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Binke, R. und F. Schwägele (2003) Mitteilungsblatt BAFF 42, Nr. 160, 131-138 131 Entwicklung einer leistungsfähigen Methode zur Bestimmung der Menge einer Tier- und Pflanzenart in Erzeugnissen mittels PCR Development of an efficient method for the quantification of animal and plant species in meat products by means of PCR R. BINKE und F. SCHWÄGELE Zusammenfassung Neben der ELISA-Technik gewinnt die Artenbestimmung unter Anwendung der PCR zuneh- mend an Bedeutung. Für viele Tierarten sind Testsysteme unterschiedlicher Hersteller er- hältlich. Diese qualitativen Kits besitzen eine hohe Spezifität und können selbst geringste Zusätze verschiedener Tierarten in komplex zusammengesetzten Lebensmitteln identifizie- ren. Derzeit werden große Anstrengungen unternommen, quantitative Systeme zur Bestim- mung von Tier- und Pflanzenzusätzen zu entwickeln. Hierbei müssen zwei zentrale Probleme gelöst werden. Einerseits werden Methoden benötigt, die beginnend mit der Ex- traktion, über die Vervielfältigung des Analyten bis hin zu seiner Detektion richtige und re- produzierbare Ergebnisse liefern. Andererseits müssen diese Ergebnisse auf festgelegte Referenzen bezogen werden, da Desoxyribonukleinsäure (DNA) einer bestimmten Tierart über verschiedene Zutaten wie beispielweise als Muskelfleisch, Fett, Eiweisshydrolysat, Blut oder Gelatine mit unterschiedlichen DNA-Gehalten und Qualitäten (unverändert oder in Bruchstücken) ins Lebensmittel gelangt. Eine quantitative Angabe ist demnach nur dann sinnvoll, wenn man die Zuverlässigkeit und Aussagekraft der angewandten Methode kennt und darüber hinaus relevante Angaben über die Art der zur Verarbeitung verwendeten Zutat hat. In der nachfolgenden Arbeit wird eine Methode vorgestellt, die geeignet ist, Kontaminationen von wertbestimmenden Fleischanteilen in Fleischerzeugnissen mit Hilfe der PCR zu unter- scheiden. Summary PCR- and ELISA-techniques are of increasing importance for the identification of animal species. A number of commercially available kits are existing for various animal species. These detection systems are suitable for qualitative identification of very low amounts of added meat in food. At present quantitative PCR systems for the determination of animal and plant species are to be developed. For quantification two problems have to be solved. At first all analytical steps like nucleic acid extraction, amplification and detection must be validated. Secondly the obtained results must be correlated to specified standards because the amount of isolated DNA depends on the prevailing matrices like muscle meat, fat, isolated protein, blood or gelatine. A quantitative determination is practicable if there is sufficient knowledge about accuracy of the methods and the existing matrices in processed products. In this report a PCR based method suitable for distinguishing varying amounts of meat and contaminations in meat products is presented. Schlüsselwörter DNA-Extraktionssystem – Quantifizierung – Tierartenbestimmung – Fleischerzeugnisse Key Words DNA extraction system – quantification – identification of animal species – meat products

Entwicklung einer leistungsfähigen Methode zur Bestimmung ......Binke, R. und F. Schwägele (2003) Mitteilungsblatt BAFF 42, Nr. 160, 131-138 131 Entwicklung einer leistungsfähigen

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  • Binke, R. und F. Schwägele (2003) Mitteilungsblatt BAFF 42, Nr. 160, 131-138

    131

    Entwicklung einer leistungsfähigen Methode zur Bestimmung der Menge einerTier- und Pflanzenart in Erzeugnissen mittels PCR

    Development of an efficient method for the quantification of animal and plant species in meatproducts by means of PCR

    R. BINKE und F. SCHWÄGELE

    Zusammenfassung

    Neben der ELISA-Technik gewinnt die Artenbestimmung unter Anwendung der PCR zuneh-mend an Bedeutung. Für viele Tierarten sind Testsysteme unterschiedlicher Hersteller er-hältlich. Diese qualitativen Kits besitzen eine hohe Spezifität und können selbst geringsteZusätze verschiedener Tierarten in komplex zusammengesetzten Lebensmitteln identifizie-ren. Derzeit werden große Anstrengungen unternommen, quantitative Systeme zur Bestim-mung von Tier- und Pflanzenzusätzen zu entwickeln. Hierbei müssen zwei zentraleProbleme gelöst werden. Einerseits werden Methoden benötigt, die beginnend mit der Ex-traktion, über die Vervielfältigung des Analyten bis hin zu seiner Detektion richtige und re-produzierbare Ergebnisse liefern. Andererseits müssen diese Ergebnisse auf festgelegteReferenzen bezogen werden, da Desoxyribonukleinsäure (DNA) einer bestimmten Tierartüber verschiedene Zutaten wie beispielweise als Muskelfleisch, Fett, Eiweisshydrolysat, Blutoder Gelatine mit unterschiedlichen DNA-Gehalten und Qualitäten (unverändert oder inBruchstücken) ins Lebensmittel gelangt. Eine quantitative Angabe ist demnach nur dannsinnvoll, wenn man die Zuverlässigkeit und Aussagekraft der angewandten Methode kenntund darüber hinaus relevante Angaben über die Art der zur Verarbeitung verwendeten Zutathat.In der nachfolgenden Arbeit wird eine Methode vorgestellt, die geeignet ist, Kontaminationenvon wertbestimmenden Fleischanteilen in Fleischerzeugnissen mit Hilfe der PCR zu unter-scheiden.

    Summary

    PCR- and ELISA-techniques are of increasing importance for the identification of animalspecies. A number of commercially available kits are existing for various animal species.These detection systems are suitable for qualitative identification of very low amounts ofadded meat in food. At present quantitative PCR systems for the determination of animal andplant species are to be developed. For quantification two problems have to be solved. At firstall analytical steps like nucleic acid extraction, amplification and detection must be validated.Secondly the obtained results must be correlated to specified standards because the amountof isolated DNA depends on the prevailing matrices like muscle meat, fat, isolated protein,blood or gelatine. A quantitative determination is practicable if there is sufficient knowledgeabout accuracy of the methods and the existing matrices in processed products.In this report a PCR based method suitable for distinguishing varying amounts of meat andcontaminations in meat products is presented.

    Schlüsselwörter DNA-Extraktionssystem – Quantifizierung – Tierartenbestimmung –Fleischerzeugnisse

    Key Words DNA extraction system – quantification – identification of animal species –meat products

  • Binke, R. und F. Schwägele (2003) Mitteilungsblatt BAFF 42, Nr. 160

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    Einleitung

    Zur Überprüfung von Deklarationen beiFleisch und Fleischerzeugnissen ist einemöglichst präzise und richtige Analysen-methode für die Bestimmung verwendetertierischer und pflanzlicher Zutaten inFleischerzeugnissen von großer Bedeu-tung. Nach § 8 Lebensmittel-Kennzeich-nungsVO in Verbindung mit der QUID(engl. Quantitative Ingredient Declaration) -Regelung ist die Menge der Zutat imZutatenverzeichnis anzugeben, wenndiese in der Verkehrsbezeichnung aufge-führt ist. Darüber hinaus zeigt die Diskus-sion über den Zusatz von gentechnischveränderten Organismen (GVO) im Sinneder EG Verordnung (VO) Nr. 1139/98 zu-letzt geändert durch EG VO Nr. 49/2000vom 10. Januar 2000, dass die Kenntnisüber Art und Anteil des gentechnisch ver-änderten Materials von zentraler Bedeu-tung sein kann. Zur Überprüfung vonGrenzwerten bzw. von quantitativen An-gaben müssen deshalb geeignete Metho-den bereitgestellt werden.

    Eine umfangreiche Auswahl an amtlichenMethoden nach § 35 LMGB steht denAnalytikern derzeit für die Tierartidentifizie-rung (qualitativer Nachweis) zur Verfü-gung. Hierbei handelt es sich um Verfah-ren auf Protein- und Fettsäure-Basis,deren jeweilige Vor- und Nachteile vonSCHWÄGELE (1999) und HONIKEL (2002)umfassend beschrieben wurden. Darausstellt sich die Frage nach der Not-wendigkeit weiterer Nachweisverfahren,welche in der Lage sind die Nachteile derbestehenden Methoden zu kompensieren.Eine Möglichkeit Tierarten in Lebensmit-teln nachzuweisen besteht darin, artspezi-fische Fettsäure- oder Proteinmuster mitStandards der zu untersuchenden Tierartzu vergleichen. Diese Methoden versagenin der Regel, je mehr Tierarten im Le-bensmittel verarbeitet wurden, insbeson-dere wenn die prozentualen Anteile starkvariieren. Eine Zuordnung von Mustern istdann nur noch bedingt oder gar nicht mehrmöglich. Die Proteinanalytik bietet darüberhinaus die Möglichkeit, einzelne artspezifi-sche Proteine nachzuweisen und damitdie verarbeitete Tierart im Produkt zuidentifizieren. Diese Methoden setzen je-

    doch die definierte dreidimensionaleStruktur der Proteine voraus, welche beider Herstellung von Lebensmitteln bei-spielsweise durch Temperatur, pH-Wertoder durch den Verarbeitungsgrad so be-einflusst werden können, dass qualitativeNachweise zunehmend erschwert werden.Eine semi-quantitative Aussage ist derzeitnur in Kombination unterschiedlicher Ver-fahren und unter Kenntnis der verschiede-nen Einflussfaktoren bei relativ großer Un-sicherheit möglich.

    Prinzip der PCR Analyse

    Wünschenswert ist demnach eine Zielsub-stanz, die für jede Tierart spezifisch undrelativ konstant im Organismus vorhandenist sowie darüber hinaus eine strukturelleSpezifität auch in hochprozessierten Le-bensmitteln beibehält. Eine geeigneteSubstanz, welche diese geforderten Ei-genschaften hinreichend erfüllt, ist Des-oxyribonucleinsäure (DNA). In tierischenZellen ist DNA im Zellkern und in denMitochondrien lokalisiert. Ihr Anteil wurdebeispielsweise für Rindermuskulatur mitetwa 0,04 - 0,06 % (YOUNG et al., 1987,HERBEL und MONTAG, 1987 undSAVAIANO et al., 1983) bestimmt. Für denNachweis werden DNA-Bereiche ausge-wählt, die aufgrund ihrer unterschiedlichenAbfolge (Sequenz) der Nucleobasenspezifisch für eine Tierart sind. Mit Hilfeder Polymerase Kettenreaktion (PCR) wirddieser Sequenzbereich (Template) ver-vielfältigt und kann anschließend mit ge-eigneten Verfahren wie der Gelelektropho-rese in Verbindung mit spezifischenFärbemethoden sichtbar gemacht undbewertet werden. Das Prinzip der PCR istin Abbildung1 dargestellt.

    Dabei werden alle für die PCR benötigtenKomponenten in geeigneten Konzentratio-nen in einem sogenannten Mastermix zu-sammen pipettiert und für die nachfol-gende PCR in einen Thermocyclergestellt. Dieses Gerät steuert durch präzi-sen Temperaturverlauf die Vervielfältigungdes DNA-Abschnitts.

    Im ersten Schritt wird eine Temperatur von95 °C eingestellt, bei der die DNA in ihreEinzelstränge aufgeschmolzen (denatu-

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    riert) wird. Kurze DNA-Abschnitte (Primeroder Startersequenzen) lagern sich beiTemperaturen zwischen 50 - 60 °C spezi-fisch an die getrennten DNA-Matrizen(Templates) an, indem sie die zu verviel-fältigende Sequenz einschließen. DieDNA-Polymerase verlängert im letztenSchritt der PCR bei einer für sie optimalenTemperatur (beispielsweise 72 °C) diePrimer, so dass am Ende eines Zyklus dieZielsequenz verdoppelt wurde. Die expo-nentielle Vermehrung (2n, n = Anzahl derZyklen) wird im Laufe der PCR durch diesich ändernde Zusammensetzung der

    Mastermix-Komponenten und die abneh-mende Aktivität der DNA-Polymerase zu-nehmend langsamer und kommt nachetwa 20 - 40 Runden zum Stillstand. Beioptimaler Einstellung der PCR sollte derKurvenverlauf, insbesondere der Teil desexponentiellen Anstiegs, nur abhängig vonder eingesetzten DNA-Menge sein. AlleFaktoren, die eine gleichbleibende PCRbeeinflussen, wie beispielsweise unter-schiedliche Reaktionsansätze, Reakti-onsgefäße, Thermocycler und insbeson-dere die Qualität des DNA-Isolats müssenvorher standardisiert werden.

    Abb. 1: Schematischer Ablauf der PCR

    Die hier dargestellten Untersuchungenverfolgen das Ziel, quantitative PCR-Me-thoden insbesondere für die Bestimmungvon Fleisch in Fleischerzeugnissen bereit-zustellen. Sie sollen dazu beitragen, denVerbraucher vor Täuschung und gesund-heitlichen Gefahren wie beispielsweise vorallergieauslösenden Bestandteilen zuschützen.

    Mit Blick auf den 1 (0,9) % Grenzwert fürGVO-Zusätze und die Überprüfbarkeit vonMengenangaben soll gezeigt werden, wiereproduzierbar derzeit Nucleinsäure ausFleisch und Fleischwaren isoliert werdenkann und welchen Einfluss der Verarbei-

    tungsgrad wie beispielsweise die Hitze-behandung auf die Ergebnissicherheit derverwendeten PCR-Methode hat.

    Material und Methoden

    Für die Isolierung von Nucleinsäuren ausFleisch und Fleischerzeugnissen wurdeein geeignetes Extraktionssystem opti-miert und validiert (BINKE et al., 2003)welches nachfolgend kurz beschriebenwird.

    Zur Lyse werden 25 mg bis 100 mgFleisch bzw. 50 mg Fleischerzeugnis ein-

    5´3´

    3´5´

    5´3´5´3´

    3´5´3´5´

    DNA - Matrize (Template)

    5´ 3´5´ 3´

    3´ 5´3´ 5´

    Schmelzen (Denaturieren)

    Primer - Anlagerung (Annealing)

    extrahierte DNA

    ����������

    ��������������������

    5´3´

    DNA - Synthese (Elongation)

    5´ 3´3´ 5´5´ 3´3´ 5´

    Verdoppelung der Zielsequenz

    PCRZyklusPCR

    Zyklus

    5´3´

    3´5´

    5´3´

    3´5´

    ����������

    5´5´3´

    ��������������������

    5´5´3´5´3´

    ����������5´ 3´5´

    ��������������������5´ 3´5´

    ���������5´ 3´5´

    ���������5´ 3´5´

    MastermixPrimer

    MgCl2dNTP

    Polymerase

    ��������������������������������

  • Binke, R. und F. Schwägele (2003) Mitteilungsblatt BAFF 42, Nr. 160

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    gewogen, mit Lysepuffer, einer salzhalti-gen wässrigen Lösung, und demproteinabbauenden Enzym Proteinase Kversetzt. Der Ansatz wird über Nacht ly-siert. Hierbei werden die proteinhaltigenZellstrukturen zerstört, so dass die DNAnach erfolgter Lyse gelöst in der Suspen-sion vorliegt. Nach Zugabe einer chloro-formhaltigen Extraktionslösung werdenalle nucleophilen Bestandteile in die orga-nische Phase überführt, wohingegen nichtlysierte Proteine an der Interphase aus-gefällt werden. Die Nucleinsäuren verblei-ben in der wässrigen Lösung und werdendurch Zentrifugation von den restlichenProbenbestandteilen abgetrennt. Der klareÜberstand, in dem sich die DNA befindet,wird abpipettiert. Die Nucleinsäure wirdanschließend mit Isopropanol ausgefällt(Präzipitation). Die DNA kann nun entwe-der durch Zentrifugation an die Wand desReaktionsgefäßes (Abb. 2, System 1) oderan entsprechendes Säulenmaterial(Abb. 2, System 2) adsorbiert werden.Nach erfolgter Reinigung der DNA mit ei-ner ethanolischen Waschlösung wird dieDNA mit Hilfe eines wässrigen Puffers vonder Säule eluiert bzw. in Puffer gelöst.

    Der Nucleinsäuregehalt in den Extrakti-onslösungen wird nach dem Verfahrenvon WARBURG und CHRISTIAN (1942)bestimmt. Hierbei werden die Absorptio-nen der Lösungen bei Wellenlängen von260 nm und 280 nm mit Hilfe eines Spek-tralphotometers gemessen und der Nuc-leinsäuregehalt in µg/ml berechnet.

    Die Amplifikation der Zielsequenz erfolgtmit einem Thermocycler der Firma PerkinElmer (PE 9600) oder dem Real TimePCR System von Corbett Research (RotorGene 2000). Die tierartspezifischen Primerwerden von der Firma Cibus BiotechGmbH bezogen. Die Primersequenzen(GM03/GM04) für den Nachweis von Sojaund die PCR-Bedingungen sind der § 35Methode L 00.00-31 entnommen. DieCharakterisierung der PCR-Produkte er-folgt bei Verwendung des ThermocyclersPE 9600 nach gelelektrophoretischerTrennung (Probenvolumen 5 µl; 10 % Po-lyacrylamidgel; 85 V; < 200 mA; ca. 1,5 h;Molekulargewichtsmarker 322 / Hae III,Qbiogen) durch Anfärben der Banden mit

    dem Fluoreszenzfarbstoff Ethidiumbromid.Die Interpretation der Messdaten bei derReal Time PCR wird mittels Vergleich derCt-Werte (engl. Ct-value, Ct = thresholdcycle) durchgeführt. Dieser Wert ist defi-niert als der Punkt, an dem der Schwel-lenwert (Threshold) die Amplifikations-Kurve der Probe schneidet (Abb. 3). DerCt-Wert ist bei gleicher Reaktions-Effizienzvon Proben und Standards nur abhängigvon der Ausgangsmenge der intakten Ziel-DNA im Reaktionsansatz. Die Reaktions-Effizienz einer 1:10 Verdünnung ist inBezug auf den unverdünnten Standard derTheorie nach maximal, wenn dieser einenum 3,3 erhöhten Ct-Wert besitzt. HöhereCt-Werte signalisieren eine nicht voll-ständige Verdopplung der Ziel-Sequenzpro PCR-Zyklus.

    Zur Bestimmung der Nachweisgrenzewurden Brühwursterzeugnisse bestehendaus 50 % Magerfleisch, 25 % Öl, 23 % Eisund 2 % Salz, Gewürzen undZusatzstoffen, mit unterschiedlichenAnteilen an Pferdefleisch und Sojaproteinhergestellt und unterschiedlich starkerhitzt.

    Ergebnisse und Diskussion

    Extraktion der DNA. Die bereits durchge-führten Arbeiten zeigen, dass ein brauch-bares DNA-Extraktionssystem für Fleischund Fleischerzeugnisse bei hoher Repro-duzierbarkeit und Reinheit entwickeltwurde. Für tierisches Gewebe wurde einrelativer Verfahrensvariationskoeffizientbzw. eine relative Verfahrensstandard-abweichung (CVxo, engl. coeffizient ofvariation) von < 10 % für 7 untersuchteTierarten ermittelt (BINKE et al., 2003).

    Die Verfahrensstandardabweichung ist einMaß für die Streuung der Analysenergeb-nisse bezogen auf den Mittelwert der Ka-libriergerade (Abb. 4). Sie kann aus derReststandardabweichung und der Stei-gung entsprechend der folgenden Glei-chung berechnet werden und ist ein Indi-kator für die Präzision und Robustheiteiner Methode.

    100[%]0

    0 ⋅⋅=

    xbs

    CVx y

  • Binke, R. und F. Schwägele (2003) Mitteilungsblatt BAFF 42, Nr. 160

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    Lösen bzw. Elution der Nucleinsäuren

    Probeneinwaage

    Lyse der Probe

    Extraktion

    1.

    2.

    3.

    Präzipitation der Nucleinsäuren

    Isolierung

    Waschen

    System 1 System 2

    4.

    5.

    6.

    7. Lösen bzw. Elution der Nucleinsäuren

    Probeneinwaage

    Lyse der Probe

    Extraktion

    1.

    2.

    3.

    Präzipitation der Nucleinsäuren

    Isolierung

    Waschen

    System 1 System 2

    4.

    5.

    6.

    7.

    Abb. 2: Schematischer Ablauf der DNA Extraktion

    Abb. 3: Amplifikationsverlauf ausgewählter Standards am Beispiel von Pferdefleisch

    Abb. 4: Parameter zur Bestimmung der relativen Verfahrensstandardabweichung als Maßfür die Robustheit und Präzision einer Methode

    Verfahrens- standardabweichung (CVx 0)

    Reststandardabweichung (s y) ist die Streuung der Messwerte um die Regressionsgerade.

    y

    x

    Regressionsgrade y = bx + a mit : b = Steigung a = Schnittpunkt der y - Achse

    x0

    Mitte des Konzentrationsbereiches

    x0 + CVx0 x0 - CVx0

  • Binke, R. und F. Schwägele (2003) Mitteilungsblatt BAFF 42, Nr. 160

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    Die Eignung dieses Extraktionssystemswurde anschließend auf Fleischerzeug-nisse ausgeweitet. Hierfür wurden insge-samt 44 kommerziell erhältliche Fleisch-erzeugnisse, davon 14 Rohwürste, 24Brühwürste und 6 Kochwürste jeweilszweimal aufgearbeitet und der Nucleinsäu-regehalt bestimmt. Die mittlere Abwei-chung der einzelnen Doppelbestimmun-gen lag bei 11,3 %. Es konnte gezeigtwerden, dass auch Nucleinsäure ausFleischwaren reproduzierbar isoliert wer-den kann.

    Nachweisgrenzen (NWG). Als weitererParameter für die Validierung des Extrak-tionssystems wurden die Nachweisgren-zen (NWG) für eine Tierart (Pferd) undeine Pflanzenart (Sojaprotein) in verar-

    beiten Brühwürsten mittels PCR ermittelt.Nach DIN 32645 stellt die NWG eine Ent-scheidungsgrenze für das Vorhandenseineines Analyten da. Für die PCR-Analytikkommt diesem Parameter eine besondereBedeutung zu, da im Gegensatz zu denmeisten Bestimmungsmethoden hier derAnalyt (DNA-Abschnitt) vor seiner Detek-tion millionenfach vermehrt (amplifiziert)wird und damit die Nachweisgrenze in derPraxis relativ frei wählbar ist. Für die Be-stimmung der NWG kann aufgrund derAmplifikation der Zielsequenz nicht derNachweis des Analyten entscheidendsein, sondern der Anteil, der sich signifi-kant von möglichen Kontaminationen un-terscheidet. Die Ergebnisse dieser Unter-suchung sind in Tabelle 1 dargestellt.

    Tab. 1: Bestimmung der NWG für Pferd und Soja

    AnteilPferd

    Erhit-zung

    Nach-weis

    AnteilPferd

    Erhit-zung

    Nach-weis

    AnteilSoja

    Erhit-zung

    Nach-weis

    AnteilSoja

    Erhit-zung

    Nach-weis

    HK schwach HK +DK schwach DK + DK - DK +

    0,00 % VK - 0,50 % VK + 0,00 % VK - 0,10 % VK +TK - TK +ÜP - ÜP + ÜP - ÜP -HK + HK +DK + DK + DK + DK +

    0,05 % VK + 1,00 % VK + 0,01 % VK - 0,20 % VK +TK - TK +ÜP - ÜP + ÜP - ÜP -HK + HK +DK + DK + DK + DK +

    0,25 % VK + 45,7 % VK + 0,05 % VK + 1,00 % VK +TK + TK +ÜP + ÜP + ÜP - ÜP -

    HK = Halbkonserve, DK = Dreiviertelkonserve, VK = Vollkonserve, TK = Tropenkonserve,ÜP = überhitztes Produkt (FC-Wert = 32)

    Die durchgeführten Untersuchungen erga-ben, dass sowohl Pferdefleisch als auchSojaprotein bis zu einer Konzentration von0,05 % (VK) in Fleischerzeugnissen sicheridentifiziert werden können. Der Nachweiswurde als positiv gewertet, wenn das fürdie jeweilige Art spezifische PCR Produktnach gelelektrophoretischer Trennung undFärbung sichtbar war (Abb. 5 und 6).

    Wie die Bahnen 2 und 7 der Abb. 6 zei-gen, wurden mit dieser Methode nicht nurgeringste Zusätze der entsprechenden

    Tierart, sondern auch Kontaminationenidentifiziert (Tab. 1). Abb. 6 zeigt aber sehrdeutlich, dass diese Banden in ihrer Inten-sität wesentlich schwächer sind als bei-spielsweise der 0,05 % Zusatz. Derzeitlaufen Untersuchungen, die sich mit derKontaminationsgefahr bei der Herstellungvon Fleischwaren und deren Auswirkun-gen auf die PCR-Analytik befassen. Durchgeeignete Einstellungen der PCR lassensich aber Kontaminationen von geringstenZusätzen deutlich unterscheiden (Abb. 6,Bahn 2, 3 und 7).

  • Binke, R. und F. Schwägele (2003) Mitteilungsblatt BAFF 42, Nr. 160

    Abb. 5: Gelelektrophoretische Trennung derPCR-Produkte für den Nachweis vonSojaeiweiss in Fleischerzeugnissen(Dreiviertelkonserve).1. Negativkontrolle, 2. 0,05 %, 3. 0,10 %,4. 0,20 %, 5. ohne Soja, 6. 1,00 %,7. 0,01 %, 8. Soja 100 %, 9. Soja 20 %,10. Molekulargewichtsmarker 7-587 bp

    Abb. 6: Gelelektrophoretische Trennung derPCR-Produkte für den Nachweis vonPferdefleisch in Fleischerzeugnissen(Halbkonserve).1. Negativkontrolle, 2. ohne Pferd,3. 0,05 %, 4. 0,25 %, 5. 0,50 %, 6. 1,00 %,7. ohne Pferd, 8. 45,7 %, 9. Pferd 1 %,10. Molekulargewichtsmarker 7-587 bp

    Einfluss der DNA-Struktur. Für die Effizienzder PCR ist neben der Anzahl der extra-hierten Ausgangssequenzen die Qualitätder DNA entscheidend, welche beiFleischwaren maßgeblich von der Hitze-behandlung des Produktes abhängt. Umden Temperatureinfluss sichtbar machenzu können, wurden Untersuchungen mitHilfe der Real Time PCR durchgeführt, dahier im Vergleich zur normalen PCR dieBildung der PCR-Produkte online verfolgtwerden kann. Abb. 3 zeigt den typischenVerlauf ausgewählter Pferdefleisch-

    standards. Bei optimaler Reaktions-Effizienz, das bedeutet alle Templateswerden in jedem Zyklus verdoppelt,beträgt die ΔCt zweier benachbarterStandards mit einem Konzentrationsunter-schied von einer Zehnerpotenz theoretisch3,3 Zyklen (Abb. 3). Um zu zeigen, welcheAuswirkungen die Hitzebehandlung derFleischerzeugnisse auf die PCR hat,wurden Referenzproben in 5 Erhitzungs-stufen mit 1%igem Pferdefleischzusatzund einem Pferdefleischstandard (roh,1 %) untersucht (Abb. 7).

    Abb. 7: Einfluss des Erhitzungs1 % Pferdefleischzusatz,

    1 2 3 4 5 6 7 8 9 10

    146 bp

    1 2 3 4 5 6 7 8 9 10

    118 bp

    137

    grades auf die PCR am Beispiel von Referenzbrühwürsten mitErhitzungsbedingungen siehe Tab. 1

  • Binke, R. und F. Schwägele (2003) Mitteilungsblatt BAFF 42, Nr. 160

    138

    Die Ergebnisse der PCR zeigen, dass biszu einem F-Wert von 3,4, dies entsprichtdem Erhitzungsgrad einer Vollkonserve(Probe Nr. 4), die Ct-Werte mit einem Un-terschied von etwa 2 Zyklen relativ kon-stant bleiben und eine ähnliche Reaktions-Effizienz wie der Standard (1:100)besitzen. Hieraus ergibt sich eine Verfah-rensunsicherheit von bis zu 1 Zehnerpo-tenz bezogen auf den 1 % Standard (d. h.0,1 bis 10 %). Des Weiteren müssen un-terschiedliche Nucleinsäuregehalte imFleischgewebe, Schwankungen bei derExtraktion berücksichtigt und vergleich-bare Reaktions-Effizienzen von Standardund Proben vorausgesetzt werden. Be-rücksichtigt man für diese Unsicherheitennochmals eine Zehnerpotenz, ergibt sicheine Gesamtverfahrensunsicherheit vonbis zu zwei Zehnerpotenzen. Davonausgehend können derzeit folgendeAnteile an Fleischzusätzen unterschiedenwerden:

    1. Kontaminationen (< 0,05 %), die beider Herstellung von Fleischerzeug-nissen unvermeidbar bzw. die bei derProbenaufarbeitung entstanden sind(Abb. 6, Bahn 2 und 7)

    2. Proben, deren Kontaminationen imBereich von etwa 0,1 - 1 % (entsprichtdem 100 - 1.000fach verdünntenStandards) liegen

    3. Proben, denen ein wertbestimmen-der Anteil (> 10 %) zugesetzt wurde.

    Zur Absicherung der Ergebnisse, insbe-sondere um wertbestimmende Anteile vonKontaminationen zu unterscheiden, ist essinnvoll, weitere Methoden wie die ELISA-Technik mit einer NWG um 1 % einzuset-zen. Bei höheren Anteilen (> 5 %) könnendarüber hinaus Methoden wie beispiels-weise die isoelektrische Fokussierung(IEF) bzw. die denaturierende Elektropho-

    rese (PAGE) wertvolle Hilfen bei der Iden-tifizierung tierartspezifischer Proteine sein.

    Schlussfolgerung

    Eine quantitative Bestimmungsmethode,welche eine Aussage über den Gehalt ei-ner Zutat im Produkt ermöglicht, ist derzeitbei der festgestellten Verfahrensunsicher-heit weder für Pflanzenzusätze noch fürtierische Zusätze in Fleischerzeugnissen,unabhängig von der angewendeten PCRMethode, verfügbar. Hierfür müssen wei-tere Faktoren, die eine reproduzierbareQuantifizierung beeinflussen, ermittelt undbei der Bestimmung hinreichend berück-sichtigt werden. Die in der Literatur be-schriebenen Systeme können in der RegelAnteile einer Tierart nur relativ bestimmen,indem sie die Kopienzahl eines nachge-wiesenen tierartspezifischen Gens in Be-zug zur Kopienzahl eines geeigneten Re-ferenzgens setzen (WOLF et al., 2001,PALISCH et al., 2003). Aussagen über denabsoluten Gehalt einer Zutat (z. B. Rind-fleisch im Produkt) sind mit diesen Metho-den nicht möglich. Zum jetzigen Zeitpunktmuss jedoch festgestellt werden, dasseine relative Bestimmung die einzige Mög-lichkeit ist, mit Hilfe der PCR Anteile vonFleisch- oder Pflanzenzusätzen zu quanti-fizieren.

    Danksagung

    Diese Arbeit wurde finanziell unterstütztdurch das EU-Projekt „MOLSPEC-ID“(Development of quantitative and qualita-tive molecular biological methods to iden-tify plant and animal species in foods).Projekt-Nr. QLK1-CT-2001-02373, Inter-netseite: http://www.molspec.org

    Literatur

    Die Literatur kann bei den Verfassern angefordert werden.

    http://www.molspec.org/