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22. JULI 1933 KLINISCHE WOCHENSCHRIFT. 12. JAHRGANG. Mr. 29 IX45 des Fortbestehens embryonaler VerhXltnisse, der klinisch zu beobachtende Zeitpunkt der Lebervergr6Berung und die Frage der Diastaset~tigkeit in den Organen erhalten bei dieser neuen Betrachtungsweise einen Zusammenhang. Der Tierversuch steht nicht im Widerspruch zu diesen Anschau- ungen and ist iiberwiegend als Beweis heranzuziehen. Die bisherige Erfolglosigkeit der Therapie wird begrfindet. Diese kurze Idbersicht wird zum besseren Verst~ndnis der folgenden Arbeiten gegeben, die die Teilgebiete erfassen. Sie werden zum Teil gemeinsam mit BIEDERMANN und SYLLA ver6ffentlicht. (Aus der Universitdi~s-Kinderklinik Halle a. S. [Direktor: Pro]. Dr. Goebel].) ERFOLGREICHE CHEMOTHERAPIE UND PROPHYLAXE GEGEN DAS ROUS-SARKOM DES HUHNES. Von P. ZADI~:, Hamburg. Mit dem Rothmannschen Pb-Pyridin-S-Pr~parat R 237 B gelang es COLLIER 1, das Hodencarcinom des Kaninchens zu heilen oder seine Metastasierung zu verhindern und ZADIK ~, die maligne tibertragbare Hiihnerleuk~mie zu heilen und gegen sie mit Sicherheit zu ,,immunisieren". Ein auf diese Weise gegen die Leukose geschfitztes Tier erwies sich, wie ich am 6. Januar 1933 in der Hamb. biol. Ges. mit~eilte, auch gegen das Rous-Sarkom als unempf~nglich, was bei diesem h6chst mali- gnen, bisher noch hie beeinfluBten Tumor sonst nicht vorkommt. Es gelang mir nun, bei 4 Serien (24 Hfihner; 6 Kontrollen) mit i-- 3 i.-v. Injektionen des oben genannten Mittels aus- nahmslos einen v611igen Schutz zu erzielen. In einem Falle lag die letzte Behandlung i (1)Jahr zurfick, in einem anderen ~/~ J a h r . 6 Hfihner wurden i-- 3 Wochen vor der Impfung behandelt. Bei 2 Tieren erfolgte die Therapie am xo. Tage nach der Impfung, also bei schon im Gange befindlicher Tumorbildung. Alle Hfihner blieben oder wurden gesund. Sarkom und Leuk~tmie des Huhnes k6nnen durch v611ig zell- freie, rein chemische, unbelebte und nicht vermehrungsffihige Extrakte fibertragen werden (Rous, MURPHY, DOERR, ]~LLER- MANN, ENGELBRETH). ]~RNST FRXNKEL 3 nimmt neuerdings hierftir Virusenzyme an. Meines Erachtens ist ein Virus, d. h. ein organisiertes Agens, abzulehnen und dem Enzym ein hormonartiger Charakter (1. c.) zuzuschreiben. Ich schlug die Annahme eines Hormones (des pathologisehen Wachstums) vor, das die durch eine prim~tre Ursache zur Tumorzelle ge- wordene Normalzelle absondert. Dieser Sekund~rfaktor kann anderen Normalzellen desselben Gewebesystems Eigenschaften induzieren, die sie zur Tumorzelle und zur Produzentin des- selben Stoffes machen. Ftir die auch zellfrei iibertragbaren malignen Tumoren yon Ratte und Maus gilt das gleiche. Die Wirkung des Pb-Pr~tparates deute ich als Feiung sonst reagibler Zellen gegen den SekundXrfaktor, nicht aber als Beeinflussung des Giftes, das erhalten bleiben kann. (Ausffihrliche Dar- stellung mit Tabellen folgt.) Literatur : *Klin. Wschr. Febr. I932. -- e Fol. haemat. (Lpz.) I933, 488. -- a Berl. mikrobiol. Ges. 2o. III. 1933. PRAKTISCHE ERGEBNISSE. ZUR DIFFERENTIALDIAGNOSE DER CHRONISCHEN MALARIA. Von Privatdozent Dr. OTTO FISCHER, Tiibingen, Tropen-Genesupgsheim. Erkrankungen an Malaria kommen atich heute in Deutsch- land nicht so selten zur Beobachtung, wennsehon autochthon entstandene F~lle nur noch in wenigen Gegenden, vor allem in der Umgebung yon Emden, auftreten. Denn trotz des Verlustes der Kolonien sind noch zahlreiche Deutsche in iiber- seeischen L~ndern t~itig nnd bringen beim Urlaub oder bei endgfiltiger Heimkehr oft ein Wechselfieber mit. Praktisch aber gewinnt die Erkrankung eine um so gr6gere Bedeutung, als sie heute yon den Beru]sgenossensehaJten als Un]all an- gesehen wird und daher h~ufig dem Facharzt wie dem All- gemeinpraktiker zur gutachtlichen J~uBerung Veranlassung gibt. Die Ansicht der deutschen Autoren fiber den Verlauf eines Wechselfiebers, wie sie sich auf Grund der Erfahrungen an der im Weltkrieg erworbenen Malaria gebildet hat, land ihren Ausdruck auf der letzten Tagung der DeutSchen Tropenmedizinischen Gesell- schaft in Tfibingen (I929) und geht kurz gesagt dahin, dab eine Malaria zwar anfangs h~ufig zu :mehr oder minder schweren IRfick- I~llen ffihren kann, dab diese aber im gem~gigten IKlima nach einiger Zeit seltener werden and sch!ieBlich ganz aufhOren. So konnte auf jenem eben erwXhnten KongreB:/~ber kelnen Eall noch bestehender aktiver Malaria aus der Zeit des Weltkrieges berich• werden, zu deren Sicherstellung der Nachweis yon Parasiten im Blur gefordert werden~muB, and diese Erfahrung hat sich auch in der folgenden Zeit durchaus best~tigt. Das sp~teste Rezidiv wurde bei einem 1917 in der Dobrudscha infizierten Falle 1926/27 vou mir selbst auf der Abteilung yon MOHLEZqS im ttamburger Tropeninstitut beobachtetL Im ver- gangenen Jahre hatte ich wieder Gelegenheit, ein ]3Iutpr~parat dieses Patienten zu untersuchen, da sich nach jahrelangem Wohl- befinden in der letzten Zeit wieder Fiebersteigerungen ejngestellt hatten, die den Verdacht einer Malaria erweckten. Doch konnten darin keine t~araslten getunden and damit das u eines Wechselfiebers mit Sicherheit ausgeschlossen werden. Gleichwohl sieht man aber auch heute immer wieder Patienten, bei denen malaria~hnlich verlaufende Fieber- anf~lle auf ein vor vielen Jahren durchgemachtes Wechsel- iieber zurfickgeffihrt werden. Es ist zwar meist nicht schwer nachzuweisen, dab eine solche Infektion nicht mehr vorliegt. Gew6hnlich kann man dies schon durch eine Untersuchung im fieberfreien Intervall dadureh wahrscheinlich machen, dab die charakteristischen Folgeerscheinungen der Malaria (Blutarmut, Leukopenie, Monocytose, Milz- und Leber- schwellung, Urobilinogenurie usw.) fehlen, die um so eher erwartet werden mfiBten, wenn lange Zeit hindurch immer wieder neue Attacken aufgetreten sind, and zudem, wie man das oft beobachten kann, eine ausreichende ]3ehandlung nieht stattgefunden hat. Mit Sicherheit wird man aber ein Wechsel- g../YM 7. 3. 3. 70. 11. 12. 13. 14. Is 1r Yed; lye'." [ Kurve I. Cystopyelitis bei einem alten Afrikaner, der wegen Malariaverdacht ein- geliefert wurde. fieber erst dann ablehnen k6nnen, wenn in einem w~hrend eines solchen Anfalls entnommenen, yon sachkundiger Seite untersuchten Blutpr~tparate keine Parasiten nachzuweisen waren. Damit ist zwar die gutachtliche Aufgabe erfiillt, dem Patienten ist aber nicht geholfen, denn er will ja yon seinen Fieberanf~llen befreit sein. Es bleibt also noch festzustellen, wodurch die genannten Erscheinungen hervorgerufen sind. Der Zweck der folgenden Ansffihrungen ist es, auf Grand eigener Beobachtungen aus den letzten Jahren die wichtig- sten Krankheitsbilder ,anzuffihren, die mit einem Wechsel- fieber verwechselt werden. Hier sind zun~chst Entzi~ndungen der Blase und des Nieren- beckens zu nennen, die nicht selten zu intermittierenden Fiebersteigerungen (Kurve I), auch ohne ausgesprochene Lokalsymptome Ifihren und sieh oft mit mehr oder minder langen Unterbrechungen fiber eine erhebliche Zeit hinziehen

Erfolgreiche Chemotherapie und Prophylaxe Gegen das Rous-Sarkom des Huhnes

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Page 1: Erfolgreiche Chemotherapie und Prophylaxe Gegen das Rous-Sarkom des Huhnes

22. JULI 1933 K L I N I S C H E W O C H E N S C H R I F T . 12. J A H R G A N G . Mr. 29 IX45

des Fortbestehens embryonaler VerhXltnisse, der klinisch zu beobachtende Zeitpunkt der Lebervergr6Berung und die Frage der Diastaset~tigkeit in den Organen erhalten bei dieser neuen Betrachtungsweise einen Zusammenhang. Der Tierversuch steht nicht im Widerspruch zu diesen Anschau- ungen and ist iiberwiegend als Beweis heranzuziehen. Die bisherige Erfolglosigkeit der Therapie wird begrfindet.

Diese kurze Idbersicht wird zum besseren Verst~ndnis der folgenden Arbeiten gegeben, die die Teilgebiete erfassen. Sie werden zum Teil gemeinsam mit BIEDERMANN und SYLLA ver6ffentlicht. (Aus der Universitdi~s-Kinderklinik Halle a. S. [Direktor: Pro]. Dr. Goebel].)

ERFOLGREICHE CHEMOTHERAPIE UND PROPHYLAXE GEGEN DAS ROUS-SARKOM DES HUHNES.

Von

P. ZADI~:, Hamburg.

Mit dem Rothmannschen Pb-Pyridin-S-Pr~parat R 237 B gelang e s C O L L I E R 1, das Hodencarcinom des Kaninchens zu heilen oder seine Metastasierung zu verhindern und ZADIK ~, die maligne tibertragbare Hiihnerleuk~mie zu heilen und gegen sie mit Sicherheit zu ,,immunisieren". Ein auf diese Weise gegen die Leukose geschfitztes Tier erwies sich, wie ich am 6. Januar 1933 in der Hamb. biol. Ges. mit~eilte, auch gegen das Rous-Sarkom als unempf~nglich, was bei diesem h6chst mali- gnen, bisher noch hie beeinfluBten Tumor sonst nicht vorkommt.

Es gelang mir nun, bei 4 Serien (24 Hfihner; 6 Kontrollen) mit i - - 3 i.-v. Injektionen des oben genannten Mittels aus- nahmslos einen v611igen Schutz zu erzielen. In einem Falle lag die letzte Behandlung i (1)Jahr zurfick, in einem anderen ~/~ Jahr. 6 Hfihner wurden i - - 3 Wochen vor der Impfung behandelt. Bei 2 Tieren erfolgte die Therapie am xo. Tage nach der Impfung, also bei schon im Gange befindlicher Tumorbildung. Alle Hfihner blieben oder wurden gesund. Sarkom und Leuk~tmie des Huhnes k6nnen durch v611ig zell- freie, r e in chemische, unbelebte und nicht vermehrungsffihige Extrakte fibertragen werden (Rous, MURPHY, DOERR, ]~LLER- MANN, E N G E L B R E T H ) . ]~RNST F R X N K E L 3 nimmt neuerdings hierftir Virusenzyme an. Meines Erachtens ist ein Virus, d. h. ein organisiertes Agens, abzulehnen und dem Enzym ein hormonartiger Charakter (1. c.) zuzuschreiben. Ich schlug die Annahme eines Hormones (des pathologisehen Wachstums) vor, das die durch eine prim~tre Ursache zur Tumorzelle ge- wordene Normalzelle absondert. Dieser Sekund~rfaktor kann anderen Normalzellen desselben Gewebesystems Eigenschaften induzieren, die sie zur Tumorzelle und zur Produzentin des- selben Stoffes machen. Ftir die auch zellfrei i ibertragbaren malignen Tumoren yon Rat te und Maus gilt das gleiche. Die Wirkung des Pb-Pr~tparates deute ich als Feiung sonst reagibler Zellen gegen den SekundXrfaktor, nicht aber als Beeinflussung des Giftes, das erhalten bleiben kann. (Ausffihrliche Dar- stellung mit Tabellen folgt.)

L i t e r a t u r : *Klin. Wschr. Febr. I932. -- e Fol. haemat. (Lpz.) I933, 488. -- a Berl. mikrobiol. Ges. 2o. III. 1933.

PRAKTISCHE ERGEBNISSE.

ZUR DIFFERENTIALDIAGNOSE DER CHRONISCHEN MALARIA.

Von

P r iva tdozen t Dr. OTTO FISCHER, Ti ibingen, �9 Tropen-Genesupgsheim.

Erkrankungen an Malaria kommen atich heute in Deutsch- land nicht so selten zur Beobachtung, wennsehon autochthon entstandene F~lle nur noch in wenigen Gegenden, vor allem in der Umgebung yon Emden, auftreten. Denn trotz des Verlustes der Kolonien sind noch zahlreiche Deutsche in iiber- seeischen L~ndern t~itig nnd bringen beim Urlaub oder bei endgfiltiger Heimkehr oft ein Wechselfieber mit. Praktisch aber gewinnt die Erkrankung eine um so gr6gere Bedeutung, als sie heute yon den Beru]sgenossensehaJten als Un]all an- gesehen wird und daher h~ufig dem Facharzt wie dem All- gemeinpraktiker zur gutachtlichen J~uBerung Veranlassung gibt.

Die Ansicht der deutschen Autoren fiber den Verlauf eines Wechselfiebers, wie sie sich auf Grund der Erfahrungen an der im Weltkrieg erworbenen Malaria gebildet hat, land ihren Ausdruck auf der letzten Tagung der DeutSchen Tropenmedizinischen Gesell- schaft in Tfibingen (I929) und geht kurz gesagt dahin, dab eine Malaria zwar anfangs h~ufig zu :mehr oder minder schweren IRfick- I~llen ffihren kann, dab diese aber im gem~gigten IKlima nach einiger Zeit seltener werden and sch!ieBlich ganz aufhOren. So konnte auf jenem eben erwXhnten KongreB:/~ber kelnen Eall noch bestehender aktiver Malaria aus der Zeit des Weltkrieges berich• werden, zu deren Sicherstellung der Nachweis yon Parasiten im Blur gefordert werden~muB, and diese Erfahrung hat sich auch in der folgenden Zeit durchaus best~tigt.

Das sp~teste Rezidiv wurde bei einem 1917 in der Dobrudscha infizierten Falle 1926/27 vou mir selbst auf der Abteilung yon MOHLEZqS im ttamburger Tropeninstitut beobachtetL Im ver- gangenen Jahre hatte ich wieder Gelegenheit, ein ]3Iutpr~parat dieses Patienten zu untersuchen, da sich nach jahrelangem Wohl- befinden in der letzten Zeit wieder Fiebersteigerungen ejngestellt hatten, die den Verdacht einer Malaria erweckten. Doch konnten darin keine t~araslten getunden and damit das u eines Wechselfiebers mit Sicherheit ausgeschlossen werden.

Gleichwohl sieht man aber auch heute immer wieder Patienten, bei denen malaria~hnlich verlaufende Fieber- anf~lle auf ein vor vielen Jahren durchgemachtes Wechsel-

iieber zurfickgeffihrt werden. Es ist zwar meist nicht schwer nachzuweisen, dab eine solche Infektion nicht mehr vorliegt. Gew6hnlich kann man dies schon durch eine Untersuchung im fieberfreien Intervall dadureh wahrscheinlich machen, dab die charakteristischen Folgeerscheinungen der Malaria (Blutarmut, Leukopenie, Monocytose, Milz- und Leber- schwellung, Urobilinogenurie usw.) fehlen, die um so eher erwartet werden mfiBten, wenn lange Zeit hindurch immer wieder neue Attacken aufgetreten sind, and zudem, wie man das oft beobachten kann, eine ausreichende ]3ehandlung nieht stattgefunden hat. Mit Sicherheit wird man aber ein Wechsel-

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Kurve I. Cystopyelitis bei einem alten Afrikaner, der wegen Malariaverdacht ein- geliefert wurde.

fieber erst dann ablehnen k6nnen, wenn in einem w~hrend eines solchen Anfalls entnommenen, yon sachkundiger Seite untersuchten Blutpr~tparate keine Parasiten nachzuweisen waren. Damit ist zwar die gutachtliche Aufgabe erfiillt, dem Patienten ist aber nicht geholfen, denn er will ja yon seinen Fieberanf~llen befreit sein. Es bleibt also noch festzustellen, wodurch die genannten Erscheinungen hervorgerufen sind.

Der Zweck der folgenden Ansffihrungen ist es, auf Grand eigener Beobachtungen aus den letzten Jahren die wichtig- sten Krankheitsbilder ,anzuffihren, die mit einem Wechsel- fieber verwechselt werden.

Hier sind zun~chst Entzi~ndungen der Blase und des Nieren- beckens zu nennen, die nicht selten zu intermittierenden Fiebersteigerungen (Kurve I), auch ohne ausgesprochene Lokalsymptome Ifihren und sieh oft mit mehr oder minder langen Unterbrechungen fiber eine erhebliche Zeit hinziehen