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Einstellungen, Erwartungen und Strategien von Erzeugern und Verarbeitern regionaler Lebensmittel „Wie macht man Regionalität schmackhaft?“ Zusammenfassung der Geschmackstage-Studie 2017 / 2018 www.geschmackstage.de Impressum Herausgeber: Geschmackstage Deutschland e.V. Hindenburgstr. 11 91555 Feuchtwangen Telefon: 09852 / 1381 Fax: 09852 / 615291 E-Mail: [email protected] Internet: www.geschmackstage.de In Kooperation mit dem Bundesverband der Regionalbewegung e. V. www.regionalbewegung.de Befragung und Auswertung: Prof. Dr. Holger Buxel, Münster Redaktion: Ulrich Frohnmeyer, Ilonka Sindel Online-Befragung: von September bis November 2017 bei Erzeugern und Verarbeitern regionaler Lebensmittel Stichprobe n = 166 Erarbeitung der Fragebogeninhalte durch ein Gremium des Geschmackstage Deutschland e. V. und Prof. Dr. Holger Buxel, Professor an der Fachhochschule Münster Erscheinungsdatum: August 2018 Gefördert aus Mitteln der Landwirtschaftlichen Rentenbank

Einstellungen, Erwartungen und Strategien von Erzeugern ... · Die Befragung richtete sich sowohl an Grund-erzeuger von Lebensmitteln (landwirtschaft-liche und gartenbauliche Betriebe)

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Einstellungen, Erwartungen und Strategien von Erzeugern und Verarbeitern regionaler Lebensmittel

„Wie macht man Regionalität schmackhaft?“

Zusammenfassung der Geschmackstage-Studie 2017 / 2018

www.geschmackstage.de

Impressum

Herausgeber:

Geschmackstage Deutschland e.V. Hindenburgstr. 11 91555 Feuchtwangen Telefon: 09852 / 1381 Fax: 09852 / 615291 E-Mail: [email protected] Internet: www.geschmackstage.de

In Kooperation mit dem Bundesverband der Regionalbewegung e. V. www.regionalbewegung.de

Befragung und Auswertung:

Prof. Dr. Holger Buxel, Münster

Redaktion:

Ulrich Frohnmeyer, Ilonka Sindel

Online-Befragung:

von September bis November 2017 bei Erzeugern und Verarbeitern regionaler Lebensmittel Stichprobe n = 166

Erarbeitung der Fragebogeninhalte durch ein Gremium des Geschmackstage Deutschland e. V. und Prof. Dr. Holger Buxel, Professor an der Fachhochschule Münster

Erscheinungsdatum: August 2018

Gefördert aus Mitteln der Landwirtschaftlichen Rentenbank

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1 u. a. „Schmeckt die Region?“ Verbrauchererwartungen im Hinblick auf regionale Lebensmittel; Geschmackstage Deutschland e.V., überarbeitete Auflage 2017

„Wie macht man Regionalität schmackhaft?“ Befragung von Erzeugern und Verarbeitern

Anlass und Ausgangspunkt

Untersuchungen zu „Regionalen Lebensmitteln“ haben sich bisher hauptsächlich mit Einstellun-gen und Verhalten von Verbrauchern befasst.1

Demgegenüber weiß man noch wenig über die Sichtweise von Erzeugern und Verarbeitern und darüber, wie sich deren Vorstellungen mit den Er-wartungen der Verbraucher decken.

So wurde im Herbst / Winter 2017 eine Befragung unter Erzeugern und Verarbeitern von regionalen Lebensmitteln durchgeführt, u. a. um Anhalts-punkte dafür zu bekommen, welche Optimie-rungspotenziale für Konzepte und Aktivitäten zur Vermarktung von regionalen Lebensmitteln noch nicht ausgeschöpft sind.

Fragestellungen

Gefragt wurden die Erzeuger- und Verarbeiterbe-triebe u. a. nach

• ihrer Definition von „Regionalität“ von Lebens-mitteln

• dem Stellenwert von „Regionalität“ für den Ver marktungserfolg

• ihren Vorstellungen davon, was Verbraucher unter „Regionalen Lebensmitteln“ verstehen

• Absatzwegen und dem Einsatz von Kommuni-kationsinstrumenten

• Hemmnissen für eine Ausweitung der Ver-marktung regionaler Lebensmittel

• dem möglichen Bedarf für staatliche Maßnah-men und einer Regelung der Kennzeichnung „Regionaler Lebensmittel“.

Fazit

Die hier vorliegende Auswertung der Befragung ergibt zunächst, dass die Auffassungen von Er-zeugern und Verarbeitern einerseits und Ver-brauchern andererseits in vielerlei Hinsicht gut korrespondieren.

Gleichzeitig zeigen sich aber auch Abweichungen im Verständnis davon, welche Eigenschaften ein „Regionales Lebensmittel“ haben muss, um beim Verbraucher als solches akzeptiert zu werden.

Übereinstimmungen, aber auch einzelne Ab-weichungen, gibt es ebenso hinsichtlich der von den Erzeugern / Verarbeitern eingesetzten Mar-keting- und Kommunikationsmaßnahmen: dazu bietet diese Auswertung interessantes Material und damit Hilfestellungen für Erzeuger- und Ver-arbeiterbetriebe, ihre Absatzstrategie kritisch zu überprüfen und ggf. zu optimieren.

Zu guter Letzt liefert die Befragung beachtens-werte Erkenntnisse zur Frage der hauptsäch-lichen Hinderungsgründe für die Ausweitung des Vertriebs regionaler Lebensmittel und gibt Hinweise zur Diskussion hinsichtlich des Bedarfs und der Ausgestaltung einer möglichen staat-lichen Regelung zur Definition von „Regionalen Lebensmitteln“.

Hinweis:

Weitere Grafiken zur Auswertung der Befra-gung sind unter www.geschmackstage.de/ geschmackstage-studien zu finden.

Merkmale der befragten Unternehmen

Die Befragung richtete sich sowohl an Grund-erzeuger von Lebensmitteln (landwirtschaft-liche und gartenbauliche Betriebe) als auch an Verarbeiter von Lebensmitteln, z. B. Hersteller von Backwaren, Teigwaren, Fleisch- und Wurst-waren. Ein knappes Viertel ordnete sich beiden Kategorien zu (z. B. Milchviehbetriebe mit eige-ner Käserei).

Abb.1: Anteile der befragten Unternehmenstypen

Weitere Merkmale der befragten Unternehmen

• Alle befragten Unternehmen haben nur einen Produktionsstandort.

• Befragt wurden nur Unternehmen, deren Ab-satzgebiet ausschließlich oder hauptsächlich in der Region liegt, in der sich auch der Produk-tionsstandort befindet.

• ca. 60 % der Unternehmen haben ihren Sitz in Orten mit weniger als 50.000 Einwohnern.

Die befragten Betriebe bilden das Spektrum der Produktgruppen die als „regional“ vermarktet werden, gut ab:

Abb. 2: Anteile der Produktgruppen, die von den befragten Unternehmen als regionale Lebens mittel erzeugt und / oder vermarktet werden

Mehr als die Hälfte (57 %) der befragten Betriebe insgesamt beschäftigen nur bis zu fünf Mitarbei-ter. Dabei handelt es sich überwiegend um land-wirtschaftliche Betriebe (56 %) und Betriebe des Lebensmittelhandwerks (z. B. Bäckereien).

Abb. 3: Anzahl der Mitarbeiter der befragten Unternehmen

22 %

45 %

26 %

7%

■ Grunderzeuger von Lebensmitteln (Agrarbetrieb o. ä.)

■ Verarbeiter von Lebensmitteln – Lebensmittelhandwerk (Bäckerei o. ä.)

■ Verarbeiter von Lebensmitteln – Lebensmittelindustrie

■ Sowohl Grunderzeuger als auch Verarbeiter von Lebensmitteln

MilchprodukteMehl & GeteideNudeln & TeigwarenObst & GemüseBackwarenFleisch- & WurstwarenFisch & FischprodukteAufstriche & SoßenEierGetränke, nicht alkoholischGetränke, alkoholischEssig & ÖlFetteSüßwarenEingemachtesBlumen & PflanzenSonstiges

0 % 10 % 20 % 30 % 40 %

26 %16 %

14 %23 %

14 %37 %

2 %17 %

20 %15 %

21 %14 %

2 %5 %

11 %4 %

11 %

bis 5bis 10bis 55bis 50bis 75bis 100über 100weiß nicht / keine Angabe

0 % 20 % 40 % 60 %

57 %8 %

11 %6 %

2 %1 %

3 %11 %

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Hoher Stellenwert von Regionalität für den Vermarktungserfolg

Alle befragten Betriebe stellen – in unterschied-lichen Abstufungen – explizit heraus, aus welcher Region die Produkte kommen (z. B. „aus dem Münsterland“). Bei Grunderzeugern ist dies noch etwas ausgeprägter als bei den Verarbeitern.

Abb. 4: Explizite Herausstellung der regionalen Herkunft bei der Vermarktung regionaler Lebensmittel

Dies wird mit der Erwartung verbunden, dass sich ein relevanter Anteil der Kundschaft bei einer Wahl zwischen zwei qualitativ und preislich an-sonsten identischen Produkten für ein Produkt „aus der Region“ entscheiden würde.

Abb. 5: Einschätzung der Verbraucherpräferenzen für Lebensmittelprodukte „aus der Region“

54 % der Befragten schätzen, dass sich über 60 % ihrer Kunden in einer Auswahlsituation bei gleicher Qualität und gleichem Preis ganz bewusst für ein Produkt „aus ihrer Region“ ent-scheiden würden.“

Die befragten Erzeuger und Verarbeiter schätzen die regionale Herkunft der Produkte als wichti-gen Erfolgsfaktor bei der Vermarktung ein.

Abb. 6: Regionale Herkunft als Erfolgsfaktor für den Vermarktungserfolg

• Für 92 % der befragten Unternehmen insge-samt ist die regionale Herkunft ihrer Produkte ein entscheidender Faktor für den Vermark-tungserfolg „in ihrer Region“.

• Zwei Drittel der Befragten sind der Meinung, dass es die regionale Herkunft des Produktes erlaubt, in der Region einen höheren Preis ver-langen zu können als Produzenten vergleich-barer Produkte, die aber nicht aus der Region kommen.

• Für beide Fragestellungen gilt, dass die re-gionale Herkunft der Produkte bei kleineren Unternehmen eine größere Bedeutung hat.

Grunderzeuger

Verarbeiter / Lebens-mittelhandwerk

Verarbeiter / Lebens-mittelindustrie

Grunderzeuger und Verarbeiter

Gesamt

0 % 20 % 40 % 60 % 80 % 100 %

■ stimme eher zu ■ stimme voll zu

36 % 64 %

51 %49 %

55 % 45 %

41 % 59 %

38 % 62 %

0 % 20 % 40 % 60 % 80 % 100 %

Alle Befragten 4 % 13 % 25 % 40 % 14 % 4 %

■ bis 20 %

■ bis 40 %

■ bis 60 %

■ bis 80 %

■ bis 100 %

■ Weiß nicht / k. A.

Die regionale Herkunft unserer Produkte ist ein entscheidender Faktor für den Vermarktungs-erfolg in unserer Region.

Die regionale Herkunft unserer Produkte erlaubt es uns, in unserer Region einen höheren Preis ver-langen zu können als Produzenten vergleichba-rer Produkte, die nicht aus unserer Region kommen.

0 % 20 % 40 % 60 % 80 % 100 %

bis 5 Mitarbeiter

bis 5 Mitarbeiter

über 5 bis 50 Mitarbeiter

über 5 bis 50 Mitarbeiter

über 50 Mitarbeiter

über 50 Mitarbeiter

■ stimme gar nicht zu

■ stimme eher nicht zu

■ weder noch

■ stimme eher zu

■ stimme voll zu

5 % 31 % 64 %

49 %40 %

20 % 60 % 20 %

5 %

13 %

9 %

10 % 50 % 30 % 10 %

9 % 26 % 28 % 28 %

13 % 35 % 40 %

7 %

Kein einheitliches Verständnis von Regionalität

Räumlicher Bezug

Das Verständnis der befragten Erzeuger und Ver-arbeiter davon, wie groß der Umkreis um ihren Produktionsort ist, in dem man Produkte als Le-bensmittel „aus der Region“ ansieht, ist stark un-einheitlich ausgeprägt. Für 44 % der befragten Unternehmen liegt dieser Umkreis bei maximal 50 Kilometern. Für weitere 29 % sind es hinge-gen schon 100 km, und für 12 % ist es sogar das ganze Bundesland.

Vergleicht man diese mit der typischen Verbrau-cherauffassung zu dieser Frage, ist diese ähnlich uneinheitlich. Auch bei Verbrauchern besteht kein einheitliches Bild über die räumliche Abgrenzung, wann ein Lebensmittel „aus der Region“ kommt.

Abb. 7: Räumliches Verständnis von Regionalität bei Erzeugern / Verarbeitern und Verbrauchern

Zu beachten:

Die uneinheitliche Ausprägung des Verständ-nisses bei Erzeugern und Verarbeitern einer-seits und bei Verbrauchern andererseits erhöht das Risiko, dass Verbraucher bei der Ansprache nicht erreicht werden: so könnte es beispiels-weise sein, dass ein als „regionales Lebens-mittel“ kommuniziertes Produkt aus einem Um kreis von 100 km bei 43 % der Verbraucher nicht als solches akzeptiert wird.

Eigenschaften regionaler Lebensmittel

Auch die Frage nach Eigenschaften, die ein als „Regionales Lebensmittel“ vermarktetes Produkt erfüllen muss, ergibt ein heterogenes Bild:

Abb. 8: Zu erfüllende Merkmale von Produkten, die als „Regionale Lebensmittel“ vermarktet werden

• Monoprodukte werden zu 89 % in der Region erzeugt. Die Verarbeitung erfolgt jedoch nur zu 53 % in der Region und zu 45 % werden die Produkte ausschließlich in der Region ver-marktet, in der sie erzeugt worden sind.

• Produkte aus mehreren Zutaten werden in 76 % der Fälle zu mindestens 75 % in der Re-gion erzeugt. Eine Verarbeitung zu mindestens 75% in der Region erfolgt bei 67 %. In 44 % der Fälle werden die Produkte ausschließlich in der Produktionsregion vermarktet.

Zu beachten:

Erzeuger und Verarbeiter sind überwiegend der Meinung, dass die Erzeugung von als „regional“ vermarkteten Lebensmittel weitestgehend „in der Region“ stattfinden muss. die Merkmale „Ver-arbeitung“ und „Vermarktung in der Region“ ha-ben hingegen eine deutlich geringere Bedeutung.

0 % 20 % 40 % 60 % 80 % 100 %

Erzeugung erfolgt zu mindestens 75 % in der Region

Verarbeitung (z. B. Mahlen von Mehl) erfolgt zu min-destens 75 % in der Region

Vermarktung erfolgt nur in der Region

Produkte sind typisch für die Region (z. B. Spezialitäten)

76 %

67 %

44 %

25 %

89 %

53 %

45 %

21 %

■ Monoprodukte ■ Produkte aus mehreren Zutaten

Einschätzung der Erzeuger / Verarbeiter

Sichtweise der Verbraucher

0 % 20 % 40 % 60 % 80 % 100 %

42 %2 % 29 % 10 % 12 % 6 %

15 % 10 %23 % 9 %38 %5 %

■ Umkreis bis 10 km

■ Umkreis bis 50 km

■ Umkreis bis 100 km

■ Aus meinem Heimat-Landkreis

■ Aus meinem Bundesland

■ Aus Deutschland

■ Sonstiges / k. A.

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Einschätzungen der Erzeuger hinsichtlich der Verbrauchererwartungen

Eine längerfristig erfolgreiche Vermarktung von regionalen Lebensmitteln setzt voraus, dass die Erwartungen der Kundschaft auch erfüllt wer-den. Die Unternehmen wurden daher befragt, welche Merkmale nach ihrer Einschätzung aus der Sicht ihrer Kunden wichtig sind, damit die-se ein Produkt als ein „Regionales Lebensmittel“ empfinden. Hier zeigt sich zunächst:

• Die meisten Erzeuger und Verarbeiter gehen davon aus, dass die große Mehrheit der Kun-den (über 75 %) bei einem regionalen Lebens-mittel erwartet, dass

– das Unternehmen seinen Hauptsitz in der Region hat

– die Rohstoffe aus der Region kommen

– die Verarbeitung in der Region erfolgt.

• 69 % der befragten Erzeuger und Verarbeiter gehen davon aus, dass über 75 % der Kunden bei einem regionalen Lebensmittel erwarten, dass auch die Vermarktung vornehmlich in der Region erfolgt.

• 57 % schätzen es für die Mehrheit der Kunden ebenfalls als wichtig ein, dass der Erzeuger / Pro-duzent dem Kunden persönlich bekannt ist.

Die tatsächliche Sicht der Verbraucher

Vergleicht man diese Einschätzungen mit der tatsächlichen Sichtweise von Verbrauchern, gibt es in wesentlichen Punkten eine hohe Überein-stimmung (Rohstoffe aus der Region, Haupt-sitz des Unternehmens und Verarbeitung in der Region).

In anderen Punkten gibt es jedoch z. T. erhebli-che Abweichungen: So liegt z. B. der Anteil der Verbraucher, für die auch die Vermarktung vor-nehmlich „in der Region“ erfolgen muss, damit es sich um ein Produkt „aus der Region“ handelt, bei nur 26 % und wird damit von den Erzeugern deutlich überschätzt.

Abb. 9: Vergleich der Einschätzung von Erzeugern mit der tatsächlichen Auffassung von Verbrauchern hinsichtlich zu erfüllender Merkmale von regionalen Lebensmitteln

Zu beachten:

Erzeuger und Verarbeiter von regionalen Le-bensmitteln sollten sich ein möglichst genaues Bild von den tatsächlichen Einstellungen der Verbraucher machen, um die Produkte, die sie als „Regionale Lebensmittel“ vermarkten mit den Argumenten zu bewerben, mit denen sie die Verbraucher tatsächlich erreichen.

■ weniger wichtig (< 50 % der Kunden erwarten das)

■ eher wichtig (50–75 % der Kunden erwarten das)

■ sehr wichtig (> 75 % der Kunden erwarten das)

■ absolut wichtig (fast alle Kunden erwarten das)

■ Anteil Verbraucher, für die das Merkmal erfüllt sein muss

0 % 20 % 40 % 60 % 80 % 100 %

Lebensmittel ist typisch für die Region (z. B. Spezialitäten)

Erzeuger / Produzent muss dem Kunden persönlich bekannt sein

Vermarktung der Produkte erfolgt vornehmlich in der Region

Verarbeitung erfolgt in der Region

Rohstoffe kommen aus der Region

Unternehmen hat seinen Hauptsitz in der Region

67 %

82 %

81 %

26 %

12 %

33 %

6 % 7 % 34 % 53 %

7 % 14 % 33 % 47 %

17 % 15 % 37 % 31 %

18 % 25 % 34 % 23 %

31 % 24 % 25 % 20 %

1 % 8 % 36 % 55 %

Vermarktung regionaler Lebensmittel

Vertriebskanäle für regionale Lebensmittel

Regionale Lebensmittel werden inzwischen über eine Vielzahl von Vertriebskanälen verkauft.

Abb. 10: Vertriebskanäle für regionale Lebensmittel (Kurven = nach Betriebsgröße, %-Angabe = alle Betriebe)

Als wichtigster Vertriebskanal wird der direkte Vertrieb ab Hof- / Werksladen eingestuft (40 ˘ %).

Abb. 11: Wichtigster Vertriebskanal (nur eine Nennung, Kurven = nach Betriebsgröße, %-Angabe = alle Betriebe)

Instrumente für die Vermarktung

Als besonders effektiv werden klassische Ver-marktungsmaßnahmen, die mit einem direkten Kundenkontakt verbunden sind, angesehen. Dazu gehören Hof- bzw. Werksläden, Tage der offenen Tür, Stände auf Wochen- / Bauernmärk-ten, die Teilnahme an Aktionen wie z. B. „Tag der Regionen“ oder „Geschmackstage“. Online-Ins-trumente werden hingegen als weniger effektiv eingeschätzt.

Dies deckt sich weitgehend mit den Ergebnissen der Verbraucherbefragung 2016 / 17: Von den Verbrauchern werden die klassischen und im Markt bereits schon länger etablierten Aktionen am ehesten genutzt.

Abb. 12: Bevorzugte Maßnahmen und Instrumente zur Unterstützung der Vermarktung regionaler Lebensmittel

0 % 20 % 40 % 60 % 80 % 100 %

direkt ab Hof / Werk (76 %)

Gastronomie (51 %)

Supermarkt (44 %)

Wochenmarkt (38 %)

spez. Genuss-Events (35 %)

Metzgerei / Bäckerei (34 %)

online / Internet (30 %)

Naturkost-Fachhandel (28 %)

Großhandel (16 %)

Gemeinschaft sverpflegung (11 %)

Abo-Kiste (7 %)

Discounter (4 %)

Sonstiges (6 %)

Bis 5 Beschäftigte Über 5 bis 10 Beschäftigte Über 50 Beschäftigte

0 % 20 % 40 % 60 % 80 % 100 %

direkt ab Hof / Werk (40%)

Metzgerei o. Bäckerei (13%)

Supermarkt (13%)

Wochenmarkt (7%)

Gastronomie (6%)

spez. Genuss-Events (3%)

Großhandel (2%)

online / Internet (2%)

Abo-Kiste für Lebensmittel (2%)

Discounter (0%)

Gemeinschaftsverpflegung (0%)

Sonstiges (4%)

Keine Angabe (5%)

Bis 5 Beschäftigte Über 5 bis 10 Beschäftigte Über 50 Beschäftigte

Angebot im Hofladen / WerksladenAufstellen von Hof- und / oder Feldschildern

Teilnahme an Aktionen

Einsatz besonderer Etiketten Stand auf Wochenmarkt/BauernmarktAngebot eines Tag der offenen (Hof) / (Stall)-TürVerwendung einer Regionalkennzeichnung

Verkostungsaktionen

Einsatz von Roll-Ups, PlakatenGeschenkkörbe mit regionalen LebensmittelnVermarktung in einem Regionalregal im LEHOnline-Shop für regionale LebensmittelnKundenkarte speziell für Kunden aus der RegionNutzung der RegioApp des BRB (Regionalbewegung)

Anbieten einer Abokiste

Sonstiges

0 % 10 % 20 % 30 % 40 % 50 %

48 %41 %

41 %

37 %

37 %

34 %

34 %

33 %

26 %

27 %

27 %

20 %

8 %

7 %

6 %

5 %

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109

Informationsangebote und deren Nutzung durch Verbraucher

Beim Vergleich der von Erzeugern / Verarbeitern eingesetzten Informationsangebote und deren Nutzung durch die Verbraucher gibt es sowohl Übereinstimmungen (grüne Schrift) als auch deutliche Abweichungen (rote Schrift).

Abb. 13: Informationsangebote von Erzeugern / Ver-arbeitern und deren Inanspruchnahme von Verbrauchern

Zu beachten:

Informationsangebote kosten Zeit und Geld. Sie sollten daher möglichst effizient eingesetzt werden. Dies setzt eine gute Analyse der Kund-schaft, die man erreichen will, voraus.

Vermarktungshemmnisse durch Anforde-rungen des Lebensmitteleinzelhandels (LEH)

60 % der der befragten Unternehmen vermark-ten ihre Produkte auch über den LEH, weitere 15 % würden das gerne tun. Als Hemmnis, mehr regionale Lebensmittel über den Handel zu ver-treiben, werden insbesondere nachzuweisende Zertifizierungen und bürokratische Auflagen wie z. B. Logistik-Daten genannt.

Entsprechend kann vermutet werden, dass über einen Abbau dieser Anforderungen das Ange-bot regionaler Lebensmittel im Handel gesteigert werden könnte.

Abb. 14: Hemmnisse für den Vertrieb von regionalen Lebensmitteln im Lebensmitteleinzelhandel (LEH)

Neben den o. g. Hemmnissen sehen 31 % der befragten Unternehmen fehlende Logistik- und Transportlösungen, 22 % die mangelnde Ver-fügbarkeit von Rohstoffen sowie 20 % fehlen-de Verarbeitungsstrukturen in der entsprechen-den Region als Hindernisse für einen besseren Vertrieb regionaler Lebensmittel.

Informationsangeboteeingesetzt

von Erzeugern

genutzt von

Verbrauchern

Etiketten und Infos auf bzw. direkt bei den Produkten 81 % 82 %

Informationstafeln im LEH / am Verkaufsort 43 % 50 %

Schulungen des Verkaufs-personals am Verkaufsort 29 % 25 %

Unternehmens-Webseite 81 % 17 %

regionale Portale, Online-Shops 37 % 8 %

Social media (Facebook, YouTube, Twitter, Blogs) 45 % 7 %

Möglichkeit persönlicher Rückfragen beim Erzeuger 77 % 6 %

Apps für Smartphones 3 % 5 %

QR-Codes 9 % 4 %

Eigene Publikationen (z. B. Produkt-Flyer, Plakate) 73 % 6 %

Informationen in Publikatio-nen der landw. Verbände 24 % 5 %

Infos in regionalen Ratgebern oder Genuss-Führern 39 % 9 %

Artikel in Zeitschriften und Tageszeitungen 45 % 13 %

Werbung (Fernsehen, Radio, ...) 17 % 3 %

Sonstiges 9 % 1 %

0 % 10 % 20 % 30 % 40 % 50 % 60 %

54 %

47 %

37 %

34 %

32 %

23 %

21 %

19 %

17 %

16 %

5 %

5 %

Nachweis von Zertifizierungenbürokratische Auflagen

Etikettierung der Produkte mit EAN-Code o. ä.Nachweis von Güte-Siegeln

feste Preisvorgaben

Einhaltung von MindestmengenInformationen gemäß LMIV

Verkehrsfähigkeits besch.

Einzuhaltende Verpackungseinheiten (VPE)feste Lieferrhythmen bzw. AnlieferungszeitenBereitst. von Infomaterial (z. B. Flyer, Aufsteller)Sonstiges

Regelungsbedarf und staatliche Unterstützungsmaßnahmen

Staatliche Regelung für „Regionalprodukte“

62 % der befragten Erzeuger und Verarbeiter sprechen sich für eine klare staatliche Regelung aus, welche Produkte als „Regionale Lebensmit-tel“ bezeichnet werden dürfen und welche nicht. Jeweils 19 % sind nicht für eine solche Regelung bzw. äußerten keine Meinung.

Staatliche Regelung: Räumlicher Bezug

Die meisten Erzeuger und Verarbeiter sprechen sich dafür aus, dass im Rahmen einer staatlichen Regelung ein Produkt dann als „Regionales Le-bensmittel“ bezeichnet werden darf, wenn die-ses aus einem Verwaltungs- bzw. soziokulturell gewachsenen Gebiet (z. B. „aus Franken“) oder einer naturräumlich / landschaftlich definierten Landschaft (z. B. „aus dem Harz“) kommt (57 %). Immerhin 40 % finden, dass Produkte aus einem Bundesland als regionale Lebensmittel bezeich-net werden könnten. Nur 7 % sehen es als ge-rechtfertigt an, Produkte „aus Deutschland“ als regionale Lebensmittel zu bezeichnen.

Abb. 16: Räumliche Abgrenzung / Festlegung des Herkunftsgebiets bei einer staatlichen Regelung für eine Kennzeichnung als „Regionales Lebensmittel“

Staatliche Regelung: Produkteigenschaften

Die überwiegende Mehrheit der befragten Unter-nehmen ist sich darin einig, dass für eine staatliche Regelung die regionale Herkunft der Rohstoffe und die Verarbeitung zu mindestens 75 % in der Region sowie der Unternehmenssitz in der Region Voraus-setzung sein müssen. Qualitative Merkmale wie der Einsatz regionaler Futtermittel oder artgerechte Tier-haltung finden etwas geringere Zustimmungswerte.

Abb. 17: Mögliche Herkunfts- und Produkteigenschaften für eine staatliche Regelung einer Kennzeichnung von „Regionalen Lebensmitteln“

Top-3-Maßnahmen:

Auf die Frage nach staatlichen Unterstützungs- maßnahmen zur Erleichterung der Vermarktung regionaler Lebensmittel nannten die befragten Unternehmen an erster Stelle folgende Punkte:1. Maßnahmen zum Bürokratieabbau 2. Mehr Aufklärung der Verbraucher über den

Nutzen regionaler Produkte und der örtlichen Landwirtschaft

3. Mehr Förderung für Kleinunternehmer mit regionalen Produkten

0 % 20 % 40 % 60 % 80 % 100 %

EU

Deutschland

bestimmtes Bundesland

Verwaltungs- / soziokulturell gewachsenes Gebiet

Naturraum / Landschaft (z. B. „aus dem Harz“)

Ort / Stadt (z. B. „aus München“)

sonstige

0 %

7 %

40 %

62 %

57 %

43 %

8 %

0 % 20 % 40 % 60 % 80 % 100 %

Unternehmenssitz in der Region

Rohstoffe kommen zu mindestens 75 % aus der RegionVerarbeitung erfolgt zu mindestens 75 % aus der RegionVermarktung erfolgt zu mindestens 75 % aus der Region

Lebensmittel ist ohne Gentechnik hergestellt

Lebensmittel ist bio-zertifiziert

bei tierischen Produkten Einsatz von mindestens 75 % regionale Futtermittel

tierische Produkte sind aus artgerechter Tierhaltung

79 %

71 %

82 %

43 %

52 %

53 %

51 %

10 %

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11 11

Kernaussagen der Studie

1. Stellenwert von „Regionalität“ für den Vermarktungserfolg

Erzeuger und Verarbeiter von regionalen Lebensmitteln schätzen die regionale Herkunft der Produk-te ganz überwiegend als einen bedeutsamen Faktor für den Vermarktungserfolg in der Region ein. Besonders ausgeprägt ist dies insbesondere bei kleinen Unternehmen.

2. Verständnis von „Regionalität“ bei Erzeugern und Verarbeitern

Die Kriterien für Produkte, die als „Regionale Lebensmittel“ auf den Markt gebracht werden, unter-scheiden sich in der Betrachtung von Erzeugern und Verarbeitern hinsichtlich der räumlichen Abgren-zung (Umkreis um den Produktionsort), Herkunft der Rohwaren, deren Verarbeitung und des Absatz-raumes zum Teil erheblich.

Da auch bei Verbrauchern ebenfalls ein uneinheitliches Verständnis hinsichtlich der Eigenschaften eines „Regionalen Lebensmittels“ vorherrscht, gibt es ein erhebliches Risiko, dass ein Teil der Verbraucher durch die Kundenansprache der Erzeuger und Verarbeiter nicht erreicht wird.

3. Einschätzung der Erzeuger und Verarbeiter hinsichtlich der Verbrauchererwartungen

Erzeuger und Verarbeiter regionaler Lebensmittel haben bestimmte Einschätzungen davon, welche Eigenschaften eines Produktes für Verbraucher relevant sind, um als „Regionale Lebensmittel“ akzep-tiert zu werden.

Im Vergleich zur tatsächlichen Sichtweise von Verbrauchern besteht z. T. eine hohe Übereinstimmung (u. a. Hauptsitz des Unternehmens in der Region, Rohstoffe aus und Verarbeitung in der Region). In anderen Punkten gibt es jedoch z. T. erhebliche Abweichungen, z. B. bei der Frage, ob ein Produkt vor-nehmlich in der Herkunftsregion vermarktet werden muss.

4. Vermarktung und Vertrieb, Unterstützungsmaßnahmen und Informationsangebote

Die Vermarktung regionaler Lebensmittel erfolgt über eine Vielzahl von Vertriebskanälen. Sie stellt sich je nach Produktgruppe und Betriebsgröße sehr differenziert dar.

Für die erfolgreiche Vermarktung werden klassische Maßnahmen wie z. B. Stände auf Wochenmärkten, Werks- bzw. Hofläden sowie Aktionen wie Tage der offenen Tür angesehen. Online-Instrumente wer-den hingegen als weniger effektiv eingeschätzt. Das entspricht im Wesentlichen auch den Ergebnissen der Verbraucherbefragung 2016 / 17.

Bei den Informationsangeboten dominieren Informationen „nahe am Produkt“ (Etiketten, Informa-tionstafeln), die auch von den Verbrauchern als am nützlichsten betrachtet werden. Darüber hinaus nutzen viele Erzeuger und Verarbeiter weitere Informationskanäle, z. B. eigene Homepage, Social Media-Auftritte, die von Verbrauchern aber relativ wenig nachgefragt werden.

5. Vermarktungshemmnisse – Forderung nach Maßnahmen zum Bürokratieabbau

Viele Erzeuger und Verarbeiter würden gerne mehr Produkte über den Lebensmitteleinzelhandel (LEH) vermarkten. Typische Anforderungen des LEH und bürokratische Auflagen werden von vielen der be-fragten Erzeuger und Verarbeiter als große Hemmnisse für die Vermarktung von regionalen Lebens-mitteln gesehen.

6. Staatliche Regelung für die Kennzeichnung „Regionaler Lebensmittel“

Die Mehrheit der Erzeuger und Verarbeiter befürworten prinzipiell eine staatliche Regelung, welche Produkte als „regionale Lebensmittel“ bezeichnet werden dürfen.

Indes zeigen die Ergebnisse zu den Kriterien, anhand derer man ein regionales Lebensmittel vielleicht klassifizieren könnte, dass nur bedingt Konsens darüber besteht, wie eine solche Regelung inhaltlich aussehen könnte.

7. Top-3-Maßnahmen zur Erleichterung der Vermarktung regionaler Lebensmittel

Als staatliche Maßnahmen, die die Vermarktung von regionalen Lebensmitteln erleichtern könnten, nennen die befragten Unternehmen vor allem Maßnahmen zum Bürokratieabbau, mehr Aufklärung der Verbraucher über den Nutzen regionaler Produkte und der örtlichen Landwirtschaft, sowie mehr Förderung für Kleinunternehmer mit regionalen Produkten.

Die Geschmackstage werden aus dem Förderungsfond der Landwirt-schaftlichen Rentenbank gefördert

Weitere Informationen zur Studie:

Geschmackstage Deutschland e. V. Geschäftsstelle / Ilonka Sindel Hindenburgstraße 11 91555 Feuchtwangen [email protected] www. geschmackstage.de