprung auch vorhanden und zwar un- gefahr von derselben GroSe wie bei KC1, NaC1, KBr und NsBr. Die Verhaltnisse werden aber dadurch kompliziert, da8 sein Spektrum ein Absorptionsband zwischen 325-270 ,up besitzt.’) Dadurch wird das Spektrum von der Schichtdicke, beziehungs- weise von inneren Reflexionen, modifiziert. Spektrogramm I-VI, Pig. 9, Taf. IV zeigt das Spektrum eines klaren KN0,-Krystalla von ca. 1 mm Dicke bei sechs verschiedenen Temperaturen. Aufnahme VIII ist bei Zimmertemperatur mit einer KN0,- Platte gemacht, die im flussigen Zustande ausgegossen und nachher geschliffen war. Die Platte war we8 und schwach durchscheinend. Aufnahme VII gibt das Spektrum der Licht- quelle ohne absorbierende Schicht. Man sicht , da6 durch innere Reflexionen die Durchlassigkeit in der Mitte des Bandes mehr abgenommen hat, als an den Randern. Der EinfluB der Temperatur zeigt sich in folgenden Erscheinungen : bei Tem- peraturerhohung ruckt die Endabsorption nach rot hin, auger- dem wird die Durchyassigkeit in der Mitte des Bandes geringer. Das Spektrum des festen NaNO, ist dem des’ KNO, ahiilich, nur ist die durchgelassene Liniengruppe um einige ,up nach der Seite der kurzeren Wellenlangen verschoben.

Anfnahme IX, Fig. 9, Taf. IV, gibt das Spektrum einer schwach durchscheinenden Platte von Ba(NO,), wieder. Das Absorptionsband liegt zwischen 360 und 313 ,upFL. Ca(NO,), gibt das ahnliche Absorptionsband, dessen Mitte um einige pp nach den kurzeren Wellenlangen hin verschoben ist. Wie man sieht, ist dieses Band mit darauf folgender Endabsorption den Nitraten eigentiiulich, aber seine Lage hangt auch von der Base ab.

Bei AgNO,, AgCl und PbCl, wurde der Sprung bei der Schmelztemperatur nicht beobachtet, und die Verschiebung der Endabsorption entspricht der Temperaturerhohung2) (vgl. Fig. 3).

1) Das Band hat V. Agafonoff (Compt. rend. 126. p. 490. 1896) an einem HN0,- Krystall beobachtet. Ungefilhr dieselben Lagen hat es nach W. N. H a r t l c y (vg1. Chem. Zentralblatt 1902. I. p. 1037) bci Lijsungen von HNO,, KNO,, NaNO,, AgNO, und TNO, und von cinigen organischen Nitraten. H a r t ley schreibt das Band der NO,-Gruppe des Nitrates zu (H. K a y s e r s Handbuch der Spektroskopie 3. p. 223).

2) Dieses negative Resultat konnte bei anderer Schichtdicke auch anders ausfallen. Nimmt man statt eines klaxcn Kristalls von ICNO, eine weil3c durchscheincnde Platte (Spektrum bei 15O Fig. 9, VIII), so

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108 T. Retsclrinshy.

XinfluR der chemischen Zusammensetzung rtuf die Absorption.

Die Tatsache, da8 beim Ubergang vom festen in den fliissigen Zustand die Absorptionsspektra einiger Salze eine sprungweise Anderung erleiden, die von einer rapiden Anderung der elektrischen Leitfahigkeit begleitet wird, legt den Gedanken nahe, die oben gewonnenen Resultate vom Standpunkte der Ionentheorie aus zu betrachten.

Bekanntlich zeigen vide Salze, die gemeinsame Base oder Saure haben, in Losungen ahnliche Absorptionsspektra, und zwar urn so ahnlichere, jo gro6er die Verdunnung ist. Anderer- seits gilt das Beersche Gesetz, nach welchem die Absorption in geornetrischer Reihe wachst , wean die Konzentration in arithmetischer znnimmt, fur viele verdunnte Salze nicht mehr. Diese beiden Tatsachen lassen sich durch die Annahme er- kliiren, daB auger den Molekiilen auch den Ionen eine Ab- sorptionsfahigkeit zukommt. 1st ein Ion eines Salzes farblos, so zeigt die verdunnte Liisung die Absorption des anderen, und die Salze, die es gemeinsam haben, weisen gleiche Spektra auf. Diese Theorie ist von Os twa ld entwickelt worden und seitdeni sind zahlreiche Arbeiten erschienen, die experimentelle Beweise dazu lieferten, es sind aber auch Tatsachen bekannt, die ihr zu widersprechen scheinen. I)

&Ian konnte erwarten, da8 auch bei geschmolzenen Salzen ahiiliche RegelmaBigkeiten, wie in Losungen, auftreten werden. Es fallt in der Tat mf, da6 bei Alkalisalzen alle Chloride nahezu gleiche Absorption zeigen , also wohl diejenige des Chlors, Bromide - die des Broms. Dagegen zeigen die Sulfate verschiedene Absorption, wie es nach der Beobachtung von Miil ler2) und Martens3) , da8 das Sulfation in dem unter-

verschwindet schon bei geringer TempersturerhShung die bei 15 noch durchgclasscne Linicngruppe (265 pp) und der bcim ltlaren Kristall be- obachtete Sprang kornmt gar nicht zum Vorschein. Die Beobachtung VOII H a r t l e y (vgl. Anrn. 1, p. 107) spricht dafur, daB beim AgNO, solche Verhaltnisse vorliegen.

1) Literaturangabe in K a y s e r s Handbuch der Spektroskopie 3. p. 109; vgl. auch S. R u d o r f : Die Lichtabsorption in LSsungen vom Standpunkt der Disvoziationstheoiie. Stuttgart 1904.

2) E. M i i l l e r , Ann. d. Phys. 12. p. 767. 1903. 3) F. F. M a r t e n s , Verhandl. d. Deutsch. Physik. Gescllsch. 4.

p. 1 4 1 . 1902.

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Einflq3 deer Temperatur und des dggregatzustandes usm. 109

suchten Gebiet farblos ist, zu erwarten war; bei farblosem Anion mug die im ersten Falle verdeckte Verschiedenheit der Absorption des Kations zutage treten. Diese RegelmaBigkeit beschriinkt sich aber nur auf eine Gruppe. Die Chloride der Erdalkalimetalle weichen schon von den Alkalichloriden um Betrage nb, die die Fehlergrenze betrachtlich iiberschreiten.

Im allgemeinen haben die beiden Bestandteile des Salzes EinfluE auf die Lage der Endabsorption. Es lassen sich aus der Fig. 2 fur Absorptionsspektra geschmolzener Salze folgende RegelmaBigkeiten ableiten.

I. Die Salze von schweren Metallen absorbieren mehr als die Salze von Alkali- und Erdalkalimetallen.

11. Bei gleichem Metal1 absorbiert das Sulfat am wenigsten, dann folgen Chlorid und Bromid, Jodid und Nitrat absorbieren am meisten. Fur Silbersalze stimmt allerdings die letzte Regel nicht : Nitrat scheint, auf dieselbe Temperatur extrapoliert, weniger zu absorbieren a19 Chlorid.

111. Bei gleichbleibender Saure liegt fur Metalle aus einer Gruppe des Mendelej effschen Systems die Endabsorption desto mehr nach der Seite der groBeren Wellenlangen, je gr6Ber das Atomgewicht des Metalles ist.

Zusammenhang awischen Absorption und Dispersion.

Pulfrich') hat zuerst darauf hingewiesen, daB die Ande- rung der Brechungsexponenten mit der Temperatur nicht nur durch die Anderung der Dichte, sondern auch durch die Ver- schiebung der Lage des Absorptionsstreifens bedingt wird. Die I( e tt e l e r - H elm h o l t z sche Dispersionsformel lautet :

m, la n a = 1 + E X ?

wo n Brechungsexponent, 1 + 2 mx Dielektrizitatskonstante (fur sehr langsame Perioden) und Ax Wellenlange des Ab- sorptionsstreifens bedeutet. Da die Dielektrizitatskonstante mit steigender Temperatur bei festen Korpern abnimmt (fur Glaser ist die Dielektrizitatskonstante der Dichte proportional; und die Wellenlange A x zunimmt, so beobachtet man, je nach-

1) C. Pulfr ich , Wied. Ann. 45. p. 609. 1892.

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110 H Retschinsky.

dem die erste oder die zweite Wirkung iiberwiegt, die Ab- nahme oder die Zunahme dea Brechungsexponenten.

Mar t ens und Michel i l) berechnen aus der Anderung des 'Brechungsexponenten mit der Temperatur die Anderung der Konstanten der Dispersionsformel. Es ergibt sich, daB der ultraviolette Absorptionsstreifen fur Quarz, Quarzglas und FluBspat sich nach rot verscbiebt und zwar um 0,6 pp bei 100 0 Temperaturerhohung.

Andererseits hat K o e n i g B b e r g e r 2) fur verschiedene Kiirper direkt die Anderung des Extinktionskoeffizienten mit der Temperatur spektralphotometrisch gemessen. Fur Flint- glas ergibt sich, daB die Stelle gleicher Absorption bei looo TemperaturerhGhung um ca. 30 pp sich nach den grijgeren Wellenlangen hin verschiebt.

Um die beiden Resultate miteinander vergleichen zu kijnnen, muE man folgendes berucksichtigen.

Es ist oben gezeigt worden, daB fur dieselbe Temperatur- erhijhung die Verschiebung der Stelle gIeicher Absorption fur geschmolzene Salxe in Wellenlangen ausgedruckt , im ultra- violetten Gebiet geringer ist, als im sichtbaren, und da8 diese Verschiebung einen von der Wellenlange unabhangigen Wert annimmt, wenn man Btatt in Wellenlangen, in Schwingungs-

KBr . . . . NaBr . . . .

Quarzglas . . Quarz. . . . FluBsppat . . .

Flintglas . . . } 244 S 14

} 10: 096 5

500 30 12

95 076 6

1) F. F. M a r t e n s u. F. J. Michel i , Verhandl. d. Deutsch. Pbysik.

2) J. K o e n i g s b e r g e r , 1. c. (fesellseh. 6. p. 311. 1904.

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EinfEup der Temperatur und des dggregatzustandes usw. 11 1

zahlen rechnet. Es liegt nahe, auch fur feste KSrper in Schwingungszahlen zu rechnen. Stellt man die fiir festes NaBr, KBr und KNO, oben gefundenen Werte (vgl. Fig. 3) des Temperaturkoeffizienten mit den von Koenigsberger und Mar tens und Michel i gefundenen zusammen, so bekommt man vorstehende Tab. 2.

Nan ersieht aus dieser Zahlen, da8 die Verschiebung des Absorptionsstreifens bei Quarz, Quarzglas und FluSspat von derselben GroBenordnung ist, wie die Verschiebung der Stelle gleicher Absorption fur Flintglas und feste und geschmolzene Salze. Es liegt deshalb nahe, die oben beobachtete Ver- schiebung der Stelle gleicher Absorption groStenteils dem Vor- riicken des Absorptionsstreifens zuzuschreiben. Ob dabei auch eine Verbreiterung des Streifens zu der Verschiebung beitragt, laBt sich vorlaufig nicht sagen.

Die von Voigtl) und %flea) entwickelte Elektronentheorie des Lichtes fuhrt unter gewissen beschrankenden Annahmen uber die Werte der darin auftretenden Parameter zu einer Formel, welche gestattet, aus dem Verhalten der Dichte und des Brechungsexponenten in dem merklich absorptionsfreien Gebiet die durch Temperatursteigerung verursachte Verschiebung des Absorptionsstreifens zu bestimmen. Die Anwendung dieser Formel auf mehrere feste und fliissige Korper fuhrt zu dem Resultat, da8 eine Temperatursteigerung bei konstantem Druck eine Verschiebung des Absorptionsstreifens nach den grSBeren Wellenlangen hin fur feste Korper, und nach den kleineren fur Flussigkeiten bewirkt. Dieses Resultat ist fur feste Korper in Einklang mit der Beobwhtung.

Zu der beilaufigen Bemerkung von Koenigsberger , da6 die Flussigkeiten sich den festen Korpern analog verhalten, sagt Voigtl): ,,Ein solches Verhalten wurde iiberraschen, . . . Immerhin ware es mit der Theorie nicht unvereinbar . . . b c da erstens die fur Vereinfachung der Formel gemachten Annahmen fur Flussigkeiten auch nicht zutreffen konnten und man zweitens aus der Formel im Falle mehrerer Absorptionsstreifen das

1) W. Voigt, 1. c., p. 487. 2) H. Erf le , 1. c.

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112 T. Retscliimky. Efnfiup der Temperatur usw.

mittlere Verhalten der maBgebenden Konstante berechnet, ,,mit diesem mittleren ist ein entgegengesetztes Verhalten einer Elektronengattung (die vielleicht einem in der Fliissigkeit aufgelosten Farbstoff zugehijrt) wohl vertraglich". Bei den Losungen Bind bekanntlich Verschiebungen nach rot und violett beobachtet. In den geschmolzenen Salzen hat man eine Fliissig- keit, die nicht Losung ist und deren Absorption bei Tem- peratursteigerung nach rot ruckt.

Zusammenfassung.

I. Es wurden die Endabsorptionen fur 30 anorganische Salze in geschmolzenem Zustand bestimmt.

11. Die Endabsorption der geschmolzenen Salze verschiebt sich bei 100" Temperaturerhohung urn ca. 10 bis 20, lo5 l / p p nach den griiBeren Wellenlangen.

111. Die Gr6Be der Verschiebung fur dieselbe Temperatur- erhiihung in Wellenlangen ausgedriickt wachst mit der Wellen- lange, in Schwingungszahlen ausgedruckt ist sie von der Wellen- lange unabhangig.

IV. Die Endabsorption einiger Salze in festem Zustand verschiebt sich bei Temperaturerhohung in derselben Richtung und urn einen Betrag von derselben GroBenordnung, wie in geschmolzenem Zustand.

V. Beim Ubergang vom festen zum flussigen Zustand riickt die Endabsorption bei einigen Salzen sprungweise um ca. 80 . lo6 1 lpp nach den grofieren Wellenlangen hin.

Zum SchluB sei es mir gestattet, Hrn. Dr. R. Kuch fur die Anregung zu dieser Arbeit und seine vielfache tBtige Teil- nahme an ihrem Fortgang meinen besten Dank auszusprechen.

H a n a u , im Juli 1908.

(Eingegangen 23. Juli 1908.)

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Annalen der Physilc, I V. Folge, Band 27.

K Br 776'

Fig. 3.

T. Itetschinsky.

Tafel II.

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dnnaleiz dev Physik, IY. Folge, Bd. 27.

Na Br

Fig. 6.

T. Re ts c 11 i 11 sky.

Tafe I III.

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Annalen der Physilc, IT. Folge, Rniad 27.

Na,SO,

Fig. 9.

T. 11. e t s ch i n sky.

Ta fel I V.