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Erfolgreiche Behandlung einer Pityriasis rubra pilaris (Typ 1) durch Kombinations-Therapie mit Infliximab und Methotrexat

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Page 1: Erfolgreiche Behandlung einer Pityriasis rubra pilaris (Typ 1) durch Kombinations-Therapie mit Infliximab und Methotrexat

DOI: 10.1111/j.1610-0387.2009.07154.x Fallberichte 1071

© The Authors • Journal compilation © Blackwell Verlag GmbH, Berlin • JDDG •1610-0379/2009/0712 JDDG | 12˙2009 (Band 7)

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ZusammenfassungDie Therapie der Pityriasis rubra pilaris(PRP) gestaltet sich oft schwierig undlangwierig. Wir berichten über eine65-jährige Patientin, die innerhalbvon 14 Tagen eine squamöse Sub-erythrodermie mit „Nappes claires“entwickelte. Auffällig waren folli-kuläre, stachelige Hyperkeratosen so-wie Rhagaden der Hände. Das klini-sche Bild führte im Zusammenhangmit der Histologie zur Diagnose PRP.Die initiale Medikation (u. a. mit exter-nen und internen Steroiden) erwiessich als unzureichend. Die daraufhinerfolgte Applikation von Methotrexat(MTX i.v., 15–30 mg/Woche) erbrachteebenfalls keine Besserung und wurdedurch Infliximab-Infusionen (5 mg/kgKG) ergänzt. Insgesamt wurden dreiInfliximab-Infusionen in Kombinationmit MTX (initial i.v., später p.o.) verab-reicht. Unter dieser bei der PRP erst-mals publizierten Kombination zeig-ten die Hautveränderungen einerasche und nachhaltige Besserung.

SchlüsselwörterPityriasis rubra pilaris – Infliximab –Methotrexat – Kombinationstherapie

EinleitungDie Pityriasis rubra pilaris (PRP) gehörtzu den erythrosquamösen Dermatosen.Es finden sich hierbei großflächig kon-fluierende, schuppende, erythros-quamöse Areale mit follikulären, spitzenPapeln. Teilweise bestehen ausgeprägteRhagaden der Hände und Füße. Auffäl-lig sind Bereiche unbefallener Haut –„Nappes claires“.Die Unterteilung erfolgt in zwei adulte(fünftes Dezennium) und drei juvenile(erstes und zweites Dezennium) Typen.Die Einteilung erfolgt nach Griffiths [1](Tabelle 1). Zudem kann ein sechsterTyp (< 5 %) HIV-assoziiert sein [2]. DieÄtiologie ist unbekannt. Verhornungs-störungen oder Störungen im VitaminA-Stoffwechsel scheinen eine Rolle zuspielen. Darüber hinaus werden schwereTraumata, Medikamenten-Unverträglich-keit und neu aufgetretene Krankheitenbzw. Infektionen als Auslöser diskutiert[1]. Die PRP wurde zudem in Assozia-tion mit Erkrankungen wie Skleroder-matomyositis, Hepatitis C-Infektionen,Lungenkarzinomen und CUP sowie Lebermetastasen gebracht.

KasuistikAnamneseEine bisher hautgesunde 65-jährige Pati-entin stellte sich mit progredientenHautveränderungen vor, die vor etwa14 Tagen begonnen hätten und sichrasch kaudal ausbreiteten. Sie berichteteüber brennende Missempfindungen,schmerzhaften Juckreiz sowie eine grob-lammelläre Schuppung.Nebenbefundlich bestanden ein Hyper-tonus, Hypothyreose nach Thyroidekto-mie sowie ein mit oralen Antidiabetikabehandelter Diabetes mellitus Typ 2.Eine Veränderung der Medikation sei inletzter Zeit nicht erfolgt.

BefundBei reduziertem Allgemeinzustand derPatientin zeigte sich eine Suberythroder-mie v. a. des oberen Integumentes mitfollikulär-stachligen Hyperkeratosen.Darüber hinaus bestanden eine ausge-prägte Schuppung, „Nappes claires“-In-seln unbefallener Haut sowie Rhagadender Hände (Abbildung 1, 2).

Labor-DiagnostikDie Laborparameter waren bis auf erhöhte HbA1c-Werte von 6,3 % (NB

SummaryPityriasis rubra pilaris (PRP) is oftendifficult to treat. A 65-year-old womenpresented with a two week history ofwidespread erythroderma and sca-ling with areas of sparing (nappesclaires). She also had follicular hyper-keratoses and palmar fissuring. Theclinical picture and histology led tothe diagnosis of PRP. She failed to respond to initial therapy which included topical and systemic cortico-steroids. She was then treated with intravenous methotrexate (MTX) 15–30 mg weekly. Because of the poorresponse we intensified her regimewith infliximab (5 mg/kg). Altogetherour patient received infliximab threetimes together with MTX, which waslater given orally. We report for thefirst time the successful combinationof infliximab and MTX for the treat-ment of PRP.

Keywordspityriasis rubra pilaris – infliximab –methotrexate – combination of treat-ments

Erfolgreiche Behandlung einerPityriasis rubra pilaris (Typ 1)durch Kombinations-Therapie mitInfliximab und Methotrexat

Successful treatment of pityriasis rubra pilaris(type 1) under combination of infliximab andmethotrexate

Dietrich Barth1, Wolfgang Harth2, Regina Treudler1, Jan C. Simon1

(1) Klinik für Dermatologie, Venerologie und Allergologie,Universitätsklinikum Leipzig A.ö.R.

(2) Klinik für Dermatologie und Allergologie, Vivantes Klinikum Spandau,Berlin

JDDG; 2009 • 7:1071–1074 Eingereicht: 23. 3. 2009 | Angenommen: 1. 5. 2009

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4,6–5,9), γ-GT von 0,93 ukat/l(NB < 0,65 für Frauen) normwertig.Auch Differentialblutbild, Rheumafak-toren, Desmoglein 1 und 3, C2- und C4-Komplement, Anticardiolipin IgG-und IgM-Antikörper sowie ANAs und ANCAs waren unauffällig.

HistologieIm oberen Corium zeigten sich perivas-kulär angeordnete und von Lympho-zyten dominierte Entzündungszellinfil-trate mit Beimengung eosinophilerGranulozyten. Lokalisiert griff das Ent-zündungszellinfiltrat auf die Epidermisunter vakuoliger Degeneration basalerKeratinozyten über. In der direktenImmunfluoreszenz fanden sich keineverwertbaren Immunphänomene. DieAlcianblaufärbung zeigte Muzinablage-rungen der oberen Dermis.Das histologische Bild ergab eine super-fizielle, perivaskulär akzentuierte bis lichenoide, lymphozytäre Interface-Dermatitis und Follikulitis.

Therapie und VerlaufInitial stellten wir die Diagnose eines Arzneimittelexanthems. Daher wurde diegesamte Medikation umgestellt bzw. abgesetzt und es erfolgte die Anwendungvon topischen Steroiden sowie über 2Wochen die Gabe von systemischenSteroiden (bis zu 60 mg/d Prednisolon-Äquivalent p.o.). Aufgrund der Wand-lung des klinischen Bildes u. a. mit „Nap-pes claire“ und der histologischenVeränderungen wurde die Diagnose einerPRP Typ 1 (klassischer Erwachsenentyp)gestellt.Bei Progredienz erfolgte die i.v. Applika-tion von MTX (15–30 mg wöchentlich).Da auch hierunter keine Besserung erreicht werden konnte, erhielt die Pati-entin zusätzlich Infliximab-Infusionen(5 mg/kg KG). Folgend zeigten sich die Hautveränderungen deutlich undnachhaltig regredient (Abbildung 3–6).Bereits eine Woche nach der zweiten Infliximab-Infusion konnten wir die Patientin entlassen.

DiskussionDie bislang unklare Pathogenese derPRP führte zu vielfältigen Therapie-ansätzen. So wurden z. B. immunsup-pressive/-modulierende systemischeTherapeutika wie Steroide, Azathioprin,Fumaderm, MTX, Retinoide, Ciclospo-rin etc. eingesetzt.

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Tabelle 1: PRP Typen nach Griffiths [1].

PRP-Typ Bezeichnung Häufigkeit Besonderheiten

1klassischer Erwachsenentyp

50 %kaudale Ausbreitung, 80 % Abhei-lung innerhalb von 3 Jahren

2atypischer Erwachsenentyp

5 %keine kaudale Ausbreitung, v. a. ke-ratotische und ekzemtöse Verände-rungen

3klassischer juveniler Typ

10 %benigner Typ – Abheilung meist nach1 Jahr, 75 % der Fälle nach Infekten

4umschriebener juveniler Typ

25 %schwer zur Psoriasis abgrenzbar,Herde an Knien und Ellenbogen

5atypischer juveniler Typ

5 %ungünstige Prognose, sklerodermie-forme Veränderungen

Abbildung 1: Inseln unbefallener Haut – „Nappes claires“.

Abbildung 2: Stachelige, follikuläre Hyperkeratosen.

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Aufgrund der geringen Fallzahlen (Inzi-denz 1/35000–1/50000) beruht die The-rapie oft auf Einzelfallberichten. Retro-spektive Untersuchungen zur Anwendungvon Retinoiden [3] und MTX [4] sind un-ter Vorbehalt zu betrachten, da in bis zu80 % Spontanheilungen erfolgen [5].Am häufigsten werden Retinoide ange-wendet [u. a. 3–6]. Da das histologischeBild der PRP den Veränderungen bei ei-ner Vitamin-A-Hypovitaminose ähnlich

ist, wirken Vitamin-A-Analoga mögli-cherweise durch die Korrektur der Dys-balance des Vitamin-A-Haushaltes beiVerhornungsstörungen im Rahmen derPRP. Neben Retinoiden wird häufig v. a.MTX als Mono- [7] sowie Kombinati-onstherapie [4] angewendet.Bei unserer Patientin mit PRP Typ 1zeigte sich initial trotz intensiver Lo-kaltherapie und systemischer Therapieu. a. mit Steroiden keine Besserung.

Auch unter einer Therapie mit MTXkam es nicht zum gewünschten Erfolg.Wir entschieden uns daher zu einerKombination mit Infliximab.Die positiven Erfahrungen bei der Psoria-sis sowie das klinisch/histologisch ähnlicheBild führten zur oft schnell wirksamenAnwendung von Infliximab (8 Fallbe-richte im Januar 2009; u. a. [8, 9]). Teil-weise gibt es jedoch frustrane Verläufe beikombinierten Therapieversuchen [10]bzw. mussten diese aufgrund gastrointesti-naler Symptome beendet werden [11].Nach unseren Erfahrungen erbringt dieKombination immunsuppressiver/-mo-dulierender Substanzen Vorteile hin-sichtlich einer schnellen und nachhalti-gen Wirkung. Bei einer Komedikationz. B. mit MTX reduziert sich das Risikovon Infliximab-Antikörpern und werdenhöhere Infliximab-Level erreicht [12,13], was konsekutiv zu einer besserenWirksamkeit führen kann [14].Die wiederholt erfolgreiche Anwendungeines TNF-�-Blockers bei der PRP legtden Verdacht nahe, dass TNF � eine zen-trale Rolle spielt. Die Bedeutung immu-nologischer Faktoren wird durch dieWirksamkeit der o. g. immunologischwirksamen Therapeutika untermauert.Die PRP stellt aufgrund der Therapie-resistenz eine Herausforderung dar. SindBasistherapeutika (rückfettende/Steroid-haltige Externa) und immummodulie-rende Substanzen nicht erfolgreich, kanneine Kombinationstherapie versuchtwerden. Aufgrund des unzureichendenAnsprechens auf Steroide und MTXwählten wir bei unserer Patientin eineKombination von Infliximab und MTXund erreichten hierunter eine rasche undnachhaltige Besserung. <<<

InteressenkonfliktFrau Regina Treudler erhielt für Vorträgeein Honorar von der Firma Essex. Wei-tere Interessenkonflikte bestehen nicht.

KorrespondenzanschriftDr. med. Dietrich BarthKlinik für Dermatologie, Venerologieund AllergologieUniversitätsklinikum Leipzig A.ö.R.Philipp-Rosenthal-Str. 23D-04103 LeipzigTel.: +49-341-9718600Fax: +49-341-9718609E-Mail: [email protected]

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Abbildung 3: Klinisches Bild der 65-jährigenPatientin zwei Wochen nach Erstmanifestationder Hautveränderungen.

Abbildung 4: Zustand fünf Wochen nach Er-krankungsbeginn und nach zweiwöchiger i.v.Methotrexat-Gabe.

Abbildung 5: Zustand bei Entlassung – eineWoche nach zweiter Infliximab-Infusion.

Abbildung 6: Zustand etwa 1 Jahr nach Exacer-bation.

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