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Erprobung und Vergleich plasmadiagnostischer Methoden fur Anwendungen in der Plasmaoberflachentechni k G. Crolly, N. Krupp und H. Oechsner Notwendige Voraussetzung fur den gezielten Einsatz plasmage- stutzter Verfahren in der Oberflachen- und Dunnschichttechnik ist die moglichst prazise Kenntnis der charakteristischen Parameter und Eigenschaften des Plasmas sowie deren Korrelation mit den Eigenschaften der erzeugten Schichten bzw. den beabsichtigten Oberflachenmodifikationen. Da die Ermittlung aller relevanten Plasmaparameter mit einem einzigen Diagnoseverfahren nicht gelingt, ist es notwendig, durch gekoppelten Einsatz verschiedener Verfabren einen breiteren und abgesicherten Zugang zu den PlasmakenngroBen zu schaffen. Zugleich wird auf diese Weise ein kritischer Vergleich der Ergeb- nisse der einzelnen Verfahren ermoglicht. Neben konventionellen Sondentechniken werden hauptsachlich die optische Emissions- spektroskopie und die Plasma-Massenspektrometrie eingesetzt. Die Einordnung der verschiedenen Methoden hinsichtlich ihrer Eignung als Standardverfahrenfiir den Einsatz in der technologi- schen Praxis ist ebenfalls von Bedeutung. 1 Zu den eingesetzten Methoden 1.1 Elektrostatische Sonden Bei den Sondenverfahren findet aufgrund des einfachen experimentellen Aufbaus die Langmuir-Sondentechnik (,,Einzelsonde")[l] am haufigstenvenvendung. Es hat sich jedoch gezeigt , dal3 die Auswertung der Strom-Spannungs- Charakteristik einer Langmuir-Sonde durch eine Reihe von Fehlerquellen und Storeffekten erschwert oder ver- falscht werden kann [2]. Diese konnen ihre Ursache sowohl in der Geometrie und den Oberflacheneigenschaften der Sonde als auch in den Bedingungen im Plasma selbst haben. Haufig unterliegt auch die Dimensionierung der Sonde Einschrankungen, die insbesondere in Niederdruckplas- men durch die mittlere freie Weglange der Plasmateilchen und die Debye-Lange im Plasma vorgegeben sind. Neben der ublicherweise angewandten Auswertung des Elektro- nenanlaufgebietes einer Sondencharakteristik zur Bestim- mung der Elektronentemperatur Te und zur Ermittlung der Plasmadichte n aus dem Ubergang zwischen Elektronenan- lauf- und Elektronensattigungsgebiet werden verschiedent- lich auch Auswertemethoden in der sogenannten Orbital- Motion-Limited-Naherung angewandt [3,4]. In der Praxis ist jedoch die Anwendung der einfachen Langmuir-Sondentechnik haufig nicht moglich, wenn bei- spielsweise die fur dieses Verfahren benotigte Bezugselek- trode fehlt oder ungeeignet ist . Fur zuverlassige Messungen nach dem Langmuir-Verfahren ist namlich erforderlich, da13 eine solche Bezugselektrode stets auf konstantem Potential gegeniiber dem Plasma liegt, d.h. entweder grol3e Strome aus dem Plasma aufnimmt oder sehr grooflachig ausgelegt wird. Zur Diagnostik kapazitiv oder induktiv angeregter Hochfrequenz-Niederdruckentladungen, wie sie in vielen Varianten in der Oberflachen- und Dunnschichttechnolo- gie eingesetzt werden, bieten sich daher zwei andere Sondenverfahren an, die ohne Bezugselektrode auskom- men oder die einschrankenden Bedingungen bei der Ein- zelsonde vermeiden. Es sind dies die elektrostatische Doppelsonde [5], die besonders bei symmetrischer Ausfiih- rung durch relativ einfache Auswertung der zugehorigen Sondencharakteristik die Bestimmung der Elektronentem- peratur Te und der Plasmadichte n am Sondenort ermog- licht , oder das Verfahren der flachenveranderlichen Sonde, das speziell zur Diagnostik elektrodenloser Niederdruck- plasmen entwickelt wurde [6]. Dabei wird bei einer von zwei ins Plasma tauchenden Elektroden die fur den Ein- strom von Plasmateilchen verfugbare Sondenflache in definierter Weise kontinuierlich verandert . Mist man zusatzlich das Sondenpotential gegen eine stromlose, d.h. beliebig kleine Bezugselektrode im Plasma, so ergeben sich aus den entstehenden Strom-Flachen- und Spannungs- Flachen-Charakteristiken ebenfalls T, und n. Ein besonde- rer Vorteil dieser Methode ist, dal3 aus dem Stromverlauf im Sondenkreis auf einfache Weise abgelesen werden kann, wann die flachenveranderliche Sonde exakt auf dem Poten- tial des sie umgebenden Plasmas liegt. Damit steht z. B. fur die Bestimmung der kinetischen Energie von Ionen, die aus dem Plasma auf ein Substrat oder ein BeschuBtarget gezogen werden, eine Referenzelektrode exakt auf dem Startpotential der Ionen zur Verfugung. 1.2 Optische Emissionsspektroskopie Die optische Emissionsspektroskopie benutzt zur Cha- rakterisierung des Plasmas die im sichtbaren Bereich emittierte Strahlung . Die bei unterschiedlichen Wellenlan- gen beobachteten Linien lassen sich verschiedenen Uber- gangen zwischen angeregten Zustanden der Plasmateil- chen zuordnen. Man unterscheidet dabei zwischen Linien angeregter Atome (I-Linien) und Linien von angeregten Zustanden der ein- oder mehrfach geladenen Ionen (11-, 111- . . . -Linien). Mat.-wiss. u. Werkstofftech. 24, 91-101 (1993) 0 VCH Verlagsgesellschaft mbH, D-6940 Weinheim, 1993 0933-5 13719310303- 0091 $3.50 + .25/0 91

Erprobung und Vergleich plasmadiagnostischer Methoden für Anwendungen in der Plasmaoberflächentechnik

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Erprobung und Vergleich plasmadiagnostischer Methoden fur Anwendungen in der Plasmaoberflachentechni k

G. Crolly, N. Krupp und H. Oechsner

Notwendige Voraussetzung fur den gezielten Einsatz plasmage- stutzter Verfahren in der Oberflachen- und Dunnschichttechnik ist die moglichst prazise Kenntnis der charakteristischen Parameter und Eigenschaften des Plasmas sowie deren Korrelation mit den Eigenschaften der erzeugten Schichten bzw. den beabsichtigten Oberflachenmodifikationen.

Da die Ermittlung aller relevanten Plasmaparameter mit einem einzigen Diagnoseverfahren nicht gelingt, ist es notwendig, durch

gekoppelten Einsatz verschiedener Verfabren einen breiteren und abgesicherten Zugang zu den PlasmakenngroBen zu schaffen. Zugleich wird auf diese Weise ein kritischer Vergleich der Ergeb- nisse der einzelnen Verfahren ermoglicht. Neben konventionellen Sondentechniken werden hauptsachlich die optische Emissions- spektroskopie und die Plasma-Massenspektrometrie eingesetzt. Die Einordnung der verschiedenen Methoden hinsichtlich ihrer Eignung als Standardverfahren fiir den Einsatz in der technologi- schen Praxis ist ebenfalls von Bedeutung.

1 Zu den eingesetzten Methoden

1.1 Elektrostatische Sonden

Bei den Sondenverfahren findet aufgrund des einfachen experimentellen Aufbaus die Langmuir-Sondentechnik (,,Einzelsonde")[l] am haufigstenvenvendung. Es hat sich jedoch gezeigt , dal3 die Auswertung der Strom-Spannungs- Charakteristik einer Langmuir-Sonde durch eine Reihe von Fehlerquellen und Storeffekten erschwert oder ver- falscht werden kann [2]. Diese konnen ihre Ursache sowohl in der Geometrie und den Oberflacheneigenschaften der Sonde als auch in den Bedingungen im Plasma selbst haben. Haufig unterliegt auch die Dimensionierung der Sonde Einschrankungen, die insbesondere in Niederdruckplas- men durch die mittlere freie Weglange der Plasmateilchen und die Debye-Lange im Plasma vorgegeben sind. Neben der ublicherweise angewandten Auswertung des Elektro- nenanlaufgebietes einer Sondencharakteristik zur Bestim- mung der Elektronentemperatur Te und zur Ermittlung der Plasmadichte n aus dem Ubergang zwischen Elektronenan- lauf- und Elektronensattigungsgebiet werden verschiedent- lich auch Auswertemethoden in der sogenannten Orbital- Motion-Limited-Naherung angewandt [3,4].

In der Praxis ist jedoch die Anwendung der einfachen Langmuir-Sondentechnik haufig nicht moglich, wenn bei- spielsweise die fur dieses Verfahren benotigte Bezugselek- trode fehlt oder ungeeignet ist . Fur zuverlassige Messungen nach dem Langmuir-Verfahren ist namlich erforderlich, da13 eine solche Bezugselektrode stets auf konstantem Potential gegeniiber dem Plasma liegt, d.h. entweder grol3e Strome aus dem Plasma aufnimmt oder sehr grooflachig ausgelegt wird.

Zur Diagnostik kapazitiv oder induktiv angeregter Hochfrequenz-Niederdruckentladungen, wie sie in vielen Varianten in der Oberflachen- und Dunnschichttechnolo- gie eingesetzt werden, bieten sich daher zwei andere Sondenverfahren an, die ohne Bezugselektrode auskom-

men oder die einschrankenden Bedingungen bei der Ein- zelsonde vermeiden. Es sind dies die elektrostatische Doppelsonde [5], die besonders bei symmetrischer Ausfiih- rung durch relativ einfache Auswertung der zugehorigen Sondencharakteristik die Bestimmung der Elektronentem- peratur Te und der Plasmadichte n am Sondenort ermog- licht , oder das Verfahren der flachenveranderlichen Sonde, das speziell zur Diagnostik elektrodenloser Niederdruck- plasmen entwickelt wurde [6]. Dabei wird bei einer von zwei ins Plasma tauchenden Elektroden die fur den Ein- strom von Plasmateilchen verfugbare Sondenflache in definierter Weise kontinuierlich verandert . Mist man zusatzlich das Sondenpotential gegen eine stromlose, d.h. beliebig kleine Bezugselektrode im Plasma, so ergeben sich aus den entstehenden Strom-Flachen- und Spannungs- Flachen-Charakteristiken ebenfalls T, und n. Ein besonde- rer Vorteil dieser Methode ist, dal3 aus dem Stromverlauf im Sondenkreis auf einfache Weise abgelesen werden kann, wann die flachenveranderliche Sonde exakt auf dem Poten- tial des sie umgebenden Plasmas liegt. Damit steht z. B. fur die Bestimmung der kinetischen Energie von Ionen, die aus dem Plasma auf ein Substrat oder ein BeschuBtarget gezogen werden, eine Referenzelektrode exakt auf dem Startpotential der Ionen zur Verfugung.

1.2 Optische Emissionsspektroskopie

Die optische Emissionsspektroskopie benutzt zur Cha- rakterisierung des Plasmas die im sichtbaren Bereich emittierte Strahlung . Die bei unterschiedlichen Wellenlan- gen beobachteten Linien lassen sich verschiedenen Uber- gangen zwischen angeregten Zustanden der Plasmateil- chen zuordnen. Man unterscheidet dabei zwischen Linien angeregter Atome (I-Linien) und Linien von angeregten Zustanden der ein- oder mehrfach geladenen Ionen (11-, 111- . . . -Linien).

Mat.-wiss. u. Werkstofftech. 24, 91-101 (1993) 0 VCH Verlagsgesellschaft mbH, D-6940 Weinheim, 1993

0933-5 13719310303- 0091 $3.50 + .25/0 91

Die Intensitat der emittierten Strahlung hangt vorwie- gend von den drei folgenden Grofien ab: a) von der Wahrscheinlichkeit , dafi der Ausgangszustand

< i 1 des Ubergangs (,,initial state") besetzt ist, b) von der Wahrscheinlichkeit, dafi ein Ubergang bei der

beobachteten Wellenlange aus < i 1 nach einem Endzu- stand I f > (,,final state") stattfindet, und schliefilich

c) von der Wahrscheinlichkeit, dal3 die Photonen ohne Absorption das Plasmavolumen verlassen und detek- tiert werden konnen.

In optisch dunnen Plasmen, wie sie fur die Plasmaober- flachentechnik meist eingesetzt werden, kann der Einflufi von c) in der Regel vernachlassigt werden.

Speziell im Hinblick auf die Ermittlung der Elektronen- temperatur von komplexen Reaktivgasplasmen sowie die Dichtebestimmung bestimmter Reaktivgaskomponenten spielt die optische Emissionsspektroskopie eine wesentli- che Rolle, da in solchen Plasmen elektrostatische Sonden- messungen nur noch begrenzt moglich sind. In einem als Aktinometrie bezeichneten Verfahren wird durch gezielte Beimischung eines geeigneten Edelgases aus den Intensi- tatsverhaltnissen zwischen einer Reaktivgaslinie und einer benachbarten Edelgaslinie bei bekannter Edelgasdichte die Dichte der Reaktivgaskomponente bestimmbar [8].

Sofern die Elektronengeschwindigkeitsverteilung sowie die Art der Plasmateilchen und deren Anregungsfunktio- nen beim Elektronenstolj bekannt sind, lafit sich in Anleh- nung an dieses Verfahren aus dem Intensitatsverhaltnis der I- und 11-Linien der Edelgaskomponente auch die Elektro- nentemperatur des Plasmas ermitteln. Begrenzend wirkt allerdings, dafi bislang nur fur wenige Faille die relevanten Wirkungsquerschnitte hinreichend genau bekannt sind.

Das Haupteinsatzgebiet der optischen Emissionsspek- troskopie ist daher die Identifizierung der verschiedenen Arten von atomaren und molekularen Plasmateilchen an sich.

1.3 Energiedispersive Plasma-Massenspektrometrie

Eine wesentlich direktere Methode zur Charakterisie- rung der im Plasma enthaltenen Teilchenarten stellt die energiedispersive Plasma-Massenspektrometrie dar. Dabei werden positive oder negative Ionen, die aufgrund ihrer kinetischen Eigenenergie in einen meist am Plasmarand sitzenden ,,Plasmamonitor" eintreten nach ihrer Energie

und ihrem Massenladungsverhaltnis selektiert. Da elektn- sche Absaugfelder nicht in das quasineutrale Plasmavolu- men hineingreifen konnen, ist ein Nachteil dieser Methode, dafi nur solche Ionen erfal3t werden, die am Mefiort an den Plasmarand gelangen. Wegen der richtungsabhangigen Potentialverteilung im Plasma kann dies Ruckschlusse auf die Verhaltnisse am Substratort oder in der Umgebung eines Sputtertargets erheblich erschweren. Trotzdem wird die Plasma-Massenspektrometrie verschiedentlich zur Pro- zefisteuerung etwa beim reaktiven Aufstauben von diinnen Schichten eingesetzt [9, 101.

Bei Venvendung eines Elektronenstofi-Ionisators lassen sich auch neutrale Plasmateilchen erfassen, wobei durch sorgfaltige Kontrolle der Elektronenstofienergie zwischen Teilchen im Grund- oder in angeregten Zustanden unter- schieden werden kann (,,Auftrittsspektroskopie").

Neben der Identifizierung der Plasmaspezies bietet die energieselektive Plasma-Massenspektrometrie aber auch Zugang zu weiteren Plasmaparametern. So lassen sich aus der Energieverteilung der Plasmaionen Ruckschlusse auf das Plasmapotential ziehen. Zudem ist das Intensitatsver- haltnis von einfach und doppelt geladenen Plasmaspezies mit der Elektronentemperatur korreliert.

2 Experimenteller Aufbau

Abbildung 1 zeigt den prinzipiellen Aufbau der fur die Untersuchungen erstellten Plasmaapparatur. Das Plasma wird mittels Elektronenzyklotronwellen-Resonanz (ECWR) elektrodenlos in einem etwa 17 cm langen Glas- zylinder erzeugt, dessen Innendurchmesser 20 cm betragt. Die notwendige Hochfrequenzleistung wird dazu aus einem HF-Generator mit einer Arbeitsfrequenz von 27,12 MHz und einer maximalen Ausgangsleistung von 400 W uber eine einwindige, um den Glaszylinder gelegte Lastkreisspule in Form eines langsgeschlitzten Zylinders induktiv eingekoppelt. Mit Hilfe eines speziell berechneten Helmholtzspulenpaares, das in seiner Form dem UHV- Gefal3 angepaljt ist, wird senkrecht zur Zylinderachse das fur die ECWR-Anregung erforderliche schwache magneti- sche Gleichfeld von etwa 20 Gaul3 [ll] uberlagert. Die verschiedenen Sonden (ebene und zylindrische Einzelson- de, flachenveranderliche Sonde, Doppelsonde) sind jeweils komplett auf CF35-Flanschen montiert, so dafi die einzel- nen Sondenmodule einfach untereinander austauschbar sind.

HAL EQP300 Steusrgerai I Kontrolleinhelt

OMA 111 Kontrolleinheit

Plasma-Monit

Sonde

Abb. 1. Apparativer Aufbau fur die Plasmadia- gnostik mit Sondenverfahren, Plasma-Massen- spektrometrie und optischer Emissionsspektros-

Pump. kopie

92 G. Crolly, N. Krupp und H. Oechsner Mat.-wiss. u. Werkstofftech. 24, 91-101 (1993)

An der den Sondenmodulen gegenuberliegenden Stirn- flache des PlasmagefaBes wurde ein Plasmamonitor fur die energiedispersive Plasma-Massenspektrometrie angebaut . Bei abgeschaltetem Filament des vorgeschalteten Elektro- nenstofiionisators konnen die durch eine Offnung mit einem Durchmesser von 150 pm aus dem Plasma austreten- den einfach und mehrfach geladenen Ionen energie- und massenanalysiert werden.

Der Einsatz des Ionisators erlaubt zudem die Identifizie- rung neutraler Radikale. Dazu wird die Energie der st oBenden Elektronen im Bereich der Ionisierungsschwelle variiert , so darj man aus der Abhangigkeit des Ionenpeaks von der ElektronenstoBenergie auf die Anwesenheit freier Radikale schlieBen kann.

Bei der optischen Emissionsspektroskopie wird unter Venvendung eines Glasfaser-Lichtleiters ein Teil der im Sichtbaren emittierte Strahlung aus der Plasmakammer ausgekoppelt und in einen Gittermonochromator uber- fuhrt (Gitterkonstante wahlweise 150, 1200 oder 2400 Strichelmm). Zum Nachweis der Strahlung dient ein gekuhlter Multi-Channel-Analyser (MCA) mit 1024 Kana- len, der die schnelle Erfassung eines ausgedehnten Wellen- langenbereichs ermoglicht .

Damit der Druck in der Plasmakammer auch bei Ver- wendung von korrosiven oder reaktiven Gasen absolut gemessen werden kann, wurde ein Reibungs-Vakuummeter (ViscovacVM 211) anstelle des sonst ublichen Ionisations- Vakuummeters eingebaut.

3 Messungen und Ergebnisse

(Argon) 3.1 Untersuchungen an einem inerten Plasma

3.1.1 Sondenmessungen

Abb. 2 zeigt die nach den einzelnen Sondenverfahren - Einzelsonde ES, Doppelsonde DS, flachenveranderliche Sonde FL und ebene Sonde EBS - ermittelten Elektronen-

temperaturenT, in Abhangigkeit vom Gasdruck p in einem Argon-ECWR-Plasma. Die gemessene Druckabhangig- keit T,(PA,) lafit sich anhand der Bilanzgleichung f i r Ladungstragererzeugungs- und Vernichtungsraten verste- hen [12]:

Ni gesamte Ionenzahl im Plasma Mi Masse eines Plasmaions no,ni,ne Neutralgas- , Elektronen-, Ionendichte V Plasmavolumen A mit dem Plasma in Kontakt stehende Wandfla-

che cIi,aR Ratenkoeffizienten fur Elektronenstorjionisation

bzw. Volumenrekombination C Die Konstante C kann prinzipiell anhand des

Bohm-Boyd-Freiflugmodells berechnet werden [2]. Zweckmarjigenveise wird sie jedoch durch Anpassung an experimentelle Daten gewonnen.

Im stationaren Fall, d. h. fur dN,/dt = 0 , mul3 die Erzeugungsrate (Term 1 in G1. 1) gerade gleich der Verlust- rate der Ladungstrager sein. Da die Rekombination von Ladungstragern im Plasmavolumen (Term 2) infolge der relativ geringen Teilchendichten vernachlassigt werden kann, ergibt sich diese durch die Wandverluste, d.h. durch das Produkt aus Wandflache und Ionensattigungsstrom- dichte auf die Wand (Term 3).

Die Erzeugung von Ladungstragern durch ionisierende Elektronen-Neutralteilchen-Stofie wird durch den gasart- und elektronenenergieabhangigen Ionisierungsquerschnitt der Neutralteilchen bestimmt. Fur Elektronen mit max- wellscher Geschwindigkeitsverteilung laOt sich damit der Ratenkoeffizient fur die Ladungstragererzeugung als Funktion der Elektronentemperatur T, berechnen. Durch Einsetzen in die Ladungstrfigerbilanzgleichung (1) erhalt man daraus schliel3lich die Abhgngigkeit der Elektronen- temperatur T, von pAr Der Verlauf der hieraus resultieren-

9n

I "I

10 - 18 0 ES

+ DS 16 16 0 FL

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A A A

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4 4 . 7 -

:: 0 0 10 20 90 40

p& U O ~ l n b l U l

Abb. 2. Nach verschiedenen Sonden- verfahren - Einzelsonde ES, Doppel- sonde DS, flachenveranderliche Sonde FL und ebene Sonde EBS - ermittelte Elektronentemperatur T, in einem ECWR-Argon-Plasma als Funktion des Gasdruckes

Mat.-wiss. u. Werkstofftech. 24, 91-101 (1993) Plasmadiagnostische Methoden 93

den Druckabhangigkeit von T, stimmt rnit den MeBwerten aus den Sondenkurven gut iiberein.

Mit der Elektronentemperatur T, ist das Plasmapotential Upl als weitere fiir plasmagestiitzte Diinnschichttechniken wichtige GroBe direkt verkniipft . Aus Einzelsondenmes- sungen kann Up, nach zwei verschiedenen Methoden bestimmt werden, namlich a) aus der Spannung, bei der ein Knick in der Sondencha-

rakteristik auftritt, d. h. der Elektronenanlaufbereich in den Elektronensattigungsbereich iibergeht. Meist wird diese Spannung durch den Schnittpunkt ermittelt, der sich durch eine einfache Extrapolation von Elektronen- anlaufstrom und Elektronensattigungsstrom ergibt.

b) indem man das Quadrat des Elektronensattigungsstro- mes gegen die Sondenspannung auftragt, die dabei erhaltene Gerade zum Strom Null hin extrapoliert und das Plasmapotential aus dem Schnittpunkt rnit der

Spannungsachse bestimmt (Methode des ,,Orbital motion limit").

Abb. 3 zeigt den Vergleich zwischen den nach beiden Methoden aus Messungen rnit einer zylindrischen Einzel- sonde ermittelten Plasmapotentialen und den Werten, die mittels der flachenveranderlichen und der ebenen Sonde bestimmt wurden. Lediglich die rnit der ebenen Sonde erzielten MeBwerte weichen bei hoheren Drucken von den sonst gut iibereinstimmenden Ergebnissen ab, die mit Hilfe der anderen Verfahren ermittelt wurden (Die Doppelsonde erlaubt bekanntlich keine Bestimmung von Up,).

Abb. 4 zeigt einen Vergleich der Werte fur die Plasma- dichte n als Funktion des Gasdrucks, wie sie fiir das ECWR-Plasma in Ar rnit den verschiedenen Sondenme- thoden gemessen wurden. Aus den Einzelsondenmessun- gen kann bei bekannter Elektronentemperatur die Elek- tronendichte zum einen aus dem Wert des Elektronensat-

80 1 4

6o 60 1 - 4.. 0 Ips x0u.d. 3 + IS Xo(hS& b)

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p& a0-"bar1 Abb. 3. Bestimmung des Plasmapotentials Up, mit verschiedenen Sondenverfahren

n X 4 a

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+

i P o Is ~0u.d. 3 + X3 M o t h & b) 4 03 A FL x IpBS

0 10 PO so 40

PAr no+Inbiu.1 Abb. 4. Bestimmung der Plasmadichte n rnit verschiedenen Sondenverfahren

94 G. Crolly, N. Krupp und H. Oechsner Mat.-wiss. u. Werkstofftech. 24, 91-101 (1993)

tigungsstromes bestimmt werden. Eine zweite Auswerte- moglichkeit ergibt sich, wenn man die Steigung der Gera- den bestimmt, die man aus der Auftragung des Quadrats des Elektronensattigungsstromes gegen die Sondenspan- nung erhalt. Fur Ar-Drucke p < mbar ergibt sich noch eine befriedigende Ubereinstimmung, wahrend die nach beiden Methoden erzielten Ergebnise f i r p < mbar erheblich differieren. Zusatzlich sind in Abb. 4 die Ergeb- nisse aus Messungen mit der Doppelsonde, der flachenver- anderlichen Sonde und der ebenen Sonde eingetragen. Die Einzelsondenmessungen stimmen innerhalb der Streubrei- te rnit den Ergebnissen der anderen Methoden nur fur den Fall uberein, in dem die Plasmadichte aus dem Elektronen- sattigungsstrom bei bekannter Elektronentemperatur be- stimmt wurde.

Zusammenfassend kann festgestellt werden, daB fur die unterschiedlichen Sondenmethoden die Plasmaparameter Elektronentemperatur T,, Plasmapotential Up, und Plasmadichte n fur den untersuchten Druckbereich zwi- schen 2 x lop4 mbar bis 4 x lop3 mbar mit einer Genauigkeit innerhalb von & 20 % bestimmt werden konnen. Fur die ebene Sonde (EBS) ergeben sich jedoch stets groBere Abweichungen. Dies laBt sich darauf zuruckfuhren, da13 die Flache der ebenen Sonde sehr klein gewahlt werden muBte, um das fur die Messungen notwendige groBe Flachenver- haltnis zwischen Bezugselektroden- und Sondenflache zu realisieren. Dadurch machen sich die Storeinflusse des Sondenrandes deutlich bemerkbar. Es ist davon auszuge- hen, daB die Einsatzmoglichkeiten ebener Sonden in der Plasmatechnologie durch diese Scbwierigkeiten begrenzt werden, da oft geniigend groae Bezugselektroden nicht zur Verfugung stehen.

3.1.2 Optische Emissionsspektroskopie

Abb. 5 zeigt einen Detailausschnitt aus dem optischen Emissionsspektrum eines induktiv erzeugten Argonplas- mas im Wellenlangenbereich zwischen h = 456 nm und h = 480 nm fur zwei stark unterschiedliche Elektronentem- peraturen Te, die aus gleichzeitigen Messungen rnit der elektrischen Doppelsonde bestimmt wurden. Die beiden unterschiedlichen Elektronentemperaturen wurden durch Anderung des Argondrucks eingestellt. Soweit bekannt, sind zu den beobachteten ArI- und ArII-Linien die jeweils benotigten minimalen Anregungsenergien angegeben.

Der auffalligste Unterschied zwischen den beiden Spek- tren ist das fast vollige Verschwinden der ArII-Linien rnit fallender Elektronentemperatur. Grund hierfur ist die sehr hohe Anregungsenergie von mehr als 35 eV der zugehori- gen Zustande. Die Verringerung der Elektronentempera- tur von kT, = 4,s eV auf kT, = 2,6 eV fiihrt namlich bei Zugrundelegung einer Maxwell-Verteilung zu einer Ver- minderung des Elektronenanteils rnit kinetischen Energien E 2 35 eV um etwa das 350-fache, wahrend die gesamte Elektronendichte im Plasma aufgrund der Druckerhohung nur um ca. 1 GroBenordnung ansteigt.

Fur die ArI-Linien lassen sich zwei unterschiedliche Gruppen erkennen. Fur die Linien rnit Anregungsenergien EA um 15,5 eV zeigen sich keine wesentlichen Anderungen der Signalintensitaten bei fallender Elektronentemperatur, wahrend die Intensitaten der beiden Ubergange rnit Anre- gungsenergien EA um 14,5 eV sogar ansteigen. Die Ande- rung der Elektronentemperatur fuhrt hier nur zu einer Abnahme des relevanten Elektronenanteils urn etwa einen Faktor 11 im Falle von EA 2 15,5 eV bzw. einen Faktor 8,6

32000

i 30000

28000

26000

24000

22000

1 20000 e ... a 18000 e

16000 8 2 14000 c.

12000

10000

0000

6000 Arll 1

kT, = 4,82 eV p = 6,6 x 10-4 mbar

ArII

I .. I I

kT, = 2,513 eV

p = 1 x 10-2 mbar

Anregongmergie in eV 37,74 36,89 14,s 15,57 35,56 14,46 15,54 15,53 35,02 15,51 35,63 15,51

Abb. 5. Optisches Emissions- spektrum eines Argon-Plasmas im Wellenlangenbereich zwi- schen 456 nm und 480 nm

Mat.-wiss. u. Werkstofftech. 24, 91-101 (1993) Plasmadiagnostische Methoden 95

fiir EA 2 14,5 eS? Der bereits envahnte Anstieg der Plasmadichte um etwa eine GroBenordnung kann daher sowohl die Konstanz als auch den Anstieg der Linieninten- sitaten fiir die Anregungsenergien um 15,5 eV bzw. 14,5 eV erklaren.

Zur theoretischen Beschreibung der Lichtemission aus optisch dunnen Niederdruckplasmen wird haufig das Coro- na-Mode11 [7] herangezogen, das auf der Besetzung ange- regter Zustande durch ElektronenstoB stets vom Grundzu- stand aus beruht. Die Abregung durch StoBe mit anderen Atomen im Grundzustand wird als vernachlassigbar ange- nommen und erfolgt in diesem Bild nur durch Aussendung eines Photons. Fur das Intensitatsverhaltnis IA/IB zweier Emissionslinien A und B gilt nach diesem Modell:

4.5

2 4.

!2 d .d

0) 3.5

3 -

2.5

Dabei bedeuten

.

.

.

Wirkungsquerschnitt fur Elektronenanregung aus ,y, b 0

dem Grundzustand in den Zustand a bzw. b E Elektronenenergie f(e)de Amah1 der Elektronen rnit Energien zwischen E

und E + de

Setzt man fur die Wirkungsquerschnitte ~ $ 3 ~ in erster Naherung eine Stufenfunktion an, d. h.

(3)

wobei E; die minimal benotigte Elektronenenergie zur Erzeugung eines Zustandes a bzw. b ist, so ergibt sich unter der Annahme einer Maxwell-Verteilung:

(4)

Anhand dieser Gleichung 1aBt sich nun aus den druck- abhangig gemessenen Emissionsspektren rnit Hilfe der

verschiedenen ArI- und ArII-Linien die Elektronentempe- ratur als Funktion des Druckes im Plasma bestimmen. Die aus verschiedenen Linienverhaltnissen ermittelten T,(PA~)- Verlaufe sind in Abb. 6 aufgetragen und rnit den Ergebnis- sen aus Sondenmessungen verglichen. Samliche Kurven sind auf den aus elektrischen Sondenmessungen ermittel- ten maximalen Wert fur T, bei p~~ = 6,6 x mbar normiert .

Man erkennt, daB samtliche Kurven aus emissionsspek- troskopischen Untersuchungen und die Sondenmessungen zwar ahnlich verlaufen, jedoch quantitativ erheblich von- einander abweichen. Dies ist vermutlich darauf zuruckzu- fuhren, daB fur die energieabhangigen Wirkungsquer- schnitte a: einfache Stufenfunktionen angesetzt wurden.

Ein weiteres haufig benutztes Modell zur Bestimmung der Wechselwirkung von Plasmateilchen ist das sogenannte LTE-Model1 (local thermal equilibrium) [7]. Hier wird angenommen, daB die Besetzung aller moglichen Energie- niveaus von Atomen und Ionen ausschliefilich durch Teil- chenstoBe bestimmt wird und daB die Besetzungsverteilung auf Veranderungen der Plasmabedingungen instant an rea- giert. Fur das Intensitatsverhaltnis zweier Emissionslinien A und B ergibt sich nach diesem Modell:

(5)

Die Konstante C 1aBt sich dabei aus einer Vergleichsmes- sung mit elektrischen Sondenmethoden bestimmen.

Abb. 7 zeigt den fur das LTE-Model1 anhand von G1. 5 wiederum fur verschiedene Emissionslinienpaare ArI und ArII berechneten Verlauf der Elektronentemperatur T, in Abhangigkeit vom eingestellten Argondruck. Auch hier wurden zum Vergleich die aus den Sondenmessungen erhaltenen Elektronentemperaturen eingezeichnet. Die Konstante C wurde mit Hilfe des bei 6,6 x lop4 mbar gemessenen T,-Wert bestimmt. Man erkennt, daB nun die Abweichungen zwischen den Sondenwerten und den aus dem LTE-Model1 erhaltenen Werten nicht mehr als 10% betragen.

Obwohl das LTE-Model1 fiir die Beschreibung von Plasmen rnit so niedrigen Elektronendichten wie in den hier benutzten Niederdruckplasmen im allgemeinen nicht anwendbar sein sollte, zeigt sich jedoch, daB es zur Bestimmung der Elektronentemperatur mittels der opti- schen Emissionsspektroskopie besser geeignet ist als das

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5 1 I

I 1 0 Abb. 7. Fur verschiedene ArI/ArII-Linienpaare nach dem

LTE-Modell bestimmte Elektronentemperatur. Zum Vergleich sind die aus Sondenmessungen erhaltenen Werte eingetragen

21 0 2 4 6 0

pAr in 10-3 mbar

Corona-Modell. Erst weitere Untersuchungen unter Zugrundelegung genauerer Abhangigkeiten fur die Anre- gungsquerschnitte O ~ ( E ) konnen klaren, ob das Corona- Modell zu vergleichbar guten Resultaten wie das LTE- Modell fiihrt.

3.1.3 Energiedispersive Plasma-Massenspektrometrie

Abb. 8 zeigt die Energieverteilung der aus einem Argon- plasma austretenden einfach und doppelt geladenen Ar- gonionen fur verschiedene Druckwerte. Die Druckabhan- gigkeit der beiden beobachteten Signalintensitaten ist hierbei gegenlaufig, wahrend die Energieverschiebung bei sich anderndem Argondruck fur beide Ionensorten iden- tisch ist.

Die Intensitat der Ionensignale ergibt sich ahnlich wie die Linienintensitat bei der optischen Emissionsspektros- kopie aus der Faltung der Elektronenenergieverteilung im Plasma und den zugehorigen Wirkungsquerschnitten. Nimmt man zunachst vereinfachend an, dafi die Elektro- nenenergie maxwellverteilt und im Plasmavolumen ortsun- abhangig ist, so ergibt sich fiir das Verhaltnis der iiber alle Ionenenergien integrierten Signalintensitaten Ar+/Ar++ :

Abb. 8. Energieverteilung von einfach doppelt geladenen Argon-Plasmaionen unterschiedliche Druckwerte

und , fur

m

fi exp(-E/kT,) qAr+ (&)de

(6) I(Ar+) - o -

\-

0

qArt,Ar++: Elektronenstofi-Ionisierungsquerschnitt fur Ein- fach- bzw. Doppeltionisierung.

Abb. 9 zeigt die durch Auswertung von GI. 6 aus den Signalverhaltnissen I(Ar+)/I(Ar++) erhaltene Elektronen- temperatur fiir unterschiedliche Ar-Drucke. Die dabei verwendeten Ionisierungsquerschnitte qA"(&) und qAr++( E) sind einer Arbeit von Freund et al. [13] entnommen. Zum Vergleich wurden die aus gleichzeitig durchgefuhrten Ein- zelsondenmessungen erhaltenen Werte fiir kT, ebenfalls eingetragen.

Die energieaufgeloste Messung der Ionensignale bietet eine weitere Moglichkeit der Elektronentemperaturbe- stimmung. Die Halbwertsbreite der Ionenenergievertei- lung ist bei Vernachlassigung von Ionen-Neutralteilchen- Stofien im wesentlichen durch den Potentialabfall im Plasma selbst bestimmt. Dieser wiederum ist nach der Theorie der Niederdruckplasmen proportional zur Elek-

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tronentemperatur T,. In Abb. 9 ist daher zusatzlich die Halbwertsbreite (FWHM) der 40Ar+-Energieverteilungen eingetragen. Der Proportionalitatsfaktor zwischen den FWHM-Werten und kT, wird sicherlich von den Transmis- sionseigenschaften der energiedispersiven Komponenten des Plasmamonitors mitbestimmt.

3.2 Untersuchungen an einem reaktiven Plasma (Silan)

baut, so dal3 die Sondenkennlinie nicht mehr fur die korrekte Auswertung herangezogen werden kann. Man kann die Sonde daher erst wieder zur Bestimmung von Plasmaparametern einsetzen, nachdem die isolierende Schicht entfernt worden ist. Eine relativ einfache Moglich- keit hierfur besteht darin, im Plasmazylinder z.B. ein Argon-Plasma zu zunden und dann einen moglichst hohen Elektronenstrom auf die Sonde zu ziehen. Die Sonde heizt sich dadurch auf und die isolierende Schicht platzt ab oder wird abgedampft.

3.2.1 Sondenmessungen 3.2.2 Optische Emissionsspektroskopie

Abb. 10 zeigt die Ergebnisse von Sondenmessungen in ECWR-Plasmen fur Silan SiH4 als Beispiel fur ein reaktives Arbeitsgas. Die Auswertung des Elektronenanlaufbereichs unmittelbar nach Zunden des Plasmas ergab eine Elektro- nentemperatur von 7 eY Nach einer bestimmten Betriebs- zeit (im gezeigten Beispiel ca. 100 min) hat sich auf der Sondenoberflache offenbar eine isolierende Schicht aufge-

Die bei den Sondenmessungen in reaktiven Plasmen auftretenden Schwierigkeiten bestehen naturgemaB bei spektroskopischen Untersuchungen nicht. Besonders vor- teilhaft sind Messungen an Reaktivplasmen, denen eine inerte Gaskomponente zugemischt wird. Durch Anwen- dung der im vorangegangenen Abschnitt beschriebenen

2 t 1 Abb. 9. Massenspektrometrisch bestimmte Elektro- nentemperatur in- Abhangigkeit vom Argon-Gasdruck. Ergebnisse aus Einzelsondenmessungen sind zum Ver- gleich eingetragen. Zusatzlich ist die Halbwertsbreite

0 1,. 4 . . -* I * . . , . a 1 - J

60 0 10 20 30 40 50

pk U04mbarl (FWHM) d e r 4GAr+-Ionen eingezeichnet

0 Prrrparatiwsbeginn

A nach 100 min

0 40 60 100

Sondenspannung Us [Vl

Abb. 10. Strom-Spannungscharakteristik einer zylin- drischen Einzelsonde in einem ECWR-SiH4-Plasrna. Die Sondenmessungen wurden unmittelbar nach Zun- den des Plasmas bzw. nach etwa 100 min Plasmabetrieb durchgefiihrt

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Auswertemethoden lassen sich dann auf ,,aktinometri- schem" Wege die Elektronentemperatur sowie Dichte von Reaktivgaskomponenten bestimmen. Abb. I 1 zeigt als Beispiel das optische Emissionsspektrum eines SiladAr- gon-Plasmas im Wellenlangenbereich zwischen h = 406 nm und h = 430 nm fur ein Mischungsverhaltnis n(SiH&n(Ar) = 3. Der mit dem gasartunabhangigen GesamtdruckmeB- gerat bestimmte Totaldruck in der Plasmakammer betrug ptot = mbar. Neben einer Vielzahl von ArI-Linien beobachtet man mehrere fur reine Silanplasmen typische Linien, deren starkste bei der Wellenlange h = 412,8 nm eindeutig den Ubergang A2A + XzII des SiH-Radikals zugeordnet werden kann. Eine Liniengruppe zwischen h = 408 nm und h = 411 nm ist vermutlich auf H2 zuruckzufiih- ren .

Abb. 12 zeigt den entsprechenden Spektren entnomme- nenverlauf verschiedener Emissionslinien aus einem SiH4-

Abb. 11. Optisches Emissionsspek- , trum eines SiladArgon-Plasmas im 1 Wellenlangenbereich zwischen

1 406 nm und 430 nm fur ein Mischungs- verhaltnis zwischen SiH4 und Ar von 3

Ar-Plasma als Funktion des Ar-Partialdruckes. Der Gesamtdruck wurde hierbei fiir identische Bedingungen bei der Plasmaanregung wieder auf dem konstanten Wert von ptot = mbar gehalten. Abb. 12 beschreibt daher die Veranderungen der Linienintensitaten bei Variation des Mischungsverhaltnisses von Silan und Argon. Als auffallig- sten Effekt erkennt man ein drastisches Absinken der ArI-Linienintensitat mit fallendem Ar-Partialdruck PA^ Diese starke Intensitatsverringerung laBt sich nicht allein auf die Abnahme der Ar-Teilchendichte zuruckfuhren, da einer Anderung des Partialdruckes von Argon um weniger als einen Faktor 10 eine Intensitatsabnahme von mehr als 2 GroBenordnungen gegenubersteht. Ein zusatzlicher Grund fur den drastischen Intensitatsruckgang liegt daher wahrscheinlich in der Anderung der Elektronentempera- tur, die aufgrund der vielfaltigen Anregungsmoglichkeiten der Silanmolekule durch ElektronenstoB mit steigendem

12000 , SiH

11000

10000

9000

8000

I Silan

3000 n 2000

1000

ArI A l l

A l l

10000

1000

100

406 41 0 41 4 418 422 426 430 (Teilchenzahldichten). Der Gesamt- Wellenlin&e in nm druck war ptot = mbar

kTc in eV

2.7 2.65 2.4 2.1 1.9 1.8 1.7 1.6 1.5 1.4 1.35 I I I I 1 I I I I I I

I k I

x Si(244nrn) - V Si(251nrn) - + SiH(412.8nrn) - 0 Arl(415.86nm) - A Ari(425.94nrn)

-

-

I I I I I I I I I I

7.79 6.56 4.99 3.33 2.5 2 1.66 1.42 1.25 1,l 1 0.9

pAr in 10-a mbar

Abb. 12. Verlauf einiger Emissionslinien eines SiladArgon-Plasmas als Funktion des Ar- Druckes

Mat.-wiss. u. Werkstofftech. 24, 91-101 (1993) Plasmadiagnostische Methoden 99

Silangehalt abnehmen wird. Auch die anderen Linien in Abb. 12 zeigen - nach einem anfanglichen Anstieg - ein Abfallen der Intensitat mit fallendem PA^ (Man beachte die logarithmische Intensitatsskala).

Die Erzeugung von angeregten Si- und SiH-Zustanden wird nach Kampas und Griffith [ 141 auf folgende Teilschrit- te zuruckgefuhrt:

e- + SiH4 -+ SiHg + e- (7)

SiH,*-+ Si* + 2Hz (8)

SiH;F-+ SiH* + H2 + H (9)

Der ProzeB (8) erfordert im Fall der beiden beobachteten Si-Linien bei 244 nm und 251 nm eine Elektronenenergie von E = 10,3 eV bzw. E = 9,3 eY Die Anregung von SiH" aus ProzeS (9) erfordert eine Elektronenenergie von F = 8,9 eV Fallt nun die mittlere Elektronenenergie im Plasma deutlich unter die fur die Anregung benotigten Werte, so ist in Ubereinstimmung mit den MeBergebnissen zu envarten, daB die Linienintensitat trotz steigender Silandichte abnimmt .

Da im beobachteten Bereich keine ArII-Linie mit aus- reichender Intensitat vorhanden ist, lal3t sich aus den emissionsspektroskopischen Messungen nicht direkt die Elektronentemperatur bestimmen. Als Alternative bietet sich an, unter der Annahme konstanter Elektronendichte n, im Plasma die Anderung der Elektronentemperatur aus dem Verlauf der ArI-Linienintensitaten zu ermitteln. Setzt man hierzu den Anregungsquerschnitt 0 0 gemal3 G1. 3 als Stufenfunktion an, so erhalt man unter Zugrundelegung einer maxwellschen Elektronenenergieverteilung im Plasma fur das Verhaltnis der Intensitaten einer ArI-Linie bei zwei verschiedenen Drucken p1 und p2:

Dabei ist EA wieder die Anregungsenergie des betrach- teten Ubergangs. Umformen von G1. 10 fuhrt zu einer rekursiven Bestimmungsgleichung fur kT,. Zur Festlegung der Absolutwerte nimmt man an, daB fur geringe Silanbei- mischungen die Elektronentemperatur gut mit den Werten fur das reine Ar-Plasma ubereinstimmt. Aus Abb. 7 ent- nimmt man dann fur p~ = 7,s x mbar einen Wert von kT,(pl) = 2,7 eV Die erhaltenen Te-Werte sind ebenfalls in Abb. 12 eingetragen.

Abb. 13 zeigt die T,-Abhangigkeit der normierten Linienintensitaten fur die nach G1. 8 und 9 gebildeten angeregten Spezies Si* und SiH". Die Ordinate in Abb. 13 stellt die auf den jeweiligen SiH4-Partialdruck normierten Linienintensitaten aus Abb. 12 dar, d. h. den relativen Verlauf der effektiven Anregungswahrscheinlichkeiten fur die betrachteten Zustande von Si und SiH als Funktion der Elektronentemperatur T,. Fur die beiden Si-Linien bei 244 nm und 251 nm ergibt sich ein ahnlicher Verlauf der T,-Abhangigkeit, wahrend die Anregungswahrscheinlich- keit des nach G1. 9 gebildeten Hydrid-Radikals SiH* im untersuchten Bereich kaum mit T, variiert.

4 Zusammenfassung

Die Vielzahl der verfiigbaren plasmadiagnostischen Untersuchungsmethoden erfordern fur jeden einzelnen Anwendungsfall eine genaue Prufung sowohl der Einsetz- barkeit und Zuverlassigkeit der unterschiedlichen Metho- den als auch eine Abwagung des benotigten apparativen Aufwandes. Elektrostatische Sondenmessungen lassen sich im allgemeinen sehr leicht in eine Plasniaapparatur inte- grieren und zeichnen sich durch ihre leichte Handhabung aus. Trotz der Unsicherheiten bei der Bestimmung der durch sie zuganglichen Plasmaparameter liefern Sonden- messungen wichtige absolute Informationen uber den Zustand eines Plasmas. Optische und teilchenspektrosko- pische Verfahren bieten gegenuber Sondenmessungen den Vorteil, das Plasma in keiner Weise zu storen, erfordern aber auch einen deutlich hoheren apparativen Aufwand. Zudem lassen die erhaltenen Daten nicht immer einen

Si (244nrn)

2000

P

Abb. 13. T,-Abhangigkeit der auf dem Silan-Partialdruck normierten Linieninten- sitaten von Si* und SiH*. Die Kurven entsprechen dem Verlauf der effektiven

2.7 2.7 2.65 2.4 2.1 1.9 1.8 1.7 1.6 1.5 134 1.4 AnregungswahrscheinliChkeite~derbeiden We in eV Radikale

100 G. Crolly, N. Krupp und H. Oechsner Mat.-wiss. u. Werkstofftech. 24, 91-101 (1993)

quantitativen RuckschluB auf die interessierenden Plasma- parameter zu. Aufgrund der Moglichkeit zur Identifizie- rung von Plasmateilchen sind jedoch beide Verfahren fur die Untersuchung von Plasmaprozessen von groljer Bedeu- tung.

Beispielsweise ergeben emissionsspektroskopische Un- tersuchungen an Niederdruckplasmen in definierten Mischungen aus Silan und Argon deutliche Hinweise, dalj die Elektronentemperatur in reaktiven Plasmen durch das Aufgehen der verschiedenen Reaktionskanale bei der Wechselwirkung zwischen Plasmaelektronen und dem Molekulgasanteil beeinflufit wird. Durch eine geeignete Auswertung kann der Verlauf der effektiven Anregungs- wahrscheinlichkeiten fur verschiedene Spezies im Silan- plasma als Funktion der Elektronentemperatur bestimmt werden. Mit den hier beschriebenen Methoden konnen daher auch Detailinformationen zur Bildung bestimmter Radikale in molekularen ProzeBgasen gewonnen werden.

Dieses Projekt wird von der Deutschen Forschungs- gemeinschaft im Rahmen des Schwerpunktprogramms ,,Ionen- und Plasmaoberflachentechnik" (Projektnummer Oe 46/11) gefordert.

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Literatur Anschrift der Autoren: G. Crollx N . Krupp und H. Oechsner, Fachbereich Physik, Universitat Kaiserslautern, Erwin-Schrodin- ger-StraBe, D-6750 Kaiserslautern

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Vol. 4, Pergamon, Oxford 1961.

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