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Themenspektrum und Verknüpfungen von Twitter, Massenmedien, Blogs & UGC Drei Fallbeispiele aus Österreich
Institut für Publizistik- und Kommunikationswissenschaft
In Kooperation mit
und Unterstützung von
‣ Twitter- und Massenmediendiskurse vielfach miteinander verknüpft, auf Twitter entwickelt sich jedoch spezifische Dynamik mit hoher Meinungsorientierung und Verschränkung aktueller Ereignisse mit anderen Themenfeldern ‣ Aus Twitter wird sehr vielfältig zu Nachrichtenmedien, Blogposts, Videos, und
überraschend häufig auch zu Presseaussendungen verlinkt, wobei durch die oftmals interpretative Rahmung der Links Lesarten für andere Nutzer vorgeschlagen werden‣ Ältere Medienobjekte und solche aus ganz anderen Kontexten finden vielfach Eingang
in aktuelle Diskurse, indem ihnen Bedeutung für diese Diskurse zugeschrieben wird‣ Evolution von Nachrichten in der Netzöffentlichkeit ist sozialer Prozess der
Aushandlung von Bedeutung aktueller Ereignisse und ihre Einordnung in persönliche und allgemeine Deutungsrahmen
Evolution von Nachrichten in der Netzöffentlichkeit
Axel Maireder, 10.12.2012
Axel Maireder, Institut für Publizistik- und Kommunikationswissenschaft der Universität Wien | [email protected] | twitter.com/axelmaireder | www.axelmaireder.netLizenz: Creative Commons Namensnennung - Weitergabe unter gleichen Bedingungen 3.0 Österreich.
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Social Network Services werden zuneh-mend als Medien zur Information über aktuelle Ereignisse genutzt. Dabei präsen-tiert sich den NutzerInnen innerhalb ihrer individuell strukturierten Ströme kurzer Mitteilungen ein facettenreiches Nach-richtenerlebnis das Informationen, Inter-pretationen und Emotionen bereithält. Twitter und Facebook haben sich als Kanäle erwiesen, über die öffentliche Themen nicht nur eingehend diskutiert werden, sondern in dem Aufmerksamkeit für unterschiedlichste Medienobjekte generiert und verteilt wird. Über Hyper-links lassen sich NutzerInnen zu Zeitungs-artikeln, Blogbeiträgen, Videos u.v.m. weiterleiten, wobei in Tweets und Status-meldungen oftmals eine spezifische Lesart für die verlinkten Inhalte vorgeschlagen wird (Framing).So emergieren öffentliche Diskurse im Internet als Netzwerke miteinander verknüpfter Medienobjekte. In Online-Zeitungsartikeln, Blogbeiträgen, Youtube-Videos, Twitter-Nachrichten, Facebook-Statusmeldungen und vielem mehr wird über aktuelle öffentliche Ereignisse und Diskussionen berichtet, es wird kommen-tiert und interpretiert. Diese Medien-objekte stehen oftmals nicht für sich alleine, sondern sind mit anderen über Hyperlinks verknüpft.
Ziel der vorliegenden Studie ist es, die intermediale Entwicklung von Themen und die Verweisstrukturen zwischen thematisch zusammengehörigen Medien-objekten zu analysieren. Dabei steht das Verhältnis von Social Media (v.a. Twitter) und redaktionellen Medien bei der Entwicklung von Themen im Zentrum, als auch die Funktion sozialer Medien als Distributionskanäle für Medieninhalte.
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Fall StudiengebührenFall Scheuch Fall Pelinka
Themen- und Verweis-analyse diverser Medienobjekte an drei Fallbeispielen
FORSCHUNGSDESIGNHINTERGUND & FRAGESTELLUNG
Netzöffentlichkeit als Netzwerk verknüpfter Medienobjekte
Die Analyse basiert auf einer umfas-senden Datensammlung verschiedenster Typen von Medienobjekten (siehe Grafik) innerhalb eines über Schlagwortkombi-nationen und Zeiträume eingegrenzten Themenraumes. Die Datensammlung erfolgte in Kooperation mit APA-OTS und mit Unterstützung von sensemetric.com.
Als Fälle wurden drei österreichische, innenpolitische Ereignisse im Jahr 2011 gewählt, die sowohl im Social Web als auch in den Massenmedien für breite Diskussionen sorgten:• Die Verurteilung der stv. Landeshaupt-
manns von Kärnten Uwe Scheuch am Landesgericht Klagenfurt am 2. August
• Der Studiengebühren-Vorstoss von Karl-Heinz Töchterle am 17. Oktober
• Die Verkündung der Besetzung des Postens des ORF Büroleiters mit Niko Pelinka durch Generaldirektor Wrabetz am 23. Dezember
Für jeden Fall wurde ein Kodierschema zur Differenzierung der unterschiedlichen Themensaspekte ausgearbeitet und das Material diesem Schema entsprechend kodiert. In der Analyse wurden die unterschiedlichen Themen in drei Kate-gorien zusammengefasst: • Aktuelles politisches Geschehen: Bei-
träge zum Kern der politischen Entwick-lung des Themas
• Kontext: Beiträge zu Randentwick-lungen, Informationen im Kontext des Geschehens
• Gesamtinterpretation: Kommentier-ende Beiträge, die sich nicht auf einen einzelnen Aspekt beziehen
Zusätzlich wurde eine Kodierung nach Tonlage der Mitteilung mit den Kate-gorien „berichtend“, „nüchtern kommen-tierend“ sowie „aggressiv bzw. sarkatisch kommentierend“ vorgenommen. Darüber hinaus wurden alle Links in den Objekten notiert und mit den jeweiligen Datensätzen verknüpft. Objekte, auf die verlinkt wurde, die jedoch nicht im Datenkorpus enthalten waren wurden ergänzt.
NachrichtenmedienTweets
Blogartikel & anderer User-Generated Content Presseaussendungen
Meldungen
Untersuchungsmaterial
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04.08., 24h 23.12., 12h 30.12., 24h
kaum Daten während der Weihnachtsfeiertage von 24. Dez, 21h bis 26. Dez, 9h
Es zeigt sich zudem, dass die Verbreitung von Informationen über Ereignisse und ihre Interpretation Hand-in-Hand ge-hen, wobei neue Begebenheiten zuerst berichtet und danach einige Stunden lang kommentiert werden. Im Fall Pelinka wurden in der Mehrheit interpretative Tweets abgesetzt, inbesondere nach 29. Dezember, ab dem kaum mehr zu neuen
Ereignissen kommuniziert wurden. Im Fall Studiengebühren ist gut zu beob-achten, dass nicht alle Ereignisse auf Twitter auch interpretiert werden. Die Eskalation des Gutachtenstreits zu den Studiengebührenmodellen wurde auf Twitter zwar mitgeteilt, aber nur sehr zaghaft kommentiert.
Starke Meinungsorientierung und Themenverknüpfung auf Twitter
Fall Studiengebühren
Fall Scheuch
Fall Pelinka
17.10., 15h 22.10., 24h
Themenkategorie der Tweets nach Zeit
Alle Tweets je Fall, Anzahlnach Themenkategorie
ZIB 2 Interview mit LH Dörfler
Auseindersetzung FP - Justiz
Satire und Kommentare Justiz
Facebook-Protest, Demo-Aufrufe
Interview mit GI Wrabetz in der OÖ Nachrichten
Frühere Aussagen von Wrabetz,weitere Postenbesetzungen
Aufrufe zur Bewerbung
Diverse Kommentare, satirische Beiträge
Pelinka Interview,Reaktion ÖVP
Budgetrede von Finanzministerin Fekter,
Fekter macht Budgetanagaben in Schilling
Vorstellung eines Gutachtens der Grünen
Streit um Gutachten
Alle Tweets Fall Scheuch, N=1492Timeline 3-stündig
Alle Tweets Fall Pelinka, N=1955Timeline 3-stündig
Alle Tweets Fall Studiengebühren, N=612Timeline 3-stündig
Aktuelles politisches Geschehen = Beiträge
zum Kern der politischen Ent-wicklung des Themas
Kontext = Beiträge zu Randentwicklungen,
Informationen im Kontext des Geschehens
Gesamtinterpretation = Kommentierende Beiträge,
die sich nicht auf einen einzelnen Aspekt beziehenAn
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THEMENSASPEKTE
Twitter wird nicht nur zur Diffusion von Nachrichten genutzt sondern weitgehend auch zur Interpretation. Dabei werden politische Entwicklungen oftmals in einer Weise kommentiert, die unterschiedliche Aspekte miteinander verbinden und die Ereignisse an persönliche Erfahrungen anknüpft.
Im Fall Scheuch wurde vielfach auf die Geschichte politischer Korruption in Österreich, die nicht vorhandene Rück-trittskultur oder die spezielle politische Kultur in Kärnten verwiesen, im Fall Pelinka auf das Naheverhältnis poli-tischer Parteien zu anderen gesellschaft-lichen Institutionen, auf die Jugend als auch die Familie Niko Pelinkas, oder auch auf die persönliche Berufserfahrung der NutzerInnen im Verhältnis zu jener Pelinkas. Hinzu kamen in beiden Fällen eine große Zahl an satirischen und sarkastischen Bemerkungen. Im Zeit-verlauf sind bei allen Themen aus-geprägte Höhepunkte der Aktivität auf Twitter auszumachen.
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Fall Pelinka134 zu derstandard.at 40 zu diepresse.com 34 zu orf.at 18 zu kleinezeitung.at54 zu anderen
Top in Nachrichtenmedien: Fall Scheuch338 zu derstandard.at 65 zu diepresse.com 25 zu wienerzeitung.at 19 zu orf.at124 zu anderen
40,0% on 1492 Tweets, N=598 39,5% on 1955 Tweets, N=773 55,9% on 612 Tweets, N=342
Fall Studiengebühren111 zu derstandard.at 15 zu diepresse.com 31 zu anderen
StudiengebührenScheuch Pelinka
21%
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22%24%
8%Nachrichtenmedien: Starke Konzentration auf ein Angebot
Youtube Video
„Uwe sitzt im Knast“Die Ärzte, 1995
Ziele der Links aus TweetsAlle Tweets mit URL je Fall, Anteile nach Produzentenkategorie
In allen Fällen wird - wie zu erwarten – am häufigsten zu Nachrichtenmedien verlinkt. Anteilsmäßig wurde am stärksten im Fall Pelinka zu Nachichtenmedien verlinkt, 74% al ler L inks aus Tweets führ ten zu redaktionellen Inhalten. Überraschend ist die starke Konzentration auf ein einzelnes Angebot. In allen Fällen führen zumindest die Hälfte aller Links zu Nachrichtenmedien auf einen Artikel auf derstandard.at, weit abgeschlagen folgt, auch in allen Fällen, diepresse.com. Trotz dieser Konzentration an der Spitze ist die Verteilung insgesamt sehr breit, d.h. es werden Links zu einer Vielzahl verschiedener Nachrichtenmedien gesetzt – auch wenn viele nur ein einziges mal verlinkt werden.
Blogs / UGC: Bunte Mischung, z.T. kontextfremde Inhalte neu gerahmtTwitter-NutzerInnen verweisen auf eine Vielzahl unterschiedlicher Quellen wie Blogs, Facebook-Seiten, Youtube-Videos, Foto-Uploads und Seiten von Institu-tionen. Interessant ist hierbei vor allem, dass Links vielfach nicht nur zu aktuellen Inhalten, z.B. im Kontext des Ereignisses geschriebene Blogpost, verlinkt wird, sondern auch zu älteren Inhalten bzw. Medienobjekten, die in anderen Kon-texten als den aktuellen produziert wurden. So wurde im Fall Scheuch beispielsweise mehrfach zu einem Video der Band „Die Ärzte“ aus den frühen 90er Jahren mit dem Titel „Uwe sitzt im Knast“ verwiesen, das im aktuellen Kontext eine neue Bedeutung erhielt.
Twitter wird bei den untersuchten Themen sehr stark zur Diffusion von Medienobjekten durch Verl inkung genutzt, zumindest 40% aller Tweets enthielten Links. Am höchsten ist der Anteil von Tweets mit Link mit 56% im Fall Studiengebühren.
Nachrichtenmedien top, mehrfach zu Blogs und OTS, insgesamt sehr vielfältig
Presseaussendungen: Vielfach aktuelle, aber auch alte OTSTwitter NutzerInnen verweisen gerne zu Presseaussendungen, auffallend häufig im Fall Scheuch in dem 22% der Tweets mit Links zur APA-OTS verlinkten. Dabei sind nicht nur aktuelle Aussendungen von Interesse, vielfach wird zu alten Aus-sendungen verlinkt die im Kontext des jeweiligen Falls Bedeutung erhalten. Hier erfüllt die APA-OTS eine Archivfunktion.
Häufig im Fall Pelinka: Private, politische Blogposts
Oft geshared bei Scheuch-Diskussion:
Facebook-Seite Schech Wand
TWITTER LINK-ZIELE
Nachrichtenmedien Blogs / User Generated ContentPresseaussendungen (APA-OTS)TwitterWeb / andere
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100Presseaussendungen am Anfang, Blogs & UGC im weiteren Verlauf
Links oftmals satirisch oder sarkastisch gerahmt
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Fall Studiengebühren
Fall Scheuch
Fall Pelinka
Ziele der Links Fall Scheuch, N=598Timeline 3-stündig
Ziele der Links Fall Pelinka, N=773Timeline 3-stündig
Ziele der Links Fall Studiengebühren, N=342Timeline 3-stündig
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Blogs/UGC News OTS alle Tweets
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Blogs/UGC News OTS alle Tweets
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Blogs/UGC News OTS alle Tweets
Fall Scheuch
Fall Pelinka
Fall Studiengebühren
LINKS IM ZEITVERLAUF
Eine Analyse der Ziele der Links aus Tweets im Zeit-verlauf zeigt ein sehr differenziertes Bild. Augen-fällig ist die starke Konzentration von Links zu Presseaussendungen zu Beginn sowie das Ansteigen von Links zu Blogs und UGC im Verlauf. In den Fällen Scheuch und Pelinka wurde vor allem in den ersten Stunden nach dem Ereignis zur APA-OTS verlinkt, die als Quelle für aktuelle Stellungnahmen als auch als Archiv für frühere Aussagen von Akteuren heran-gezogen wird. Interessant auch, dass während die Verlinkung zu Nachrichtenmedien starke Spitzen aufweist, bleiben Links zu UGC im Zeitverlauf tendenziell konstanter.
NachrichtenmedienBlogs, UGC & WebPresseaussendungen (OTS)
02.08., 9h 04.08., 24h
23.12., 12h 23.12., 12h
TON IN TWEETS
Im Fall Pelinka und Scheuch ist der Ton in der Mehrzahl der Tweets kommentierend, vielfach nüch-tern, aber häufig auch sarkastisch, satirisch oder aggressiv. Bei Tweets mit Links zeigt sich je nach Kategorie ein sehr differnziertes Bild. Links zu Nachrichtenmedien werden tendenziell berichtend gerahmt, während Links zu APA-OTS und Blogs/UGC stärker kom-mentiert werden.
Insgesamt erscheint die Distri-bution von Medieninhalten über Twitter nicht als einfache „Weiter-leitung“. Es wird laufend inter-pretiert, und die NutzerInnen erhalten Vor-schläge für die Art der Rezeption der verlinkten Medien-inhalte. Ihre Bedeutung wird ausgehandelt.
Anteil der Tweets nach Ton-Katgeorien an allen Tweets sowie Tweets mit Links
Nachrichtenmeiden, Blogs/UGC und Presseaussendungen, in Prozent an
Gesamtweets der jeweiligen Kategorie
Nüchtern kommentierend
Berichtend
Aggressiv, sarkastisch, satirisch kommentierend
5
N=280N=125 N=134 N=1492
Tweets mit Links zu
Tweets mit Links zu
Tweets mit Links zu
N=571N=142 N=45 N=1955
N=157N=75 N=26 N=61217.10., 15h 22.10., 24h