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entwickeln eigene Fantasien. Das Projekt BÜCHER … · dern die faszinierende Welt der Bücher erschließen und mit ihnen in ein grenzenloses Abenteuer eintauchen. ... Kinder im

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Sehr geehrte Kindergartenpädagogin,

sehr geehrte Bibliothekarin, sehr geehrter Bibliothekar!

Bücher eröffnen bereits den Kleinsten die Welt. In ihnen entdecken sie Gegenstände und

Situationen aus ihrem Alltag wieder, durch sie erweitern Kinder ihren Horizont und

entwickeln eigene Fantasien. Das Projekt BÜCHER LEBEN will allen Kindern einen

selbstverständlichen und kreativen Zugang zu und Umgang mit Literatur ermöglichen und

auch die Eltern gezielt in den Prozess der frühen Leseförderung einbeziehen.

Als Bildungsreferent freue ich mich besonders, dass sich so viele Kindergarten-

pädagoginnen und Bibliothekare/innen der Thematik annehmen und die Begegnung und die

aktive Auseinandersetzung mit Kinderliteratur zu einem gemeinsamen kulturellen Anliegen

machen. Mit Ihrem persönlichen Engagement und Ihrer Begeisterung können Sie den Kin-

dern die faszinierende Welt der Bücher erschließen und mit ihnen in ein grenzenloses

Abenteuer eintauchen.

Ich bin überzeugt, dass diese gemeinsamen Abenteuer Kinder in ihrem späteren Lese-

verhalten nachhaltig beeinflussen.

Das vorliegende Projekthandbuch soll Ihnen

l Anregungen für die Umsetzung des Projektes geben

l Informationen über fachliche Inhalte bieten

l Wegweiser für Kontakte mit Autoren sein.

Dr. Josef PühringerLandeshauptmann

LandeshauptmannDr. Josef Pühringer

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Leseförderung darf nicht erst in der Schule

beginnen und darf nicht reduziert werden auf

das Lesen als Technik. Leseförderung soll

beim Kleinkind beginnen. Bibliothekare/innen

und Kindergartenpädagoginnen sind im

Vorschulalter neben den Eltern die wichtig-

sten Vermittler zwischen Buch und Kind. Die

Bibliothek wie der Kindergarten sind Orte der

Begegnung mit Bilderbüchern, wo das Kind

aus einem gut sortierten

Angebot wählen kann, ja

wahllos zugreifen kann und

wo es jemanden gibt, dem

das Kind stolz und voller Er-

wartung mit einem Buch

entgegen gehen kann und

Ansprache und Aufmerk-

samkeit findet.

Attraktive Angebote

In ihrer Studie zu den Lesegewohnheiten

und Leseinteressen der 8- bis 14-Jährigen

in Österreich „Das Lesen in der neuen

Medienlandschaft“ (Studienverlag 2001) de-

finiert Dr. Margit Böck Leseförderung folgen-

dermaßen:

„Ich gehe dabei von einem Verständnis der

Leseförderung als Förderung der Freude am

Lesen und der Lesemotivation aus, die die

Grundlage dafür sind, dass Bücher für Kin-

der und Jugendliche attraktive und selbst-

verständliche Alternativen neben und in der

audiovisuellen und interaktiven Medien-

vielfalt bleiben, deren Funktionspotenziale

sie für ihre Bedürfnisse und Interessen ein-

zusetzen wissen.“

Kinder im Vorschulalter eignen sich die Welt

Im Auftrag der Leseförderung

Die Projektpartner

spielerisch an. Ihre Neugierde macht sie zu

Entdeckern und was sie als spannend erle-

ben, kann ihre Konzentration und Aufmerk-

samkeit lange Zeit beanspruchen. Bruno

Bettelheim verrät im Untertitel zu seinem

Buch „Kinder brauchen Bücher“ (Deutsche

Verlagsanstalt, 1982) bereits den Schlüssel,

der zum Lesen führt: „Lesen lernen durch

Faszination!“

Lange bevor Kinder

selber lesen lernen,

bedarf es der Erfah-

rung dieser Faszinati-

on. Erst wenn sie mit

Zuwendung durch

eine andere Person

einher geht, sind die

Weichen für eine po-

sitive Buchsoziali-

sation gelegt.

Kinder lesen immer weniger! - Unkenrufe wie

dieser haben uns bewogen, mit dem Projekt

BÜCHER LEBEN Impulse zu setzen, wie

Kindergärten und Bibliotheken noch stärker

zu Orten lebendiger Buchbegegnungen wer-

den können. Die Einbindung der Eltern in die-

sen Prozess ist ein wichtiger Schwerpunkt

des Projektes.

Die Projektpartner von BÜCHER LEBEN:

- Österreichisches BibliotheksWerk, Salzburg

- Bibliotheks-Fachstelle der Diözese Linz

- Abteilung Bildung, Jugend und Sport des

Landes Oberösterreich: Kindergarten- und

Hortreferat und Servicestelle für Erwachse-

nenbildung

- Redaktion „Unsere Kinder“

„Du bist mit einem Bilderbuch

zu mir gekommen. Es war das mit dem

Marienkäfer vorne drauf (...).

Du siehst es Dir oft an, und

Mama liest Dir daraus

zum Einschlafen vor.“

(Roberto Cotroneo:Wenn ein Kind an einem Sommermorgen)

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Das Österreichische BibliotheksWerk

Kinder zählen zu den intensivsten Benutzer/

innen Öffentlicher Bibliotheken und sind

daher auch die wichtigste Zielgruppe, der

viel Aufmerksamkeit entgegengebracht

wird: Der Bilderbuchbestand wird gepflegt,

die Präsentation ist kindgerecht und die

Kleinen können sich selbst bedienen. Für

die Mütter gibt es Lesestoff und im

Sachbuchbereich finden sich zahlreiche

Ratgeber für Kinder- und Familienfragen.

Ja, und die Väter rücken immer mehr ins

Bewusstsein, besonders Zeitschriften

werben um sie.

Zudem werden Familien und Kinder durch

die Aktivitäten der Bibliotheken angespro-

chen: Spielevormittage, Vorlesestunden,

Einladung von Eltern-Kind-Gruppen u.a.m.

Das Österreichische BibliotheksWerk un-

terstützt österreichweit etwa 1000 Öffentli-

che Bibliotheken katholischer Träger mit

ihren gut 5000 zumeist ehrenamtlichen Bi-

bliothekaren/innen in ihrer Arbeit. Die Be-

reiche Beratung, Bildung, Förderung und

Vertretung kennzeichnen unsere Aufga-

bengebiete:

1. Beratung

Mit der Herausgabe von Österreichs um-

fangreichster Fachzeitschrift für Bibliothe-

ken, den bn.bibliotheksnachrichten, bringt

das ÖBW in fünf Ausgaben pro Jahr Impul-

se, Informationen und vor allem beinahe

2000 Rezensionen jährlich.

Die Homepage www.biblio.at sorgt für ra-

sche und breite Orientierung in der Welt der

Bücher und Bibliotheken. Die Datenbank

www.rezensionen.at bietet eine effektive

Buchrecherche. Der Datenpool umfasst

neben den Besprechungen der bn Rezen-

sionen von fünf weiteren Besprechungs-

diensten (z.B. der Fachzeitschrift „Unsere

Kinder“).

2. Bildung

Wir engagieren uns gemeinsam mit dem

Büchereiverband Österreichs (BVÖ) und

dem Bundesministerium für Bildung, Wis-

senschaft und Kultur (BMBWK) in der Aus-

bildung ehrenamtlicher und nebenberufli-

cher Bibliothekare/innen. In Projekten legen

wir einen Schwerpunkt auf Mitarbeiter/in-

nen-Bildung und bieten neben Medien und

Materialien auch Fortbildungen an.

3. Förderung

Wir fördern Mitgliedsbibliotheken durch

Weitergabe von Subventionen der Öster-

reichischen Bischofskonferenz und des

BMBWK. Durch Projekte setzen wir Impul-

se in der Bibliotheksarbeit und regen Initia-

tiven zur Leseförderung an. Die Kooperati-

on mit Partnern auf nationaler und europäi-

scher Ebene wird immer wichtiger.

4. Vertretung

Wir vertreten die Mitgliedsbibliotheken auf

gesamtösterreichischer Ebene im BVÖ und

in der katholischen Erwachsenenbildung

sowie gegenüber dem BMBWK und politi-

schen Verantwortungsträgern.

Österreichisches BibliotheksWerk

Elisabethstraße 10, 5020 Salzburg

Tel. +43/662/881866; Fax DW -6

[email protected]

www.biblio.at

www.biblio.at/projekte

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Kinder haben heute ein so großes Ange-

bot an Möglichkeiten, sich zu beschäftigen

wie noch nie. Damit das Lesen eine attrak-

tive Möglichkeit bleibt, kommt es darauf an,

das Lesen selbst als Erlebnis erfahrbar zu

machen.

Wenn wir als Diözesane Bibliotheks-Fach-

stelle das Projekt BÜCHER LEBEN als

Partnereinrichtung mitgestalten, tun wir

das, weil wir das Interesse am und die Lie-

be zum Lesen fördern und weitergeben

wollen.

Die Bibliotheks-Fachstelle der Diözese Linz

ist eine Servicestelle, die sich um die ca.

220 Öffentlichen Bibliotheken kirchlicher

(Mit-) Träger kümmert und ist mit drei von

der Diözese angestellten Personen (eine

Ganztags- und zwei Halbtagsstellen) be-

setzt. Gemeinsam mit einem ehrenamtlich

tätigen Vorstand beraten wir grundlegen-

de Linien der bibliothekarischen Bildungs-

arbeit in der Diözese. Die Vorstandsmitglie-

der sind gleichzeitig Regionalvertreter, die

in ihren Regionen Treffen zum Erfahrungs-

austausch und zur gemeinsamen Planung

organisieren und Beratungstätigkeit über-

nehmen.

Angebote der Fachstelle für die ehrenamt-

lichen Bibliothekare/innen:

l Aus- und Weiterbildung: Wichtig sind die

Einführungskurse in EDV-Bibliotheks-

verwaltungssysteme. Die Fachstelle en-

gagiert sich in der Ausbildung und arbei-

tet mit beim dreiteiligen Grund-Kurs (de-

zentrale Ausbildung), in dem bibliotheka-

risches Grundwissen vermittelt wird.

l Die jährlich stattfindende Jahrestagung

steht jeweils unter einem für Bibliotheken

relevanten Thema, z.B. „Sachbücher für

Kinder und Jugendliche“ im März 2001.

l Ein weiterer Schwerpunkt der Fachstelle

ist die individuelle Beratung, besonders

bei Reorganisation oder Neugründung ei-

ner Bibliothek. Die Fachstelle ist zustän-

dig für Fragen der Einrichtung, der Hard-

und Software im Verwaltungsbereich und

des Bestandsaufbaus sowie für Beratung

in inhaltlicher Hinsicht.

l Die Bibliotheks-Fachstelle vertritt die Öf-

fentlichen Bibliotheken kirchlicher Träger

gegenüber dem Büchereiverband und

dem Österreichischen BibliotheksWerk

sowie gegenüber Bund und Land und ist

Mitglied im Erwachsenenbildungsforum

des Landes Oberösterreich. 54 Öffentli-

che Bibliotheken kirchlicher und koope-

rativer Träger führen bereits das

Qualitätssiegel des EB-Forums.

Last but not least vergibt die Fachstelle

auch Förderungsmittel der Diözese Linz.

Aus der Statistik:

Die Öffentlichen Bibliotheken kirchlicher

Träger in OÖ zählen knapp 400.000 Besu-

cher/innen und tätigen eine Million Entleh-

nungen pro Jahr!

Bibliotheks-Fachstelle der Diözese Linz

Kapuzinerstraße 55, 4021 Linz

Tel. +43/732/7610-3283; Fax DW-3288

[email protected]

www.dioezese-linz.at/bibliotheken

Team: Mag. Maria Fellinger-Hauer

Mag. Christian Dandl

Elfie Zugsberger

Die Bibliotheks-Fachstelle der Diözese Linz

www.dioezese-linz.at/bibliotheken

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Kindergarten- und Hortreferat

Das Kindergarten- und Hortreferat unter-

stützt die Kindergarten- und Hort-

verantwortlichen bei der Verbesserung der

organisatorischen, pädagogischen und

strukturellen Rahmenbedingungen und legt

die Qualitätsstandards fest.

l Wir prüfen die Voraussetzungen für die

Errichtung von Kindergärten und Horten,

die räumliche Situation und die Eignung

des Personals.

l Wir fördern den Personalaufwand, die

Fortbildung des Personals, den Bau, die

Ausstattung, den laufenden Betrieb und

die Kindergartenfreifahrt.

l Wir führen die fachliche Aufsicht über die

Kindergärten und Horte.

l Wir informieren Erhalter und Personal,

aber auch die Eltern in rechtlichen, finan-

ziellen und pädagogischen Fragen.

l Wir organisieren Fortbildungsveranstal-

tungen für Kindergärtnerinnen, Hort-

erzieher/innen und Helferinnen.

l Wir verleihen an interessiertes Kinder-

garten- und Hortpersonal Fachbücher,

Kinderbücher und Fachzeitschriften.

l Wir wirken an der Qualitätsverbesserung

in Kindergärten und Horten mit.

Servicestelle fürErwachsenenbildung

Die Servicestelle für Erwachsenenbildung

ist neben anderen Aufgabenbereichen für

die Öffentlichen Bibliotheken in Oberöster-

reich zuständig. Im Land Oberösterreich

gibt es 501 Öffentliche und Schul-Bibliothe-

ken, deren Träger Pfarren und/oder Ge-

meinden sind.

l Wir fördern den Buchankauf und die Ein-

richtungsausstattung von Öffentlichen

Bibliotheken nach den Bibliotheksricht-

linien.

l Unsere Schwerpunkte im Bibliothekswe-

sen:

- Förderung von EDV-Arbeitsplätzen

für Bibliothekare und für Bibliotheks-

benutzer/innen

- Kinderbuchpaket

- Bibliotheksentwicklungsplan

- Controlling: Erhebung der Zufrieden-

heit der Bibliothekare/innen bzw. der

Bibliotheksbenutzer/innen in Ober-

österreich

- Regelung und Bezahlung der

Bibliothekstantiemen für die Oö.

Bibliotheken

- Bibliothekstag

- Informationsveranstaltungen für Bi-

bliothekare/innen

Abteilung Bildung, Jugend und Sportdes Landes Oberösterreich:

www.ooe.gv.at

Abteilung Bildung, Jugend und SportWaltherstraße 24, 4021 LinzTel. +43/732/7720-5526 bzw. 5513; Fax. DW [email protected]

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„Welt der Geschichten“ nennt der Psycho-

loge Daniel Stern die Entwicklungsphase,

in der sich Kinder im Kindergartenalter be-

finden und meint das Entstehen der Fähig-

keit, aus Handlungsabläufen Geschichten

abzuleiten, die uns das Wahrgenommene

logisch erscheinen lassen. Geschichten,

die verschiedene Details zu einem Ganzen

zusammenfassen, geben Halt und Orien-

tierung. Sie erleichtern uns die Welt zu ver-

stehen, uns einzufühlen, Ursachen und Wir-

kungen zu begreifen, die Konsequenzen ei-

gener oder anderer Handlungen abzuschät-

zen. Wen wundert also, dass Kinder Ge-

schichten mögen?

„Unsere Kinder“, die einzige österreichische

Fachzeitschrift für Kindergarten- und

Kleinkindpädagogik, bietet ihren Lesern/in-

nen seit ihrer Gründung vor mehr als 75

Jahren auch Buchbesprechungen an. Die-

ses Service haben wir im Jahr 1996 ver-

stärkt, als wir unsere – heute nicht mehr

wegzudenkenden – „Sonderseiten: Buch-

besprechungen“ einführten: vier Seiten voll

mit Rezensionen in der Mitte jedes Heftes.

Ab Jänner 2002 werden alle unsere Re-

zensionen seit 1995 über die Online-

Rezensionsdatenbank des Österreichischen

BibliotheksWerks (www.rezensionen.at)

verfügbar sein. Suchergebnisse, die früher

mühsam erblättert werden mussten, gibt es

nun auf Knopfdruck!

Bücher sind Geschmackssache – und das

ist gut so. Hunderte Bilderbücher sind in den

letzten Jahren durch meine Hände gegan-

gen, doch nur wenige von ihnen sprechen

Redaktion „Unsere Kinder“

mich wirklich an. Ich kann mich in Formu-

lierungen verlieben, in Wortmelodien und

Sprachrhythmen, Illustrationen und Details

sowie in die Weise, wie bestimmte Themen

aufgegriffen und bearbeitet werden. Doch

erst wenn das ganze Buch hält, was das

Detail verspricht, bei dem meine Faszinati-

on begonnen hat, ist es um mich gesche-

hen. Ich teile meine Lieblingsbücher mit an-

deren und es entstehen Geschichten mit

den Geschichten. Erst durch die Geschich-

ten, die sich im Beziehungsfeld ereignen,

das zwischen den Kindern, dem Buch und

mir entsteht, erlebe ich die Kinder, das Buch

und mich immer wieder neu.

Dass Bücher leben, heißt für mich: In Bü-

chern steckt Leben, im Kontakt mit Büchern

wird in Lesern/innen viel zum Leben erweckt

und zwischen denen, die Bücher gemeinsam

erleben, wird vieles lebendig. Mit unserer

Teilnahme am Projekt BÜCHER LEBEN

wollen wir Sie ermuntern sich - auch in Ko-

operation zwischen Kindergärten und Bi-

bliotheken - mit den Ihnen anvertrauten El-

tern und Kindern auf Entdeckungsreise in

die Welt der Bücher zu begeben. Wenn Kin-

der dieses Land erst einmal kennen und

lieben gelernt haben, werden sie sich spä-

ter auch alleine in die Welt der Geschich-

ten aufmachen, sich dort gut zurechtfinden,

vielleicht sogar ein paar Freunde finden

oder auch Begleiter mitnehmen.

Redaktion „Unsere Kinder“

Kapuzinerstraße 84, 4021 Linz

Tel. +43/732/7610-2091; Fax DW -2099

[email protected]

Dr. Judith Reimitz-Filipic

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Studien beweisen immer wieder, dass Le-

serinnen und Leser die fantasievolleren

und problemlösungsorientierteren Men-

schen sind, die besser im Leben zurecht

kommen. Eine positive Beziehung zum

Buch kann daher nicht früh genug begin-

nen.

Kindergartenpädagoginnen und Bibliothe-

kare/innen stehen vor der Herausforde-

rung, Kindern Begegnungen mit Geschich-

ten und Büchern zu ermöglichen. Ihre Ver-

mittlerrolle zwischen Kind und Buch ist von

unschätzbarem Wert und wegweisend für

die Lesebiografie unserer zukünftigen Le-

ser/innen.

Früher Start ins Leseleben

Je früher Kinder die Faszination der Ge-

schichten spüren und die Welt der Bücher

kennen lernen, je lustvoller der Zugang zu

Büchern und je intensiver der Kontakt zu

den vermittelnden Personen ist, desto

wahrscheinlicher ist es, dass sie sich zu

Leserinnen und Lesern entwickeln, die den

Anforderungen der modernen Informati-

onsgesellschaft gewachsen sind und mit

Fantasie an Lösungen herangehen kön-

nen.

In Österreich gibt es laut einer Schätzung

der UNESCO ca. 300.000, in Oberöster-

reich mehr als 30.000 Analphabeten. Früh

einsetzende Leseförderung ist ein Weg in

die richtige Richtung.

Das Medium Buch

bleibt unverzichtbar

In der wachsenden me-

dialen Vielfalt und der

wachsenden Angebots-

menge ist es für die heranwachsende Ge-

neration zunehmend wichtig, Kompetenzen

im Umgang mit Kommunikation und Medi-

en zu erwerben. Durch die Medienvielfalt

treten die unterschiedlichen Funktions-

potenziale der einzelnen Medien deutlicher

hervor.

Beim Buch zeichnet sich diese Entwicklung

z.B. am Trend hin zur qualifizierenden Lek-

türe ab. Der hohe Eigenanteil, der in die

lesende Erschließung von Inhalten einfließt

und auch die „Langsamkeit“ des Lesens,

die ein höheres Ausmaß an Reflexion er-

laubt als z.B. die Bilderflut des Fernsehens,

machen das Buch auch in der „computer-

gesteuerten Welt“ unverzichtbar.

Zentraler Stellenwert für Leseförderung

Der langfristige mediale Wandel darf aber

nicht übersehen und unterschätzt werden.

Die Funktionen der einzelnen Medien wer-

den sich längerfristig verschieben. Die

Leseförderung muss daher einen zentra-

len Stellenwert einnehmen, um die Kinder

auf die Leseanforderungen vorzubereiten.

Die Schrift ist für das Leben gerade in ei-

ner Informations- und Kommunikations-

gesellschaft enorm bedeutsam.

BÜCHER LEBENEin Projekt zur Förderung der Zusammenarbeit vonKindergärten und Öffentlichen Bibliotheken

Lesen,das ist wie

Reisen.Willi Fährmann

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Bücher brauchen Vermittlung

Bücher erschließen sich nicht von selbst,

sie brauchen die Vermittlung. Kindergarten-

pädagoginnen und Bibliothekare/innen sind

neben den Eltern die wichtigsten Bezugs-

personen, die eine positive Beziehung zwi-

schen Buch und Kind herstellen.

Die Projektinitiatoren von BÜCHER LEBEN

laden rund 700 Kindergärten mit 2.220

Kindergartenpädagoginnen und etwa 300

Öffentliche Bibliotheken mit ihren fast 2.300

vorwiegend ehrenamtlichen Mitarbeiter/in-

nen ein, diese Vermittlerrolle verstärkt wahr-

zunehmen und sich gemeinsam für eine

barrierefreie und lustvolle Frühlese-

förderung einzusetzen, die auch die Eltern

einbezieht.

Vorlesen und Erzählen schafft

Beziehung zum Buch

Kinder lieben es, wenn ihnen die Kinder-

gärtnerin oder die Bibliothekarin bzw. der

Bibliothekar ein Bilderbuch vorliest. Daher

steht im Mittelpunkt des Projektes BÜCHER

LEBEN der beziehungsstiftende Aspekt des

Erzählens und Vorlesens.

Ca. 90 Kindergartenpädagoginnen und Bi-

bliothekare/innen haben im Mai und Juni

2001 in gemeinsamen Seminaren die Lust

am Vorlesen und Erzählen erlebt und sind

sich näher gekommen. Die professionelle

Märchenerzählerin Karin Tscholl gab Tipps

und Tricks für die Praxis, regte die Teilneh-

mer/innen an, ihre Erzählkünste selber aus-

zuprobieren und verzauberte durch ihre Art,

Märchen zu erzählen.

An einem gemeinsamen Strang ziehen:

Die Projektziele

1.Kindergärten und Bibliotheken sind zur

Zusammenarbeit eingeladen. Denn ge-

meinsam lassen sich Ziele leichter ver-

wirklichen als allein. Neue Kooperationen

werden entstehen, bereits bestehende

Kontakte werden vertieft.

Die Formen der Kooperation können viel-

fältig sein:

- Kindergärten nutzen den Buchbestand

der Bibliotheken und integrieren

Bibliotheksbesuche in den Kinder-

gartenalltag.

- Bibliothekare/innen informieren den

Kindergarten über ihren Medien-

bestand, sie nehmen Buchwünsche der

Kindergartenpädagoginnen auf und

stellen dem Kindergarten den Bestand

gebührenfrei zur Verfügung.

- Bei Veranstaltungen des Kindergartens

ist die Bibliothek mit Büchertischen und

Buchvorstellungen präsent.

- Lesefeste, Spielevormittage oder

Autorenbegegnungen werden gemein-

sam geplant und durchgeführt.

- Gemeinsam werden die Eltern in Lese-

förderungsschwerpunkte einbezogen.

- Kindergärten und Bibliotheken werden

durch die Zusammenarbeit Synergien

nutzen und ihre gemeinsamen Anliegen

erfolgreich umsetzen können.

2.Kindergärten und Öffentliche Bibliotheken

können gemeinsam Strukturen eines lust-

vollen Umgangs mit Büchern schaffen,

die es allen Kindern - auch jenen, die nicht

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aus „Buchfamilien“ stammen - möglich

macht, die Welt der Bücher kennen zu

lernen.

Ein zukunftsweisendes Projekt

1.Grundlagenforschung:

Die Projektinitiatoren haben in einer Be-

fragung erhoben, wie viele Kindergärten

und Bibliotheken bereits zusammenarbei-

ten und wie häufig sie das tun. Darüber

hinaus gibt es Aussagen über die For-

men der Zusammenarbeit und darüber,

was für zielführende Kooperationen be-

nötigt wird und was angeboten werden

soll.

Die Ergebnisse der Befragung sind wich-

tig, um Maßnahmen zur Realisierung der

Rahmenbedingungen einer dauerhaften

und daher zukunftsweisenden Vernet-

zung zwischen Kindergärten und Biblio-

theken begründen zu können.

2.Gemeinsame Seminare für Kindergarten-

pädagoginnen und Bibliothekare/innen:

Es entstand ein Austausch zwischen

Kindergartenpädagoginnen und Bibliothe-

karen/innen und neue Impulse für eine

gelungene Kooperation wurden gegeben.

3.Materialien im Projektrucksack:

Zur leichteren Umsetzung des Projekts

BÜCHER LEBEN werden zahlreiche Ma-

terialien in einem Projektrucksack ange-

boten:

- Projekthandbuch

- Buchlisten

- Buch - Partner des Kindes. 7. und völlig

neu überarbeitete Ausgabe. Wien:

oebv, 1998.

- Fachzeitschriften:

bn.bibliotheksnachrichten, Unsere Kin-

der, 1001 Buch

4.Aktion Kinderbuchpaket des Landes OÖ:

Die oberösterreichischen Öffentlichen Bi-

bliotheken können sich an der Aktion

Kinderbuchpaket für Kindergarten- und

Volksschulkinder beteiligen. Der Ankauf

von Bilder- und Kinderbüchern wird mit

80 % der Anschaffungskosten von maxi-

mal S 5.000,— (d.h. maximale Landes-

förderung S 4.000,—) pro Jahr gefördert.

Voraussetzung ist, dass der Medien-

bestand auch dem Kindergarten bzw. der

Volksschule zugänglich ist.

Zeitrahmen

Ab Oktober 2001 werden Kooperationen

zwischen Kindergärten und Öffentlichen Bi-

bliotheken gebildet bzw. intensiviert, ge-

meinsame Projektinhalte und -ziele werden

umgesetzt. Die Projektinitiatoren beraten

die Kindergärten und Bibliotheken, die am

Projekt BÜCHER LEBEN teilnehmen.

Für den Herbst 2002 sind weitere Fortbil-

dungsveranstaltungen und eine Projekt-

präsentation geplant.

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Erdmuth Peham ist Bibliothekarin der Öffent-

lichen Bibliothek der Pfarre Grieskirchen. Seit

vier Jahren arbeitet sie mit den Kindergärten

der Stadt zusammen.

Was hat Sie dazu bewogen, mit Kinder-

gärten zu kooperieren?

Auf meinem Weg in die Bibliothek radle ich

am Kindergarten der Borromäerinnen vor-

bei, in den auch mein Sohn gegangen ist.

Ich kenne die Kindergartenpädagoginnen

und habe einfach einmal erzählt, dass ich

in der Bibliothek einen schönen Bilderbuch-

bestand habe, den ich gerne auch den Kin-

dern im Kindergarten zur Verfügung stel-

len würde.

Wie hat sich der Kontakt entwickelt?

Es war unkompliziert, ich bin mit Büchern

in den Kindergarten gekommen und habe

vorgelesen. Obwohl die Initiative von mir

ausgegangen ist, habe ich in Sr. Elisabeth

eine engagierte Partnerin. Wenn im Kinder-

garten Schwerpunktthemen besprochen

werden, holt sie sich Bücher bei mir.

Sie halten bereits mit vier Kindergärten

Kontakt. Wie ist das möglich?

Ich bin davon überzeugt, dass die ersten

Leseerlebnisse der Kinder lustvoll sein

müssen, weil das für’s weitere Leben prägt.

Ich liebe Kinder und Bücher und wähle zum

Vorlesen Texte aus, von denen ich selber

begeistert bin. Natürlich habe ich auch ein

bibliothekarisches Interesse. Ich möchte,

meinen Medienbestand unter die Leut’,

also unter die Kinder, bringen. Ich tu das

gerne und nachdem ich alle Kindergarten-

pädagoginnen persönlich gut kenne, ist das

nicht so schwierig.

Weil ich Kinder und Bücher liebe

Eine Bibliothekarin im Kindergarten

Ist diese Rechnung aufgegangen?

Ja. Ich erreiche sehr viele Kinder. Ich gebe

ihnen eine Einladung in die Bibliothek für

ihre Eltern mit. Die Rentabilität ist bei den

Volkschulkindern zwar größer, da kommen

hinterher mehr Kinder mit ihren Eltern in die

Bibliothek. Bei den Kindergartenkindern

muss die Initiative der Eltern sehr stark sein,

damit sie in die Bibliothek kommen.

Wie sind die Reaktionen der Eltern?

Durchaus positiv, aber nicht sehr intensiv.

Wie sind die Reaktionen der Kinder-

gartenerhalter und des Trägers Ihrer Biblio-

thek?

Grundsätzlich sind alle sehr positiv einge-

stellt. Ich gehe ja auch in einen Kindergar-

ten der Nachbargemeinde. Der Bürgermei-

ster von Schlüsselberg gewährt jährlich

eine Förderung, damit ich den Buchbestand

in seinem Gemeindekindergarten präsen-

tiere und nutzbar mache. Der Träger mei-

ner Bibliothek ist der Pfarrer und er ist mit

uns sehr zufrieden. Wir erhalten Anerken-

nung für die vielen Initiativen, die wir star-

ten. Dass wir mit vier Kindergärten zusam-

menarbeiten, ist ihm, glaube ich, gar nicht

so bewusst. Die Öffentlichkeitsarbeit ist

mein Schwachpunkt. Wir dokumentieren

aber schon alle Veranstaltungen in Wort

und Bild in einer Art Bibliothekstagebuch.

Die Motivation zum Weitermachen?

Die Arbeit mit Kindern ist so bereichernd

für mich selbst, es macht Freude. Einmal

habe ich z.B. unter einem blühenden

Kirschbaum vorgelesen - die Erfahrungen

mit den Kindern sind meine Motivation.

Martina Lainer im Gespräch mit Erdmuth Peham

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Wozu das Ganze?

Am Anfang war für alle Projektpartner klar,

dass es sehr wichtig ist, Kindern schon in

jüngsten Jahren Zugang zum Buch zu ver-

schaffen. Jeder der Beteiligten wusste auch

von Bibliotheken oder Kindergärten zu erzäh-

len, wie hier und dort Kooperationen zustan-

de kamen, was so alles schon gemacht

wurde und ebenso gab es genug Ideen, was

gemacht werden könnte und toll wäre.

Aber was ist wirklich Stand der Dinge in

Oberösterreichs Bibliotheken und Kinder-

gärten? Kann man aus einigen Erfahrungs-

berichten Rückschlüsse auf 288 Öffentliche

Bibliotheken und 718 Kindergärten1 ziehen?

Aus der Gefahr einerseits, das Rad neu zu

erfinden, oder andererseits die Latte viel zu

hoch anzulegen entstand die Idee, eine

Umfrage unter allen betroffenen Einrichtun-

gen zu machen, um zu sehen, wo Kinder-

gärten und Bibliotheken heute wirklich ste-

hen. Die Auswertung der Fragebögen sollte

dann die Basis für die konkreten Zielset-

zungen und weiteren Vorgangsweisen im

Projekt sein.

Was gefragt wurde?

Der erste Teil des Fragebogens bezog sich

auf das äußere Umfeld und die Rahmen-

bedingungen der jeweiligen Einrichtungen.

Wer ist Träger bzw. Erhalter der Einrich-

tung? Wie groß ist sie? Wie sind die Öff-

nungszeiten? Wie groß ist der Buchbestand

für Kinder bis 6 Jahre? Gibt es einen mög-

lichen Kooperationspartner im Einzugsbe-

reich und wie groß ist die Entfernung zwi-

schen den beiden Einrichtungen? Gibt es

eine/n Bibliothekar/in die sich speziell um

die Kinderbücher kümmert und gibt es be-

sondere Angebote und Veranstaltungen für

diese Zielgruppe?

Im zweiten Teil wurden Fragen darauf ab-

gestimmt, ob Einrichtungen bereits zusam-

menarbeiten oder nicht. Einerseits stand die

Dauer und Häufigkeit der Kontakte, die

Hauptgründe für die Kooperation und die

bisher praktizierten Formen der Kooperati-

on im Mittelpunkt. Andererseits gaben Ein-

richtungen an, warum keine Kooperationen

zustande kamen und ob sie generell Inter-

esse an einer Zusammenarbeit hätten.

Abschließend konnten die Befragten angeben

ob sie weiter kooperieren möchten, was für

eine Zusammenarbeit hilfreich wäre und wel-

che Ideen sie in Zukunft realisieren möchten.

Was zurück kam?

Der Rücklauf von 44,7% lässt sichere Rück-

schlüsse auf die konkrete Situation in den

Kindergärten und Bibliotheken Oberöster-

reichs zu. Die Befragung ergab einen in-

teressanten Einblick in die vielfältigen For-

men der Zusammenarbeit und zeigte auf,

wo Veränderungen notwendig sind. Aus

insgesamt 718 Kindergärten Oberöster-

reichs kamen 327 (45,5%) Anworten zu-

rück und von 288 Öffentlichen Bibliotheken

retournierten 123 (42,7%) den Fragebogen.

Das Projektteam dankt allen die bei der

Umfrage mitgemacht haben, für ihre Un-

terstützung.

Unsere Fragen – Ihre Antworten

Umfrage unter 1006 Kindergärten und Bibliotheken

Christian Dandl

1 d.i. die Anzahl der oö. Kindergärten und Exposituren

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Wie viel wird kooperiert?

Fast die Hälfte aller Kindergärten (49,2%)

haben bereits Kontakt mit einer Bibliothek

und dies schon mehr als 5 Jahre, wobei

die Initiative, so die Angaben, meist vom

Kindergarten ausging. Über Dreiviertel

(78,3%) der Bibliotheken arbeiten mit einem

Kindergarten zusammen - zumeist mehr als

5 Jahre! Die Kontaktaufnahme ging über-

wiegend von den Bibliotheken aus.

Die wesentlich höhere Zahl von Koopera-

tionen bei den Bibliotheken hat ihren Grund

in der ungleichen Gesamtzahl von Kinder-

gärten und Bibliotheken in Oberösterreich.

288 Bibliotheken stehen 718 Kindergärten1

gegenüber. Hat jede Bibliothek einen Ko-

operationspartner, bleiben noch immer 430

Kindergärten übrig, oder umgekehrt müsste

jede Bibliothek mit 2-3 Kindergärten zusam-

menarbeiten, damit alle kooperieren kön-

nen. Die Angabe beider Seiten, Initiatoren

der Zusammenarbeit zu sein, lässt sich er-

klären durch die langjährigen gemeinsamen

Aktivitäten, wo nicht mehr genau bekannt

ist, wer letztlich den Anstoß gegeben hat

bzw. kann der Start tatsächlich gemeinsam

geschehen sein. Es zeigt aber sicher von

einer positiven Einstellung beider Seiten zur

Kooperation und vom Bewusstsein selbst

aktiver Teil des Geschehens zu sein. Die-

se Angaben korrespondieren auch mit der

höchst erfreulichen Tatsache, dass mehr

als 90% aller Befragten angeben, die Zu-

sammenarbeit fortsetzen zu wollen.

Wie oft wird kooperiert?

Die Bandbreite reicht von wöchentlichen

Kontakten (5-8%) bis zu einer einzigen

Zusammenkunft pro Jahr (12-17%), beides

aber eher seltene Formen. Eindeutiger Spit-

zenreiter, wie die Diagramme zeigen, sind

Kontakte die mehrmals im Jahr stattfinden

(ca. 40 %), meist zu einem konkreten

Anlass, aber ohne Regelmäßigkeit. Ein Ver-

gleich beider Diagramme zeigt, dass sich

die Angaben von Kindergärten und Biblio-

theken zur Häufigkeit der Kontakte fast

decken. Eigene Angaben bezogen sich

häufig auf spezielle Projekte, die nur ein-

mal oder zweimal im Jahr stattfinden, aber

sich oft über einen längeren Zeitraum er-

strecken.

Warum kooperiert wird?

Pädagogische Gründe, Eigeninteressen

der jeweiligen Einrichtung und wirtschaftli-

che Faktoren sind die Hauptmotive für Ko-

operationen zwischen Kindergarten und Bi-

bliothek. Während bei den Bibliotheken er-

stere überwogen, war den Kindergärten

Häufigkeit der KontakteBibliotheken

5

18

38

16 16

0

5

10

15

20

25

30

35

40

94 Kooperationen

Einmal proWo c he (5,3%)

Einmal proMo nat (19,1%)

Einige Male proJ ahr (40,4%)

Einmal pro J ahr(17,0%)

Eigene Angabe n(17,0%)

Häufigkeit der KontakteKindergärten

13

30

67

20

29

0

10

20

30

40

50

60

70

80

159 Kooperationen

Einmal proWo che (8,2%)

Einmal proMo nat (18,9%)

Einige Male proJ ahr (42,1%)

Einmal pro J ahr(12,6%)

Eigene Angaben(18,2%)

14

besonders wichtig, das eigene Buchan-

gebot zu verbessern. Beide Partner haben

großes Interesse Kindern einen positiven

Zugang zu und Umgang mit Büchern zu

vermitteln, sehen aber in der Kooperation

auch einen Vorteil für die eigene Einrich-

tung und das sowohl in ideeller als auch in

materieller Hinsicht.

Während sich der Kindergarten konkret

eine Kostenersparnis durch die Benützung

der Bibliothek erwartet, sieht diese ihren

Vorteil in einer, auch nachhaltigen Vergrö-

ßerung der Zahl der Bibliotheksbenutzer/

innen. Wie auch einschlägige Untersuchun-

gen bestätigen, gehören Menschen, die

schon in den ersten Lebensjahren Umgang

mit Büchern haben, zu denen, die auch spä-

ter regelmäßig zum Buch greifen. Außer-

dem kann man über Kinder auch Eltern er-

reichen. Damit verbunden ist eine Erhöhung

der Entlehnzahlen, was nicht nur für das

Renommee der Bibliothek wichtig ist, son-

dern auch das Budget der Bibliothek ver-

bessert. Neben diesen Faktoren wurde

auch der persönliche Kontakt zwischen

Bibliotheksmitarbeitern/innen und

Kindergartenpädagoginnen als ausschlag-

gebender Faktor für eine Kooperation ge-

nannt und darf als tragendes Element nicht

unterschätzt werden.

Warum nicht kooperiert wird?

Meist sind es äußere Faktoren, die eine Zu-

sammenarbeit von Kindergarten und Biblio-

thek verhindern. Seitens des Kindergartens

werden an erster Stelle die ungünstigen Öff-

nungszeiten der Bibliothek, und die große

Entfernung zwischen den Einrichtungen ge-

nannt. Bibliotheken beklagen mangelnde

Räumlichkeiten und Zeitmangel, was auf die

großteils ehrenamtlich durchgeführte

Bibliotheksarbeit zurückzuführen ist. Darüber

hinaus spielt der Buchbestand beider Koope-

rationspartner eine wichtige Rolle. Ein über-

durchschnittlich großes Kinderbuchangebot

des Kindergartens ist einer Kooperation

ebenso abträglich wie ein geringer für diese

Zielgruppe geeigneter Buchbestand der Bi-

bliothek, wie beide Seiten übereinstimmend

angeben.

Schließlich gibt es auch Kindergärten und

Bibliotheken, die an einer Zusammenarbeit

generell kein Interesse oder einfach diese

Möglichkeit noch nie in Betracht gezogen

haben. In der Regel jedoch sind auch jene

Einrichtungen, die noch nie zusammen ge-

arbeitet haben, an einer Kooperation inter-

essiert.

Was bereits gemacht wird?

Meist besuchen die Kinder des Kindergar-

tens die örtliche Bibliothek, borgen sich

Bücher und Spiele aus oder werden um-

gekehrt von der Bibliothek direkt im Kinder-

garten mit diesen versorgt. Auch spezielle

Veranstaltungen für Kinder, wie Autorenle-

sungen, Buchausstellungen, Bilderbuchkino

Kooperationsgründe

Pädagogische Gründe:· Bei Kindern Interesse an Büchern und

Leselust wecken· Positive Beziehung zu Büchern fördern· Kinder sollen die Bibliothek als öffent-

liche Einrichtung kennen lernen.

Eigeninteresse:· Große Auswahl, Vielfalt und Aktualität

der Bibliothek nutzen· Bereicherung der Kindergarten-

bibliothek mit Büchern zu Themen-schwerpunkten

· Medienvielfalt der Bibliothek anbieten· Bekanntheit der Bibliothek steigern

Wirtschaftliche Gründe:· Ersparnis für den Kindergarten· Entlehnzahlen der Bibliothek steigern· Neue Lesergruppen gewinnen

15

oder Lesefeste werden von den Kindergär-

ten gerne wahr genommen. Manche Biblio-

theken schicken einen Bücherbus in den Kin-

dergarten, bieten gratis Entlehnungen für die

Kinder an, beraten die Pädagoginnen bei der

Buchauswahl oder führen den Bilderbuch-

ankauf für den Kindergarten durch. Nicht ver-

gessen werden soll der gegenseitige Infor-

mationsaustausch als ein wichtiger Faktor

für gelungene Kooperationen.

Was gemacht werden könnte?

Ideen, die in manchen Kindergärten und

Bibliotheken schon verwirklicht sind, stehen

bei anderen Einrichtungen noch auf der

Wunschliste. So ist es auch zu erklären, dass

vieles, was oben als bereits verwirklicht ge-

nannt wurde, in der Rubrik „Was wir gemein-

sam machen möchten“ wieder auftaucht.

Klar zu Tage getreten ist der beiderseitige

Wunsch Veranstaltungen gemeinsam

durchzuführen, wobei die Kindergärten dies

gerne in der Bibliothek machen würden.

Neben den gängigen Kooperationsformen

wünschen sich Kindergärten von Bibliothe-

ken auf sie abgestimmte Verleihzeiten,

Verleihdauer und Verleihgebühren, Buch-

präsentationen, spielerisches Gestalten

von Bilderbüchern, regelmäßigen Mei-

nungsaustausch und gemeinsame Eltern-

arbeit. Letzteres deckt sich auch mit einem

Wunsch der Bibliotheken, weil letztlich die

Kinder dieser Altersstufe nur über ihre El-

tern für die Bibliothek erreichbar sind. Ei-

nerseits kommen sie nur in ihrer Begleitung

in die Bibliothek und andererseits darf die

Vorbildwirkung Erwachsener nicht unter-

schätzt werden. Gemeinsame Elternarbeit

ist so Unterstützung für den Kindergarten

im Bereich Kinderliteratur und deren Ver-

mittlung und öffnet der Bibliothek den Zu-

gang zu einer breiten Bevölkerungsschicht

sowohl bei Kindern als auch Erwachsenen.

Bibliotheken möchten mit Kindergärten Mär-

chenstunden, Spielenachmittage oder Feste

gestalten und können Spiele, Buchpakete

oder einen Bilderbuchrucksack anbieten.

Was Kooperationen fördert?

Wie ein roter Faden zieht sich die Frage

der Öffnungszeiten und der Entfernung der

beiden Einrichtungen. Kindergärten sind

darauf angewiesen, dass die Bibliothek

leicht erreichbar ist und sich die Öffnungs-

zeiten beider Institutionen überschneiden,

was auch in der Tatsache, dass Kindergär-

ten mit starkem Nachmittagsbesuch we-

sentlich häufiger kooperieren, Ausdruck

fand. Äußere Faktoren und die Rahmen-

bedingungen der Kooperationspartner ste-

hen im Vordergrund der Angabe auf die

Frage, was helfen würde, Kooperationen

aufzubauen oder zu verbessern.

Im Gegensatz zu mehr Geld, Zeit, Perso-

nal oder besserer Ausstattung steht aber

der an erster Stelle rangierende Wunsch

der Bibliotheken nach mehr Unterstützung

durch Ideen und Unterlagen. Hier schlägt

wieder die Struktur der oö Bibliotheks-

landschaft durch, die überwiegend von eh-

renamtlichen Bibliothekaren/innen getragen

wird. Kindergärten stehen auf einer wesent-

lich breiteren finanziellen und gesellschaft-

lichen Basis. Während z. B. Kindergarten-

pädagoginnen in mehrjähriger Ausbildung

viel Know-How erhalten, müssen sich

Bibliotheksmitarbeiter/innen ihr Fachwissen

bei Aus- und Fortbildungsveranstaltungen

in ihrer Freizeit aneignen.

Die Tatsache, dass die Bibliothek ein spe-

zielles Kinderprogramm anbietet (66,7%)

oder eine/n eigene/n Mitarbeiter/in für den

Kinderbereich hat (53,4%) wirkt sich auf

Kooperationen höchst positiv aus.

16

Was sich daraus ergab?

In Oberösterreichs Kindergärten stehen

durchschnittlich 215 Kinderbücher zur Ver-

fügung. In den Öffentlichen Bibliotheken

machen die Kinder rund 50 % der Benut-

zer/innen aus. Zusammenarbeit wird von

beiden Seiten sehr ernst genommen, was

nicht nur die hohe Zahl an Kooperationen

zeigt, sondern auch die Tatsache, dass vie-

le Einrichtungen, die noch nicht zu einan-

der gefunden haben, dies wünschen.

Bestehende Kontakte werden mehrmals im

Jahr gepflegt und dies meist zu bestimm-

ten Anlässen, wie z.B. Weihnachts-

buchausstellung, Schwerpunktthemen im

Kindergartenjahr oder Spielenachmittage,

die sich mit einer bestimmten Regelmäßig-

keit wiederholen. Darüber hinaus nützen

Kindergärten eine Bibliothek nur dann re-

gelmäßig, wenn sie leicht erreichbar und in

örtlicher Nähe situiert ist, über einen guten

Kinderbuchbestand verfügt und über-

schneidende bzw. speziell auf den Kinder-

garten angepasste Öffnungszeiten hat.

Kommen Kooperationen nicht zustande,

liegt es meist an äußeren Umständen oder

Rahmenbedingungen, die oft unüberwind-

lich scheinen und eine Hemmschwelle bei

der Kontaktaufnahme darstellen. Hier ist si-

cher ein Ansatzpunkt, wo einerseits durch

geringfügige Veränderungen große Fort-

schritte erzielt werden könnten. Anderer-

seits sollte das pädagogische Ziel der frü-

hen Leseförderung auch Motivation genug

sein, gegebenenfalls einschneidende Ver-

änderungen an den Strukturen vorzuneh-

men bzw. von den politisch und gesell-

schaftlichen Verantwortlichen zu fordern.

Die Kooperation wird durch persönliche

Kontakte der Mitarbeiter/innen beider Ein-

richtungen wesentlich begünstigt. Wo der

Weg geebnet ist, entwickeln sich sehr rasch

vielfältige Formen der Zusammenarbeit, die

von enormem Ideenreichtum gekennzeich-

net sind und von großem beiderseitigen

Einsatz getragen werden.

Bestehende Kooperationen sind - wie die

Befragung zeigt - großteils erfolgreich. Mehr

als 90% wollen weiterhin mit ihrem Partner

zusammenarbeiten. Sowohl Kindergärten

als auch Bibliotheken nehmen sich dieses

Aufgabenfeldes an. Sie sehen darin einen

pädagogischen und bildungspolitischen Auf-

trag, Leseförderung und Medienkompetenz

ist ihnen ein wichtiges Anliegen. Zudem

wird von beiden Seiten auch der positive

wirtschaftliche Aspekt, das verbesserte An-

sehen in der Öffentlichkeit und die Bereiche-

rung für die eigene Einrichtung geschätzt.

Kooperationshilfen fürBibliotheken

· Unterstützung mit Ideen undUnterlagen

· mehr Budget· mehr Zeit· neue Bücher und Medien· mehr Platz· mehr Mitarbeiter· Werbeideen und -materialien

Kooperationshilfen für

Kindergärten

· andere Öffnungszeiten derBibliothek

· Infos zum Buchbestand derBibliothek

· örtliche Nähe zur Bibliothek· Kontaktaufnahme durch die

Bibliothek· besseres Buchangebot der

Bibliothek· mehr Personal im Kindergarten· mehr Zeit

17

Von der Schwierigkeit

des ersten Schrittes

Die Befragung (s. „Unsere Fragen - Ihre

Antworten“) hat einen eindeutigen Befund

geliefert: fast die Hälfte der befragten Kin-

dergärten arbeiten anlassbezogen mit der

Öffentlichen Bibliothek im Ort zusammen.

Jede dritte Bibliothek im Bundesland hat im

Kindergarten bereits einen Partner gefun-

den. Der erste Schritt ist bei vielen also

schon getan. Wichtige Erfahrungen, dass

Zusammenarbeit für beide Einrichtungen

Vorteile bringt, ermuntern dazu, den Weg

gemeinsamer Aktionen fortzuführen.

Zahlreiche Kindergärten und Bibliotheken,

die bislang noch zu keinen Kontakten ge-

funden haben, würden gerne kooperieren.

Sie sehen aber noch Hindernisse auf dem

Weg zur Zusammenarbeit.

Die Einstellung macht’s

Zusammenarbeit verlangt die Überzeu-

gung, dass man gemeinsam mehr bewir-

ken kann als allein und dass beide Einrich-

tungen sowohl geben als auch nehmen. In

einer Kooperation sind alle Partner gleich-

wertig, auch wenn die Aufgaben unter-

schiedlich verteilt sind. Ängste (z.B. das

bringt meinen ganzen Ablauf durcheinan-

der), schlechte Erfahrungen (die ganze

Arbeit lag bei uns) oder Vorurteile (die wol-

len doch sicherlich nichts von uns wissen)

stehen oft dem ersten Kontakt entgegen.

Hallo Partner!

Tipps für eine gute Zusammenarbeit

Martina Lainer

Die Geschichte mit dem Hammer

Ein Mann will ein Bild aufhängen.

Den Nagel hat er, nicht aber den

Hammer. Der Nachbar hat einen.

Also beschließt unser Mann, hin-

überzugehen und ihn auszuborgen.

Doch da kommt ihm ein Zweifel:

Was, wenn der Nachbar mir den

Hammer nicht leihen will? Gestern

schon grüßte er mich nur so flüchtig.

Vielleicht war er in Eile. Aber viel-

leicht war die Eile nur vorgeschützt

und er hat etwas gegen mich. Und

was? Ich habe ihm nichts getan; der

bildet sich da etwas ein. Wenn je-

mand von mir ein Werkzeug borgen

wollte, ich gäbe es ihm sofort. Und

warum er nicht? Wie kann man ei-

nem Mitmenschen einen so einfa-

chen Gefallen abschlagen? Leute wie

dieser Kerl vergiften einem das Le-

ben. Und dann bildet er sich noch

ein, ich sei auf ihn angewiesen. Bloß

weil er einen Hammer hat. Jetzt

reicht’s mir wirklich. - Und so stürmt

er hinüber, läutet, der Nachbar öff-

net, doch noch bevor er ‘Guten Tag’

sagen kann, schreit ihn unser Mann

an: ‘Behalten Sie sich Ihren Hammer,

Sie Rüpel!’“

(Paul Watzlawick: Anleitung zum Unglücklich sein)

18

Informationen einholen

Informationen über die jeweils andere Ein-

richtung erleichtern die Zusammenarbeit.

Für allgemeine Informationen stehen die

Projektpartner zur Verfügung. Interne In-

formationen erhält man aber nur von den

Beteiligten selbst, d.h. von den Bibliothe-

karen/innen oder der Kindergartenädagogin.

Information und das Ansetzen beim klein-

sten gemeinsamen Nenner sind die Strate-

gien zur Überwindung von Berührungs

ängsten und für eine Gesprächsbasis. Das

Projekt BÜCHER LEBEN geht davon aus,

dass gemeinsame Aufgaben und Ziele Kin-

dergärten und Öffentliche Bibliotheken mit-

einander verbinden. Beide Einrichtungen

vermitteln Kindern Zugang zur Welt der

Bücher und möchten die Kraft von Ge-

schichten erfahrbar und erlebbar machen.

Kindergarten Ö ffentliche Bibliothek

Wer ist der Erhalter? Wer ist der Träger?

Wer ist der/die Leiter/in?

extern:Wissenüber

Wie sind die Ö ffnungszeiten?

Gibt es eine Kindergartenbibliothek?Wie ist der Medienbestand?Haben die Kinder Zugriff zu diesenBüchern?Wie werden die Medien genutzt?

Wie ist der Medienbestand derÖ ffentlichen Bibliothek?

Wie viele Kinder sind in wie vielenGruppen?

Wie viele Kinder nutzen dieÖ ffentliche Bibliothek?Sind Kinder vom Kindergartendabei?

Welchen Stellenwert nimmt dasBuch im Kindergartenalltag ein?

Gibt es Angebote (z.B.Vorlesenachmittage) für dieZielgruppe?

Gibt es eine Kindergartenpädagogin oder eine/n Bibliothekar/in, die/derbesondere lesepädagogische Ambitionen hat?

Werden Eltern in die Leseerziehung einbezogen?

intern:Wissenvon

Gibt es jährliche Events rund um das Lesen und das Buch?

19

Gastgeber sein

Eine Einladung zum gemeinsamen Aus-

tausch oder zum Kennenlernen der Einrich-

tung ist nicht nur eine nette Geste, sondern

eine zielführende Form, möglichst viel von-

einander zu erfahren:

- Kindergärten laden die Bibliothek ein, an

einem Vormittag den Kindergarten zu be-

suchen, um Einblick in den Kindergarten-

alltag zu geben.

- Kindergartenpädagoginnen besuchen die

Bibliothek und machen sich ein Bild vom

Medienbestand und vom Platzangebot.

Für eine gelungene Zusammenarbeit ist es

nicht wichtig, wer den Anfang gemacht hat,

sondern dass jemand den Anfang macht!

Im Gespräch bleiben

Die Umfrage hat ergeben, dass persönlich

bestehende Kontakte zu Kindergarten-

pädagoginnen oder Bibliothekaren/innen

vielfach ausschlaggebend für eine Zusam-

menarbeit waren. „Wenn man sich kennt,

redet man sich leichter.“

Wenn einmal der Kontakt hergestellt ist,

lässt sich immer wieder daran anknüpfen:

- Bibliotheken informieren den Kindergar-

ten über Neuankäufe.

- Kindergärten setzen die Bibliothek über

die Gesamtzahl der Gruppen in Kenntnis.

- Bei einem gemeinsamen Treffen werden

für das laufende Arbeitsjahr Schwerpunk-

te gesetzt.

- Spontane Ideen werden der Partnerein-

richtung präsentiert und die Einladung

zum Mittun wird ausgesprochen.

Partner sind keine Konkurrenten! Eine

gelunge Partnerschaft zeichnet sich aus

durch Offenheit, Ernstnehmen, Transpa-

renz, Akzeptanz, Kompromissbereitschaft.

Ändern, was zu ändern ist

Viele der von den Kindergärten und Öffent-

lichen Bibliotheken genannten Bedingun-

gen für eine gute Zusammenarbeit können

im gemeinsamen Austausch verwirklicht

werden.

- Öffnungszeiten:

Besuche des Kindergartens in der Biblio-

thek finden außerhalb der regulären Öff-

nungszeiten statt

- Entfernungen:

Die Bibliothek kommt in den Kindergar-

ten (z.B. mit Büchern im Rucksack, zum

Vorlesen) oder es wird ein Bus organi-

siert (vielleicht hat der Träger ein Fahr-

zeug, das zur Verfügung gestellt werden

kann)

- Elternkontakte:

Eltern der Kindergartenkinder werden mit

dem Angebot der Bibliothek vertraut ge-

macht, als flankierende Maßnahme zu

Elternveranstaltungen im Kindergarten

werden Medien von der Bibliothek prä-

sentiert, Eltern werden zu den

Bibliotheksbesuchen mit eingeladen

- Ausstattung der Bibliothek:

z.B.: mehr Kinderbücher: Erweiterung

des Bestandes durch Nutzung der

Ergänzungsbibliotheken; Förderungen in

Anspruch nehmen (z.B. Aktion

Kinderbuchpaket des Landes OÖ);

Auslagerung eines Teiles des Bestandes

der Bibliothek in den Kindergarten zur

permanenten Nutzung - besonders dann,

wenn das Raumangebot der Bibliothek

nicht für Besuche geeignet ist

- Rahmenbedingungen des

Kindergartens:

* Einbeziehung von Senioren/innen, Eltern

20

* effiziente Aufteilung der Arbeit zwischen

Bibliothekaren/innen und Kindergarten-

pädagoginnen

Bildung von Kleingruppen

für interessensbezogene

Schwerpunkte

Mehrwerte nutzen

Der Vorteil von Kooperationen

ist, dass Synergieeffekte

(synergia: griechisch Zusam-

menarbeit, Mitarbeit) besser ge-

nutzt werden können. Leider ist

damit nur selten eine Zeiter-

sparnis zu erwirken, denn dem

Gespräch und dem Informati-

onsaustausch muss breiter

Raum gegeben werden.

- Kompetenz:

Im Bereich der Kernkompetenzen kann

dies für den Kindergarten bedeuten, dass

die Kindergartenpädagoginnen ihre päd-

agogischen Fähigkeiten und ihr Know-

how einbringen und die Bibliothekare/in-

nen ihre Erfahrungen im Organisieren

und die Kenntnis vieler Bilderbücher,

Spiele, Musikkassetten.

- Medien:

Die Medienausstattung sowohl der Biblio-

theken als auch der Kindergärten ist sehr

unterschiedlich. Es gibt Kindergärten mit

einer gut ausgestatteten Bibliothek, die

auch von den Kindern genutzt werden

kann und Öffentliche Bibliotheken, deren

Bilder- und Kinderbuchbestand drin-

gendst aufgestockt gehört. Ein Medien-

austausch führt zu einer Erweiterung des

Bestandes ohne zu-

sätzlich Kosten zu ver-

ursachen. Bibliotheken

können Wünsche des

Kindergartens berück-

sichtigen und Kinder

können über den Kin-

dergarten an die Bü-

cher der Bibliothek her-

ankommen.

- Räume:

Vielfach leiden Öffent-

liche Bibliotheken unter

Platzmangel, was Ein-

ladungen größerer

Gruppen erschwert. Regelmäßige Besu-

che der Bibliothekarin, die Bücher zum

Entlehnen in den Kindergarten mitbringt,

lassen dieses Manko überwinden. Ver-

anstaltungen werden dort durchgeführt,

wo das Platzangebot dies zulässt.

- Finanzen:

Gemeinsam bringen Kindergarten und Bi-

bliothek leichter das Budget für eine Au-

toren/innenlesung, den Besuch eine Illu-

stratorin oder für Bücher auf.

- Öffentlichkeitsarbeit:

Beide Einrichtungen können ihre Koope-

ration für die Öffentlichkeitsarbeit nutzen

und in den Gemeinde- bzw. Regional-

medien präsent sein.

21

Seit zwei Jahren besteht die Öffentliche Bi-

bliothek der Pfarre St. Wolfgang. Von An-

fang an ist Leseförderung von Kindern ein

wichtiges Anliegen der Bibliothekarinnen.

Die Zusammenarbeit mit den beiden Volks-

schulen und Kindergärten nimmt daher ei-

nen großen Stellenwert ein.

Unsere Gemeinde hat einen Kindergarten

im Markt St. Wolfgang und einen in der

Ortschaft Rußbach, eher außerhalb gele-

gen. Das erste Gespräch mit den Kinder-

gärtnerinnen des Kindergartens Rußbach

verlief sehr positiv. Sie waren begeistert von

der Vorstellung, dass nun die Bibliothek

regelmäßig mit einer Bücherkiste in den

Kindergarten kommen würde. Wir verfassten

für die Eltern ein Schreiben mit der Erläu-

terung unseres Vorhabens und einer Lese-

erklärung auf der Rückseite. Eltern, die ein-

verstanden sind, dass ihr Kind auf diesem

Weg Bücher entlehnen kann, geben ihrem

Kind die Erklärung ausgefüllt in den Kin-

dergarten mit. Beim ersten Elternabend im

Kindergarten war auch die Bibliothek vertre-

ten und wir konnten unsere Idee vorbringen.

Die Bibliothek St. Wolfgang hat in Frau

Regina Raudaschl eine Verantwortliche für

das Projekt „Kindergarten“ und sie besucht

gemeinsam mit einer Kollegin monatlich

den Kindergarten Rußbach. Mit der Zeit

konnte man erkennen, dass die Kinder nicht

mehr wahllos ein Buch nahmen, sondern

begannen, sich die Bücher vorher anzuse-

hen und bewusst auszusuchen. Wir konn-

ten viele neue junge Leser/innen gewinnen.

Zurück in der Bibliothek werden alle Entlehn-

vorgänge im PC verbucht. Für den Kinder-

„Mia habm a Bücherei im Turnsaal!“

Die Bibliothek St. Wolfgang im Kindergarten Rußbach

Anni Sarsteiner

garten wurde eine eigene Gebührengruppe

eingerichtet, um nicht mit den üblichen

Entlehnkonditionen zu kollidieren.

Vor Ferienbeginn gab es für jedes Kind als

Dankeschön ein Lesezeichen mit einem

Eisgutschein und Zuckerln. Erfreulicherwei-

se kamen die Kinder in den Ferien mit den

Eltern vermehrt selbst in die Bibliothek. Den

Satz „Geht’s im Herbst eh wieder so wei-

ter?“ hab ich einige Male vernommen. Sol-

che Rückmeldungen sind sehr erfreulich.

Im Sommer hat uns der Kindergarten in St.

Wolfgang mehrmals in kleinen Gruppen

besucht, sie werden auch im Herbst zu

Besuch kommen. Die Kinder schauen sich

Bilderbücher an, die Kindergarten-

pädagogin liest eine Geschichte vor oder

sie nutzen die zahlreichen Spiele.

Das Kindergartenjahr 2001/2002 haben wir

mit einem Angebot an die Eltern begonnen:

Sie können schon jetzt für ihre Kinder die

Jahreskarte 2002 kaufen, die dann ab so-

fort bis Ende nächsten Jahres gilt.

Das Projekt BÜCHER LEBEN ist ein reel-

ler Beitrag, Kleinkinder für Geschichten und

Bücher zu begeistern. Vielleicht hilft es spä-

ter so manchem Schulanfänger, sich nicht

im Buchstabenwald zu verirren und selbst

in Geschichten einzutauchen.

Das Projekt BÜCHER LEBEN kann - wie

St. Wolfgang beweist - einfach und doch

effizient gestaltet und durchgeführt wer-

den. Es erfordert „nur“ das zeitliche En-

gagement der Bibliothekare/innen und

begeisterungsfähige Kindergärtnerinnen.

22

- gewöhnt das Kind vom 1. Lebensjahr an an Bücher

- verwendet Bücher aus festem, abwaschbarem Pappkarton

- lässt erste Begriffe angesichts der gezeigten Gegenstände bilden

- regt die Kinder zum gebundenen Benennen und freien Sprechen an

- orientiert sich ikonisch/symbolisch an der Erlebnis- und Alltagserfahrungswelt des Vor-schulkindes

- festigt spielerisch konkret-sachliche Vorstellungen

- bringt erstmals eine Buch-Vermittlungsperson (...) ins Spiel

- lässt das Kind frei zu elementaren Bildern, auch schon zu Bildfolgen und Szenen,erzählen

- aktiviert das betrachende Kind in vielfältiger Weise (Sprechen, Spielen, Handeln, Nach-erzählen)

- erweitert Wortschatz, Identifikations- und Empathie-Vermögen

- ermöglicht bereits ein „naives“ Mitlesen bzw. Vorlesen

- fordert Kinder zum Mit-, Voraus- und Nachdenken über Geschehenes und Gehörtes(Bilder, Bildfolgen; kurze Texte, kurze Erlebnisgeschichten) auf

- legt den Grund für eine positive Zuwendung des Kindes zur Welt der Bücher, also zuliterarischer und künstlerischer Bildung einschließlich des Aspekts des Schriftsprach-erwerbs

(aus: Hans Gärtner: Spaß an Büchern! Wie Kinder Leselust bekommen. München: Don Bosco 1997, S. 27)

Die Zeit der ersten Bilder(bücher)

23

Die innere Wirklichkeit

oder Lesen macht selbstbewusster

Gerhard Falschlehner

Die Entwicklung des menschlichen

Selbstbewusstseins, also das Wissen um

das eigene Ich, gehört wohl zu den

faszinierendsten Abläufen der Evolution.

Jedes Kind vollzieht im Kleinen die kultu-

relle Evolution der Menschheit, die Loslö-

sung des Einzelnen aus seiner physikali-

schen und biologischen Umwelt und ge-

winnt damit die Erfahrung, dass man ein

eigenes Ich, eine eigene Persönlichkeit ist.

Diese Entwicklung hängt mit dem Lesen

und mit Geschichten eng zusammen.

Schon in den frühen Kulturen schafft Lite-

ratur Gruppenbewusstsein. Ein „Erzähler“,

ein Magier, ein Sänger, ein Geschichten-

erzähler, singt von den Mythen des Stam-

mes, und die Zuhörer begreifen sich als Teil

dieses Stammes. Die Geschichten geben

den Zuhörern die beruhigende Gewissheit

darüber, wer sie sind und woher sie kom-

men. Aus ihnen erwachsen der Zusammen-

halt des Kollektivs und ein erstes

Gruppenbewusstsein, vielleicht auch eine

erste Ahnung von Individualität, gespiegelt

in den Heldenfiguren. Der Erzähler fängt in

seinen Geschichten alles ein, was für eine

bewusste Gemeinschaft wichtig ist. Ob

Gilgamesch, Odysseus, Äneas, Mahabharata:

Die Gesänge und Geschichten bleiben im

Kern immer gleich; in ausschmückenden

Variationen sind es doch immer dieselben

vertrauten Geschichten; vertraute Formeln,

vertrauter Ablauf sorgen für Sicherheit.

Beim Kind übernimmt die Mutter (viel zu

selten der Vater) die Rolle des Magiers. In

der Gutenachtgeschichte - ob frei erzählt

oder vorgelesen - erlebt das Kind seine er-

sten Schritte in ein kollektives Bewusstsein

des Menschseins; erfährt von den Mythen

der Erwachsenen. Auch hier gibt die im-

mer gleiche Wiederholung Sicherheit: Ein

Kind möchte dieselbe Geschichte immer

wieder hören - und immer in denselben

Worten. Die Geschichten führen das Kind

aus dem Zustand des Unbewussten lang-

sam in die Welt der Dinge und der Lebe-

wesen. Im Kindergarten und in der Volks-

schule erlebt das Kind noch einmal einen

Hauch der frühen Stammesgemeinschaft:

Wenn die Kindergärtnerin oder Lehrerin als

Magierin eine Geschichte im Sesselkreis

erzählt, entwickeln die Kinder so etwas wie

ein Stammesbewusstsein - oder prosa-

ischer formuliert: die wichtige Sozial-

erfahrung.

Das individuelle Bewusstsein entwickelt

sich in der Menschheitsgeschichte wie auch

beim Kind durch die Literarität. Wer selbst

lesen kann, ist nicht mehr vom Erzähler

abhängig. Der Einzelne löst sich lesend aus

der Gemeinschaft und erfährt sich reflek-

tierend als Individuum.

24

Bruno Bettelheim prägt das schöne Bild von

der inneren Wirklichkeit. Ein Kind erfährt

seine Umwelt zunächst ausschließlich in

der Innenerfahrung. Jeder Kontakt mit ei-

nem Gegenstand wird ursprünglich nur als

Schmerz- oder Lustgefühl registriert. Erst

nach und nach entdeckt ein Kind die Dinge

der Außenwelt als eigenständig und grenzt

sich von ihnen ab. Eine wichtige Rolle in

dieser Entwicklung spielen die Übergangs-

objekte. Ein Teddy ist für ein Kind zugleich

ein lebendiger Bestandteil der Innenwelt

und ein Gegenstand der Außenwelt. Für

Kinder existieren die beiden Bedeutungen

des Teddy problemlos nebeneinander. Kin-

der vermischen auch rational Wahrnehm-

bares mit der Vorstellung von Irrational-Be-

seeltem. Der Teddy lebt tatsächlich, obwohl

das Kind zugleich weiß, dass es „nur“ ein

Stofftier ist. Das Irrationale dominiert das

Fühlen und Denken eines Kindes.

Literatur leistet in diesem Zusammenhang

zweierlei: Zum einen nimmt sie durch ihre

Mythen und Geschichten die innere Wirk-

lichkeit des Kindes ernst, und zum ande-

ren führt sie - ähnlich wie das Übergangs-

objekt Teddy - ein Kind behutsam aus der

Welt der Fantasie in die Welt der Realität,

der Erwachsenen. Ein Kind lernt durch Bü-

cher, die verwirrenden Dinge des Alltags

mit seiner eigenen Fantasie in Bilder zu

übersetzen und schafft so den Ausgleich

zwischen innerer und äußerer Wirklichkeit.

Einerseits erfährt das Kind die behutsame

Loslösung von der Umwelt, andererseits

wird seine innere Wirklicheit akzeptiert: die

beiden Voraussetzungen für ein positives

Selbstbewusstsein, sich als Selbst zu ver-

stehen. Dramatisch wird es, wenn Eltern

ihren Kindern, wenn die Schule ihren Schü-

lern, wenn die Gesellschaft ihren Jugendli-

chen diese Entwicklungsphase vorenthält.

Wenn Kinder ausschließlich oder zu früh

mit der äußeren Realität konfrontiert wer-

den, können sie zu dem Schluss kommen,

ihre innere Wirklichkeit sei für die Eltern un-

annehmbar. Viele Kinder entfremden sich

deshalb von ihrem inneren Leben.

Es nützt nichts, einem vierjährigen Kind,

das Angst vor der Dunkelheit hat, die Ro-

tation der Erde zu erklären. Es wird diese

Erklärung nicht verarbeiten, ja höchstens

neue Ängste damit verbinden. In Martin

Waddells Bilderbuch „Kannst du nicht

schlafen, kleiner Bär?“ führt der große Bär

den ängstlichen kleinen Bären ins Freie und

zeigt ihm den Mond. Die Bezugsperson,

also der große Bär, versucht nicht, die

Angst zu vertreiben, sondern er nimmt die

Angst des kleinen Bären an und zeigt ihm

kommentarlos, wie schön die mondbe-

schienene Nacht sein kann.

Dass das Fernsehen kein Ersatz für die

literare Einführung in die Welt sein kann,

liegt auf der Hand: Einem Kind, das vor dem

Fernseher allein gelassen wird, fehlt die

Geborgenheit der Bezugsperson, fehlt die

Möglichkeit, die Bilderwelt zu hinterfragen,

sie anzuhalten, nochmals zu sehen; fehlt

der Impuls der Fantasie. Das Kind wird

überschüttet mit äußerer Wirklichkeit, noch

dazu in der Zerrform des Fernsehens mit

seinen schnellen Schnitten, Verfremdun-

gen, Zuspitzungen. Seine innere Wirklich-

keit wird ignoriert, überfordert. Die Folge:

Das Selbstbewusstsein verkümmert.

Die Zahl der qualitativ bestimmbaren

menschlichen Gefühle ist relativ eng be-

grenzt: Dazu zählen Hass, Liebe, Eifer-

sucht, Neid, Freundschaft, Trauer, Begei-

sterung, Empörung, Freude, Trennungs-

angst. Zum Selbstbewusstsein eines jun-

gen Menschen gehört es eben, in diesen

Emotionen ernst genommen zu werden, zu

erfahren, dass man mit diesen Gefühlen

nicht allein auf der Welt ist. Genau diese

25

Basisemotionen kehren in der Literatur im-

mer wieder. Literatur nimmt die existenzi-

ellen Ängste und Emotionen junger Men-

schen ernst und spricht sie sehr unmittel-

bar aus: das Bedürfnis, geliebt zu sein; die

Furcht, nutzlos zu sein; die Angst, für sein

Aussehen oder Anderssein gehasst zu

werden; die Angst, allein zu sein und zu

bleiben. Das sind die zentralen Themen der

Literatur: im Märchen genauso wie im kit-

schigen Liebesroman, im Drama wie im

Gedicht. Um es mit dem Holzhammer zu

sagen: Jede Literatur, die den jungen Men-

schen in seinem Gefühlschaos ernst

nimmt, seine Ängste nicht verdrängt, gibt

ihm das Gefühl, dass seine innere Wirk-

lichkeit akzeptiert wird.

Leicht gekürzt aus:

Gerhard Falschlehner: Vom Abenteuer des

Lesens. Salzburg: Residenz 1997, S. 98-104)

Falschlehner , Gerhard:

vom Abenteuer des Lesens / Gerhard Falschlehner. - Salzburg

: Residenz Verl., 1997. - 287 S.

ISBN 3-701-71061-9 fest geb. : ATS 298,00 / •

Rezension:

Gerhard Falschlehner, der Geschäftsführer des Österreichi-

schen Buchklubs der Jugend, hat sich natürlich schon aus

geschäftlichem Interesse mit dem Abenteuer Lesen auseinan-

derzusetzen. Darüber hinaus will er aber gar verführen zu

dieser altmodischen Beschäftigung, die mangelndem

Selbstbewusstsein, fehlender Toleranz und auch einer

verkümmerten Fantasie beikommen könne. Bevor es aber zur

„Fröhlichkeit des Lesens“ kommen kann, kritisiert er jene

Vorurteile und Klischees, die zum Thema „Jugend und Lesen“

herumschwirren, gründlich und lustvoll. Danach folgt eine sehr

anschauliche Darstellung der Erkenntnisse von Hirnforschung

und Wahrnehmungspsychologie zum unglaublichen Vorgang

des Lesens. Anschließend gibt er noch einige gute Argumen-

tationshilfen für alle, die das Lesen in der Mediengesellschaft

plausibel machen wollen. Sehr polemisch und deshalb auch

einseitig, überspitzt, aber vergnüglich setzt er sich mit dem

heiklen oftmals das Lesevergnügen stark reduzierenden

Kapitel der Interpretation von Texten auseinander. Und zum

Abschluss gibt es noch eine Sammlung von Anregungen über

das kreative Lesen und Schreiben. Dazwischen einige kurze

Texte über Literatur (von Artmann bis Tucholsky) und Lesen

und im Anhang ein umfangreiches und interessantes Literatur-

verzeichnis zum Thema. - Ein Muss für jede Bibliothek,

insbesondere aber für Lehrerhand- und -hausbibliotheken

sowie Schulbibliotheken. Amüsant, klug, informativ, praktisch

und auch anschaulich.

*bn* Fritz Popp

26

Lieber Francesco,heute morgen bist du gekommen und hast mir dein Buch gebracht. Du warstnoch ganz schlaftrunken und hattest noch diese kleinen tiefdunklen Augen, dienicht aufgehen wollten, und diesen Stolpergang mit überkreuzten Beinen, beidem man immer meint, du müsstest gleich hinfallen. Du bist mit einem Bilder-buch zu mir gekommen. Es war das mit dem Marienkäfer vorne drauf, das miteiner Drahtspirale zusammengehalten wird. Du siehst es dir oft an, und Mamaliest dir daraus zum Einschlafen vor. Wir haben es dir gekauft, nachdem ich direinmal einen Marienkäfer auf den Handrücken gesetzt hatte, damit du ihn diransehen konntest. Der Marienkäfer krabbelte zu deinem kleinen Handgelenk,und du hast ihn betrachtet mit dieser Mischung aus Neugier und wissendemEinverständnis, die kleine Kinder wie du so an sich haben. Du wolltest sehen, wasdieses Tierchen machen würde, um es dann wieder aufzunehmen und es dir ir-gendwie anzueignen. Aber auf einmal ist der Marienkäfer davongeflogen. Und duhast ihm enttäuscht nachgeschaut. Das hattest du nicht erwartet. Marienkäfersehen nicht so aus, als ob sie fliegen könnten; auf den ersten Blick hält man sie fürTiere, die nur auf der Erde leben. Als wir dann nach Hause gingen, hast du Mamaplötzlich gebeten, dir die Geschichte vom Marienkäfer zu erzählen. Das heißt, duhast keine so klar formulierte Bitte ausgesprochen, du kannst noch nicht richtigsprechen, auch wenn du schon viele Wörter verstehst. Aber du hast so etwas Ähn-liches wie „Geschichte Marienkäfer“ gesagt (oder eher wie „Tichte Rienäfa“, wasauf dasselbe hinausläuft), und da haben wir dir erzählt, es war einmal ein Marien-käfer, der lebte im Park, und eines Tages nahm ihn ein kleiner Junge namensFrancesco in die Hand. Der Käfer war rot mit kleinen weißen Punkten, und esmachte ihm Spaß, auf Francescos Hand herumkrabbeln. Bis ein anderer Käfergeflogen kam, der mit ihm befreundet war, ein gelber mit blauen Punkten, undihm von weitem zurief: „Komm, wir fliegen zu einer Stelle, wo es sehr schön ist.“Da flog der rote Marienkäfer zusammen mit dem gelben davon, um sich an einenOrt voll wunderbarer Abenteuer zu begeben.

Roberto Cotroneo: Wenn ein Kind an einem Sommermorgen ; Brief an meinen Sohn über die Liebe

zu Büchern. - 2. Aufl. Düsseldorf: Marion von Schröder 1996. S. 7f.

27

Der Umgang mit Bilderbüchern ist in einer

höchst vielfältigen Weise Ausdruck von

Verbundenheit und Verständnis zwischen

Erwachsenem und Kind.

Daher sollte Buchvermittlung stets von ei-

ner Achtsamkeit des Erwachsenen gegen-

über den aktuellen Reaktionen und Bedürf-

nissen des Kindes/der Kinder getragen

sein. So habe ich beispielsweise im

Bewegungsraum eines Kindergartens, in

dem gerade eine Buchausstellung statt-

fand, eine bemerkenswerte Vorlese-

situation beobachtet. Die Kinder baten ihre

Kindergärtnerin, ihnen vorzulesen. Sie lu-

den sie zu sich aufs Trampolin ein, ku-

schelten sich eng aneinander und konnten

sich nicht satt hören. Der Großteil der Kin-

der hielt die ganze Zeit durch, manche stan-

den zwischendrin auf, kehrten jedoch bald

wieder zurück um weiter zuzuhören. Einige

hatten das Bedürfnis nachzufragen oder zu

diskutieren, andere waren so gespannt,

dass sie darauf drängten weiterzulesen. Ich

war erstaunt, mit welcher Selbstverständ-

lichkeit es Kindern und Kindergärtnerin ge-

lang ihre eigenen Bedürfnisse zu regulieren

bzw. mit denen der anderen abzustimmen.

Bilderbücher bewegen Kinder. Diese inne-

re Bewegung wollen sie auf die verschie-

denste Weise zum Ausdruck bringen. Ihr

Bewegtsein durch Bücher ist mit ein Grund,

warum wir sie ihnen anbieten. Es hat da-

her keinen Sinn, auf einem Fertig-Lesen zu

bestehen, wenn die Kinder unter- oder so-

gar abbrechen wollen. “Morgen ist auch

noch ein Tag!”, müssen sich vielleicht jene

sagen, die wie ich dazu tendieren, die vom

Buch vorgegebene Abfolge strikt einzuhal-

ten. Was Kinder interessiert, darauf kom-

men sie zurück, so lange es sie beschäftigt!

Umgang mit Bilderbüchern – Ermunte-

rung zur Eigenständigkeit

Das im Vorschulalter angebotene Bilder-

buch kann auf seiner Textebene vom Kind

zumeist nicht selbstständig erschlossen

werden. Hier braucht es die Vermittlung

durch den Erwachsenen. Die Bilder jedoch,

die im Bilderbuch so wichtig sind, wie in

kaum einem anderen Buchgenre, ermögli-

chen ihm aber auch ein Stück Eigenstän-

digkeit zu gewinnen. Sie erlauben dem Kind

“mitzulesen”, wenn der Erwachsene vor-

liest, oder “nachzulesen”, wenn es Ge-

schichten ohne den Vermittler an Hand der

Bilder rekonstruiert. Gelingt dies gut, sieht

man das Kind mitunter selbst “vorlesen”.

Bilderbücher eignen sich auch dazu,

ritualisierte Handlungs- und Sprachmuster

zwischen Erwachsenem und Kind zu schaf-

fen. Sie erleichtern dem Kind bei der Sa-

che zu bleiben und Verständnis zu entwik-

keln und ermöglichen dem Erwachsenen,

das Kind in seiner Aufmerksamkeits- und

Sprachentwicklung genau dort zu unter-

stützen, wo es seine Hilfe braucht. Dies

erklärt, wieso es Kleinkindern meist großen

Spaß macht, Bilderbücher, die sie sehr gut

kennen, “mit verteilten Rollen” zu lesen.

Bilderbücher sind andererseits jedoch im-

stande, das Kind zu unterstützen, sich von

der Steuerung durch eine erwachsene Per-

son abzunabeln und an Hand von Bildern

Das Bilderbuch in der Beziehungzwischen Erwachsenem und Kind

Judith Reimitz-Filipic

28

zu üben sich selbst zu steuern. Hier habe

ich Kinder vor Augen, die ganz gemächlich

wohl bekannte Bilderbücher betrachten, um

sich dabei an Geschichten zu erinnern. Ich

denke aber auch an Kinder, die sich von

unbekannten Bildern ansprechen lassen

und sich so – von selbst – für neue Ge-

schichten zu interessieren beginnen. Durch

ihre Kombination aus Text und Bild ermun-

tern Bilderbücher das auf den Vermittler

angewiesene Kind zur Eigenständigkeit.

Bilderbücher als Hilfe bei schwierigen

Themen

Obwohl ich die Bearbeitung aktueller und

brisanter Themen im Bilderbuch befürwor-

te, möchte ich darauf hinweisen, dass wir

Erwachsenen oft meinen, in schwierigen

Situationen nicht ohne Literatur für uns und

unsere Kinder auskommen zu können.

Natürlich ist es hilfreich, mit Kindern an

Hand eines Bilderbuches schwierige The-

men zu besprechen. Dann können sie bei-

spielsweise selbst jenes Ausmaß bestim-

men, in dem sie sich mit den Bilderbuch-

helden und deren Problematik identifizie-

ren, in dem sie die Themen an sich heran-

lassen und in dem sie die Inhalte auf sich

selbst und ihre Situation übertragen. Wir

sollten Kindern die Chance geben, Themen,

die sie bewegen, in jeder für sie geeigne-

ten Weise aufzugreifen - also auch im Bil-

derbuch. Ich möchte ausdrücklich davor

warnen, einer direkten Konfrontation mit

aktuellen bzw. brisanten Themen (z.B. Tod,

Missbrauch) auszuweichen, denn sonst

laufen wir Gefahr, dass sich unsere Kinder

mit zunehmendem Alter immer häufiger fra-

gen, was wir ihnen mit dem einen oder an-

deren Buch sagen möchten.

Bilderbücher transportieren eine Moral

Jede Schöpfung spiegelt ihren Schöpfer.

Daher ist es nur zu natürlich, dass Bücher

die Ansichten und Wertvorstellungen von

Autoren/innen, Übersetzer/innen, Illustrato-

ren/innen, Lektoren/innen, Produzenten/in-

nen widerspiegeln. – Bilderbücher, mit de-

nen sich ja durchwegs Erwachsene mit

ganz bestimmten pädagogischen Absich-

ten an Kinder richten, sind Bücher, in de-

nen die Moral oft eine große Rolle spielt.

Ich halte das für legitim, wenn die Botschaft

an die Kinder klar und eindeutig ist, wenn

Erwachsene zu ihren Wertvorstellungen

stehen, wenn sie versuchen, nach ihnen zu

leben und anerkennen, dass es Impulse

gibt, die im Widerspruch zu unseren Wert-

maßstäben stehen, wenn wir ihnen auch

davon erzählen, wie schwer, wie notwen-

dig es aber ist, zu einer Balance zwischen

unseren Impulsen und unseren Werten zu

finden. Die in dieser Weise dargestellten

Moralvorstellungen halte ich für förderlich,

zumal Kinder im Kindergartenalter in ihrer

Entwicklung primär damit beschäftigt sind,

ihre eigenen Impulse unterscheiden und

steuern zu lernen.

Moralisierend, geradezu bigott, sind Bilder-

bücher, in denen Erwachsene versuchen,

Kinder mit erhobenem pädagogischen Zei-

gefinger zu einer Moral zu nötigen, die sie

selbst nicht einzuhalten vermögen. Solche

Bücher sind oft schwer zu durchschauen.

Sie gehören zu denen, die ich nicht gerne

empfehle. Falls ich Kinder trotzdem mit ih-

nen konfrontieren würde, dann nur, um sie

zu ermuntern, die Widersprüchlichkeit die-

ser Botschaften zu erkennen und Stellung

zu beziehen.

Bilderbücher kommen immer von

Erwachsenen

Es gibt Bücher von Frauen für Frauen, von

Männern für Männer – aber es gibt keine

kommerziellen Bücher von Kindern für Kin-

29

der. Mitunter wird ein Versuch gemacht, der

jedoch leicht scheitert. Die kindlichen

“Bilderbuchproduktionen”, die ich für sinn-

voll halte, schielen nicht auf Verbreitung,

sondern sind von Kindern für sich selbst

gemacht.

Kindergärten wie Bibliotheken sind ein Le-

bensraum, in dem Kinder ermuntert wer-

den, selbst mit sprachlichen und bildneri-

schen Ausdrucksmitteln zu experimentie-

ren. Der Einsatz von Bilderbüchern hilft, die

bildnerische und sprachliche Experimen-

tierfreude von Kindern zu erweitern.

Kommerziell gefertigte Bilderbücher müs-

sen von Erwachsenen kommen, denn Kin-

der selbst verfügen noch nicht über jenes

Maß an Metareflexion, das man braucht,

um ein gutes Kinderbuch zu machen. (Die

Fähigkeit zum abstrakten Denken beginnt

frühestens in der Pubertät!) Wirklich gute

Bilderbücher behandeln Themen, die Kin-

der betreffen, und sie helfen Kindern ihre

speziellen Fragen und Probleme besser zu

bewältigen. – Es sind Bücher zum Hineinwach-

sen, die oft noch für uns Erwachsene passen.

Was wir über Bilderbücher sagen –

sagt viel über uns

Qualitätsurteile können sehr unterschied-

lich ausfallen. Welche Bilderbücher ge-

macht werden, sagt viel über die Produzen-

ten, welche Bücher gekauft, ausgewählt,

empfohlen werden, sagt viel über die, die

sie kaufen, auswählen, empfehlen. Und –

welche Bücher Kinder lieben, sagt viel über

die Kinder. Jeder Mensch hat nur seine

Wahrnehmung zur Verfügung, um Situatio-

nen zu interpretieren. Wahrnehmung, die

Basis des menschlichen Handelns, ist im-

mer subjektiv.

Auf diesem Hintergrund wird es leichter

möglich, auf ein Buch zu verzichten, mit

dem ich als Vermittler/in so große

Schwierigkeiten habe, dass mir sein Ein-

satz widerstrebt – auch wenn es vielleicht

allseits gepriesen wird. Vielleicht ist es dann

aber auch möglich, einem Kind, das gera-

de dieses Buch mitbringt, den nötigen

Raum zu lassen, darüber zu sprechen, was

ihm daran so gefällt. Es könnte ein leben-

diger Austausch entstehen, in dem die Ar-

gumente jedes Einzelnen zählen. Wenn wir

beginnen die Subjektivität liebevoll zu be-

achten, können wir anfangen, die Reakti-

on von Menschen auf (Bilder-)Bücher auch

als Ausdruck ihres So-Seins zu verstehen.

So könnten die Bücher dann auch gese-

hen werden – als Spiegel jener Menschen,

die mit ihnen umgehen. Kinder könnten sich

selbst entdecken, indem sie ihre eigenen

Vorlieben kennen lernen, indem sie heraus-

finden, welche Themen sie ansprechen und

welche nicht, mit welchen Kindern sie wel-

che Vorlieben oder Abneigungen teilen und

inwieweit sie sich von anderen unterscheiden.

Bilderbücher spiegeln zeittypische

Themen und Haltungen

Auch wenn es einige zeitlose Bilderbücher

gibt (z.B. Mira Lobe „Das kleine Ich-bin-

Ich“), möchte ich betonen, dass Bilderbü-

cher, so wie alle anderen Buchgenres, die

aktuellen gesellschaftlichen Themen wider-

spiegeln. Es geht nicht darum, Kindern nur

jene Bücher vorzulegen, die unsere stren-

ge Zensur passiert haben. In unserer plu-

ralistischen Gesellschaft treffen die Kinder

sehr früh auf eine mitunter höchst verwir-

rende Vielfalt an Lebensformen und Wert-

vorstellungen, die sich naturgemäß auch

im Bilderbuch finden.

Kinder brauchen keine Vorkoster, Kinder

brauchen Erwachsene, die sich auf einen

partnerschaftlichen Dialog mit ihnen einlas-

30

sen, in dem sie zu ihren eigenen Stand-

punkten finden können. Die Chance ist ge-

geben, vor allem auf Grund der Fülle des

Bilderbuchangebots. Nutzen können sie nur

Vermittler, die für die Vielfalt und Originali-

tät der Sichtweisen der Kinder offen sind

und die diese nicht auf das eine (für sie rich-

tige) Deutungsmuster festzulegen versuchen.

Bücher sind kommerziell

Was produziert wird, welche Bücher in

Buchhandlungen forciert angeboten bzw.

bevorzugt gekauft werden, spiegelt immer

auch den Zug der Zeit. Besonders beliebt

erscheinen mir jene Bilderbücher, die ich

in Analogie zu den „Lernspielen“ (als ob

nicht jedes Spiel der Etnwicklung förderlich

wäre!) als „Lernbilderbücher“ bezeichnen

möchte. Es handelt sich um Bücher, in de-

nen Kindern auf mehr oder weniger einfalls-

reiche Weise basaler Wortschatz, Zahl- und

Farbbegriffe oder Buchstabenkenntnisse

vermittelt werden sollen. Sie erfreuen sich

großer Beliebtheit bei Pädagogen/innen wie

Eltern und mit der Erziehung von Kindern

befassten Erwachsenen. Viele dieser Bü-

cher sind aber für Kinder langweilig! Ein

diesbezügliches Überangebot führt dazu,

dass sich Kinder bei jedem Buch fragen,

was sie denn nun wieder lernen sollen. Da

sie die Intention spüren, die hinter diesem

Angebot steht, werden sie beginnen, sich

und uns zu misstrauen. So kann es zu frü-

hen Verweigerungshaltungen kommen.

Zusammenfassung

Die “Dreiecksbeziehung” Vermittler/in,

Rezipient/in, Bilderbuch ist äußerst komplex.

Doch so wie bei allen anderen Büchern

gehört es zu den schönen Dingen im Le-

ben, aus dem riesigen Bilderbuchangebot

eine persönliche Kollektion für ganz be-

stimmte Vermittler/innen, ganz bestimmte

Rezipienten/innen und ganz bestimmte

Kontexte auszuwählen. Bibliotheken sind

dann höchst individuelle Spiegel der Per-

sönlichkeit all jener, die sich an der Aus-

wahl von Bilderbüchern beteiligt haben.

31

Bilderbücher sind eine ganz besondere

Gattung unter den Büchern: Sie erzählen

ihre Geschichten in Bild und Text. Eine ba-

nale Feststellung? Und doch liegt in dieser

Spannung von Bild und Text eine grenzen-

lose Vielfalt künstlerischer Ausdrucksmög-

lichkeiten, die das Bilderbuch entfalten

kann!

Bilder ergänzen Geschichten

Da gibt es die gewohnte Technik der be-

gleitenden Bilder, die die Geschichte erläu-

tern und verdeutlichen – eben “illustrieren”:

Damit werden vor allem Kinder, die noch

nicht lesen können, in ihrem Zuhören un-

terstützt. Das Verstehen und Mitvollziehen

der Handlung wird ihnen erleichtert und

kurzweilig gestaltet, indem wichtige Szenen

bildlich umgesetzt sind und sich quasi syn-

chron zum Vorgelesenen entwickeln. Mau-

rice Sendaks “Wo die Wilden Kerle woh-

nen” oder Mira Lobes “Das kleine Ich bin

Ich” (mit Illustrationen von Susi Weigel)

nutzen diese Technik des parallel ablau-

fenden Veranschaulichens und sind Fix-

punkte in Kinderbibliotheken geworden.

Das Zusammenspiel von Bild und Text

kann aber auch mit Überraschungen auf-

warten: Unter anderem dann, wenn Illustra-

toren/innen in ihren Bildern eigene Facet-

ten hinzufügen oder zusätzliche Figuren ins

Spiel bringen – beispielsweise mit

Spielzeugfiguren, die die Atmosphäre der

Geschichte, die Stimmungslage der Hel-

den/innen sozusagen “verdoppeln” und so

den betrachtenden Kindern emotionale Hil-

fe beim Verarbeiten geben – oft in witziger,

überhöhender und karikierender Weise. So

setzt zum Beispiel Linda Wolfsgruber

illustratorische Akzente, indem sie in “Die

Prinzessin auf dem Kürbis” - der Text

stammt von Heinz Janisch - bestimmte De-

tails ganz besonders in Szene setzt (s.

ganzseitige Farbtafel): Die Geschichte ent-

wickelt eine emanzipierte Umkehrung zur

empfindlichen und verwöhnten Prinzessin

auf der Erbse. Also ist ein grünes

erbsenförmiges Kügelchen auf jeder Bild-

seite zu entdecken und hält so spieleri-

schen Bezug zur “Grundgeschichte”.

Bilder: Geschichte in der Geschichte

Oder aber: Bild und Text gehen völlig ge-

trennte Wege – genauer: sie behaupten

sogar das Gegenteil voneinander. Hier zeigt

sich wohl die höchste Performance eines

Bilderbuchs als einer eigenen Gattung, weil

weder der Text ohne die Bilder noch die

Bilder ohne den Text für sich allein genom-

men Bestand hätten. Eines der berühmte-

sten Beispiele dafür hat der deutsche Gra-

fiker und Bilderbuchkünstler Wolf Erlbruch

mit seinem Bilderbuch “Nachts” vorgelegt

(s. Farbtafel unteres Bild): Ein kleiner Jun-

ge will wissen, was in der Nacht so alles

passiert. Mit Mühe überredet er seinen

schlaftrunkenen Vater, mit ihm gemeinsam

die nächtlichen Straßen zu durchstreifen.

Der Text folgt nun von Seite zu Seite der

Perspektive des gutmütigen und liebevoll

erklärenden Vaters, der den Mantel über

seinen Schlafanzug wirft, um bei der Pro-

be aufs Exempel zu beweisen, was zu be-

weisen war: Nämlich dass in der Nacht

nichts, absolut gar nichts passiert, weil alle,

Viel mehr als bloß hübsch ...

Illustrationen in Bilderbüchern

Inge Cevela

32

alle schlafen. Die Bilder hingegen folgen in

einem wahren Feuerwerk fantastischer Ein-

fälle den aufregenden Ereignissen, deren

der Junge gewahr wird und regen die Fan-

tasie der Betrachter/innen an.

Ungewohnte Einblicke

Oder aber ein Illustrator wie Nikolaus

Heidelbach nimmt sich eine ganz alte Form

des Kinderbuchs vor – das ABC-Buch – und

füllt diese alte Form mit ganz neuen Inhal-

ten und ungewohnten Einblicken in die

Kinderwelt: In den beiden Bilderbüchern

“Was machen die Mädchen” und “Was

machen die Jungs” hat er zu Mädchen-

bzw. Bubennamen von A bis Z kurze Aus-

sagesätze geschrieben und daneben Bild-

tafeln gestellt, die diese Sätze in überra-

schender Weise umsetzen und auflösen.

Dabei geben sie Einblicke in die Gefühls-

welt von Kindern, in ihre Ängste, Sorgen,

ihre Einsamkeit und ihre Stärke und ihren

Mut. Manchmal makaber, oft witzig, immer

irritierend; niemals hübsch und ohne

Kindchenschema schlagen sich Heidelbachs

Kinder so recht und schlecht durchs mo-

derne Leben heutiger Kinder. Ohne Ro-

mantik und fernab von Idyllen sind seine

Bilder ideale Gesprächsgrundlagen für klei-

ne und große Betrachter/innen (s. farbige

Bildtafel „Zacharias verliebt sich endlich“).

Bilderbücher sind also vor allem Bücher für

Menschen, die sehr gut schauen können!

Die im Zuhören Informationen aus den Bil-

dern aufnehmen und emotional verarbei-

ten, um auch und gerade darüber reden und

nachdenken zu können. Dabei geht es nicht

in erster Linie darum, ob die Bilder “gefal-

len”, ob das Bilderbuch “schön” ist. Es geht

darum, dass es wichtig ist, dass es Bedeu-

tung haben kann fürs eigene Leben. Dass

ein Bewusstwerden eigener und fremder

Gefühle erfolgt. Dass etwas zur Sprache –

und ins Bild – gebracht wird, was einen

unmittelbar angeht und interessiert.

In diesem Sinn sind Bilderbücher ein Stück-

chen “Heimat”, sind Freunde, auf die man

sich verlassen kann. Man kann sich ihrer

versichern: Sie hervorholen und anschau-

en, wann immer man möchte. Und: Sie stel-

len sich – anders als Film und Fernsehen –

einer genauen Betrachtung. Das Kind darf

vor- und zurückblättern. Es darf verweilen.

Und die Bilder bleiben da, laufen nicht da-

von wie im Film, lassen sich betrachten,

überdenken, nachfühlen. In der Wahl der

Farben, in der Dynamik der Figuren, in der

Perspektive sieht man ihnen ihre Fröhlich-

keit an oder ihre Spannung und Aufregung,

ebenso wie ihre sanfte oder beruhigende

Stimmung. Aber auch ihre Traurigkeit. Ihre

Einsamkeit.

Bilder für Stimmungen und Gefühle

Eltern, Kindergartenpädagoginnen und Bi-

bliothekare/innen wollen ihren Kindern ge-

rade mit Bilderbüchern positive und erhe-

bende Inhalte vermitteln. Dabei wird sehr

oft vergessen, dass es für Kinder beson-

ders schwierig ist, auch und gerade mit ih-

ren negativen Gefühlen klar zu kommen.

Gerade darüber zu sprechen, fällt (nicht

nur) Kindern schwer. In den Bildern ihrer

Bücher können sie in solchen Situationen

Entsprechungen für ihre Gefühle finden.

Und schon fühlen sie sich weniger allein,

weniger schuldig und fassen vielleicht den

Mut, mit Hilfe solcher Bilder mit vertrauten

Erwachsenen über ihre Verfassung ins Ge-

spräch zu kommen. Kinder sollen nicht zur

Fröhlichkeit quasi “verpflichtet” werden,

sondern sich auch mit für sie selbst beäng-

stigenden Gefühlen angenommen wissen!

33

Bilderbücher illustrieren - eine Kunst

Illustratoren/innen haben die Fähigkeit, in

ihren Bildern die Situation von heutigen Kin-

dern widerzuspiegeln. Sie tun dies auf dem

Stand der künstlerischen Ausdruckskraft

am Anfang des 21. Jahrhunderts. Zeichen

und Symbole, Farbgebung, verzerrende

Perspektiven, psychologisch aufgeladene

Größenverhältnisse und Übertreibungen,

eine fast filmische Dynamik in der Strich-

führung – das alles sind Stilmittel, die selbst-

verständlichen Platz im Bilderbuch bean-

spruchen und sich in den Dienst der Ge-

schichten stellen. Geschichten für Kinder

sind heute ganz wesentlich geprägt vom

selbstverständlichen Umgang mit Medien:

Die heutigen Kinder sind in ihrer Bild-

wahrnehmung ungleich flexibler als frühe-

re Generationen. Sie verstehen (dechiffrie-

ren) Bildinhalte mit erstaunlicher Si-

cherheit. Nutzen wir die Gelegenheit,

mit ihnen gemeinsam die Chancen ei-

ner Alphabetisierung im Lesen von Bil-

dern wahrzunehmen. Denn so sehr un-

sere Schulen darauf ausgerichtet sind,

Texte lesen und interpretieren zu lehren,

so wenig lernen wir den analytischen Um-

gang mit Bildern und ihr tieferes Verständ-

nis. Zuerst sollte uns die Frage beschäfti-

gen: Was ist auf dem Bild zu sehen und

wie “funktioniert” dieses Bild? Und nicht in

erster Linie, ob mir dieses Bild “gefällt”.– In

einer Welt, die zunehmend über optische

Signale und Reize gesteuert wird, deren

Bildhaftigkeit in alle Lebensbereiche vor-

dringt, werden diese Fragen größte Bedeu-

tung haben.

34

Das Alphabet hat nur 26 Buchstaben und

doch lassen sich unbegrenzte Geschich-

ten erfinden, in denen die Welt je neu er-

scheint. Die Bedeutung, die Geschichten

und Bücher für Kinder haben, ist vielschich-

tig und wird immer wieder zum Thema von

Bilderbüchern gemacht.

Welches Kind

kennt und liebt

sie nicht: die

Maus Frederick!

Während alle an-

deren Mäuse ar-

beiten und für

den Winter Vor-

räte sammeln,

s c h e i n t

Frederick sich

dem Nichtstun

hinzugeben. Erst

als der Winter Einzug hält, zeigt sich, wel-

chen Beitrag er für das Gemeinwohl leistet.

Mit seinen Geschichten sorgt er für geisti-

ge Nahrung und ein angenehmes Gemein-

schaftsgefühl. Der Mensch lebt nicht nur

von Brot allein - Geschichten verbinden und

Erzählen stiftet Gemeinschaft.

Diese Erfahrung macht auch die kleine

Maus Nilli, die durch Zufall ein Buch

entdeckt. „Sie liebt Geschichten über alles.“

Und so beginnt sie gleich zu lesen. Vielfach

wird sie unterbrochen und über die erste

Seite kommt sie nicht hinaus. Zum Lesen

braucht man Ruhe, doch überall herrscht

hektisches Treiben, dem Lärm ist nicht

zu entkommen. Erst als Nilli alle Tiere

aus dem Wald zu einem Märchentag

einlädt, kommt sie in den Genuss der

Geschichten. Und nicht nur sie: alle

hören zu, was sie vorliest und ihre

Gesichter verraten, dass sie diesen

Märchentag genießen.

Lesen ist eine leise und unspektakuläre

Tätigkeit, man kann sich damit nur

schwer in den Mittelpunkt stellen. Und

doch steht das Buch im Wettbewerb mit

modischen Klamotten oder dem Skate-

board. Ulla weiß das. Sie ist aber überzeugt,

dass ihr Hobby mindestens so spannend

ist, wie die Beschäftigungen, die Bruno

Lies mich (vor)

Das Bilderbuch im Bilderbuch

Leo Lionni: Frederick, Middelhauve

Es

war

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mal

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on S

tefa

n G

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elun

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ari-J

osé

Sac

ré,

bohe

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ress

Nikolaus Heidelbach: Ein Buch für Bruno Beltz & Gelberg

Martina Lainer

35

wichtig sind. Immer wenn er was Neues hat,

kommt er bei Ulla vorbei und holt sich An-

erkennung und Beachtung. Ihm ist schnell

langweilig und so braucht er viel Abwechs-

lung. Ulla kann sich ganz lang mit einem

Buch beschäftigen. Eines Tages bringt sie

ihn dazu, sich mit ihr ein Buch anzusehen.

Und sie beginnt ihm vorzulesen. Die vielen

nachfolgenden Bilder regen an, die Ge-

schichten selber zu erfinden, die Ulla vor-

liest. In allen kommen die beiden Kinder vor,

sie unternehmen und erleben gemeinsam

Abenteuer, bestehen Gefahren und mei-

stern Bedrohungen, sie erfahren Gemein-

schaft und werden Freunde.

Bücher helfen Gemeinschaft zu stiften. Sie

sind aber auch Spiegel und Schlüssel zum

eigenen Ich. Sie halten viele Überraschun-

gen bereit. So spannend wie das Auspak-

ken eines Buchgeschenkes kann auch die

Lektüre sein. Die beigefügte 3-D-Brille ent-

führt in die tiefen Dimensionen des Buches,

die zugleich die Psyche des Lesenden wi-

derspiegelt. Im Laufe der Lektüre konkreti-

siert sich das lesende Kind in seiner Per-

sönlichkeit und verändert sich und damit

das Buch. Buch und Leser bedingen ein-

ander, das eine ist mit dem anderen ver-

woben und ohne einander nicht denkbar.

Das Kind erlebt sein Leben gespiegelt im

Buch und kann wiederum sein Leben aus

der Erkenntnis der Lektüre gestalten.

Man kann die Lektüre eines Buches nicht

rückgängig machen und sie hat immer eine

Auswirkung auf das reale Leben. Das Bild

vom Hineingehen in ein Buch ist stark und

treffend, denn beim Lesen beginnt ein in-

tensiver Dialog, der über den Inhalt hinaus

auch den Autor bzw. Illustrator einbezieht.

Das ist in diesem Fall Jörg Müller und wer

mit seinen Büchern vertraut ist, weiß, dass

er nicht ohne Ironie auskommt.

Und über all dem schwebt die Faszination,

die von Büchern ausgeht. Weil Geschich-

ten faszinieren, kann man sie nur schwer

aus der Hand legen. Wer das als Kind er-

lebt, kennt dieses Phänomen auch noch als

Erwachsener, wenngleich diese Intensität

der Leseerlebnisse - leider - abnimmt, ganz

geht sie aber nicht verloren. Und so kann

ein neues Buch etwas sehr, sehr Reizvol-

les sein.

Robbi erlebt das so. Doch weil es schon

spät am Abend ist, vermischt sich die Ge-

schichte mit der Realität und da kann dann

die Fantasie schon sehr stark werden. Die

tolle Geschichte spielt im Sumpf - welcher

Jörg Müller: Das Buch im Buch imBuch

Verlag Sauerländer

Mireille d’Allancé:Robbi und das neue Buch,

Moritz Verlag

36

Ort der Handlung wäre besser geeignet, um

die Angst des Kindes vor der Dunkelheit

und dem Alleinsein mit der Neugierde und

der Lust auf Abenteuer zu verquicken. Ge-

borgenheit braucht jedes Kind, besonders

dann, wenn es sich wieder über seinen ei-

genen Erfahrungshorizont hinausgewagt

hat. Es hat Neues erlebt und ist gewach-

sen. Es braucht aber auch die Begleitung

durch Erwachsene. In der Lektüre wie im

realen Leben.

Die hier vorgestellten Bücher werden den

Kindern gefallen, sie werden sich darin wie-

derfinden. Vor allem kann eine Gruppe von

Kindern, ob im Kindergarten oder in der

Bibliothek, ein Gemeinschaftsgefühl über

Bücher entwickeln und wenn man daraus

ein Ritual werden lässt, Märchenstunden

anbietet und Buchstabenabenteuer bestrei-

ten lässt, dann erleben Kinder Bücher und

Geschichten als spannend und sie freuen

sich auf jede neue Bücher- und Geschich-

tenwelt, die sie in die eigene aufnehmen

können. Darüber hinaus lassen sich diese

Bücher aber auch ideal bei Elternveran-

staltungen einsetzen. Erstens verdeutlichen

sie, wie wichtig Bücher und Geschichten-

erzählen für ihr Kind sind, andererseits er-

leben sie als Erwachsene die Kraft von

schön gestalteten und gut geschriebenen

Büchern. Und erkennen über die eigene Er-

fahrung, wie notwendig ihr Kind Bücher

braucht, wie beziehungsstiftend das Vorle-

sen und Bilderbuchanschauen mit dem ei-

genen Kind ist.

Dass dabei der Humor nie fehlen darf, be-

weist die Geschichte von Anna, die mit ih-

rer Mutter in die Bibliothek zum Bücher-

entlehnen gegangen ist. Und weil Erwach-

sene ja nur selten zuhören, wird aus dem

eigenmächtigen Gang Annas in die

Bibliothekstoilette ein Buchabenteuer der

besonderen Art.Marjan De Smet & Marja Meijer:Abgeschlossen, Lappan Verlag

37

Im Mai und Juni 2001 fanden sich erstmals

Kindergartenpädagoginnen und Bibliothe-

kare/innen zu gemeinsamen Fortbildungs-

veranstaltungen zusammen. Austausch

passierte auf sehr lebendige Weise, ging

es inhaltlich doch um das Erzählen von

Märchen. Die Tiroler Märchenerzählerin

Frau Wolle, alias Mag. Karin Tscholl, hat

durch ihre authentische Art zu erzählen ei-

nen Eindruck vermittelt, wie spannend und

lustvoll das Erzählen sein kann. Sie gab

aber auch Anleitungen, wie man sich Ge-

schichten, die man vor Publikum erzählen

möchte, aneignen kann. In gemeinsamen

Vorbereitungen und Präsentationen kamen

sich die Kindergartenpädagoginnen und Bi-

bliothekare/innen sehr nahe.

Die folgenden Tipps zum Erzählen stam-

men von Frau Wolle:

Was braucht es, um ein Märchen

wahr werden zu lassen?

Jemanden, der erzählt,

jemanden, der lauscht,

und eine Geschichte,

die es wert ist,

erzählt zu werden.

Erzählanfänge

„Lang, lang ist’s her, da gab es...“

„In der Nähe von ... lebte einmal ein...“

„An einem andern Ort zu einer andern Zeit

lebte irgendwo in einer kleinen Stadt mehr

schlecht als recht ein...“

„Einmal war’s, keinmal war’s, war in einem

Dorf eine Frau, die nie ein Kind bekam. So

eine Frau gibt es ja in jedem Dorf, wie bei

uns die...“

„Möge meine Geschichte schön sein und

sich entwickeln wie ein langer Faden“

„Bald Pelz bald Rock,

wie sie sich drehn

Wenn ich jetzt lüg,

weiß ich, für wen!“

„Es war einmal oder war es nicht

Es war nicht hier, es war nicht dort

Es war an einem andren Ort

Es war in ...“

Möge meine Geschichte schön seinund sich ent-wickeln, wie ein langer Faden

Tipps zum Erzählen von Märchen von Frau Wolle

Äußeres Tun bewirkt inneres: miteinander

einen Kreis bilden, zur Ruhe kommen mit

Händen, Füßen und Augen, zur Ruhe kom-

men mit dem Nachbarn - das sind elementare

Voraussetzungen, damit die Kinder innerlich

Frieden finden und mit all ihren Sinnen und

dem Herzen wach da sind. Wichtig ist, dass

Stille (...) nicht als „Erziehungsmittel“ miss-

braucht werden darf (...), sondern dass sie

etwas sehr Lebendiges ist und in der Stille

Wesentliches erfahren und erlebt werden kann.

Stille kommt allmählich, langsam. Bewegun-

gen, Aktivitäten müssen ausschwingen können.

Die Kinder müssen dort abgeholt werden, wo

sie sich gerade befinden; müssen zunächst so

ankommen dürfen, wie sie sich im Moment

fühlen.

(Brigitta Schieder)

38

„Vor so langer Zeit, dass es gar nicht mehr

wichtig ist zu wissen wie lange, da lebte

ein mächtiger König, der...“

Merkhilfen für Erzähler/innen

Märchen sind „folgerichtig“, die Teile sind

ineinander verzahnt, auf das Eine folgt das

Nächste. Wie die Perlen einer Kette reihen

sich die Teile der Geschichte aneinander.

Märchen folgen dem Aufbauschema An-

fang - Mitte - Schluss. Bestimmen Sie in

Ihrer Vorbereitung den Handlungsverlauf,

dem Sie im Erzählen folgen.

Wahrnehmungstypen / Techniken:

- Schlüsselworte oder -sätze, Reime, Wie-

derholungen, fixe Redewendungen, Stei-

gerungen, Symbolik...

- Bilder (innere + äußere)

- Körper (Emotionen -> ausdrucksvolle Sta-

tuen von jedem Teil)

- Dinge: für jeden Teil der Geschichte et-

was in die Hand nehmen

- Töne

- Düfte, Essen, Lieder, ...

- Auf die eigene Kreativität setzen!

Was einen selber interessiert und fasziniert,

das merkt man sich auch leichter.

„Fama ist die römische Göttin der Erzählung,

der Geschichten und des Gerüchts. Sie wird

überall dort beschworen und gerufen, wo er-

zählt und geratscht wird. Sie zeigt, dass das, was

beschrieben werden kann, auch verwirklichbar

ist. Erzählend wird Famas Kraft gerühmt und

ihre Magie beschworen. Erzählend wirkt sie die

Welt neu durch die Erzählerin.“

(Luisa Francia)

Erzählhilfen

- verschiedene Geschwindigkeiten beim

Erzählen wählen

- Pausen bei spannungsgeladenen Teilen

der Geschichte einlegen

- Pause vor der Pointe machen

- viele Fragen stellen („Was glaubst du, ist

dann geschehen?“), das erhöht die Span-

nung

- direkt die Zuhörenden anreden (z.B. bei

Gefühlssituationen: „Was würdest du

tun?“ „Wie würde es dir da gehen?“), sie

in das Erzählgeschehen integrieren

- Vorhersehbares von Zuhörenden ergän-

zen lassen

- Wiederholungen sind gut und wichtig, sie

strukturieren die Erzählung und können

von den Zuhörenden gesprochen wer-

den!

Lauschhilfen

- Immer nachspüren, wie viel lautes Zu-

hören erwünscht und hilfreich ist!

- Reaktionen der Kinder beachten (Faszi-

nation, Angst, Langeweile)

- Fragen nach der Wahrheit („Ist das wirk-

lich so gewesen?“) - damit wird die

Wirklichkeit der Kinder hereingeholt

- Fragen nach der Genauigkeit („Wie groß

war der Riese genau?“) - die Fantasie

und Vorstellungskraft der Kinder wird

geweckt

- Gefühle, die die Geschichte erweckt,

ausdrücken („nein!“, „hm!“, „ätsch“)

- selber weiterspinnen („und dann haben

sie sich gestritten...“)

Umfeld

- Licht: als Erzähler/in sollen sie gut sicht-

bar sein, im „Rampenlicht“ sitzen. Mit

Lichteffekten lässt sich auch Spannung

erzeugen

39

- Hintergrund: Gestalten Sie den Hinter-

grund, vor dem Sie erzählen. Dadurch

verdeutlichen sie den besonderen Cha-

rakter des Erzählens

- Kleidung: Ziehen Sie als Erzähler/in et-

was anderes als Alltagskleidung an. Wäh-

len Sie märchenhafte Accessoires (Tuch

mit Fransen, Rüschenrock)

- Setzen Sie Bilder, Farben und Bewe-

gungselemente ein

- Inszenieren (Einstellung, Aufregung, Stim-

me, Sprache):

Zeit zur Vorbereitung nehmen

Vorher Durchspielen

Farbige Sprache wählen!

Punkte machen - Erzählpausen einlegen

Das Erzählen genießen

Rituale schaffen

Der goldene Reifen ist das

Zeichen, das Symbol und

für die Kinder heißgelieb-

ter „Zauberring“, durch

den sie in das „Märchen-

land“ eintreten. Mit seiner

Hilfe gelingt der erste

Schritt in eine gesammelte

Stille auf spielerisch-leichte

Weise.

(Brigitta Schieder)

Märchenenden

„Sie leben heute noch, ich hab sie gestern

noch gesehen.“

„Man feierte 14 Tage lang

mit Trommeln, Pfeifen und Gesang,

bei Heringssuppe und Spinat

und selbst die Mäuse wurden satt.

Ob sie glücklich waren,

braucht ihr nicht zu fragen.“

„Dies ist meine Geschichte, die ich erzählt

habe, sei sie süß oder sei sie bitter für dich,

nimm etwas davon wo anders hin - und lass

etwas davon zurück zu mir kommen.“

Frau Wolle

alias Mag. Karin Tscholl

Grillhofweg 6

6080 Vill

Tel. 0512/370326

E-Mail: [email protected]

40

Bislang war klar: eine Lese-Karriere beginnt

in der Familie. Die Beschäftigung mit dem

Buch innerhalb der Familie galt als

wichtigste Erstbegegnung für das Kind, die

zur Ausbildung einer positiven Beziehung

zum Buch nötig ist. In einem

buchfreundlichen familiären Umfeld wird ein

Kind zum regelmäßigen Leser. Daran hat

sich bis heute nichts geändert.

Nun zeigen jüngste Studien, dass Eltern

immer weniger die Vermittler zwischen Kind

und Buch sind bzw. sein können. Das Vor-

lesen ist immer seltener Teil des Familien-

alltags (z.B. beim Einschlafen), Bücher ste-

hen immer seltener im Zentrum gemeinsa-

mer Beschäftigung. Nur jeder vierte deut-

sche Jugendliche zwischen 14 und 19 Jah-

ren sagt laut jüngster Studie der Stiftung

Lesen: „Bei uns zu Hause achtete man im-

mer darauf, dass ich gute Bücher las.“ Vor

acht Jahren erklärten dies noch 46 Prozent

der damals Jugendlichen!

Der Hamburger Freizeitforscher Horst W.

Opaschowski analysiert die Entwicklung

der Generation @, der Kinder, die heute

fast selbstverständlich in einem multime-

dialen Umfeld aufwachsen. Seine Befürch-

tung ist, dass sich die Medien Fernsehen,

Videos, Computerspiele, Internet von der

Rolle der „heimlichen Miterzieher“ zu „un-

heimlichen Haupterziehern, die Kinder

mehr beeinflussen und prägen als Eltern

und Lehrer“ entwickeln (Opaschwoski: Ge-

neration @, S. 82). Je früher Kinder mit dem

Fernsehen und Computerspielen allein ge-

lassen werden, desto weniger können sie

soziale und sprachliche Kompetenzen er-

werben. Aber auch die Fähigkeit sich zu

konzentrieren, eine Voraussetzung für das

Lesen, können sie nicht entwickeln. Die

sprachliche Entwicklung eines Kindes ge-

deiht am besten, wenn man ihm sprachli-

che Impulse gibt, auf die es reagieren, mit

denen es experimentieren und spielen

kann. Beim Fernsehen fehlt gerade dieser

Leseförderung ist Elternbildung

Lesesozialisation und Familieneinfluss

46%

51%

38%

60%

25%

26%

27%

41%

0% 10% 20% 30% 40% 50% 60% 70%

Bei uns zu Hause achtete manimmer darauf, dass ich gute Bücher

las

Ich habe mir oft Bücher in derBibliothek ausgeborgt

Ich habe mich oft mit meinen Elternüber ein Buch unterhalten

Bei uns zu Hause gab es vieleBücher

1992 2000

Martina Lainer

41

Aspekt und daher kommt es durch Reiz-

überflutung eher zu einer Verkümmerung

der sprachlichen Fähigkeiten. Vorlesen ist

eine gute Möglichkeit, die sprachliche Ent-

wicklung von Kindern zu fördern.

Kindergarten und Öffentliche Bibliothek

können die Eltern in ihre Bemühungen um

die Leseförderung einbinden und ihnen

helfen, dem Buch und dem Vorlesen im

Familienalltag einen festen Platz zu geben.

Eltern sind sich oft nicht bewusst, wie wich-

tig eine frühe Bindung zum Buch für das

Erlernen des Lesens ist. Die Lese-

kompetenz ist die Schlüsselkompetenz für

die Nutzung der neuen Technologien! Kin-

der, denen im Kindergarten vorgelesen wird

und die über die Bibliothek an Bücher her-

ankommen, tragen die Buchbegeisterung

hinein in ihre Familien. Sie brauchen aber

die Eltern, die diese Faszination aufgreifen

und weiter fördern. Bücherwelten erschlie-

ßen muss für das Kind mit positiven Erleb-

nissen verbunden sein, dann wird es spä-

ter Spaß beim Lesen haben. Denn nur „wer

gern liest, liest viel. Wer viel liest, liest gut.

Wer gut liest, liest gern“. (Gerhard

Falschlehner).

Literatur:

Perleth, Christoph: Die persönliche Begabung

entdecken und stärken / Christoph Perleth,

Tanja Schatz, Martina Gast-Gampe. Unter

Mitarbeit von Daniel Ringhand. - Ravensburg

: Ravensburger, 2001. 143 S. - (Ravensburger

Ratgeber Familie ; So fördere ich mein Kind)

Gärtner, Hans: Spaß an Büchern! : wie Kin-

der Leselust bekommen / Hans Gärtner. -

München : Don Bosco, 1997. 192 S.

Opaschowski, Horst W.: Generation @ ; die

Medienevolution entlässt die Kinder : Leben

im Informationszeitalter / Horst W.

Opaschwoski. - Hamburg : o.A. 1999, 221 S.

Vorlesen ist wichtig -eine kleine Rede an die Eltern

„Eine hervorragende Möglichkeit, die

sprachliche Entwicklung Ihres Kindes zu

fördern, ist das gemeinsame Ansehen von

Bilderbüchern und das Vorlesen. Gemeinsames

Ansehen von Bilderbüchern heißt, dass Sie mit

Ihrem Kind über die Bilder sprechen und sie

ihm erklären. (...) Lassen Sie aber auch Ihr

Kind zu Wort kommen und geben Sie ihm viel

Zeit, um seine Gedanken und Ideen zu

formulieren. Gewöhnen Sie sich von Anfang an

daran, Ihr Kind ausreden zu lassen, auch wenn

es manchmal etwas länger braucht, um etwas

auszudrücken. Natürlich können Sie ihm

Hilfestellung geben und verraten, wie manche

Dinge heißen. Aber vermeiden Sie es, so gut es

geht, Ihrem Kind den Eindruck zu vermitteln,

dass es zu langsam oder fehlerhaft spricht. Ihr

Kind soll am Sprechen und Erzählen Freude

gewinnen!

Besonders schön ist es für Kinder, wenn Sie

einen regelmäßigen Termin für das Vorlesen

einplanen können. Beispielsweise könnte das

Vorlesen Teil eines festen Rituals beim Zu-Bett-

Gehen sein. Dies ist auch eine gute Möglichkeit

für viele Väter, sich jeden Tag zumindest eine

Viertelstunde intensiv mit dem Kind zu

beschäftigen und ganz für es da zu sein. Wenn

Sie mehrere Kinder haben, können durchaus

unterschiedliche Bücher oder Geschichten

vorgelesen werden.

Grundsätzlich sollten Sie nur solche Geschich-

ten oder Bücher vorlesen, die Ihrem Kind auch

Spaß machen, bei denen es sich nicht fürchtet

und die bei ihm keine Ängste erzeugen. Lesen

Sie vor allem nichts vor, was Ihr Kind selbst

nicht hören will.“

(Aus: Christoph Perleth: Die persönliche Begabung

entdecken und stärken. Ravensburg 2001, S. 45ff)

42

Der Kindergarten wird zunehmend von

Eltern und Pädagogen/innen über die

primäre Bestimmung als Bildungsein-

richtung hinaus als Kommunikations-,

Informations- und Begegnungszentrum

genutzt. Der Kindergarten ist jene

Einrichtung, die die meisten jungen Familien

mit Kindern erreicht. Der pädagogische

Anspruch an die Zusammenarbeit mit Eltern

von Kindergartenkindern liegt heute

verstärkt in der Einbindung von Eltern als

Erziehungspartner. Öffentliche Bibliotheken

haben eine ähnliche Entwicklung

genommen und sind schon aus diesem

Grund ein ergänzender Partner für den

Kindergarten und umgekehrt.

Kindergarten und Bibliothek:

Gemeinsame Ziele und Methoden in der

Elternarbeit

Die Zusammenarbeit des Kindergartens mit

Bibliothek(en) sowie Einrichtungen und In-

itiativen, die in der Zielsetzung - Erziehung

zur Lesekultur - adäquate Angebote aufwei-

sen (z.B. Eltern-Kind-Zentren, Tagesmütter),

lassen Synergieeffekte entstehen, die auf

Familien anregend und förderlich wirken.

Ziele der Elternarbeit und Elternbeteiligung

in der Erziehung zur Lesekultur sind

- die gezielte Information seitens des Kin-

dergartens und der Bibliothek zum Um-

gang mit Bilderbüchern, Geschichten und

Tonträgern, abe rauch zur Auswahl und

zur Beurteilung der Qualität,

- der Austausch über gegenseitige Erwar-

tungen und Vorstellungen,

- die Bereicherung des Kindergarten-

alltages durch die aktive Mitarbeit von

Eltern,

- die Motivation zur Nutzung von Angebo-

ten innerhalb und außerhalb des Kinder-

gartens.

Die Methoden zur Umsetzung von Eltern-

arbeit in diesem Bereich sind vorrangig

aktivierend, keinesfalls aber belehrend (z.B.

können Eltern Einblick in die Vielfalt des

kindgerechten Anbietens von Kinder-

literatur gewinnen).

Auf diesem Weg finden Eltern oft wieder

Zugang zu ihren eigenen Kindheits-

erfahrungen und erleben aus neuer Per-

spektive, wie es sein kann, wenn z.B. kind-

liche Angst vor Dunkelheit über die Identi-

fikation mit einem Erzählinhalt bewältigt

wird.

Kindergartenpädagoginnen und Bibliothe-

kare/innen sind für Eltern qualifizierte An-

sprechpartner in der Auswahl geeigneter

Medien. Der Kindergarten selbst verfügt in

der Regel über eine Bibliothek, die nach päd-

agogischen Kriterien zusammengestellt ist :

Elternarbeit und Erziehung zur Lesekulturin Kindergarten und Bibliothek

Veronika Hintermair

43

· Kommunikationsfördernde Bücher für Kin-

der (Bilder-, Märchen-,Sachbücher etc.)

· Kassetten in guter Qualität mit kind-

gerechten Inhalten (Musik, Lieder, Tän-

ze, Hörspiele)

· Didaktische Spiele und Gesellschafts-

spiele

· Bücher für Erwachsene zu psychologi-

schen und pädagogischen Themen

· Fachzeitschriften über Familie und Erziehung

Die bewährte Form des Ausleihens verläuft

in vielen Kindergärten vorwiegend über die

Pädagoginnen an die Kinder und an die

Eltern und ist nicht an bestimmte Zeiten

gebunden.

Eltern gestalten mit

Neue Formen der aktiven Einbindung von

Eltern in den Kindergartenalltag entstehen

bereits in der Nutzung elterlicher Ressour-

cen. Begeisterte und interessierte Eltern be-

treuen z.B. ein Mal pro Woche das Auslei-

hen über den mobilen Bücherwagen inner-

halb des Kindergartens und arbeiten mit der

örtlichen Bibliothek zusammen, wenn es

darum geht, Neuerscheinungen auszuwäh-

len und zu präsentieren oder gemeinsam

Veranstaltungen wie ein Lesefest oder eine

Buchausstellung durchzuführen.

Durch die Kooperation mit Öffentlichen Bi-

bliotheken haben Kindergärten mit kleinen

Medienbeständen die Möglichkeit, Lücken

auszugleichen, mit neuen und attraktiven

Büchern zur Beschäftigung mit Büchern zu

verlocken. Nachdem das Angebot aus der

Bibliothek ständig wechselt, ergibt sich eine

Vielfalt, für die viele Kindergärten aus bud-

getären Gründen nicht sorgen können. Die

Eltern sollen durch die Kooperation erfah-

ren, wo sie für sich und ihre Kinder gute

Lektüre zu sozial entgegenkommenden

Bedingungen erhalten können. Ein gemein-

samer Besuch des Kindergartens in den

Räumen der Bibliothek in Begleitung inter-

essierter Eltern ist eine gute Gelegenheit,

dieses weitere Tor zur Bücherwelt zu öff-

nen.

Eltern, die gerne erzählen und/oder vorle-

sen, bieten nach Absprache mit der Päd-

agogin ihre Mitarbeit an. Daraus können

sich schöpferische Aktivitäten ergeben, wie

beispielsweise das fantasievolle Einrichten

einer gruppenübergreifend genutzten

„Geschichtenhöhle“, die in der Gestaltung

das Eintauchen in die geheimnisvolle Welt

der Bilder und Geschichten zeigt.

Im Rahmen der Nutzung von örtlichen oder

nahe angesiedelten Bibliotheken können

Eltern wertvolle Mithilfe leisten, wenn es

z.B. darum geht, an einer Autorenlesung in

der Bibliothek teilzunehmen, sei es in der

vorbereitenden Organisation oder über die

Begleitung und Betreuung der Kinder-

gruppe.

Die Kontaktnahme des Kindergartens mit

einem Theaterverein kann durch elterliches

Mitwirken positiv gestützt werden und in der

Wahl eines Kinderstückes, welches dann

zur Aufführung kommt, wechselseitige Be-

ziehungen zwischen Erwachsenen und Kin-

dern stiften.

Das jährliche Angebot der Buchausstellung

ist beliebt und dient keinesfalls nur dem

geschäftlichen Profit. Über diese Veranstal-

tung kann die kontinuierlich wiederkehren-

de Begegnung mit ausgewählten Büchern

und Spielen erreicht werden. Sie hat sich

zum beliebten Treffpunkt für Jung und Alt

entwickelt. Hier präsentiert sich der Kinder-

garten mit den beteiligten Eltern als Ver-

mittler von Lesekultur.

44

Liebe Eltern,

Ihr Kind ist im Kindergarten. Es ist neugierig auf viele neue Dinge – neue Freunde, neue

Spiele, neue Erfahrungen. Das ist die richtige Zeit, es auch neugierig auf das Lesen zu

machen.

Wir von der Öffentlichen Bibliothek der Pfarre St. Wolfgang wollen dazu einen kleine Bei-

trag leisten: Wir möchten einmal alle vier Wochen mit einer Auswahl unserer Bilderbücher

und Sachbücher den Kindergarten Russbach besuchen und dort für ein paar Stunden

eine „Filiale“ aufmachen. Die Kinder können sich dort ein Buch aussuchen und eben für

vier Wochen behalten. Die Gebühr dafür beträgt S 5,—. Die Erfahrungen mit den Volks-

schülern haben gezeigt, dass dieses Selbst-Aussuchen und Selbst-Bezahlen ein ganz

besonderer Anreiz ist, sich mit einem Buch zu beschäftigen. Natürlich soll das Kind auch

lernen, dass es sorgsam mit Dingen umgehen muss, die einem anderen gehören und die

es wieder „ganz“ zurückgeben muss.

Auf der Rückseite finden Sie die Lesererklärung für unsere Bibliothek, die Sie bitte Ihrem

Kind ausfüllt in den Kindergarten mitgeben, wenn Sie einverstanden sind, dass sich Ihr

Kind Bücher aus der Bibliothek entlehnen darf. Die „Bücherei-Tage“ im Kindergarten wer-

den Ihnen dann jedes Mal bekannt gegeben.

Wir möchten Sie natürlich auch einladen, uns in der Bibliothek im Pfarrheim zu besuchen,

denn wir haben außerdem noch eine große Auswahl an Spielen und Kassetten für Ihre

Kinder und viele Medien, die Sie vielleicht interessieren könnten.

Beste Grüße vom Team der Öffentlichen Bibliothek St. Wolfgang

Noch einige Tipps für die Gestaltung einer schriftlichen Einladung zu einem Eltern-

abend in den Kindergarten oder die Bibliothek:

Gestalten Sie die Einladung so, dass sie Aufmerksamkeit erregt und neugierig macht (z.B.

farbiges Kopierpapier, Illustration, ansprechender Titel für die Veranstaltung).

Sprechen Sie die Eltern persönlich an.

Verwenden Sie Ihr Logo und nennen Sie Ihren Veranstaltungspartner (Kindergarten, Biblio-

thek).

Orientieren Sie sich bei den wichtigsten Informationen Ihrer Einladung an den sogenannten

W-Fragen: Was? Wer? Wann? Wie? Wo? Mit Wem? Für wen? Warum?

Ein Brief aus der Bibliothek

Elterninfo aus der Öffentlichen Bibliothek St. Wolfgang

45

Die ideale Kindergartenpädagogin ist blond,

brünett oder schwarz und zwischen 19 –

99 Jahre alt. Sie kennt die Fachliteratur wie

z. B. 1001 Buch, Unsere Kinder, Das

Bilderbuch, Eselsohr oder Bulletin der

Kinder- und Jugendliteratur in- und

auswendig, sie liest Rezensionen, besucht

Fortbildungen, weiß, dass die

oberösterreichischen Kinder- und

Jugendbuchtage

bereits zum 7. Mal

stattfinden, lässt

sich auf Tabut-

hemen und Kon-

troversielles ein

(z.B. „Der Maul-

wurf der wissen

wollte“ und „König

und König“), ist

besonders offen

für Gleichbe-

rechtigung und

Gleichsetzung bei Jungen und Mädchen,

„spielt Bilderbücher nicht zu Tode“ und lässt

manchmal auch ein (nicht verständliches)

Wort „schweben“. Sie setzt sich mit

Bilderbüchern auseinander, die eigentlich

nicht ihrem Geschmack entsprechen, hält

„Das kleine Ich bin Ich“ nicht für den

einzigen Klassiker, bringt Zeit mit, wenn sie

in die Buchhandlung kommt, ist offen für

neue pädagogische Konzepte, steht

erzieherischen „Rezepten“ skeptisch

gegenüber und liest gerne – auch privat.

Sie weiß, leben MIT Büchern ist etwas

Wunderbares (nichts, das in einen Schrank

gesperrt und nur zu besonderen

Gelegenheiten hervorgeholt werden darf).

Test: Bin ich wirklich auf dem

Laufenden?

- Jandl/Junge: Fünfter sein, Beltz & Gelberg

- Janisch: Die Prinzessin auf dem Kürbis,

Gabriel

- Moost: Alles erlaubt? Esslinger

- Dros: Ich will die! Middelhauve

- Minne: Die Buntstiftprinzessin, Kerle

- Resch: Ein Elefant mit rosaroten Ohren,

Jungbrunnen

- Nöstlinger: Anna und die Wut, Dachs

- Bolliger: Die Kinderbrücke, bohem press

- Schami: Das ist kein Papagei ! Hanser

- Landström: Nisse beim Friseur, Oetinger

- Erlbruch: Vom kleinen Maulwurf der wissen

wollte, wer ihm auf den Kopf gemacht hat,

Hammer

- Maar: Papa wohnt jetzt in der

Heinrichstrasse, Atlantis

- Velthuijs: „Was ist los?“, fragt der Frosch,

Sauerländer

- Schreiber-Wicke: Kai liebt Sarah liebt Tim,

Thienemann

- Korky: Zilly fliegt wieder, Parabel

- Carle: Die kleine Raupe Nimmersatt,

Gerstenberg

Mit 7 Punkten kürt Sie jede/r Buchhändler/

in zur idealen Kindergartenpädagogin!

Ich weiss, es gibt noch viele andere päd-

agogische Bereiche, die wichtig sind und

viel Weiterbildung erfordern - aber als

Buchhändlerin darf man doch träumen – ja

und manchmal ist alles perfekt und ein

Traum geht in Erfüllung!

Die ideale Kindergartenpädagogin

aus der Sicht einer Buchhändlerin

Sabine Weißensteiner

46

Autorinnen und Autoren

Eine Referenzliste von Sabine Weißensteiner

Simsa MarkoHofstadtgasse 151180 WienTitel: Tina und das Orchester

Edith Schreiber-WickeAuf der Au8993 GrundlseeTitel: Kai liebt Sarah liebt Tim

Georg BydlinskiPassauergasse 142340 MödlingTitel: Daniel hilft wie ein Großer

Heinz JanischNeubaugasse 34/101070 WienTitel: Die Prinzessin auf dem Kürbis

Gerda Anger-SchmidtStrozzigasse 17/161080 WienTitel: Manege frei für Katharina

Martin AuerRotenmühlgasse 441120 WienTitel: Bimbo und sein Vogel

Erich BallingerGraschuh 418510 StainzTitel: Alex mit den roten Ohren

Rudolf Gigler8223 Stubenberg am See 191Titel: Das große Rennen

Erwin MoserPraterstrasse 49/171020 WienTitel: Winzig der Elefant

Christine NöstlingerPiaristengasse 371080 WienTitel: Anna und die Wut

Franz Sales SklenitzkaConrad-Lester-Hof 2/233150 WilhelmsburgTitel: Drachen haben nichts zu lachen

Jutta TreiberHauptstrasse 577350 OberpullendorfTitel: Das Dazwischenkind

Renate WelshZieglergasse 321070 WienTitel: Das Vamperl

Adelheid DahimeneUfergasse 104982 Obernberg/ InnTitel: Das Brillenhuhn

Franz-Josef HuainiggHufelandgasse 8/11120 WienTitel: Meine Füße sind der Rollstuhl

Stefan SlupetzkyServitengasse 8/261090 WienTitel: Nurmi

Edith ThabetHotmannsthalgasse 5/3/91030 WienTitel: Reginald Tyrannosaurus

Ein Tipp:

Kontakte zu Autoren/innen lassen sich auch

über die Verlage, in denen sie publiziert

werden, knüpfen. Wenn Ihnen also ein Bil-

derbuch besonders gut gefällt und Sie den

Autor und / oder die Illustratorin gerne ein-

laden möchten, probieren Sie es über den

Verlag.

47

Die Bibliotheks-Fachstelle der Diözese Linz

bietet eine Kombination von Bilderbuch und

dazu passender Handpuppe an. Die Bilder-

bücher eignen sich ganz besonders zur

Präsentation in Kindergärten und Volks-

schulen. Die Handpuppe kann vielfältigst

eingesetzt werden: zur Veranschaulichung

der Handlung, zur Aktivierung der Zuhörer/

innen, um als Erzähler/in in den Hintergrund

zu treten. Sie ist darüber hinaus auch

Sympathieträger für die Kinder.

Folgende Bilderbücher stehen zur

Auswahl:

Rettl, Christine: Karetto und das Meer. Ill.

v. Maderbacher, Renate. 1996. 32 S. ÖS

198,-. ISBN 3-85264-514-X

McCardie, Amanda: Mach’s gut, kleiner

Frosch. Ill. v. Crossland, Caroline. 1997.

32 S. ÖS 189,-. ISBN 3-85264-538-7

Geraghty, Paul: Solo. 1995. 32 S. ÖS 169,-

ISBN 3-85264-473-9

Eicke, Wolfram: Warum der Bär nicht

schlafen kann. Ill. v. Sormann, Christine.

1998. ÖS 197,-. ISBN 3-7072-6572-2

Lesen und Spielen

Ein Angebot der Bibliotheks-Fachstelle der Diözese Linz

Auer, Martin: Was die alte Maiasaura er-

zählt. Ein Bilderbuch über die Evolution. Ill.

v. Sormann, Christine. 1996. ÖS 198,-.

ISBN 3-85264-497

Die Bilderbücher des Gabriel Verlages wer-

den von einer ganzen Schar von Tieren,

die in den unterschiedlichsten Regionen der

Erde leben, bevölkert. Eines davon, die alte

Maiasaura stammt sogar aus der Vorzeit.

Um Kindern - und ihren Eltern - die Gele-

genheit zu geben, die Geschichten von

Solo, dem Pinguin, von Karetto, der Schild-

kröte, vom kleinen Frosch, vom dicken

Bären und auch von der alten Maiasaura,

buchstäblich zu „begreifen“ und nachzu-

spielen, bieten wir Ihnen diese Bücher mit

dem jeweils passenden Tier zu einem klei-

nen Unkostenbeitrag zur Entlehnung an.

Bestellmöglichkeiten per Post, Telefon,

Fax oder über E-Mail:

Bibliotheks-Fachstelle der Diözese Linz

Kapuzinerstraße 55, Postfach 284

4021 Linz

Tel: 0732/7610-3283; Fax DW -3288e-mail: [email protected]

Kostenbeitrag für 1 Buch und 1 Tier:

Selbstabholung:3 Tage: öS 90.- / • 6.541 Woche: öS 155.- / • 11.26Postversand:1 Woche: öS 155.- / • 11.26Das Porto wird extra verrechnet!

Christian Dandl

48

Nützliches aus dem Internet

www.biblio.at

Auf der Website des Österreichischen

BibliotheksWerks finden Sie die Projekt-

beschreibung von BÜCHER LEBEN sowie

Informationen rund um das Projekt (z.B.

Ergebnis der Befragung). Darüber hinaus

gibt es eine umfangreiche Linksammlung

u.a. zu Kinder- und Jugendbuchverlagen.

Die Rezensionsdatenbank enthält zahlrei-

che Buchbesprechungen aus dem Kinder-

und Jugendbuchbereich, unter anderem

aus der Zeitschrift „Unsere Kinder“.

www.dioezese-linz.at/bibliotheken

Diese Website enthält Informationen der

Bibliotheks-Fachstelle der Diözese Linz.

www.ooe.gv.at

Diese Website enthält Informationen der

Abteilung Bildung, Jugend und Sport des

Landes Oberösterreich.

www.stube.at

Die Website der Studien- und Beratungsstelle

für Kinder- und Jugendliteratur bietet die

„Kröte des Monats“, besondere Bücher

sowie Informationen über den Fernkurs für

Kinder- und Jugendliteratur und einen Link

zur Datenbank www.rezensionen.at des

Österreichischen BibliotheksWerks.

www.elternbildung.atDas Bundesministerium für soziale Sicher-

heit und Generationen hat eine Initiative für

Elternbildung ins Leben gerufen - diese

Website bietet einen guten Einstieg in die

Thematik und bietet eine gute Übersicht

über Einrichtungen in ganz Österreich, die

sich mit Elternbildung befassen.

www.kigaweb.de

Diese Website existiert seit 1. September

2001 und ist für Erzieher/innen gemacht.

Es finden sich Fachinformationen aus den

Bereichen Pädagogik, Psychologie und Be-

ruf, Experten-Tipps zu unterschiedlichen

Themen, Arbeitshilfen für den Berufsalltag,

Spiele, Basteltipps sowie Foren.

www.stiftunglesen.de

Die Stiftung Lesen mit Sitz in Mainz setzt

sich für eine breite Förderung der Lese-

kultur in Deutschland ein. Ein Schwerpunkt

liegt in der Erarbeitung von Projekten für

Kinder im Kindergarten- und Vorschulalter.

Die Homepage bietet einen Überblick über

Projekte, Forschungsergebnisse, bietet In-

formationen zur Elternarbeit und anderen

Bereichen der Literaturvermittlung sowie

Leseempfehlungen an.

www.gutenberg.aol.de

Das Projekt Gutenberg bietet eine Menge

Texte zum Downloaden - für das Projekt

BÜCHER LEBEN von besonderer Wichtig-

keit sind die Märchen und Sagen.

www.maerchengesellschaft.de

Diese Website funktioniert nur, wenn man

einen Browser hat, der Java unterstützt.

www.maerchenkreis.de

Die Stärke dieser Webseite des Stuttgar-

ter Märchenkreises sind Märchentexte zum

Downloaden sowie eine brauchbare Link-

sammlung rund um das Märchen.

49

Empfehlenswerte Bilderbücherfür Kindergarten und Öffentliche Bibliothek

zusammengestellt von Elfie Kainz-Kazda aus der Verlagsproduktion 2000/2001

Für die Kleinsten

Rotraut Susanne Berner: Guten Morgen,Karlchen! Gute Nacht, Karlchen! Illustrationen

von Rotraut Susanne Berner. Carl Hanser Ver-lag, München 2001

Wunderbar einfache und originelle Bilderbuch-

geschichten in Hartkarton und un-gewöhnlichem Format. Sie erzählen vom Gu-ten-Morgen- und Gute-Nacht-Ritual des

Hasenbuben Karlchen, der stellvertretend fürviele Kinder morgens nicht aus dem undabends nicht in das Bett zu bekommen ist.

Vorbildlich auch die Aufteilung der Hasen-betreuung zwischen den Eltern. Sucht amMorgen die Mama ihr Kind, ist am Abend der

Vater zuständig. Neben der Originalität derGeschichten und dem frechen Strich der Illu-strationen ein weiterer Grund beide Bücher

gleichzeitig zu erwerben.

Bücher zum Lernen

Katharina Lausche: T wie Tukan. ABC mit gro-

ßen und kleinen Tieren. Illustration von Katha-rina Lausche. Aufbau-Verlag, Berlin 2000

Außergewöhnliches ABC-Buch mit überragen-

den Tierporträts. Neben der großenIllustrationskunst überrascht auch die Tieraus-wahl, die neben bekannten Tieren wie Ele-

fant, Pinguin und Zebra auch weniger bis garnicht bekannte Tiere wie Unke, Waran undVeilchenohr präsentiert. Am Ende des Buches

gibt es daher auch noch zwei Seiten Erklä-rungen: Dort erfahren wir, dass das Veilchen-ohr nur eine von 120 Kolibrigattungen ist und

so heißt, weil es eine veilchenblaue Kehle undOhrflecken hat.

Gert Hauck: Mein allerliebster Freund . Illustra-

tionen von Barbara Treskatis. Aufbau-Verlag,Berlin 2001

Fast als Sachbuch könnte man dieses wun-

derschöne Bilderbuch bezeichnen, so viel er-fährt man über Hunde und ihre Eigenarten.Gleichzeitig ist es aber viel mehr als das, da

es uns auch Einblick in die Seele des liebstenFreunds des Menschen gibt und die Dinge ausder Sicht der Hündin Schoko erzählt – dabei

kann es zum Angstabbau beitragen. Die bril-lanten Zeichnungen in altmodischen Se-piatönen und die liebevoll gestaltete Ausstat-

tung des Buches mit Leinenrückeneinbandund einer hohen Papierqualität machen dasBuch zu etwas ganz Besonderem.

Bücher über den Alltag undkleinere und größere Problemevon Kindern

Katrin Gamerschlag: Theo und sein Hund. Il-lustrationen von Kathrin Gamerschlag. PeterHammer Verlag, Wuppertal 2001

Theo geht mit seinem Hund in den Park. Diebeiden und ihre Freundin Rosa haben großenSpaß. Doch da ist plötzlich der freche Paul

und schreit: “Du Spinner! Hier gibt’s überhauptkeinen Hund!” Traurig geht Paul nach Hause.Die Hundeleine zieht er hinter sich her. Plötz-

lich ruckt es an der Leine. Und da ist er wie-der, Theos lieber Hund. Und so fragt man sich,gibt es nun diesen Hund oder gibt es ihn nicht?

Kinder werden auf jeden Fall wissen, auf wel-cher Seite sie stehen sollen, denn sie wissennoch besser Bescheid über die Kraft des

Wünschens und Träumens.

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Babette Cole: Ich hab so Angst vor Tieren. Il-lustrationen von Babette Cole. Aus dem Engli-

schen Nicola T. Stuart. Gerstenberg Verlag,Hildesheim 2000

Mit dem ihr eigenen Humor, den man vielleicht

auch als englisch oder schwarz bezeichnenkann, greift Babette Cole die Angst von Kin-dern vor Hunden, Pferden, Bullen, Schlangen,

Vögeln, Spinnen usw. auf. Die von ihr vorge-schlagene, nicht ganz geschmackvolle Metho-de der Angstbekämpfung wird vielleicht nicht

immer erfolgreich sein. Das Darüber-Lachen,das dieses Buch durch einen comicartigenZeichenstil und absoluten Unernst auslösen

wird, ist aber sicher ein erster Schritt zum we-niger angstvollen Umgang mit Tieren.

Bruno Blume: Ein richtig schöner Tag. Illustra-tionen von Jacky Gleich. Carlsen Verlag, Ham-burg 2001

Da haben sich Mama und Papa extra frei-genommen, um gemeinsam mit den Kinderneinen richtig schönen Tag im Garten zu ver-

bringen. Doch dann kommt alles ganz andersals geplant. Denn da ist Jakob, der alle vierStunden sein Fläschchen braucht und gewik-

kelt werden muss, und Leonie, derenHemdenverbrauch auch ungefähr diesemRhythmus entspricht, und da ist ... Als dann

auch noch die Waschmaschine kaputt geht,gerät der Tag völlig aus den Fugen. Oder ent-spricht er einfach dem ganz normalen

Familienalltag mit Baby und Kleinkind? Daskönnen Sie sich gemeinsam mit Ihren Kindernbeim Betrachten dieses Buches fragen, des-

sen Witz in Wort und Bild viel zur Bewältigungvon eben diesem beiträgt.

Sally Grindley: Martins neues Zimmer. Illustra-tionen von Carol Thompson. Aus dem Engli-schen von Susanne Koppe. Moritz Verlag,

Frankfurt a. M. 2001Martin ist umgezogen und will zurück in seinaltes Zimmer. Mama meint dazu: “Wart doch

mal ab!” und wirklich, nachdem sein Zimmereine von ihm selbst ausgesuchte Dinosaurier-tapete bekommt, wird er in der neuen Woh-

nung schön langsam heimisch, findet sogareinen neuen Freund. Und so hofft Martin, dasser sich auch in Papas Wohnung seine Tapete

aussuchen darf. Einfühlsam und undramatischbeschreibt dieses Buch den Schmerz, den

Kinder bei einem Umzug erleiden können. Erstauf der letzten Seite entdeckt man, dass der

Umzug durch die Trennung der Eltern ausge-löst wurde. Zeit zur Bewältigung für die Um-stellungen in seinem Leben wird Martin auf

jeden Fall brauchen.

Engagierte Bilderbücher

Jutta Treiber: Die Blumen der Engel. Illustra-

tionen von Maria Blazejovsky. Annette Betz Ver-lag, Wien 2001

Mit großer Sensibilität beschreibt dieses Buch

den Unfalltod der kleinen Mara aus der Sichtihrer nur um ein Jahr älteren Schwester. Son-ja und ihre Eltern erleben eine sehr schwere

Zeit der Hoffnungslosigkeit und Trauer. Docham Ende gibt es auch wieder Optimismus undGlauben an die Zukunft. Die Bilder entspre-

chen der dichten Stimmung des Textes underleichtern das Einfühlen in die schwierigeThematik.

Bette Westera: Seinen Opa wird Jan nie ver-gessen. Illustrationen von Harmen van Straaten

Aus dem Niederländischen von AndreaGrotelüschen. Lappan Verlag, Oldenburg 2001

In diesem Buch ist der Großvater gestorben

und sein Enkelsohn Jan muss lernen mit die-sem Verlust umzugehen. Ein riesengroßes,rotes Taschentuch des Großvaters weckt die

Erinnerung an viele gemeinsam verbrachteTage mit gemeinsamem Spiel und Jan er-kennt, dass er seinen Opa immer im Herzen

tragen wird. Die Illustrationen in Braun- undGrautönen stimmen mit der Atmosphäre derTrauer überein, das kräftige Rot des Taschen-

tuches lässt uns aber bereits wieder Mutschöpfen.

Fantastische Bilderbücher

Julia Donaldson: Für Hund und Katz ist auchnoch Platz. Illustrationen von Axel Scheffler.Aus dem Englischen von Mirjam Pressler.

Beltz&Gelberg, Weinheim 2001Was eine echte Hexe ist, trägt heutzutage lilaFransenrock zum roten Jäckchen im angesag-

ten Vintagelook. Und wären da nicht diese gro-ße, warzige Nase und der schwarze spitze

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Hut, der uns ihre Herkunft aus dem Harry-Potter-Land verrät, könnte sie auch als mo-

derne Frau unserer Zeit gelten. Dass dieseHexe Probleme mit ihrem alten Besen hat, einneues Gefährt braucht und auch bekommt, er-

zählt uns dieses witzige Bilderbuch in gereim-ter Form und mit frechen Illustrationen.

Hermien Stellmacher: Ich will so bleibeich bin.

Illustrationen von Hermien Stellmacher.Ravensburger Buchverlag, Ravensburg 2001

Was Werbung so alles anstellen kann, erzählt

uns dieses Bilderbuch auf ausgesprochen hu-morvolle Art. Ente Erna sieht fern und weißden anderen Tieren vieles zu berichten. Und

so teilt sie den überraschten Tieren mit, dasssich Eier nur mehr mit einer Überraschung drinverkaufen lassen. Dass die schönsten Kühe

lila sind. Und nur dünne Katzen wirklich glück-lich seien etc. – dass nach einigen Versuchenden Werbebildern zu entsprechen schließlich

alle doch so bleiben können, wie sie sind,dafür sorgt Gustav Schwein. Ein Bilderbuch,das schon den Jüngsten die Möglichkeit zur

kritischen Auseinandersetzung mit dem Phä-nomen der Werbung gibt.

Genieve Brisac: Das Picknick der Bären. Illu-strationen von Michel Gay. Aus dem Französi-schen von Tobias Scheffel. Moritz Verlag,

Frankfurt a. M. 2001Endlich erfahren wir, was all die Stofftiere undTeddybären in unseren Kinderzimmern in der

Nacht so treiben. Sie gehen in den Park undmachen ein Picknick (und wie zu Pu-der-Bär-Zeiten wird dabei Honig geschleckt). Wie gut

es dabei ist, neben Teddybären auch andereSpieltiere zu haben, beweist ein hinreißendgezeichneter Ameisenbär, der die Kunst des

Indianerzeltbauens beherrscht! Ja, und jetztkönnen wir anfangen darüber nachzudenken,welche besonderen Fähigkeiten unsere

Sammlung an Stofftieren hat.

Märchenhafte Bilderbücher

Max Bolliger: Der Wunsch des Hirten. Illu-

strationen von Jindra Capek. bohem press,Zürich 2001Märchenhafte Erzählung über einen Hirten,

der vom Wunsch nach vollkommener Schön-

heit erfüllt ist. Eines Tages glaubt er, diese imFederkleid eines regenbogenfarbenen Vogels

zu erkennen. Da er diesen Vogel besitzen will,folgt er ihm. Dabei rettet er eine Amsel, einenFisch und eine Blume. Doch den Vogel zu fan-

gen gelingt ihm nicht. Schließlich muss er er-kennen, dass Schönheit nicht mit den Hän-den zu fassen ist. Doch er ahnt, dass es ei-

nen Sinn hat, sich bis ans Ende seiner Tagenach Schönheit zu sehnen. Neben dem poe-tischen Ton dieser Geschichte sind es die at-

mosphärisch unglaublich dichten Bilder vonkostbarer Farbigkeit, deren Streben nachSchönheit durchaus gelungen erscheint.

Für die Kindergartenbibliothek

Apfel, Nuss und Schneeballschlacht. Dasgroße Winter-Weihnachtsbuch; Geschichten,

Lieder und Gedichte. Gesammelt und illustriertvon Rotraut Susanne Berner. GerstenbergVerlag, Hildesheim 2001

Nächste Weihnachten kommt bestimmt undzu diesem Fest gehören das Erzählen von Ge-schichten, das Vortragen von Gedichten und

das gemeinsame Singen von Liedern – viel-leicht mehr als zu jeder anderen Jahreszeit.Auf der Suche nach Neuem werden Sie in die-

ser liebevoll zusammengestellten Anthologiefündig werden. Natürlich werden Sie aberauch auf Altvertrautes stoßen. Die frischen

Illustrationen erhöhen den Schmökerspaß undverleihen auch Traditionellem neuen Reiz.

Lene Mayer-Skumanz: Kürbisfest. Illustratio-nen von Karen Holländer. Dachs-Verlag, Wien2001

Was Sie alles über den Kürbis wissen wolltenund noch vieles mehr, erfahren Sie in diesemBuch, das uns ein bunte Vielfalt an Geschich-

ten, Liedern, Gedichten, Rätseln und natür-lich Rezepte rund um diese Riesenbeere (ja,richtig, sie ist kein Gemüse, sondern eine Bee-

re) präsentiert. Für alle, die noch Vorbehaltegegen das amerikanische Halloween haben,das übrigens von den Kelten stammt, finden

sich originelle Ideen zur Gestaltung einesKürbisfestes, das dann vielleicht als typischsteirisch gelten könnte.

Peter Hammer Verlag, Wuppertal2001Theo geht mit seinem Hund in denPark. Die beiden und ihre FreundinRosa haben großen Spaß. Doch daist plötzlich der freche Paul undschreit: “Du Spinner! Hier gibt’süberhaupt keinen Hund!” Traurig er

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Und zum Abschluss zwei besondereBücher über eine besondere Frau

Valerie Larrondo: Als Mama noch ein braves

Mädchen war. Illustrationen von ClaudineDesmarteau. Aus dem Französischen vonThomas Minssen. Bajazzo Verlag, Zürich

2001Dieses wirklich witzige Buch im Kleinformatbeweist, dass auch Mama einmal klein und

niedlich war, immer alles aufgegessen hat,dass sie nie die Finger in die Nase gesteckthat, nie eifersüchtig auf den Bruder war und

noch vieles mehr ... Mama war also wirklichein tugendhaftes Geschöpf, oder? Oh, nein!Denn erstaunlicherweise beweist das dazu

gehörende Bild immer das Gegenteil.Ein Buch das die Brücke schlägt zwischenMüttern und Töchtern - und Kindern die Chan-

ce gibt, das Kind im Erwachsenen zu entdek-ken. (Bei einer Fortbildungsveranstaltung wur-de dieses Buch von 25 Kindergärtnerinnen

zum Lieblingsbuch erkoren.)

Brigitte Schär: Mama ist groß wie ein Turm.Illustrationen von Jacky Gleich. Hanser Ver-

lag, München 2001Die Sehnsucht nach der Mama ist so groß,dass sich die kleine Ich-Erzählerin in diesem

Buch eine überdimensionale Mama ausden-ken muss, um mit ihrem Schmerz über derenWeggang umgehen zu können. Natürlich wird

ihr dann nicht geglaubt, sie wird sogar alsLügnerin bezeichnet. Einfühlsam beschreibtdieses Buch die Flucht in die Fantasie als

mögliche Strategie zur Bewältigung desScheidungsschmerzes. Es vermittelt damit be-troffenen Kindern das Gefühl, nicht alleine zu

sein, und nicht betroffenen Einsicht und Ver-ständnis. Der leichte Strich der Illustrationenschafft ein Gegengewicht zur Schwere des

Themas.

53

Die Befragung hat ergeben, dass der Ein-

fallsreichtum bei den bereits bestehenden

Formen der Zusammenarbeit groß ist und

von regelmäßigen Besuchen bis zur Ver-

anstaltung von Großereignissen reicht. Ei-

nige Beispiele stellen wir schon hier vor:1

Berichte aus Bibliotheken

Bei uns in Eidenberg...

Öffentliche Bibliothek der Pfarre Eidenberg

(Elfie Zugsberger)

Es ist schon lang her, wir waren erst kurz

in unserem jetzigen Wohnort. Mein Kind

kommt vom Kindergarten nach Hause, trägt

außer seiner Kindergartentasche ein Buch,

einen Bleistift, einen Luftballon und ein klei-

nes Lineal in der Hand. Ich frage ihn: „Wo-

her hast du das Buch und die Geschen-

ke?“ Er antwortet mir: „Da waren wir heute

vom Kindergarten mit dem Bus in der Bü-

cherei und da war ein Mann, der hat mir

das gegeben. Schau ich hab auch einen

Luftballon bekommen.“ Ich sehe den Stem-

pel und freue mich, dass es im Ort eine Bi-

bliothek gibt.

Ab diesem Tag waren wir jeden Mittwoch-

abend in der Bibliothek Eidenberg, haben

Bücher umgetauscht, mit den Bibliotheka-

ren geplaudert, andere Kinder und deren

Mütter getroffen. Wir waren dabei, Kontak-

te zu knüpfen.

Irgendwann drängte sich mein langgeheg-

ter, geheimer Wunsch – einmal in einer

Bücherei mithelfen zu dürfen – vor. Es war

wieder einmal ein Mittwoch, die Schlange

der Ausleiher war sehr lang. Es war nur ein

Bibliothekar da, seine Kollegin war krank.

Ich getraute mich zu fragen, ob vielleicht

eine Hilfe gebraucht würde – nämlich mich!

Die Reaktion war: “Super, wann kannst du

anfangen? Bleib gleich da!“ Seitdem arbei-

te ich in der Öffentlichen Bibliothek Eiden-

berg.

Was den Kindergarten betrifft, so ist es fix,

dass die Kinder regelmäßig zu uns kom-

men. Leider ist der Kindergarten gut drei

Kilometer von der Bibliothek entfernt und

nur am Vormittag geöffnet.

Seit 1991 kommen die Kindergartenkinder

jedes Jahr zum Andersen-Tag in die Bi-

bliothek, leihen sich Bücher, Spiele, CD’s

oder CD-ROMs mit Lernspielen aus. Es

wird dann noch eine Geschichte erzählt und

die Mädchen und Buben bekommen klei-

ne Geschenke. Der Verleih an diesen Ta-

gen ist gratis. Die „Kindergarten-Senioren“

erklären den Kleineren, was es alles gibt

und wo es zu finden ist. Sie erklären auch,

wie man mit Büchern und Spielen sachge-

mäß umgeht.

Die Bibliothek ist im Sprachgebrauch der

Kindergarten- und Volksschulkinder fest

verankert, sodass sie gern erklären, dass

ihre Eltern nicht jedes neue Buch kaufen

müssten, weil es doch ohnehin in der Bü-

cherei zu haben sei.

Aus der Praxis für die Praxis

Berichte aus Bibliotheken und Kindergärten

1 Die Projektdokumentation mit Veranstaltungen undSchwerpunkten kooperativer Art erscheint voraus-sichtlich Anfang 2003.

54

Die Kinder kommen pünktlich alle drei Wo-

chen, um ihre ausgeliehenen Sachen um-

zutauschen. Es gibt Kinder, die – wenn man

ihnen sagt, dass das gewünschte Buch

oder Spiel verliehen ist, aber heute zurück-

kommen muss – die ganze Öffnungszeit

abwarten, dass sie sicher da sind, wenn

ihre Wunschbücher oder –spiele kommen.

Die Kinder machen sich dann nützlich, hel-

fen beim Zusammenräumen, dürfen in den

Computer tippen, andere Kinder beraten

und sind enorm wichtig.

Es kommen auch die Kinder, die aus dem

Kinderturnen heimgehen bei uns vorbei und

warten auf ihre Eltern, spielen vielleicht in

der Zwischenzeit etwas, suchen sich Bü-

cher aus, fangen gleich zu lesen an und

sind fast traurig, dass sie von ihren Eltern

„so bald“ abgeholt werden.

Die Kindergartenpädagoginnen geben der

Kindergartenbus-Fahrerin an jedem Mitt-

woch ihre Bücher-Wunschlisten mit und

werden dann am nächsten Tag mit den

gewünschten Büchern beliefert. Die Rück-

gabe erfolgt auf dem selben Weg.

Wir bekommen oft sehr nützliche Anregun-

gen durch den Kindergarten, was den Ein-

kauf kindgerechter Bücher, Spiele oder CDs

betrifft. In unserem Team arbeitet eine Kin-

dergärtnerin mit, die uns beim Einkauf be-

rät und unterstützt.

Unsere Bibliothek ist selbstverständlich in

den Ferien geöffnet und beteiligt sich je-

des Jahr an der Ferienaktion der Gemein-

de! Es gibt Kinder, bzw. junge Leute, die

seit ihrer Kindergartenzeit regelmäßig in die

Bibliothek kommen. Man sieht nicht nur das

eigene Kind, sondern auch fremde Kinder

heranwachsen und identifiziert die dazuge-

hörenden Eltern über die Kinder.

Schwerpunkte setzen

Öffentliche Bibliothek Puchenau

(Gisela Eckerstorfer)

Jährlich werden die Besuche des Kinder-

gartens in der Bibliothek unter ein bestimm-

tes Thema gestellt. So werden Schwer-

punkte gesetzt und der vielfältige Medien-

bestand kann optimal genutzt werden. Im

Jahr 2000 waren es die Teddybären, die

nicht nur die Kleinen begeisterten, sondern

auch uns Bibliothekarinnen und die Kinder-

gärtnerinnen. Die Auswahl an geeigneten

Büchern ist groß.

Die Kindergartengruppen kamen alle an

einem Vormittag. Wir gestalteten die Biblio-

thek mit den Teddy-Büchern und platzierten

an die 40 Teddybären in der Mitte der Bi-

bliothek auf einem Teppich, jedes Kind

suchte sich einen Kuschelbären aus, den

es bis zum Ende der Veranstaltung behal-

ten durfte. Wir überraschten die Kinder mit

einer Bilderbuchkinovorstellung (die Illustra-

tionen eines Bilderbuches werden fotogra-

fiert und als Dias für alle Kinder gut sicht-

bar an die Wand geworfen und die Ge-

schichte wird zu den Bildern erzählt). Na-

türlich gab es einführende Worte zum Bä-

ren in der Natur und zum Teddy als Spiel-

zeug. Passend zum Thema bereiteten wir

die Jause für die Kinder vor, und da durfte

nichts fehlen, was Bären gerne haben!

Das Arbeitsjahr 2001/2002 wird unter dem

Schwerpunkt Afrika und Kinder aus ande-

ren Ländern und Kulturen stehen. Alle kind-

gerechten Bücher, die wir in unserer Biblio-

thek zu diesem Thema angeschafft haben,

sind bereits entlehnt. Die Kindergarten-

pädagoginnen haben Vorschläge gemacht,

welche Bücher empfehlenswert sind. Ge-

meinsam werden uns sicherlich wieder gute

Ideen einfallen, um dieses Thema in der

Bibliothek spannend aufzubereiten.

55

Interessant war für uns auch die Erfahrung

mit der Organisation und Durchführung des

großen JUKI-Festes, das die Bibliothek und

der Kindergarten durchführten. Eingeladen

war Georg Bydlinski, der allen mit seinem

dicken Kater Pegasus einen herrlichen

Nachmittag bescherte. Er kam mit seiner

Gitarre und kann mit Kindern gut umgehen.

40 Minuten lang war das junge Publikum

äußerst aufmerksam, alle waren begeistert.

Buchtransfer mit dem Leiterwagen

Öffentliche Bibliothek der Pfarre Aschach

(Ingrid Mattle)

Seit einigen Jahren schon arbeitet die Bi-

bliothek eng mit dem Kindergarten zusam-

men. Besonders eine Kindergärtnerin,

„Tante“ Lucia, ist unsere Kontaktperson.

Nicht nur, dass sie selber aktive Leserin

unserer Bibliothek ist, versorgt sie auch ihre

Gruppe ständig mit neuen Büchern aus un-

serem Bestand.

Zwei bis drei Mal im Kindergartenjahr kom-

men die sogenannten „Schulanfänger“ in

die Bibliothek, um zu schmökern, sich Bü-

cher auszusuchen und sie dann im mitge-

brachten Leiterwagerl mit in den Kindergar-

ten zu nehmen. Manchmal werden sehr

viele Bücher an den Kindergarten verliehen,

dann gibt es die „Bücherei im Kindergarten“.

Laut Rückmeldung der Kindergärtnerinnen,

sind die Kinder begeisterte Bilderbuchleser/

innen. Die Bücher bleiben ca. 3 Monate im

Kindergarten und werden von einer Abord-

nung Kindern und einer Kindergarten-

pädagogin im Leiterwagerl wieder zurück-

gefahren. Natürlich zeige ich den Kindern

auch immer wieder, wie der Verleih funk-

tioniert, wie lange sie ein Buch behalten

dürfen und wann unsere Bibliothek geöff-

net ist.

Unsere zweite Aktion ist der außerordentli-

che Besuch der Kindergartenkinder unse-

rer Weihnachts-Buchausstellung, die im-

mer an einem Wochenende im Advent statt-

findet. Da sich erfahrungsgemäß wenige

Eltern Zeit nehmen, mit ihren Kindern zur

Buchausstellung zu gehen, ermöglichen wir

den Kindergartenkindern (ebenso wie den

Volksschulkindern) den Besuch schon ei-

nen Tag vor dem offiziellen Beginn. Eine

Mitarbeiterin nimmt sich dafür einen Vor-

mittag Zeit und die Kinder können sich in

Ruhe alle Bücher anschauen, von der

Kindergartenpädagogin vorlesen lassen

und auswählen, was sie sich für Weihnach-

ten wünschen. Manchmal sind die Kinder

hartnäckig genug und bringen die Eltern am

nächsten Tag in die Ausstellung, um ihre

Bücherwünsche anzubringen.

Ziel beider Aktionen ist es, die Kinder im-

mer wieder auf das Lesen und somit auf

unsere Bibliothek aufmerksam zu machen.

Zum Geburtstag in die Bibliothek

Öffentliche Bibliothek Meggenhofen

(Erika Matzuka)

Der Kindergarten ist schon lange Jahre

Partner der Bibliothek. Meistens kommt

eine Kindergartenpädagogin mit den Ge-

burtstagskindern der Woche. Sie dürfen

sich ihre Bücher selber wählen, die Ent-

lehnung ist kostenlos. Währenddessen

sucht die Kindergartenpädagogin Bücher

zu bestimmten Themen aus und informiert

sich über die Neuzugänge bzw. bringt

Buchwünsche ein. Wenn es die finanziel-

len Mittel erlauben, berücksichtigen wir die-

se Wünsche.

Rund um den Andersentag (2. April) laden

wir die Kindergartenkinder ein, in die Biblio-

thek zu kommen. Nach einer kurzen Ein-

56

führung überlassen wir die Bibliothek für

einige Zeit den Kindern. Da sich die Kin-

der- und Jugendbücher sowie die Spiele im

größten von drei Räumen befinden, haben

wir bei den Bibliotheksbesuchen die Kin-

der stets im Auge und sind andererseits

erreichbar für eventuelle Fragen. Während

die Kinder die Regale stürmen, zeige ich

den Kindergartenpädagoginnen eine Aus-

wahl der Neuzugänge.

Es ist interessant, die Kinder zu beobach-

ten und zu sehen, wie sie mit den Büchern

umzugehen wissen. Eine Gruppe von vier

Buben war auf der Suche nach Feuerwehr-

büchern. Die Begründung für ihr Interesse:

„Wir werden nämlich alle Feuerwehrmän-

ner!“ Kinder, die selten bzw. noch nie in der

Bibliothek waren, standen vorerst etwas

unschlüssig herum, wurden aber teilweise

von Kindern, die sich schon auskennen,

gelenkt und angesteckt. Zwischendurch

liest die Kindergartenpädagogin eine Ge-

schichte vor. Manche Kinder bestürmen sie,

gleich ein von ihnen ausgesuchtes Buch

vorzulesen und bekommen nicht genug.

Nach diesem Bibliotheksbesuch laden wir

die Eltern der Schulanfänger ein. Die Ein-

ladung ist mit einem Ausmalteil für die Kin-

der gestaltet. Kinder, die ihn in der Biblio-

thek abgeben, erhalten ein Geschenk. Ne-

ben dem umfangreichen Angebot an Bil-

der- und Vorlesebüchern zeigen wir den

Eltern auch die Erstlesebücher und gestal-

ten einen Tisch mit interessanten Sachbü-

chern rund um den Themenbereich Erzie-

hung, Schule, Freizeitgestaltung.

Wir nutzen natürlich die Förderung

„Kinderbuchpaket“ des Landes Oberöster-

reich, die uns erlaubt, den Medienbestand

für diese Zielgruppe attraktiv zu halten.

Zum Vorlesen in den Kindergarten

Öffentliche Bibliothek der Pfarre Grieskirchen

(Erdmuth Peham)

Mit meiner Enkelin Magdalena spaziere ich

durch die Straßen von Grieskirchen. Beide

tragen wir einen Rucksack - meiner hat den

Aufdruck: „Mit Büchern wachsen“ (Anm. d.

Red.: Das Österreichische BibliotheksWerk

initiierte im Jahr 1996 das Projekt „Mit Bü-

chern wachsen. Initiativen zur frühen Lese-

förderung in Öffentlichen Bibliotheken“ und

bot einen Rucksack mit zahlreichen Medi-

en an).

Im Kindergarten der Borromäerinnen wer-

den wir schon erwartet, Sr. Elisabeth be-

grüßt uns und wir sind im Nu von einer

Kinderschar umringt. Ich packe meinen

Rucksack aus, viele bunte Kürbisse und

das Geschichtenbuch „Die Kürbis-

prinzessin“ von Heinz Janisch kommen

zum Vorschein. Ich lese die Geschichte vor

und danach sprechen wir darüber. Ich lade

die Kinder ein, zu zeichnen, was sie gera-

de gehört haben. Alle Zeichnungen darf ich

behalten, dafür bleibt die „Kürbisprinzessin“

für eine Woche im Kindergarten, damit die

Kinder das Buch immer wieder zur Hand

nehmen können.

Im Städtischen Kindergarten am Annaberg

lese ich im Turnsaal die Geschichte von der

Prinzessin mit den langen Haaren vor, die

auf besonderes Interesse bei den Mädchen

stößt. Anschließend unterhalten wir uns

über Frisuren und das Haareschneiden.

Der integrierte Kindergruppe PINK kommt

in die Bibliothek. Wir sitzen um den kleinen

Tisch und in der Mitte steht ein Teller mit

dünn geschnittenen Karotten. Ich lese die

Geschichte von Nicki, dem Hasen, vor, der

ein Schlappohr hat und deshalb immer aus-

gelacht wird. Immer wieder versucht er sein

57

Schlappohr zu korrigieren, was ihm einfach

nicht gelingen will. Seine Freunde lachen

ihn aus, aber wer zuletzt lacht, lacht am

besten! Nicki bestellt seine Freunde zu sich

und alle müssen am rechten Ohr eine Ka-

rotte befestigen. Nun sind alle Schlapp-

ohren! Die Kinder knabbern die Karotten

und sehen noch einmal die Bilder an. Wir

sprechen über das Anderssein und wie gut

Karotten schmecken.

Die Kinder erzählen zu Hause von meinem

Besuch, sie bekommen auch alle eine

Bibliotheksinfo mit den Öffnungszeiten mit.

So habe ich schon einige junge Leser/in-

nen gewonnen.

Die Turnsaalbibliothek

Öffentliche Bibliothek der Pfarre St. Wolfgang

(Regina Raudaschl)

„Ich geh hiaz awi und hol ma was Neichs!“,

sagte ein Kind zur Kindergartenpädagogin, be-

vor es in die „Turnsaalbücherei“ hinunterging.

Sonntags nach dem Bibliotheksdienst:

Die Kisten für den Kindergarten muss ich

auch noch zusammenpacken – eine mit

Bilderbüchern, eine mit Sachbüchern (die

„Licht an!“-Bücher nicht vergessen!). Was

könnten denn die Kindergartenpäda-

goginnen jetzt brauchen? Das mit dem Dra-

chen natürlich, und auch das mit der gro-

ßen Rübe. Im Herbstbuch mit Gedichten,

Liedern und Bastelanleitungen könnte auch

was für sie dabei sein. Hab ich jetzt alles?

Jessas, der Datumsstempel! Wenn die Kin-

der nicht selber stempeln dürfen, ist die Ent-

lehnung nur halb so schön für sie. Ein paar

Kugelschreiber noch, das wär’s.

Montag, monatliche Filiale im Kindergarten:

Im letzten Moment noch die Ausleihlisten

ausdrucken (dass ich da nie früher daran

denke!) Halb Neun, Aufbruch zum Kinder-

garten samt Bücherkisten und Schwägerin.

„Die Bücherei ist da!“

Absprache, wann der nächste Bücherei-

termin sein kann (damit wir nicht mit der

„Zahntante“ oder dem Kasperl „kollidieren“),

Stempel einstellen. Ausbreiten unserer Bü-

cher im Turnsaal auf Matten und Bänken.

Ein paar Sitzmöglichkeiten noch zum

Gustieren, ein kleiner Tisch für uns als

Entlehntheke – fertig sind wir. Die ersten

kommen schon – der Moment höchster

Konzentration: Welches Kind hat jetzt wel-

ches Buch hergelegt, von wem sind die vie-

len 5-Schilling-Münzen? Ihr könnt euch ru-

hig Zeit lassen und euch die Bücher genau

anschauen, damit es euch dann auch ganz

sicher gefällt. Du hast dir schon was aus-

gesucht? Wie heißt du denn? (Die Namen

zu merken, gelingt und bei den meisten

Kindern nicht einmal bis zum Ende des

Kindergartenjahres, was sie sehr amüsiert.)

Komm, lass mich nur schnell die Buch-

nummer aufschreiben, dann gehst du zur

Manuela und stempelst mit ihr. Ja, deinen

Fünfer hab ich schon, viel Spaß mit dem

Buch - bis zum nächsten Mal! Du gibst mir

das von der Eisenbahn und nimmst dir das

von den Baufahrzeugen? Du möchtest was

mit Katzen? Au weh, da hab ich heute gar

nichts mit, aber mit Schweinderln, gehen

die auch? Ja? Schau’s dir an. Wart ein

bisserl, ich muss mir dein Buch noch auf-

schreiben, bevor du es auf deinen Platz le-

gen kannst. Was mit Dinosauriern, sehr toll.

... So, waren alle da? Dann packen wir wie-

der zusammen. Die Kindergartenpäda-

gogin nimmt sich zwei der Bücher, die ich

für sie mitgebracht habe. Noch den

Turnsaal aufräumen und „Pfiat eng!“

In der Bibliothek die Bücher wieder verräumen

und die Ausleihlisten (mit retour gebrachten und

neu entliehenen Büchern) in den Computer

eingeben. Kindergartenfilialtag Ende.

58

Berichte aus Kindergärten

Die Turnsaalbibliothek im Kindergarten

Rußbach bei St. Wolfgang

(Renate Pöllmann und Bettina Bachinger)

„Und heit geh ich aba ganz alloa!“ - ein Kind

zur Kindergartenpädagogin auf dem Weg

zur „Turnsaalbücherei“

Ein paar Gedanken bzw. Meldungen der

Kinder:

„Wia ich heit vü Geld mit hab!“ (die 5,—

Leihgebühr für 4 Wochen)

„Bei dem Buach kann ich mitsinga!“

„Mei Mama hat ma’s im Bett nuh

vorg’lesn!“

„Heit leich ich ma dein Büachö aus!“

„Mia san zerscht dran!“ (Bei 2 Gruppen

auf ausgeglichenen „Vorrang“ achten)

„Ich mach ma wieda selbm in Stempö!“

„Ma, ich hab endlich des vo da Feuer-

wehr dawischt, mei Opa is nämlich bei

da Feuerwehr und ich ah!“

„Kemmts morgn ah wieda?“

Die Besuche der Bibliothek stellen für Kin-

der und Erzieherinnen eine wertvolle Be-

reicherung im Kindergartenalltag dar. Be-

geistert nehmen die Kinder das Angebot an

und gewinnen an Selbstständigkeit. Die

Jüngeren lernen das „Ausleih-Zeremoniell“

von den Älteren, der Kindergärtnerin wird

keine Beachtung geschenkt, allenfalls

Beobachterstatus eingeräumt!

Der Wert eines Buches, der in der heuti-

gen Zeit schon schwer zu vermitteln ist, wird

den Kindern im eigenständigen Umgang

bewusst gemacht, sie übernehmen Verant-

wortung und haben Spaß dabei.

Das Einbringen des Buches in die Familie

sorgt für zusätzliche Kontakte mit den El-

tern oder Geschwistern (Jemand muss dem

Kind vorlesen!).

Wir im Kindergarten haben die Möglichkeit,

uns jederzeit vertrauensvoll an die Mitar-

beiterinnen der Bücherei zu wenden. Buch-

empfehlungen unsererseits (Fach- und Bil-

derbücher) werden von der Bücherei an-

gekauft und helfen uns, Kosten zu sparen.

Gegenseitige Vorschläge und Ideen wer-

den aufgegriffen und in die Tat umgesetzt.

Wir können mithelfen, den „Kundenstock“

der Bibliothek für die Zukunft auszubauen

und sind froh und dankbar, dass wir die

Chance haben, miteinander etwas zu tun!

Zum Abschluss möchten wir feststellen: Wir

leben in Symbiose mit der Bücherei!

59

Inge Cevela leitet die Studien- und Bera-

tungsstelle für Kinder- und Jugendliteratur

in Wien.

Mag. Christian Dandl ist Theologe und

pädagogischer Referent der Bibliotheks-

Fachstelle der Diözese Linz.

Mag. Gerhard Falschlehner ist Geschäfts-

führer des Österreichischen Buchklubs der

Jugend und Autor zahlreicher Publikationen

zum Thema Lesen und Lesevermittlung.

Veronika Hintermair ist Kindergarten-

inspektorin in Oberösterreich.

Elfie Kainz-Kazda ist Mitarbeiterin des

pädagogischen Instituts in Linz und

Bilderbuchreferentin der Fachzeitschrift

UNSERE KINDER.

Mag. Martina Lainer ist Germanistin und

Theologin und arbeitet als pädagogische

Referentin im Österreichischen Bibliotheks-

Werk. Sie ist ehrenamtlich in der Bibliothek

Elixhausen tätig.

Die Beiträge dieses Projekthandbuches

Mag. Dr. Judith Reimitz-Filipic ist klini-

sche Psychologin und klientenzentrierte

Psychotherapeutin (in Ausbildung unter

Supervision). Seit 1995 Redakteurin von

“Unsere Kinder” und Kinderpsychologin in

freier Praxis.

Anni Sarsteiner arbeitet in der Bibliothek

des Bundesinstituts für Erwachsenenbil-

dung St. Wolfgang in Strobl und leitet die

Öffentliche Bibliothek St. Wolfgang.

Sabine Weißensteiner ist Buchhändlerin

in der Buchhandlung Fürstelberger in Linz.

Frau Wolle, alias Mag. Karin Tscholl. Sie

ist Germanistin und professionelle

Märchenerzählerin. Sie lebt in Innsbruck.

60

61

Inhaltsverzeichnis

Vorwort des Landeshauptmannes Dr. Josef Pühringer 1

Im Auftrag der Leseförderung: Die Projektpartner 3Das Österreichische BibliotheksWerk 4Die Bibliotheks-Fachstelle der Diözese Linz 5Abteilung Bildung, Jugend und Sport des Landes Oberösterreich 6Redaktion „Unsere Kinder“ 7

BÜCHER LEBEN: Ein Projekt zur Förderung der Zusammenarbeit vonKindergärten und Öffentlichen Bibliotheken 8

Weil ich Kinder und Bücher liebe: Eine Bibliothekarin im Kindergarten 11

Unsere Fragen - Ihre Antworten: Umfrage unter 1006 Kindergärten undBibliotheken 12

Hallo Partner! Tipps für eine gute Zusammenarbeit 17

„Mia habm a Bücherei im Turnsaal!“ - Die Bibliothek St. Wolfgang imKindergarten Rußbach 21

Die erste Zeit der ersten Bilder(bücher) 22

Die innere Wirklichkeit oder Lesen macht selbstbewusster 23

Das Bilderbuch in der Beziehung zwischen Erwachsenem und Kind 27

Viel mehr als bloß hübsch... - Illustrationen in Bilderbüchern 31

Lies mich (vor) - Das Bilderbuch im Bilderbuch 34

Möge meine Geschichte schön sein und sich ent-wickelnwie ein langer Faden - Tipps zum Erzählen von Märchen 37

Leseförderung ist Elternbildung 40

Elternarbeit und Erziehung zur Lesekultur in Kindergarten und Bibliothek 42

Ein Brief aus der Bibliothek - Elterninfo aus der ÖB St. Wolfgang 44

Die ideale Kindergartenpädagogin aus der Sicht einer Buchhändlerin 45

Autorinnen und Autoren - Eine Referenzliste 46

Lesen und Spielen - ein Angebot der Bibliotheksfachstelle der Diözese Linz 47

Nützliches aus dem Internet 48

Empfehlenswerte Bilderbücher für Kindergarten und Öffentliche Bibliothek 49

Aus der Praxis für die Praxis - Berichte aus Bibliotheken und Kindergärten 53

Die Beiträge dieses Projekthandbuches 59

Inhaltsverzeichnis 61

Impressum 62

62

Impressum:

Herausgeber und Medieninhaber:Österreichisches BibliotheksWerk

Elisabethstraße 10, 5020 Salzburg

Tel. +43/662/881866; Fax DW -6

[email protected]

www.biblio.at

Grafik und Layout:

Österreichisches BibliotheksWerk

Fotos:

auf den Seiten 9, 20, 23, 42 und 45 mit

freundlicher Genehmigung von Eugen

Mathis, Öffentliche Bibliothek und Spielo-

thek Dornbirn-Haselstauden

Redaktion:

Österreichisches BibliotheksWerk in Zu-

sammenarbeit mit der Bibliotheks-Fach-

stelle der Diözese Linz1, der Abteilung Bil-

dung, Jugend und Sport des Landes Ober-

österreich, Kindergarten- und Hortreferat2,

und der Redaktion „Unsere Kinder“3

Salzburg, März 2002

1 Anschrift s. S. 52 Anschrift s. S. 63 Anschrift s. S. 7