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KLINISCHE WOCHENSCHRIFT I7. JAHRGANG Nr. 42 x5. OKTOBER x938 0B, RSICHTEN. ERGEBNISSE DER ERGOGRAPHIE IN DEN KLI/~IK. Die Arbeitsinsuffizienz yon Herz und Kreislauf*. Won Prof. H. W. KNIPPING. Aus der Medtziaischen Poliklinik der Akademie und der IL ~caedlzi~ Abtei~Ja~ der St~idfischen Krankenanstaltea Dfi~seldorf. In der Klinik der Herz- und KreisIauferkranlrangenhatsich der ergometrische Belastungsversuch als ungemein fruchtbar er- wiesen und hat zu Ergebnissen geEihrt, "condenenich nut einen Teil hier streifen kann. Bzgl. der Literatur muB aufdie voran- gehenden ausfiihrlichen Arbeiten verwiesen werden. Selbstver- st~ndlich kommen ffir den Belastungsversuch dekompemsierte Kranke nicht in Frage. Das Vorliegen vqn Dekompensations- erscheinungen zeigt schon, dab Herz und KreislauI fiber keine nennenswerten Leistungsreserven mehr verffigen mad dab selbst die geringen Transportaufgaben des rnhenden K6rpers nut noch mangelhaft erffillt werden. Abet viel grbBer als die Zahl der dekompensierten I{ranken ist die derjenigen Patie~- ten, welehe zwar in K6rperruhe keine Dekompensations- zeiehen zeigen, die jedoch durch irgendwelche ~der~nderimgen am Herzen und Kreislauf nicht mehr roll arbeitsf~Mg sind. Ob es sich dabei um Prozesse im Sinne der Coronalsklerose, um teichte stenokardische /3eschwerden, um geringIagige Klappenfehler, alte Perikardschwielen und Adhfmionen, In- farktnarben, Reizungsleitungs- und Reizbildungsst6nmgen, Ersehwernng des Blutumlaufes im Gebiete tier Lxmgen- capillaren (mitiare tMlmonatslderose, Emphysean) oder im groBen Kreisiauf bei Hochdruckkranken tmndelt, es ist meistens wohl teieht, fiber die Natur des Prozesses aui GrTand yon Anamnese, Minischem ]3efund, R6ntgenbild, FAlektro- kardiogramm prgzise Aussagen zu machen, abet reeht schwierig, den Umfang der Funktionseinse~ung abzu- schtttzen. Anamnese, speziell Beobaehtnngen und Empfin- dungen der Patienten selbst bei Arbeit, sind doch hierfiir oft genug keine zuverl/~ssige Beurteilungsbasis. Gerade bei diesen Arbeitsinsuffizienzen (im Gegensatz zu den l~uhe- insuffizienzen, also den Dekompensierten) ist tier 13elast~mgs- versuch wertvoll. Die extrakardialen Sffirungsfaktoren z. I3. k6nnen in K6rperruhe wenig bedeutsam sein und dozh mater Arbeit die Entfaltung der grol3en, ffir den ArbeitsprozeB not- wendigen Zirkulationsgr6Ben verhindern. Von der Gr6Ben- ordnung dieser die Gesamtleistungsbreite eitmngenden Pro- zesse, z. B. der Stenosen im Meinen Kreislanf, die ~ir his- her in HinMiek auf die Arbeitsinsuffizienz yon Herz ~nd Kreislauf unterseh~tzt haben, gibt das F,lektrokardiogramm allein im Einzelfall gelegentlieh nur unbefriedigende Vor- stellungen. Die Bedeutung des Elektrokardio~ liegt auf anderen Gebieten und kann kaum fibersch~tzt werden. Ein neues Gebiet, die Minisehe Prtifung der ltegulationen mit Hilfe der Elektrokardiographie, znsammen mit der t31utdruckmessung usw., hat SCHELLONG soeben l~era~s- gestetlt. (Die Regulationsprfifung des t(reislaufes. Leipzig 1938.) Ich verweise im besonderen auf die Auswertemg der QRS.-Gruppe, auf die elektrokardiographischen A_r- beiten yon PAI~ADE, DIE~RlCll und Sc~IWlE~K [Z. klin. Med. ~25, I95 (I933), SCHLOMKA [Arbeitsphysiologie 8, 8'o (1934)] u. a. Zur Erl~uterung dieser Zusammenh~nge will ~ ich hier lediglidh einen Typus yon nichtdekompeniserten, aber in irgendeinem Umfang arbeitsinsuffizienten 'bzw. sich ar- beitsinsuffizient ftihlenden Herzkranken, meist jenseits des 4 o. Lebensjahres, noch ganz im Berufsleben stehead, hera~s- greifen, der hier im Industriegebiet nicht selten ist. In der _Amamnese die fiblichen Infektionskrankheiten; keine Poly- * Vgl. diese Wschr. 19~8, ~o97, I2o9. arthritis. Beruflich fiberlastet. Klagt fiber stenokardische 13eschwerden bei Aufregungen und evtl. auch bei k6rper- lichen Anstrengungen. Gelegentlich vegetativ recht labil. Ktinisch und r6ntgenologisch meist kein nennenswerter organischer Befund. Elektrokardiogramm in einigen F~llen et-~s schnelle Frequenz, Deforlnierungen der Nachschwan- kung, Verbreiterung der Anfangsschwankung in wechselndem Umfange usw. Die Kranken werden langsam ansteigend mit den frtiher er6rterten Vorsichtsmal3regeln (t{NIPPING, Dtsch. reed. Wschr. I938, 433) belastet, und einige yon ihnen, dnrchaus nicht immer die mit den geringfi~gigsten Elektrokardiogrammbefunden, erreichen schtieBlich Sauer- stoffwerte yon weir fiber 2,Ol und zeigen auch bei den ent- sprechenden ]3eIastungsstnfen eine befriedigende Ausdauer. Der sehr tangsam ansteigende ]3elastungsversuch wird bei riehtiger Dosierung und Staffelung immer Ms wohItuend empfunden. Die Tatsache, evtl. einen recht betrXchtlichen Arbeitswert so lange durchgehalten zu haben und das Woht- befinden nach der ]3elastung helfen mehr als aller Zuspruch, die vorher geXuBerte Vorstellung beseitigen, dab das Herz in einer sehr schlechten Verfassung sei. Selbstverst~ndlich wird erst dann starker belastet, wenn bei Meinen Arbeits- stufen sieh gtinstige Gaswechselwerte ergaben. Die fibtiehe Allgemeinbehandlung und vorsichtige, ~ut3erst langsam und yon kleinsten Intensit~ten ausgehende sportliche Be- lastnng erweisen sich, sofern das Ergebnis des Belastungs- versuches so gfinstig ~e oben liegt, ats therapeutisch wir- kungsvoll und k6nnen schlieBlieh, natfirtich nur in derartig gfinstig gelagerten F~llen, leichte Besehwerden im Sinne der Bewegungsstenokardie beseitigen. Solche vordem subjektiv gelegentlich recht ernst empfundene Stenokardien mit guten tats~chlichen Leistungswerten sind in unserem Gesamt- material an Stenokardien nicht selten. Umgekehrt kann man bei Herzkranken aus dieser Gruppe, bei denen die Funktions- prfilung yon vornherein eine schlechte Herzleitungsbreite auf- zeigt, durch die t3elastungstherapie wie oben natfirtieh nichts erreichen, hn GegenteiI, eine aus therapeutischen Griinden durchgeff~hrte Belastung, nnd auch die berufliche k6rperliehe t3elastung fiber den Umfang der noch voIhandenen Leistungs- reserven des Herzens hinaus, ist als sch/idlich anzusehen, selbst wenn die Arbeit sub]ektiv nicht besonders unangenehm emp- funden wird. Xu verschieden intensiv die Arbeitsdyspnoe- empfindung bei verschiedenen Kranken mit den gleich ernsten 13efunden sein kann, ist zur Gentige bekannt [Beitr. Klin. Tbk. 8e, 135 (1933)]. Die genannten Kranken sind pro- gnostisch und gutachtlich entsprechend ungfinstiger zu be- urteilen, wenn auch das klinische Bild, das Elektrokardio- gramm und die R6ntgenaufnahme nur wenig schwerwiegende Befunde aufweisen. Diese Feststellung bedeutet ebenfalls nicht, dab R6ntgenuntersuchung des Herzens und Elektro- kardiogramm irgendwie bei der Beurteilung der Arbeits- tfahigkeit yon Herzkranken entbehrt werden kSnnten. Aueh bei diesen Arbeitsinsuffizienzfragen kann der spirographische Belastungsversueh immer lediglich eine Erg~nzung der kli- nischen Untersuchung, der RSntgenuntersuchung, der Elektro- kardiographie, der Regulationspriifung usw. sein. Er ist, wie schon betont wurde, auch nur bei einem Teil unserer Herzkran- ken anwendbar. Bestimmte Reizleitungs- und Reizbildungs- st6rungen, Ierner Anzeichen ftir abgelaufene Infarkte usw. lk6nnen allein schon ein Hinweis auf v611ige Arbeitsunfahig- keit sein und den Belastungsversuch selbstverst~tndhch v61lig fibe~flfissig machen. B~i g~nstiger Herzleistungsbreite im t3etastungsversuch kann das Elektrokardiogramm ferner f/dr die Prognose Mlein ausschlaggebend sein, wenn z. B. sichere Zeichen i~ frfiher abgetaufene Infarkte sieh finden oder wenn, Klfnische Wochenschrift, 17. Jahrg. IOO

Ergebnisse der Ergographie in der Klinik

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KLINISCHE W O C H E N S C H R I F T I7 . J A H R G A N G N r . 42 x5. O K T O B E R x938

0B, RSICHTEN. E R G E B N I S S E D E R E R G O G R A P H I E IN D E N KLI /~IK.

Die Arbeitsinsuffizienz yon Herz und Kreislauf*. W o n

Prof. H. W. KNIPPING. Aus der Medtziaischen Poliklinik der Akademie und der I L ~ c a e d l z i ~ Abtei~Ja~

der St~idfischen Krankenanstal tea Dfi~seldorf.

In der Klinik der Herz- und KreisIauferkranlrangenhat sich der ergometrische Belastungsversuch als ungemein fruchtbar er- wiesen und hat zu Ergebnissen geEihrt, "con denenich nut einen Teil hier streifen kann. Bzgl. der Literatur muB aufdie voran- gehenden ausfiihrlichen Arbeiten verwiesen werden. Selbstver- st~ndlich kommen ffir den Belastungsversuch dekompemsierte Kranke nicht in Frage. Das Vorliegen vqn Dekompensations- erscheinungen zeigt schon, dab Herz und KreislauI fiber keine nennenswerten Leistungsreserven mehr verffigen mad dab selbst die geringen Transportaufgaben des rnhenden K6rpers nu t noch mangelhaft erffillt werden. Abet viel grbBer als die Zahl der dekompensierten I{ranken ist die derjenigen Patie~- ten, welehe zwar in K6rperruhe keine Dekompensations- zeiehen zeigen, die jedoch durch irgendwelche ~der~nderimgen am Herzen und Kreislauf nicht mehr roll arbeitsf~Mg sind. Ob es sich dabei um Prozesse im Sinne der Coronalsklerose, um teichte stenokardische /3eschwerden, um geringIagige Klappenfehler, alte Perikardschwielen und Adhfmionen, In- farktnarben, Reizungsleitungs- und Reizbildungsst6nmgen, Ersehwernng des Blutumlaufes im Gebiete tier Lxmgen- capillaren (mitiare tMlmonatslderose, Emphysean) oder im groBen Kreisiauf bei Hochdruckkranken tmndelt, es ist meistens wohl teieht, fiber die Natur des Prozesses au i GrTand yon Anamnese, Minischem ]3efund, R6ntgenbild, FAlektro- kardiogramm prgzise Aussagen zu machen, abet reeht schwierig, den Umfang der F u n k t i o n s e i n s e ~ u n g abzu- schtttzen. Anamnese, speziell Beobaehtnngen und Empfin- dungen der Patienten selbst bei Arbeit, sind doch hierfiir oft genug keine zuverl/~ssige Beurteilungsbasis. Gerade bei diesen Arbeitsinsuffizienzen (im Gegensatz zu den l~uhe- insuffizienzen, also den Dekompensierten) ist tier 13elast~mgs- versuch wertvoll. Die extrakardialen Sffirungsfaktoren z. I3. k6nnen in K6rperruhe wenig bedeutsam sein und dozh mater Arbeit die Entfa l tung der grol3en, ffir den ArbeitsprozeB not- wendigen Zirkulationsgr6Ben verhindern. Von der Gr6Ben- ordnung dieser die Gesamtleistungsbreite eitmngenden Pro- zesse, z. B. der Stenosen im Meinen Kreislanf, die ~ ir his- her in HinMiek auf die Arbeitsinsuffizienz yon Herz ~nd Kreislauf unterseh~tzt haben, gibt das F, lektrokardiogramm allein im Einzelfall gelegentlieh nur unbefriedigende Vor- stellungen. Die Bedeutung des E l e k t r o k a r d i o ~ liegt auf anderen Gebieten und kann kaum fibersch~tzt werden. Ein neues Gebiet, die Minisehe Prtifung der l tegulationen mit Hilfe der Elektrokardiographie, znsammen mit der t31utdruckmessung usw., ha t SCHELLONG soeben l~era~s- gestetlt. (Die Regulationsprfifung des t(reislaufes. Leipzig 1938.) Ich verweise im besonderen auf die Auswertemg der QRS.-Gruppe, auf die elektrokardiographischen A_r- beiten yon PAI~ADE, DIE~RlCll und Sc~IWlE~K [Z. klin. Med. ~25, I95 (I933), SCHLOMKA [Arbeitsphysiologie 8, 8'o (1934)] u. a. Zur Erl~uterung dieser Zusammenh~nge will ~ ich hier lediglidh einen Typus yon nichtdekompeniserten, aber in irgendeinem Umfang arbeitsinsuffizienten 'bzw. sich ar- beitsinsuffizient ftihlenden Herzkranken, meist jenseits des 4 o. Lebensjahres, noch ganz im Berufsleben stehead, hera~s- greifen, der hier im Industriegebiet nicht selten ist. I n der _Amamnese die fiblichen Infektionskrankheiten; keine Poly-

* Vgl. diese Wschr. 19~8, ~o97, I2o9.

arthritis. Beruflich fiberlastet. Klagt fiber stenokardische 13eschwerden bei Aufregungen und evtl. auch bei k6rper- lichen Anstrengungen. Gelegentlich vegetativ recht labil. Ktinisch und r6ntgenologisch meist kein nennenswerter organischer Befund. Elektrokardiogramm in einigen F~llen e t -~s schnelle Frequenz, Deforlnierungen der Nachschwan- kung, Verbreiterung der Anfangsschwankung in wechselndem Umfange usw. Die Kranken werden langsam ansteigend mit den frtiher er6rterten Vorsichtsmal3regeln (t{NIPPING, Dtsch. reed. Wschr. I938, 433) belastet, und einige yon ihnen, dnrchaus nicht immer die mit den geringfi~gigsten Elektrokardiogrammbefunden, erreichen schtieBlich Sauer- stoffwerte yon weir fiber 2,Ol und zeigen auch bei den ent- sprechenden ]3eIastungsstnfen eine befriedigende Ausdauer. Der sehr tangsam ansteigende ]3elastungsversuch wird bei riehtiger Dosierung und Staffelung immer Ms wohItuend empfunden. Die Tatsache, evtl. einen recht betrXchtlichen Arbeitswert so lange durchgehalten zu haben und das Woht- befinden nach der ]3elastung helfen mehr als aller Zuspruch, die vorher geXuBerte Vorstellung beseitigen, dab das Herz in einer sehr schlechten Verfassung sei. Selbstverst~ndlich wird erst dann starker belastet, wenn bei Meinen Arbeits- stufen sieh gtinstige Gaswechselwerte ergaben. Die fibtiehe Allgemeinbehandlung und vorsichtige, ~ut3erst langsam und yon kleinsten Intensit~ten ausgehende sportliche Be- lastnng erweisen sich, sofern das Ergebnis des Belastungs- versuches so gfinstig ~ e oben liegt, ats therapeutisch wir- kungsvoll und k6nnen schlieBlieh, natfirtich nur in derartig gfinstig gelagerten F~llen, leichte Besehwerden im Sinne der Bewegungsstenokardie beseitigen. Solche vordem subjektiv gelegentlich recht ernst empfundene Stenokardien mit guten tats~chlichen Leistungswerten sind in unserem Gesamt- material an Stenokardien nicht selten. Umgekehrt kann man bei Herzkranken aus dieser Gruppe, bei denen die Funktions- prfilung yon vornherein eine schlechte Herzleitungsbreite auf- zeigt, durch die t3elastungstherapie wie oben natfirtieh nichts erreichen, h n GegenteiI, eine aus therapeutischen Griinden durchgeff~hrte Belastung, nnd auch die berufliche k6rperliehe t3elastung fiber den Umfang der noch voIhandenen Leistungs- reserven des Herzens hinaus, ist als sch/idlich anzusehen, selbst wenn die Arbeit sub]ektiv nicht besonders unangenehm emp- funden wird. Xu verschieden intensiv die Arbeitsdyspnoe- empfindung bei verschiedenen Kranken mit den gleich ernsten 13efunden sein kann, ist zur Gentige bekannt [Beitr. Klin. Tbk. 8e, 135 (1933)]. Die genannten Kranken sind pro- gnostisch und gutachtlich entsprechend ungfinstiger zu be- urteilen, wenn auch das klinische Bild, das Elektrokardio- gramm und die R6ntgenaufnahme nur wenig schwerwiegende Befunde aufweisen. Diese Feststellung bedeutet ebenfalls nicht, dab R6ntgenuntersuchung des Herzens und Elektro- kardiogramm irgendwie bei der Beurteilung der Arbeits- tfahigkeit yon Herzkranken entbehrt werden kSnnten. Aueh bei diesen Arbeitsinsuffizienzfragen kann der spirographische Belastungsversueh immer lediglich eine Erg~nzung der kli- nischen Untersuchung, der RSntgenuntersuchung, der Elektro- kardiographie, der Regulationspriifung usw. sein. Er ist, wie schon betont wurde, auch nur bei einem Teil unserer Herzkran- ken anwendbar. Bestimmte Reizleitungs- und Reizbildungs- st6rungen, Ierner Anzeichen ftir abgelaufene Infarkte usw. lk6nnen allein schon ein Hinweis auf v611ige Arbeitsunfahig- keit sein und den Belastungsversuch selbstverst~tndhch v61lig fibe~flfissig machen. B~i g~nstiger Herzleistungsbreite im t3etastungsversuch kann das Elektrokardiogramm ferner f/dr die Prognose Mlein ausschlaggebend sein, wenn z. B. sichere Zeichen i ~ frfiher abgetaufene Infarkte sieh finden oder wenn,

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worauf 13ORGAl~D hinweist, das Be]astungsetektrokardio- gramm den t<ranken zu jenen zuordnen I~Bt, welche erfah- rungsgemgB oft Coronarinfarkte sp~terhin bekommen. Einen Fall aus einer weiteren Gruppe yon Herzkranken m6chte ich hier kurz berfihren, well er zeigt, wie der 13elastungs- versuch auch zum Problem der Dekompensation nicht nn- wichtige Beitr~ige liefert. Der I~ranke (36 Jahre, i76em, 8i kg) ist seit 1935 wegen eines Mitralvitiums mit Vorhof- flimmeru (1932 schon in einer anderen Klinik mi~c Strophauthin behandett, I934 invalidisiert) bet uns tells in ambulanter, gelegentlich auch in klinischer BehandInng. Er kam zu- nAchst schwer dekompensiert mat massiven ()demen, qu~len- der Dyspnoe, Stauungsorganen zu uns und war unter An- wendung yon Strophanthin in knrzer Zeit ~deder kompensiert. Der Belastungsversuch mit den Meinsten Watts tufen war zu dieser Zeit noch nicht entwickelt. \u lehnten damals ~ie auch heute grunds~tzlich eine st~rkere Belastung yon Herz- kranken, die schou einmal dekompensiert waren, ab. Die registrierten Sauerstoffwerte w~hrend der langsam ansteigen- den sehr geringen 13elastung erwiesen sich jedoch als in Hin- blick auf die Vorgeschichte so fiberrascl~end gfinstig, dab bis tiber 12o Wat t gesteigert wurde. Es zeigte sich, daB, obwohl die Dekompensation nur wenige Woehen zurficklag, immerhin doch schon wieder ein Mindestwert ffir das HMV. yon 9 1 erreicbt wurde (Atemgrenzwert 841. ) Der Sauersfoifwert bet dieser Arbeit betrug 1,8 1. Normalpersonen yon der gleichen Gr6Be und dem gleichen Gewicht weisen bet der gleichen Arbeit Sanerstoffwerte yon wenig mebr aIs 2,0 1 auf. Es ergab sich also, dab ein vor nieht langer Zeit noeh dekom- pensiertes Herz nun schon sein HMV. vom Ruhewert anf sicher mehr als 9 1 unter Arbeit steigern konnte. Entweder war die Strophanthin~drkung so bedeutend and nachhaltig auch ffir den ArbeitsprozeB (GoTscH) oder wir mfissen anneh- men, dab manche Herzen unmit telbar vor der Entwicklung der sog. Dekompensation an sich framer noeh die Voraus- setzungen ffir gewisse Reserveleistungen erffillen k6nnten and durch einen Circulus vitiosus - - ich babe mehrere solcher un- gfinstiger, wechselseitiger Beeinflussungen, z. B. yon re- spiratorischer Insuffizienz bet l~Iberschreitung der Herzh6chst- leistung, Insuffizienz der coronaren Sauerstoffversorgung, Lungenstauung usw. an anderer Stelle behandelt - - die tat- s~tchliche Leistung des Herzens sehnell mehr und mehr reduziert wird, wenn nicht an einem Punkte in diesem nnheilvollen Kreis nunmehr eingegriffen and fiberraschend sehnell das Ruhe-Soll des HMV., ferner auch eine gewisse Reserve- leistungsbreite des Herzens wiederhergestellt werden kann. 13emerkenswert ist dabei, dab in den oben herangezogenen F~llen der fiberraschend groge Herzleistungswert unter einer im Vergleieh zum Normaten etwas grol3en Arbeitsintensit~t erreieht wird, dab also ein gr6Berer Impuls aus dem Arbeits- prozeB erforderlich ist als beim Normalen. Ich verweise auf die entsprechenden spirographischen 13eobachtungen yon BORGARD bet der Belastung ~lterer Herzkranker. Wir haben aus derartigen Arbeitsuntersuchungen den Eindruck gewon- nen, dab einige dekompensierte Herzen auf den humoralen und nerv6sen Reiz, welcher ether leichten Arbeit entspricht, gr6Bere Leistungen als nur das Ruhe-Soll-HMV. hergeben k6nnten.

Das tats~chlich zu beobachtende Arbeits-HMV. bet nieht- dekompensierten Herzkranken ist geringer als das HMV. des Normalen in der gleichen Arbeitsstufe; obwohl die Acidose, wie aus dem Arbeitsspirogramm sich so eindrucksvoll ergibt, bedeutender Ms beim Normalen ist nnd mit der Arbeits- acidose auch die BIutver~nderungen, welche ein Glied in dem Mechanismus der Arbeits-HMV.-Ansfiege stud, offenbar auch intensiver Ms beim Normalen unter der gleichen Altei~stufe sich entwickeln. Dementsprechend ist der Leistungsreiz aus dem ruhenden Gesamtorganismus wahrscheintich zu gering, um das dekompensierte Herz zur Hergabe eines dem Rnhe- Soll- Umsatz entsprechenden HMV.-V~ertes zu zwingen. Die therapeutischen Perspektiven liegen auf der Hand.

Zweifellos ist der ArbeitsprozeB selbst ffir die Entwick- lung yon Dekompensationen zuweilen yon nicht geringer 13edeutung. Der wirklich Gesunde aller Altersldassen erreicht bet sehwerer 13elastung seineu HMV.-Grenzwert in einem Zeit-

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punk ~, in dem auch die Skeletmuskulatur etwa an der Grenze ihrer Leistung angelangt ist. Der Normale kann sein Herz dahe-- nicht so sehr fiberlasten. Das ist aber bet vielen Herz- kran en und vielen Mten Personen nicht der Fall. Die Herz- kraft ist 6fter nnd starker gesch~digt nnd reduziert als die Kraft- 1"r Skeletmuskulatur. Herzkranke und alte Personen verffi," . gewissermaBen nicht fiber diesen Schutz. Daher ist e~-~ ,ohl yon Wert , bet Herzkranken fiber beide Gr6Ben, die maximale LeistungsfAhigkeit der Skeletmus- kulatur (s. die vorangehenden Mitteilungen) nnd auch zu- gleich fiber den HMV.-Grenzwert eine gewisse Orienfierung zu haben.

\u haben bzfiher bet der Herzfunkfionsprfifung grund- s~tzlich zun~chst den maximalen Sauerstoffwert attsgetastet, weleher fiir die 13eurteilung yon Herz und Kreislauf be- deutungsvoll ist (HILL, HERBST, 1. C,, t~ORGARD and HER- MANNS~N, VON P:EtN, SCHAFER U. a.), d. h. es wurde yon ldeinsten Wattstufen langsam ansteigend, den Belastungs- versucb unter Umst~tnden auf mehrere Tage verteilend, so weft belastet, bis der Sauerstoffwert nicht mehr wetter zu- nahm. Erst in diesem Zeitpunkt wurde auf den Stiekstoff- beutel ffir mehrere Sekunden umgeschaltet, ven6se Alveolar- luft gewonnen, der ven6se Aussch6pfungsgrad best immt [Beitr. Klin. Tbk. 89, 98 (1937)1 und nun der h6chste erreichte Her zminutenvolumenwer t errechnet.

Um diese Umschaltung in jeder Arbeitsphase augenblicMich vor- nehmen zu k6nnen, ohne auf die Verwendung der groBen Maske verzichfen zu mfissen, wurde eine Schaltvorrichtung entwickelt, welche unter Zuhilfenahme ether pneumatischen Steuerung wahl- weise entweder den MaskenauslaB zum Atveolarluftbeutel oder die beiden Ausli~sse zum Kreislaufapparat mit Hilfe yon Gummibeutein abdiehtet und in letztem Falle gleichzeifig den Kreislauf kurz- schtieBt. ]3ezfiglich der EinzeIheiten unserer Methode, bezfiglich der Vermeidung verschiedener, bet alien gasanalytischen Bestimmungen des tIMV. immer zu beachtender Misch- and Rfickkehrfehler and hezi~glieh des Alveolarstufenverfahrens usw. verweise ich auf die ~zorangehenden Arbei• Selbs• sind diese Methoden nicht fi~r die ~xztliche Praxis bestimmt.

Ffir diese und das kleine Hospital stehen genfigend ein- faehe orientierende Methoden zur Verffigung. In der Klinik kommen wir abet an der Bestinlmung der zentralen Leistungs- gr6Be yon Herz and t~reislauf, des HMV.-Grenzwertes, im Prinzip nicht vorbei, wenn auch das Yerfahren nieht ganz ]eicht ist. Es ist nun fiberrasehend, daB, wie ich an anderer StelIe ausffihrlich auseinandergesetzt babe, die Besfimmung des I-LMV. unter schwerer Arbeit sehr viel leichter und sicherer als die Messung des sog. Ruhe-HMV. ist (Klin.. \u i938, 446). ~vu heute zugegeben wild, dab das Ruhe-HMV. beim Menschen gasanalytiseh best immbar ist, dann kann die ausreichende Sieherheit der Arbeits-HMV.-Kontrolle, znm mindesten beim Gesunden, nicht angezweifelt werden. Fol- gende physikalische Tatsachen erlauben es, die Sicherheit des gasanalytischen HMV.-Verfahrens und insbesondere aueh der fiber die sog. ven6se Alveolarluft geffihrten Analyse yon Gasspannung und Aussch6pfungsgrad im ven6sen Mischblut noch wesentlich zu vermehren. Wenn zwei flfissige Medien gasspannungsungleich sind and ein Gasaustausch zwischen beiden m6glich ist, so ist noch so lange eine Gasbewegung zwischen beiden anzunehmen, wie beide nicht spannungs- gleich stud. LgBt sich aber ermitteln, dab die Gasspannung in einem der beiden Medien stationAr geworden ist, so k6nnen wir mit Sicherheit annehmen, dab auch die Spannung in dem anderen Medium stationer find dab beide Medien spannungs- gleich sind.

Was oben fiir den spirographischen 13elastungsversuch gesagt wurde, gilt erst recht fiir die zun~chst noch schwierige t3estimmung dieser zentralen Leistungsgr6Be, des HSIV.- Grenzwertes. Die quant i ta t ive und qualitative 13eurteilung des gesamten I-Ierz- und tf_reislaufgebietes w~re unvollst~ndig, wenn wir nicht aUch, wie sehon eingangs erw~hnt, die ner- v6sen IZegulationen, die Anpassungsf~higkeit des Kreislaufes, z. ]3. bet Lagewechsel, insbesondere bet langem Stehen, das Arbeits-Ekg. prfifen and die Bfirgersche Prefiluftprobe durch- ffihren wfirden. Ich verweise bezfiglich der Literatur auch hier auf SCH~LLONa (1. e.), SCI~LOI~KA [Arb.-Physiologie 8, 80

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(I934)] n. a. In diesem Zusammenhang ist nun recht be- merkenswert, dab manche sog. nerv6se St6rungen verschwin- den, wenn wir, langsam ansteigend, fiber lXngere Zeitr~iume hinweg konsequent belasten. Insbesondere ist das der Fall, wenn derartige nerv6se kardiale und periphere St6rungen sich bei solchen Personen entwiekelt haben, die sich jahrelang kaum noch ernsthaft k6rperlich bet~ttigten. Nerv6se St6run- gen auf der Basis der I)berbeanspruchung, des Obertrainierens usw. sind zur Genfige bekannt . Ich verweise auf eine in diesem Zusammenhang interessierende Mitteilung yon BAADER-MARzAItN-ZAEPER (Klin. Wschr. I936, I259). Die ergometrisdhen Untersuchungen haben mehr und mehr ge- zeigt, wie sehr das richtige Training anger der erhebliehen Zunahme der Capillarisierung von Skeletmuskulatur und Herzmuskulatur eine Vielheit yon Mechanismen und Regu- lationen in Gang bringt bzw. verbessert, wodurch schlieBlich, selbst wenn der I-It~{V.-Grenzwert nicht welter zunimmt, der k6rperliche Gesamtleistungsspielraum sich verbreitert und das t terz bei sehweren ]3elastungen des ganzen Organismus fiberrasehend geschont wird ( B O R G A R D - M A T T H I G S S E N - Z A E P ~ R ,

Ktin. Wschr. 1937, 385). Wenn es sich also darum handelt, sofort, d. h. ehe l~tngeres Training mancherlei St6rungen beseitigt hat, bei Arbeitsinsuffizienzen yon Herz und Kreis- lauf zu ermitteln, welches der organische Kern eines Schadens ist, und vor allem das, was irreparabel yon der Funkt ions , breite von Herz und Kreislauf zu Verlust gegangen ist, dann erscheint es doeh wertvoll, in besonderen, in anderer Weise nur sehwierig zu kl~renden F/illen, den HMV.-Grenzwert mi t zu Rate zu ziehen.

Die yon uns ermittelten Blutausnutzungswerte bewegen sich zwischen 15o ccm Sa.uerstoff pro I 1 Blur bei schwerer Arbeit und bei einem Sauerstoffaufnahmewert yon etwa 3ooo ccm und zwischen den recht geringffigigen Ansnutzungs- werten yon etwa 5o--80 bei nur leichter Arbeit bzw. sehr schlechter Peripherie (ZAEPXR) (S. U.).

Die h6chsten yon uns gemessenen HMV.-Grenzwerte bei jungen, gesunden, kr~ftigen Personen entsprechen etwa den VCerten von ]3A~SI ~Z. exper. Med. 77, 631 (r93I) u. a. Die neuere Literatur finder sich bei BANSI und KNIPPING (Dtseh. med. ~ATschr. I 937 , 462)], und lagen etwa fiber 3o 1, d. h. die HMV.-~u stiegen yon 4 - -6 1 in der Ruhe unter Arbeit maximal bis fiber 3ol. Auch Langstreckenl~iufer zeigen solche 5u unter schwerster Belastung, selbst wenn sie unter mittlerer Arbeit das HMV. verh~iltnism~gig nur wenig steigern. Natfirlich werden solche Personen sparer mit 60 Jahren nicht mehr solche VCerte erreiehen; nach den Er- gebnissen der Untersuchungen der ]3rauerschen Sehule mit dem Stufenverfahren ist bei Gesunden im 7- Jahrzehnt h6chstens noch mit 201, im 9- Jahrzehnt hSehstens noch mit Io l zu rech- nen. VC'enn man die Grenzwerte in den verschiedenen Jahr- zehnten in ein Diagramm eintr~gt, bekommt man eine ffir den Normalen charakteristische Lebenskurve der Herzleistungs- breite (BRAUER, Verh. dtsch. Ges. inn. Med., Wiesbaden 1938). Sie wird bei den Normalpersonen entsprechend der grogen Schwankungsbreite der f~r den Herzleistungsspielraum mag- geblichen konstitutionellen Faktoren, entsprechend den Lebensgewohnheiten, der sportlichen i)bung, der Ern~hrungs- weise, variieren. ])er Umfang und die Bedeutnng der Sch~den durch Infektionen und der Aufbrauchkrankheiten (BRAUER) ,

welche Herz und Kreislauf in Mitleidenschaft ziehen, wird sich aus den entsprechenden Depressionen in obiger Lebens- kurve am Marsten erkennen lassen. Wir werden dann abet auch unsere therapentischen Magnahmen besser beurteilen k6nnen. Der HMV.-Grenzwert schwankt auger mit dem Lebensalter selbstverstXndllch aueh mit IK6rpergewicht und Gr6ge. So haben wit kleine leichte junge Normalpersonen, die kaum einen Grenzwert yon 201 erreichen, ohne dab wir yon einer krankhaften Ginengung sprechen dfirfen. Unter Berficksichtigung dieser Zusammenh~Lnge k6nnen wir heute schon mit befriedigender Sicherheit sagen, ob ein im Be- lastungsversuch ermittelter HIVlNL-Grenzwert noch als normal oder schon als krankhaft reduziert anzusehen ist. Wenn ein- real viel mehr Normahverte vorliegen, werden wir sparer grunds~tzllch alle ~rerte auf die Einheit des K6rpergewichts

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und der K6rperoberfl~che beziehen, um dann unter Berfick- sichtignng des Alters noch pr~zisere Angaben fiber die SolI- Werte machen zu k6nnen.

Derartige klinische ]3elastungsversuche haben uns schlieB- lich auch die ]3edeutung der Peripherie flit den arbeitenden Herz- nnd Kreislautkranken gezeigt. Ich m6chte ausdrfick- tich auf die schOne Studie fiber diese Fragen yon BO~OARD- ~ATTHIESSEN-ZAEPER und OLLM]ES DE CARASCO a u s der Dfissel- dorfer Poliklinik verweisen [Klin. Wschr. 1937, 385 und Z. Kreislaufforseh. 29, I57 (1937)].

Finden sich k]inisch, elektrokardiographisch oder r6ntgeno- logisch ernsthafte Befunde, Iehlen aber in I~6rperruhe alle Insuffizienzzeichen, so prfifen wir grunds~ttzlich zun~chst nur im Bereich dreier sehr kleiner Vv'attstufen, die einem Kranken unter keinen Umst~inden schaden k6nnen, und beschr~nken uns auf die Registrierung yon Atmung nnd Sauerstoffauf- nahme. Die diagrammatische Auswertung der Spirogramnle bei diesen drei kleinsten Wat t - stufen liefert ffir die Beurteilung yon Herz-und Kreislaufkranken praktisch brauchbare Werte, wie ]3ORGARO gezeigt hat. Ein soleher ]3elastungsversuch ist in weni- gen Minuten durchffihrbar. Wit haben eine sehr groBe Zahl yon Kranken in dieser Weise ge- prtift. BOROAI~D wird hierfiber in Kfirze ausfiihrlich berichten. Das+ kleine Diagramm ver- anschaulicht die yon ]~ORGARD mitgeteilten 13efunde.

Man sieht, wie die Sauer- stoffaufnahme, wenn man die Be- l a s t ing langsam, yon kleinsten Werten ausgehend, steigert, beim Normalen in charakteristi- scher ~vu zunimmt. Herz- und Kreislaufkranke nehmen in den kleinen %Vattstufen viel weniger Sauerstoff auf; sie rea- gieren, wie schon angedeutet, gewissermaBen viel weniger auf den Arbeitsreiz. [Als Normale

ZSO0 . # ~ 2009

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elder. Abb. I. 2g = norm, Sauerstottaufnahme- kurve; 21 = Coronarsklerose, Arrhyth- mia absoluta. Stauungsorgane; 2 3 =

Aorfitis, Aorteninsuffizienz. Bewegungs- stenokardie; 3 6 = Aortitis, AorteninsuG fizienz. Stauungslunge; 14 = Bewegungs- stenokardie bei Aorfitis und Aor teninsuf- fizienz~ Stauungshmsge; 1 6 = Coronar- sklerose. Schenkelblock; 4 0 ~ Coronar, sklerose. Schenkelblock. Angina pectoris. Bewegungsstcnokardie. Stauungsorgane, (Aus BORGARD,,Beitrag zurFunktions- prfifung yon Herz und Kreislauf". Diese

Wschr. 1938, 73.)

darf man zum u nur Personen mit geringer peripherer Capillarisierung, also wenig Gefibte heranziehen.] Der Ans- nfitzungskoeffizient der Atmung gibt dariiber Auskunf t Sehr gut Trainierte haben einen guten Wirkungsgrad und steigen aueh tel. langsam mit den O 3 %Verten an (s. Ktin. %u 1938, lO97). Man erkennt aus den Kurven der Herz- und Kreislaufkranken, dab deren Sauerstoffwerte fiber einen gewissen %u fiberhanpt nicht zu steigern in der Lage sind; eine sehr wichtige indirekte t?eststellung. Es ist also nicht notwendig, fiber die drei kleinen Stufen hinaus welter zu steigern. Wir k6nnen jegliehe Gef~hrdung der Kranken unbedingt vermeiden. Selbstverst~indlieh wird in allen diesen F~tllen vorher geprfift, ob noch voll arterialisiert wurde (s. die vorangehende I~fitteilung in dieser ~u was in wenigen lVIinuten mit I-Iilfe nnserer Versuchsanordnung durch- zuffihren ist; denn eine respiratorische Insuffizienz k6nnte in gleicher ~vYeise die maximalen Sanerstoffaufnahmewerte ein- engen, und man wfirde sie f~lschlicherweise auf eine Herzin- suffizienz beziehen.

Bei g/instigem Ausfall der Prfifung in d e n kleinsten Ar- beitsstufen - - d. h. bei vergleichsweise grogen Sauerstoff- und kleinen Atemminutenvolumenwerten - - kann nnbesorgt langsam ansteigend starker belastet werden. Auch ohne ]3e- s t immung des effektiven Herzminntenvolumens sind dann aus dem Spirogramm Aussagen fiber das Verhalten der ]glut- dissoziationskurve nnd damit auch unter 13erfieksichtignng des maximalen Sauerstoffwertes, Aussagen fiber die Herz- leistungsreserven zu machen. ])as gilt ffir die kleinen Watt- stufen, vor allem aber, wie ZAXPF~R (t~in. ~u 1937, I7O5) gezeigt hat, ffir die ]3elastung mit Arbeit yon mittlerer

I00"

Page 4: Ergebnisse der Ergographie in der Klinik

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und gr6gter Intensit~t. \u keine respiratorische Arbeits- insuffizienz, besteht, worfiber wit uns leicht aus dem Spiro- gramm unterrichten k6nnen, gibt der h6chste erreichte Sauerstolfwert einen Begriff yon dem jeweils zu erreichenden Herzminutenvolumengrenzwert. Es ist erforderlich, dab bet der Austastung dieses h6chsten Sauerstoffwertes zun~chst in zwar vielen eJnzelnen, aber sehr knrzen Stufen schnell der gr6Btm6gliche Wat twer t ermittel t wird; sodann l~13t man mit der gefundenen H6chstleistung beginnen und spirographiert. Ohne diese u wird, wie ZAEPER gezeigt hat, in langen Anstiegphasen dutch Aufstoekung einer bedeuten- den Acidose in vielen FXllen der ganze Atemgrenzwert in Anspruch genommen, and der maximale Sauerstoffwert wird dann selbst bet lungengesunden Personen unter Umst~nden mal3geblich auch yon der Lungenfunktionsbreite beeinflugt. Der nnter solchen Kantelen gewonnene maximale Sauerstoff- wert ist Iiir die Voraussage der LeistungsfXhigkeit ffir kurz- dauernde Sportarten, z. ]3. ioo-m-Lauf, recht branchbar (ZAEPER, 1. C.). L~Bt man nun den Halbwert der vorher ein- gesetzten h6chsten ~vVattzahl Io Minnten arbeiten, mithin gewissermaBen eine Daueriibung ausftihren, so ergibt sich ein grunds~tzlich anderes Bild. Je schlechter die Capillari- sierung und die Ausnutzbarkeit in der Peripherie, desto starker ist nun vergleichsweise die Acidose und das Rechts- wandern der Dissoziationskurve, desto schleehter aber auch damit die Ausnutzbaxkeit der Einatmungs]uft und desto gr613er der am Ende der Dauerfibung erforderliche Atem- umfang, sofern Personen gleichen Alters miteinander ver- glichen werden. \u k6nnen also in einfachster V~eise aus

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dem Spirogramm der Dauertibung Zahlen ablesen, welche Schlfisse auf die Funktionslage der Kreisla.ufperipherie ge- statten. Diese Dinge sind ~dederum wertvoll Ifir die Beurtei- lung der Eignung zu schweren sportlichen Danerfibnngen (s. ZAEPER, 1. C.). Ist aber am Ende der Daueriibnng der .Atemumfang vergleichsweise gering, so wissen wit, daB, sofern nicht etwa der Atemgrenzwert erreicht wurde, die Peripherie gut nnd die Blutausnutzung sehr groB ist. Der Quotient aus maximalem Sauerstbffwert und der BlutkapazitXt ist dann nahezu gleich dem effektiven Herzminutenvolumen- grenzwert [I~NIPPING, Beitr. Klin. Tbk. 87, 465 (1936)]. Die direkte Bestimmnng des effektiven Herzminutenvolumen- grenzwertes erfibrigt sich also in der klinischen Praxis sehr oft. Ffir die Praxis der Berufsarbeit, insbesondere ffir die Beurteflung der Arbeitseignung yon nicht mehr in ganzem Umfange Funktionstfichtigen, aber auch yon Gesunden in Hinblick auf die verschiedenen Arbeitsformen ist schlieBlich noeh folgende, leicht im Einzelfall zu machende lFeststellung yon Interesse. \Vir priifen, bet welcher Arbeitsstufe bzw. Arbeitsintensit~t bet dem zu Untersuchenden noch ein wirk- liches Steady state der Sauerstoffatffnahme and der Atmung nachzuweisen ist (s. ZAEPEE, Z. exper. IVied. 1938). Dabei muB beachte)c werden, daB, wie schon angedeutet, bet verh~ltnis- m~Big geringer Arbeitsintensit~t, aber langer Arbeitsdaner, in erster Linie der Atemgrenzwert entseheidend ist und schlieB- lich ganz ausgenutzt wird, and dab ein Steady state der Atmung vorget~uscht werden kann.

I . i t e r a t u r : BRAUER, Gasanalytisel:e Herzfunktionspriifung. Verb. d. Dtsch. Ges. f. inner. Med. Wiesbaden 1938. S. 78,

ORIGINALIEN. DIE WIRKUNG BLUTDRUCKSTEIGERNDER

MITTEL AUF DIE NIERENFUNKTION* u

D I E T R I C H S C H N E I D E R u n d P A U L W E R N E R SPRINGORUM.

Aus der Chirurgischen Universit~tsklil~ik Breslau (Direktor: Prof. K. H. BAUER).

Zwischen Blutdruck und Niere bestehen, abgesehen vom Problem der Rtickwirkung gestSrter Nierentatigkeit auf den arteriellen Druck, zweifellos enge Beziehungen. Dies geht so welt, dab die sezernierte Harnmenge eine Funkt ion des Blutdruckes sein kann, solange die anderen. Faktoren un- ver~ndert bleiben (RICHARDS und PLANT 1, DREYER und VERNEY 2, JANSSEN und REINS). Experimentell war auch schon vorher der Mindestdruck festgelegt, der noch gerade eine Harnsekrefion zulieB. Nach KOPPE ~ kam USTIMOWlTSCI~ auf 4o--5o, GROTZNEE auf 3 ~ mm Hg Mindestblutdrnck, ehe die Harnsekrefion Sistierte. Auf v61Iig anderem ~Nege konnten diese "Werte best~tigt werden. Nach Unterbindung des Ureters wurde der h6chstmSgliche Nierenbeckendruck ermittelt , den die Niere bet einem bestimmten Blutdruck erreichte und bis zu dem sie arbeitete.. Bet einem mittleren arteriellen Druck yon Io 5 mm Hg stieg der Ureterendruck his auf 64 mm H g an (HEIDEN}IAIN). ES war also eine be- st immte Mindestdifferenz zwischen dem Druck in den Glome- ruluscapillaren und dem Druck in den abffihrenden Harn- wegen erforderlich. Da gegenfiber dem Aortendruck der Druck in den Glomernlusschlingen um etwa 20 % verringert ist (TAMMANN), bleibt Ms reiner Sekretionsdruck noch ein Gef&lle yon 2o mm Hg. ]3eim Menschen sol1 die Niere bet einem Blutdruck yon 5o mm Hg abw~rts fiberhaupt ihren Dienst versagen (REINS).

Mit diesen Ergebnissen st immen im wesentlichen die klinischen Beobachtungen fiberein. So wurde in jfingster Zeit bet Anurien immer mehr auf die Beachtung des ]Nut- druckes hingewiesen (CI:mTT 6), da h~ufig Diuresehemmungen f~lschlicherweise als reflektorische Anurien aufgefal3t werden; die richtiger als pr~renale Anurien wegen des niedrigen ]Nut-

* l~ber einen Tel1 der Ergebnisse wurde yon SPRINGORUM auf der 33. Tagung der Sfidostdeutsehen Chirurgenvereinigung berichtet,

druckes zu bezeichnen sind. Fernerhin konnte mit Hilfe der l~ehbergschen Kreatininbesfimmung bet Bruchoperationen in Lumbalan~sthesie eine verschlechterte Nierenfunktion beob- achtet werden, sobald es zu einer Blutdrucksenkung kam. Wurde der Blutdruckabfall durch Ephetonin vermieden, so blieb die Nierenfunktion normal (LASS~N und HUSFELDTT).

Bet Ko]lapszustgnden muB der Arzt also yon vornherein mit einer herabgesetzten Nierenfunktion rechnen. Zur Be- k~mpfung des t~ollapses selbst haben wir aus der Adrenalin- reihe u. a. zahlreiehe Mittel in der Hand. Im Hinblick auf die Besserung der Nierenfunkfion ist eine Sichtung dieser Kreislaufmittet wtinschenswert, insbesondere da bekannt war, dab in best immten F~llen die Durchblutung der Niere ein- geschr~inkt wurde. Selbst bet Steigerung des Blutdruckes muB dies zu einer Verminderung des Sekretionsdruckes fiihren. Darfiber hinaus besitzt das Adrenalin auch bet unver~nderter Nierengesamtdurchblutung trotz ]31utdrucksfeigerung eine diuresehemmende ~rirkung (SPRINGORUMS).

Zur t(t~rung der Frage, ob es stets bet einer Hebung des Blutdruckes auch zu einer Besserung der Nierenfunktion komme, prtiften ~dr am gesunden and am kollabierten Ver- suchstier die Mittel, die vom Kliniker am haufigsten am Krankenbet t angewendet werden. Sie wurden in ihrer Wir- kung auf Nierendurchblutung, t31utdruck und Harnsekretion vergiichen.

Als Versuchstiere dienten Hunde, die in der yon REIN und D. SCHNEIDER 9 beschriebenen ~reise mit h/[orphin-Pernocton nar- kotisiert waren. Mit der Reinschen Thermostromuhr TM wurde die Durchbtutnng der Niere gemessen. Daneben wurde der Blutdruck in der Art. brachialis und die Harnsekretion durch Tropfenzfihlung nach Einbinden einer Ureterkanfile in n~chster NXhe des Nieren- beckens registriert. Die blutdrucksteigernden Mittel wurden dnrch eine Venenkanflle in eine Vena jugnlaris injiziert. Neben dem Adrenalin und Hypophysin verwandten wit Ephedralin, Sympatol, Ephedrin und Veritot. Zur Anregung der Diurese wurde abgesehen yon subcutanen Depots isotonischer KochsatzlSsung hypertonische Traubenzucker-und Kochsalz15sung (lO%) injiziert. Die Versuchs~ tiere wurden kflnstlich beatmet and zur KonstanterhMtung ihrer K6rperkemperatur mit einem W~rmekasten bedeckt.

In der Behandlung des Kollapses ist es das erstrebte Ziel des Arztes die Vorgange nachzuahmen, die der gesunde