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EINSCHLAUFEN · 2017. 2. 21. · EINSCHLAUFEN Da wäre es dann also mal, das neue Jahr. Noch nicht das neue Jahrzehnt zwar, aber immerhin ein Zeitabschnitt, der endlich die lange

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  • EINSCHLAUFENDa wäre es dann also mal, das neue Jahr. Noch nicht das neue Jahrzehnt zwar, aber immerhin ein Zeitabschnitt, der endlich die lange Ära der Doppelnullen beendet. Jene traurige Phase der Orientierungslosigkeit, in der wir nicht nur Abschied nehmen mussten von musikalischen Grössen wie Johnny Cash, Elliott Smith und Rick James, sondern auch vom Vertrauen in die Stabilität der Systeme, von den Sopranos und vom physischen Tonträger. Die Verluste summieren sich, doch solange der Kühlschrank nicht aufhört, Kühlschrankgeräu-sche von sich zu geben, wollen wir unseren Blick auf die historische Komponente des Jahres 2010 richten. Eine kurze Konsultation des chinesi-schen Kalenders rückt gleich die schöne Tatsa-che ins Bewusstsein, dass wir uns gegenwärtig im Jahr des Tigers befi nden. Naja, das hätten wir uns – mit ein wenig zynischer Nonchalance – natürlich auch aus der einschlägigen Boulevard- und Golfpresse zusammenreimen können. Aber «Year of the Tiger» klingt fast wie «Eye of the Tiger», also geht das alles mehr als klar.Wie jedes Jahr bringt uns auch das neue eine Fülle von Jubiläen, beispielsweise 300 Jahre Berliner Charité, 200 Jahre Konservendose, 100 Jahre Kunsthaus Zürich oder 100 Jahre FC St. Pauli. Dazu gesellen sich die 100. Geburtstage von Gitarrenzauberer Django Reinhardt (Januar) und Schmirgelblueser Howlin’ Wolf (Juni). Das

    ergiebigste, sinnigste Jubiläum überhaupt ist je-doch 40 Jahre Siebzigerjahre, denn in jenen Zeit-abschnitt fallen Errungenschaften, Denk- und Lebensweisen, die bis heute nachhallen. Vieles davon ist mittlerweile längst verschwunden (oder verboten worden) – und soll deshalb mit angemessenem Aufwand wieder in Erinnerung gerufen werden. Wir werden also im Verlauf des Jahres mit gebotener Sentimentalität zwischen goldener Vergangenheit und grauer Gegenwart pendeln, um den Zauber von einst für ein paar Augenblicke wieder erstrahlen zu lassen.Und weil man eine solche Aufgabe nicht einfach mal so schultert, haben wir uns – ganz in der Tradition der Siebzigerjahre (der «Starsky & Hutch»-Effekt) – Verstärkung geholt. Mit dieser Ausgabe hat Benedikt Sartorius seinen Dienst als Loop-Redaktor angetreten. Der Exil-Thuner ist bereits seit einiger Zeit als regelmässiger Autor für «Loop» tätig, fungiert überdies als Co-Ku-rator der grandiosen Musikfi lm-Reihe «Song & Dance Men» und kulturbloggt für die Online-Ausgabe der Berner Tageszeitung «Der Bund». Wir begrüssen unseren neuen Mitarbeiter mit allen publizistischen Ehren in unserem beschau-lichen Zürcher Hauptquartier, wünschen ihm alles gute und der Leserschaft viel Vergnügen bei der Lektüre der vorliegenden Nummer.

    Philippe Amrein

    Impressum Nº 01.10DER MUSIKZEITUNG LOOP 13. JAHRGANG

    P.S./LOOP VerlagPostfach, 8026 ZürichTel. 044 240 44 25, Fax. …[email protected]

    Verlag, Layout: Thierry Frochaux

    Administration, Inserate: Manfred Müller

    Redaktion: Philippe Amrein (amp), Benedikt Sartorius (bs), Koni Löpfe

    Mitarbeit: Philipp Anz (anz), Reto Aschwanden (ash), Silvio Biasotto (sio), Thomas Bohnet (tb), Pascal Cames (cam), Christian Gasser (cg), Michael Gasser (mig), Nino Kühnis (nin), Hanspeter Künzler (hpk), Tony Lauber (tl), Mathias Menzl (men), Philipp Niederberger, Martin Söhnlein, Kaspar Surber

    Druck: Rotaz AG, Schaffhausen

    Das nächste LOOPerscheint am 25. Februar 2010Redaktions-/Anzeigenschluss: 18.2.2010

    Titelbild: Tocotronic

    Ich will ein Abo: (Adresse)10 mal jährlich direkt im Briefkasten für 30 Franken (in der Schweiz).LOOP Musikzeitung, Langstrasse 64, Postfach, 8026 Zürich, Tel. 044 240 44 25, [email protected]

    Betrifft: Tapes und Tapas im Jahr des Tigers

  • DIE NEUEN PLATTEN

    Audie DarlingFull of Ghosts(Eigenvertrieb)

    Die Zahl der Singer/Song-writerinnen aus den Städ-ten Portland und Nashville ist nicht gerade klein. Umso überraschender ist es, wenn man zufällig im nicht ge-rade kleinen Musikstrom des Internets auf eine noch nicht gehörte Stimme stösst, die an beiden Orten mit den Wurzeln Folk und Country zuhause ist.Audie Darling ist in Nash-ville aufgewachsen, auf-genommen hat sie ihr De-bütalbum «Full of Ghosts» in Portland. Produziert wurde es von Adam Sel-zer (M. Ward, Norfolk & Western), der zu Darlings Gitarre Banjo, Mundhar-monika oder Streicher bei-steuert – äusserst dezent und sanft. So steht über allem der Gesang, und der hat es in sich: Audie Dar-ling hat eine Stimme, die sie aus der Masse heraus-hebt, packend und bewe-gend. Balladen («Morning Glory», «Bright Lights») erzählen vom Blick, der auf der Eckbank im Dinner im Kaffeebecher versinkt, fröhlichere Stücke (der Ohrwurm «Little Birds») davon, wie er in die Ferne schweift. Zwischen Port-land und Nashville liegen rund 4000 Kilometer. Eine lange Reise, doch hier be-ginnt die grosse Wande-rung im ganz Kleinen.

    anz.

    Rosanne CashThe List(Blue Note/EMI)

    Eine wunderbar entspannte Platte der Countrysängerin, die mit diesem Album auch ihren verstorbenen Vater Johnny ehrt. Der hatte ihr 1973 zum achtzehnten Ge-burtstag eine Liste zusam-mengestellt mit den bedeu-tendsten 100 Stücken der Countrygeschichte. Nun hat sie zwölf Songs ausgesucht, die sie neu ein-gespielt hat. Und der Sän-gerin sind sehr feine Neu-bearbeitungen gelungen. Ob nun das wunderbare «Miss the Mississippi and You» von Jimmie Rod-gers, das die Platte eröffnet, oder das bekannte «Sea of Heartbreak, das sie im Du-ett mit Bruce Springsteen singt, den «Long Black Veil», bei dem Wilco-Chef Jeff Tweedy mit dabei ist, oder das fantastische «Heartaches by the Num-ber» mit Elvis Costello am anderen Mikro. Songs von Hank Williams, der Carter Family, Merle Haggard, Hank Snow, Patsy Cline, aber auch Bob Dylan («Girl from the North Country») runden das Album ab. Eine sehr schöne Hommage.

    tb.

    Vic ChesnuttHerrscht im Himmel Mangel an Musik? Seit dem letzten «Loop» verging keine Woche ohne Todesmeldung: Row-land S. Howard, Lhasa de Sela, Kate McGarrigle – dahin-gerafft vom Krebs. Bei Vic Chesnutt war es anders. Nach einer Medikamentenüberdosis fi el er ins Koma, an Weih-nachten war er tot. Ganz unerwartet kam das nicht. Immer wieder hatte der Songwriter in Liedern und Interviews von seiner Todessehnsucht berichtet. Mit 18 baute er im Suff einen Autounfall, der ihn in den Rollstuhl brachte. Und er gehörte nicht zu jenen Behinderten, deren unerschütterli-chen Lebenswillen Gesunde tapfer fi nden. Chesnutt litt und haderte, und um zu überleben, kultivierte er einen schwar-zen Humor. Im Interview mit der «Fabrikzeitung» erklärte er 2007: «Ironie und Sarkasmus sind Gewohnheiten, die sich zu einem Lifestyle verbinden – dem Zynismus.» Die Folgefrage, ob er Zusammenhänge zwischen Zynismus und Nihilismus sehe, blockte er ab: «Ich will nicht über Persönliches sprechen.» Begeistert sprach er hingegen von der Zusammenarbeit mit Guy Picciotto und Thee Silver Mt. Zion, mit denen er sei-nerzeit «North Star Deserter» und vor einem Jahr das fi -nale «At the Cut» aufgenommen hatte. Besonders angetan hatten es ihm die krachenden Rockstücke: «Nicht mal der Begriff Liebe ist stark genug, um auszudrücken, was mir Verzerrung bedeutet.» In Zürich hatte Chesnutt im Laufe der Jahre immer wieder gespielt. Erinnern konnte er sich an die Auftritte aber nicht: «Damals war ich mental komplett aus dem Leim und dauernd völlig verladen, ich war schwer suizidal drauf.» Drogenkonsum betrachtete er als Selbstmedikation: «Du kannst dich nicht auf Pharmafi rmen verlassen, die dir Che-mikalien in den Rachen stopfen.» Wie viele Amerikaner hatte Chesnutt keine Krankenversicherung, dafür hohe Schulden bei Ärzten und Krankenhäusern. Im Übrigen kannte Vic Chesnutt auch witzige Momente. Etwa seine Überlegungen zu den Vorzügen von Vinyl: «Wenn sie irgendwann die Gammastrahlen-Bombe zün-den, die alle elektronisch gespeicherten Daten löscht, dann kann ich meine Musik immer noch mit einer kleinen Nadel und irgendeinem Trichter hören.» Hoffentlich gibt es auf der anderen Seite Plattenspieler. Und ordentlich Verzerrung.

    Reto Aschwanden

    Tom McRaeThe Alphabet of Hurricanes(Cooking Vinyl/MV)

    Tom McRae gehörte zur ersten Welle junger Mu-sikanten, welche eine all-gemeine Neueinschätzung des damals verpönten Me-tiers des singenden Song-schreibers erzwangen und den einsamen Barden zu einer Renaissance verhal-fen. Der Engländer gehört nicht zu den grossen Na-men, die Hits sind ausge-blieben. Dennoch hat er es über die Jahre hinweg zu beachtlichen Ehren ge-bracht. Scott Walker en-gagierte ihn einst für seine Aufl age des «Meltdown»-Festivals, sein Debüt wur-de für den Mercury-Preis nominiert, er steckte gar einen Brit-Award für den «Newcomer» des Jahres ein. Fast eine Dekade ist seither verstrichen. In der heutigen Masse von Art-genossen fällt McRaes Stimme nicht mehr beson-ders auf. Es ist eine kernige Stimme, nicht sonderlich facettenreich, aber mit Whiskeywärme getränkt und zu fragilem Falsett ebenso fähig wie zu heroi-schem Röhren. Daran, dass auch sein fünftes Album wieder aus dem Mittelmass herausragt, sind nebst den subtilen und doch hand-festen Texten vor allem die Arrangements schuld. Die alten Mitstreiter Olli Cunningham (Piano) und Oliver Kraus (Cello) sind weiterhin dabei, dazu kom-men Handorgel, Klarinette, Blech, Viola und gar der viel zu selten gesichtete Ben Christophers mit Harfe. Beeindruckend.

    hpk.

  • BABY GENIUS > baby geniusALVIN ZEALOT > ready to rumble

    PARTIES BREAK HEARTS > life is too short …MOTHERS PRIDE > mothers pride

    COUNT GABBA > the lady’s gone. the song …HEJ FRANCIS! > hej francis!

    MANESH > trickster callsrecorded at chevalac recordings

    >chevalac.ch

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    Winterpause Winterpause Okt – MärzOkt – März

  • DIE NEUEN PLATTEN

    Everybody Was in the French Resistance…Now!Fixin’ the Charts, Volume One(Cooking Vinyl/MV)

    Eddie Argos ist – wie wir von Art Brut her wissen – ein schlingelhafter Song-schreiber mit einem Faible für schlaue Bonmots. Dyan Valdes ist die Pianistin der kalifornischen Combo The Blood Arm, über die Alex Kapranos Gutes sagt. Das Resultat ihres Musen-schmuses ist ein federleich-tes Souffl é, das am besten in die frühen Abendstun-den passt, wenn man den ersten Martini eingegossen hat und die Mottenkugeln aus den Ausgehklamotten schüttelt. Die Lieder sind allesamt Reaktionen auf altbekannte Gassenhauer. Ihre Melodien zeigen keine Ähnlichkeit zu den Vorla-gen, höchstens wird da mit einem cheesy Keyboard, dort mit einem Hauch von Swing der Originalstil ange-deutet. Im Mittelpunkt ste-hen die Texte, die Argos in gewohnter Manier sprech-singt: «Hey! It’s Jimmy Mack/yeah, I’ve heard your track/And if that’s your attitude/I’m never coming back.» Oder: «I should form some sort of commit-tee/of people to guide me through life safely» («My Way (Is Not Always The Best Way)»). Oder: «No-thing lasts forever/without superglue» (nach Elasticas «Vaseline»). Eine lustige Fingerübung, die nebenbei einen beschwingten neuen Musikstil aufwirft: Indie-Cabaret.

    hpk.

    Owen Pallett Heartland (Domino/MV)

    Kurz vor der weltweiten Veröffentlichung des neu-en Albums musste Owen Pallett aus copyrighttechni-schen Gründen von seinem gewohnten Solo-Alias Final Fantasy Abschied nehmen. Einen Wechsel nahm der klassisch ausgebildete Gei-ger und momentan meist-gefragte Arrangeur der Popwelt – von Arcade Fire, den Pet Shop Boys bis hin zur Hardcore-Gruppe Fu-cked Up, die einst das Lied «Ban Violins» in die Welt setzte – auch im Arbeits-prozess vor: Mutierte seine Geige durch Loops auf den beiden bisherigen Platten zum Taschenorchester, zer-stückelte der Kanadier für «Heartland» erst die vom Prager Sinfonieorchester eingespielten Partituren und setzte sie später auf dem Computer neu zusam-men. Die verzwickte Anla-ge scheint glücklicherweise nur in einigen Manierismen durch auf diesem verwin-kelten und doch eingängi-gen Stück Pop. Ein Stück Pop, auf dem Pallett einen imaginären Protagonisten in zwölf Liedern rollenspie-lerisch und sehnsüchtig sin-gend durch die fantastische Parallelwelt «Spectrum» irren lässt.

    bs.

    Peter GabrielScratch My Back(Virgin)

    Live-, Greatest-Hits- und Cover-Alben gehören zu den bewährten Krücken, um kreative Talsohlen zu durchschreiten, siehe die Stones und Bowie. Peter Gabriels neustes Album «Scratch My Back» ist kei-ne dieser Krücken, obwohl der Altmeister nur alle zehn Jahr ein Album veröffent-licht. Label, Studio und Festivals nehmen in voll in Beschlag. «Scratch» bringt zwölf mehr oder weniger bekannte Songs von alten Helden wie Lou Reed und Paul Simon, aber auch von jungen Hirschen wie Arca-de Fire. Gabriel setzt auf die Power von klassischen Ins-trumenten, was dazu führt, dass die Distanz zwischen Original und Cover grösst-möglich wird. Arcade Fires «My Body Is a Cage» wird zur Musik für gotische Ka-thedralen, gross, mächtig und dramatisch. So könnte das Ende der Welt klingen. Bezeichnenderweise nimmt sich der Sänger bei diesem Song zurück, sein Gesang wird zum Raunen, manch-mal warm, manchmal eisig. Das Lied, das eigentlich al-les erklärt, wie es um den Meister steht, ist «Hero-es». Gabriel interpretiert den Bowie-Klassiker wie ein alt gewordener Kö-nig, der sich noch einmal an seine wilden Zeiten erinnert. Es klingt so wei-se. Peter Gabriel versteht es, in Würde zu altern.

    cam.

    Various ArtistsCharlie Gillett’s Radio Picks from Honky Tonk(Ace)

    Eine der heissesten briti-schen Radiosendungen der Siebzigerjahre war Charlie Gilletts «Honky Tonk», die zwischen 1972 bis 1978 jeden Sonntagmittag vom BBC Studio London aus-gestrahlt wurde. In seiner bahnbrechenden Show stellte Gillett amerikani-sche Roots-Music vor, die damals kaum im Radio zu hören war: Von Dr. John, Wild Tchoupitoulas bis Mac Gayden, Fifties-R&B, Rockabilly, Rock’n’Roll so-wie exklusiven Demos eng-lischer Talente wie Graham Parker oder Dire Straits. Diese superbe Kollekti-on vermittelt einen Über-blick über die stilistische Bandbreite der Sendung – vom Rock eines Ronnie Hawkins zu den Coas-ters, von Barbara Lynn bis zum kürzlich verstorbenen Bobby Charles. Während andere BBC-Programme die Pop-Charts mit T. Rex, Roxy Music oder Slade rauf und runter dudelten, bediente «Honky Tonk» seine Hörer mit authen-tischen Künstlern wie J.J. Cale, Jesse Winchester oder Joe South. Gillett spiel-te Musik aus Louisiana, Texas, aus Memphis und Chicago. Wer sich für die Evolution des Rock’n’Roll aus R&B und Country in den späten Vierziger- und frühen Fünfzigerjahren in-teressiert, dem sei an dieser Stelle sein essenzielles Buch «The Sound of the City» empfohlen.

    tl.

    Husky RescueShip of Light(Catskills/Namskeio)

    Schwerelos schwebend, be-tö rend: Auch auf ihrem dritten Album umkreisen Marko Nybergs Husky Rescue den perfekten Pop-Song. Die Melodien tanzen beschwingt und fröhlich wie Schneefl ocken über ei-nem unterkühlten elektro-poppigen Fundament; die Stimme der Sängerin Ree-ta-Leena Korhola schmei-chelt sich zart und kühl in unsere Gehörgänge, wo sie sogleich schmilzt und lange nachhallt. Seine Musik soll ein warmer Windhauch gegen die Kälte des Alltags sein, umschrieb Marko Nyberg einmal seine Songs. Als Finne macht er Jahr für Jahr einschlägige Erfah-rungen mit Kälte, Finster-nis und Melancholie, und er bemüht sich, in seinen Liedern die widersprüch-lichen Stimmungen der endlosen Winternacht und des kurzen, euphorischen Sommers zu verschmelzen. Das gelingt ihm so wun-derbar, dass die Grenze zu Pop-Kitsch und anderen Wohlfühlexzessen nie weit ist. Aber das stört nicht. Es ist so unwiderstehlich schön und klingt wie der erste Sonnenstrahl nach einem langen und düste-ren Winter. Am besten sind Husky Rescue aber dort, wo sie ihre Lieblichkeit brechen oder zumindest verbiegen – etwa in der Single «They Are Coming» oder in «When Time Was On Their Side», wenn sich Korhola vor stimmigen Noire-Arrangements als Femme Fatale eines eisigen Dramas inszeniert.

    cg.

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    www.loopzeitung.ch

    Das nächste LOOP erscheint am 25. Februar. Abotalon Seite 2benefi z

  • DIE NEUEN PLATTEN

    TindersticksFalling Down a Mountain(4AD/MV)

    In den Neunzigern lieferten die Tindersticks mit Songs zwischen Salon und Spe-lunke den Soundtrack für verlotterte Bohemiens. Ein paar Jahre lang balancierte keine andere Band so sou-verän auf dem schmalen Grat zwischen Romantik und Elend. Später nahm der Wohlklang überhand, und als die Engländer vo-rübergehend von der Bild-fl äche verschwanden, war das auch egal. Seit der Neuformierung tritt man in Lokalen wie dem Kauf-leuten vor einem Publikum auf, das sich freut, wenn nicht geraucht werden darf. Es wäre wenig erstaunlich, wirkte dieses zweite Album nach der Zäsur satt und überfl üssig. Doch die Band um Sänger Stuart Staples nutzt die Freiheiten des gesicherten Status. Das Ti-telstück zum Auftakt klingt wie ein zwangloser Jam: Der Rhythmus ist stetig, eine Trompete mäandert, und irgendwann trällert auch der Sänger mit. Zwar gibt es auch vorhersehba-re Stücke wie das obliga-te Duett «Peanuts» (mit Mary Margaret O’Hara), «She Rode My Down» mit Mariachi-Gitarren und Flöte sowie die Pianoballa-de «Factory Girls». In der Mehrheit aber formulieren die Tindersticks die noch immer vorhandenen Ideen skizzenhaft und vermeiden die grosse Geste. Dadurch wirkt «Falling Down a Mountain» angenehm bei-läufi g und nicht – wie be-fürchtet – beliebig.

    ash.

    Various ArtistsMurder. Music from the Dark Side of the Soul(Trikont/COD/MV)

    Der Titel dieser Compila-tion sagt eigentlich schon das Wesentliche aus: «Murder. Music from the Dark Side of the Soul». Um Mord gehts also in diesen 23 blutigen Morita-ten, und um die Motive für die Bluttaten: Eifersucht, Sex, Schuld, Rache, Geld-gier, Macht, um Armut, den Traum vom schnellen Glück und die Umvertei-lung des Reichtums. Ab den Zwanzigerjahren erfreuten sich diese Mörderballaden – oft inspiriert von reisseri-schen Zeitungsartikeln und billigen Pulp-Stories – im-mer grösserer Beliebtheit, und zwar quer durch alle volkstümlichen Stile der Zwanziger- bis Fünfziger-jahre, ob in Blues, Country, Calypso, dargebracht von mageren Hillbillies, heu-lenden Croonerinnen oder schrammelnden Jug-Bands. Diese dunklen Seiten der Seele und der menschlichen Existenz erforscht der vor-züglich zusammengestellte und mit sachkundigen Li-nernotes versehene Mord-und-Totschlag-Sampler mit Songs von Jimmie Rodgers, Bessie Smith, Sonny Boy Williamson, Little Walter, Louis Jordan, Billie Holi-day, The Delmore Brothers, der Calypso-Legende Lord Executor und vielen ande-ren mehr.

    cg.

    Hello, Mr. Soul«Eigentlich hören wir gar nicht so viel elektronische Mu-sik, sondern eher Sachen wir Neil Young, Punk oder Vel-vet Underground», erklärt Arthur Fornallaz. Vor einer Stunde noch stand der 30-jährige Kunststudent zusammen mit Bandpartner Lukas Müller auf der Bühne des Zürcher Clubs Exil, danach hinter den Plattentellern. Jetzt sitzen beide zufrieden auf dem Backstage-Sofa. «Im Moment hör ich hauptsächlich The Residents und The Go-Betweens», fügt Lukas hinzu. Der studierte Musikwissenschaftler war in den letzten Monaten mit dem Produzieren der Tracks für die EP «Stretchin’ Out» beschäftigt, die jetzt auf Vinyl erscheint – «weil Vinyl ganz einfach besser klingt.» Unter dem Namen Mr. Soul kämpft sich das Duo seit 2006 durchs Zürcher Nachtleben. Kein Konzertlokal, kein be-setztes Haus und fast keine Küche, in der die beiden nicht schon aufgetreten wären. Immer dabei: eine kleine, aber feine Sammlung analoger Synthesizer, die fest verdrahtet in einer Art Sarg transportiert wird. Die Wahl der Klanger-zeuger prägt den Sound von Mr. Soul massgeblich. Die As-soziation zu Kraftwerk bietet sich an, auch wenn das Duo einiges funkiger, man könnte auch sagen: souliger klingt. Neben deutschem Krautrock gibt es eine sättigende Porti-on Siebzigerjahre-Progrock, King Crimson oder Yes, aber auch über Italo- und daft-punksche Disco oder Punk und Indie-Rock fühlen sich Mr. Soul nicht erhaben. Bemerkens-wert ist dabei, wie die beiden Musiker die Einfl üsse nicht einfach nacheinander abspulen, sondern förmlich ineinan-der verschachteln. Das virtuose Bassspiel von Lukas, der stoisch-folkige Gesang von Arthur, der bisweilen fi epende, sägende und schmatzende Klang des Synthie-Triumvirats, die trockenen 8-Bit-Drumsounds: Das hat man bisher al-lenfalls einzeln, kaum aber in dieser Kombination gehört.Auf der Bühne versprühen Mr. Soul dazu ihren ganz beson-deren Charme. Da wird euphorisch gehüpft, getanzt und leise in sich hinein gelächelt, wohl wissend, dass ihr Sound doch ziemlich clever, spektakulär und einzigartig ist. Was soll man da noch sagen? Platte kaufen, Plattenspieler aus dem Keller holen – und laut aufdrehen.

    Martin Söhnlein

    Mr. Soul: «Stretchin’ Out», 10”-EP inkl. CD ([email protected])

    Various ArtistsDjango’s Spirit – A Tribute to Django Reinhardt(Trikont/COD/MV)

    Neo-Swing ist seit einigen Jahren schwer angesagt in der französischen Sze-ne. Einer der Grossmeister des Swing, in der eigenen Variante des Sinti-Swing oder «Jazzmanouche», war Django Reinhardt, der im Januar 100 Jahre alt ge-worden wäre. Dem leider viel zu früh (1953) verstor-benen Gitarristen setzt die-ser Sampler ein Denkmal. Die Hamburger Journa-listin und Musikerin Susi Reinhardt, selbst weitläufi g mit Django verwandt, zeigt in 20 Beispielen die Viel-seitigkeit und Klasse der Kompositionen. Eingeführt vom Meister selbst, spie-len 19 MusikerInnen und Bands seine Stücke nach, darunter auch schräge Vö-gel wie die Genfer Dead Brothers, die Münchner G.Rag Y Los Hermanos Patchekos oder die Japa-nerin Zaza die Ellingtons Klassiker «Caravane» mit Manouche-Sound kreuzt.Historischen Aufnahmen aus den Dreissigerjahren stehen moderne Covers ge-genüber. So etwa «Multin» von Gipsy.cz, die zeigen, dass man Old-School-Sinti-Swing auch mit Rap verbin-den kann, oder das schöne «La Recherche de Django Reinhardt» des Hamburger Trios Hoo Doo Girl, der Band von Susi ReinhardtEin erstklassiger Sampler, der – wie alle Ausgrabungs-arbeiten des Trikont-Labels – mit einem ausführlichen Booklet aufwartet.

    tb.

  • Musikraum Schaffhausen

    www.taptab.chBaumgartenstrasse 19

    8201 Schaffhausen

    4.2. Elektrofolk From Sweden do.21h Friska Viljor (SWE)

    5.2. Cigani Disko fr.22h DJ-Team Schwarze Katze Weisser Kater (D) Trubaci Soundsystem

    6.2. Loosing Touch Presents sa.22h EMMA (D) DJs Buko, Credo, Frederikk B., Fab Lecroix (SH)

    11.2. It’s The Singer AND The Song do.21h Bruno Ammann mit «Salut Joe»

    12.2. Metal, Metalcore, Grunge fr.21h Two Killers Theory (ZH)Point At Issue (SH)Driven Under (SH)

    13.2. Garage Punk And Psychedelia sa.21h The Jackets (BE)Afterparty: DJ Diamond Skull (ZH)

    18.2. Kleine Universität: Schaffhauser Musikgeschichte, Teil 2 do.21h Maurmann & Odermatt

    19.2. Dancehall, HipHop, Reggae fr.21h Raggabund (D)feat. The Dubby Conquerors (CH) Support: Real Rock Sound (SH)

    20.2. Funk, HipHop, Breaks sa.22h Woody Madera (ITF World Champ, Ninja Tune/UK)

    25.2. Kurzfilme Kurz&Knapp do.20h Best Of «Slam-Movie-Night»

    26.2. Drum’n’Bass, Raggajungle fr.22h Soundbombing Crew (D) feat. DJs HiFi-Radio, Mr. T the Terminator

    und MS. Massive

    27.2. Funk, Soul, Disco Funk, R&B sa.22h DJs Tyke One, Big Smokey, Bobby Stacks

    SA 27.02.2010 / EXPERIMENTAL-VIDEO-MUSIC

    PORTA CHIUSAsound: HANS KOCH, MICHAEL THIEKE, PAED CONCA

    performance: giovanni di stefano

    SA 20.02.2010 / GARAGE-ROCK’N’ROLL

    KING KHAN & BBQ SHOW THE JACKETS

    VORSCHAU: 18.04.2010

    Archie Bronson Outfit (UK)

    SA 06.02.2010PSYCHO-BLUES-ROCK

    THE SEA (UK)THE CLOWNS

    FR / VE 12.02.2010 / INDIE-POP-ROCK

    THE BERNDT (SWE)THE RAMBLING WHEELS

    28.1.10 - 2.2.10 Ziegel oh Lac 21:30Ziischtigmusig

    ROCKWOCHE 201028.1. MONOREV, STEVANS29.1. FANFARLO / TILIA30.10. SOLDOUT / PLASMA / SEXMODULAR (LIVE ) / DJ MALIK2.2.10 FRISKA VILJOR & Support

    Fr. 5.2.10 Aktionshalle 19:30Sugarshit Sharp

    *HENRY ROLLINS SPOKEN WORDSa. 6.2.10 Aktionshalle 21:00Enter The Dancehall

    *TARRUS RILEYDuane Stephenson, I-Octane, Boss Hi-Fi

    Sa. 13.2.10 Aktionshalle 21:00Enter The Dancehall

    *QUEEN IFRICA, TONY REBELBoss Hi-Fi

    Fr. 19.2.10 Aktionshalle 21:00Woo-Hah!

    *TALIB KWELI & HI - TEKDj K-Rim

    Mi. 24.2.10 Clubraum 20:30Fabrikjazz

    TIM BERNE - BUFFALO COLLISION*Vorverkauf: Zürich: BIZZ (044 221 22 83), Crazy Beat, Jamarico, , Jelmoli (044 212 13 11), Migros City • Aarau: Dezibelle • Baden: Zero Zero • Bern: Olmo Tickets • St. Gallen: BRO • Winterthur: Jamarico

    SZENE SZENE SZENE SZENE SZENE

    Plakataushangund FlyerverteilSehr gezielt und in jeder Region der Schweiz

    Telefon 044 404 20 20 www.propaganda.ch

    MI, 3. FEBRUAR 2010, 19.30 UHR

    RACOON (NL)BRIGHT (CH)INDIE ROCK NIGHT

    DO, 4. FEBRUAR 2010, 19.30 UHR

    TOMAZOBI (CH)„SCHNOUZ“

    FR, 12. FEBRUAR 2010, 22 UHR

    DJ NICON (KOOL SAVAS/D)FEATURING DJS LITTLE MAZE & REEDO

    SO, 14. FEBRUAR 2010, 19.30 UHR

    MYKUNGFU (CH)CD-TAUFE

    DO, 18. FEBRUAR 2010, 19.30 UHR

    PARADISE LOST (UK)SUPPORT: SAMAEL (CH)

    SA, 20. FEBRUAR 2010, 20.30 UHR

    WURZEL5 (CH)LETSCHTI RUNDI · SUPPORT: WEBBA (CH)

    SO, 28. FEBRUAR 2010, 14 UHR

    LORENZ PAULI (CH)SALZHÜSLI

    FR, 5. MÄRZ 2010, 20 UHR

    THE BUSTERS (D)WAKING THE DEAD TOUR 2010

    MI, 10. MÄRZ 2010, 19.30 UHR

    HABANOT NECHAMA (ISR)DER KULT-ACT AUS ISRAEL

    FR, 19. MÄRZ 2010, 21 UHR

    ROTFRONT (D)EMIGRANTSKI RAGGAMUFFIN

    VORSCHAU:SA, 2O.O3.1O SUNRISE AVENUE (FIN)FR, 16.04.10 RE VOLVERHELD (D)DO, 13.05.10 BAP (D)* VORVERK AUF * STARTICKE T.CH

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  • DIE NEUEN PLATTEN

    Vampire WeekendContra(XL/MV)

    Eigentlich, war man über-zeugt, konnten Vampire Weekend an ihrem zweiten Album nur scheitern – so hoch waren die Erwartun-gen, die ihr fabulöser Erst-ling geschürt hatte. Aber es kommt ganz anders: Die vier freundlichen New Yor-ker übertreffen mit «Con-tra» selbst die kühnsten Erwartungen, indem sie die verschiedenen Ansätze ihres Debüts offen, offen-siv, stil- und selbstsicher weiterentwickeln. Beson-ders deutlich tritt ihr Rei-feprozess in ihrem Umgang mit exotischen, sprich: weltmusikalischen Einfl üs-sen zu Tage. Wirkten die Afrobeats auf dem Debüt wie ein in erster Linie hüb-scher Einfall, der sich aber nicht wirklich ins Indie-Pop-Gerüst der Songs ein-fügte, verschränkt sich auf «Contra» der Indie-Pop mit Andeutungen und Ver-satzstücken aus Afrobeat, Reggaeton, brasilianischer Sinnlichkeit, Calypso und raffi niert eingesetzten Hip-Hop-Schnitzeln zu einer organischen Einheit. «Con-tra» steckt voller frischer Ideen und verblüffendee Ansätze, Vampire Week-end gehen in verschiedene Richtungen vorwärts und bleiben doch in erster Linie eine grossartige Pop-Band mit Sinn für bleibende Me-lodien und ungewöhnlich interessante Arrangements. So abenteuerlich, offen, verspielt und grosszügig macht Pop wirklich Spass.

    cg.

    Beach House Teen Dream (Bella Union/Irascible)

    Das Duo aus Baltimore bannt zum dritten Mal ih-ren Traum-Pop auf Band – wiederum eingespielt mit warmen Seventies-Orgeln, wehmütigen Slide-Gitarren, tuckernden Beat-Boxen und Glocken aus dem All. Hat sich das Soundbild in den Jahren nicht gross ver-ändert, so ist die Aufmerk-samkeit, die der Sängerin und Organistin Victoria Legrand und ihrem Partner Alex Scally geschenkt wird, dank Vorab-Anpreisungen von befreundeten Bands wie Grizzly Bear oder den Fleet Foxes markant ange-stiegen. Das gewachsene Publikum darf den grandi-osen Opener «Zebra» mit der perlenden Gitarre und dem öffnenden Refrain be-staunen, darf die verhusch-ten und verhallten Akkorde im aufsteigenden «Walk in the Park» einsaugen, ehe ein Abdriften in einen zu schläfrigen Traumzustand kaum vermeidbar ist. Erst gegen Schluss des Albums wird die Einlullung dank dem paukenden «10 Mile Stereo» dankenswerterwei-se gebrochen. Ein Bruch, der wegweisend sein dürfte für die kommenden Werke eines Duos, das mit seiner Langsamkeit aus der Zeit gefallen scheint – und dem der hastige Moment gehört.

    bs.

    London HotlineDie Rockszene – Musiker wie Fans – hält sich gemeinhin für unglaublich abenteuerlustig. Dabei sind die Bands, die noch abenteuerlustig servieren, an einer Hand abzuzäh-len. Stopp: Ich muss mich präzisieren. Es gibt sie schon noch, die waghalsigen Ensembles, die sich auf klangliche Äste hinaus wagen. Aber Radiohead sind praktisch die einzigen, die mit Experimenten noch ein Massenpublikum erreichen. Die meisten Neuerer nagen in feuchten Kellerlö-chern am Hungertuch und müssen froh sein, wenn sie es in die Avantgarde-Zeitschrift «The Wire» schaffen. Es kann durchaus sein, dass es Rockfans gibt, die weiterhin dem ris-kanten Lebensstil nachhängen, den sie ihrer Zunft schuldig zu sein glauben. Beispiel Pete Doherty: Endlos schwafelt er über seine romantische Vision eines fessellosen Poetenle-bens – dabei sind die klapprigen Gitarrenklänge, in die er seine schönen Gedanken hüllt, so alt wie die Römerstras-se in der Grafschaft Yorkshire. Troubadix selig zeigte mit seinen provokativen Falschtönen einst mehr Zivilcourage als Doherty mit seinen adoleszenten Poetasterklischees. Umso erhebender die Ekstase vom Schreiber dieser Zeilen, als ihm der Stream vom neuen Album von These New Pu-ritans in die Mailbox fl atterte. Auf dem Debüt hatte das blutjunge Quartett noch eine gar nervöse Neufassung der New-Wave-Klänge von Gang of Four aufgetischt. Inzwi-schen hat sich Songschreiber Jack Barnett im Rekordtempo das Arrangieren von Streichern und Holzblasinstrumenten beigebracht. Zu dieser Gewaltsleistung inspiriert, erzählte Jack im Sofa der Plattenfi rma, habe ihn seine Entdeckung des Komponisten Benjamin Britten. Britten lebte wie The-se New Puritans im nebligen Flachland an der Themse-Mündung. «Ich spüre aus seiner Musik die melancholische Stimmung dieser Landschaft heraus», sagte Jack, «und ich wollte uns die Möglichkeit erschliessen, ähnliche Gefüh-le einzufangen.» Was ihre Musik so aufregend macht, ist die Tatsache, dass nicht mit pfl egeleichten Moll-Melodien um sich geschmissen wird, denen man noch ein paar kos-metische Fiedeleien aufgedrückt hat. Vielmehr kombiniert die Band ihre auf höchst ungewöhnliche Weise in die ange-stammten Synthies eingefl ochtenen klassischen Instrumen-te mit einem Arsenal von Perkussion und HipHop-Beats. Ein kühneres und dabei keineswegs diffi ziles Album ist dem Schreiber dieser Zeilen seit Urzeiten nicht mehr begegnet. Kaum weniger abenteuerlustig ist auch das neue Album von Owen Pallett. Der kanadische Jung-Komponist ser-viert dynamische, smarte Lieder, bei denen die Streicher nicht kosmetische Verschönerung sind, sondern der rote Faden im Klanggewebe. Auch Pallett habe ich getrof-fen – er sass im gleichen Sofa wie Jack Barnett. Von allen Londoner Kulturtempeln bietet das Büro von Domino Re-cords seit geraumer Zeit das beste Programm (nur mit der Hausbar ist man da, es kann nicht anders gesagt werden, höchst knausrig). Auch das bemerkenswerte neue Album des Komponisten Michael Nyman mit dem Sänger David McAlmont liegt meilenweit von den grausigen Komposi-tionen entfernt, welche in den Seventies von Prog-Rock-Bands mit klassischen Ambitionen aufgetischt wurden und meist darin bestanden, die Lautstärke von elektrifi zierten Vivaldi- und Mussorgsky-Interpretationen schonungslos auf elf hinaufzudrehen.

    Hanspeter Künzler

    Ocean Colour SceneSaturday(Cooking Vinyl/MV)

    Bald feiern sie das einund-zwanzigjährige Dienstju-biläum, die Boys aus Bir-mingham. Sie wurden in ihrer ersten Inkarnation von einer ignoranten Plat-tenfi rma in den Madches-ter-Kübel gezwungen, ehe sie mit «Moseley Shoals» eines der bestsellenden Brit-pop-Alben überhaupt ab-lieferten. Die Band konnte früh auf prominente Fans zählen. Paul Weller griff ihr 1993 unter die Arme, als er Gitarrist Steve Cradock für seine Wild-Wood-Band engagierte und damit OCS aus der Finanzpatsche half. Später kamen Oasis auf den Geschmack und ver-pfl ichteten OCS als Vor-band für die Knebworth-Konzerte, welche – wie sich herausstellte – nicht nur für Oasis den Karri-erehöhepunkt darstellten. Cradock gehört heute noch zur Weller-Band, OCS ver-öffentlichen alle paar Jah-re ein neues Album. Das Rad haben sie noch nie neu erfi nden wollen. Und so servieren sie auch heute noch solide Rocksongs mit Refrains, die – wie es sich gebührt für ein Album, das im einstigen Pub-Rock-Mekka Rockfi eld aufge-nommen wurde – zwischen bierselig und erhebend pen-deln. Das Titelstück klingt wie eine Kreuzung von The Fratellis, Status Quo und Sailor. Anderswo klappern munter die Mandolinen, erklingen McCartney-eske Chöre oder gar ein Faces-Piano. Kurzum: das perfek-te Neo-1974er-Album.

    hpk.

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  • DIE NEUEN PLATTEN

    Erland & The CarnivalE & T C(Static Caravan)

    Der Schreiber dieser Zeilen ist ein bekennender Folk-Rock-Fan. Nun passen Er-land & The Carnival zwar eindeutig in die Schublade «Folk-Rock». Andererseits tun sie es wiederum so wenig, dass man befürch-ten muss, mit der Verwen-dung des weitherum ver-schmähten Ausdrucks den vollkommen falschen Ein-druck zu erwecken. Erland Cooper ist ein junger Folk-Sänger von den entfernten Orkney-Inseln. Im Londo-ner Folk-Klub «What the Folk…» lernte er Simon Tong kennenlernen, den Mulstiinstrumentalisten, der seine Karriere bei Verve begann und zuletzt bei Blur, Gorillaz und The Good, The Bad & The Queen tä-tig war. Zum Kern des Car-nival gehört der Drummer David Nock, dazu kommen allerhand Leute aus dem Umfeld von Butterfl y Re-cords, dem Folklabel, das Tong mit Produzent Youth gestartet hat. Den Namen hat die Band beim Jackson-C.-Frank-Song «My Name Is Carnival» ausgeborgt, von dem sie eine schillernde Neuversion kredenzt. Das weitere Repertoire besteht zur Hälfte aus traditionel-len Songs, zur Hälfte aus Eigenkompositionen. Alle-samt werden sie in handfes-te, ja rockige Arrangements verpackt, in denen es wim-melt von psychedelischen Fiepereien und Zwitsche-reien, Synthies, Autoharps und Anspielungen auf Sixties-Pop. Sogar einen Hauch Gorillaz glaubt man herauszuspüren. Herrlich!

    hpk.

    Lydia LunchBig Sexy Noise(Cargo)

    So kurzlebig die Blütezeit der New Yorker No-Wave-Szene war (Teenage Jesus & The Jerks, 8 Eyed Spy, DNA, James Chance), so eindrücklich ist das faszi-nierende Oeuvre, welches Lydia Lunch, deren wich-tigste weibliche Exponen-tin, seit 1979 kreiert hat: Mehr oder weniger expe-rimentelle Musik sowie Multimedia-Performances, Filme, Gedichte und Prosa voller Sex und Gewaltfan-tasien. Nach «Smoke in the Shadows» (2002), Lydias vom Film noir inspirierter CD voller unheilschwan-gerer Barmusik, nähert sich die New Yorkerin jetzt dem Schnittpunkt von Noise und rumpelndem Blues. «Big Sexy Noise», Lydias aktuelles Studioalbum mit Gallon Drunk, klingt über-wiegend lärmig: «Gospel Singer» und «Baby Faced Killer» katapultieren uns mit mächtigen Drums und monolithischen Riffs in die frühen Achtziger, als Lunch, Birthday Party und Jim «Foetus» Thirlwell die Szene aufmischten. Im Co-ver von Lou Reeds «Kill Your Sons» dominiert das schreiende Saxofon von Terry Edwards. Klartext spricht die mittlerweile 50-Jährige in «Your Love Don’t Pay My Rent» und «Another Man Comin’»: «I’ve another man comin’ while the bed is still warm». Wunschträume? Anspiel-tipp: Der Rock’n’Roll-Voo-doo «Bad For Bobby».

    tl.

    45PrinceErhält ein Song nach jahrzehntelangem Hören den defi ni-tiven Top-Favoriten-Status, will man sein Dasein auf ge-liebten Samplern überführen in die 36. Kammer, ins Leben als Single. Dabei warten nicht nur Shaolin-Mönche auf ein Reissue. In kürzester Zeit sind nun mittlerweile 38 Stück R&B-Reissues aufgetaucht, die Chance ist also gross, dass sich auch Deine Geduld gelohnt hat. Meine Erlösungen: Von 1951 an bis weit in die Sechzigerjahre hinein war Ike Turner verantwortlich für den besten Rhythm & Blues. Er hat nicht nur Howlin’ Wolf oder Elmore James aufgenom-men, sondern auch eigenhändig die grossartigsten Gitar-rensolos aller Zeiten eingespielt. Sämtliche Zusammenstel-lungen seiner Anfangsjahre sind Hörpfl ichtvergnügen. Da er noch bei Sun Records unter Vertrag war, veröffentlichte er 1959 kurzerhand als Icky Renrut die Single «Jack Rab-bit» (Stevens). Ein abgefahrenes Intro wird hingelabert, dann legt zuerst mal eine absolut verzerrte Gitarre los, be-vor Jimmy Thomas mit seinem hastigen Gesang einsetzt. Ike wollte damals keine Tantiemen für den Song, und auch live spielten sie ihn kaum – er galt als «novelty record». Doctor Ross war ebenfalls bei Sun Records, wo er u.a. als One-Man-Band aufnahm. Für Fortune spielte er 1961 «Cat Squirrel» erneut ein. Eine perfekte Aufnahme, mit Harmonika, Gitarre, Schlagzeug, Bass und Gesang so di-rekt, dass man meint, der Doktor springe gleich aus den Boxen. Eine perfekte Mischung aus Blues und Rockabil-ly. Wie ein Güterzug, der im Eiltempo an Dir vorbeifährt, während der Lokführer Dir seinen Lieblingssong direkt in die Ohren jauchzt. Weniger interessieren tut hier, dass Doc-tor Ross später auch in Montreux aufnahm – mehr, dass er im Film «Wayne County Ramblin’» (mit Iggy Pop) aus der Jukebox klingt.Melvin Smiths Aufnahmen um 1959 sind verteilt auf di-verse Top-Sampler. Zum Glück gibt es seinen wahnsinnig rüden Rockabilly-Brecher «Pretty Plaid Skirt» bereits als Single. Nun folgt auch The Nite Riders’ «Lookin’ for my Baby» (Sue). Hier wir vollends klar, dass Mr. Smith kein verrückt gewordener weisser Bruder von Dean Carter sein kann; seine Schwärze drückt durch alle Poren, und ein Sa-xophon ersetzt die Leadgitarre. Jajajajajajajaaaa!

    Philipp Niederberger

    FehlfarbenGlücksmaschinen(Tapete/Irascible)

    «Wir haben Angst, aber lei-der keine Zeit dafür» oder «Wir warten (ihr habt die Uhr, wir haben die Zeit).» Peter Hein kann immer noch feine Slogans schrei-ben. Das haben wir schon Anfang der Achtziger an ihm geschätzt. Denn vor ziemlich genau 30 Jahren ist mit Fehlfarbens «Mo-narchie & Alltag» eine der besten und wichtigsten deutschsprachigen Platten erschienen. Sänger Peter Hein war nahe daran, der neue deutsche Popstar zu werden, ehe er sich verwei-gerte und die Fehlfarben aufl öste. 2002 dann die vielversprechende Reunion der Band mit dem formi-dablen Album «Knietief im Dispo». Die Musiker in ihren Vierzigern – von der Urbesetzung sind mit Hein, Frank Fenstermacher und Michael Kemner noch drei übrig – überraschten mit ei-nem feinen Werk und guten Liveshows. Der Nachfolger «Handbuch für die Welt» enttäuschte ein wenig, war allerdings nicht schlecht. Hinzu kam, dass ihre Plat-tenfi rma Pleite ging. Nun also die dritte Platte, er-schienen beim kleinen La-bel Tapete. Druckvoll pro-duziert vom Berliner Moses Schneider (Beatsteaks, To-cotronic), zieht einen der feine Titelsong ins Album. Klar, die «älteste Boyg-roup» der deutschen Pop-szene hat die Relevanz von einst nicht mehr. Dennoch wirken die meisten Stück erstaunlich frisch. Und das hört man gerne.

    tb.

  • Scherenschneiden mit Will Oldham

    Noch vor der 20. Ausgabe der honorigen Bad Bonn Kilbi wird im Lokal im freiburgischen Düdingen im Februar eine Platte gefeiert, die das Fieber der Vinyl-Sammlerschaft ansteigen lässt: Auf 650 Exemplare ist das gute Tauf-Stück limitiert, das einen Scherenschnitt aus der Werkstatt des Lo-Fi-Helden Jad Fair zum Cover hat und mit dem Namen «Does Your Cat Know My Dog – Bad Bonn’s Selection for the New Ear» versehen wurde. Kompiliert vom Bad-Bonn-Programmator Daniel «Duex» Fontana, fi nden hier sich Beiträge von Freunden und Freundinnen des Hauses wie den ös-terreichischen Querköpfen Bulbul oder der dunklen Bardin Carla Bozu-lich sowie natürlich viel Hiesiges wie der Untote Bruder Pierre Omer und Combineharvester mit einem Tanzlied. Eingeklammert wird die Platte von einem frohen Live-Beitrag von Bonnie ’Prince’ Billy, der an der Tauffeier im Freundschaftsfi lm «Old Joy» zu sehen sein wird, und der Stromausfallver-sion von Sonic Youths «No Way», die letztes Jahr an der Kilbi aufgenom-men wurde. Wer am Veröffentlichungsfest mit Sum Of R und Sir Richard Bishop nicht dabei sein kann, sichert sich sein Scherenschnitt-Exemplar beim kleinen Label three:four Records im Voraus. (bs)

    6.2., Bad Bonn, Düdingen

    Jaulen mit Heavy Trash

    Seit sechs geschlagenen Jahren wartet die Jon-Spencer-Jüngerschaft auf ein neues Album der Blues Explosion. Spencers Stammtrio kreuzte vor Zwei-jahresfrist zwar kurz nochmals auf, für neues Material reichte es dann aber doch nicht. Und so geriet die eher laue Konzertrückkehr von Boss Hog in den Fokus – sowie das anfängliche Witzprojekt Heavy Trash, für das der Jaulkönig Spencer mit dem Gitarrenkollegen Matt Verta-Ray gefährlich frischen Rockabilly fabriziert. Mittlerweile sind drei Alben erschienen, zu-letzt «Midnight Soul Serenade» (Crunchy Frog/Irascible), das folgender-massen tönt: «Rrrraa-a-a-ahhhh, ba-BAM! st-ba-rrrrrrooo-ba-ba-boom! Wop-BOP-a-be-ba-ba-rrrrrrrraaahh-ra-ra-CRASHH-bang-blaaaa-ah-ah-BABY! BABY! B-B-B-ABY! Doom-doom-doom-doom-sssss-zzzzz-ping! RAAHHHK! RAAAAHHHHK! Boink.» Oder anders ausgedrückt: Hea-vy Trash ist eine Rock’n’Roll-Freude, die das Warten auf das nächste Blues-Explosion-Produkt erträglicher macht. (bs)

    29.1., L’Usine, Genf; 30.1., Salzhaus, Winterthur

    Zurückkehren mit Fingerpoke

    Direkt aus Hottingen spielen sich die vier Herren Strobel, Amrein, Le-winsky und Nicotera nach langen Jahren im Band-Ruhestand in die ge-brochenen Herzen der kleinen grossen Stadt zurück. Vierzehn Lieder aus der hiesigen «Neptune Street» fanden den Weg auf das neue Album, das die Americana zelebriert, souverän zitiert und landstreicherisch umspielt. Roli Strobel und Philippe Amrein teilen sich das Mikrofon und kümmern sich gemeinsam mit Micha Lewinsky um die liebevolle Saiten-Instrumen-tierung der rollenden und federnden Strassen- und Wüstensand-Böden des Schlagzeugers Ralph Nicotera. Wilco grüssen aus Chicago, das traurige Beatles-Walross wird aufgesucht und die letzte Zigarette geraucht auf ei-nem Rückkehrer-Werk, das froh-melancholisch gefeiert werden will. (bs)

    29.1., El Lokal, Zürich; 6.2., Neues Kino, Freienstein-Rorbas; 8.2., Bad Bonn, Düdingen; 12.3., Café Kairo, Bern; 13.3., Helsinki, Zürich; 19.3., Palace, St. Gallen

    Liebe sein mit Jochen Distelmeyer

    «Viel zu früh und immer wieder Liebeslieder» hiess ein Lied auf dem ers-ten Album von Blumfeld. «Lass uns nicht von Sex reden» ein anderes. Die Zweierkiste bedeutete für den jungen Distelmeyer bloss ein weiteres sozio-ökonomisches Krisengebiet. Referenzreiche, politisch aufgeladene Texte machten ihn zum Klassensprecher der Hamburger Schule und lie-ferten in den Studenten-WGs der Grunge-Generation endlosen Diskussi-onsstoff. Entsprechend befremdet reagierten frühe Fans, als ihr Held mit «Tausend Tränen tief» dann unerwarteterweise doch zur Liebeslyrik fand. Irgendwann murmelte die Diskursfraktion «Schlager» und wandte sich den Goldenen Zitronen, Tocotronic und Ja, Panik zu. Der Dichter unter den deutschen Sängern aber ging seinen eigenen Weg, den er mittlerweile solo beschreitet – auf Platte etwas rockiger als zuletzt mit Blumfeld, im Konzert mit Liedern aus allen Schaffensphasen. Gesellschaftskritik führt er immer noch im Programm, vor allem aber besingt Jochen Distelmeyer lustvoll die ganz grossen Gefühle: «Lass uns Liebe sein». Denn das ist der Imperativ aller Popmusik: Immer wieder Liebeslieder. (ash)

    8.2., Mascotte, Zürich; 9.2., Bad Bonn, Düdingen; 10.2., Palace, St. Gallen

    NACHT SCHICHT

  • NACHT SCHICHT

    Graben mit Howe Gelb

    Als gutgelaunter Sprücheklopfer und charmanten Conferencier ist Howe Gelb nur selten anzutreffen. Aus seinem Werk und Wirken dringt eher selbstversunkene, oftmals traurig grundierte Nachdenklichkeit, die der Mann bei seinen Solokonzerten auch szenisch unterstreicht. Ansatzlos wechselt er dann jeweils von der Gitarre ans Klavier, drückt ein paar Ak-korde in die Tasten und tastet sich so in den nächsten Song hinein.Die Veröffentlichungsliste des Liedermachers aus dem sandigen US-Bun-desstaat Arizona ist lang und auf den ersten Blick ziemlich verwirrend. Ei-nen stimmigen Einstieg bietet dem angehenden Fan aber beispielsweise das Album «Hisser» aus dem Jahr 1998. Darauf verarbeitet Howe Gelb den Verlust seines Freundes und Mitmusikers Rainer Ptacek, der im Novem-ber 1997 an einem Gehirntumor starb. Mit ein paar faserigen Akkorden auf der Flamenco-Gitarre beginnt die Trauerarbeit, bevor sich dann diese einzigartige Stimme leise tremolierend in die karge Instrumentierung fügt – angeraut, aber nicht so zerschlissen wie jene von Altmeister Tom Waits, abgedunkelt, aber nicht ganz so streng formatiert wie jene von Leonard Cohen. Der musikalische Trauermarsch führt anschliessend an düsteren Pianopassagen vorbei, durch eine knarzige Einzimmerwelt, deren Wände sich zusehends aufl ösen, hinaus in die countryfi zierte Wüste, wo Kerzen in der Hitze schmelzen, ohne dass sie angezündet werden.Mit seinen Songs leuchtet Howe Gelb das dunkle Amerika ebenso wie die innere Landschaft aus. Beklemmende Gegenden, in denen sich allerhand zuträgt, das besungen werden muss. Freilich nicht in Form von staatskriti-schen Protestsongs, sondern in beseelten Fragmenten und brüchigen Hym-nen, oftmals im Skizzenstadium belassen. Der Troubadour selbst positio-niert sich dabei als Teil einer Versuchsanordnung, die auf der Bühne jeden Abend andere, verblüffende Ergebnisse liefert. (amp)

    2.2., Café Kairo, Bern; 3.2., Parterre, Basel; 4.2., El Lokal, Zürich; 5.2., Flösserplatz, Aarau; 6.2., Grabenhalle, St. Gallen

    Mutieren mit These New Puritans

    Nur eine weitere Band unter unüberschaubar vielen New-Wave- und Post-Punk-Neuaufgiessertruppen waren die Engländer These New Puritans, als sie vor zwei Jahren mit «Beat Pyramid» ihr Debüt veröffentlichten. Mit dem Zweitling «Hidden» (Domino/MV) spielt sich das Quartett um den Songschreiber Jack Barnett sowie dessen trommelnden Zwillingsbruder George aus der Masse frei mit noch mehr Club-Trommeln – und geschickt arrangierten Geigen, Bläsern und Chor-Einsätzen. Inspiriert von Benjamin Britten sei er gewesen, meinte Jack im Interview mit unserem Mann an der «London Hotline» zu dieser neuen klassischen Zutat im synthetischen Apokalypsentanz; denn freudig und zuversichtlich ist dieser eigensinnige Mutant kaum zu nennen. Und freudiger sieht dank «Hidden» auch die nähere Zukunft der Puritaner aus: Im Schlepptau der Minimalisierer The XX bespielt die Band die begehrten und vermeintlich ausverkauften Kon-zertsäle des Kontinents, ehe man für einen Auftritt ohne Orchestersätze und ohne die prominenten Gefährten nach Bern reist. (bs)

    20.2., ISC, Bern

    Rauchen mit Botanica

    Die letzte Zigarette des Tages verglimmt leise im Aschenbecher. Das Licht ist gedämpft, die Vorhänge sind zugezogen, doch es will sich partout keine Ruhe einstellen. Dumpfe Gedanken kreisen unter der Schädeldecke. Die Hoffnung auf geregelten Schlaf zerbröselt allmählich, man muss sich ab-lenken. Im Fernsehen laufen bloss noch Shopping-Sendungen und schmud-delige Werbespots für Bezahlsex-Telefonnummern, also legt man eine Plat-te auf. Und plötzlich rückt der deprimierende Tag in weite Ferne.Das Werk für solche Gelegenheiten heisst «Berlin Hi-Fi» (2006) und stammt von Botanica, der New Yorker Band um den ehemaligen Firewater-Musiker Paul Wallfi sch. Aufgenommen in Kreuzberg und Brooklyn, ist das Album eine lange Verkettung von Klängen und Gedanken zu Momenten privater Tragik. Schwer atmende Orgelakkorde treffen auf melancholi-sche Restaurant-Tischgeigen, während unter bedächtigen Bass-Riffs eine Kastag nettenspur durchklappert. Getragen von dezentem Fatalismus, be-wegen sich die vier Musiker tastend durch die Songs, über denen Wallfi schs Gesang schwebt und schlenkert, als trüge er die Stimmbänder von Joey Burns und Thom Yorke in seiner Kehle. Und während man sich die aller-letzte Zigarette des Tages ansteckt, dämmert es: So singt einer, der auch erst weit nach Mitternacht aus der Schusslinie des Daseins hinkt. (amp)

    24.2., Albani, Winterthur; 26.2., ISC, Bern; 28.2., Grabenhalle, St. Gallen; 2.3., Treibhaus, Luzern

    Witzeln mit Henry Rollins

    Man kennt ihn als dickhalsigen Sänger der Hardcore-Combo Black Flag, als grossfl ächig tätowierten Vorturner der Rollins Band, als umtriebigen Autor und Verleger sowie als Moderator einer eigenen Show im öffentlich-rechtlichen US-Fernsehen. Zu ganz grosser Form läuft Henry Rollins al-lerdings dann auf, wenn er als Spoken-Word-Performer vor sein Publikum tritt. Denn dann verwandelt sich sein heiliger Zorn in einen souverän bissi-gen Humor, den man ihm gar nicht zugetraut hätte. Grosse Klasse! (amp)

    5.2., Rote Fabrik, Zürich

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