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272 KLINISCtIE WOCHENSCHIRIFT. 6. JAHRGANG. Nr. 6 5. FEBRUAR I927 stufen festzustellen ist -- waren die Sterbeziffern der 2o--30- j~hrigen M~nner. In den mittleren und vorgertickten Jahren abet war die Entwicklung nach den vorliegenden Ziffern wiederum gtinstiger und dies insbesondere beim m~nnlichen Geschlecht, so dab die hohen Spannungen yon I9i 3 in der Sterbliehkeitsbedrohung der beiden Gesehlechter im Alter yon 4o--7o Jahren -- sie stimmen fibrigens erstaunlich gut mit den oben auf Grund der Sterbetafel fiir 191o/11 mit- geteilten fiberein -- stark naehgelassen haben. Verschwunden abet sind sie noch keineswegs, und im AIter yon 5o--65 Jahren driicken sie sich auch noch im Jahre 1924 in einer Mehr- sterblichkeit gegenfiber den Frauen mn nahezu oder fiber 1/5 aus. Und wenn sie sich in den unmittelbar vorhergehenden Alters- jahrftinften in besonders weitgehendem Mage vermindert haben, so kann das gerade hier leicht dutch l~i~ngel.der der Berechnung zugrunde liegenden Zahlen der Lebenden ins- besondere des m~nnlichen Geschlechts herbeigeftihrt worden sein, ffir die, falls -- was hfchst wahrscheinlich -- unsere Annahme fiber die Niehtverwendung der Volksz~hlungs- ergebnisse yon 1925 zutrifft, sichere Grundlagen eben nicht vorliegen konnten. Im Sinne dieser Mehrsterblichkeit des m~nnlichen Ge- schlechts gegenfiber dem anderen wird man dann wohl yon einem auch ihm nicht erspart bleibenden Klimakterium sprechen dfirfen, und es erscheint nicht unangebracht, sie ftir die Jahre der weiblichen ~'bergangszeit f/it die einzelnen Altersjallrg~tnge mit den v611ig korrekten Ziffern der Sterbe- tafel anzugeben. Nach der letzten ffir das Deutsche l%ich vorliegenden -- es ist, wie bereits bemerkt, die Sterbetafel Itir 191o/11 -- lauten die Ziffern fiir das Alter yon 4o--49 vollen Jahren : Tabelle 9. Die ioofache Sterbenswahrschein- Die Sterbenswahr- Alter lichkeit des scheinlichkeit des mgnnl. Geschlechts in vollen Jahren mfmnlichen I weiblichen ist gr6Ber als die Geschlechts des weibl, um Proz. 4 ~ 41 42 43 44 45 46 47 48 49 0,823 0,866 o,914 0,967 1,o27 i,IOt 1,17o 1,252 1,345 1,439 0,708 0,710 o,731 0,747 0,758 0,794 0,847 o,914 o,971 I,O22 I6,2 20,2 25,0 29,5 35,5 38,7 38,I 37,0 38,5 40,8 Die im Eingange angemerkte Vorgabe, die die Natur dem m~nnlichen Geschlecht in die Wiege leg L schwindet unter seiner Mehrsterblichkeit auf den ersten Altersstufen, ins- besondere auf der ersten und dann wieder etwa vom 4 o. Lebensjahr ab mehr und mehr dahin. Auf Grand der deutschen Sterbetafel ffir 1910/11 haben wit den Zeitpunkt ffir den Eintritt des vflligen Ausgleichs unter den da- maligen Verh~ltnissen des Geburten/iberschusses berechnet and daffir das Alter von 47--48 Jahren gefunden. Dann ist diese Vorgabe vollstXndig aufgebraucht, dannist in der station~ren Bevflkerung das m~.nnliche und das weibliehe Geschlecht votlkommen gleich vertreten, um Yon da an von einem Frauentiberschul3 abge16st zu werden. Der synthetische Drang des ~enschen aber verlangt nach einem zusammenfassenden Ausdruck, in dem die auf den ver- schiedenen Altersstufen hin und her schwankenden Gestalten der Sterblichkeitsdifferenzierung der beiden Geschlechter yon der ausgleichenden Autorit~t des Ganzen ttberwunden sind. Dieser Ausdruck ist die sog. mittlere Lebenserwartung, die aus der Sterbetafel durch die Aufrechnung der Zahl der jedes Alter erlebenden Personen and Teilung der so gewonnenen Snmme dutch die Zahl der Geborenen entsteht, yon der die Sterbetafel ausgeht. Man kann diese mittlere Lebenserwartung aber auch fiir jedes beliebige Altersjahr berechnen, wobei dann nur die Zahlen der dieses und jedes folgende Jahr Er- lebenden aufgerechnet werden and diese Summe dutch die Zahl der jenes Altersjahr Erlebenden geteilt wird. Nach der deutschen Sterbetafel ftir I9IO/I1 stellt sich die mittlere Lebenserwartung ftir das m~nnliche Geschlecht auf 47,41, ftir das weibliche auf 5o,68 Jahre, das ist um 3,27 Jahre oder 6,9% hfher. Dieses Mehr an Lebenserwartung der Frauen findet sich aber auch in allen L~ndern, fiir die mir Sterbetafeln bekannt sind, doch ist es meist kleiner als in Deutschland. In Schweden betrug es ftir I9OI--I9IO nur 4,49%, in D~nemark fiir I9O6--19Io 5,46, in den Nieder- landen ffir 19oo--19o 9 4,71 und -- um auch einmal nach ~berseee den Blick zu lenken --in Australien ftir 19oi--19Io 6,52, in Neusfidwales gleichfalls ftir I9OI--I9IO 5,51%. Noch ein Wort fiber die hisiorisehe Entwicklung der Lebenserwartung. Sie betrug in Dentschland im Durchschnitt der siebziger Jahre ftir das m~nnliche Geschleeht 35,58, f~r das weibliche 38,45 Jahre, sie war also ffir 191o/11 um nieh~ weniger als 11,83 Jahre oder 33,25}/0 bei de~ Mdinnern, u~ 12,23 Jahre odes" 31,81~ bei den Frauen grS]3er, als in ]enem im Mittel um 35 Jab,re zuri~elcliegenden Jahrzehnt. Und wit haben allen Grund anzunehmen, dal3 sie sich in der Folge- zeit noch wetter erh6ht haben wird. 5~Ian kann darauf ge- spannt seth, wie sie sich auf Grund der Sterbetafeln normaler Jahre der Nachkriegszeit und einer weiteren Zukunft bet den beiden Geschlechtern gestalten wird. Freilich ist der zun~chst noch zu erwartenden Erhfhung eine Grenze gesetzt, denn einmal mfissen wit alle yon dannen. Abet in unseren Be- strebungen nach Fortschritten in der Heilknnde, in der 6ffentliehen nnd individuellen Gesundheitspflege, in der sozialen Ffirsorge dfirfen and wgrden wir deshalb nicht er- lahmen. Und die oben aufgezeigte Mehrsterblichkeit der Knaben zartesten Alters l~Bt uns auch yon dieser Seite her yon einem besonderen lVIaB yon Ftirsorge und Abwartung noch eine weitere Abminderung der S~uglingssterblichkeit erwarten, so sehr sie sich auch allerdings mit unter dem Ein- iluB des Geburtenrtickgangs bereits gesenkt hat. REFERATENTEIL. EINZELREFERATE UND BUCHBESPRECHUNGEN. ALLGEMEINES. O Klinlsches Lehrbuch der Inkretologie und Inkretotherapie. Hrsg. v. G. BAYER u. R. vo• D~ VELDEN. XIII, 423 S. Leipzig: Georg Thieme 1927. Geh. 27, geb. 29 Reichsmark. Ein Lehrbuch soB, wie der eine t{eransgeber mit Recht bemerkt, ein gesichertes Fundament unseres derzeitigen Wissens geben. Wit wollen es dem Leser tiberlassen, zn beurteilen, ob dieses Buch die geforderte Voraussetzung erfflllt. Eine einzige Seite (S. I4O)..z. ]3. enth~lt folgende unrichtige Angaben : Die Epiphyse iflhrt bei Uber- iunktion .zn frfihzeitiger Pubert~t und Hypergenitalismus (Wider- spruch mit S. 67), eine l'Jberfunktion des ttypophysenmitteI- und -hinterlappens nehmen wir dann an, ,,wenn sich gewisse Erschei- nungen des Diabetes insipidus zeigen", der Grundumsatz ist bet Unterfunktion der Ovarien normal, sogar eher etwas erh6ht (\'Vider- spruch mit S. ii6), bet denlselben Zustande die Zuckerto!eranz erhfht und der Blutzucker herabgesetzt (Widerspruch mit S. 116). Einige andere Beispiele: Die Genauigkeit der Grundumsatz- bestimmung solI eine Fehlerbreite -con nur I- 2 % erreichen k6nnen (S. 144), yon hypophys~ren Fettsuchtsformen kenne man die Dystrophia adiposogenitalis, die hypophys~tre Fettsucht, die Salz- wasserfettsucht and die hypophys~r-cerebral-periphere Fettsucht (S. 242); die Angaben ilber das Knochenwachstum bet hypopitui- tXrem Infantilismus (S. 2~8), fiber Infantilismus im allgemeinen (S. 226--227), fiber den sog. Goetsch's test (S. 28), fiber den Mecha- nismus des Exophthalmus (S. 362) u. a. sind unzutreffend. Auf

Einzelreferate und Buchbesprechungen

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Page 1: Einzelreferate und Buchbesprechungen

272 K L I N I S C t I E W O C H E N S C H I R I F T . 6. J A H R G A N G . Nr . 6 5. F E B R U A R I927

s tufen festzustel len ist - - waren die Sterbezif fern der 2o- -30- j~hrigen M~nner. In den mi t t l e ren und vorger t ickten Jahren abe t war die E n t w i c k l u n g nach den vor l iegenden Ziffern wiederum gtinstiger und dies insbesondere be im m~nnl ichen Geschlecht, so dab die hohen Spannungen yon I9 i 3 in der S te rb l iehke i t sbedrohung der be iden Gesehlechter im Al ter yon 4 o - - 7 o J a h r e n - - sie s t immen fibrigens ers taunl ich gu t mi t den oben auf Grund der S te rbe ta fe l fiir 191o/11 mi t - getei l ten fiberein - - s ta rk naehgelassen haben. Verschwunden abe t sind sie noch keineswegs, und im AIter yon 5o- -65 Jah ren dri icken sie sich auch noch im Jah re 1924 in einer Mehr- s te rb l ichkei t gegenfiber den F rauen m n nahezu oder fiber 1/5 aus. Und wenn sie sich in den u n m i t t e l b a r vorhergehenden Alters- jahrf t inf ten in besonders we i tgehendem Mage v e r m i n d e r t haben, so kann d a s gerade hier le icht du tch l~i~ngel.der der Berechnung zugrunde l iegenden Zahlen der Lebenden ins- besondere des m~nnl ichen Geschlechts herbeigef t ihr t worden sein, ffir die, falls - - was h f c h s t wahrschein l ich - - unsere Annahme fiber die N i e h t v e r w e n d u n g der Volksz~hlungs- ergebnisse yon 1925 zutriff t , sichere Grundlagen eben n ich t vorl iegen konnten .

I m Sinne dieser Mehrs terb l ichkei t des m~nnl ichen Ge- schlechts gegenfiber d e m anderen wird m a n dann wohl yon einem auch ihm nicht erspar t b le ibenden Klimakter ium sprechen dfirfen, und es erscheint n ich t unangebracht , sie ftir die Jah re der weibl ichen ~ 'bergangszei t f/it die einzelnen Altersjallrg~tnge mi t den v611ig kor rek ten Ziffern der Sterbe- tafel anzugeben. Nach der le tz ten ffir das Deutsche l%ich vor l iegenden - - es ist, wie berei ts bemerkt , die Sterbetafe l Itir 191o/11 - - l au ten die Ziffern fiir das Al ter yon 4o- -49 vol len J a h r e n :

Tabelle 9.

Die ioofache Sterbenswahrschein- Die Sterbenswahr- Alter lichkeit des scheinlichkeit des

mgnnl. Geschlechts in vollen Jahren mfmnlichen I weiblichen ist gr6Ber als die

Geschlechts des weibl, um Proz.

4 ~ 41 42 43 44 45 46 47 48 49

0,823 0,866 o,914 0,967 1,o27 i,IOt 1,17o 1 ,252

1,345 1,439

0,708 0,710 o,731 0,747 0,758 0,794 0,847 o,914 o,971 I , O 2 2

I 6 , 2 2 0 , 2

2 5 , 0

2 9 , 5

35,5 38,7 38,I 37,0 38,5 40,8

Die im E ingange angemerk te Vorgabe, die die N a t u r dem m~nnl ichen Geschlecht in die Wiege leg L schwindet un te r seiner Mehrs terb l ichkei t auf den ersten Altersstufen, ins- besondere auf der ers ten und dann wieder e twa v o m 4 o. Lebens jahr ab m e h r und mehr dahin. Auf Grand der deutschen S te rbe ta fe l ffir 1910/11 haben wi t den Ze i tpunk t ffir den E i n t r i t t des v f l l igen Ausgleichs un te r den da-

mal igen Verh~ltnissen des Geburten/ iberschusses be rechne t and daffir das Al ter von 47- -48 Jah ren gefunden. D a n n is t diese Vorgabe vollstXndig aufgebraucht , d a n n i s t in der s ta t ion~ren B e v f l k e r u n g das m~.nnliche und das weibl iehe Geschlecht vo t lkommen gleich ver t re ten , u m Yon da an von einem Frauentiberschul3 abge16st zu werden.

Der synthet ische Drang des ~ e n s c h e n aber ve r l ang t nach einem zusammenfassenden Ausdruck, in dem die auf den ver- schiedenen Alterss tufen hin und her schwankenden Gesta l ten der Sterbl ichkei tsdif ferenzierung der beiden Geschlechter yon der ausgleichenden Au to r i t~ t des Ganzen t tberwunden sind. Dieser Ausdruck ist die sog. mittlere Lebenserwartung, die aus der Sterbetafe l durch die Auf rechnung der Zahl der jedes Al ter er lebenden Personen and Tei lung der so gewonnenen Snmme du tch die Zahl der Geborenen ents teht , yon der die Sterbetafe l ausgeht . Man kann diese mi t t le re Lebenserwar tung aber auch fiir jedes beliebige Al te rs jahr berechnen, wobei dann nur die Zahlen der dieses und jedes folgende J a h r Er - lebenden aufgerechnet werden and diese S u m m e du tch die Zahl der jenes Al te rs jahr Er lebenden getei l t wird.

Nach der deutschen Sterbetafe l ftir I9IO/I1 stel l t sich die mi t t le re Lebense rwar tung ftir das m~nnl iche Geschlecht auf 47,41, ftir das weibl iche auf 5o,68 Jahre , das ist um 3,27 Jah re oder 6,9% hfher . Dieses Mehr an Lebense rwar tung der F r a u e n f inde t sich aber auch in allen L~ndern, fiir die mi r Sterbetafe ln bekann t sind, doch ist es meis t kleiner als in Deutschland. In Schweden be t rug es ftir I 9 O I - - I 9 I O nur 4,49%, in D~nemark fiir I9O6- -19Io 5,46, in den Nieder- landen ffir 19oo--19o 9 4,71 und - - u m auch e inmal nach ~ber seee den Blick zu lenken - - i n Aust ra l ien ftir 1 9 o i - - 1 9 I o 6,52, in Neusfidwales gleichfalls ftir I 9 O I - - I 9 I O 5,51%.

Noch ein W o r t fiber die his ior isehe En twick lung der Lebenserwar tung. Sie be t rug in Dentsch land im Durchschn i t t der siebziger J ah re ftir das m~nnliche Geschleeht 35,58, f~r das weibliche 38,45 Jahre , sie war also ffir 191o/11 u m nieh~ weniger als 11,83 Jahre oder 33,25}/0 bei de~ Mdinnern, u ~ 12,23 Jahre odes" 31,81~ bei den Frauen grS]3er, als in ]enem im Mittel u m 35 Jab,re zuri~elcliegenden Jahrzehnt. Und wi t haben allen Grund anzunehmen, dal3 sie sich in der Folge- zeit noch wetter e rh6ht haben wird. 5~Ian kann darauf ge- s p a n n t seth, wie sie sich auf Grund der Sterbetafe ln normaler Jah re der Nachkr iegszei t und einer wei te ren Zukunf t bet den beiden Geschlechtern gesta l ten wird. Frei l ich ist der zun~chst noch zu e rwar tenden E r h f h u n g eine Grenze gesetzt , denn e inmal mfissen wi t alle yon dannen. Abe t in unseren Be- s t rebungen nach For t sch r i t t en in der Hei lknnde, in der 6ffentl iehen nnd individuel len Gesundheitspflege, in der sozialen Ffirsorge dfirfen and wgrden wir deshalb n ich t er- lahmen. Und die oben aufgezeigte Mehrs terb l ichkei t der Knaben zar tes ten Alters l~Bt uns auch yon dieser Seite her yon e inem besonderen lVIaB yon Ftirsorge und A b w a r t u n g noch eine wei tere Abminde rung der S~uglingssterbl ichkei t erwarten, so sehr sie sich auch allerdings mi t un t e r dem E in - iluB des Geburtenr t ickgangs bereits gesenkt hat .

REFERATENTEIL. E I N Z E L R E F E R A T E UND B U C H B E S P R E C H U N G E N .

ALLGEMEINES. O Klinlsches Lehrbuch der Inkretologie und Inkretotherapie. Hrsg. v. G. B A Y E R u. R. vo• D ~ VELDEN. XIII , 423 S. Leipzig: Georg Thieme 1927. Geh. 27, geb. 29 Reichsmark.

Ein Lehrbuch soB, wie der eine t{eransgeber mit Recht bemerkt, ein gesichertes Fundament unseres derzeitigen Wissens geben. Wit wollen es dem Leser tiberlassen, zn beurteilen, ob dieses Buch die geforderte Voraussetzung erfflllt. Eine einzige Seite (S. I4O)..z. ]3. enth~lt folgende unrichtige Angaben : Die Epiphyse iflhrt bei Uber- iunktion .zn frfihzeitiger Pubert~t und Hypergenitalismus (Wider- spruch mit S. 67), eine l'Jberfunktion des ttypophysenmitteI- und -hinterlappens nehmen wir dann an, ,,wenn sich gewisse Erschei-

nungen des Diabetes insipidus zeigen", der Grundumsatz ist bet Unterfunktion der Ovarien normal, sogar eher etwas erh6ht (\'Vider- spruch mit S. ii6), bet denlselben Zustande die Zuckerto!eranz erhfht und der Blutzucker herabgesetzt (Widerspruch mit S. 116). Einige andere Beispiele: Die Genauigkeit der Grundumsatz- bestimmung solI eine Fehlerbreite -con nur I - 2 % erreichen k6nnen (S. 144 ), yon hypophys~ren Fettsuchtsformen kenne man die Dystrophia adiposogenitalis, die hypophys~tre Fettsucht, die Salz- wasserfettsucht and die hypophys~r-cerebral-periphere Fettsucht (S. 242); die Angaben ilber das Knochenwachstum bet hypopitui- tXrem Infantilismus (S. 2~8), fiber Infantilismus im allgemeinen (S. 226--227), fiber den sog. Goetsch's test (S. 28), fiber den Mecha- nismus des Exophthalmus (S. 362) u. a. sind unzutreffend. Auf

Page 2: Einzelreferate und Buchbesprechungen

5. FEBRUAR 1927 K L I N I S C H E W O C I - I E N S C H

S. 352 ist yon dem Pr&parat Neosex die Rede, welches neben Hoden- substanz auch tierische SchwellkSrper enthhlt, ,,in der ErwXgung, dab auch die Corpora cavernosa auf die innersekretorische T~tigkeit der Keimdrfisen einen EinfluB ausfiben". Auch Ifir die Aufnahme der bekannten eigenbrStlerischen Anschauungen ASCHNERS in ein Lehrbuch wird man die Herausgeber verantwortlich machen mfissen. An der wenig dankbaren Aufgabe des auch gar nicht strait genug disponierten Sammelwerkes haben sich neben den Heraus- gebern beteiligt R. KOCH mit einer geschichtlichen Einleitung, L. BORCHARDT, ferner M. ROSENFELD, E. SCHIFF, B. ASCHNER, !~. BACItRACH, A. V. SZILY und F. Poos, ~'. I~OBRAK sowie S~. ROTH- MAN, und zwar je mit einem Beitrag ,,fiber das inkretogene Mo- ment" in ihren Spezialdisziplinen. Was uns in der Lehre yon der inneren Sekretion so dringend not rut, strengste Nritik auf allgemein biologischer und allgemein pathologischer Basis vermissen wir in diesem Buche trotz einiger guter Einzelbeitr~ge (z. B. yon Koch oder ROS~NFELD), der so verbreitete Unfug mit den pluriglandu- lf~ren StSrungen und Korrelationsst6rungen der Blutdrfisen wlrd weiter blfihen, und man wird sich wei~erhin mit diesen Schlagworten begnfigen, wenn man mit seinem Latein zn Ende ist. Ad vocem Latein stellt auch der TiteI des Bnches, dieser Bastard aus Latein und Griechisch, eine ganz fiberflfissige und unzulXssige WortmiB- bildung dar. J. BAIJER, Wien.

O Grundziige einer Physiologie und Klinik der psychophysischen PersSnlichkeit. Ein Beitrag zur funktionellen Diagnostik. Von W. JAENSCH. 27 Textabb. X, 483 S. Berlin: Julius Springer 1926. 33 Reichsmark.

Mit ungeheurem Aufwand an Belesenheit, psychologischer Ge- lehrsamkeit und Dialektik wird in diesem umfangreichen Buche aus einem relativ bescheidenen Tatbestand ein groBes System kons~ruiert, das die Grenzen weir fiberspannt, die ibm dutch diesen Tatbestand gesetzt sind. Der Grund des ~ber-das-Ziel-SchieBeus scheint mir eine mit der tiefen psychologischeI1 Bildung nicht glei- chen Schritt haltende biologisch-klinische Schulung und Kritik des Verf. zu sein, u n d e s ist das wohl auch der Grund, warum dieses geistvolle Buch des Assistenten der v. Bergmannschen Klinik ,,losgel6st yon seiner Klinik" erscheint. Der zugrunde liegende Tat- bestand ist aus zahlreichen Ver6ffentlichungen des Verf. und seines Bruders, des Marburger Psyehologen E. R. JAENSCI~, im groBen und ganzen bekannt. Es handelt sieh um die mit exakten experimentell- psychologischen Prfifungsmetboden feststellbare ,,eidetische An- lage" und ihre Korrelation zu den konstitutionellen B- (basedo~ ol- den) nnd T- (tetanoiden) Typen, es handelt sich um die Verfolgung dieser mit dem Alter physiologischerweise abnehmenden und durch Kalkdarreiehung unterdrfickbaren eidetischen EigenschaIt, nm eine sehr feine und anschauliche somatisch-psychologische Schilde- rung der B- und T-Typen, sowie ihrer h~ufigen Mischformen. Auch fiir die genaue Beschreibung der psychologischen Untersuchungs- methodik dfirfen wir dem Verf. dankbar seia. J. greitt abet sicher- lich fehl, wenn er meint, er babe nun in seinen B- und T-Typen die , ,echten" Biotypen gefunden (vgl. S. 395) und alle fr~heren Typisierungsversuche, insbes~ndere die KRETSCH~ERS seien zu verwerfen, ja es w~Lre ,,hohe Zeit, dab mit dieser geistreichen Kon- struktion energisch gebrochen" werde (S. 393). Die Einw~,nde, die J. gegen KRE~SCI~ER ins Feld f~hrt, kann der nicht autistisch den- kende Unbeteiligte auch gegen J. selbst gelten lassen und deshatb mfissen eben alle somatischen, psychologischen und psychophysi~ schen Typisierungsversuche in der Konstitutionslehre auf ihren wahren, dutch die Tatsachen erwiesenen Kern beschrXnkt und nicht fiber Gebfihr hinaus erweitert werden, solange wir nieht in der Lage sind, die tats~ehlich erwiesenen Korrelationen zwischen mannig- fachen morphologischen und funktionellen Eigenschaften ein- schliel31ich der psychischen Merkmale auf einen bestimmten ge- meinsamen Nenner zu bringen. Dieser Nenner aber, die wahre und eigentliche Ursache psychophysischer Koppetungen und I~orre- lationen, ist weder bloB im endokrinen System noch in den yon J. als dcus ex machina hervorgeholten vegetafiven Zentren um das zentrale HOhlengrau, sondern ist unbedingt vor allem anderen im Genotypus zu suchen und auch zu finden. Das, was am B-Typus und T-Typus richtig und wahr ist und was diese Buchstaben- bezeichnung fiberhaupt erst rechtfertigt, war schon vor J. bekannt, was er aber durch geistvolles Ausspinnen und phantasievolle Schilde- rung daraus gemacht hat, rechtfertigt diese Bezeichnung gar nicht mehr, hat mit Schilddriise oder Epithelk6rperchen gar nichts mehr zu tun and das gibt der Verf. sogar selbst zu (S. 39o). Liest man die psychologische Be schreibung des T-Typus, so glaubt man KRETSCH- MERS schizoideI1 Charakter, beina B-Typus KRETSCHI~ERS cyeloides Temperament vor sich zu haben und erf~Lhrt sparer (S. 392) dab auch J. selbst sich dieser Ubereinstimmung roll bewuBt ist. SchlieB- lich dart man nicht vergessen, dab die Pr~fung auf eidetische An- lage mittels experimentell erzeugter Nach- und Anschauungsbilder f u r eine, allerdings sehr wichtige Seite des Seelenlebens erfaBt, dab aber jeder Versuch einer Typisierung der psychophysischen

Klinische Wochenschrift. 6. Jahrg.

R I F T . 6. J A I - I R G A N G . Nr . 6 273

PersSnlichkeit unvollst~ndig bleiben muB, solange nicht neben der opfischen auch die akustische, motorische u. a. Seiten des SeMen- lebens in den Kreis der Betrachtung mit einbezogen werden.

J. BAUER, W i e n .

A L L G E M E I N E P A T H O L O G I E .

C) Der heutige Stand der Lehre yon den Geschwfilsten. Von C. STERNBERG. 2., v611ig umgearb, u. erw. Anti. (Abh. a. d. Gesamtgeb. d. Med. Hrsg. v. J. KYRLE u. TH. HRYNTSCHAK.) 21 Textabb. Vt, 136 S. Wien: Julius Springer 1926. 7,50 Reichs- mark.

Wenn ein Werk in so kurzer Zeit in neuer Auflage erseheinen muI3 wie das vorliegende, so ist damit bereits der Beweis erbracht, dab es den Bedfirfnissen des Leserkreises, ffir den es best immt ist, entsprieht. Was Referent fiber die I. Auflage gesagt, 1~13t sich erst recht fiber die eben erschienene 2. Ausgabe sagen: Eine aus- gezeichnete kurze Zusammenfassung des ft~r den Arzt auf diesem Gebiet Wissenswerten, unter Berficksichtigung der neuen For- schungsergebnisse. Der 2. Auflage ist eine kurze Systematik der Geschwfilste beigeffigt, in welcher (ant 4 ~ Seiten) die einzelnen Geschwulstarten kurz besprochen werden. Durch die diesem Teil beigegebenen makroskopischen Abbildungen wird der Preis der Broschfire leider nicht unwesentlich erh6ht. Es ist der 2. Auflage derselbe wohlverdiente Erfolg wie der ersten zu wfinschen.

TEUTSCHLAENDER, Heidelberg.

Zusammenfassende Darstellung der experimentellen Krebsforschung. Von F. KLINGE. Ergebn. d. inn. Med. u. Kinderheilk. Bd. 29, S. I52. 1926.

In dem zusanlmenfassenden Referat fiber die in den letzten Jahren erschienenen Arbeiten auf dem Gebiete der experimenteI1- atiologischen Krebsforschung werden die durch chemiscbe, ther- mische, aktinische und auf toxischer Basis entstehenden Carcinom- formen ill t~bersichflicher Weise besprochen, dabei gleichzeifig auch die physikaliscben und kolloidchemischen Bedingungen be- rficksichtigt und schlieBlich die in letzter Zeit wieder mehr in den Vordergrund gerfickte Frage naeh einem lebenden Virus eillgehender er6rtert. Als Schlugergebnis konnte Iestgestellt werden, dal3 wir jetzt sehr wohl imstande sind, auf verschiedenste Art Krebse ex- perimentell zu erzeugen, dab aber dem einheitlichen Prozel3 des geschwulstm~13igen Wachstums viele Ursachen zugrunde liegen kSnnen, und dab es ill der menschlichen Pathologie eine sear groge Gruppe von Geschwfilsten gibt, bei denen wit bisher /~tiologisch keinerlei Reizformen nachzuweisen imst rode waren. VERS~.

The Cancer Problem. (Das Krebsproblem.) Von W. E. GYE. Brit. med. journ. Nr. 3436, S. 865. 1926.

In dem Vortrag in Manchester (zur Erinnerung an LLOYD RO- BERTS) kommt GYE im wesentlichen zu denselben SchluBfolge- rungen, die er aus seinen Experimenten im Juli letzten Jahres in der Lancet gezogen hat : Die Tumoren verschiedener Herkunft und Struktur haben alle das cine gemein, dab sie ein Agens enthalten, welches durch Antiseptica abget6tet und in vitro gezfichtet werden kann. Dieses yon BARNARD siehtbar gemaehte und photographierte Agens ist ein lebender Iiltrierbarer Organismus, der sich sowohl in den Roustumoren wie anderen tierischen sowie menschlichen Carcinomen und Sarkomen finder; denn, einem durch Antiseptica inaktivierten Roustumorfiltrat zugesetzt, verm6gen Tumorextrakte verschiedener Herkunft dasselbe zu reaktivieren, so daI3 bei der Impfung mit der Mischung beim Huhn Roustumoren erzeugt werden k6nnen. Das durch Antiseptica zerst6rbare Agens (das Virus) allein ist nicht imstande, das Roussarkom hervorzurufen, es bedarf der Mitwirknng eines thermolabilen Agens, welches auch im Eous- tumor in Quantit~t (oder Qualit~t) sehr variabel zu sein scheint und als ,,spezifischer Faktor" bezeiehnet werden kann.

TEUTSCHLAEND]~R.

Die Minderwertigkeit unseres 0rganismus infolge des a u f r e c h t e n Ganges. Von R. J. HARRENSTEIN. Mitt. a. d. Grenzgeb. d. Med. u. Chir. Bd. 39, H. 2, S. 163 . 1925.

Die Arbeit bespricht die Frage, ob und inwiefern die erworbene aufrechte K6rperhaltung Bedeutnng ffir das Entsteben yon Krank- heitsprozessen beim Menschen hat. Es zeigt sieh, dal3 z. B. das Skelett oft den aus dem aufrechten Gallg sich ergebenden erhShten AnsprficheI1 nicht zu genfigen vermag. Aucb die Entwicklnng yon Varicen und Varicocelen wird durch diese Verh~ltnisse betroffen. Ein besonderer Abschnitt ist den physikalischen und statischen Ver~nderungen des Brustkorbes und seines Inhaltes gewidmet, ebenso der Frage der Entstehung der verschiedenen Arten der Prose innerer Organe. Trotz vieler Anpassungen verleugnet der mensch- liche K6rper in seinen grol3en Zfigen nicht die nahe Verwandtschaft mit dem iI1 erster Linie ~iir Vierffil31er zweckmf~13igen Ban.

PEIPER.

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Page 3: Einzelreferate und Buchbesprechungen

Z~4 K L I N I S C H E W O C H E N S C H

Kann die de Vriessche Mutationstheorie gewisse auffgllige Erschei- nungen auf dem Gebiete der medizinisehen Erfahrungen erkl~iren? Von NAEGELI. Schweiz. med. ~vu Jg. 56, Nr. 27, S. 657. 1926.

Es ist ffir die Betrachtung der medizinischen Probleme schon ein grof3er Fortschritt , wenn man die Fragestellnngen auf den ganz all- gemeinen Boden der Naturwissenschaften Zurt~ckffihren kann. Bei der Erforschung bes. der vererbbaren Krankheiten (z. 13. H~tmo- philie, konstitutionelle Minderwertigkeit yon Organen usw.) -- die Bezeichnnng , ,Krankheit" ist bier sicher oft irrig, da es sich um VariabilitXten oder Neusch6pfungen im Sinne der Gesamtnatur- wissenschaften handelt -- bringt uns die de Vriessche Mutations- lehre einen neuen und allgemeinen Gesichtspunkt, ohne dab natfir- lich damit eine wirktiche Erkl~rung schon gefunden w~re.

BERNHARDT. Uber einige komplizierfe Regenerationsvorggnge im menschlichen und tierischen K6rper. Von A. TIETZE. Dtsch. reed. V~rochenschr. Jg. 52, Nr. 3 ~ , S. 1252. 1926.

Aus Literatur und eigener Beobachtung werden eine Reihe yon Regenerationsvorggngen mitgeteilt, die zum Tell in das Gebiet der Raritgten geh6ren, so fiber Fremdk6rperwandernngen, Durch- g~ngigwerden blindverschlossener Darmlumina und mehrere andere. In letzter Linie ist eine Erklfirung dieser oft sinnvoll er- scheinenden Vorg~nge nieht mOglich. PEIPER.

PHARMAKOLOGIE UND THERAPIE. O Deutsches Arzneibuch. 6. Ansgabe 1926. LV, 854 S. Berlin: R. v. Deckers Verl. 1926. 35 Reichsmark.

Das neue Arzneibuch tr i t t am r. Januar 1927 in Kraft, aller- dings mit zwei Ausnahmen, die gerade fi~r die ~rztliche Arznei- therapie yon besonderer Bedeu~ung sind: Die Vorschrift, dab als , ,Strophanthin" das krystallisierte Gratus-Strophantin zu verstehen ist, mugte suspendiert werden, well dieses Produkt im Handel zu- nXchst nicht in ausreiehenden Mengen zur Verfiigung steht, und die Vorschrift, dab ,,Folia Digitalis" einen pharmakotogisch ermittelten \u aufweisen miissen, sell erst ein Jahr nach dem Arznei- buch selbst in Kraft treten, weil die Verftigungen fiber die amtliche Durchffihrnng der Digitaliseinstelhng noch nicht endgaltig durch- gearbeitet und erlassen sind. Mit der Nennnng dieser zwei erst in Zukunft zu realisierenden Vorsclariften ist jedoeh bereits dargetan, welch energisehen Schritt znr Anpassung an die Entwicklung der Arzneitherapie das Arzneibuch getan hat. Auch die Aufnahme der SalvarsanprXparate geh6rt hierher, far die ebenfalls neben einer chemischen auch eine amtliche Prfifung im Tierversuch auf Toxizi- t~t und trypanociden Wirkungswert vorgeschrieben ist. Welter ist die Aufnahme yon Luminal, Adalin, Bromural, Filmaron61, Atophan, Barium sulfuricum, Calcium lacticum, synthetischem Campher, Tierkohle, Chloramin, Colchicin; Emetin-, Lobel in-und Papaverinsalze, Eukodal, Narkophin und Opium concentratum (analog Pantopon) unter mehr ats lOO neuen Artikeln heraus- gegriffen, um die bedeutende Vorw~rtsentwicklung zu beleuchten. Alle 16slichen LokalanXsthetica, unter die nach' meiner Ansicht t~ber- fli]ssigerweise aueh Alvpir ~ (allerdings unter Streichung des fran- z6sischen Stovaine) aufgenommen wurde, sind als salzsaure wie sis sat~ete~sc~ure Salze aufgenommen, wodurch bequeme Kombination mit Silbernitrat erm6glicht wird. Eine grebe philologisch-~stbe- tische Verbesserung bedeutet aueh die Ausmerzung der i~blen Aus- dracke Pyrazolonum phenyldimethylieum usw. in Phenyldimethyl- pyrazolonum usw,, Ferrnm carbonicmn saccharatum usw. in Ferrunl carbonicum cnm saccharo usw., Aciduna carbolicum in Phenolum (entsprechend internationalenVereinbarungen). EineAnzaM Artikel wurde such gestrichen. ]3eim Zustandekommen des Werkes wirken ja neben den Xrztlicben Interessen noch mancherlei andere Gesicbts- punkte mit, so dab der rein (human-) medizinisch eingestellte ]3eurteiler die beibehaltene Auswahl nicht framer veil versteht. Es kann jedoch genC~gen, da2 die dauernd bew~hrten Errungen- schaften der wissenschaftlichen lVIedizin im Arzneibuch ihren Niederschlag linden und damit ih re praktische Verwertnng m6g- lichst znverl~ssig gestaltet wird. W. t-Iz~NER, G6ttingen. O Grundlagen der allgemeinen und speziellen Arzneiverordnung. Von P. TRENDELENBURG. IV, 282 S. Leipzig: F. C. }V. Vogel :926. Geh. I3,5o, geb. I5 Reichsmark.

Man dart woht behaupten, dab Bficher, wie das vorliegende, un- entbehffich sind. Es ist vielleicht ein charakteristisches Zeichen der heutigen Axzneitherapie, dab recht lange Zeit seit dem grscheinen der frfiheren \Verke :nit gleicher Tendenz verstrichen ist, ohne dab sich bei Arzten nnd Stndenten eirt unabweisbares Bedtirfnis naeh einer ,,Arzneiverordnungslehre" gezeigt h~itte. M6ge TRI~NDEL:EN- BuR~s Bnch ein Synlptom dafiir sein, dab bald wieder mehr indivi- dueil rezeptiert wird, wie es ein vieKach gegnBerter ~runsek ist. Die Anfgabe eines sofehen Buehes ist Vermittlung technischer Unterweisungen und summarische Orientierung, zu deren Ver- st'~ndnis aueh eine regi~trierende gehGrt, well e i n e - mit ver- st~ndiger Auswahl getroffene -- Zusammenstellung dessen nicht zu

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umgehen ist, was zur Zeit in der Arzneitherapie praktisch An- wendung findet. T. hat sich nach meiner Ansicht nicht ohne Glt':ek bemtiht, eine mittlere Linie zwischen der Verwerfung alles dessen, was uns kausal nicht begrfindbar erscheint, und zuweit gehender Anerkennung jeder sog. kli::ischen Erfahrung innezuhalten. Eine sehr erfreuliche Bereicherung des Buches m6chte ich in knappen historischen Notizen an der' Spitze einer Anzahl yon Kapiteln er- blieken. AIs ein Lapsus calami sei der Ausdruck ,,Natrium nitra- turn" (start ,,nitricum") auf S. 16o angemerkt.

W. HEUBNER, G6ttingen. O Die reichsgesetzliche Regelung des Verkehrs mit Arzneimitteln unter Bertieksichtigung der sog. Giftverordnung veto Jahre 1895 und der Gewerbeordnung. Von N1UNZ-Is2RAUSE. 34 S. Dresden u. Leipzig: Theodor Steinkopff 1926. 3 Reichsmark.

Die Schrift gibt eine Zusanlmenstellung und Kritik der zur Zeit ffir den Arznei- und Giftverkehr geltenden wesentlichsten Bestim- mungen yon1 Standpunkt genauester Sachkenntnis, die sich 2um Tell ant Erfahrnngen bei der TXtigkeit des Verf. als gerichflicher SaehverstXndiger grandet. Die Kritik an den bestehenden Zu- stXnden ist in diesem Falle ganz frei yon dent Einflul3 wirtschaftlicher Interessen und wirkt daher um so fiberzeugender. Die wachsende Unsicherheit fiber da% was erlaubt und was verboten ist, bei Sach- verst~ndigen und Richtern entspricht kaum mehr den Begriffen eines Rechtsstaates, ist abet nati~rlich vielen hinreichend will- kommen, die gem im Trfiben flschen. W. H~UmqER, G6ttingen.

O Phantastica. Die bet~ubenden und erregenden Genugmittel. Ffir Arzte und Nicht~rzte. Von L. LEWIN. 2. erw. Aufl. VIII, 465 S. Berlin: Georg Strike :927,

Das Buch liegt jetzt in zweiter erweiterter Auflage vor. Es ist zum grol3en Teil geschichtlich gerichtet, doch mehr in Form histo- rischer Beispiele far die Anwendnng der verschiedenen Betgubungs- und Erregungsmittef als in Form einer Darstellung der gnts tehung und Entwicklung ihres Gebrauches, wte sle in grundlegender Weise HAI~TWlCI~ tDie menschliehen GenuBmittel) gegeben hat. Die all- gemeinen psychologischen Ausffihrungen sind unzurelchend, indem sie vielfach an l~ngst veraltete und i~berholte ]3egriife ankngpfen. Auf pharmakologischem Gebiete ist der Stoff nicht detailliert genug behandelt, um scharf die Unterschiede und Gegens~ttze in der Wir- kung der Substanzen erkennen zu Iassen. Quellenangaben beziehen sich fast ausschlieBlich auf frfihere Arbeieen des Vert Vorzfigliche ~ltere Literatur (etwa v. BIBRA und SCHROFF), findet nicht einmal ErwXhnung, ebensowenig die hervorragenden Dokumente ]3AXJDE- names ~ibel den indischen Hanf oder DAvYS fiber S• Diese M~ngel, die den wissenschaftliehen Wert des ]3uehes beein- tr~.ehtigen, m6gen jedoch ffir Nieht~rz:e, ft~r die es der Verf. eben- falls bestimm~:e, yon geringerer Bedeutung sein. E. Jo~L, Berlin.

SPEZIELLE PATHOLOGIE UND T H E R A P I E . KRANKHEITEN DER ATMUNGSORGANE.

O Die chirurgisehe Behandlung der Lungentuberkulose, Von G. SCHRODER und F. MICHELSSON. 36 Textabb. 4 Tat. 134 S. :Berlin: Fischers med. Buchhandh H. Kornfeld I926. Geh. 9, :eb. io Reiehsmark.

Es sind fiber diesen Gegenstand in tier letzten Zeit so vim aus- gezeichnete Publikationen erschienen, dab em neues Buch es sehr schwer hat, in Fornl und Inhalt sich durchzusetzen. Dem vor- liegenden Buch kann man nicht nachrtihmen, dab es irgend etwas besonderes bringt, was nicht dureh seine VorI~tufer schon gegeben ware, j a m manchen Fragen, so z. ]3. in der Frage der grol3en Asepsis fiir die Pneumothoraxanlegung ist es unzweifelhaft i~berSolt und die kategorische Ablehnung tier gerade in dieser Frage so wichtigen Formenunterscheidung tier Lungentuberkulose wird nnr dadurch gut gemacht, dal3 sie hinten herum wieder eingefihhrt wird. Das zugrunde liegende Material. 35 Exairesen, 9 Strangdurchbrennungen und 22 Thorakoplastiken, ist such nicht so grog. dab es den Leser yon der Notwendigkeit. diese Erfahrungen zu reproduzieren, iiber- zeugen k6nnte, wenn auch zugegeben wird. dab es lange und gu~ beobaehtet ist. Das Abbildungsmaterial genagt heutigen Anforde- rungen nicht. Mit all denl soil nicht gesa.gt sein, dab nich~ aus dem Bfichlein eine grebe Erfahrung spriehf, yon der tier Leser viM- fXltigen Nutzen ziehen k6nnte. ULRICI. Sommerfeld. O Das Empyem der Pleurah6hle und seine chirurgisehe Behandlung. Von F. LANDOIS. Chit Abt.. Elisabeth-Krankenhalls, Berlin3 Wfirzburg. Abh. a. d, Gesamtgeb. d. Med. neue Folge, Bd 4, H. 2, S. ~5 6o. 1926. 0,75 Reichsmark

Imlner noch besteht einc hohe Mortalitgt, bes4nders bei Grippe- und doppelseitigem Empyem. Es werden die einzelnen chirurgischen Behandlungsmethoden beschrieben und eingehend ausgewerret. Bei Empyemresth6hlen kommt der Kirschnerschen Tamponade mit dent Musc. peer. maj. und min. besondere Bedeutung zu. Zur erfolgreichen Behandlung der Empyeme bedarf es einer einmfitigen Znsammenarbeit yon Internen und Chirurgen.

K I.IIIRSCHFELD L i i b e c k .

Page 4: Einzelreferate und Buchbesprechungen

5. FEBRUAR 1927

Uber die Pleuritis adhaesiva obliterans in ihren Beziehungen zum tuber- kul6sen Infekt und zur Pneumonie. Von H. KOOPMANN. (Hafen- krankenhaus, Hamburg.) Med. Klinik ]g. 22, Nr. 26, S. 989. 1926.

Nachprtifung der Frage, ob die Pleuritis adhaesiva obliterans Residuum einer s tat tgehabten tnberkul6sell Infektion, ferner ob sie fflr die Pneumonie yon Bedeutung ist. Verwertung yon 3o41 Sek- tionsprotok011en yon pl6tzlichen Todesfalleu, Selbstm6rdern, Ver- unglflckten. In 46,3% fanden sich Pleuraverwachsungen: Spitzen 2o%, Oberlappen io, Unterlappen 9, strangf6rmige i5~o, fl~chen- haste 7, ausgedehnte 19, totale 2o%. A u f dieses Material kommen 23% sicher tuberkul6se Affekte und 14~ Schwielen. Die Zahten sind nach KOOPNAI~N zu niedrig eingeschatzt. TrotzdelI1 ergibt sich, dab I. es zahlreiche FMle von Pleuraverwachsungen ohne tuberkul6se Ntiologie gibt, wenn auch die meisten darauf zurt~ck- zuffihren sind, 2. dab nicht wenige Falle yon Tbc.-Infektion der Lunge vorkommell ohne Beteiligung der Pleura. Spitzen- und Oberlappenverwachsungen r~hren meist yon Tuberkulose her. Die fl~chenhaften Verwachsungen der Unterlappen werden meist durch Pneumonien oder durch embolisch zur Pleura fortgeleitete entziindliche Prozesse hervorgerufei1. Das untersuchte Pneumonie- nlaterial bestatigt die Ansieht yon WALZ: ausgedehntere Pleura- synechie pradisponiert infolge mangelhafter Entfal tbarkeit der Lunge zur Pneumonie und verschlechtert infolge Beeintr~chtigung der Lungen- und Herztatigkeit die Prognose erheblich. ZINN.

Succulenz und Adh~irenz der Haut als Folgeerscheinung einer Lymphstauung bei Prozessen im Gebiete der parietalen Pleura. Von J. SORGO. Wien. klin. Wochenschr. Jg. 39, Mr. 17, S. 465 . 1926.

Bei entziindlichen Erkrankungen im Bereiche der Pleura parle- talis finder man eine gr6gere Dicke und Succulenz der dariiber liegenden Haut. 33elm Abheben einer Hautfalte lagt sich auch eine starkere Adharenz an der Unterlage feststellen. Diese Symptome beruhen ant eiller Lymphstauung ill den unter der Pleura parietalis verlaufenden Lymphwegen. Diese Hautphanomelle k6nnen zur richtigen klinischen Diagnose beitragen. Wo die Haut in gr613erer Ausdehnung normal ist, nicht succulent, nicht start und gut ab- hebbar, dart ant freien Pleuraraum geschlossen werden.

KOENIGSFELD.

K R A N K H E I T E N DES VERDAUUNGSKANALS. O Handbuch der inneren Medizin. Begr. v. L. MOHR u. R. STAE- HELIN. 2. Aufl. Hrsg. v. G. v. BERGMANN u. R. STAEHELIN, Bd. 3, T1. I, Erkrankungen der Verdauungsorgane, I. 471 farb. Textabb. XII , lO51 s. Berlin: Julius Springer 1926. Geb. 75 Reichs- mark.

Der erste Tell des 3- Bandes des Handbuches der inlleren Medizin mit seinen IOOO Seiten ist fast aussehlieBlich der Darstellung der Magen- und Duodenalerkrankungen vorbehalten. Die ki~rzeren ein- 1 eitenden Kapitel : t (rankheiten der Speicheldrfisen yon GIGON, Basel, Erkrallkungen des Oesophagus von Li3DIN, Basel, sind gewisser- mal3en nut die Vorrede zu dem Hauptwerk der Darstellung der Magenerkrankungen. Man kann wohl sagen, dab wir in dem yon BERGMANN und seiner Schule geschaffenen Lehrbuch der Magen- und Duodenalerkrankung ein Standardwerk besitzen. Zum ersten Male ist hier funktionelle Magendiagnostik in gleicher Weise wie anatomische (R6ntgenbild) Diagnostik auf Grund einer Unsumme yon Einzelbeobaehtnngen ersch6pfend wiedergegeben. Die Meister- schaft, die BER~ in seinen R6ntgenbildern zeigt, ist technisch richtunggebend. Ohne ein derartiges Riistzeug ist heute eine exakte Magendiagnostik nicht mehr m6glich. Die Lehre yore Duodenal- geschwflr ist noeh so neuen Datums, dab man glauben m6chte, ein abschliei3endes Urteil lieBe sich heute lloch nicht fallen. Doch glaube ich, dab gerade durch die aul3erordeutlichen technischen Fortschritte der Duodenalaufnahmen ant Grund der yon der Berg- mannschen Schule angewandten Methodik, die in dem Lehrbuch wiedergegebenen Kapitet in Zukunft wie hente bestehen bleiben. Besonders hervorzuheben ist die Darstellung der Physiologie und der Pathologie der Magenverdauung, die GERHARDT KATSCH auf Grund eigeuer experimenteller Arbeit ersch6pfend abhandelt. G. YON BERGMA~N stellt in dem Abschnitt Ulcus pepticum (ventri- cull, duodeni, jejuni) Altes und Neues in dem wechselnden Bilde der Uleusforschung mit souveraner 14ritik, die nut aus eigenster Arbeit entspriugen konnte, in meisterlicher Weise zusammen. Dieses Werk der Bergmannschen Schule wird eille dauernde Bereicherung der medizinischen Literatnr bleiben. THANNHAIJSER, Heidelberg.

O Die Pathogenese des ehronisehen Magendarmgeschwiirs nebst einigen Bemerkungen zur Frage einer rationellen Therapie. Ex- perimentelle Studie. Von J. R. F. RASSERS. 69 S. Leiden: S. C. van Doesburgh 1926.

Der Verf. bringt eine physikalisch-chem~sche Theorie ffir die Tatsache des Selbstschutzes der Magenwand gegen den eigenen Salt. Zur Stiitzung dieser Lehre hat er Tierexperimente ausgeitihrt ; er geht aus yon der hydrolytischen Trennung des Kochsalzes, wie sie zum Beispiel erfolgt, wenn man Kcchsalzl6sung mit kolloidalenl

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Braunstein schfittelt. Das bei der hydrolytischen Trennung ent- stehende NaOH wird vom Protoplasma der Magendrfisenzelle adsorbiert und wirkt als Schutz gegen die sezernierte Salzsaure und gegen das Pepsin. Fiir den Darm soll dieselbe Selbstschutz- theorie gelten, nur dab angenommen wird, dab die alkalische I<omponente des I<ochsalzes sezerniert wird, wahrend der S~iure- komponent, der adsorbiert zurfickbleibt, als Schutz wirkt. -- Die stfltzenden Experimente des Verf. bestehen darin, dab er Hunde durch satzlose Diat achylisch macht und ihnen dalln Pep- sinsalzs~urel6sung in den Magen giel3t. Die Schleimhaut, die Hun ihres Selbstschutzes beraubt ist, well sie nach der Theorie des Verf. nicht selbst durch hydrolytische Spaltung Salzsaure erzeugt, wird durch die eingefi~hrte SaIzsaure angegriffen. Es entstehen hamorrhagische Erosionell und Veranderungen, die an peptische Ulcera erinnern, auch im ]Duodenum. DaB es sich um avitaminotische Geschw~re handelt, konnte ausgeschlossen werden. Gegen~ber der interessallten These des Verf.: , ,Jeder Tell des Magen- und Darmkanals ist nur unempfindlich gegen denjenigen Verdauungssaft, an dessen Sekretion er selbst mit- gewirkt hat" , hat Referent eine Frage zu stellen : \u erstreckt sich bei niedereI1 Tieren der Selbstschutz' gegen Verdauungssaft und Ferlnente nicht nur auf das sezernierende Organ, sondern teilweise auf das ganze Tier, z. B. bei den Hydrapolypen ?

G. I(ATSCH, Frankfurt.

0ber die medikament6se Beeinflussung der Acidit~it und die Therapie des Olcus ventriculi. u A. SCHiJLE. Mtinch. reed. ~ochenschr . Jg. 73, Mr. 27, S. 11o 7 . 1926.

Prfift mall mit Hilfe der Duodeualsonde die medikament6se Beeinflussung der Aciditiitsverhaltnisse im Magen, so zeigt sich, dal3 einer ganzen Reihe yon Praparaten eine deutliche depressorische Wirkung auf die Salzsauresekretion zukommt: Neutralon, Alucol, Magnesiumhydroxyd, Bismutum subnitr, und carbon, u. a. Be- sonders wiehtig ist die t(ombination di~itetiseher und medikament6- ser Faktoren. Die Sippy-Kur hat sich gut bewahrt, doch erzielt man ahnliehes auch mit der reinen Milchkur. Sicher ist die Diat- behandlung das Wichtigste. I(ochsalzarm braucht die Kost nicht zu sein. Novoprotin und Belladonna werden im Sinne der neuro- genen Ulcus~itiologie angewendet. Bettruhe ist mindestens vier Wochen fang unbedingt angezeigt. Die interne Uleustherapie gibt bei frischen Fallen sehr gute Resultate, dabei spricht das Ulcus duodeni schwerer an, als das Ulcus ventriculi. BERNHARDT.

Zur Pathogenese der SekretionsstSrungen des Magens. 5. Sekretions- stSrungen, Gaswechsel und Blutzuckerreaktionen. Von W. ARNOL- DI und M. SCHECHTER. Dtsch. med. \u Jg. 52 , Mr. 31 , S. 1292. 1926.

Bestimmungen des Gesamtstoffwechsels zeigten keine -~nde- rullgen bei SekretionsstSrungen des Magens. Nach Alkoholprobe- trunk Sand sich bei Hyperaciden ein Abfall, bei Normaciden keine 24nderung oder auch Abfall und bei Hyp- und auch Anaciditat eill starker Anstieg des Gesamtstoffwechsels. Bei der Anaemia perniciosa und beim Magencarcinom waren die Befunde wechselnd. Die Adrenalinblutzuckerkurve zeigte bei I-Iyperaciditat eine ge- tinge, bei Hyp- und Anaciditat eine ausgesprochene und lang- dauernde hyperglykan;ische Phase. Die Insulinblutzuckerkurve weist bei Hyp- und Anaciden einen anfanglichen Anstieg auf, der bei Hyperaciden fehlt. NONNENBRUCH.

Zur Kenntnis der chirurgisehen Magentuberkulose. Von 2. MEL- CHIOR. (Chir. Klin., Breslau.) Mitt. a. d. Grenzgeb. d. Med. u. Chir. Bd. 39, H. 2, S. 2o 5 . 1926.

Ersch6pfende Bearbeitung dieses t { a p i t e l s . - Durchaus un- sicher ist der SchluB aui ein tuberku16ses Magenleiden auf Grund des Befundes tuberkul6ser perigastrischer Drfisen. Abgelehnt wird der Standpunkt yon POI~CET, in dubio jede Magenerkrankung bei einem Tuberkul6sen als tuberkul6ser Natur anzusehen. Die Zahl der mitgeteilten Magentuberkulosen n immt jedoch zu, meist deckt die histologische Untersuchung unter Verdacht des Carci- noms die Tuberkulose ant. Durch die jetzt vim haufiger als frflher ausgefiihrte Resektion werden mehr derartige Falle beobachtet.

A. W. FISCHER. Beitrag zur Technik der Duodenalsondierung. Von W. STEPP. (Med. Univ.-~lin., Jena.) MUnch. reed. Wochenschr. Jg. 73, Nr. 31 , S. 127o. 1926.

Verbesserung in der Technik der Duodenalsoudierung : Die Sonde wurde durch die Nase eingeffihrt und zwar bis zur Marke 55. So- dann wurde durch die Sonde mittels Spritze etwa 25 ccm leicht angewarmter Mandel61emulsion (O1. amygdal, dulc. 20,0, Gummi arab. IO, O, Aqu. dest. ad 200,0) in dell Magen eingespritzt und der Kranke angewiesen, die rechte Seitenlage einzunehmen nnd die Sonde etwa IO cm yon der iiu~3eren Nasen6ffnung entfernt zu fassen, um ihr Weitergleiten zu erleichtern. Es gelang in der Regel im Verlaufe einer knappen 1/2 Stunde die Sonde ins Duodenum zu bringen und Galle zu erhalten; die Marke der Sonde lag dann meist bei 80. HERZFELD.

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BLUT UND BLUTBILDENDE ORGANE. C) Die qualitative Blutlehre. Von J. ARNETH. Bd. 4: Die Er- krankungen des Blutes und ihre Einteilung nach Blutzellenreaktionen. Die neutrophile Reaktion, Mit einem Anhang und einem Literatur- tell. 2 Textabb. VI, 223 S. Mfinster: I-I. StenderhofI I926.

In Fortsetzung der in den ersren 3 B~nden behandelten Frage der Kernanalyse er6rtert ARNETIt lm 4. Band seines Werkes aus- fflhrlich die neutrophile E2ernreaktion, die bekanntl ich der Ausgangs- punkt seiner , ,qualitativen Blutlehre" war. Wie in den Irflheren Bgnden erl~utert VerI. das verschiedene Verhalten (positive, negative nsw. Reaktion/ der Neutrophilen an der Hand eigener und fremder Beobachtungen, die er mi t ausffihrlichen Krankhei ts- berichten illustriert. Dabei werden zahlreiche SpezialIragen. wie beispielsweise das Auftreten vakuolenhalt iger Leukocyten. die IKernanalyse der Eosinophileii usw. mit grofler Grflndliehkeit disku- tiert. Wetter wird das Verhalten der Kerns t ruk tur bet verschiedenen Vergiftungen (CO, Anilin, Lysol) und bet akuter gelber Leber- atrophie beschrieben, sodann Beobachtungen fiber Lymphocyten- angina mitgeteilt, die deshalb yon besonderem Interesse sind, well Verf. hier eine ganz enorme Rechtsverschiebung mit ausgesproche- net Polymorphie der Lymphocytenkerne beobachtete (Monocyten- angina yon W. SCHULTZ?b Die zweite Hxlfte des Buches behandelt auI fiber IOO Seiten eine ,,kritische Literatnriibersicht", die sich auf die einschl~gigen Publikationen der Jahre 1919-- 1926 erstreckt nnd zum gr6Bten Tell aus sehr ausfflhrlichen polemisehen Ans- einandersetzungen mit V. SCHILLING und dessen Anh~ngern be- steht. Wenn auch in diesem Abschnit t begreiflicherweise die Ans- fiihrungen ARNETHS einen besonders subjektiven Charakter tragen, so bieten sie dennoch Iflr den Bearbeiter dieser Materie eine wili- kommene Orientierungsm6glichkett, zumal auch dieser Ba nd , wie die frfiheren, den Stempel peinlichster Sorgfalt t r~gt und nicht zu- letzt hierdurch neben der Fiille des la~s~ehlichen Materials einen wertvollen Beitrag ftir die Frage der feineren Struktur der Blut- zellen bildet. A vo?r DO.~AEUS, Berlin.

Absolute oder relative Zahlen bet der Verwertung des weiBen Blut- bildes. Von V. SCHILLING. (I. Med. K l in , Berlin.) Dtsch. med. Wochenschr. Jg. 52, Nr. 24, S. 988 u. Nr. 25, S. lO34. 1926.

Polemik gegen eine Arbeit yon MOSC~KOWSXI in Nr. 51 des Jahrganges 1925 der Dtsch. med. ~rochenschr. Dieser Autor hat behauptet , dab die fiblichen Angaben der einzelnen Leukocyten- formen in Prozentzahlen, also relativen Werten, ein ganz Ialsches Bild der Blutzusammensezzung g~ben und durch absolute Zahlen erse~z~ werden mfiBten. SCHILLING dagegen h~lt diese Einwendun- gen Iflr nur teilweise berechtig~ und glaubt, dab sie praktisch un- durchfflhrbar stud. Er verweist in erster Linie auf die praktischen Erfolge, die mit seiner Methode der relativen Zahten erzielt sind und lehnt die Krit ik MOSCttKOWSKIS als nnrichtig ab, H. HIRSCHIrELD.

Studie fiber das Verhalten des kindlichen Blutes im Falle der In- fektion mit Eitererregern. Von E. STETTNER. (Kinderklin., Erlangen.) Arch. f. Kinderheilk. Bd. 78, H. 2/3, S. 128. 1926.

An dem Zus tandekommen emes bes t immten Blutbildes sind innere und ~ul3ere Faktoren beteiligr. Verf. versuchte den Anteil, den das Lebensalter an dem Blutbild hat, besonders zu studieren. Er ha t die Blutuntersuchungsergebnisse yon erwa IOOO F~llen yore jflngszen Sfmgling bis zucn I3J~hr. zusammengestel l t . In der vorliegenden Arbeit werden ~o ~-~lle mitgeteilt , die in 5 Gruppen geteflt stud: Die allgemeine Reakt ionsr ichtung ist im Kindesalter die gleiche wie sparer. Nachweisliche Unterschiede sind auf die spezifiscli ldndlichen Depotverh~ltnisse und Bildungs- und Ord- nungsmechanismen zu beziehen. Die mitgeteil ten F~lle beschMtigen sich mit Erkrankungen, die bet Erwachsenen naeist starke Neu- rrophilie mit gleichzeitiger Linksverschiebung aufweisen [Staphylo-, Strepto-, Pneumokokkeninfektionen). Verf. legre besonderen Wer t darauf, m6glichst den ReaktionsablauI jeder einzelnen Blutquelle zu ermitteln. Die Frage nach Altersspezifit~t und Konsti tut ions- spezifit~t der Reaktion der Blu tmnt te rorgane konnte durch das zngrunde liegende Material noch nicht gekI~rt werden.

. . . . EISNER-BEHREND.

Das menschliche Blutbild im Hochtal yon Mexiko. Von H. E GGERS. (Chir. Klin., Rostock.) Mfinch. reed. Wochenschr. JN. 73, Nr. 19, S. 779. 1926.

Im Hochtal yon Mexiko (225 ~ m) schwanken die Erythrocyten- zahlen bet M~nnern zwischen 5,I und 8,6 Millionen, bet Frauen zwischen 6,o nnd 7,9 Millionen, die Hb-Werte nach SAHL1 zwischen 9o und I4 o bet M~nnern und 9o und lO5 bet Frauen. Die Leuko- cytenzahlen betragen bet M~nnern 27o0 12 4oo, bet Frauen 34oo his io 360. Es besteht Ierner eine Neutropenie und Lymphocyrose Der Farbeindex betragt 0,6--0,9. Beim Herabgehen in tielere Lagen sanken die Erythrocyrenzahlen schnell parallel der H6he. In den ersten 3 Wochen wurde eine Akklimatisationsleukocytose beob- achtet , sparer meist Leukopenie. Gelegentlieh wurde auch Mono- cytose und Eosinophilie festgestellt. H. HIRSCHEELD.

R I F T , 6. J A H R G A N G . N r . 6 5. FEBRUAR i927

Uber Blutpl~ttehenz~ihlung. Won F. B. HOFMANN. (Physiol. Inst. , Berlin.) Dtsch. reed. Wochenschr. Jg. 52, Nr. 21, S. 861. 1926.

Start der flblichen klinischen Thrombocytenzghlung wird eine Blu taufschwemmung in Tyrodel6sung mi t Zusatz yon ipromill. Sublimatl6sung in der Zghlkammer gez~hlt. Verf. land wesentlieh h6here Blutpl~ttchenzahlen im Kubikmill imeter Blur: im Durch- schnit t 700 ooo. Die Differenzierung der Pl~t tchen nach Gr613e und Form erklgrt die Unterschiede in den Resul ta ten durch das Zugrundegehen der wenig resis tenten kleinen, als Jugendformen an- gesehenen Thrombocyten bet den bisherigen Verfahren. LEwY.

Vergleiehende Untersuchungen des mfitterlichen und kindliehen Blutes. Von K. YON OETTINGEN. (Frauenklin., Heidelberg.) Arch. f. Gyngkol. Bd. 129 , H. I, S. 115. 1926.

Die Untersuchungen beziehen sich einrnal auf die physikalisch- chemische Natur des Blutes (Ausgang: die verschiedene Senkungs. geschwindigkeit der roten Blutk6rperchen -- Senknng naeh 3 ~ Mi- nuten bet Schwangeren 20 ram, bet Nichtschwangeren 8 ram, be~ Neugeborenen 3 ram), zum anderen haben sie die rein chemische Analyse der verschiedenen Blutar ten zum Gegenstand (refrakto- metrische Eiweil3bestimmungen, Gesamtst ickstoftbest inlmungen nach KJELDAHL, Untersuchungen des Restst ickstoffes usw.). Die nlcht immer eindeutigen Ergebnisse mfissen in der Albeit selbst nachgelesen werden. SCHRADER.

STOFFWECHSEL. O Stoffwechselkrankheiten. Fortbildnngsvortr/ige fiber Stoff- wechsel -und verwandte Krankheiten. Wiesbaden 1926. Zusammen- gest. u. hrsg. w G. H E R X H E I M E R . VI, 556 S. Berlin: S. Karger 1926. 24 Reichsmark.

Vorliegende, yon G. HERXHEIMER herausgegebene Vortragsreihe wurde im Frfihjahr 1926 im AnsehluB an den Internisten-KongreB auf Veranlassung der , ,~qesbadener Vereinigung far das arztliche Fortbildungswesen in Preul3en" in Wiesbaden abgehalten und umial3t das Gebiet derStoJ/wechsele~krankungen und ihrer Nachbar- gebiete. Sie behandel t ausgew~hlte Kapitel : Physikalische Chemie (HARPUDER), Gicht (LIcHTWITZ), Arterioskler0se (AscHorF, V. ROM- BERG), Arthritis (UMBER, HEILE, K6HLER), Diabetes (HERxHEIMER, THANNHAUSER, V. NooRDEN), Wasserhansha l t (VOLHARD), Salz- stoifwechsel (OEHME), Fe t t such t (LICHTWITZ), Blutfarbstoff- wechsel (THANNHAUSER, EPPINGER), Fieber, Innere Sekretion (GRAFE), Avitaminosen (STEPP), terrier Stoffwechselfragen aus den Grenzgebieten (G~RONNE, HARPUDER, V. NOORDEN, RIETSCHEL, J. MULLER, P. WEtIMER, O. VOSS, F. BLUMENFELD, K. KLEIST, TOUTON, GIERLICH, PETERS, CHRIST, ~[~0TH). Wie man der Lektflre dieses s tat t l ichen Bandes entnimmt, handel t es sich unl VortrXge yon durchweg hohem Niveau sachverst~ndigster Autoren, Vortrgge, die nicht nu t fflr das zahlreiche Auditor ium yon lebhaf tem Inieresse waren, sondern auch welt darflber hinans Beachtung beanspruchen dfirfen. F. UMBER, Berlin.

Der S~iure-Basenhaushalt im Fieber. Von O. BECK. Jahrb. f. Kinderheilk. Bd. II3, 3. Folge: Bd. 63, H. 3/4, S. 198. 1926.

Aus dem Verhalten der Ammoniakausseheidung, der titrier- baren Acidit~t, des Sgurefiberschusses, des Phosphatgehal tes des Harnes und dessen aktneller Acidit~t, sowie aus dem PH des Can- tharidinblaseninhaltes als Ausdruck der Gewebsreaktion und dem COe-Gehalt des Blutes wird beim Impffieber und den Masern auf Acidose im Fieberzustand geschlossen. FREUDENBERG.

Uber das Zus tandekommen der Stickstoffverluste im Fieber. Von ~u BIRK. (Kinderklin., Tt~bingen.) Mfinch. med. "Woehenschr. Jg. 73, Nr. 28, S. 1147. 1926.

Im Vertauf yon Infekten kann es sowohl zu Stickstoffretention Ms auch zu Stickstoffverlusten kommen. Letztere ellarakterisieren die H6he des Fieberprozesses, i inden sich (in einem angeffihrten Beispiel bet Windpocken) aueh zum Tell in der Inkubat ion und in der Rekonvaleszenz. Erstere findet sich bet einem Masernbeispiel in der Inkubat ion und den Prodromis. Diese verschiedenartige Reaktion ist durch eine toxische Reiznng der Zellen des Eiweil3- stoffwechselzentrums im Gehirn bedingt, die das eine Mal den sym- pathischen, das andere Mal den pa rasympath i schen Anteil betrifft. Das dem Zent rum unters tehende EiweiBdepot der Leber wird zu- n~chst i n der Richtung der EiweiBabgabe sympath i sch beeinfluBt, unter dem EinfluB der hemmenden parasympath ischen Fasern kann es zu ether EiweiBstapelung in tier Leber komrnen. Da die Ver- ~tnderungen der Stickstoffbilanz nicht mit den St6rungen des Temperatnrver laufes parallel gehen, muB ma n Iolgern, dab die Reizleitungen ffir Eiweil3umsatz und chemische W~rmeregulat ion nicht identisch sind, oder daft wenigstens das EiweiBstoffwechsel- zen t rum viel empfindlicher ist a]s das W~rmezen t rum SPERLING.

Beitrag zur Aderlallwirkung: Das Verhalten der EiweiBk6rper. Von M. LINDLAU, H. SCHI~RMEYER und P. UHLENBR,~JCK. Zeitschr. f. d. ges. exp. Med. Bd. 50, H. 1/2, S. I9I. 1926.

Die Verff. untersuchten die Verschiebung der BlutserumeiweiB- k6rper in ihrer Gesamthei t sowie das Verh~!tnis yon Albumin zu

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5. FEBRUAR I927 K L I N I S C H E W O C H E N S C H R I F T . 6. J A K R G A N G . N r . 6 277

Globulin. Sie fanden yon 18 F~llen i5mal ein Absiuken und 3 real einen Anstieg des GesamteiweiB. Auch Ver~nderungen der Frak- tionen waren refraktometriseh faBbar; sie waren 6fret bis 4 Woehen lung nacbweisbar. MAGNUS-ALSLEBEN.

Uber die Beeinflussung des Harnquotienten C : N durch Arznei- mittel und die Beziehungen der Lage des Quofienten zu dem Gehalt des Hams an Harns~iure und Purinbasen beim normalen Menschen. Von P. HONIG und H. WADA. (Pathol. Inst., Berlin.) Zeitschr. f. d. ges. exp. Med. Bd. 51 , H. 3/4, S. 479. 1926.

Nach Uricedingaben erhOht sich der Quotient C : N, woraus geschlossen wird, dab der K6rper im intermedi~ren Stoffwechsel N besser verwertet als C. Beziehungen zur Harns~iureausscheidung im Urin beim Normalen konnten nicht festgestellt werden.

OPPENI-IEIMER,

H A U T K R A N K H E I T E N . O Die Reizbehandlung der Hauttuberkulose. (Mit besonderer Be- rticksichtigung des KindesaKers.) Von K. NLARE. (Prinzregent- Luitpold-Kinderheilst., Scheidegg.) Wtirzburg. Abh. a. d. Gesamt- geb. d. Med., neue Folge, Bd. 4, H. 3, S. 61--81. I926. 1,5 ~ Reichs- mark.

Auf Grund etwa neunj~hriger therapeutischer Versuche kommt KLARE zu folgenden Schlfisseu. Ffir die Behandlung des Lupus ist die Pyotropinbehandlung zusammen mit Licht, Tuberkulin sowohl hinsichtlieh der einfachen Anwendung Ms auch der kurzen Behand- lungsdauer und des sp~teren guten kosmetischen Endergebnisses die Methode der Wahl. Beim Skrophuloderm mit seiuer ausgesproche- hen Selbstheilungstendenz genfigt die Kupferdermasan- Koch- salzbehandlung wiederum in 14ombination mit Tuberkulin und Licht. Zu Mlen diesen lokMen Behandlungen geh6rt die Allgemein- behandlung und Umstimmung des K6rpers. ~'INKENRATH, Berlin.

0bet Hauttuberkulose in Pommern. Von W. LEIPOLD. Beitr. z. I~lin. d. TuberkuI. Bd. 63~ H. 6, S. 857. 1926.

SoziMhygienische Untersuchung an I II F~Ilen yon Lupus vulgaris, 2 yon Lupus miliaris disseminatus, I Tuberculosis cuffs verrucosa, 8 Tuberculosis colliquativa, die vom 15. MM I92O bis Ende 1925 beobaehtet wurden. Das Verh~ltnis der erkrankten M~nner zu Frauen betrug 47 : 66 mit EinschluB der 2 FXlle yon Lup. rail. dissem. Die Erkrankungen traten in Mien LebensMtern auf, besonders stark in den zwel ersten Jahrzehnten. Die FXlle aus der Landbev61kerung waren zahlenm~13ig gr6Ber, 98 gegenfiber r5 in der Stadt. Schleimhautbeteiligung wiesen 5o,4% aller F~lle auf. In 24,7% der FXlle (28) bestand eine tuberkul6se Lungen- erkrankung, und zwar auch hier Land zu Stadt wie 26 : 2, ebenso yon 28 Lungenkrauken 20 Fraueh. Rtickschlfisse aus der Impfung fiber die Erreger ergaben sieh nicht. Zur einheiflichen Statistik wird ein Lupusformblatt gewfinscht. FINKENRATH

Die Behandlung der Hauttuberkulose, Von M. SCHUBERT. Beitr. z. Klin. d. Tuberkul. Bd. 63, H. 6, S. 939. 1926.

Beschreibung der Behandlung der Hauttuberknlose, wie ate an der Marburger Klinik gefibt wird. Im wesentlichen wird nur auf die bekannten Formen der allgemeinen und lokMen LiGht- und R6ntgenbehandlung "hingewiesen unter unzureichender Angabe der diesbezfiglichen Literatur. ~i'IN KENRATH.

IJber die Goldbehandlung des Lupus erythematodes und tiber Gold, sch/idigungen. Von ST. ROTHMAN. Beitr. z. Klin. d. Tuberkuli Bd. 63, H. 6, S. 9o6. 1926.

Von 29 Kranken wurden I5 mit kombinierter Goldbehandhng geheilt, IO gebessert. Als Goldpr~parate wurden verwandt: Aure- eantham in Dosen yon o,o125, 0,025, 0,5 bis o,i g 4--6 Tage Ab- stand, und Krysolgan: o,oi g, o,o25, o,o5 in 3--4 Tagen Abstand, dann o,i in 5--6 Tagen. Anaphylaktische Erseheinungen werden durch grol3e Pausen zwischeu den ersten beiden Injektionen hervor- gerufen.. FINKENRATH.

Zur Krysolganbehandlung des Lupus erythematodes. Von K. SCHREINER. Dermatol. Zeitschr. Bd. 47, H. I/2, S. 53. 1926.

Krysolgan wird als eine auBerordentliche ]3ereicherung der Therapie des Lupus erythematodes angesehen. Bevorzugt werden kleine Anfangsdosen o,i rag, besonders gilt dies ftir akute Falle, wo bis zu 0,05 mg heruntergegangen wird. FINKENRATH.

Die Aeanthosis uigricans und ihre Bedeutung flit die Diagnose des malignen Tumors. Von H. t(I~ITTNER. Mitt. a. d. Grenzgeb. d. Med. u. Chir. Bd. 39, H. 2, S. 276 . 1926.

Verf. beschreibt 3 F~ille dieses auBerordentlich seltenen, den Nichtdermatologen so gut wie unbekannten Krankheitsbildes der Haut, das ehirurgisch insofern yon gr613ter Bedeutung ist, Ms ihm fast immer ein intraabdomineller Tumor zugrunde 1left. Die charakteristischen, in ausgezeichneten Bildern dargestellten Haut- ver/inderungen machen meist eine Laparotomie ziir weiteren Kl~rung erforderlich. Sie bestehen in charakteristiseher Pigmen- tation bestimmter Hautbezirke und papill~rer Beschaffenheit der Haut an PrXdilektionsstellen. Die merkwfirdigen Beziehungen des

Leidens zn den malignen Tumoren sind ungeklArt. Die meisten Verwechslungen dflrften mit dem Morbus Addisonii m6glich seiu.

PEIPER. Diffuse spezifische Alopecie im sp/itstadium (dritten Dezennium) der Syphilis. Von J. HELLER. Derma~ol. Zeitschr. Bd: 48 , H. 1/2, S. 24 . 1926.

Ein Fall yon Alopecie in der TertiArperiode bet einem 4Ijiihr. ~r~ulein veranlal3te HELLER, die Literatur auf das Vorkommen yon Alopecie im Terti~rstadium durchzusehen. Er land ffinf teilweise verwendbare Angaben und bitter, in der Neuzeit auf das Auitreten yon Alopecie im Spgtstadium der Syphilis zu achten.

FINKENRATH. Durch Ascaridiasis hervorgerufene Prurigo Hebrae-~ihnliehe-Derma- rose. Beitr~ge zur Keuntnis der Blutbilder bei der Ascaridiasis. Von A. CEDERBERG. Arch. 5. Dermatol. u. Syphilis Bd~ I5o, H. 3, S. 393. 1926.

8j~hr. Bauersohn Ieidet an Prurig0 Hebrae, der sich nach Ab- treibung einer Ascaris vertreiben l~13t. Bei neuer Ascarisinfektion wieder die Dermatose. CEDERBERG folgert hieraus, dal3 eine Asearis- intoxikation eine Dermatose hervorrufen kann. Der Grund ist vielleicht in ether anaphylaktischen Erscheinung zu sachem Das Blutbild zeigt starke Eosinophil!e. FINKENRATK.

Neurodermitis durch Oxyuren. Ein Beitrag zur Pathogenese der Prurigo. Von E. SCHROPL. Dermatol. VVochenschr. Bd: 83, Nr. 3 ~ , S. lO83 . 1926.

4 Falle von Hautleiden bet bestehender Oxyuriasis werden dahiu gedeutet, dab die Oxyurenreizung im Darm auf die bezfiglichen Rfickenmarksegmente einwirkt, und fiber diesen Weg eine St6rung der dazugeh6rigen Hautfelderinnervation zentral einsetzt. In einem Fall hat eine R6ntgenbestrahlung des Rfickenmarks spgter Erfolg gehabt. FINKENRKTH.

N E R V E S - UND G E I S T E S K R A N K H E I T E N . NERVENKRANKHEITEN.

�9 Das autonome Nervensystem. Vou E. SCHILF. 25 Textabb. VIII, 207 S. Leipzig: GeorgThieme 1926. Geh. 16,5o, geb. 18 Reichs- mark.

Unter dem ,,autonomen" Nervensystem versteht SCHILF die- jenigen Nerven, welche die Lelstungen der einzelnen inneren Organe so regeln, dab das Leben des Organismus aufrechterhMten wird. Der Name , ,autonom" ist yon den Engl~ndern (LANGLEY) gew~hlt, weft auf diese Nerven der Wille keine Einwirkung hat. Ganz ,, selbst~ndig" freilich ist das , ,antonome" Nervensystem auch night, denu durch Stimmungen und durch Erregung derjeulgen Nerven, welche uns mit der Umwelt in Verbindung setzen, wird es be- einflugt. SCItILF rechnet ebenso wie LANGLEY zum ,,autonomen" Nervensystem nur die eJferenten Bahnen, welche zur glatten Musku- latur und zu den Drfisen ziehen. Die afferenten Nerven, welche uns yon den inneren Organen Empfindungen zuleiten, zahlt SCmLF, wie dies auch LANGLEY getan hat, zu den ,,somatischen" Nervenfaseru. Auch sonst stfitzt sich SCmLF vor Mlem auf die klassischen Unter- suehungen yon I. N. LANGLEY. So wird die Lehre des verstorbenen Cambridger Forschers yon den ,,Axonreflexen" und yon der Wir- kung des Nicotins auf die Ganglien und yon der ,,anfidromen Leitung" in den hinteren Wurzeln ausffihrlich er6rtert. Aber:auch die grundlegenden Studien der tibrigen englischen Physiologen wie GASKELL, SHERRINGTON, DALE, BAYLISS und STARLING und die der jfingeren amerikanisehen Forseher werdeu Mle beriicksichtigt. Auf die Anatomie und die Histologie der Ganglienzellgruppeu und der Nerven, welche die Lebensvorggnge in den inneren Organen regeln, wurde gar night eingegangen. Ebensowenig auf die St6run- gen des vegetativen Nervensystems, welche der Arzt am Kranken- bette beobachten kann. Und solche fflhren uns dem Verstgndnis ffir das Wesen der visceralen Innervafion haufig naher als physio- logische fierexperimentelle Untersuchungen. Auch die den Trieben, wie dem Hunger und dem Durst und dem ArterhMtungstrieb, zu- grunde liegenden Innervatiousvorgange im vegetativen Nerven- system werden nicht erSrtert. Scm bek/tmpft die Auffassung, dal3 der sympathische Tell des vegetativen Nervensystems zu dem para- sympathischen Tell in einem gewisseu Gegensatz stehe, d. h. dab sie Antagonisten w~ren, u n d e r behauptet, dab manehe Organe, wie die Haarbalgmnsl~eln oder die Schweigdrfisen, nut yore sympathi- schen Teil des vegetafiven Nervensystems versorgt wfirden! Ja, SCH. nimmt mit LANGLEY an, dab den parasympathischen Vaso. dilatatoren nur im Nervus pelvicus besondere Fasern zur verffigung st~nden, und dM3 aul3erdem die Gef~Berweiterung t edigiich durch eine , ,antidrome" Erregung in ,,afferenten", d. h. sensiblen Nerven zustande k~me. Die groBen Widerspriiche, welche die tierexperi- mentelle und die pharmakologische Forschung am vegetativen Nervensystem aufweist, erkl~rt SCH. ganz richfig damit, dab die verschiedenen Laboratoriumstieye doch alle in verschledener Weisc auf die verschiedenen Gifte des vegetativen Nervensystems reagie- ren und dab jedesmM auch die ]3eeinflussung der inneren Organe

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durch Stoffe, die im Blute kreisen, mit in FraMe kommt. Tats~chlich ist es vielfach nicht m6glich, zu entseheiden, ob ein Hormon direkt auf die Zellen des Organs oder ant dem ]Jmweg fiber die visceralen Nerven EinfluB auI die Leistungen des betreffenden Organs ausabt . Das Studium des vorliegenden Buches zeigt dem Leser, wie weir wit von einem wirktiehen Verst~ndnis der nerv6sen ReguIierung der Lebensvorg~nge noeh entfernt sind. Den Schleier des Geneim- hisses, in welcher Weise die den Organzellen innewohnende Lebens- energie durch NerveneinfluB zur Harmonie des lebenden Organis- mns zusammengefaBt wird, kann man wohI nie I~Iten. Es muB aber anerkannt werden, dab alles, was die physiologisehe Forschung an Kleinarbeit zur L6sung dieser Fragen geIiefert hat, yon Scm aus der ganzen Welt l i teratur in dem vorliegenden Bnche mit groBem FleiBe und mit grol3er Gewissenhaftigkeit zusammengetragen worden ist. L . R . MiJLLER, Erlangen.

~Jber cerehrale Atemst6rungen. Von L. HESS und E. POLLAK, Wien. Arch, ~. inn. 5{ed. Bd, I2, H. 3, S. 477. 1926.

Bei sys temat iseher Durchforschung des Hi rns tammes yon Kran- ken, die im diabetisehen Coma verstorben waren, fiel es auI. dab konstante schwere Ver~nderungen den Locus coeruleus tier Br~cken- haube betrafen. Die Verff. nehmen an, dab dem Locus coeruleus beim Menschen eine fflr die nerv6se Regulation der A tmung marl- gebende Bedeutung zukommt. Auf die Degeneration dieses Ge- bietes beziehen sie die AtemstSrung lm Coma diabet icum: die Kussmaulsche groBe Atmung, sowie t~hnliche St6rungen bei der sehweren Leberinsuffizienz, der Biermersehen An~mie, der Athero- sklerose and der epidemischen Encephalitis. Dutch entsprechende Sektionsbefunde werden die zun~chst beim diabetisehen Coma erhobenen Feststel lungen besttttigt. Abweichende Ergebnisse im Tierexperiment sind aus den Besonderheiten der Versuchsanordnung zu erklg.ren und dutch die craniahv~rts gerichtete Funkt ionswan- derung, derzufolge beim Menschen Hirnstellen in den Dienst der A t m u n g eingeschaltet werden, die beim Tier noch nicht oder nicht im gleiehen Mage dieser Funkt ion dienen. STRAUS.

Epilepsiepathogenese und der O. Foerstersche Hyperventil/~tions- vet:such. Von F. FRISCH. zeitschr, f. d. ges, Neurol. n. Psychiatrie Bd. lO 3, H. I12, S 243. 1926.

Der Verf. verteidigt vor allem den von ibm geprXgten Satz: ,,Epilepsie ist ein spezieller Fall yon Spasmophilie." Was den Zu- s ammenhang yon Hyperventi lat ion and epileptisehem Anfall betrifft, so wird nach Ansicht des Verf. mit tels Hyperventi lat ion ein spasmophiler Zustand auI Grund der dutch sie hervorgerufenen Ionengleichgewichtsver~nderungen erzeugt Bet dem anfalls- bereiten Epileptiker vollzieht sich dieser Vorgang infolge seiner bereits bestehenden in tier gleichsinnigen Ionenverschiebung be- grtindeten Spasmophilie in besonders exzessiver Weise.

O. W I X ~ .

Uber nine neuarfige heredo-degenerative Erkrankungsform, lokali- siert in Striatum und Rinde mit ausgedehnter Myelose. Von B. OSTERTAG. (Nervenklin., Berlin.) Arch. I. Psyehiatrie u. Nervenkrankh. Bd. 77, H. 3, S. 453- 1926.

Ein Kind, dessen Mntter an ether postiniektiSsen Chorea litt, erkrankte ebenfalls unter diesen Erseheinungen, worauf sich nine ,,wilsonartige" mi t Verbl6dung einhergehende Versteifung entwickelte. Bet der Sektion land sich nine Lebercirrhose nnd ein schwerer atropMscher ProzeB des gesamten Str ia tum mit gleich- art igem ProzeB in der Hirnrinde und grol3en Entmarknngsherden in beiden Hemisph~ren Die Myelose breitet sieh ent lang der GeffiBwand, so dab ein Eindringen emer Ifir alas Gehirn exo- genen Komponente auI dem Blut lymphwege angenommen werden muB. Es liegt ein Zusammenwirken einer heredo-degenerativen Komponente (Minderwerfigkeit bes t immter Grisea) mit einer exogenen vor. O. WIENEr.

0ber einen Fall yon Chorea mit Lebercirrhose. Von G. SCHALTEN- BRAND. Dtscb. Zeitschr. f. Nervenhei lk Bd. 9 I, H. 4/6, S. i74. 1926.

Mitteilung eines Falles (59i~hr. Fran5 mit Sektionsbefund. Die Pat ient in war mehrere Jahre lang leberleidend und erkrankte dann m apoplektiformen Schtiben an Chorea. Sektion: Lebercirrhose vom Laenneeschen Typ, Milzvergr6gerung, schwere Ver~nderungen ma Zentra lnervensystem: Degeneration der Ganglienzellen, Glia- reaktion mit Bildung Alzheimerscher Zellen, Capillarwncherung, eigenartige systemat ische Markfaserdegeneration, die zu aus- gedetmten Lfickenfeldern ftihrt. Im ganzen waren die Frontal- rinde, das Str iatum, das Mesencephalon and der Nucleus denta tus am, schwersten erkrankt. MENDEL.

Ein Beitrag zur Kenntnis der heredit/iren Ataxie (Friedreich-Nonne- Marie}. Von F. K. ~ r A L T E R und H. F. ROESEo Dtsch. Zeitschr. I. Nervenheilk, Bd 92, H. 1/3, S. 8. 1926.

Mittellung der Krankengeschichten einer Familie. Die Anlage zu dieser Erkrankung ist ein dominant erbliches Merkmal. Die

R I F T . 6. J A H R G A N G . N r . 6 5. ICEBRUAR 1927

kranken Glieder sind heterozygot angelegt und haben mit Bezug auf die Krankhei t normale Nachkommenschaf t . Keine Verbindung mit normalem Blute fremder Familien bringt die Anlage zum Verschwinden. Ausl6send wirken exogene Ursachen, insbesondere Infektionskrankheiten. H~ufig ist nine intellektuelle Schw~che and moralische Minderwertlgkeit nachweisbar. O. W I ~ E R .

0be t nine eigenartige Angioneurose der unteren Extremitiiten. Von B. S. D R U T and P. M. FELDMAN. Monatsschr. f. Psychiatrie u. Neurok Bd. 6I, H. 2, S. 74. 1926.

Verff. beobachteten in 8 Fallen bet Jungfrauen im Alter yon 16--21 Jahren an dem unteren Drittel der Unterschenkel an streng symmetr ischen Stellen ausgedehnte ROtungen, die yon der LaMe der Extremi• sowie yon der Tempera tur aloh~ingig waren. Zugleich mit den Vergnderungen der Hau t fg rbung wurden an denselben Stellen sekretorisch-trophische St6rungen beobachtet. Die Schmerz- mad Tempera turempf indung war in 3 Fallen etwas herabgesetzt. Alle Pat ient innen wiesen konstitutionelle Besonder- heiten dystrophischen and vagotonischen Charakters auf. Die Vertf. bat ten die lokalen St6rungen ftir ein selbst~ndiges angio- neurotisches Syndrom. Sie nehmen nine Abhangigkeit des ganzen Symptomenkomplexes yon ether Dysfunkt ion des endokrinen Apparates an. STRAUS.

PSYCHISCHE ERKRANKUNGEN.

O Das Problem des Charakteraufbaues. Seine Gestaltung durch die erbbiologische Pers6nlichkeitsanalyse. Von H HOFFMANN. VIII, I93 S. Berlin: Julius Springer 1926. Geh. 12, geb. 13,5o Reichsmark.

ZunXchst gibt HOFFMANN eine auBerordentlich verdienstvolle, eingehende, referierende Obersicht der bisherigen Versuche, Per- s6nlichkeitstypen aufzustellen (DILTHEY, SPRANGER. Mi3LLER- FREIENFELS, WEININGER. JUNG, KRETSCHMER), ferner die mehr elementar analyt isch gerichteten Versuche yon KLAGES, APFELBACH, EWALD, KRONFELD H.X-BERLIN Diesen Forschungsweisen wird nun yon H. die erbbiologische PersOnlichkeitsanalyse gegenaber- gestellt. Er umreil3t die Bedeutung der Methode mi t den Worten: ,,dab es uns mit ihrer HiKe gelingen soli,~zu psyehischen Elementen oder Kategorien vorzudringen, die biologische Selbst~ndigkeit be- sitzen. Die erbbiologische PersSnlichkeitsanatyse roach• es sich zur Aufgabe, bes t immte genotypische Anlagen (genisehe Radikale) zu isolieren, die in sze~s wechselnder struktureller Verbindung die seelische Eigenar~ des Individuums bflden. Es soll sich dabei um Anlagemomente handeln, die sich selbst~tndig und nnabhangig von- einander vererben ohne mit anderen Anlagemomenten in fester Korrelation zu s~ehen." Die .~1ethoclik selbst beruht in dem Ver- gleich der psychischen Veranlagung des Probanden mit der der Aszendenten auf Grund genaner Charakteranalysen yon Familien (Napoleon, Friedrich der GroBe, Schiller u. a. m.J. Da nun aber der Ph~tnotypus als sichtbare Erscheinnngsform beweislos tfir den Geno- typus ist, wird ~-ersucht, den ersreren in die fundierenden Bestand- retie zu zerlegen. Wichtig erscheint H. hierbei vor allem die Aus- wirknng sich widerstrebender gleichzeitig vorhandener Eigenschaf- ten im Gesamt der Pers6niichkeit. Derartige ,,Antinomien", wie etwa pfiichtbewuBtes Verantwortungsgefflhl and zum anderen hoch- gespannrer Ehrgelz, werden nun als einzelne Eigenschaften in der .Aszendenz wiedergefunden. Die Einzelanlagen stehen nun ihrer- seitS wieder m srrukturelIer Beziehung zneinander, zeigen Uber-, Neben- und Unterordnungen hemmende and f6rdernde Verbin- dungen Ferner ist neben der Quali tat and Richtnng auch die Intensi t~t oder StXrke der Charakters t rebungen yon Bedeutung. Bes t immte ,,Tendenzen" k6nnen im Erbgang ihre Aufbanbedeutung ~ndern. Eigentfimlichkeiten, die bet den Eltern s tark ausgepr~tgt sind, rflcken bet den Kindern an die Peripherie oder nmgekehrt . Endlich kommen noch je nach der Altersstufe and Art der Lebens- si tuation Strukturverschiebungen dazu, ganz abgesehen yon perio- dischen Szrnkturschwanknngen, die wiederum endogen oder exogen bedingt sein k6nnen. Der grol3e Wert der Hoffmannschen Ans- ft~hrungen liegt im Herausheben all dieser Gesichtspunkte, die mit- bedacht werden mflssen. Andererseits ist es nahezu unm6glich, innerhalb dieses wei tgespannten Netzes eine Charaktereigenschaft bet einigermagen eingehender Kenntnis der Charaktertafel der Vor- fahren nicht rflckbeziehen zu k6nnen. SchlieBlich wird man sich immer Iragen mOssen, win weir nicht das, was als biologisch selb- st~ndige Eigensehaft auI einen Vorfahren bezogen wird, bet diesem wiederum nnr ph~notypische Resul tante eines vietfachen geno- typischen ]3edingtseins darstellt, so dab dieselben Erw~g-ungen dort winder einsetzen. In einem kurzen Referat lassen sich die Probleme, die in Ft~lle aufgeworfen sind, nieht behandeln, insbesondere zur FraMe der Struktur. Das Bach ist fttr den anregend, der u m die -- durch die Ar~ der Materie 5edingten Schwierigkeiten weiB, zu exakten methodisch einwandfrei gewonnenen Begritfen zu kommen. Gefglarlich kann es ftir den unkrit ischen Leser sein, dem dann der erbbiologische Aufbau des Charakters allzuleieht zu einem Legespiel wird. BERIXGEg, Heidelberg.

Page 8: Einzelreferate und Buchbesprechungen

5. FEBRUAR ~927 KLINISCHE W O C H E N S C H

Der KSrperbau der Normalen. Von H. W. GRUHLE. Arch. i. Psychiatrie u. Nervenkrankh. Bd. 77, H. ~, S. 1. 1926.

Die Untersuchung yon 118 Heidelbergern hat ergeben, dab sieh im K6rperbau zweifellos leptosomer, athletischer nnd pyknischer Habitus deutlich vonelnander unterscheiden lassen. Die Bezie- hungen zu sonstigen k6rperlichen Merkmalen, insbesondere zu denen des Gesichtes, sind indessen lose und ungewiB. Am besten sch~lt sich noeh der pyknische Typus herans, doch ist er erst im mittleren Mannesalter ausgepr~gt nnd vielleicht ein Ergebnis yon Umwelts- faktoren. Die Ansicht, dab die Schizophrenen k6rperbaumXBig irgendwie einheitlich charakterisiert sind, wird ffir nnwahrscheinlich gehalten. GOLDSTXlN, Magdeburg.

Gut Frage einer Belastungsstatistik der Durehschnittsbev61kerung. Von t3. KATTENTIDT. Zeitschr. f. d. ges. Neurol. n. Psychiatrie Bd. 1o3, H. I/~,, S. 288. 1926.

Die Erkrankungsaussicht der Neffen nnd Nichten Schizo- phrener ist, was die Dementia praecox anlangt, fund 3,Smal so grog als diejenige yon Neffen und Nichten der Durchschnitts- bev61kerung. Die Gefahr des Auftretens yon Sonderlingen im Schulz-Schneiderschen Sinne ist ffir die Neifen und .Nichten Schizo- phrener 4,4mal so grog Ms fiir die entsprechenden Sippen der Durch- schnittsbev61kerung. GOLDSTEIN, Magdeburg.

Zur Frage des Schizoids. Von A. BOSTROEM. Arch. f. Psychiatrie u. Nervenkrankh. Bd. 77, H. 1, S. 32. 1926.

Der Begriif des Schizoiden bei IKRETSC~MER nnd BLEULER weist eine auffallende LTbereinstimmung anf mit dem, was SCH~F- LER alS das Wesen des gotischen Menschen darstellt. Ein Ver- gleich mit dem Gedanken SCHedULERS fiber den gotischen und griechischen Menschen zeigt mit besonderer ])eutlichkeit, dab w i r e s bei den sog. schizoiden Eigenschaften mit Zflgen des nor- malen Seelenlebens zu tun haben. ])ementsprechend kann das Schizoid auch nicht als eine Vorstufe der Prozegpsychose Schizophrenie angesehen werden, inb zsondere lassen sich die charak- teristischen psychischen Symptome der Schizophrenie nicht als eine Steigerung schizoider Eigenart auffassen. Auch die psycholo- gischen Beziehungen zwischen Schizoid und Schizophrenie sind nur scheinbar besonders enge; gewisse symptomatologische Ahn- lichkeiten beruhen darauI, dab schizoide Pers6nlichkeitseigen- schaften sich pathoplastisch in d er Psychose bemerkbar machen. ])as Vorkommen pr~psychotischer ,,Schizoider" erkl~rt sich zum Tell dadurch, dab ein Tell dieser vermeintlichen Schizoiden schon Schizophrene sind, zum Tell aber auch dadnrch, dab das Lebens- alter, in dem die Schizophrenie besonders gerne beginnt, einer Gesetzm~gigkeit folgend, mehr zu dystoner Art neigt. Das Ober- wiegen schizoider Personen in der Verwandtschaft der Schizophrenen kann darauf beruhen, dab Eigenschaften, die beim Probanden in der Pers6nlichkeit pr~formiert sind und symptomgestaltend wirken, auch bei seinen u vorkommen, Soweit diese ErM~irungs- m6glichkeit nicht mehr ausreicht, also bei den st~rkeren Graden, wird man damit rechnen dflrien, dab hier leichte abgelaufene F~lle von ProzeBschizophrenie vorliegen. STRAUS.

R I F T . 6. J A H R G A N G . Nr . 6 279

Die Methode der somatometrischen Profile in ihrer Verwendung in der Psychiatrie. Von M. P. ANDREEW. Zeitschr. f. d. ges. Neurol. u. Psychiatrie Bd. Io2, H. 3/4, S. 554. 1926.

Der Terminus somatometrisch wird fflr das sonst daiflr iibliche Wort anthropometrisch angewandt. Die Untersuchungen wurden an I2O Personen m~nnlichen Geschlechts in der Kasaner Irren- heilanstalt entsprechend der Kretschmerschen Einteilung durch- geffihrt. GOLnST~I~r, Magdeburg.

Konstitutionsuntersuchungen an manisch-melancholischen Frauen. Von \u JACOBI und K. KOLLE. (Nervenklin., Jena.) Arch. f. Psychiatrie u. Nervenkrankh. ]3d. 77, H. 3, S. 381. 1926.

Verff. fanden in ihren t3efunden keine Best~tigung der yon KRETSCHMER aufgestellten Theorien, jedenfalls nicht hinsichtlich der Kernpunkte seiner Anffassung you den angeblich gesetzm~Bigen Beziehnngen zwischen K6rperbau, Charakter und Psychose.

O. WIENER. Bedeutung der Erblichkeitsforschung ffir die Diagnose und Prognose endogener Psychosen. Von H. HOFFMANN. Mflnch. reed. Woehen. schrift Jg. 73, Nr. 27, S. 11o 4, 1926.

Durch Anfflhrung zahlreicher Gesichtspunkte wird gezeigt, wie die Erbbiologie einen Beitrag zur psychiatrischen Diagnostik und Prognostik liefern kann, dessen Bedeutung neben klinischen, charakterologischen und k6rperbaulichen Symptomen nicht unter- sch~itzt werden sollte. OOLDSTEIN, Magdeburg.

Die Bedeutung der Eugenik vom psychiatrisch-neurologischen 8tandpunkt ffir Eheschliegung und Schwangerschaft. Von S. HIRSCHFEL]) . Arch. I. Psychiatrie u. Nervenkrankh. 13d. 77, H. 2, S. 257. I926.

Verf. ist der Ansicht, dab die Gef~hrdung der Deszendenz dnrch die Konsanguinitiit der Eltern nicht zu hoch eingesch~tzt werden darf, wenn es sich nicht um gleichartige rezessive Krankheitsanlagen bei den Eltern handelt, derer~ Vorhandensein bei Verwandtenehen natflrlich leicht zur IKumulierung fflhren kann. Die eugenischen Bestrebungen dfirfen nicht vor dem Eheverbot haltmachen, sondern mflssen ki~nstliche Schwangerschaftsunterbrechung und kflnstliche Unfruchtbarmachung als vollkommenstes Mittel gegen unerwflnsehte Fortpflanzungst~itigkeit fordern.

GOLBSTEI~, Magdeburg. Uber die Sterilisation zur Verhiitung geistig minderwertiger Nach- kommen. Von E. KOHLS. Arch. f. Psychiatric u. Nervenkrankh. Bd. 77, H. 2, S. 285. 1926.

Es wird fflr eine derartige Sterilisation bei den an Huntington- scher Chorea Leidenden eingetreten, wean die Krankheit sich bei dem betreffenden Individuum Irflh genug zeigt. Schizophrenie, manisch-depressives Irresein, Psychopathie~ Epilepsie, Alkoholis- mus, Schwachsinn und Anlageverbrechertum kommen nur in aus- gesuchten F~llen als Indikation in Betracht. Verf. schlieBt sich der Ansicht an, dab der Arzt bei der Sterilisation vorlXufig nur dana v611ig strafrechtlich geschiitzt ist, wenn er mit dem engenetischen Zweck einen therapeutischen verbinden kann.

GOLDSTE1N, Magdeburg.

V E R H A N D L U N G E N ,~RZTLICHER GESELLSCHAFTEN.

Berliner Gesellschait ffir pathologische Anatomie und vergleichende Pathologie.

Si tzung vom i i . N o v e m b e r i926. Demonstrationen. LUBARSCtt: Prim/irer Knochenkrebs. WOLFF: Ein besonders gearteter Fall yon Leuk~imie. BORCK: Ein Fall yon Pankreas- und Nebennierennekrose. CHRISTELLER: /Jber lymphatische Gewebsreaktionen im

Nierengebiet. Nit Hilfe der Methode der Anfertigung histologischer Gesamtgefrierschnitte ganzer Nieren wurden 74 Nieren untersucht. Es zeigte sich, dab lymphatisches Gewebe in Form yon Lymph- kn6tchen mit Reticulum und Keimzentren sehr hXufig im Nieren- gebiet vorkommt. Es wird nicht nur, wie bekannt, im Bindegewebe um den Ureter, am Nierenbecken und den Kelchen, sondern auch in der Nierenkapsel und im Nierenparenchym gefunden, und zwar in einer RegelmXgigkeit und Menge, wie man vor tier Anwendung der genannten Methode nicht ahnen konnte. Unter den 74 Fallen waren KnOtchen lymphatischen Oewebes neu gebildet in 35 FXllen, n~mlich chronischen eitrigen Pyelonephritiden, chronischen Pyo- nephrosen, infizierten Steinnieren, Nieren- und Nierenbecken- tuberkulosen, Nierenaktinomykose, gumm6ser Nierensyphilis, lymphatischer Lenk~mie und infizierten Nierentumoren. Lymph- kn6tchen fehlten dagegen in den fibrigen 39 F~llen, n~mlich ge- sunden Nieren, akuten eitrigen und nichteitrigen Entziindungen, Hydronephrosen, Schrumpfnieren u. a. Dutch Einbringung yon

sterilen, terpentin61getr~inkten Fremdk6rpern ins Nierenbecken kann man im Nierengebiet einen chronisch wirkendea Reiz setzea, der bei Katzen und Hunden ganz entsl~rechende Neubildung yon Lymphkn6tchen an den aufgez~hlten Stellen bewirkt, wie beim Menschen. Durch T6tung der Versuchstiere in verschiedenen ZeitrAumen nach dem Versuchsbeginn wurde ermittelt, dab bei ihnen mindestens ein Monat bis zum Auftreten der ersten Lymph- kn6tchen verstreichen mug. Die Erfahrungen an den menschlichen F~llen und den Tierversuchen lassen erkennen, dab es sich urn Neubildung yon LymphknStchen handelt, zu deren Entstehungs- bedingungen ein chronischer Entzflndungsprozel3 (PrimArprozef3) geh6rt, auf dessen Boden die Bildung der LymphknOtchen (Sekun- d~rprozeB) vor sich geht. Dieses Auischiel3en yon Lymphkn6tchen, auch an Stellen, an denen normalerweise kein lymphatisches Gewebe vorkommt, zeigt, dab das, was wit lymphatisches System nennen, nicht nur die Oesamtmenge der pr~existenten Lymph- kn6tchen (aktuelle Menge des lymphatischen Systems) ist, sondern dab das in allen Organen vorhandene differenzierungsf~hige Mesenchym (potentielle Menge des lymphatischen Systems) durch Umwandlung in lymphatisches Oewebe jederzeit zu einer Aus- brei tung des lymphatischen Systems fflhren kann. Das Mesenchym kann man in dieser Hinsicht als lymphopotentes Gewebe be- zeichnen. Seine Ausdifferenzierung in lymphatisches Oewebe -- als lymphatische Gewebsreaktion bezeichnet -- kann das gauze lymphatische Syste m oder, wie in dem demonstrierten "Falle, einen nmschriebenen TeiI desselben betreffen. WoLff .